Das Jahrhundert der Emerging Markets - Oliver Süß - E-Book

Das Jahrhundert der Emerging Markets E-Book

Oliver Süß

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Beschreibung

Wer sich als Anleger künftig nur mit den Börsen in Europa und den USA beschäftigt, verpasst eine einmalige Chance. Denn mit dem sich beschleunigenden Aufschwung in Ländern wie China, Russland, Indien oder Brasilien hat das "Jahrhundert der Emerging Markets" begonnen. Diesen aufstrebenden Märkten, zu denen zahlreiche Volkswirtschaften in Asien, Südamerika und Osteuropa zählen, steht im 21. Jahrhundert ein Wirtschafts-Boom bevor, wie ihn die USA, Europa und später auch Japan im Laufe des 20. Jahrhunderts erlebt haben. Dieser Aufschwung wird sich an den Finanzmärkten dieser Länder widerspiegeln und Anlegern Chancen auf überdurchschnittliche Renditen eröffnen. Das Buch erklärt ausführlich und anhand von zahlreichen Beispielen, welche Besonderheiten es bei der Kapitalanlage in Emerging Markets zu beachten gilt, welche Lehren sich aus den Krisen der Vergangenheit ziehen lassen und welche Vor- und Nachteile die unterschiedlichen Anlagearten von "A" wie Aktie bis "Z" wie Zertifikat in Schwellenländern haben. Darüber hinaus werden die wichtigsten Emerging Markets aus Anlegersicht vorgestellt. Der Leser erfährt zudem, dass Anlagen in Schwellenländern haben. Darüber hinaus werden die wichtigsten Emerging Markets aus Anlegersicht vorgestellt. Der Leser erfährt zudem, dass Anlagen in Schwellenländern in keinem Depot fehlen sollten: Zwar sind Emerging Markets für sich alleine betrachtet eine vergleichsweise riskante Anlageregion. Doch im Zusammenspiel mit anderen Anlageklassen können sie helfen, das Gesamtrisiko eines Depots zu verringern. Denn viele Schwellenländer-Börsen entwickeln sich weitgehend abgekoppelt von den Aktienmärkten der etablierte Industrienationen weshalb sie sich auch dazu eignen, Verluste im Depot auszugleichen.

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Seitenzahl: 458

Veröffentlichungsjahr: 2004

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Oliver Süß

Das Jahrhundert derEmerging Markets

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Das Jahrhundert derEmerging Markets

Profitieren vonaufstrebenden Märkten

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

2. Auflage 2014

© 2004 by Finanzbuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Gesamtbearbeitung und Gestaltung: Stephanie Villiger

Lektorat: Dr. Renate Oettinger

Druck: Books on Demand GmbH, Norderstedt

Printed in Germany

ISBN Print 978-3-89879-255-4

ISBN E-Book (PDF) 978-3-86248-647-2

ISBN E-Book (EPUB; Mobi) 978-3-86248-682-3

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de

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Inhalt

1. Überblick

1.1 Das Jahrhundert der Emerging Markets

1.2 Grundlagen des Investierens in Emerging Markets

1.2.1 Was ist ein Emerging Market?

1.2.2 Kriterien für einen funktionierenden Finanzmarkt

1.2.3 Die Bedeutung von Indizes

1.3 Drei Vorteile von Emerging Markets und ihre Schattenseiten

1.3.1 Hohe Wachstumsraten und herbe Rückschläge

1.3.2 Niedrige Bewertungen und Risikoprämien

1.3.3 Institutionelle Investoren und vogelfreie Kleinaktionäre

2. Schmerzhafte Lehren aus der Vergangenheit

2.1 Mexiko 1994 – die Welt im Sog der Peso-Krise

2.2 Südostasien 1997 – die Tigerstaaten brechen sich die Krallen

2.3 Russland 1998 – zu viel gewollt und tief gefallen

2.3.1 „Yukoisation“ und der Fall des Hauses Khodorkowski

2.4 Argentinien 2001/2002 – ein Staat rutscht in die Pleite

2.4.1 Adios Argentinien-Anleihen

3. Anlageformen: Aktien, Fonds, Zertifikate oder Anleihen?

3.1 Investmentfonds – betreutes Anlegen in viele Einzelwerte

3.2 Zertifikate – mehrere Aktien auf einen Streich

3.3 Aktien – Einzelwerte mit hohen Chancen und Risiken

3.4 Anleihen – Zinsen und Kursgewinne ohne Garantie

3.5 Währungen – schwankungsfreudige Wechselkurse

4. Branchen und ihre Besonderheiten

4.1 Rohstoffe und Edelmetalle

4.2 Telekommunikation

4.3 Banken und Versicherungen

4.4 Technologie

5. Die wichtigsten Emerging Markets im Portrait

5.1 Südkorea – König unter den Tigerstaaten

5.2 Taiwan – Insel der Rebellen

5.3 Südafrika – Perle am Kap der Guten Hoffnung

5.4 Mexiko – Werkhalle im Vorhof der USA

5.5 Brasilien – Rohstoffe und Lula

5.6 China – Drache im Nacken der Tigerstaaten

5.7 Malaysia – Mahathirs Sonderweg aus der Krise

5.8 Russland – Kreml, Oligarchen und Ölquellen

5.9 Indien – Asiens Silicon Valley

5.10 Thailand – Erfolgsrezept „Thaksinomics“

5.11 Die neuen EU-Mitglieder

5.12 Exotische Kandidaten aus der dritten Reihe

6. Strategie fürs eigene Depot: Portfoliomanagement

7. Informationsquellen

Danksagung

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Kapitel 1

Überblick

„Obwohl sich Emerging Markets im Jahr 2003 gut entwickelt haben, glauben wir, dass sie sowohl im Vergleich mit entwickelten Märkten als auch mit ihren einstigen Höchstständen noch immer attraktiv bewertet sind. Aktiengesellschaften aus Emerging Markets haben niedrige Kurs-Gewinn-Verhältnisse und Kurs-Buchwert-Verhältnisse, eine höhere Dividendenrendite, bessere Bilanzen sowie eine niedrigere Zins- und Steuerbelastung und sollten daher bei Anlegern einen hohen Stellenwert haben.“

Mark Mobius (Anlegerbrief, November 2003)

Falls Sie dieses Zitat nicht ganz verstanden haben – keine Sorge. Am Ende dieses Buches werden Sie nicht nur verstehen, was Mark Mobius damit meint. Sie werden sogar beurteilen können, ob Sie dem Fondsmanager bei Franklin Templeton Investments glauben wollen, der als einer der erfahrensten Emerging-Market-Anleger der Welt gilt.

1.1 Das Jahrhundert der Emerging Markets

„Das Jahrhundert der Emerging Markets“ – das klingt ganz gut. Vielleicht möchten Sie jetzt aber erst einmal wissen, was Emerging Markets überhaupt sind. Vielleicht schütteln Sie auch einfach nur den Kopf und fragen sich „Warum müssen Buchtitel immer so dick auftragen?“

Zunächst zur ersten Frage, die ist im Groben nämlich schnell beantwortet: Der Begriff „Emerging Market“ kommt aus dem Englischen und lässt sich am besten mit „Schwellenland“, „Entwicklungsland“ oder „aufstrebende Volkswirtschaft“ beziehungsweise „aufstrebender Markt“ ins Deutsche übersetzen.

Schwellenländer sind Volkswirtschaften, die sich mehr oder weniger nahe an der Schwelle zur entwickelten Industrienation befinden, zum Beispiel Südkorea, Brasilien, Polen, China oder Russland. Wenn Ihnen das als Erklärung zu oberflächlich war, werden Sie in Kapitel 1.2 Näheres erfahren.

Nun aber weiter zur etwas schwierigeren zweiten Frage: „Das Jahrhundert der Emerging Markets“ – ist der Titel dieses Buches nicht ein wenig übertrieben? Die folgenden Seiten sollen Ihnen erklären, warum dem nicht so ist und warum es für Anleger höchste Zeit ist, sich mit dieser einmaligen Investmentchance zu beschäftigen.

Dieses Buch soll Ihnen darüber hinaus Fakten liefern. Fakten, die diese Anlagechance in den aufstrebenden Märkten in Asien, Südamerika und Osteuropa mit Zahlen und Argumenten untermauern.

Das Buch soll Ihnen aber vor allem erklären, wie Sie als Anleger am Aufschwung in Ländern wie China, Indien, Russland oder Südkorea teilhaben können, welche Vor- und Nachteile die unterschiedlichen Formen der Geldanlage in Emerging Markets haben und welche Besonderheiten es in den einzelnen Ländern zu beachten gilt. Denn wer sich unbedarft als Anleger in Ländern wie Russland, China oder Argentinien versucht, den erwarten einige Stolpersteine, die es bei der Geldanlage in den etablierten Industrienationen in Europa und Nordamerika nicht oder nur selten gibt.

Ein Teil des Buches wird sich daher auch mit den Krisen der Vergangenheit beschäftigen. Denn die nächste Krise kommt bestimmt. Und wenn Sie die Fehler kennen, die Anleger während der Mexiko-Krise 1994, der Asien-Krise 1997, der Russland-Krise 1998 oder der Argentinien-Krise 2001/2002 gemacht haben, dann wird Sie die nächste Emerging-Market-Krise nicht einen Großteil Ihrer Anlagen in Schwellenländern kosten - im Gegenteil.

Zweifelhafter Ruf

Warum soll es sich überhaupt lohnen, Krisen und andere Stolpersteine in Kauf zu nehmen? Soll man trotz Russen-Mafia, korrupten Politikern in Lateinamerika, chinesischen Orchideenzüchtern mit gefälschten Bilanzen und anderen Gefahren sein hart erarbeitetes Geld in Ländern investieren, in die man vielleicht nicht einmal reisen würde?

Bei dem chinesischen Orchideenzüchter mit den gefälschten Bilanzen handelt es sich um Yang Bin, der mittlerweile wegen Betrugs und Bestechung für 18 Jahre im Gefängnis sitzt. Mit seiner Firma Euro-Asia Agricultural hatte er beim Börsengang in Hongkong im Juli 2001 rund 76 Millionen US-Dollar eingenommen.

Yang Bins Firma hatte Gewächshäuser aus Holland gekauft und damit in China Orchideen für den Weltmarkt gezüchtet. Die Börsenaufsicht in Hongkong untersucht nach wie vor, ob Euro-Asia die Umsätze in den Jahren 1998 bis 2001 um bis zum 21fachen überzogen hat, um eine Notierung an der Hongkonger Börse zu erreichen.

Wim-Hein Pals, Fondsmanager des Robeco Emerging Markets Fund, erinnert sich: „Obwohl wir damals keine Aktien gekauft haben, war Euro-Asia ein sehr gutes Lehrstück. Firmenchef Yang Bin hat im Prospekt zum Börsengang unheimlich viel versprochen, von den Risiken hat er aber nichts gesagt. Jetzt sitzt er hinter Gittern.“ Gelernt hat Pals daraus, dass er Firmenchefs, die zu selbstdarstellerisch auftreten, seitdem viel vorsichtiger begegnet. „Euro-Asia hatte weder ein erfahrenes Managementteam noch ein überzeugendes Geschäftsmodell.“

Die Emerging Markets werden boomen

Dennoch spricht einiges dafür, dass es sich lohnt, als Investor das höhere Risiko in Emerging Markets in Kauf zu nehmen. Denn die Kapitalmärkte der meisten Schwellenländer dürften sich über die nächsten Jahre deutlich besser entwickeln als die Börsen in Frankfurt, London oder New York. Das haben sie in den vergangenen Jahren auch schon häufig getan:

Abbildung 1: Entwicklung der Aktienmärkte in Emerging Markets

Quelle: Bloomberg, Stand: Februar 2004

Es gibt eine Reihe von Erklärungen, warum die Finanzmärkte vieler Schwellenländer ihre Pendants in den etablierten Industrienationen in den vergangenen Jahren immer wieder in den Schatten gestellt haben. Einige davon finden sich regelmäßig in Zeitungs- oder Zeitschriftenartikeln, die sich mit den Anlagechancen in einem oder mehreren Emerging Markets beschäftigen. Meist werden dabei die folgenden Argumente angeführt:

„Die Bewertung fast aller asiatischen Börsen mit Ausnahme Japans ist noch immer deutlich günstiger als in Europa und erst recht in den USA.“

„Die große Ausnahme“, Wirtschaftswoche Nr. 41 vom 2.10.2003, Seite 134

„Die Wachstumsaussichten in den Schwellenländern seien mit durchschnittlich sechs Prozent für das Jahr 2004 recht freundlich. Besonders der asiatische Raum überzeuge in dieser Hinsicht.“

„Das Parkettgespräch / In ruhigerem Fahrwasser“, F.A.Z. vom 19.12.2003, Seite 19

„Die Regierungen und Unternehmen in Emerging Markets, die an Investments aus dem Ausland interessiert sind, haben ihre Lektion in den neunziger Jahren gelernt: Wenn sie sich unfair verhalten, halten sich ausländische Anleger zurück.“

„Investing in a Dangerous World”, Forbes vom 16.6.2003, Seite 77

Vieles spricht für eine deutlich bessere Wertentwicklung

In der Tat ist an jedem dieser Argumente etwas dran. Zusammengefasst sprechen die folgenden Gründe für eine deutlich bessere Kursentwicklung von Aktien aus Emerging Markets im Vergleich zu ihren Pendants aus den etablierten Industrienationen:

1.) Niedrige Bewertung: Die meisten Aktien aus Emerging Markets sind niedriger bewertet. Je weiter sich ein Schwellenland entwickelt, desto geringer wird mit der Zeit auch der Bewertungsabschlag.

2.) Höhere Wachstumsraten: Genauso wie die dortigen Volkswirtschaften haben Firmen in Schwellenländern ein enormes Aufholpotenzial. Sie wachsen daher oft deutlich schneller, was die Börse wiederum in der Regel mit Kursgewinnen honoriert.

3.) Verbesserung des Investitionsklimas: Immer mehr Regierungen und Firmenchefs in den aufstrebenden Volkswirtschaften dieser Welt haben erkannt, dass Offenheit und Ehrlichkeit gegenüber Investoren sich bezahlt machen. Das schlägt sich ebenfalls in Kursgewinnen an den Börsen nieder.

Blind darauf zu vertrauen, dass diese viel versprechenden Argumente für alle Aktiengesellschaften aus Emerging Markets gelten, wäre jedoch falsch.

Zwar ist der Wettbewerbsvorteil, den Firmen aus China, Russland und anderen Schwellenländern gegenüber ihren westlichen Wettbewerbern haben, nicht von der Hand zu weisen: So verdient beispielsweise ein Fabrikarbeiter in den USA ungefähr zehn bis zwölf US-Dollar pro Stunde, während sein Kollege in Mexiko umgerechnet etwa 1,50 US-Dollar bekommt. Der Kollege in China arbeitet derzeit sogar für nur ungefähr 0,60 US-Dollar in der Stunde. Dank der deutlich niedrigeren Löhne, Steuern und Umweltauflagen entsteht so für viele Unternehmen aus Emerging Markets auf dem Weltmarkt ein deutlicher Preisvorteil.

Allerdings belegt allein schon ein Sonderfall aus Russland, dass sich nicht alle Unternehmen aus Emerging Markets so einfach über einen Kamm scheren lassen: Dort schleppen viele Gesellschaften eine Erblast mit sich herum, die noch aus den Zeiten des Kommunismus stammt. Unter den Sowjets finanzierte der Arbeitgeber für seine Belegschaft Kindergärten, Arbeiterwohnungen, Krankenhäuser oder sogar Ferienheime am Schwarzen Meer. Außerdem belasten teils erhebliche Kosten für die Modernisierung veralteter Anlagen die Profitabilität oft zusätzlich. Doch gelingt es den russischen Unternehmern zunehmend, diese Kosten wieder dem Staat zu übertragen.

Zudem muss ein Kostenvorteil gegenüber der westlichen Konkurrenz nicht unbedingt ein Garant für internationalen Erfolg sein. Firmen wie Adidas, H&M, Cisco, Dell und viele mehr produzieren mittlerweile selbst zu großen Teilen in den deutlich günstigeren Emerging Markets. In Europa oder den USA befinden sich nur noch das Management und die Marketing-, Entwicklungs- und Verwaltungsabteilungen.

Außerdem hilft einer chinesischen Firma die billigste Herstellung nichts, wenn ihre Produkte technologisch (noch) nicht konkurrenzfähig sind. Deshalb hat sich auch noch keiner der vielen Automobilkonzerne aus China (zum Beispiel Brilliance China, Changchun First Automobile Works, Dongfeng) oder eines ihrer russischen Pendants (zum Beispiel AvtoVAZ, GAZ, KamAZ) nach Europa oder Amerika vorgewagt.

Im Verlauf dieses Buches werden Sie noch viele weitere wichtige länderspezifische Besonderheiten kennen lernen, die es beim Investment in Emerging Markets zu beachten gilt.

So kann sich auch die Privatisierung – also der Verkauf von Staatsbetrieben an Privateigentümer – zuweilen als tückische Angelegenheit herausstellen. Oft wird nur ein Minderheitsanteil an einem Unternehmen privatisiert. Dann bleibt die Mehrheit der Stimmrechte in Staatshand. Schließlich wollen die Regierungen in der Regel einen Ausverkauf der heimischen Wirtschaft an das Ausland verhindern.

In Wirklichkeit wird damit aber vor allem die Einführung moderner Management- und Produktionsmethoden verhindert, die beim Aufschwung eines Unternehmens helfen können. Die Aktionäre, die genau darauf spekuliert hatten, haben dann das Nachsehen.

Der russische Erdgasriese Gazprom – der größte Erdgasproduzent der Welt – befindet sich noch zu 38 Prozent in Staatsbesitz. Gazprom ist genauso wie der russische Energieversorger Unified Energy Systems (UES) alles andere als modern und effizient: Viele Kraftwerke, Förderanlagen und Pipelines warten schon seit Jahren auf ihre längst überfällige Modernisierung. Bürokraten aus alten Sowjetzeiten verhindern schnelle Entscheidungen.

Das alles mag auf den ersten Blick so aussehen, als sei weder UES noch Gazprom für Emerging-Market-Anleger einen Blick wert. Das ist allerdings falsch. Denn trotz altersbedingter Rost- und Frostausfälle geht es beiden Firmen verhältnismäßig gut. Schließlich gewährt der russische Staat sowohl Gazprom als auch UES nach wie vor ein weitgehendes Monopol in ihrer Branche. Die fehlende Konkurrenz erlaubt daher auch ohne moderne Anlagen und angesehene Manager satte Gewinne.

Am Ende dieses Buches werden Sie das nötige Rüstzeug an der Hand haben, um pauschale Argumente auf ihre Stichhaltigkeit zu überprüfen und sich zu entscheiden, welcher Fonds, welches Zertifikat, welche Aktie oder welche Anleihe in welchem aufstrebenden Schwellenland für Sie die besten Chancen eröffnet, um vom Aufschwung der Emerging Markets zu profitieren. Denn eines ist so gut wie sicher: Der Aufschwung wird kommen.

Spitzenreiter beim Wachstum

Hohe Wachstumsraten sind das Aphrodisiakum der Börse. Firmen, die Gewinn und Umsatz schnell steigern, eilen den Wettbewerbern davon und erfreuen ihre Anleger in der Regel mit deutlichen Kursgewinnen. Das gilt ganz besonders für die Emerging Markets, die sich nach den Krisen der neunziger Jahre inzwischen wieder gefangen haben. Dank zahlreicher Reformen stehen die meisten Emerging Markets mittlerweile sogar besser da als vor den Krisen.

Dass die Aufholjagd der Schwellenländer bereits in vollem Gange ist, zeigt ein Blick auf die volkswirtschaftlichen Daten: Demnach scheinen in den westlichen Industrienationen der Eurozone, in den USA und Japan mittlerweile mehr oder weniger die Wachstumsgrenzen erreicht, was ab einer bestimmten Größe einer Volkswirtschaft ganz natürlich ist.

Da das Ausgangsniveau in den Emerging Markets – etwa gemessen am Bruttoinlandsprodukt – deutlich niedriger ist, sind die Wachstumsraten der wichtigsten Schwellenländer in den meisten Fällen auch deutlich höher.

Die höchsten Zuwachsraten genoss zuletzt China. Das Riesenreich im Osten gilt als Wachstumsmotor für die ganze Region. Viele Staaten Südostasiens exportieren bereits einen Großteil ihrer Produkte in das 1,3-Milliarden-Einwohner-Land. Rohstoffe aus Lateinamerika und Russland finden zunehmend Abnehmer im boomenden China.

Abbildung 2: Wachstum des Bruttoinlandsprodukts nach Ländern

Gemessen an der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – also der Summe aller im Inland produzierten Waren und Dienstleistungen – sind die beiden Schwellenländer China und Indien derzeit die weltweiten Wachstumsspitzenreiter. Eine Sonderrolle nimmt Argentinien ein, das sich von den Folgen der schweren Rezession nach der Argentinien-Krise erholt. Im Vergleich zu dem Schwellenländern ist das Wachstum der etablierten Industrienationen in Europa und Japan recht moderat. Allenfalls die USA können mithalten.

Quelle: Bloomberg, Stand: Februar 2004

Unterm Strich wachsen Volkswirtschaften wie Südkorea, Thailand, Taiwan, Indonesien, Malaysia oder die Philippinen derzeit also drei- bis 30-mal so schnell wie die Mitgliedsstaaten der Europäischen Währungsunion. Grund dafür sind neben dem durch den Aufschwung bedingten zunehmenden Wohlstand der eigenen Bevölkerung auch die steigenden Investitionen aus dem Ausland.

Ein wichtiger Grund für den deutlichen Wachstumsvorsprung vieler Schwellenländer liegt schon allein im so genannten „Basiseffekt“ begründet: Weil Emerging Markets per se oder bedingt durch die Rückschläge der Krisen der neunziger Jahre (siehe Kapitel 2) von einem weitaus niedrigeren Niveau aus starten, haben sie es auch sehr viel leichter als die etablierten Industrienationen.

Ein Beispiel verdeutlicht dies: Angenommen, ein aufstrebendes Land hat im vergangenen Jahr in seiner bislang einzigen Autofabrik 10 000 Kraftfahrzeuge hergestellt. Um im kommenden Jahr doppelt so viele Autos zu bauen, muss in dem Land lediglich noch eine weitere Fabrik gebaut werden, damit eine „traumhafte“ Wachstumsrate von 100 Prozent erreicht wird.

In Deutschland wurden im Jahr 2002 nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie 5 123 238 Pkw hergestellt. Bei einer solchen Größenordnung wäre eine Verdoppelung so gut wie unmöglich – es sei denn, jeder Deutsche würde künftig nicht nur einen Zweit-, sondern auch einen Dritt- und Viertwagen kaufen.

Auch der Blick auf die Wachstumsraten der Zukunft ist für die meisten Emerging Markets viel versprechend. Der Weltbank zufolge ist bis ins Jahr 2015 mit keinem deutlichen Abflauen des Wirtschaftswachstums in Asien, Lateinamerika oder Osteuropa zu rechnen.

Aber nicht nur in China und anderen Staaten Südostasiens läuft der Konjunkturmotor derzeit auf Hochtouren: Anfang 2004 haben beispielsweise die Staaten Südasiens – dazu zählen Indien, Pakistan, Bangladesch, Nepal, Bhutan, die Malediven und Sri Lanka – auf der Gipfelkonferenz der „South Asian Association for Regional Cooperation“ (SAARC) beschlossen, ab 2006 eine Freihandelszone zu schaffen. Der gemeinsame Wirtschaftsraum dürfte dann 1,4 Milliarden Menschen beheimaten. Südasien wuchs in den neunziger Jahren um durchschnittlich 3,3 Prozent. In den kommenden Jahren dürfte sich das Wachstum nach Ansicht der Weltbank auf 3,8 bis 4,1 Prozent per annum beschleunigen.

Abbildung 3: Wachstumsprognosen der Weltbank nach Regionen

Nach Ansicht der Weltbank hat Asien in den kommenden Jahren die weltweit höchsten Wachstumsraten vorzuweisen. Allen voran dürften China und die Tigerstaaten in Südostasien die Zugpferde des Booms der Emerging Markets werden, während die etablierten Industrienationen ein deutlich langsameres, aber immerhin konstantes Wachstum von 2,5 bis 2,7 Prozent pro Jahr haben sollten.

Quelle: Weltbank „Global Economic Prospects 2004“

Höhere Zuwachsraten als die etablierten Industrienationen sollten auch die Staaten Lateinamerikas und Osteuropas inklusive Russlands für die nächsten Jahren vorweisen.

Weit vorne unter den am schnellsten wachsenden Schwellenländern lag zuletzt Argentinien. Das rührt daher, dass das südamerikanische Land nach der Argentinien-Krise 2001/2002 tief in die Rezession abgerutscht war und sich nun von niedrigem Niveau aus langsam wieder aufrappelt. Mit solchen und vielen anderen Besonderheiten der wichtigsten Emerging Markets beschäftigt sich Kapitel 5 ausführlich.

Nicht nur die Wachstumsraten der Volkswirte belegen den Boom in den aufstrebenden Ländern und deren wachsende Bedeutung für die Weltwirtschaft. Auch ein Blick ins „Guinnessbuch der Rekorde“ veranschaulicht den Aufschwung der Emerging Markets: Die höchsten Wolkenkratzer der Welt stehen heute schon lange nicht mehr im New Yorker Stadtteil Manhattan. Sie ragen in Taipeh, der Hauptstadt Taiwans, im malaysischen Kuala Lumpur und in den chinesischen Metropolen Schanghai, Hongkong, Guangzhou und Shenzhen in den Himmel. Von den zehn höchsten Gebäuden der Welt durchbrechen heutzutage acht die Wolkendecke in Emerging Markets.

USA und Japan als Vorbilder

Vieles spricht dafür, dass den aufstrebenden Volkswirtschaften der Schwellenländer im 21. Jahrhundert ein Wirtschaftsboom bevorsteht, wie ihn die USA, Europa und später auch Japan im Laufe des 20. Jahrhunderts erlebt haben. Denn es müssen nicht alle Erfindungen und Fehler erst noch einmal gemacht werden. Die Emerging Markets haben von den Industrienationen gelernt und können Fehlentwicklungen vermeiden. Daher geht der Aufschwung vom teilweise fast mittelalterlichen Agrarland zur Industrienation diesmal deutlich schneller vonstatten.

Zudem sieht es ganz danach aus, als ob es diese rasante Aufwärtsentwicklung so nur einmal geben wird. Denn wenn China, Russland, Indien und Brasilien ihrer Rolle als Emerging Markets erst einmal entwachsen sind und zu den etablierten Industrienationen aufgeschlossen haben, sind die großen Fische aus dem Teich und für Anleger die besten Fänge vorbei.

Natürlich wird es nach wie vor Schwellenländer geben, die ebenfalls mit rasanten Wachstumsraten zur Riege der etablierten Industrienationen aufschließen. Im Vergleich zu China, Russland, Indien und Brasilien – auf die allein 42 Prozent der Weltbevölkerung entfallen – bleiben dann nur noch zwei Arten von Emerging Markets übrig: vergleichsweise kleine Schwellenländer oder vergleichsweise unterentwickelte. Zwar dürfte im Jahr 2050 nach einer Studie der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung in Pakistan, Nigeria und Bangladesh insgesamt knapp eine Milliarde Menschen leben. Die Börsen dieser Länder haben allerdings noch einen weiten Weg vor sich, bevor sie für Anleger interessant werden.

Industrialisierung und Gründer-Boom im 21. Jahrhundert

Genau genommen war jedes Land der Welt irgendwann einmal ein Schwellenland nach heutiger Definition. Vor etwas mehr als einem Jahrhundert waren die USA aus Sicht der Europäer beispielsweise ein Emerging Market, an dessen aufstrebender Wirtschaft sich für den alten Kontinent kräftig mitverdienen ließ: So gewann der amerikanische Börsenindex „Dow Jones Industrial Average“ – heute meist nur kurz als „Dow Jones“ bezeichnet – in den ersten 50 Jahren seit seiner Einführung am 26.5.1896 immerhin rund 470 Prozent. Und das, obwohl in diese Zeit zwei Weltkriege und die große Weltwirtschaftskrise der dreißiger Jahre fielen.

Dass die Vereinigten Staaten auf dem Weg zur wirtschaftlichen Supermacht waren, ließ sich übrigens ebenfalls bereits früh an den Stockwerken der neu gebauten Hochhäuser ablesen: Mit der Vollendung des 30. Stockwerks stand mit dem Park Row Building das höchste Hochhaus der Welt 1899 in New York.

Einen noch rasanteren Aufschwung erlebte der damalige Emerging Market Japan nach dem Zweiten Weltkrieg. Bis Anfang der siebziger Jahre stand das Land – wie Deutschland – unter dem Zeichen des Wiederaufbaus und des rasanten Wachstums. In den fünfziger und sechziger Jahren stieg das Bruttosozialprodukt im Durchschnitt jährlich um zehn Prozent.

Dabei schützte Japan die eigene Industrie durch Zölle vor Importen aus dem Ausland und investierte gleichzeitig viel in die eigene Exportindustrie. Auf neue Höhenrekorde beim Bau von Wolkenkratzern legten die Architekten im immer wieder von Erdbeben erschütterten Japan allerdings wenig Wert.

In den achtziger Jahren hatte der wirtschaftliche Boom auch die Börse in Tokio erreicht. Einer der Meilensteine war die teilweise Privatisierung der Telefongesellschaft Nippon Telephone & Telegraph (NTT) im Oktober 1986. Der Kurs der NTT-Aktie stieg schnell auf Rekordhöhen und beflügelte den gesamten japanischen Aktienmarkt. Im Verlauf der achtziger Jahre kletterte der japanische Leitindex Nikkei 225 von 6569 Zählern auf sein Allzeithoch von 38 915 Punkten beziehungsweise um 492 Prozent.

Doch je schneller der Aufschwung Japans vonstatten ging, desto extremer wurden auch die Übertreibungen an den Immobilien- und Finanzmärkten. Diese sind übrigens ein Phänomen, das auch in vielen anderen Emerging Markets immer wieder zu beobachten ist und das Sie im Verlauf des Buches noch ausführlich kennen lernen werden.

Wie übertrieben die Spekulation in Japan damals war, wird daraus deutlich, dass 1988 allein der Börsenwert von NTT den Wert aller deutschen Aktien übertraf oder dass das Grundstück in Tokio, auf dem der japanische Kaiserpalast steht, wertvoller war als ganz Kalifornien.

Emerging Markets sind im Kommen

Als Anleger möchte man jetzt natürlich gerne wissen, welchen Ländern in den nächsten Jahrzehnten eine ähnlich rasante Entwicklung bevorsteht und wo die höchsten Kursgewinne an der Börse zu erwarten sind. Eines ist immerhin sicher: Es ist höchste Zeit, sich dem Thema zu widmen.

Das haben allerdings andere Anleger auch schon erkannt: Allein im Jahr 2003 erhielten Emerging-Market-Fonds Mittelzuflüsse in Rekordhöhe. Nach Berechnungen der amerikanischen Analysefirma Emerging-Portfolio.com flossen insgesamt 12,5 Milliarden US-Dollar in Aktienfonds, die in Schwellenländern anlegen. Asien ohne Japan war mit Zuflüssen von mehr als sechs Milliarden US-Dollar dabei die beliebteste Anlageregion.

Die bisherigen Rekordzuflüsse stammen aus dem Jahr 1996, vor Beginn der Asien-Krise. Damals hatten Anleger weltweit 10,9 Milliarden US-Dollar in Schwellenländerfonds eingezahlt.

Anleihenfonds, die in festverzinsliche Wertpapiere aus Emerging Markets investieren, verzeichneten bis Mitte Dezember 2003 Zuflüsse von 3,3 Milliarden US-Dollar, knapp doppelt so viel wie im Vorjahr.

Trotz der Mittelzuflüsse aus dem Ausland sind die Finanzmärkte der aufstrebenden Volkswirtschaften im internationalen Vergleich noch immer recht klein. Der Wert aller Aktien, die an den Börsen der vier größten Emerging Markets – China, Indien, Russland und Brasilien – notiert sind, entspricht derzeit rund fünf Prozent des Börsenwertes aller Aktien in den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Japan und Deutschland.

Das ändert sich einer Studie der britischen Investmentfirma Standard Life Investments zufolge bis zum Jahr 2050 drastisch Dann sollen auf den amerikanischen Aktienmarkt zwar noch immer rund 45 Prozent der weltweiten Börsenwerte entfallen. China dürfte bis dahin schon zum zweitgrößten Aktienmarkt der Welt mit einem Anteil von 25 Prozent und Indien mit zehn Prozent zur weltweiten Nummer drei aufgestiegen sein.

Eine weit größere Bedeutung als die Investitionen von Anlegern, die auch als „Portfolioinvestitionen“ bezeichnet werden, haben für die Volkswirtschaften der Emerging Markets die so genannten Direktinvestitionen aus dem Ausland (Foreign Direct Investments). Darunter versteht man Kapitalanlagen von Ausländern durch den Erwerb von Immobilien, Auslandsniederlassungen, Geschäftsanteilen, Unternehmen und Tochterunternehmen. Denn Direktinvestitionen sind in der Regel langfristiger Natur und lassen sich im Falle einer Krise nicht so leicht wieder abziehen wie die Portfolioinvestitionen der Anleger. Zudem finanzieren sie – anders als die Investitionen in Anleihen und Aktiengesellschaften – das Wirtschaftswachstum direkt.

Insgesamt flossen nach einer Berechnung der Weltbank den Schwellenländern im Jahr 2002 rund 129 Milliarden US-Dollar an Direktinvestitionen aus dem Ausland zu.

Direktinvestitionen aus dem Ausland sind für die Volkswirtschaft eines aufstrebenden Landes von großer Bedeutung. Je mehr Geld Ausländer in die Wirtschaft eines Landes investieren, desto schneller können die Firmen dort modernere Produktionsanlagen anschaffen oder ihre Angebotspalette erweitern.

Fließt allerdings zu schnell zu viel Kapital aus dem Ausland zu, kann das auch negative Folgen haben, wie beispielsweise in Asien in den neunziger Jahren. Hier entfachten die hohen Kapitalzuflüsse aus den Industrienationen einen regelrechten Kredit-Boom. Denn allein steigende Aktienkurse und vor allem die immens steigenden Immobilienpreise erlaubten es vielen aufstrebenden Firmen, deutlich mehr Kredite zu besichern.

Abbildung 4: Auslands-Direktinvestitionen in ausgewählte Emerging Markets

Nach Berechnungen der Weltbank flossen den Emerging Markets im Jahr 2002 insgesamt 129 Milliarden US-Dollar an Direktinvestitionen aus dem Ausland zu. Den Großteil davon zweigt seit Beginn der neunziger Jahre China für sich ab. Die Schwellenländer Lateinamerikas haben jedoch bereits im Vorfeld der Argentinien-Krise 2001/02 deutlich an Beliebtheit bei ausländischen Investoren eingebüßt.

Quelle: Weltbank, 2002

Dass dabei eine immer größere Spekulationsblase entstand, kümmerte offenbar kaum jemanden. So wurde ein immer größerer Teil der Kredite zum Kauf von zusätzlichen Aktien und Immobilien eingesetzt, was den Boom an den Aktien- und Immobilienmärkten nur noch zusätzlich anheizte. Die spekulative Blase schwoll immer weiter an, bis sie Mitte 1997 im Verlauf der Asien-Krise platzte. Kapitel 2 wird die Entstehung und Auswirkung dieser und anderer Emerging-Market-Krisen genauer beleuchten.

Den Aufschwung nicht verpassen

Vieles spricht aus heutiger Sicht dafür, dass sich der Aufschwung der aufstrebenden Volkswirtschaften diesmal schneller vollziehen wird als die Entwicklung von Europa, den USA und Japan zu Industrienationen. Die heutigen Schwellenländer haben es um einiges leichter, zu Wohlstand und Reichtum zu gelangen. Schließlich stehen ihnen die bereits etablierten Industrienationen – ganz und gar nicht uneigennützig – mit Know-how und Geld zur Seite. Denn sie wollen ebenfalls vom Aufschwung in China, Russland, Indien und anderswo profitieren.

Bereits heute sind einige Emerging Markets nahe an der Schwelle zur Aufnahme in den Club der etablierten Industrienationen oder zumindest in einigen Bereichen der Wirtschaft durchaus konkurrenzfähig.

China beispielsweise exportiert mittlerweile nicht mehr nur billige Vorprodukte, die in den Industrienationen dann „veredelt“ werden, sondern Spitzentechnologie, die sich durchaus mit Produkten aus den Hightech-Schmieden der USA messen lassen kann. So hat zum Beispiel der chinesische Computerhersteller Legend Holdings im Geschäftsjahr, das am 31.3.2003 zu Ende ging, umgerechnet 2,6 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Ein Blick auf die Homepage des Unternehmens unter http://www.legendgrp.com vermittelt den Eindruck, dass Legend alles andere als ein auf dem Weltmarkt chancenloser Produzent billiger Elektronikteile aus China ist.

Genauso findet man unter http://www.huawei.com einen modernen chinesischen Hersteller von Netzwerkausrüstung, der es sogar schon so weit gebracht hat, dass sich der weltgrößte Netzwerkausrüster, Cisco Systems aus den USA, vor Gericht gegen Huawei wegen Patentverletzungen zur Wehr setzten musste. Cisco-Konkurrent 3Com vereinbarte darüber hinaus im März 2003 ein Joint Venture mit den Chinesen, um auch in Zukunft Cisco im Konkurrenzkampf die Stirn bieten zu können.

Indische IT-Konzerne wie Wipro, Infosys Technologies oder Satyam programmieren inzwischen Software im Auftrag von SAP, Microsoft und anderen westlichen Technologiefirmen, während aus Südkorea und Taiwan mittlerweile Handys, Flachbildschirme und andere Hightech-Geräte kommen, die sich technologisch ohne weiteres mit denen ihrer etablierten westlichen Konkurrenten messen lassen können. In den Schaufenstern der Mobilfunkgeschäfte westlicher Einkaufspassagen sind Mobiltelefone von koreanischen Anbietern wie Samsung Electronics oder LG Electronics heute keine Seltenheit mehr.

Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt

Allerdings ist es nicht ohne Risiken, sein Geld in Emerging Markets zu investieren. Daher sollte auf keinen Fall der Großteil des Anlagedepots auf eines oder mehrere Schwellenländer entfallen. Zwar lässt sich der Begriff Emerging Market mit „aufstrebender Markt“ übersetzen. Doch die Entwicklung der Börsen muss keineswegs immer aufstrebend sein, wie Kapitel 2 noch zeigen wird. Vielmehr prägt ein ständiges Auf und Ab das Geschehen an den Emerging Markets. Vor allem in einzelnen Ländern kann es hin und wieder zu extremen Ausschlägen nach oben oder unten kommen.

Dabei sind in den seltensten Fällen kriminelle Machenschaften der Russen-Mafia, korrupter Politiker, Kaderkommunisten oder anderer Betrüger der Grund für die immer wiederkehrenden herben Verluste an den Kapitalmärkten der Schwellenländer. Verschärft werden die Krisen oft erst durch die Anleger selbst. Meist sind es gerade die westlichen Investoren, die mit ihrem Geld die Börsen der Emerging Markets nach oben treiben und dann plötzlich, einer gehetzten Rinderherde gleich, ihr Kapital fluchtartig abziehen und damit die Krisen endgültig in Gang setzen.

Die Entwicklung des russischen Ölkonzerns Yukos ist ein klassisches Lehrstück für Emerging-Market-Anleger. Kapitel 2.3.1 nimmt den Aufstieg und Fall des Yukos-Großaktionärs und Ex-Konzernchefs Michail Khodorkowski genauer unter die Lupe. Der wandelte sich binnen weniger Jahre vom verhassten Aktionärsbetrüger zum für seine Offenheit hochgelobten Anlegerfreund. Doch dann wurden die politischen Ambitionen des reichsten Manns Russlands den Machthabern im Kreml offensichtlich zu gefährlich. Es begann eine beispiellose politische Kampagne gegen Khodorkowski und Yukos, die Milliarden US-Dollars an Aktienwert der Yukos-Aktie vernichtete.

Auf Regen folgt Sonne – meistens jedenfalls

Yukos ist das beste Beispiel dafür, dass Anleger, die ihr Geld auf den Aufschwung der Emerging Markets setzen wollen, nicht vergessen sollten, dass in den Schwellenländern Krisen und Boom oft nahe beieinander liegen.

Den raschen Stimmungswechsel und die unterschiedliche Entwicklung in Schwellenländern belegt ein weiteres Beispiel aus Russland: 1997 stieg der Moskauer RTS Index als der beste Emerging Market des Jahres um knapp 100 Prozent. Die Freude unter den Anlegern, die früh auf Russland gesetzt hatten, war groß. Im Folgejahr war allerdings ihr Leid mindestens genauso groß. Denn der Moskauer Aktienmarkt brach infolge der Russland-Krise bis zum Jahresende 1998 als das schlechteste aller großen Schwellenländer um 85 Prozent ein.

Dass sich die Börsen der meisten aufstrebenden Märkte immer seltener im Gleichschritt in die eine oder andere Richtung bewegen, zeigt die Entwicklung des Aktienmarkts in Südkorea im Jahr 1997: Während russische Aktien stiegen und stiegen, zählte der südkoreanische Leitindex Kospi mit einem Minus von rund 70 Prozent zusammen mit vielen anderen Aktienmärkten Südostasiens zu den großen Verlierern unter den Emerging Markets.

Dann vertrieb die Russland-Krise, über die Kapitel 2.3 ausführlich berichtet, die Anleger und ihre Milliarden von US-Dollars aus Moskau. Das Ziel der Kapitalflucht war ebenfalls schnell auserkoren. Schließlich waren Anlagen in Asien nach der Krise des Vorjahrs wieder so billig wie lange nicht mehr. Schnell ging es an nicht wenigen Finanzmärkten Asiens wieder aufwärts und im einst bei Anlegern so beliebten Russland rapide abwärts.

Eines der Ziele für das aus Russland abgezogene Kapital war Südkorea. Plötzlich war die Wirtschaftskrise, die das Land 1997 fast an den Rand des Staatsbankrotts getrieben hatte, vergessen und Korea bei den Anlegern wieder beliebt. Ende 1998 war der im Vorjahr noch so verschmähte koreanische Leitindex Kospi mit einem Plus von knapp 100 Prozent der beste unter den großen Emerging Markets der Welt.

Für jede Krise gilt daher: Des einen Freud, des anderen Leid. Nach herben Kurseinbrüchen sind viele Aktien wieder zu überaus günstigen Einstiegskursen zu haben. Wer horrende Verluste gemacht hat, ist verzweifelt. Wer dagegen rechtzeitig den Absprung geschafft hat, der kann billig wieder einsteigen.

Geteiltes Leid ist halbes Leid

Bereits die oben angeführten Beispiele zeigen, dass Anleger, die das Geld in ihrem Depot auf mehrere unterschiedliche Anlageregionen und Anlageformen verteilen, weniger riskieren. Diese Grundregel hat der Amerikaner Harry M. Markowitz 1959 in seiner „Portfolio-Selection-Theorie“ zusammengefasst, für die er 1990 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt.

Markowitz wies nach, dass Anleger durch die kluge Mischung einzelner Anlagen in ihrem Portfolio das Gesamtrisiko senken und gleichzeitig die Gesamtrendite erhöhen können. Das Grundrezept lautet: Kombiniere solche Wertpapiere, deren Kursverläufe sich in der Vergangenheit gegenläufig verhalten haben. Denn dann gleicht der Anstieg des einen Papiers den Einbruch eines anderen aus. Auf Emerging Markets bezogen heißt das: Wer einen Teil seines Geldes in die eigentlich deutlich riskanteren Emerging Markets investiert, der kann damit das Gesamtrisiko seines Anlagedepots senken.

Wie Kapitel 6 zeigen wird, stimmt diese kühne Behauptung tatsächlich, weil sich viele Notierungen in Emerging Markets unabhängig von ihren etablierten Pendants in Europa, den USA oder Japan bewegen.

Abbildung 5: Die zehn besten und die zehn schlechtesten Börsen im Baisse-Jahr 2000

Obwohl die meisten Börsen ab März 2000 nach Jahren des Booms auf eine jahrelange Talfahrt umschwenkten und allein bis Ende 2000 oft bis zu Hälfte ihres Wertes einbüßten, zählte China zu den großen Stars. Die Indizes des Börsen in Shenzen und Shanghai gewannen jeweils mehr als die Hälfte an Wert. China-Aktien hätten also geholfen, Verluste mit Papieren der US-Technologiebörse Nasdaq wettzumachen. Die technologielastigen Aktienmärkte in den Tigerstaaten Südostasiens zählten allerdings ebenfalls zu den großen Verlierern des Jahres.

Quelle: Bloomberg

Während der weltweiten Börsentalfahrt nach dem Platzen der Internetblase im Jahr 2000 glänzte beispielsweise die chinesische Börse mit einem Plus von mehr als 50 Prozent (siehe Abbildung 5). Damit hätte zumindest ein Teil der an Nasdaq und Neuem Markt erlittenen Verluste wettgemacht werden können. Kapitel 6 stellt ausführlich vor, was es bei der Zusammenstellung eines Anlagedepots zu beachten gilt, damit das Gesamtrisiko möglichst gering ausfällt.

Die Welt im Wandel

Fuhren in den achtziger Jahren noch fast alle Chinesen mit dem Fahrrad, so verkaufte der Autobauer Volkswagen im Jahr 2003 erstmals mehr Autos in China als im Heimatmarkt Deutschland. Insgesamt setzte der Konzern aus Wolfsburg im Riesenreich im Osten knapp 700 000 Fahrzeuge ab und ist heute mit einem Marktanteil von rund 40 Prozent Marktführer in China.

Der Trend ist klar abzulesen: Je reicher eine aufstrebende Volkswirtschaft und ihre Bevölkerung werden, umso mehr wollen die Menschen konsumieren. Die Folge: Heimische Unternehmen erleben einen Boom, wie ihn die USA oder Europa einst in der Gründerzeit erfahren haben.

An diesem Boom teilzuhaben ist für Anleger im Prinzip nicht schwer. Viele Aktien von Firmen aus Emerging Markets sind an deutschen Börsen notiert und können dort ganz normal wie jedes andere Wertpapier gekauft werden.

Zudem haben Kleinanleger dank dem Internet mittlerweile ähnlich viele Informationen zur Verfügung wie der professionelle Fondsmanager. Das World Wide Web eröffnet Anlegern früher nicht gekannte Möglichkeiten. So kann sich heute jeder auf den Internetseiten regionaler Medien wie beispielsweise dem Far Eastern Economic Review (http://www.feer.com), der Singapore Straits Times (http://www.asiaone.com) oder der Asian Times (http://www.atimes.com) bequem vom heimischen Schreibtisch aus über die Lage in dem Land, in dem das eigene Geld investiert ist, informieren. Die englische Sprache sollte man dafür allerdings halbwegs beherrschen.

Außerdem stellen seriöse Unternehmen heutzutage Informationen für ihre Aktionäre auf ihrer Homepage im Internet bereit – und zwar nicht nur in der heimischen Sprache, sondern zumindest auch in Englisch. Ein Blick auf die Internetseite ist auf jeden Fall zu empfehlen. Denn hier gibt es für interessierte Anleger neben Geschäftsberichten und den jüngsten Pressemitteilungen die Gelegenheit, einen generellen Eindruck vom Unternehmen zu bekommen, ohne selbst die Firmenzentrale besuchen zu müssen.

Haben Sie beispielsweise schon einmal etwas vom kroatischen Pharmakonzern Pliva gehört? Wenn nicht, dann machen Sie bei Ihrer nächsten Reise ins Internet doch einfach einmal einen kurzen Abstecher auf http://www.pliva.hr und auf die Investor-Relations-Seiten. Dort können Sie sich die 120 Seiten dicke Präsentation von Pliva anlässlich des dritten Forschungstags „Pliva R&D Day“ in London ansehen, Geschäftsberichte und Unternehmensnachrichten nachlesen und sogar die aktuelle Eigentümerstruktur erfahren.

Abschließend noch ein Wort in eigener Sache: Wie bereits erwähnt, wandeln sich die weltweiten Kapitalmärkte mit einem immer schnelleren Tempo. Ein Buch wie dieses kann daher auch nur Grundlagen vermitteln sowie Hintergründe und Zusammenhänge erklären.

Da ein Buch nicht nur eine lange Reise bis in die Bücherregale hinter sich bringt, sondern dort auch geraume Zeit auf Käufer wartet, sollten Sie als Leser von ihm auch nicht absolute Aktualität bis ins kleinste Detail erwarten. Daher wird es in diesem Buch keine kurzfristigen Handlungsanweisungen nach dem Motto „Wer jetzt chinesische Aktien kauft, wird auf jeden Fall Kursgewinne von 100 oder mehr Prozent einstreichen“ geben. Dafür aber zahlreiche Tipps, wie Sie derartige Chancen als Anleger selbst erkennen können.

1.2 Grundlagen des Investierens in Emerging Markets

Wie bereits erwähnt, gilt es bei der Geldanlage in Emerging Markets einige Besonderheiten zu beachten. Vorher sollten jedoch noch einige grundlegende Dinge angesprochen werden. Denn nicht jedes Schwellenland, das mit imponierenden Wachstumsraten glänzt, ist ein geeignetes Pflaster für Anleger. Kapitel 1.2.2 nennt die Kriterien, die ein für Kapitalanleger geeigneter Aktienmarkt generell erfüllen sollte.

Außerdem prägt das Marktgeschehen in Emerging Markets ein ständiges Auf und Ab, weshalb es wichtig ist, die jeweiligen Aktienmärkte gut im Auge zu behalten. Hier sind Börsenindizes ein ideales Hilfsmittel. Sie geben die Entwicklung der jeweiligen Aktienmärkte allerdings mehr oder weniger genau wider. Kapitel 1.2.3 erklärt, worauf es bei einem Index ankommt, der ein gutes Marktbarometer ist.

1.2.1 Was ist ein Emerging Market?

Nun aber zur ausführlicheren Antwort auf die Frage: Was ist ein Emerging Market? Wie bereits erwähnt, bedeuten die Worte „Emerging Market“ direkt ins Deutsche übersetzt so viel wie „aufstrebender Markt“. Häufig werden hier zu Lande auch die Begriffe „Schwellenland“ oder „Entwicklungsland“ als Übersetzung herangezogen. Das führt auch schon zur Definition des Begriffs „Emerging Market“. Ein solcher ist ein Markt, der sich an der Schwelle zu einer etablierten Industrienation befindet.

Da es von den etablierten Industrienationen auf unserem Globus noch nicht allzu viele gibt, kann man es sich auch ganz einfach machen, indem man die Länder, die nicht mehr als Emerging Market zu bezeichnen sind, außen vor lässt: Dann sind einfach alle Länder und Regionen außer den Vereinigten Staaten, Kanada, Westeuropa, Japan, Australien und Neuseeland Schwellenländer, die mehr oder weniger aufstrebend und näher oder weiter von der Schwelle zu einer entwickelten Industrienation entfernt sind.

Eigentlicher Erfinder des Begriffs „Emerging Market“ ist die Weltbank-Tochter International Finance Corporation (IFC). Im Jahr 1981 fand die IFC, dass es an der Zeit sei, einen positiveren Begriff für das Wort „Entwicklungsland“ zu finden. Im Englischen hatte man sich bislang mit dem Ausdruck „Less Developed Country“ (LDC) – also „weniger entwickeltes Land“ – beholfen. Als Ergebnis der Überlegungen der IFC entstand der Begriff „Emerging Market“.

Nach der Definition von Weltbank und IFC ist jede Volkswirtschaft mit einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von weniger als 9385 US-Dollar pro Kopf ein Emerging Market.

1.2.2 Kriterien für einen funktionierenden Finanzmarkt

Viel wichtiger als der exakte Dollar-Betrag des Bruttoinlandsprodukts ist für Anleger, dass ein funktionierender Finanzmarkt vorhanden ist. Denn sonst lohnt es sich erst gar nicht, über ein Investment nachzudenken. Ein funktionierender Finanzmarkt sollte die folgenden vier Grundvoraussetzungen erfüllen:

1.) Fairer Handel

2.) Liquider Handel

3.) Transparenter Handel

4.) Reibungsloser Handel

Fairer Handel

Damit der Handel an einem Aktienmarkt fair geregelt ist, muss eine funktionierende Börsenaufsicht existieren, und es müssen Vorschriften vorhanden sein, die es den Aufsichtsorganen ermöglichen, gegen Vergehen wie Insiderhandel und Kursbetrug vorzugehen. Ein Blick auf die Internetseite der jeweiligen Börse verrät hier bereits viel. Meist findet sich dort ein Jahresbericht in englischer Sprache mit einer Reihe von zusätzlichen Informationen.

Sollte es auf einer Börsen-Homepage allerdings so aussehen wie unter http://www.zse.co.zw – der Homepage der Börse von Simbabwe –, dann sollten Anleger lieber auf bessere Zeiten warten. Denn beim Internetauftritt der afrikanischen Börse, die sich selbst als „one of Africa’s leading equity exchanges“ bezeichnet, stammte Anfang 2004 die aktuellste Nachricht vom 30.6.2003, und die Kurse waren vier Tage alt.

Liquider Handel

Der fairste und transparenteste Handelsplatz macht allerdings keinen Sinn, wenn an ihm gar kein oder nur spärlicher Handel stattfindet. Ein liquider Markt sollte zumindest bei den wichtigsten Werten ein akzeptables Handelsvolumen aufweisen. In vielen Emerging Markets konzentriert sich der Großteil des Handels auf einige wenige Aktien – meist die wichtigsten Mitglieder des jeweiligen Leitindex.

Ein gutes Beispiel ist der Prager PX 50 Index. Dieser hat trotz der 50 in seinem Namen mittlerweile nur noch 15 Mitglieder. Dennoch konzentrieren sich 95 Prozent des Aktienhandels auf drei Aktien, und zwar auf die Papiere der Telefongesellschaft Cesky Telecom, des Versorgers CEZ und der Ölfirma Unipetrol.

Kleinanleger sollten ihr Engagement ausschließlich auf solche ausreichend gehandelten Titel beschränken. Schließlich will man seine Wertpapiere an der Börse so schnell wie möglich handeln und nicht tagelang warten, bis sich endlich ein Käufer oder ein Verkäufer für das Aktienpaket findet. Vor allem in Krisenzeiten kann eine illiquide Aktie schon deutlich gefallen sein, bevor sich überhaupt ein Käufer findet.

Wie dem statistischen Jahrbuch der Prager Börse für 2003 – das sich bequem von deren Homepage unter http://www.pse.cz herunterladen lässt – zu entnehmen ist, wurden beispielsweise die Aktien der beiden Gashandelsgesellschaften STC Plynárenská, ZC Plynárenská und des Kraftwerksbetreibers Skoda Praha im Jahr 2003 überhaupt nicht gehandelt.

Illiquide Märkte sind wie ausgetrocknete Flüsse: In ihnen bewegt sich nichts. Wenn sich doch einmal etwas tut, dann muss sich der Anleger mit hohen Kurssprüngen und deutlichen Unterschieden zwischen An- und Verkaufskursen abfinden. Beispielsweise können einzelne Großaufträge an illiquiden Märkten große Kurssprünge auslösen, die mit fairen Kursen, die eigentlich die Aussichten der jeweiligen Aktiengesellschaft widerspiegeln sollten, in keinem Zusammenhang stehen. Damit sind auch Kursmanipulationen Tür und Tor geöffnet.

Transparenter Handel

Ein transparenter, also für alle durchschaubarer Handelsablauf ist erst dann gewährleistet, wenn jeder Anleger die gleichen Informationen über den Verlauf des Handels hat – wenn also zum Beispiel die Kurse der einzelnen Wertpapiere möglichst zeitnah im Internet veröffentlicht werden. Außerdem sollte eine zentrale Stelle („Central Share Registry“) existieren, die für die Eintragung der Besitzrechte der einzelnen Aktien zuständig ist.

Jeff Chowdhry, der sich als Fondsmanager des F&C Global Emerging Markets Portfolio seit 20 Jahren mit Emerging Markets befasst, hat in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte beobachtet: „Heute sind fast alle Märkte, in denen man investieren kann und will, offen und transparent.“ In China beispielsweise wird der meiste Handel über die Börse in Hongkong abgewickelt, die traditionell hohe Anforderungen in Sachen Transparenz an die dort notierten Unternehmen stellt.

Reibungsloser Handel

An immer weniger Börsen in Emerging Markets stehen heutzutage noch Händler auf einem Börsenparkett und führen die Orders der Anleger mit Hilfe von Formularen aus. Meist verläuft der Handel vollautomatisch über Computersysteme, in die die Händler ihre Aufträge einfach vom Schreibtisch aus eingeben. Grundsätzlich gilt: Je schneller eine Order ausgeführt wird, desto besser. Außerdem gilt: Je weniger Einfluss einzelne Personen auf den Handel haben, desto geringer ist auch die Betrugsgefahr.

1.2.3 Die Bedeutung von Indizes

Wichtig für jeden Emerging-Market-Anleger ist es auch, die Stimmung in den Schwellenländern im Auge zu behalten. Denn wie Kapitel 1.3.1 zeigen wird, besteht die Geschichte der Emerging Markets aus vielen Hochs und mindestens ebenso vielen Tiefs. Geld in Ländern wie China, Brasilien, Indien, Russland und Co. anzulegen ist nichts für Anleger, die einmal eine gewisse Summe anlegen wollen, um dann in zehn oder 20 Jahren ordentliche Gewinne einzustreichen. Vielmehr ist es für Schwellenland-Anleger wichtig, rechtzeitig Gewinne mitzunehmen, anstatt in jeder Krise wieder unweigerlich Geld zu verlieren.

Als Indikatoren für die Stimmung an einem bestimmten Markt dienen an den Kapitalmärkten Indizes. Ein Index fasst meist die wichtigsten Wertpapiere eines Landes zusammen und gibt deren Entwicklung in Form eines Kursverlaufs (Chart) wider. Für die in Deutschland notierten Aktien ist beispielsweise der DAX das wichtigste Stimmungsbarometer. Er veranschaulicht die Entwicklung der 30 wichtigsten deutschen Aktien.

Von guten und schlechten Indizes

Bei der Betrachtung von Indizes gilt es einiges zu beachten. So sollte der Index die tatsächliche Entwicklung an der Börse möglichst genau widerspiegeln und zugleich die wichtigsten Wertpapiere eines Marktes zu seinen Indexmitgliedern zählen. Das kann interessanterweise der Dow Jones, der weltweit wohl meistbeachtete Aktienindex, eigentlich nicht.

Denn im Gegensatz zum DAX entscheiden beim Dow Jones nicht Börsenwert und Handelsvolumen über die Wichtigkeit und damit die Zugehörigkeit einzelner Aktien zum Index. Über die Zusammensetzung des Dow Jones entscheidet lediglich ein Redaktionsteam der amerikanischen Wirtschaftszeitung „Wall Street Journal“. Das letzte Mal tauschten die Journalisten im November 1999 einige Index-Mitglieder aus. Seitdem sind mit Microsoft und Intel erstmals zwei an der Technologiebörse Nasdaq gelistete Aktien unter den 30 Dow-Jones-Werten.

Zudem wird der Punktestand des Dow Jones auf die denkbar einfachste Art und Weise berechnet: Der Indexstand ergibt sich einfach aus dem Mittelwert der Aktienkurse der einzelnen Indexmitglieder. Je höher der Kurs einer Aktie ist, desto stärker bewegt sie damit auch den Indexstand. Das führt dazu, dass Anfang 2004 Procter & Gamble, IBM und United Technologies den Punktestand des Dow Jones wegen ihrer hohen Aktienkurse am deutlichsten beeinflussten, obwohl sie – gemessen an ihrem Börsenwert – im Index nur die Plätze 7, 9 und 20 belegt hätten.

Der amerikanische Luftfahrt- und Verteidigungskonzern United Technologies beispielsweise hat einen Börsenwert von rund 45 Milliarden US-Dollar und zählt damit nicht einmal zu den 20 wertvollsten US-Unternehmen. Wegen des hohen Aktienkurses von knapp 100 US-Dollar beeinflussen Kursveränderungen der Aktie von United Technologies den Indexstand des Dow Jones jedoch so stark, als wäre United das drittwichtigste Unternehmen der USA.

Noch deutlicher zeugt der Vergleich von Eastman Kodak und Microsoft von der Unsinnigkeit des Dow Jones als Abbild der US-Aktienmärkte: Während der unter dem Siegeszug der Digitalkameras leidende Filmhersteller mittlerweile nur noch rund acht Milliarden US-Dollar Börsenwert hat, bringen die Aktien des weltgrößten Softwarekonzerns 287 Milliarden US-Dollar auf die Waage. Trotzdem war die Gewichtung von Eastman Kodak im Dow Jones Anfang des Jahres 2004 – dank des höheren Aktienkurses – mit 2,02 Prozent höher als die von Microsoft mit 1,85 Prozent.

Die Marktkapitalisierung, also der Wert aller Aktien eines Unternehmens, ist daher ein sinnvolleres Kriterium für die Zusammensetzung wirklich aussagekräftiger Aktienindizes. Damit wirken sich Bewegungen bei Aktien mit höherem Börsenwert auch deutlich höher auf die Entwicklung des Index aus als Kursveränderungen bei Aktien, deren Börsenwert geringer ist und die damit unwichtiger sind.

Noch genauer wird die Abbildung der tatsächlichen Marktentwicklung, wenn man nicht den gesamten Börsenwert einer Aktiengesellschaft zur Gewichtung des Index heranzieht, sondern nur den Wert der Aktien, die tatsächlich handelbar sind. Dann spricht man von einer Gewichtung nach dem Free Float. Beim DAX fließen beispielsweise die Aktien der Deutschen Telekom oder der Deutschen Post, die sich noch in Besitz des Staates befinden, nicht mit in die Indexberechnung ein.

Da in vielen Emerging Markets oft noch große Firmenanteile in Staatsbesitz sind, sollte man als Anleger auch dort darauf achten, dass der Index ebenfalls nicht nur nach dem reinen Börsenwert, sondern nach dem Wert der tatsächlich handelbaren Aktien gewichtet ist. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der Index die reale Situation am Aktienmarkt nur unzureichend wiedergibt.

In Russland gibt es beispielsweise zwei maßgebliche Indizes – den in US-Dollar notierten RTS Index der Moskauer Börse Russian Trading System (RTS) und den Micex Index der Moscow Interbank Currency Exchange (Micex). Beide Indizes sind zwar, wie es sich gehört, nach der Marktkapitalisierung ihrer Mitglieder gewichtet.

Die tatsächliche Entwicklung des russischen Aktienmarktes geben sie allerdings trotzdem nur unzureichend wieder. Denn keiner der beiden Indizes enthält den Erdgasriesen Gazprom, weil dessen Aktien bislang nur an der Moscow Stock Exchange und den regionalen Aktienmärkten in Jekaterinburg, St. Petersburg und an der Siberian Stock Exchange gehandelt werden dürfen.

Die beiden boomenden Mobilfunkkonzerne Mobile TeleSystems (MTS) und VimpelCom fehlen ebenfalls, weil sie in erster Linie an der New Yorker Börse notiert sind. Allein Gazprom kommt auf einen Börsenwert von knapp 900 Milliarden Rubel (31,6 Milliarden US-Dollar). Weil der Erdgasgigant damit genauso teuer ist wie die Aktien des Ölkonzerns Yukos, der in beiden russischen Indizes das Schwergewicht ist, fehlt er bei einer realistischen Abbildung des Marktes erheblich.

Börsenbarometer für Emerging Markets

Für Schwellenländer gibt es neben den Leitindizes der einzelnen Länder, auf die Kapitel 5 ausführlich eingehen wird, zwei wichtige Barometer, die die allgemeine Stimmung für Aktienanlagen in allen wichtigen Emerging Markets dieser Welt wiedergeben und beide mit dem Free Float der jeweiligen Indexmitglieder gewichtet sind: den „MSCI Emerging Markets Free Index“ (MSCI EMF) der US-Investmentbank Morgan Stanley Capital International (siehe Abbildung 6, Seite 33) und den „S&P/IFC Emerging Markets Investable Index“ der Rating-Agentur Standard & Poor’s.

Abbildung 6: Verlauf des MSCI Emerging Markets Free Index

Die beiden wichtigsten Barometer für die Entwicklung der Aktienmärkte der wichtigsten Emerging Markets haben in den vergangenen zehn Jahren viele Krisen und Rallys gesehen. Am Kursverlauf des MSCI Emerging Markets Free Index lassen sich die wichtigsten Krisen ablesen. Sie zeigen aber auch, dass die Aktienmärkte meist lange vor dem Ausbruch der eigentlichen Krise einbrachen und wie eindrucksvoll es danach wieder aufwärts ging. Im März 2000 gerieten die Emerging Markets in den Sog der weltweiten Börsentalfahrt.

Quelle: Bloomberg

Eines gilt es bei der Beobachtung solcher Indizes, die die wichtigsten Emerging Markets der Welt umfassen, zu beachten: In den vergangenen Jahren hat sich immer öfter gezeigt, dass Krisen nur selten alle Emerging Markets dieser Welt zugleich erfassen, sondern eher regional begrenzt bleiben. Ein Einbruch der Börse in Argentinien muss noch lange nicht die Märkte in Osteuropa oder Asien in Mitleidenschaft ziehen.

Von daher eignen sich Länderindizes wie der thailändische SET oder der russische RTS besser zur Beobachtung der Börsenentwicklung bestimmter Schwellenländer als globale Indizes, die die gesamte Welt der Emerging Markets umfassen und regionale Schwankungen daher nur undeutlich wiedergeben.

Um zu messen, ob sich ein Land gegenüber der Gesamtheit der Emerging Markets besser oder schlechter entwickelt, sind globale Indizes dagegen recht gut geeignet. Außerdem dienen sie für viele Investmentfonds als Messlatte, an denen sich der Erfolg des Fondsmanagements ablesen lässt. Ziel muss es immer sein, mit einem Fonds besser als der jeweilige Vergleichs-Index („Benchmark“) abzuschneiden, denn sonst ist das Fondsmanagement die oft saftige Verwaltungsgebühr, die die Fondsgesellschaft ihren Anlegern abverlangen, nicht wert.

MSCI Emerging Markets Free Index

Der MSCI Emerging Markets Free Index (MSCI EMF) wird von der amerikanischen Investmentbank Morgan Stanley Capital International seit 31.12.1987 aufgelegt und ist mit einem Wert von 100 Punkten gestartet. Er gibt die Entwicklung der 26 wichtigsten Schwellenländer dieser Welt wieder. Dies sind nach Ansicht von MSCI derzeit die folgenden Länder (nach ihrem Gewicht im Index): Südkorea, Südafrika, Taiwan, Brasilien, China, Mexiko, Indien, Russland, Malaysia, Israel, Chile, Thailand, Indonesien, Türkei, Polen, Ungarn, Peru, Philippinen, Tschechien, Argentinien, Ägypten, Pakistan, Marokko, Jordanien, Kolumbien und Venezuela.

Die zehn Länder mit der höchsten Gewichtung im MSCI Emerging Markets Free Index waren Anfang 2004:

Land

Gewichtung

Südkorea

19,09%

Südafrika

12,88%

Taiwan

12,20%

Brasilien

9,23%

China

8,29%

Mexiko

6,78%

Indien

5,25%

Russland

4,84%

Malaysia

4,52%

Israel

3,38%

Tabelle 1: Die wichtigsten Länder im MSCI Emerging Markets Free Index

Südkorea ist das gewichtigste Land im MSCI Emerging Markets Free Index, gefolgt von Südafrika und Taiwan. Dies lässt darauf schließen, dass diese Länder auch für Anleger eine größere Bedeutung haben als Schwellenländer, die nicht zu den Index-Schwergewichten zählen.

Quelle: Morgan Stanley Capital International (MSCI), Stand: Februar 2004

Die Gewichtung der einzelnen Länder berechnet MSCI wie folgt: Für jede Aktie eines Landes wird die so genannte „Free Float Adjusted Market Capitalisation“, also der nach dem Free Float gewichtete Börsenwert, berechnet. Dabei werden Überkreuzbeteiligungen und Firmenanteile in Staatsbesitz oder große Pakete, die sich in der Hand eines strategischen Investors befinden, nicht auf den Börsenwert angerechnet. Zudem werden nur die Firmenanteile berücksichtigt, die von Ausländern auch tatsächlich gekauft werden dürfen.

Der so errechnete Börsenwert aller Firmen eines Landes ergibt dann den gesamten Börsenwert des Landes. Dieser bestimmt wiederum die Ländergewichtung im MSCI Emerging Markets Free Index. Korea – das Land mit dem höchsten gesamten Börsenwert – hat daher auch die höchste Gewichtung im Index.

Anfang 2004 umfasste der MSCI Emerging Markets Free Index insgesamt 658 Einzelwerte aus den oben angesprochenen 26 Ländern. Die zehn Aktiengesellschaften mit der höchsten Gewichtung im Index waren Anfang 2004:

Unternehmen

Indexgewichtung

Land

Branche

Samsung Electronics

6,70%

Südkorea

Elektronik

Anglo American

3,67%

Großbritannien*

Minenkonzern,

China Mobile

1,95%

China

Mobilfunk

Taiwan Semiconductor

1,81%

Taiwan

Halbleiter

Teva Pharmaceuticals Industries

1,62%

Israel

Pharmakonzern

Telefonos de Mexico

1,46%

Mexiko

Telefonkonzern

America Movil

1,44%

Mexiko

Mobilfunk

Kookmin Bank

1,41%

Südkorea

Bank

Lukoil

1,38%

Russland

Ölkonzern

Petrobras Energia

1,36%

Brasilien

Ölkonzern

Posco

1,16%

Südkorea

Stahlkonzern

Tabelle 2: Firmengewichtung im MSCI Emerging Markets Free Index

Indexschwergewicht im MSCI Emerging Markets Free Index ist der südkoreanische Elektronikkonzern Samsung Electronics, der unter anderem Mobiltelefone, Flachbildschirme und Speicherchips herstellt.

* überwiegend in Südafrika und Lateinamerika tätig

Quelle: Morgan Stanley Capital International (MSCI), Stand: Februar 2004

Für Emerging-Market-Anleger geben die Tabellen 1 und 2 einen guten Überblick über die aus Sicht von Kapitalanlegern wichtigsten Schwellenländer und die derzeit dort notierten wichtigsten Einzelaktien. Außerdem beschränken die meisten Emerging-Market-Fonds einen Großteil ihres Investments auf die Mitgliedsländer und -firmen dieser Indizes.

MSCI überprüft die Zusammensetzung seiner Schwellenländer-Barometer viermal im Jahr und nimmt auch dazwischen Anpassungen vor, wenn beispielsweise ein Indexmitglied übernommen wird oder pleite geht oder wenn eine Neuemission eines großen Unternehmens dessen Aufnahme in einen der Indizes verlangt. Erklärtes Ziel ist es, immer mindestens 85 Prozent der einzelnen Emerging Markets in den Indizes darzustellen.

Eingeschränkte Handelsfreiheit

Das Wort „Free“ im Indexnamen bedeutet, dass MSCI den Index nur aus solchen Aktien zusammensetzt, die ausländische Investoren in Emerging Markets auch kaufen können. Aktiengesellschaften, an denen Ausländer nur einen bestimmten Prozentsatz der Anteile erwerben dürfen, gehen auch nur mit diesem Prozentsatz in die Indexberechnung mit ein.

Der russische Gasproduzent Gazprom ist ein gutes Beispiel dafür: Hier dürfen Ausländer beispielsweise nur die im Ausland notierten Aktien kaufen, die rund 4,5 Prozent aller Gazprom-Aktien ausmachen. Daher wird Gazprom beim MSCI Emerging Markets Free Index oder dem entsprechenden Länderindex für Russland – dem MSCI Russia Index – auch nur mit 4,5 Prozent seines eigentlichen Börsenwerts gewichtet.

Malaysia, Indien oder Russland, die den Aktienbesitz von ausländischen Investoren nach wie vor limitieren, sind daher im MSCI Emerging Markets Free Index weniger stark repräsentiert als Mexiko oder Brasilien, die sich gegenüber Ausländern weitaus offener zeigen.

Wer den Kursverlauf des MSCI Emerging Markets Free Index verfolgen möchte, der kann dies im Internet auf der Homepage von MSCI unter der Adresse http://www.msci.com kostenlos tun. Dort finden sich im Bereich „Equity Indices“ unter „Emerging Markets“ Informationen zu allen Indizes, die MSCI für Emerging Markets anbietet.

S&P/IFC Emerging Markets Investable Index

Was MSCI mit dem Wort „Free“ umschreibt, heißt beim amerikanischen Indexanbieter Standard & Poor’s (S&P) „Investable“. Im S&P/IFC Emerging Markets Investable Index sind Aktien oder Firmenanteile, die von ausländischen Investoren nicht gekauft werden können, daher ebenfalls nicht enthalten. Genauso wie MSCI zieht S&P Aktienanteile in Staatsbesitz, Überkreuzbeteiligungen und strategische Beteiligungen, die mehr als 20 Prozent aller Aktien eines Unternehmens ausmachen, nicht zur Berechnung der Marktkapitalisierung heran. Der S&P/IFC Emerging Markets Investable Index ist also ebenfalls nach dem Free Float gewichtet.

Das Schwellenländerbarometer von S&P fasst die Entwicklung der 22 wichtigsten Aktienmärkte der Emerging Markets zusammen; es enthielt am 1.1.2003 insgesamt 911 Aktien. Der Index wurde 1981 von der International Finance Corporation (IFC) ins Leben gerufen, um die Entwicklung der Finanzmärkte in Entwicklungsländern besser verfolgen zu können. Mit einem einheitlichen System von Welt-, Regional- und Länderindizes wollte die IFC Anlegern die einheitliche Beobachtung der Schwellenländerbörsen erleichtern, deren eigene Indizes in Systematik und Zusammenstellung oft deutlich voneinander abweichen.

Grundlage der IFC-Indizes ist die IFC Emerging Markets Database (EMDB), in der eine riesige Menge von Daten über die Finanzmärkte von 54 Schwellenländern mit mehr als 2200 Aktien gesammelt sind. Die IFC verkaufte ihre Datenbank und sämtliche Indizes im Januar 2000 an die Rating-Agentur Standard & Poor’s, die zugleich einer der weltweit größten Indexanbieter ist und unter anderem den für US-Aktien wichtigen S&P 500 Index auflegt. Seitdem betreibt S&P die Pflege der ehemaligen IFC-Indizes und der zugrunde liegenden Datenbank weiter.

Land

Gewichtung

Südkorea

20,57%

Taiwan

13,37%

Südafrika

10,22%

Brasilien

8,86%

China

7,81%

Russland

6,22%

Mexiko

6,21%

Indien

5,66%

Malaysia

3,96%

Israel

3,69%

Tabelle 3: Die wichtigsten Länder im S&P/IFC Emerging Markets Investable Index

Wie beim MSCI Emerging Markets Free Index sind auch beim S&P/IFC Emerging Markets Investable Index Südkorea, Taiwan und Südafrika die Schwergewichte. Bei S&P ist Taiwan allerdings auf Platz zwei und Südafrika auf Platz drei.

Quelle: Standard & Poor’s (S&P), Stand: Februar 2004

1999 fand der erste Aufstieg eines Landes aus dem S&P/IFC Emerging Markets Investable Index statt. Am 31.3. wurde Portugal aus dem Index genommen, weil es aus Sicht von S&P den Sprung vom Schwellenland zur entwickelten Industrienation geschafft hatte. Im Mai 2001 wurde dann mit Griechenland der zweite Emerging Market zur entwickelten Volkswirtschaft erhoben und aus den S&P Emerging Markets Indizes genommen. Südafrika, Südkorea und Taiwan könnten die nächsten Kandidaten sein.