Das kleine Buch der Weihnachtsfreude - Anselm Grün OSB - E-Book + Hörbuch

Das kleine Buch der Weihnachtsfreude E-Book

Anselm Grün OSB

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Beschreibung

Weihnachten ist mehr als ein Datum im Kalender. In diesem Buch nimmt Anselm Grün die Leserinnen und Leser mit auf eine Reise zu den Wurzeln dieses besonderen Festes. Mit berührenden Gedanken und inspirierenden Geschichten erschließt er die Bedeutung von Weihnachten, seinen Ritualen, Traditionen, Liedern und Geschichten, neu – als Quelle der Hoffnung und Erfüllung tiefster Sehnsüchte. Ein Buch, das das Fest der Weihnacht wieder neu leuchten lässt.

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Seitenzahl: 90

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Anselm Grün

Das kleine Buch der Weihnachtsfreude

Herausgegeben von Anton Lichtenauer

Inhalt

Alle Jahre wieder …

Vorwort

1 Warten und Vorfreude

2 Fröhliche, selige, gnadenbringende Zeit

3 Eine Botschaft der Freude

4 Das Wunder des Neuen

Über den Autor

Über das Buch

Impressum

Alle Jahre wieder …

Vorwort

In einem Brief, den Rainer Maria Rilke 1925, kurz vor Weihnachten, an seine Mutter schreibt, erinnert sich der Dichter an den Heiligen Abend seiner Kindheit. Er beschwört die gespannte Erwartung in den Augenblicken vor der Bescherung wieder herauf, die Erinnerung an das festliche Läuten der kleinen Glocke durch den Vater: »Ich glaube, alle Freuden meines Lebens haben diese Stimme gehabt, so wie alle, zu welcher Zeit des Jahres, sie mich auch treffen mochten, an Weihnachten denken ließen: so sehr ist jene Erfüllung, jene Reihe von Erfüllungen, die ich einst unter dem strahlenden Christbaum vorfand, atemlos, mit bis in den Hals klopfendem Herzen, maßgebend geblieben für alle Beschenkungen, später des Lebens!«

Rilke spricht vom Schutz und Glanz des Festes und von einem Jubel, der ihm die Erfahrung der Engel geschenkt habe. Wir alle haben unsere Erinnerungen an dieses Fest, Bilder, die vieles überstrahlen. Wir alle erinnern uns, wie intensiv wir als Kinder Weihnachten gefeiert haben. Die damals erlebte Freude hält bis heute. Sie hat die Tiefe unseres Herzens und unserer Seele berührt. Geheimnisdurchtränkt scheinen diese Erinnerungen aus dem Land der Kindheit in unsere Gegenwart.

Ich selber kann mich noch gut daran erinnern, wie wir als Kinder am Heiligabend auf das Christkind, auf die Bescherung gewartet haben. Es war eine eigenartige Spannung. Wir gingen mit dem Vater durch die Dunkelheit spazieren, sahen in den Häusern überall Lichter brennen. Wieder daheim, mussten wir in den Schlafzimmern warten, bis die Weihnachtsglocke läutete. Es war ein wunderbar geheimnisvolles Erleben, in das nur mit Kerzen beleuchtete Wohnzimmer zu gehen und den geschmückten Baum zu sehen. Dann las der Vater das Weihnachtsevangelium, und wir sangen das Lied »Stille Nacht«. Da warfen wir schon verstohlen einen Blick auf den Gabentisch, um zu erahnen, was da wohl in Weihnachtspapier gewickelt für uns bereitlag. Kindliche Situationen prägen sich tief in die Seele ein. Wir fühlen uns auch später immer dann da heim, wenn diese Gefühle von früher wieder angesprochen werden. Vermutlich ist nicht nur bei jeder Erfüllung, wie Rilke meint, sondern auch bei jedem intensiven Warten eine Spur des weihnachtlichen Wartens dabei, die Ahnung, dass unser Leben durch das Kommen eines Menschen oder eines Ereignisses heller und heiler wird.

Diese tiefen Erfahrungen, die sich mit Weihnachten verbinden, sind auch ein Grund dafür, dass wir uns auf dieses Fest immer wieder neu freuen, wie sonst kaum auf ein anderes. Es ist viel mehr als Sentimentalität oder nur ein romantisches Gefühl.

»Alle Jahre wieder«, heißt es in einem Weihnachtslied, das nicht umsonst Kinder besonders lieben. Alle Jahre wieder feiern wir Weihnachten – als Erwachsene ebenso erwartungsvoll und mit der gleichen Freude, wie wir es damals als Kinder taten. Wir wissen als Erwachsene natürlich sehr viel mehr darüber, was dieses Fest bedeutet. Und trotzdem kommen wir mit dem Geheimnis von Weihnachten nie zu einem Ende. Immer wieder und immer neu werden Emotionen wach. Weil dieses Fest unsere tiefsten Sehnsüchte anspricht, wollen wir uns immer wieder neu in sein Geheimnis vertiefen, uns klar machen, was es uns bedeutet. Wir erinnern uns an dieses Fest in unserer Kindheit − und spüren zugleich, dass wir es nicht einfach so wiederholen können.

Wir sind erwachsen und müssen uns den Problemen stellen, die uns heute bedrängen. Da mag uns Weihnachten oft auch als etwas Fremdes erscheinen, das so gar nicht in die Welt hineinpasst, wie sie uns heute begegnet: bedrängend, unsicher, verschlossen und gottverlassen.

Und doch ist da in unserer Seele eine bleibende Ahnung, dass die Welt noch anders ist, dass sie sich nicht einfach selbst überlassen ist. Es hängt mit dem zusammen, was an diesem Fest gefeiert wird: Gott selbst ist in unsere Welt gekommen. Er hat sie nicht in ihrer Not, in ihren Konflikten und in ihrer Hoffnungslosigkeit alleingelassen. Er ist selbst Mensch geworden, hineingetreten in diese Welt, um sie menschlicher zu machen, um ihre Dunkelheit zu erleuchten, ihre Kälte zu vertreiben und um die verschlossenen Herzen für die Liebe aufzubrechen. Die Geburt Jesu im Stall von Betlehem löst in jedem Menschen die Sehnsucht nach einer menschlicheren Welt aus, nach einer Welt, in der die Liebe stärker ist als der Hass, in der das Licht die Dunkelheit erhellt. Die Geburt Jesu ist die Verheißung, dass nicht alles beim Alten bleibt, sondern Gott etwas Neues in dieser Welt bewirkt, dass die Welt neu wird durch eine Liebe, die sich in Jesus Christus für immer an diese Welt gebunden hat.

Die Gedanken in diesem Buch kreisen um dieses alte Geheimnis. Sie möchten es der Leserin, dem Leser neu erschließen. Und sie möchten dazu einladen, selbst nachzudenken: Was sind die Gedanken, die mir heute helfen, dieses Fest neu zu feiern? Ein Fest feiern hat nur dann einen Sinn, wenn ich davon leben kann. Wie hilft mir Weihnachten also, besser, bewusster, froher zu leben? Wie bringt es mich in Berührung mit den Wurzeln meiner Lebensgeschichte und mit den Wurzeln meines Glaubens?

Aus den alten Wurzeln will immer neues Leben aufblühen. An Weihnachten will sich an uns erfüllen, was Gott uns beim Propheten Jesaja verheißen hat: »Die dem Herrn vertrauen schöpfen neue Kraft, sie bekommen Flügel wie Adler. Sie laufen und werden nicht müde, sie gehen und werden nicht matt« (Jesaja 40,31 f). Insofern ist Weihnachten wirklich ein Fest der Freude und der Verheißung. Ein Fest, das einen neuen Anfang verheißt, nach dem wir uns alle sehnen.

In den Bildern der Advents- und Weihnachtszeit drückt sich beides aus: die Sehnsucht nach einem neuen und endgültigen Anfang, aber auch die Verheißung eines solchen Anfangs. So hat es schon Papst Leo der Große († 461) in einer Weihnachtspredigt gesagt: »Da wir in Ehrfurcht das Erscheinen unseres Erlösers begehen, zeigt es sich, dass wir unseren eigenen Anfang feiern.« Gott selbst fängt neu mit uns an, da er sich als Kind einlässt auf unsere Wirklichkeit.

In den alten Bildern können wir meditieren, wer wir eigentlich sind, woher wir kommen, was unser Leben soll, was uns bedroht und was uns heilt, was uns ängstigt und was uns Vertrauen im Dasein schenkt. Wenn wir ein neues Jahr beginnen und darauf vertrauen, dass unser Leben neu und besser wird, wenden wir uns in Bildern der weihnachtlichen Feste dem Urgrund unseres Lebens zu.

Indem wir in diese alten Bilder eintauchen, finden wir Hilfe, unser Leben in der Tiefe zu erneuern. Sie können helfen, das eigene Leben mit neuen Augen anzuschauen. Tag für Tag können wir einen neuen Anfang feiern, den Anfang, den Gott selbst in uns setzt, wenn er einbricht in unsere Zeit, in unseren Leib, in unsere Seele.

Hierin liegt der tiefste Grund für die Weihnachtsfreude, die in so vielen Liedern besungen und bejubelt wird. Der Advent steht bereits ganz im Zeichen der intensiven Erwartung dieser Freude.

1 WARTEN UND VORFREUDE

Die stille Zeit

Der Advent wird »die stille Zeit« genannt. Aber viele erleben ihn eher als hektisch und laut. Da hetzen die Leute durch die Geschäfte, um ihre Weihnachtseinkäufe zu erledigen. Wer aber hetzt, der achtet nicht auf sich, dessen Seele kann nicht atmen. Das deutsche Wort »still« kommt von »stellen, unbeweglich stehen«. Es braucht das Innehalten, um still zu werden. Ich muss aufhören, herumzulaufen und zu hetzen. Ich muss stehen bleiben, bei mir bleiben. Wenn ich stillhalte, kann ich meine Unruhe nicht mehr nach außen verlagern. Ich werde sie in mir wahrnehmen. Nur wer seiner Unruhe standhält, kommt zur Stille.

»Still« hat auch mit »stillen« zu tun. Die Mutter stillt das Kind, bringt das vor Hunger schreiende Kind zur Ruhe. So muss ich meine eigene Seele, die innerlich laut schreit, beruhigen. Ich muss mich meinem Herzen zuwenden wie eine Mutter, damit es Ruhe gibt.

»Still, still, still, wer Gott erkennen will«, so heißt es in einem Weihnachtslied aus Lothringen. Gönnen wir uns als Vorbereitung auf dieses Fest selber etwas: Zeiten der Stille, um darin Ausschau zu halten nach Gott. Die Adventszeit ist die Chance, sich auf das lärmende Herz einzulassen und seinen inneren Hunger zu stillen. Wer still ist, wird auf dem Grund seines Herzens die innere Freude erfahren können, die tiefer ist als alle Enttäuschung, alle Frustration, alle heillose Hektik.

Ankommen, wo wir sind

Advent heißt: ankommen. Häufig höre ich Menschen seufzen: »Ich bin noch nicht ganz da. Lass mich doch erst einmal ankommen!« Wir sind meistens nicht dort, wo wir sind. Wir sind mit unserer Seele noch nicht angekommen. Advent ist eine Chance, die Seele nachkommen zu lassen. Nur wer ganz da ist, kann offen sein für Neues.

Noch etwas steckt in dem deutschen Begriff: Das deutsche Wort »Abenteuer« kommt von »advenire, Advent, Ankunft«. Wenn Gott zu uns kommt, dann ist das ein Abenteuer für uns. Dann brechen unsere routinierten Gewissheiten, Sicherheiten und Erwartungen zusammen. Wir sind aber meist so sehr auf unsere Bilder von Gott fixiert, dass wir sein Kommen übersehen. Wir warten auf etwas Außergewöhnliches und merken gar nicht, wie Gott täglich zu uns kommt – in Menschen, die uns um etwas bitten, in Menschen, die uns mit einem Lächeln beschenken. Jede Begegnung mit einem Menschen ist ein Ankommen Gottes bei uns, das zu einem besonderen Ereignis wird, wenn wir offen dafür sind.

Im Advent können wir genau darauf wieder aufmerksam werden: Gott kommt in jedem Augenblick. Er kommt in den leisen Impulsen des Herzens und pocht an. Er möchte bei uns eintreten. Doch vielleicht sind wir zu sehr mit uns selbst beschäftigt und überhören sein Klopfen. Wenn du bei dir daheim, in Berührung mit dir selbst bist, kannst du ihn hören und ihn bei dir einlassen. Wenn er in dein Herz eintritt, bist du gerettet und befreit von Entfremdung und innerer Zerrissenheit. Dann kommst du auf neue Weise zu dir selbst und weißt wieder, wer du bist. Dann bist du am Ziel deines Suchens angekommen. Du bist am Grund deiner Freude.

Was das Herzhöher schlagen lässt

Wer wartet, schlägt nicht die Zeit vor Langeweile tot. Er ist gespannt, er hofft, er ist auf ein Ziel hin ausgerichtet. Ziel des vorweihnachtlichen Wartens ist ein Fest, das Fest unserer Menschwerdung, der Selbstwerdung, unseres Einswerdens mit Gott. Aber nicht nur wir warten, Gott wartet auch auf uns. Er wartet, bis wir uns für das Leben und für die Liebe öffnen. »Warten« meint eigentlich: auf der »Warte« wohnen. »Warte« ist der Ort der Ausschau, der Wachtturm. Warten heißt also: Ausschau halten, ob jemand kommt. Umherschauen, was alles auf uns zukommt.

Warten kann aber auch heißen: auf etwas achthaben, etwas pflegen, so wie der »Wärter« auf einen Menschen aufpasst und auf ihn achtgibt.