Das Lebenslust-Prinzip - Andrea Länger - E-Book

Das Lebenslust-Prinzip E-Book

Andrea Länger

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Beschreibung

Der Überlebenshelfer für Frauen mit Krebs vermittelt eine innere Haltung, einen praktischen Umgang und eine Perspektive für das Leben während und nach der Krebserkrankung. Aus eigener Erfahrung bezieht die Autorin ihre Übungen, Tipps und Rituale direkt auf die täglich zu bestehenden Situationen und Gefühle: sie wirken sofort und aktivieren die positiven Ressourcen und Selbstheilungskräfte. Ein Tagesbegleiter während und nach einer Krebserkrankung, der die psycho-soziale Gesundheit stärkt. Mit über 70 Lebenslust-Strategien können Frauen jeden Tag Lebenslust erleben und so auf dem Weg der Genesung weiter kommen.

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Seitenzahl: 224

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Andrea Länger

Das Lebenslust-Prinzip

Andrea Länger

Das Lebenslust-Prinzip

© Andrea Länger, Lebenslustagentur, Georg-Brach-Str. 3, 86152 Augsburg, e-Book, September 2016

Alle Rechte vorbehalten

www.lebenslustprinzip.de

Original erschienen im Kreuz Verlag in der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2010

Umschlaggestaltung: Andrea Länger

Umschlagillustrationen: © Adi Pfeil

(mit freundlicher Genehmigung)

Autorenfoto: © privat

Druck: epubli ein Service der neopubli GmbH, Berlin

Inhalt

Vorwort         11

1. Einführung        13

2. Schwierige Situationen, Gefühle und

Herausforderungen      19

Schock         23

Ängste         28

Wut          34

Körper und Schmerzen      38

Einsamkeit        43

Traurigkeit         48

Abschied und Tod       51

Überforderung       58

Entscheidungen       60

Familie, Freunde und Kollegen    63

Krebskranke Frauen mit Kindern     68

Krebs in der Familie       69

Ärzte und Therapien      70

Lebensgestaltung       77

Geldsorgen        79

3. Das Lebenslust-Prinzip      82

Lebenslust und Krebs      82

Die drei Schritte des Lebenslust-Prinzips  83

1. Schritt: Bewusst werden        83

2. Schritt: Verantwortung übernehmen   86

3. Schritt: Entscheidungen treffen     90

Meine Entscheidung für die Lebenslust   92

Lebenslust als Lebenshaltung     96

4. Die Lebenslust-Strategien      98

Mut für die Ängste      99

Sich den Ängsten stellen     100

Mit Ängsten verhandeln      101

Das Schlimmste annehmen      101

Lachen - wenn die Luft wieder rein ist   102

Was Sie noch bei Ängsten tun können    102

Elefantentanz       102

Ort der Ruhe        103

Körperbemalung      103

Lassen Sie sich begleiten     104

Sprechen Sie über Ihre Ängste    104

Wut ist Lebensenergie      104

Bravo, Sie sind wütend!      105

Die Lösung heißt Loslassen     106

Wut macht aktiv       106

Was Sie noch bei Wut tun können     107

Auto fahren        107

Heavy Metall Musik      108

Kissenschlagen      108

Wasserfallmeditation     108

Im Hier und Jetzt leben     109

Es gibt nichts zu tun       110

Heute leben        110

Geben Sie sich der Situation hin    111

Was Sie noch tun können, um im Hier und Jetzt

zu leben        112

Stoppmeditation      112

Ein Schutzschild malen     112

Unter der Weide sitzen     113

Weinen ist gesund       113

Nehmen Sie sich Zeit für die nicht so schönen

Momente        114

Weinen befreit und reinigt      115

Lachen und Weinen sind wie Geschwister  116

Verabschieden Sie sich      117

Anderen vergeben       118

Im Herzen verbunden       119

Was Sie noch tun können, wenn Sie traurig sind 119

Tränen-T-Shirt       119

Das innere Kind an die Hand nehmen   120

Rückzug         120

Dankesbrief       121

Post-It Ritual        121

Liebe verbindet       122

Lieben Sie sich selbst      123

Entdecken Sie Ihre Stärken     124

Erlauben Sie sich, zu versagen    125

Lassen Sie sich Zeit       125

Nehmen Sie sich selbst ernst     125

Seien Sie geduldig mit sich      126

Lieben Sie bedingungslos      126

Nehmen Sie Liebe an      127

Was sie noch für Ihre Selbstliebe tun können  128

Beschenken Sie sich selbst     128

Selbstlob-Übung      129

Tagesschau       129

Lebensjahresritual       130

Vertrauen bei Schmerzen    130

Schmerztherapie       131

Vertrauen Sie Ihrer Intuition     132

Vertrauen Sie Ihrer Seele     133

Traumtagebuch       134

Alles geht vorbei       135

Was Sie noch bei Schmerzen und für Vertrauen

tun können        135

Alltagsrituale       135

Einen Altar bauen      135

Heilungssätze        136

Mantren singen       136

Rückenentspannungslage     136

Einfach nur da sein      137

Genießen Sie Ihren Körper     137

Neues Vertrauen zum Körper     138

Reinigen Sie den Körper von innen    138

Sich in seiner Haut wohlfühlen    139

Berührungen        139

Haare und Haarersatz      140

Wohlfühlkleidung       141

Bewegung         141

Ernährung        142

Sexualität und Lust      142

Was Sie noch für ein gutes Körpergefühl tun können 144

Körperzeit        144

Ritualisieren Sie Ihre Übungen    144

Entspannung       144

Tanzen         145

Lichtkugel        145

Die Natur als Freundin      145

Das Innere spüren       146

Die Natur relativiert Ihre Situation    146

Ihr persönlicher Kraftort     147

Die Kraft der Tiere      148

Was Sie noch in der Natur tun können   148

Einen Baum umarmen     148

Flussmeditation      149

Himmelsmeditation      149

Warten auf die Sonne      149

Meeresmeditation       149

Mutter Erde danken      150

Zusammen tanzen       150

Sprechen Sie darüber       151

Sie sind nicht die Einzige     152

Professionelle Beratung und Therapie   152

Für andere da sein       153

Was Sie noch zusammen tun können   154

Lassen Sie sich begleiten     154

Bitten Sie um konkrete Hilfe     154

Bitten Sie um Zuwendung     155

Gemeinsam Rituale      155

Feiern Sie Therapieabschlüsse     155

Veränderungen begrüßen    156

Sie haben nichts zu verlieren       157

Sie dürfen sich verändern      158

Dinge, Menschen und Situationen dürfen sich ändern 158

Auf neue Situationen bewusst zugehen   159

Sie müssen nicht       159

Galgenhumor       160

Was Sie noch bei Veränderungen tun können  160

Dankbar sein       160

Neues wagen       160

Altes loslassen – Neues einladen   161

Das Leben vereinfachen     161

Feuerritual        162

Der alte Garten       162

Entscheidungen bringen Glück   163

Nehmen Sie sich Zeit        164

Informieren Sie sich genau      164

Vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl    166

Was sagt Ihr gesunder Menschenverstand?  166

Was Sie noch zur Entscheidungsfindung tun können 167

Eine Münze werfen      167

Entscheidungsliste       167

Abwarten und Tee trinken     167

Außenansicht       168

Träume und Ziele      168

Traum und Realität      169

Ziele finden        170

Ihr 90. Geburtstag       171

Werteliste        172

Traumarbeitsplatz        173

Was Sie noch für Ihre Träume und Ziele tun können 174

Verrückte Sachen machen     174

Traumstunde       174

Kleine und große Wünsche     174

Wunsch- und Traumbuch      175

Wunschrituale       175

Lebenslust-Album      175

Literatur         177

Danke         178

Veranstaltungen        179

Liebe alles, lebe alles und lache über alles.

Vorwort

„Durch den Krebs fürs Leben lernen“ ist das Motto dieses Buches. Krebs ist heute kein Todesurteil mehr. Die mit dem Krebs verbundenen schwierigen Situationen und Gefühle sind die größte Herausforderung für Sie als Betroffene. Nach der Diagnose Krebs ist vieles schlagartig anders. Ihre private und berufliche Lebenssituation stellt sich plötzlich völlig verändert dar. Angst, Schmerz, Wut, Traurigkeit, Einsamkeit und Überforderung tauchen immer wieder auf. Sie kämpfen sich durch anstrengende Therapien, Arztgespräche und schlaflose Nächte. Neben der Krankheit müssen Familie, Kinder, Freunde, Partnerschaft, Job und Haushalt auch noch gemeistert werden.

Die Medizin bietet engmaschige Therapien, Behandlungen, Kuren und Nachsorge. Doch mit der emotionalen Verarbeitung und Integration einer Krebserkrankung in ein „normales“ Leben danach stehen Sie alleine da. Während dieser Zeit fehlt oft das Vertrauen in die eigene Intuition sowie die Orientierung und das Wissen, wie das Leben neu gestaltet werden kann. Krebs wird heute vielfach als Lebenskrise und als Chance begriffen. Frauen reflektieren ihr bisheriges Leben, werden zu verantwortungsbewussten Patientinnen und gestalten ihr Leben nach einer Krebserkrankung oft bewusst neu.

Wie kann dies gelingen? Welche Stärken haben Sie? Wie überleben Sie den Krebs und bleiben gesund? Welche Strategien, Übungen, Rituale unterstützen Sie bei der emotionalen Bewältigung? Was können Sie für Ihre seelische Heilung tun?

Auf diese Fragen finden Sie in diesem Buch Antworten und Anregungen.

Heilung ist das Ziel. Doch was ist Heilung? Wann sind wir geheilt? Jede Frau hat ihre eigene Geschichte und geht ihren individuellen Weg. Heilung benötigt über die körperliche Gesundheit hinaus auch eine Seelenbehandlung. Achtsam und selbstverantwortlich das eigene Leben in der Zukunft gestalten – unabhängig davon wie diese Zukunft aussieht und wie lange sie dauert – ist der Anfang. Heilung bedeutet zu vertrauen lernen, sich über sich selbst bewusst zu werden und die Verantwortung für das eigene Leben voll und ganz zu übernehmen. Dies gilt für mich noch immer, auch zehn Jahre nach meiner eigenen Erkrankung.

Dieses Buch zeigt Ihnen, was Sie für Ihre Selbstheilung tun können, was in Ihnen steckt, welche Stärken Sie besitzen, welche Ressourcen Sie aus Ihrem Umfeld nutzen können und wie Sie Ihr Leben neu gestalten können. In der Praxis erprobte Strategien, Übungen, Rituale und Tipps, die den am häufigsten auftretenden Situationen, Gefühlen und Herausforderungen zugeordnet sind, helfen Ihnen Ihre Lebenslust (wieder) zu gewinnen. Sie können das Buch von vorne nach hinten, Seite für Seite, lesen. Oder gehen Sie mithilfe des Inhaltsverzeichnisses zu dem Gefühl, mit dem Sie sich gerade befassen möchten. Oder schlagen Sie es einfach irgendwo auf und lassen Sie sich nach dem Zufallsprinzip einen Lebenslust-Impuls für den Moment geben.

Lebenslust ist das Rezept. Die über 70 Lebenslust-Strategien in diesem Buch sind die Medizin. Finden Sie Ihre eigenen Lebenslust-Helfer und beginnen Sie, Ihr Leben neu zu gestalten. Lebenslust und Krebs – das passt zusammen, das ist lebenswichtig.

1. Einführung

Immer mehr Menschen erkranken an Krebs, müssen damit leben und überleben eine Krebserkrankung. Die Gründe sind: Krebs wird heute durch verbesserte Untersuchungsmethoden früher erkannt. Die Menschen werden immer älter und Krebs betrifft viele ältere Menschen. Moderne Therapiemöglichkeiten tragen zu steigenden Überlebenschancen bei.

In Deutschland erhalten jährlich etwa 210.000 Frauen eine Krebsdiagnose, in der Schweiz und in Österreich sind es jeweils annähernd 17.000 Frauen. Eine viertel Million Frauen sind also pro Jahr in Deutschland, Österreich und der Schweiz neu von Krebs betroffen. Hochgerechnet auf zehn Jahre müssen sich 2,5 Millionen Frauen der Diagnose Krebs stellen; sie lernen mit dem Krebs zu leben und hoffen auf ein Überleben.

Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen. Jährlich erkranken daran in Deutschland 60.000 Frauen. An zweiter Stelle liegt Darmkrebs mit etwa 36.000 Neuerkrankungen, an dritter Lungenkrebs mit über 13.000 Frauen pro Jahr. In der Reihenfolge der Erkrankungszahlen in Deutschland folgen Gebärmutterkörper-, Eierstock-, Haut-, Magen-, Harnblasen-, Bauchspeicheldrüsen-, Nieren- und Gebärmutterhalskrebs. Zu den selteneren Krebsarten bei Frauen gehören Non-Hodgkin-Lymphome, Leukämien und Schilddrüsenkrebs.

Moderne Früherkennungsuntersuchungen führen zu einem Anstieg der Krebsdiagnosen. Durch das flächendeckende Mammografie-Screening werden in Deutschland beispiels-weise mehr Brustkrebstumore entdeckt als noch vor einigen Jahren. Gleichzeitig wird dadurch das Überleben vieler Frauen gesichert. Je früher ein Tumor entdeckt wird, desto höher sind die Überlebenschancen. Dies gilt für alle Tumorarten.

Die steigende Lebenserwartung erhöht zudem die Anzahl von Frauen mit Krebs. Im Alter über 60 Jahre steigt die Zahl der Neuerkrankungen bei Frauen rapide an. Krebs jedoch nur als Alterskrankheit zu sehen wäre fatal und wird der persönlich erlebten Dramatik einer Krebserkrankung als junge oder jüngere Frau nicht gerecht. Wer mit 50 oder 60 Jahren an Krebs erkrankt und den Krebs überlebt, hat noch Jahrzehnte mit dieser Erfahrung und möglichen Auswirkungen auf Körper, Geist und Seele zu leben.

Nicht wenige Frauen erkranken sogar doppelt oder mehrfach an Krebs – wohl auch, weil wir immer älter werden. Sie sind mehrfach mit der Diagnose, mit Fragen zur Lebensgestaltung und zur Lebensqualität konfrontiert. Krebsrückfälle und Metastasen fordern Frauen heraus, sich oftmals über mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte mit dem Krebs zu beschäftigen und so ganze Phasen des Lebens unter dem Eindruck dieser Krankheit zu erleben. Neben den körperlichen Herausforderungen sind auch die emotionalen Belastungen enorm. Krebs lässt sich nicht in einigen Wochen oder Monaten abhaken. Krebs ist immer ein einschneidendes Lebensereignis und erfordert auch eine seelische Bewältigung dieser Krise.

Die Verbesserung der Therapiemöglichkeiten in den letzten Jahrzehnten haben die Überlebensraten von Frauen mit Krebs wesentlich erhöht. Chemo-, Strahlen- und Hormontherapie sind heute Standard und sichern das Überleben vieler Betroffener. Auch setzen Frauen mit Krebs auf ein breites, nicht nur schulmedizinisches Wissen. Sie nutzen alternative Behandlungsmöglichkeiten und verfolgen Wege zur Stärkung Ihrer Selbstheilungskräfte. Psychoonkologische, biologische, psycho-soziale, naturheilkundliche und ganzheitliche Therapieansätze werden von Frauen mit Krebs für ihr Gesundwerden und ihre Heilung ergänzend in Anspruch genommen.

Immer mehr Frauen sind in unterschiedlichen Lebensaltern und in verschiedenen Stadien von einer Krebserkrankung betroffen. Sie müssen sich mit Fragen zu ihrer Lebensgestaltung während der Behandlung und der Integration dieser Krise in ihr Leben „danach“ auseinander setzen. Frauen mit Krebs tun dies aktiv. Sie sind quasi Vorreiterinnen, was die Beschäftigung mit Sinn- und Lebensfragen betrifft. In Selbsthilfegruppen und geleiteten Gruppen, in Seminaren und Beratungsgesprächen sind Frauen in der Überzahl. Zahlreiche Initiativen, Vereine, Stiftungen und Organisationen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz sowie weltweit wurden von Frauen (mit Krebs) gegründet. Die Palette ihres Engagements umspannt Forschung, Fortbildung, Beratung, Begleitung, Unterstützung für Familien und Kinder, Vorsorge, Nachsorge, Existenzsicherung, Leben mit Krebs, Sport, Bewegung, Ernährung, Selbstheilung, alternative Behandlungsmethoden bis zur Sterbebegleitung und Hospizbewegung. Verantwortungsbewusst und mitunter kritisch stellen sich Frauen ihrer Erkrankung und den Folgen für ihr Leben. Sie fordern Verbesserungen im Umgang mit Patientinnen sowie in der Kommunikation und der Wahrnehmung von Patientinnen. Frauen mit Krebs sehen sich selbst nicht als Opfer. Selbstbewusst und meist ehrenamtlich verbessern sie Therapiebedingungen, Früherkennung und Nachsorge sowie die psycho-sozialen Bedingungen für nachfolgende Krebspatientinnen.

Wenn sich immer mehr Menschen mit der Endlichkeit des Lebens auseinander setzen (müssen), dann können wir alle daran wachsen und reifen. Wir können uns bewusst werden, was für unser individuelles Leben und unser Zusammenleben in der Gesellschaft wertvoll ist. Krebs ist die Chance, Themen wie Krankheit, Sterben und Tod zu integrieren, mit dem Ziel einer lebenswerten und sozialeren Gesellschaft, in der ein bewusstes Leben vor Krankheiten und vor dem Tod möglich ist. Wertediskussionen, Fragen zu Nachhaltigkeit, zum Umgang miteinander und mit unserer Umwelt sowie zur Erhaltung der Lebensqualität insgesamt, nicht nur bezogen auf die Krankheit, haben sich Frauen mit Krebs längst gestellt. Schneller, höher, weiter sind für uns keine Werte mehr. Dieses Bewusstsein haben Frauen durch den Krebs entwickelt. Der Krebs hält auch für unsere Gesellschaft ein Geschenk bereit.

Die Frage nach dem Nutzen und die Frage „Was würde fehlen?“ wird in Therapiesitzungen und in Seminaren zur Persönlichkeitsentwicklung häufig gestellt. Was ist der Nutzen von Krebs? Was würde fehlen, wenn es die Krankheit Krebs nicht gäbe?

Fehlen würde vor allem der finanzielle Nutzen für die Pharma- und Medizinindustrie. Die Pharmaindustrie verdient mit Krebstherapien eine Menge Geld. Doch ist wirklich jede Chemotherapie, Bestrahlung oder Hormontherapie bei der einzelnen Frau notwendig? Oder ist der Einsatz dieser Therapien, bei denen der individuelle Nutzen für jede einzelne Frau nie hundertprozentig sichergestellt ist, nur der Versuch, die kollektive Angst vor Krankheit und Tod zu verdrängen? Die Pharmaindustrie verfügt bereits über Tests, mit denen vor der Therapie deren Wirksamkeit festgestellt werden könnte. Werden die Tests nicht eingesetzt, weil die Krankenkassen sie nicht bezahlen oder weil die Pharmaindustrie kein Interesse daran hat? Womöglich würde deutlich werden, dass viel weniger Frauen von einer Chemo-, Strahlen- oder Hormontherapie profitieren als bisher angenommen. Damit wäre auch eine Einnahmequelle für die Pharmaindustrie zerstört.

Was wirklich fehlen würde, wenn es Krebs nicht gäbe, wäre die Liebe, die Nähe, die Zuneigung und Aufmerksamkeit, die Fürsorge und Pflege, die Menschen mit Krebs und ihre Familien und Freunde sich gegenseitig geben und miteinander erleben. Von Krebs Betroffene, ihre Angehörigen und Freunde stellen sich und ihr Leben in Frage, sie wenden sich einander zu, sie reden miteinander und zeigen ihre Gefühle. Durch Krebs entsteht ein Bewusstsein für sich und andere. Liebe zueinander und Verbundenheit miteinander werden sichtbar und erlebbar. In manchen Familien zum ersten Mal. Für manche Betroffene das erste Mal. Selbst Menschen, die den Krebs nicht überleben, lernen für ihr Leben und für ihr Sterben. Das kann für sie Heilung bedeuten. Erst am Ende ihres Lebens wird für manche erkennbar, dass der Krebs ihnen und ihren Angehörigen das Geschenk macht, sich verabschieden zu können.

Ängste haben, Schwäche zeigen, krank sein und sterben müssen, stellt unsere Welt des schönen Scheins, des Traums vom perfekten Körper und des stets wachsenden Konsums in Frage. Was uns fehlt ist der Mut, zu unseren Ängsten und Schwächen zu stehen und darüber zu sprechen. Warum ist diese Angst vor Schwäche so groß? Ist es die Angst vor den Gefühlen? Davor, sich überhaupt Ängste eingestehen zu müssen? Wie lebendig sind wir, wenn wir nicht fühlen? Haben wir Angst vor dem Leben? In diesen vermeintlichen Schwächen liegt ein großes persönliches Entwicklungspotenzial. Diese Schwäche und schwierige Gefühle erleben Frauen durch den Krebs zwangsläufig. Sich diesen Gefühlen zu stellen ist die große Herausforderung – nicht nur für Krebskranke. Für diese ganz besonders, da durch den Krebs womöglich weniger Zeit zum Leben bleibt.

Mit sich selbst und den eigenen Gefühlen (wieder) in Verbindung zu treten, die eigene Gefühlssprache zu lernen, ist die Aufgabe für jede Frau mit Krebs und letztlich für jede von uns. So wie wir in Beziehungen eine eigene Sprache mit dem Partner oder der Partnerin entwickeln, so können wir die Kommunikation mit uns selbst einüben. Wer dies kann, dem fällt es leichter, Krebsbetroffenen offen und ehrlich zu begegnen und heikle Gefühle anzusprechen. Krisen und schwierige Lebensphasen lassen sich besser bewältigen, wenn wir uns unseren Gefühlen stellen. Krankheiten und das Sterben bedrohen uns dann nicht mehr so sehr. Im Gegenteil: Wir können durch unsere Verlust-, Todes- und Existenzängste, unserer Angst vor dem Sterben ebenso lernen wie von unserer Wut, Panik, Verzweiflung, Ohnmacht, Traurigkeit und Trauer. Wir können durch den Krebs für unser Leben lernen: Liebe zu uns selbst, Vertrauen zu uns selbst, bedingungslose Liebe für andere, anderen Vertrauen schenken, Nähe und Verbundenheit zu dem Partner, den Angehörigen, Freundinnen, Freunden und Kollegen.

2. Schwierige Situationen, Gefühle und Herausforderungen

Schwierige Situationen gibt es nach der Diagnose Krebs viele: den Schock verkraften, Arzttermine wahrnehmen, Termine koordinieren, die passende Therapie finden, Entscheidungen treffen, Familie, Partner, Kinder versorgen, Freundschaften pflegen, sich die Krankengeschichten und Tipps anderer anhören sowie festgelegte Nachsorgetermine einhalten.

Noch unter dem psychischen Schock stehend, ist die Terminmühle bereits in vollem Gange: Untersuchungen absolvieren, Operationen bewältigen, Schmerzen aushalten und lindern, Arztgespräche über Diagnosen, Befunde, schulmedizinische und alternative Behandlungsmethoden sowie deren mögliche Nebenwirkungen führen. Alle Termine und Gespräche sind von Unsicherheiten und Ängsten begleitet, sie kosten Kraft und Energie. Schon die Koordination der Vielzahl von Terminen erfordert ein eigenes Zeitmanagement, damit diese vereinbar bleiben mit Ihrem Familien- und/oder Berufsalltag. Die passende und wirksame Therapie auszuwählen, gleicht der Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen. Groß ist die Informationsflut von allen Seiten, die zu filtern und einzusortieren sind. Mehr zu wissen heißt nicht unbedingt, weniger Angst zu haben oder schneller zu einer Entscheidung zu kommen. Die Materie „Krebs“ ist komplex, die Sprache zunächst fremd und unverständlich. Auch die zu erwartenden Nebenwirkungen der Therapien flößen Angst ein: Narben, Strahlenschäden, Haarausfall, Gewichtszunahme, um nur einige zu nennen. Die Komplexität und einhergehende Zukunftsängste können die Kommunikation mit Ärztinnen und Ärzten sowie mit Angehörigen und Freunden erschweren. Ratschläge, wie „das wird schon wieder“ oder „sei froh, dass du gesunde Kinder hast“ belasten zusätzlich anstatt zu trösten.

Sie müssen mitunter schnelle Entscheidungen treffen. Wenn Sie zum Beispiel vor der Frage stehen ob Sie eine Brust wieder aufbauen lassen wollen und dafür eine Muskel- und Hauttransplantation in Kauf nehmen. Oder ob Sie einer riskanten Operation Ihre Einwilligung geben oder sich mit den Folgeschäden einer Strahlentherapie schriftlich einverstanden erklären sollen. Die Dimensionen dieser Entscheidungen können Ihnen zu schaffen machen und sie haben Folgen für Ihr künftiges Leben. Tage oder Wochen nach der Operation setzt die Gedankenspirale über die Frage „was wäre, wenn ich wieder krank werde“ ein. Diese Frage taucht auch regelmäßig vor Nachsorgeterminen auf. Sie sind strapaziös, weil sie Erinnerungen an eine Zeit wach rufen, die mit Schrecken verbunden ist und die Sie vielleicht gerade erst mühsam bewältigt haben.

Diese Situationen zu meistern, alles im Blick zu behalten, das Heute und Ihre Zukunft, sich selbst und Ihr Umfeld, wird Ihnen bereits kurz nach der Diagnose abverlangt. Aufmerksam zuhören, klar bleiben und wichtige Entscheidungen bewusst treffen, ist für gesunde Menschen schon eine Herausforderung. In Ihrer aktuellen Situation kann es eine Überforderung sein.

Das Gefühlsleben während einer Krebserkrankung gleicht einer Achterbahnfahrt, vorerst ohne die Möglichkeit auszusteigen. Die Diagnose ist gestellt und hat das Leben in ein „davor“ und ein „danach“ geteilt. Im „danach“ gibt es keine Haltestelle und keinen Rückwärtsgang. Das Leben steht nun unter dem Vorzeichen vieler Ängste: vor dem Tod, vor dem Sterben, vor Schmerzen, vor einem langen Siechtum, vor körperlicher Verstümmelung, vor einem Rückfall, vor Metastasen, vor Einsamkeit, vor dem Verlassen werden, und so weiter. Das Gehirn entpuppt sich als regelrechte Angst-Erfindungsmaschine und füttert die Angstliste immer wieder neu. Der Nährboden für die Ängste ist die eigene Ohnmacht gegenüber dem Krebs im eigenen Körper. Zu erleben, wie wenig Sie selbst noch steuern können, die Kontrolle über das eigene Leben zu verlieren und sogar den eigenen Gefühlen ausgeliefert zu sein – all dies überfordert. Schuldfragen, Panik, Verzweiflung und Verunsicherung machen sich breit. Der Lebensweg, das Berufsleben, Familienkonstellationen, Lebensentwürfe und Entscheidungen, die bisher als richtig galten, werden in Frage gestellt.

Begleitet werden die Ängste von Wut: auf den Krebs, auf sich selbst und auf das Schicksal. Die Wut treibt Betroffene um, erzeugt innere Unruhe, staut sich an und führt immer wieder zu der Frage „Warum ich?“, „Was habe ich falsch gemacht?“, „Was hätte ich anders machen können?“ und sogar „Für was werde ich bestraft?“. Der Umgang mit der Wut, sie zu spüren oder gar heraus zu lassen, ist für betroffene Frauen schwierig. Wütend und aggressiv sein, ist für Frauen nach wie vor ungewohnt und wenig vertraut. Wege, mit der Wut umzugehen und mit ihr zu leben, müssen erst erlernt werden.

Vertrauter ist Frauen dagegen das Gefühl der Traurigkeit. Deprimiert sein, innerlich leiden und weinen passen besser in das weibliche Rollenverhalten – auch heute noch. Frauen erlauben sich eher zu trauern als zu toben. Traurig sein können Frauen still und heimlich für sich alleine, niemand bekommt ihre Gefühle mit, wenn sie es nicht wollen. Frauen mit Krebs berichten von mehr Todes- als Lebensgedanken, von Selbstaufgabe, Dünnhäutigkeit und Einsamkeitsgefühlen bis hin zu dem Gefühl, nicht mehr vollwertig, gleich berechtigt und keine „richtige“ Frau mehr zu sein. Die Krebsdiagnose ist ein tiefer persönlicher Vertrauensverlust und mündet nicht selten in dem Vorwurf „ich habe ja wohl bisher alles falsch gemacht“. Die Wucht dieser Gefühle und Gedanken können Lähmung und Realitätsverlust hervorrufen. Depressive Verstimmungen, Trauerphasen, Rückzug und Depressionen sind häufige Folgen.

Wie lässt sich mit all diesen Angst-, Wut- und Trauergefühlen umgehen, die durch den Krebs ausgelöst werden? Sie zu verdrängen, wegzudrücken und sich in die Depression zurückzuziehen, hilft Ihnen auf Dauer nicht. Versuchen Sie, Ihre Gefühle im Leben „danach“ wahrzunehmen und wenigstens teilweise zu spüren. Krebs ist keine rein körperliche Angelegenheit und Erkrankung. Ihr Geist und Ihre Seele werden nach der Diagnose voll beansprucht und benötigen für eine Heilung die gleiche liebevolle Aufmerksamkeit wie Ihr Körper.

Zu schwierigen Situationen und Gefühlen gesellen sich noch einige Herausforderungen im familiären, privaten und beruflichen Alltag. Die Welt „draußen“ dreht sich weiter. Familienangehörige und Freunde wollen informiert, aufgeklärt und sogar beruhigt werden. Ihr Partner, Ihre Partnerin schlägt sich mit Verlustängsten herum, benötigt Aufmerksamkeit, möchte Sie unterstützen, Zeit mit Ihnen verbringen und diese Krise gemeinsam mit Ihnen überstehen. Am liebsten so schnell wie möglich. Kolleginnen und Kollegen wollen wissen, ob und wie es mit Ihnen weiter geht und wann sie wieder gesund an Ihren Arbeitsplatz zurückkehren.

Nicht selten gehen mit einer Krebserkrankung körperliche Veränderungen einher, die Sie akzeptieren und annehmen müssen. Dies betrifft Ihr Selbstbild ebenso wie Ihren Umgang mit den körperlichen und den persönlichen Veränderungen. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und hohe Therapiekosten können zusätzlichen Existenzdruck und finanzielle Sorgen bereiten. Schmerzen und unangenehme Beeinträchtigungen durch die Behandlung des Tumors stehen möglicherweise bevor. Hinzu kommen Nebenwirkungen von Therapien und Medikamenten, die Sie beeinträchtigen.

Betroffene Frauen wollen jeden zusätzlichen Stress und jede weitere Anspannung vermeiden, da sie annehmen, der Stress habe zum Krebs beigetragen und sie müssten ab sofort alles richtig machen. Dies führt zu neuem Druck. Außerdem wollen sie die Krankheit Krebs nicht als Ausrede für eigene Befindlichkeiten benutzen und weiterhin belastbar und stark sein oder zumindest wirken.

Die Diagnose hat Sie aus Ihrer Umlaufbahn geworfen. Jetzt will das richtige Maß der Auseinandersetzung gefunden werden. Dies gelingt, wenn Sie sich auf Ihre Stärken besinnen und sich selbst treu bleiben. Finden Sie die zu Ihnen passenden Strategien, Ihren Körper, Ihre Seele und Ihren Geist ganzheitlich auf dem Weg der Heilung zu unterstützen. Unabhängig davon, wie dieser Weg für Sie aussehen mag, wohin er sie führt und wie lange er andauert. Es gibt nur einen Weg für Sie: Ihren persönlichen Weg der Heilung.

Schock

Die Handlungsfähigkeit betroffener Frauen ist durch den Schock der Diagnose anfangs oftmals eingeschränkt. Der Schock der Krebsdiagnose will zuerst verkraftet sein, ehe Sie mit Blick auf anstehende Operationen, Therapien und Entscheidungen handlungsfähig sind. Obwohl die Krebsraten steigen, rechnet niemand damit, mit dieser Diagnose konfrontiert zu werden. Es sind die mit der Krankheit verbundenen Annahmen, die traumatisierend wirken: „Krebs ist unheilbar“, „wer Krebs hat, stirbt“, „wer an Krebs erkrankt, ist selbst schuld“, „Krebs ist die Strafe für ein bestimmtes Verhalten“, „diejenige hat etwas falsch gemacht“. Auch wenn diese Sätze widerlegt sind und Krebs heute kein Todesurteil mehr ist, beschäftigen diese Botschaften die meisten Betroffenen. Sie können den Schock verkraften, wenn Sie sich bewusst machen, welche Vermutungen Sie über Krebs haben. Gleichen Sie Ihre Vorstellungen mit der heutigen Realität von Krebspatientinnen, mit dem medizinischen Fortschritt und den vielfältigen Therapiemöglichkeiten ab.

Berücksichtigen Sie Ihre individuelle Diagnose und Prognose. Statistiken helfen Ihnen nicht, Ihre Überlebensprognose einzuschätzen. Sie wissen nicht, auf welcher Seite der Tabelle Sie stehen. Gehören Sie zu den 80 Prozent, die Ihre Krebsart überleben oder zu den 20 Prozent, die daran sterben. Selbst wenn Sie zu den 20 Prozent gehören sollten, wissen Sie noch lange nicht, zu welchem Zeitpunkt. Irgendwann sterben wir alle. Dieses Wissen verdrängen wir nur zu gern. Durch den Krebs leben lernen, könnte auch zu Ihrer Devise werden. Denn genau darin liegt das Potenzial einer Krebserkrankung. Ob Sie dieses Potenzial als eine Chance, eine Erlaubnis oder eine Notwendigkeit für die Reflexion über Ihr Leben annehmen, entscheiden Sie. Der Krebs schenkt Ihnen die Möglichkeit dazu. Sie können das Geschenk annehmen und sich fragen: Geht mein Leben in die richtige Richtung? Lebe ich wirklich ein Leben nach meinen Wünschen und Zielen? Wie soll es ab jetzt weiter gehen? Was wünsche ich mir für den Rest meines Lebens? Die Diagnose Krebs ist ein Geschenk, weil wir meist erst an diesem Punkt in unserem Leben spüren, wie wenig wir uns bisher wirklich mit den existenziellen Fragen beschäftigt haben und wie wenig sich unsere Antworten auf diese Sinnfragen in unserem Alltag widerspiegeln. Die Oberflächlichkeit des Funktionierens, des Leistungsdrucks und des materiellen Besitzes hat in unserem Leben meist die Oberhand. Das wissen wir unbewusst. In diese Wunde trifft der Diagnoseschock. Er erinnert Sie an Ihre Lebensaufgabe, Ihren Lebenstraum und Ihre Lebenswahrheit.

Die Überprüfung dieser Fragen benötigt Zeit, die Sie kurz nach der Diagnose vielleicht nicht haben, und sie ist der Anfang eines längeren Prozesses. Die Anzahl der Termine zu Beginn einer Krebserkrankung ist meist hoch und erlaubt nichts anderes, als zu funktionieren, einen Termin nach dem anderen zu überstehen und Neuigkeiten und Informationen immer wieder zu sortieren. Dass Sie keine Zeit zum Nachdenken haben, kann auch gut für Sie sein. Ihre Lebensfragen können Sie später reflektieren.