Das Leuchten der Weihnacht - Sabrina Schuh - E-Book
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Das Leuchten der Weihnacht E-Book

Sabrina Schuh

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Beschreibung

Wenn Kristallfeen auf Wichtel treffen, Schnee die Landschaft weiß malt und selbst im Tierreich Festtagsstimmung herrscht, ist eines gewiss: Das Fest der Liebe rückt näher. Daher haben sich diese 24 zuckersüßen Geschichten voller Liebe, Spannung und Fantasie zusammengeschlossen, um Dir und deiner ganzen Familie den Advent zu versüßen. 1. Winterfeenzauber - Anja Bärike 2. Florentine Weihnachtsfrosch - Chris Zero 3. Ihr Kinderlein stehet - Ira Laudin 4. Das perfekte Geschenk - Crystal Tanuki 5. Das Leuchten des Winters - Sahra Sofie Caspari 6. Das Nikolausmanuskript - Mary Cronos 7. Sprung ins kalte Wasser - Helge Böger 8. Wettkampf der Weihnachtsengel - Tanja Koller 9. Die Weihnachtsfeier - Sarah Drews 10. Eine harte Nuss - Mary Cronos 11. Kaum mehr als Fremde - Charly Snyder 12. Die wahre Geschichte der Einhörner - Sarah Drews 13. Weihnachtschaos und Elfenstreik - Crystal Tanuki 14. Die Ausreißer - P.J.Hill 15. Schneetreiben - Alanna Forbes 16. Besenbruch im Schneeflockenwald - Sabrina Schuh 17. Der verlustreiche Gewinn - Helge Böger 18. Unter dem Eis - Nadja Kasolowsky 19. Der geschäftige Weihnachtsvorabend - Helge Böger 20. Das traurige Geschenk - Nadine Buch 21. Drachengestöber - Stephanie Helmel 22. Die Rentierdetektei: Wie alles begann - Isabella Fuchs 23. Marzipan vs. Weihnachten Teil 1 - Sabrina Schuh 24. Marzipan vs. Weihnachten Teil 2 - Sabrina Schuh

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Inhaltsverzeichnis
Das Vorwort einer einsamen Weihnachtsgeschichte
Winterfeenzauber
Florentine Weihnachtsfrosch
Ihr Kinderlein stehet
Das perfekte Geschenk
Das Leuchten des Winters
Das Nikolausmanuskript
Sprung ins kalte Wasser
Wettkampf der Weihnachtsengel
Die Weihnachtsfeier
Eine harte Nuss
Kaum mehr als Fremde
Die wahre Geschichte der Einhörner
Weihnachtschaos und Elfenstreik
Die Ausreißer
Schneetreiben
Besenbruch im Schneeflockenwald
Der verlustreiche Gewinn
Unter dem Eis
Der geschäftige Weihnachtsabend
Das traurige Geschenk
Drachengestöber
Die Rentierdetektei - Wie alles begann
Marzipan und Weihnachten - Teil 1
Marzipan und Weihnachten - Teil 2
Nachwort der gar nicht mehr einsamen Weihnachtsgeschichte
Danksagung der Herausgeberinnen
Besuchen Sie Fakriro im Internet:
www.fakriro.de
Fakriro GbR
Bessemerstraße 82
10. OG Süd
12103 Berlin
1. Auflage Oktober 2022
Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder teilweisen Nachdrucks, Kopie und Verbreitung in jeglicher Form sind vorbehalten.
Coverdesign: Mary Cronos, www.colors-of-cronos.de
Innenillustrationen: Mary Cronos, www.colors-of-cronos.de
Lektorat: Sabrina Schuh, www.sabrinaschuh.de
Korrektorat: Rosi Tippl
Buchsatz: Widest Solutions UG (haftungsbeschränkt)
Druck: booksfactory, 71-063 Szczecin (Polen)
Mit freundlicher Unterstützung von

Das Vorwort einer einsamen Weihnachtsgeschichte

Es begab sich zu jener Zeit, dass die Weihnachtszeit 2019 näher rückte, die Wohnungen dekoriert und die Lichter entzündet wurden. Alle Geschichten, die ich kannte, hatten andere Geschichten an ihrer Seite und befanden sich in dicken Büchern, die von den Menschen, die sich auf das Weihnachtsfest freuten, nur allzu gern zur Hand genommen wurden. Einzig ich blieb einsam und fand als winzige Kurzgeschichte keine Beachtung. Niemand wollte mich lesen, niemand einer alleinstehenden kleinen Geschichte eine Chance geben. Völlig verzweifelt suchte ich schließlich in einer ramponierten Hütte Unterschlupf, da ihn mir keine Menschenseele gewährt hatte. Ich vergrub mich unter herumliegenden Decken und wollte mich schon vollends meinem Elend ergeben, als plötzlich zwei Gestalten in der Tür auftauchten. Zuerst dachte ich, sie müssten Engel sein, die mich zu sich riefen, doch dann stellten sie sich als zwei junge Frauen heraus, denen ein Unternehmen namens Fakriro gehörte. Besorgt setzten sie sich an meine Lagerstätte und hörten mir geduldig zu, als ich ihnen mein Leid klagte. Nachdem ich geendet hatte, trat die eine murmelnd zur Seite, während die andere mir Trost spendete.
Es dauerte nicht lang, da kam Erstere zu Mary – so hatte sich die andere inzwischen vorgestellt – und mir zurück. Aufgeregt flüsterte sie Mary Worte ins Ohr, die diese mit begeistertem Nicken unterstützte, und alles danach ist Geschichte.
Die beiden Frauen – Sabrina heißt die zweite übrigens – haben mir das größte Geschenk gemacht, das sie vermochten: Sie haben andere Geschichten für mich gesucht, uns dabei geholfen, Freundschaften und Persönlichkeiten zu entwickeln, und uns in den besten Weihnachtszwirn gehüllt, sodass ich nun mit all meinen neuen Freunden selbst in die weihnachtlichen Stuben einziehen und Freude schenken darf.
Gemeinsam lässt sich eben so viel mehr erreichen als allein – und genau deshalb ist auch dies das Motto dieses Büchleins, das euch liebe Leser*innen hoffentlich genauso viel Freude bereitet wie uns.
Frohe Weihnachtszeit und erholsame Feiertage
wünschen euch
die gar nicht mehr einsame Weihnachtsgeschichte
und ihre Herausgeberinnen
Sabrina Schuh und Mary Cronos

Winterfeenzauber

Anja Bärike

Ein leises Klopfen erklang und Manuela schreckte auf. Ihr Zimmer lag still im sanften Mondlicht. War da wirklich etwas gewesen? Die Decke bis ans Kinn gezogen verharrte sie und lauschte. Ihre Wohnung lag im dritten Stock. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ein Einbrecher durch ihr Fenster kam.
Da war es wieder. Ein Klopfen wie früher im Haus ihrer Eltern, wenn bei Sturm die Äste der Rotbuche an ihre Scheibe geschlagen hatten. Der Baum vor ihrem Schlafzimmer stand aber zu weit entfernt.
Tok – Tok Tok
Das reichte. All ihren Mut zusammennehmend schob Manuela ihre Decke beiseite und schlich zum Fenster. Sie streckte ihren Hals und was sie hinter der Scheibe erblickte, ließ sie mitten in der Bewegung erstarren. Entweder träumte sie oder ihre Fantasie und das Licht des Mondes spielten ihr Streiche. Auf ihrem Fenstersims schimmerte eine Fee.
Sie war in weiße Stoffe gehüllt, hatte durchscheinende Flügel und umklammerte einen Zweig, der bei ihrer Größe wie ein dicker Ast wirkte. Die Kleine starrte so konzentriert in die Nacht, dass sie Manuelas ungläubige Blicke nicht bemerkte.
Plötzlich löste sich ein Schatten aus der Dunkelheit und flog beinahe gegen das Fenster.
Manuela schrie erschrocken auf, als ein Kauz versuchte, das Wesen zu erhaschen.
Unerschrocken hielt die Kleine sich den Vogel mit dem Stock vom Leib, den sie wie eine Lanze benutzte. Dabei schlug das hintere Ende rhythmisch an die Scheibe.
Tok Tok – Tok
Kurz entschlossen riss Manuela das Fenster auf, woraufhin der Kauz davonflog.
Die Fee fuhr herum, reckte ihren Zweig nun Manuela entgegen und schielte prüfend über den Sims.
Eilig trat die junge Frau zurück und hob beschwichtigend die Hände. »Hab keine Angst. Ich tu dir nichts.«
Das zarte Geschöpf rührte sich nicht, also fügte sie hinzu: »Ich wollte nur den Kauz vertreiben.«
Langsam ließ die schimmernde Gestalt ihren Stock sinken und ging auf die Knie. Die Arme musste vollkommen erschöpft sein.
Manuela traute kaum, sich zu bewegen, um sie nicht zu verschrecken, obwohl sie ihr aufrichtig leidtat. »Kann ich vielleicht etwas für dich tun?«, fragte sie zögerlich.
Der Winzling sah sie an und legte den Kopf schief.
»Brauchst du eine Kleinigkeit zu trinken? Oder zu essen, damit du wieder zu Kräften kommst?«
Nach einer Weile des Zögerns war ein Nicken die Antwort und Manuela eilte in die Küche. Zielsicher traf sie den Lichtschalter und schirmte ihre Augen vor dem grellen Schein ab. Dann drehte sie sich im Kreis. Was gab man einer Fee zu trinken? Oder zu essen? Ihr Blick fiel auf die Obstschale und sie fischte einen Apfel und eine Banane heraus. Sie holte einen Unterteller aus dem Hängeschrank und schnitt das Obst in hauchdünne Scheibchen. Schließlich griff sie den Apfelsaft und goss einen Schluck in den Plastikdeckel der Flasche.
Mit behutsamen Schritten, um nichts zu verschütten, ging Manuela ins Schlafzimmer. Erleichtert erkannte sie, dass die Fee noch da war. Ein Teil von ihr hatte befürchtet, sie wäre davongeflogen. Langsam stellte sie die Mahlzeit auf den Sims und trat zurück. Die Fee war so winzig, dass es schwerfiel, ihren Gesichtsausdruck zu lesen. Doch nachdem das zierliche Wesen den ganzen Deckel Apfelsaft geleert hatte, konnte man ein Lächeln erkennen.
Eine Windböe trieb die Nachtluft herein und Manuela fröstelte. Kein Wunder, da sie bei Minusgraden nur ein übergroßes T-Shirt trug. Aber sie wollte der Fee nicht das Fenster vor der Nase zuschlagen.
Der Kleinen schien der Frost nichts auszumachen. Sie hatte sich im Schneidersitz vor den Unterteller gesetzt und knabberte an einer Bananenscheibe.
»Ist dir nicht kalt?«, entfuhr es Manuela.
Die Fee schaute auf und verneinte kopfschüttelnd.
Manuela wickelte sich in ihre Decke. »Wirklich gar nicht?«
Die Fee hob ihre schmale Hand, vollführte eine Drehbewegung mit dem Arm und hielt plötzlich eine Schneeflocke empor.
Der jungen Frau stand buchstäblich der Mund offen, was die Fee scheinbar amüsierte, denn ihre Schultern wippten auf und ab, als würde sie kichern. Schließlich fing Manuela sich wieder: »Das ist der Wahnsinn! Schnee wird von Feen gemacht?«
Das zarte Geschöpf wackelte mit dem Kopf und drehte seine Handfläche nach oben und unten.
Nachdenklich legte Manuela die Stirn in Falten: »Meinst du teils, teils?«
Die Kleine nickte knapp und forderte sie mit einem Wink auf, weiter zu raten.
»Das heißt, manchmal kommt der Schnee aus der Natur, so wie wir Menschen es eben kennen, und manchmal macht ihr ihn?«
Eifrig bejahte das Wesen, doch sank sie gleich darauf in sich zusammen.
Es dauerte nicht lang, bis Manuela erriet, was ihr Kummer bereitete. »Es hat schon seit zwei Jahren nicht richtig geschneit.«
Das Häufchen Elend blickte auf und schob die Bananenscheibe beiseite.
Manuela konnte sich die nächste Frage nicht verkneifen. »Warum lasst ihr es nicht mehr schneien?«
Das Wesen starrte kurz auf den Unterteller und schnappte sich eine Apfelscheibe. Langsam zeigte sie zwischen sich und der Scheibe hin und her.
»Ähm, ihr habt nicht genug zu essen?«
Kopfschütteln.
Die Falten auf Manuelas Stirn vertieften sich, während die Fee den Obststreifen vor sich hielt: »Du … ach, du bist das Apfelstück.«
Eiliges Nicken. Das Geschöpf legte es zurück zu den anderen und zog mit der Hand kreisende Bewegungen darüber.
»Okay, verstehe.« Die junge Frau zupfte ihre Decke zurecht. »Die Apfelstückchen sind alle Feen.«
Die Kleine nickte knapp und streckte einen Arm aus. Sie deutete zuerst auf Manuela, dann auf sich, wackelte mit dem Finger hin und her, so wie man Kinder tadelte. Schließlich griff sie nach einer Apfelscheibe, zerriss diese und warf die Teile vom Sims.
Gebannt verfolgte Manuela das Schauspiel, das die Fee dreimal wiederholte, bevor ihr endlich ein Licht aufging. »Oh, nein.« Sie schlug sich eine Hand vor den Mund und ihre Decke sackte ein Stück runter. »Die alten Sagen, dass eine Fee stirbt, wenn man sagt, dass man nicht an sie …« Abrupt unterbrach Manuela sich, aus Angst, mit ihren Worten Schaden anzurichten. »Sie sind also wahr?«
Die Fee nickte und ließ den Kopf hängen.
Manuela zog ihre Decke noch einmal zurecht und die Fee flatterte auf.
Sie schnappte sich eines der Apfelstückchen und verbarg es hinter ihrem Rücken. Erneut zeigte sie mit ausgestrecktem Finger auf Manuela und auf sich. Doch diesmal reckte sie danach den Daumen hoch, holte das Apfelstück hervor und legte es wieder auf den Teller.
Unbewusst war die junge Frau näher an das Geschöpf herangetreten und plapperte aufgeregt los: »Soll das heißen, wenn ich sage, dass ich an Feen glaube, kommt eine Fee zurück?«
Eifrig nickte die Kleine.
Laut lachte Manuela auf und rief durchs Fenster in die Dunkelheit: »Ich glaube noch an Feen!«
Eine eisige Böe traf sie, Blätter raschelten und das Käuzchen schrie in der Finsternis. Schließlich war es still, als hielte die Welt für eine Sekunde den Atem an, bevor aus der Ferne ein leises Klingeln erklang.
Die Fee schlug einen Salto. Mit ihren durchscheinenden Flügeln flog sie hinauf zu Manuela. Sie gab ihr einen Kuss auf die Wange, der sich anfühlte, als wäre eine Schneeflocke auf ihrer Haut gelandet, und schnellte hinaus in die Nacht.
Lange sah Manuela ihr hinterher, bis sie ihre Finger vor Kälte kaum mehr spürte. Widerwillig schloss sie das Fenster und krabbelte glücklich ins Bett.
Der Radiosprecher plapperte aus ihrem Handy, verkündete einen regnerischen Tag bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt und weiterhin keinen Schnee. Schnee …
Hatte Manuela nicht davon geträumt? Die Augen reibend streckte sie sich und schlurfte ins Badezimmer. Automatisch griff sie nach der Zahnbürste, und erst als sie mit dem Putzen fertig war, erinnerte sie sich wieder an die zierliche Fee.
Ein Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. So einen lebhaften Traum hatte sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gehabt. Außerdem lieferte er das perfekte Ende für ein Theaterstück, das sie mit der AG an ihrer Schule plante. Die Fantasie ihrer Schüler war unerschöpflich. Sie hatten ein wildes Abenteuer voller Trolle, Amazonen und Ritter erdacht, dem lediglich das glorreiche Finale fehlte.
Es fiel Manuela schwer, sich auf den Arbeitsweg und das Unterrichten zu konzentrieren. In Gedanken entwarf sie die Szene und tüftelte, wie sie mit Lichtern die Feen darstellen konnten.
Endlich erklang die Glocke und sie eilte in den Probenraum ihrer AG. Zunächst wiederholte sie mit den Schülern, was sie sich bisher ausgedacht hatten. Die Gruppe hing an der für die Helden beinahe unlösbaren Aufgabe fest, die schwarze Hexe zu besiegen. Alle Figuren hatten ihre Kräfte verbraucht und die Kinder überlegten seit zwei Wochen, was der Hexe etwas anhaben konnte, die in sicherer Entfernung von ihrem Turm Flüche verschoss.
Ihrer Pflicht als Lehrerin folgend fragte Manuela nach, ob jemandem eine Lösung eingefallen war. Insgeheim hoffte sie, dass alle Vorschläge von den anderen Teilnehmern abgelehnt wurden.
Eine halbe Stunde musste sie sich Diskussionen anhören, bis keiner mehr eine Idee hatte und sie ihre eigene vortrug.
Die Reaktionen waren gemischt. Drei jüngere Mädchen verfielen sofort ins Schwärmen, doch die älteren diskutierten. Wie mächtig waren Feen und wo kamen sie plötzlich her?
Manuela beobachtete interessiert, wie die Schüler eine neue Szene planten. In dieser trafen die Helden schon früher auf die geflügelten Winzlinge, damit ihr Erscheinen zum Schluss mehr Sinn ergab. Am Ende der AG stimmten die Teilnehmer ab und entschieden sich einstimmig für den Auftritt der Feen.
Mit einem breiten Grinsen auf den Lippen fuhr Manuela an diesem Tag nach Hause. Sie korrigierte einen Teil der Kurzkontrollen, die sie am Vortag mit ihrer Zehnten geschrieben hatte, ehe sie müde in ihr Schlafzimmer trottete.
Gähnend öffnete sie das Fenster, um vor dem Schlafen frische Luft hereinzulassen, und blieb abrupt stehen. Ihr Blick war starr auf einen Unterteller mit Bananenresten gerichtet. War das alles gar kein Traum gewesen?
Verwirrt schaute sie in die Dunkelheit hinaus, hörte ein Käuzchen rufen und schüttelte den Kopf. Sie musste geschlafwandelt sein. Ruckartig griff sie nach dem Teller und brachte ihn in die Küche, bevor sie sich hinlegte.
Die Zeit bis Weihnachten verging wie im Flug. Neben Klausuren schreiben und Geschenke kaufen traf sich ihre Theater-AG zweimal die Woche. Dienstags probten sie ihr Stück, verbesserten Dialoge, Gestik und Mimik, donnerstags bauten sie am Bühnenbild, bei dem sie Hilfe aus der Kunst- und der Technik-AG erhielten.
Und dann war es endlich so weit. Ihr Auftritt war der Höhepunkt der Weihnachtsvorführung. Manuela lugte durch den schweren Vorhang in die festlich geschmückte Aula. Sie fasste fünfhundert Menschen und war heute Abend mit Schülern, Eltern und Geschwistern voll besetzt.
Die Tontechniker prüften noch einmal den Sound. Beim zarten Klingeln, welches später beim Erscheinen der Feen erklingen würde, kam es Manuela vor, als würde sie wieder an ihrem Fenster stehen und in die Nacht hinausschauen.
Ein Gedanke huschte durch ihren Kopf und sie eilte zu ihren AG-Teilnehmern. Diese halfen sich gegenseitig, die letzten Teile ihrer Kostüme anzulegen und sich zu schminken. Sie suchte nach Ben und Anna, welche zum Schluss des Stücks die Feen rufen sollten, und zog sie beiseite. Verschwörerisch grinste sie in die vor Aufregung glühenden Gesichter der Kinder: »Habt ihr vorhin noch gesehen, wo eure Eltern, Geschwister oder Freunde sitzen?«
Ben legte die Stirn in Falten: »Ich bin mir nicht sicher. Ich glaube, meine Eltern sind in der zweiten oder dritten Reihe rechts.«
»Meine kleine Schwester hat mir schon gesagt, dass sie am Mittelgang sitzt und mich gut sehen kann.« Annas Stimme war höher als gewöhnlich.
Manuela sprach den Beiden ermutigend zu: »Was haltet ihr davon, wenn ihr beim Feenruf versucht, sie einzubeziehen?«
Die zwei stutzten erst, doch plötzlich hellte sich Annas Gesicht auf und sie hüpfte wie ein Flummi auf der Stelle. »Oh, Sie meinen, dass sie mitmachen und dann alle anderen folgen?«
Bens Mund formte ein stummes Oh, als die Lehrerin zustimmte.
Ihre Hauptdarstellerin klatschte in die Hände, was Aufmerksamkeit auf sich zog.
Manuela legte einen Finger auf die Lippen: »Lasst uns die anderen damit überraschen, okay?«
Die Kinder nickten aufgeregt und neckten sogleich ihre Mitschüler mit einem »Ich weiß etwas, was du nicht weißt.«
Ein Gedanke schoss durch Manuelas Kopf. Wenn es nun kein Traum gewesen war und das hier funktionierte? Sie atmete tief ein und half ihren Schülern bei den letzten Vorbereitungen.
Eine ganze Stunde verging mit Ansprachen, dem Chor und der Siegerehrung für die Matheolympiade, bis endlich die Theater-AG an der Reihe war.
Manuela eilte auf ihren Platz in der ersten Reihe, um den Schülern im Notfall Anweisungen geben zu können. Zufrieden verfolgte sie das Geschehen, grinste, weil das Publikum an den richtigen Stellen lachte oder Ohs und Ahs von sich gab. Voller Inbrunst spielten die Schüler, alle beherrschten ihre Texte, und falls einer vor Aufregung fest hing, überspielten es die anderen. Das Licht wurde gedimmt und die Helden näherten sich dem Hexenturm.
Ein Kind im Saal quietschte, als die Flüche der Hexe – grüne Laserstrahlen – den ersten Ritter zu Boden warfen. Die Pfeile der Amazonen wurden von einem Zauber fortgeweht und selbst der tapferste Streiter kauerte sich hinter einen Felsen, um nicht von Blitzen getroffen zu werden. Es war Ben in seiner glänzenden Rüstung.
Stille trat ein, auf der Bühne und im Saal.
Der Techniker sorgte dafür, dass man Bens Worte deutlich vernahm, obwohl er flüsterte: »Ein Wunder muss geschehen, ich glaube noch an Feen! Ein Wunder muss geschehen, ich glaube noch an Feen!« Langsam wurde Bens Stimme fester und er schaute zu Anna hinüber.
Sie hielt ihren Bogen fest und fiel mit ein: »Ein Wunder muss geschehen, wir glauben noch an Feen!«
Weitere Amazonen und Ritter stimmten ein: »Ein Wunder muss geschehen, wir glauben noch an Feen!«
Anna sah hinüber zum Publikum und nickte ihrer Schwester zu.
Die ließ sich nicht zweimal bitten und folgte dem Mantra.
Wie ein Lauffeuer breitete sich der Ruf aus. Zuerst hörte man die kleineren Kinder, dann die älteren Schüler und spätestens die vierte Wiederholung erfasste auch den letzten Erwachsenen. Der Saal bildete einen gewaltigen Chor: »Ein Wunder muss geschehen, wir glauben noch an Feen!«
Manuela lief eine Gänsehaut über Rücken und Arme.
Wieder und wieder hallte der Ruf durch die Menge, während auf der Bühne Dutzende Lichter erschienen. Sie umschwirrten die Hexe und lenkten sie ab, bis Ben einen Pfeil zu Anna warf und die Amazone den tödlichen Schuss abgab.
Getroffen sank die böse Zauberin zu Boden.
Die Feen flatterten um die Helden, der Chor verebbte und ging in tosenden Beifall über.
Als der Vorhang fiel, eilte Manuela hinter die Bühne.
Die Darsteller redeten durcheinander und umarmten ihre Lehrerin stürmisch.
Da drang ein Ruf aus dem Saal, den die ersten Zuschauer verließen. »Schnee!«
Mit ihren Schülern drängte sie ins Freie und starrte ungläubig in den Himmel. Es schneite! Dicke Flocken, die binnen Minuten die Landschaft in ein Wintermärchen verwandelten. Eine Schneeballschlacht entbrannte und durch das Jauchzen der Kinder meinte Manuela, das Klingeln winziger Glöckchen zu hören.

Florentine Weihnachtsfrosch

Chris Zero

Seufzend saß Florentine, der Frosch, an ihrem Teich. Na ja, es war nicht wirklich ihr Teich. In dieser Gegend gab es einfach keine anderen. Und einer war besser als keiner, oder? So richtig glücklich war sie mit ihm trotzdem nicht.
Lustlos rührte sie mit ihrem Fuß im Wasser, obwohl sie eigentlich gern schwimmen gehen wollte. Wenn bloß die blöde Entengrütze nicht wäre … Dieses eklige grüne Zeug bedeckte die gesamte Wasseroberfläche.
Um ihren Fuß herum wurde das Wasser ganz klar, die Grütze trieb zur Seite. Bei diesem Anblick verspürte Florentine noch mehr Lust, es doch mit dem Schwimmen zu versuchen. Sie streckte vorsichtig auch den anderen Fuß ins Wasser und schob noch etwas Entengrütze beiseite.
Zu dieser Jahreszeit müsste der Teich zugefroren sein, allerdings war dieser Winter ungewöhnlich warm. Die Sonne schien derzeit zwar nur kurz, aber stark.
Langsam ließ sie sich in den Teich gleiten. Mit kraftvollen Beinbewegungen kämpfte sie sich voran. Entschlossen schwamm sie gegen die Entengrütze an. Immer stärker, immer schneller, immer weiter.
Bis plötzlich … RUMMS!
Sie rieb sich mit der Hand den schmerzenden Kopf. Was war denn das?
Auf die Antwort musste sie nicht lange warten. Vor ihr plusterte sich schimpfend und flügelschlagend ein Erpel auf.
Florentine brauchte einen Moment, um sich von dem Schreck zu erholen. Dann erkannte sie Egon und seufzte erleichtert auf. Der Erpel veranstaltete gern mehr Theater als notwendig.
»Bist du verletzt?«, fragte Florentine.
»Ob ich verletzt bin? Ob ich verletzt bin?! Und wie ich das bin! Du bist mir direkt in die Seite geschwommen!« Fuchtelnd deutete er mit den Flügeln auf eine Stelle seines Federkleides, die ein wenig zerzaust war.
»Ist etwas gebrochen?«
Egon schnaubte: »Nein, natürlich nicht! Für wie verweichlicht hältst du mich? Wir Enten sind hart im Nehmen! Da macht mir doch so was nichts aus! Das gibt nicht mal einen blauen Fleck!«
Florentine grinste. »Da bin ich beruhigt. Bloß dein Federkleid solltest du wieder in Ordnung bringen.«
Aber da hatte sie wohl etwas Falsches gesagt. Jetzt schnatterte und flatterte sich Egon erst richtig in Rage. Jedes Wort traf Florentines schmerzenden Kopf wie ein Hammerschlag.
»Es tut mir ja leid!«, rief sie schließlich.
Sofort hörte Egon mit dem lauten Geschnatter auf. »Na also, eine Entschuldigung. Mehr wollte ich gar nicht hören.«
Erleichtert seufzte Florentine. Endlich gab Egon Ruhe und ihr Kopfschmerz begann auch langsam nachzulassen. Das eigentliche Problem war ja ein anderes. Und das hielt sich hartnäckig. »Diese verdammte Entengrütze! Man sieht einfach nicht, wohin man schwimmt«, seufzte sie.
Egon nickte. »Irgendwas muss man da doch machen können.«
Nachdenklich wiegte Florentine den Kopf. »Wenn man ein Netz hätte … ein sehr großes und stabiles …, dann könnte man … ja, dann müsste … ja, dann sollte man …! Auf jeden Fall!«
Mit einem grimmigen Quaken unterbrach Egon sie. »Hey, behalt nicht alles für dich, wie unhöflich!«
Sie brauchte einen Moment, um ihre Gedanken in Worte zu fassen. »Also, wenn wir ein großes, stabiles Netz hätten … Und mehrere Enten es über den Teich ziehen … darin könnte man die Entengrütze sammeln! Der Teich wäre wieder sauber und alle könnten in Ruhe schwimmen.«
»Uh, ja! Das ist eine fantastische Idee! Sehr gut! Aber woher kriegen wir so ein Netz? Willst du eines von den Menschen stehlen? Das ist doch viel zu gefährlich!«
»Nein, von denen halten wir uns besser fern.« Florentine musste kurz überlegen, dann fiel ihr etwas ein. »Die Spinnen weben ja auch Netze, die sind sogar noch stabiler als die der Menschen! Wenn alle zusammenarbeiten, könnte man sicher ein Netz erhalten, das groß und stark genug ist.«
»Du vergisst dabei eine Sache.«
Fragend legte Florentine den Kopf schief.
»Die werden uns niemals so ein Netz spinnen. Das ist viel zu viel Arbeit. Und sie hätten nichts davon. Die Enten sind kein Problem, die kann ich bestimmt zum Mitmachen überreden. Sie wollen ja auch einen sauberen Teich. Den Spinnen ist das allerdings herzlich egal.«
Florentine hasste es, dass alle Tiere immer nur auf ihren Vorteil bedacht waren. Jedes Mal, wenn jemand Hilfe brauchte, war es für die anderen ausschließlich wichtig, was für sie dabei heraussprang. »Wir fragen einfach. Mit etwas Glück haben sie ja einen guten Tag.«
Egon rollte mit den Augen, sagte aber nichts. So leicht würden die Spinnen nicht zu überzeugen sein.
Für Florentine ging probieren über studieren. Ohne zu zögern, schwamm sie Richtung Ufer, dort hatte sie ein Spinnennetz gesehen. Vielleicht war ja jemand zu Hause.
Der Erpel kicherte. »Das ist ja ein uneleganter Schwimmstil! Kein Wunder, dass du dauernd irgendwo gegen schwimmst.«
Florentine tat so, als hätte sie es nicht gehört. Mit ihren Gedanken war sie eh schon ganz woanders. Was konnte sie den Spinnen als Gegenleistung anbieten? Als Florentine endlich an Land war, hüpfte sie los.
»Halt! Halt!« Hastig watschelte Egon hinterher.
Grinsend sah sie sich zu ihm um. Im Wasser waren Enten vielleicht eleganter unterwegs als Frösche. An Land allerdings waren Frösche deutlich im Vorteil, daher wartete sie nach jedem Hüpfer.
Es dauerte ein wenig, aber sie kamen voran. Bald hatten sie das Netz gefunden und eine Spinne hockte darin. Es war ihr alter Bekannter Simon.
Gerade sammelte er ein paar Tropfen aus seinem Netz. Als er den Erpel und den Frosch bemerkte, stutzte er. »Nanu? Ihr zwei friedlich zusammen? Habe ich etwas verpasst?«
Verlegen schwieg Florentine. Wie sollte sie am besten anfangen? Letztlich entschied sie sich, direkt mit der Sprache rauszurücken: »Könntest du uns gemeinsam mit den anderen Spinnen ein großes, starkes Netz weben? Es müsste ganz engmaschig sein!«
Simon starrte die beiden fassungslos an.
Florentine hoffte kurz, dass Egon jetzt etwas sagen würde. Aber dann dachte sie sich, dass es wahrscheinlich besser wäre, wenn er den Schnabel hielt. Also ergriff sie selbst schnell das Wort, bevor der Erpel es sich anders überlegte. Sie erzählte Simon von dem Problem mit der Entengrütze und ihrem Plan.
Zunächst sagte Simon gar nichts, sondern hörte nur zu. Schließlich lachte er schallend. »Du glaubst doch nicht im Ernst, dass wir alles stehen und liegen lassen, damit ihr irgendwelche Grütze aus eurem komischen Teich angeln könnt? Im Leben nicht!«
Egon plusterte sich auf. »Ha, ich hab es dir doch gesagt! Diese Spinnen denken bloß an sich!«
Erst mal fiel Florentine nichts mehr ein. Sie wusste nicht genau, was sie erwartet hatte. Eine Zusage war ja eher unwahrscheinlich gewesen, aber irgendwie hatte sie auch nicht mit einer Absage gerechnet. Jetzt kratzte sie verlegen mit ihrem Fuß in der Erde.
»Was hätten wir davon, wenn euer Teich sauber ist?«, fragte Simon, nachdem er endlich aufgehört hatte zu lachen.
»Ihr hättet eine gute Tat getan!«, erklang es plötzlich aus einem benachbarten Baum.
Verdutzt sahen die drei hinauf. Dort oben saß ein Eichhörnchen.
»Wer mischt sich denn da in unsere Angelegenheiten ein?«, rief Egon empört.
»Stephanie, mein Name. Ebenfalls sehr erfreut.« Mit einem spöttischen Grinsen kletterte das Eichhörnchen mit dem Kopf voran den Baum herab, während sich die anderen wortkarg vorstellten.
»Was soll das bringen, eine gute Tat? Was nützt das?«, hakte Simon nach. »Wer kommt bloß auf die Idee, etwas ohne Gegenleistung zu tun?«
»Die Menschen«, antwortete Stephanie prompt.
»Woher weißt du, was die Menschen treiben?« Florentine war erstaunt. Sie hatte keine positiven Erfahrungen mit diesen Menschen gemacht. Bei ihrem Anblick schrien sie. Oder versuchten sie einzufangen. Deswegen hielt sie sich lieber von ihnen fern.
»Viele haben Bäume bei ihren Häusern stehen. Da kann ich sie beobachten«, erklärte Stephanie.
»Aber dann entdecken sie dich doch!«, rief Simon entsetzt.
»Mich mögen die Menschen. Falls sie mich mal bemerken, freuen sie sich! Und außerdem bin ich sehr flink, die kriegen mich nicht.«
Simon rollte mit den Augen. »Über dich freuen sie sich vielleicht! Mir machen sie immer meine Netze kaputt! Und sobald sie mich sehen, schreien sie! Sie versuchen, mich zu erschlagen! Und die sollen sich mit guten Taten auskennen?«
Da fiel Florentine etwas ein. »Ich habe mich heute Morgen unter einem Blatt versteckt, als zwei Menschen vorbeikamen. Sie haben sich über etwas unterhalten, das sie Weihnachten nannten. Das war irgendwas mit guten Taten.«
Stephanie nickte. »Ja, genau so was meine ich. In dieser Weihnachtszeit achten sie besonders darauf.«
Jetzt mischte sich Egon ein: »Davon habe ich auch gehört! Sie holen sich dann superviele Geschenke mit diesem komischen Geld! Und hetzen sich total ab! Wenn jemand das Falsche bekommt, gibt es jede Menge Ärger und Streit. Und der ganze Müll! Die verpacken ihre Geschenke in so merkwürdigen Blättern, die nicht verrotten! Und manche werfen sie sogar weg!«
Simon kratzte sich ratlos am Kopf. »Ja, stimmt, den ganzen Müll habe ich auch schon gesehen.«
Es herrschte Schweigen.
Florentine hatte aufmerksam zugehört und nachgedacht. Sie wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Schließlich räusperte sie sich. »Hört mal, die Menschen bereiten den meisten von uns großen Ärger. Und sie machen viel falsch, auch in dieser Zeit, die sie Weihnachten nennen. Aber das heißt doch nicht, dass wir nichts von ihnen lernen könnten. Selbst die Menschen machen nicht alles falsch. Und vielleicht ist es ja wirklich etwas Schönes, Dinge einfach nur so zu tun. Als gute Tat.« Hoffend sah sie zu Simon hinüber.
Dieser wich ihrem Blick aus.
Stille.
»Simon?«, hakte Florentine nach.
Simon seufzte. »Von mir aus. Wir können es ja probieren mit diesen guten Taten. Vielleicht haben Menschen ja auch ein paar gute Seiten. Sie haben zumindest Häuser, in denen es schön warm ist. Und die Stoffe mit den Mustern, die sie an die Fenster hängen … von denen bin ich immer richtig beeindruckt. Meine Netze sind nicht so hübsch. Auch wenn sie natürlich viel stabiler sind als alles, was diese Menschen so herstellen.«
Egon stimmte zu: »Und sobald sie eine meiner Federn finden, freuen sie sich immer so schön.«
Florentine nickte. Ja, die Menschen waren nicht perfekt. Aber wer war das schon? Selbst die Menschen hatten ihre guten Seiten und die Spinnen bestimmt ebenso. Immerhin wollte Simon ihnen helfen, das war ja schon einmal ein Anfang.
Sie begleiteten Simon zu den anderen Spinnen. Einige waren leichter zu überzeugen, manche jedoch sperrten sich.
Nachdem Florentine die Spinnen darauf aufmerksam gemacht hatte, dass sie ebenfalls etwas einfordern konnten, waren alle hellauf begeistert. Das entsprach zwar nicht ganz der ursprünglichen Idee, aber es wirkte.
Es dauerte ein paar Tage, bis die Spinnen das große Netz fertiggestellt hatten. Sie hatten es ausschließlich aus nichtklebenden Fäden gewebt, damit niemand daran hängen blieb.
Fasziniert sah Florentine dabei zu, wie die Enten gemeinsam das Netz durch den Teich zogen und eine klare Wasserfläche hinterließen. Sie machte sich keine Sorgen, ob die Entengrütze wiederkommen würde. Denn sie war sich sicher, dass die Spinnen auch ein zweites Mal helfen würden. Und wenn diese selbst einmal Hilfe brauchten, würde sie ihnen auf jeden Fall helfen. Einfach so, weil es eine gute Tat war.
Die Geschichte von der guten Tat der Spinnen verbreitete sich schnell unter den Tieren, die am Teich lebten, und darüber hinaus.
Irgendwann fingen die Tiere an, Florentine den Weihnachtsfrosch zu nennen. Sie wies sie immer wieder darauf hin, dass sie das nicht allein vollbracht hatte. Aber Spitznamen sind hartnäckig. So blieb es dabei, dass Florentine ab jetzt für alle Tiere der Weihnachtsfrosch war. Und so wird sie heute noch genannt.

Ihr Kinderlein stehet

Ira Laudin

Im Auto ist es frostig – die Luft und die Stimmung. Unsere Eltern schweigen sich an, voll bescheuert. Ich habe keinen Bock auf diesen ganzen Mist. Neben mir sitzt mein kleiner Bruder, spielt mit seinen Plüschtieren und macht Kampfgeräusche dazu. Echt nervig. Unser Hund Knut liegt in seiner Box im Kofferraum und schnarcht vor sich hin. Der ist mit allem zufrieden.
Mir fällt ein, dass ich Musik hören könnte. Ich krame in den Jackentaschen nach den Kopfhörern, dann in meinem Rucksack. Wo sind die? »Mum? Hast du meine Kopfhörer eingepackt?«
»Was soll ich damit, Schatz? Vielleicht hast du sie in die Ablage der Tür geworfen wie sonst auch. Die hätte ich letztens fast eingesaugt.«
Ich stelle das Fach auf den Kopf, räume alles raus. Neben einer Packung Kaugummis und Taschentüchern finde ich meine rosa Haarbürste mit einer Prinzessin darauf. Wie lange liegt die schon hier?
Mehrmals durchsuche ich alles, aber ich habe die Kopfhörer tatsächlich vergessen. Das kann nicht wahr sein! Soll ich mir heute Abend die ganze Zeit das Gelaber der Erwachsenen anhören? Geschichten aus dem Krieg und so Zeugs? Und dann zeigt uns Opa seine Modelleisenbahn. Jonas findet die toll, aber ich bin doch kein Kind mehr.
»Ich hoffe, deine Mutter macht nicht wieder so eine fette Gans«, sagt mein Vater. »Jedes Mal sage ich ihr, dass ich die nicht vertrage.«
»Das ist halt Tradition, das gewöhnst du ihr nicht mehr ab«, erwidert Mum.
»Wenn sie nur einmal zuhören würde.« Er guckt auf die Uhr. »Wir sind viel zu spät dran, du brauchst immer ewig.«
»Ich bin ja auch für alles zuständig: Plätzchen backen, Baum schmücken, Geschenke einpacken, Kinder anziehen.
---ENDE DER LESEPROBE---