Das Licht der Dämonen - Angela Mackert - E-Book

Das Licht der Dämonen E-Book

Angela Mackert

4,4

Beschreibung

Den Dämonen wird die Dunkelheit zugeschrieben mit all ihren Angst einflößenden Wirkungen. Aber stehen sie deshalb jenseits von allem Guten? Vielleicht ist im Grauen, das sie verbreiten, gar die Quelle des Lichts, die nur derjenige finden kann, der hinter den Geschöpfen der Nacht das Geheimnis erkennt. Die Geschichten: Die Nacht des Gargoyles Begegnung mit einem Vampir Blut und Feuer

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Inhalt

Die Nacht des Gargoyles

von Angela Mackert

Begegnung mit einem Vampir

von Angela Mackert

Blut und Feuer

von Angela Mackert

Über die Autorin

Der letzte Schritt auf dem Weg des Schattens führt ins Licht.

DIE NACHT DES GARGOYLES

Die Nacht des GargoylesAngela Mackert

Der Blick von hier oben reicht weit über meine Stadt hinaus. Bis zum Horizont sehe ich Ortschaft an Ortschaft gereiht, ab und zu aufgelockert durch Felder, Wiesen und Wälder.

Überall in dieser Landschaft verbergen sich Geheimnisse. Nicht wenige davon scheuen selbst das sanfte Licht der Sterne. Ich könnte sie hervorzerren, doch wozu? Ich schaue darüber hinweg, lasse meine Augen lieber in die Ferne schweifen, hinaus in die Unendlichkeit. Dort befinden sich die wahren Mysterien. Meine Augen durchdringen die Sphären. Meine Nase wittert Wesen, die sich zwischen Himmel und Erde Zutritt in diese Welt verschaffen. Meine Ohren hören ihr Wispern und meine Zunge schmeckt die Absicht, mit der sie kommen.

Die dunklen Geister meiden mich. Ich bin für sie gefährlich, denn durch meinen Körper fließen die Wasser der Schamajim, die sie in den Schlund ihrer Hölle zurückbefördern. Wenn sie können, gehen sie mir aus dem Weg. Mir ist das einerlei. Ich bin, was ich bin, ein Gargoyle, und ich erfülle meine Aufgabe als Wächter der Nacht.

Es ist nicht so, dass ich die Dunklen hasse. Ich befinde mich auch nicht im Krieg mit ihnen. Dazu müsste man mich auffordern. Das hat schon lange niemand mehr getan. Aber wenn die Himmel ihre Schleusen öffnen, dann spucke ich die Dunklen an. Es ist meine Pflicht. Ein alter Instinkt, der auch bei Tag funktioniert, wenn ich schlafe.

Ich schlafe nicht wirklich. Ich ruhe. Wenn die Sonne aufgeht, wird mein Körper schwer und unbeweglich. Die Kälte kriecht in mir hoch und alle Säfte kommen zum Stillstand. Ich höre auf zu atmen, werde zu festem Stein. Andere Kräfte wirken dann durch mich, ohne mein Zutun. Mein Denken und Fühlen bleibt jedoch wach und ich bin mir bewusst, dass man mich in diesem Zustand töten könnte. Ein Steinmeißel und ein Hammer würden genügen, um mir den Kopf abzuschlagen. Deshalb ist mein Ruheplatz oben unter den Dächern des Doms. Dort fühle ich mich sicher und von den Mächten behütet.

Wenn abends die Sonne untergeht, löst sich meine Starre. Das Leben kehrt in meine Glieder zurück. Ich recke und strecke mich und würde am liebsten meine Lust in die aufkeimende Nacht hinausbrüllen. Doch ich nehme Rücksicht auf die Menschen unter mir. Um diese Zeit sind noch zu viele auf dem Platz vor dem Dom und es würde sie erschrecken. Die da unten wissen nichts von mir. Sie haben Legenden, aber sie glauben nicht daran. Alles nur Fantasie, sagen sie sich. Sie betrachten mich als Kunstwerk, von Menschenhand geschaffen. Wie lächerlich. Nur weil ein Steinmetz mir Geburtshilfe geleistet hat. Ich bin wie die Menschen lebendig, beseelt und mit freiem Willen ausgestattet, der mir erlaubt das zu tun, was ich für richtig halte. Ich sehe ein, das geht über deren Verstand. Obwohl, wenn ich an diesen alten Mann denke …

Wann fiel er mir zum ersten Mal auf? Ich weiß es nicht mehr.

Ich erinnere mich an seine Schritte, die in den frühen Abendstunden schwerfällig über das Pflaster schlurften. Er quälte sich quer über den Platz. Nie hob er den Blick vom Boden. Alle paar Minuten stützte er sich mit beiden Händen auf seinen Gehstock. Es dauerte eine Ewigkeit, bis er das Café gegenüber von meinem Standort erreichte. Dort setzte er sich an einen Tisch. Ich fragte mich, wieso er nicht zu Hause blieb, wenn ihm das Laufen so schwer fiel. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er diese Anstrengung nur wegen der winzigen Tasse auf sich nahm, die ihm der Kellner halb ge füllt mit einer schwarzen Brühe brachte. Immer wieder wanderte mein Blick zu ihm hin. Über eine Stunde saß er da, benetzte ab und zu seine Lippen mit der Flüssigkeit aus dem Tässchen und beugte sein Gesicht über eine Zeitung. Er trug eine Brille. Die setzte er auf und ab, in beständigem Wechsel. Nach einer Weile faltete der Alte das Tagblatt zusammen und seufzte auf. Dieser Ton traf mich bis ins Mark−aber vielleicht nur, weil ich ihn ansah. Der alte Mann wandte mir das Gesicht zu und ich blickte in seine Augen. Sie waren trübe, wie verwaschen. Er sagte nichts. Noch nicht. Doch von da an kam er täglich.

Ich beobachtete ihn und auch er tat das gleiche, obwohl er mich sicher nur als Schatten wahrnahm. Er wollte etwas von mir, das fühlte ich. Ich wartete ab und unvermittelt richtete er eines Abends das Wort an mich.

»Warum sprichst du nicht mit mir, Gargoyle?«

Er sagte das nicht laut. Seine Lippen bewegten sich nicht einmal. Doch seine Stimme klang so klar, dass ich zusammenzuckte. Seine Finger strichen über den Tisch, griffen nach dem Tässchen, das den letzten Rest seines Getränks enthielt, und warfen es beinahe um.

»Was soll ich mit dir reden, alter Mann?«, fragte ich ihn.

Sein Kopf flog zu mir herum und sein zerfurchtes Gesicht strahlte auf, als wenn die Sterne es geküsst hätten. »Es ist also wahr, Gargoyle. Als Kind sah ich einmal, wie du dich bewegtest.«

»Es waren nicht deine Augen, die das gesehen haben.«

Der alte Mann nickte. »Dass du lebendig bist, bedeutet mir viel.«

Ich lächelte. »Ich soll also etwas für dich tun?«

Die Hand des Mannes zitterte, als er seine kleine Tasse zum Mund führte. »Du bist sehr direkt.«

»Das macht dir Angst?«

Der Alte schüttelte den Kopf. Er griff in seine Hosentasche, zog eine Börse heraus und öffnete sie. Nur wenige Münzen lagen darin. »Ich glaube, heute trinke ich einen zweiten Espresso«, sagte er und lachte ein bisschen.

Es überraschte mich. »Eine gewagte Entscheidung, alter Mann.«

»Meinst du? Ich verzichte lieber morgen auf mein Frühstück.«

In seiner Stimme lag eine Ruhe, die mich irritierte. »Armer, alter Mann«, flüsterte ich und staunte. Sein inneres Gehör war ausgezeichnet.

»Ich würde mich nicht als armen Mann bezeichnen. Geld habe ich wenig, aber dafür andere Dinge, die mich reich machen: meine Fantasie, Er innerungen, Fotos und Geschichten von denen, die schon gegangen sind«, erwiderte er und schaute an der Fassade des Doms entlang bis zu mir herauf.

Ich seufzte. »Und doch hast du Angst!«

Mein Blick erfasste die dämonischen Wesen, die den alten Mann umringten. Sie begleiteten ihn als dunkle Schatten und wichen nicht von seiner Seite. Einer der Dämonen hatte zwei winzige Hörner auf der Stirn und einen gierigen Gesichtsausdruck. Er war jung, gefährlich deshalb, weil er noch kein Maß kannte. Die beiden anderen waren älter. Ich erkannte es an den Hörnern, die wie Dolche unter ihren Haaren hervorschauten. Auch sie ließen ihr Opfer nicht aus den Augen. Sie piesackten den Alten, schürten seine Emotionen und saugten mit offenen Mündern die Energie, die daraus erzeugt wurde. Ich war mir sicher, dass der alte Mann nicht wusste, dass seine Furcht die Nahrung der Dämonen war.

Er leugnete seine Angst nicht. »Ja, Gargoyle. Ich fürchte mich. Meine Freude ist verloren.«

»Du musst die Dunkelheit aus dem Herzen verjagen.«

Die Dämonen hoben den Blick zur Fassade des Doms und schauten zu mir herauf. Sie fauchten mich an, riefen mir Verwünschungen zu. Ich ach tete nicht darauf, sondern konzentrierte mich auf den Alten. Fahl und müde wirkte sein Gesicht. Seine Lippen zitterten, als wäre all seine Hoffnung bereits zunichtegemacht.

Der alte Mann senkte den Blick. »Ich weiß nicht wie. Kannst du das für mich tun? Bist du nicht ein Beschützer, Gargoyle?«