Das neue Geld - Tim Schreder - E-Book

Das neue Geld E-Book

Tim Schreder

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Beschreibung

Wenn Sie 2011 für einen Dollar einen Bitcoin gekauft hätten, hätten Sie ihn im Dezember 2017 für 19.000 Dollar verkaufen können. Wegen dieses wundersamen Kursanstiegs ist der Bitcoin seit Monaten in aller Munde. Doch handelt es sich dabei um einen überbewerteten Hype, oder um die digitale Revolution unseres Zahlungssystems? Fest steht: Kryptowährungen könnten klassisches Geld weitgehend ersetzen – so wie WhatsApp und Facebook die Kommunikation revolutioniert haben. Doch wie ist der Bitcoin entstanden? Wie wird er geschürft? Und was hat es eigentlich mit der Blockchaintechnologie auf sich? Tim Schreder liefert in diesem Buch Antworten auf die brennendsten Fragen zum Thema digitale Währungen und erklärt die grundlegenden Mechanismen dahinter.

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Mehr über unsere Autoren und Bücher:

www.piper.de

ISBN 978-3-492-99227-5

© Piper Verlag GmbH, München 2018

Covergestaltung: FAVORITBÜRO, München

Covermotiv: Shutterstock/Wit Olszewski

Datenkonvertierung: Kösel Media GmbH, Krugzell

Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten. Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

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Inhalt

Vorwort

Was ist Geld?

Was sind Kryptowährungen?

Was ist die Blockchain?

Wie zahlt man mit Kryptowährungen?

Woher bekomme ich Kryptocoins?

Was ist Bitcoin?

Welche anderen Kryptowährungen gibt es?

Was ist ein Fork?

Verändern Kryptowährungen die Welt?

Kann ich mit Kryptowährungen reich werden?

Sind Kryptowährungen nur eine Spekulationsblase?

Ist das nicht alles illegal?

Warum ist Bitcoin eine Umweltsauerei?

Können Kryptowährungen reguliert werden?

Können Kryptowährungen gehackt werden?

Zum Schluss

Glossar

Vorwort

Vor ein paar Wochen fand ich zufällig einen alten Chatverlauf aus dem Jahr 2011 auf meinem Smartphone. Mit zwei guten Freunden schrieb ich über Bitcoins und wie es damit wohl weitergehen könnte. Der Kurs hatte gerade die 1-Dollar-Marke geknackt – Wahnsinn, dachten wir damals! Es war gerade erst ein paar Monate her, da hatte ein Bitcoin nur ein paar Cent gekostet. War das eine Blase, die bald platzen würde – oder erst der Anfang von etwas noch Größerem?

»Vielleicht sollte jeder von uns 200 Bitcoins kaufen. Wer weiß, was die in ein paar Jahren wert sind?«, schrieb ich damals an meine Freunde. Leider haben wir es nicht gemacht, als Berufsanfänger und Studenten konnten wir das Geld einfach viel besser dafür gebrauchen, das Auto endlich mal wieder vollzutanken oder einen IKEA-Tisch für die neue Bude zu kaufen. In so etwas Hochspekulatives wie Bitcoins zu investieren kam uns irgendwie doch ein wenig zu verrückt vor. Schade eigentlich, denn hätten wir damals jeweils 200 Bitcoins gekauft, hätten wir sie im Dezember 2017 für knapp 20 000 Dollar pro Stück verkaufen können – jeder von uns wäre heute vierfacher Millionär. Beim Blick auf den alten IKEA-Tisch im Keller mag das wie ein unglaublich schlechter Tausch erscheinen, aber wer hätte das vor sieben Jahren schon ahnen können?

Der wundersame Kursanstieg des Bitcoins, der viele Menschen, die mutiger waren als wir, im Handumdrehen unglaublich reich gemacht hat, ist wohl der Hauptgrund dafür, dass das Interesse an der »mysteriösen« Kryptowährung so groß geworden ist. Klar, wer würde nicht gerne durch eine clevere Anlage von heute auf morgen steinreich werden? Falls Sie sich vor allem aus diesem Grund für Kryptowährungen interessieren, muss ich Sie an dieser Stelle aber direkt warnen: Mit Bitcoin-Spekulationsgeschäften kann man nicht nur reich, sondern auch bettelarm werden, und zwar schneller, als einem lieb sein kann. Hätten Sie beispielsweise im Dezember 2017 für 20 000 Dollar einen Bitcoin gekauft, hätten Sie innerhalb von nur wenigen Wochen mehr als 10 000 Dollar verloren. Anders, als es von außen oft scheint, ist es nämlich keineswegs so, dass der Kurs von Kryptowährungen immer nur steigt. Genauso schnell wie hinauf geht es an anderen Tagen auch wieder hinab. Wenn Sie im falschen Moment investieren, kann Ihnen ein plötzlicher Kursrutsch schnell das Genick brechen. Im Jahr 2017 hat der Bitcoin nämlich nicht nur alle Höhenrekorde gebrochen, sondern auch drei Mal innerhalb kürzester Zeit fast die Hälfte seines Werts wieder verloren.

Die gigantischen Spekulationsgewinne, die bei Kryptowährungen möglich sind, mögen zwar verlockend sein, aber das eigentlich Sensationelle an dem Thema ist etwas anderes: Noch viel spannender ist nämlich die Idee, die hinter Kryptowährungen steckt. Bitcoin, Ethereum, Litecoin und Co. wollen mit unserem klassischen Geld das machen, was E-Mails, WhatsApp, Facebook und Co. mit der Post gemacht haben – es weitestgehend ersetzen. Der Boom der Kryptowährungen könnte nicht weniger als der Beginn einer Revolution unseres Geldsystems sein, und die Konsequenzen, die das für uns alle haben könnte, sind kaum abzusehen.

Bitcoin-Chartverlauf seit 2015 in US-Dollar

Stellen Sie sich eine Welt ohne von Staaten und Banken kontrollierte Währungen vor! Anonym, selbstbestimmt und nahezu ohne Transaktionskosten könnten Sie innerhalb von Millisekunden digitales Geld an jeden anderen Menschen auf der ganzen Welt schicken. Und das ist noch längst nicht alles. Immer mehr Kryptowährungen sind programmierbar, und bald schon könnten Maschinen, Roboter und künstliche Intelligenzen vollautomatisch untereinander mit Kryptowährungen handeln. Was für uns heute noch ziemlich verrückt klingt, könnte schon in naher Zukunft Wirklichkeit werden. Ja, das Spannendste an Kryptowährungen (beziehungsweise der Technik dahinter) ist, dass sie das Zeug haben, unsere Welt zu verändern. Was in früheren Zeiten der Buchdruck oder die Dampfmaschine war, könnten morgen schon die Kryptowährungen sein: nicht weniger als eine revolutionäre Technologie.

Vieles in diesem Buch wird für Sie vielleicht ein wenig nach Zukunftsspinnerei klingen, aber bitte vergessen Sie nie: Hätte Ihnen vor zehn Jahren jemand erzählt, dass Menschen in naher Zukunft mit einem Gerät so groß wie ein Kartenspiel Fotos von sich selbst mit Hasenohren machen, um sie anschließend durch die ganze Welt zu verschicken, hätten Sie das vermutlich auch nicht geglaubt. Es lohnt also, sich ernsthaft mit dem Thema Kryptowährungen zu beschäftigen – ganz egal, aus welchem Motiv Sie das tun. Selbst die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, hat 2017 bei einer Konferenz der Bank of England in London gesagt, dass virtuelle Währungen in den nächsten 20 Jahren nationale Währungen ablösen könnten.

Wie komme nun aber ausgerechnet ich dazu, Ihnen die Welt des neuen Geldes erklären zu wollen? Weil ich einerseits noch immer meiner entgangenen Chance, durch Nichtstun vierfacher Millionär zu werden, hinterhertrauere und andererseits die Idee hinter Kryptowährungen wahnsinnig spannend finde, habe ich mich in den vergangenen Jahren viel mit diesem Thema beschäftigt. In meinem Freundes-, Kollegen- und Familienkreis bin ich mittlerweile zu einer Art »Krypto-Experten« aufgestiegen, der regelmäßig befragt wird, wenn nach der tagesaktuellen Berichterstattung zum Thema Bitcoin wieder mal nur Fragezeichen übrig bleiben. Weil das Interesse an verständlichen Erklärungen der Kryptowelt mit der Zeit immer größer wurde, habe ich mich dazu entschieden, dieses Buch zu schreiben. Anders als viele andere Bücher zu dem Thema werde ich Ihnen keine vermeintlich sicheren Investitionsstrategien für Kryptowährungen anbieten – wenn ich die hätte, würde ich sie wohl einfach selbst anwenden. Darum geht es mir nicht. In diesem Buch werde ich Kryptowährungen weder glorifizieren noch dämonisieren. Ich möchte lediglich eines: Ihnen einfach und verständlich auf journalistische Art und Weise erklären, was Kryptowährungen sind, wie sie funktionieren, was sie für unsere Welt bedeuten und wie Sie davon profitieren könnten. Was Sie mit diesem Wissen dann machen, bleibt am Ende einzig und allein Ihre Entscheidung.

Noch etwas ist mir vorab wichtig zu sagen. Ich behaupte, dass die grundlegende Funktionsweise von Kryptowährungen durchaus für jedermann verständlich ist. Wenn Sie sich ein wenig Zeit nehmen, können Sie das Grundprinzip dahinter verstehen – das ist meine feste Überzeugung. Um diese Verständlichkeit zu erreichen, muss ich allerdings an der einen oder anderen Stelle ein wenig vereinfachen und mich einiger Vergleiche bedienen, die der komplexen Technik dahinter nicht ganz gerecht werden. Wenn es nämlich in die Tiefe der Programmierung und der Kryptografie geht, wird es sehr schnell unfassbar kompliziert und unverständlich. Das macht aber nichts! Sie müssen ja auch nicht genau verstehen, wie ein Geldautomat programmiert ist, um zu verstehen, wie er funktioniert. Sie müssen keine komplizierten volkswirtschaftlichen Theorien im Detail verstehen, um zu wissen, wie unser heutiges Geldsystem grundsätzlich aufgebaut ist. Ein ähnliches Verständnislevel möchte ich in diesem Buch für Kryptowährungen erreichen und vermitteln. Wer sich noch mehr Details in Sachen Programmierung wünscht, dem empfehle ich im Anschluss an dieses Buch weiterführende Informationen. Jetzt legen wir aber erst mal mit den Grundlagen los!

Was ist Geld?

Bevor wir aber so richtig loslegen, muss ich noch mal kurz auf die Bremse treten. Ich habe dieses Buch Das neue Geld genannt, und zwar aus gutem Grund: Kryptowährungen wollen das neue Geld werden und unser heutiges Geld ablösen. Ob sie das wirklich schaffen können oder am Ende doch nur für zwielichtige Machenschaften im Internet zu gebrauchen sind, ist noch völlig unklar. Um aber überhaupt zu verstehen, was Kryptowährungen sind, müssen wir uns zunächst einmal mit dem »alten Geld« beschäftigen. Denn nur wenn wir den Status quo wirklich kennen, können wir verstehen, was am »neuen Geld« überhaupt so neu und innovativ ist.

Wir starten zunächst mit einer vermeintlich einfachen Frage: Was ist Geld? Je länger Sie darüber nachdenken, desto mehr werden Sie feststellen, dass diese Frage gar nicht so einfach zu beantworten ist, wie man vielleicht zunächst denkt. Lösen wir das Rätsel Stück für Stück und beginnen mit dem Offensichtlichen.

Geld ist ein Zahlungsmittel, das in verschiedenen Formen daherkommt, als Papiergeld, als Münzen oder aber auch einfach als Zahlen auf einem Bildschirm. Wenn Sie etwas haben wollen, können Sie es mit Geld kaufen – wollen Sie etwas nicht mehr haben, können Sie es für Geld verkaufen. Kaufen Sie ein Paar Schuhe, werden bei Ihnen 100 Euro abgezogen und beim Schuhverkäufer hinzugefügt. Dafür, dass Sie in Ihrer Mietwohnung leben, müssen Sie Ihrem Vermieter jeden Monat 1000 Euro überweisen. Und wenn Sie Pech haben, ist Ihr Konto gerade ein paar Tausend Euro in den Miesen, was dann wohl bedeutet, dass Sie der Bank Geld schulden. Wenn wir für jemand anderen arbeiten, gibt uns diese Person dafür Geld. Im Grunde genommen ist Geld nichts anderes als eine Art Buchhaltungssystem. Mit Geld können wir eindeutig festlegen, wem was gehört, wer was besitzt und wer wem etwas schuldet. In der wissenschaftlichen Theorie wird Geld gerne auch als Gedächtnis betrachtet. Das Gedächtnis Geld erinnert, wer wie viel besitzt und wer wem etwas schuldet. Geld ist ein allgemein anerkanntes Tauschmittel, mit dem wir alle möglichen Waren und Dienstleistungen untereinander austauschen können. Dabei ist es völlig egal, ob physisch Scheine und Münzen übergeben werden, ob Geld online überwiesen oder ein Guthaben im guten alten Sparbuch notiert wird. Wichtig ist eben nur, dass Geld eindeutig definiert, wer wie viel hat.

Das Verrückte an Geld ist: Es ist ein Tauschmittel ohne inneren Wert – der Fachbegriff dafür ist Fiatgeld. Anders als ein Tauschmittel mit innerem Wert, wie beispielsweise Gold oder Tabak, ist Geld als solches vollkommen wertlos. Probieren Sie doch mal, einen Geldschein oder eine 50-Cent-Münze zu konsumieren, damit zur Arbeit zu fahren oder etwas anderes Sinnvolles damit anzufangen – es wird Ihnen kaum gelingen. Im Grunde genommen ist Geld nichts anderes als ein Stück Papier mit Zahlen drauf beziehungsweise ein paar Ziffern im Computer. Wenn ein Außerirdischer auf die Erde käme, würde er wahrscheinlich annehmen, dass die Verkäuferin oder Ihr Vermieter nicht ganz bei Trost sind, dass sie Ihnen für ein paar bunte Papierscheine oder ein paar Ziffern im Computer neue Schuhe und eine Wohnung, die sehr wohl einen hohen inneren Wert haben, überlassen. Warum also funktioniert dieses System, obwohl die Verkäuferin und Ihr Vermieter keine psychische Beeinträchtigung haben, so verlässlich?

Die verblüffend einfache Antwort lautet: Vertrauen. Geld funktioniert, weil alle daran glauben, Geld wird anerkannt, weil es anerkannt wird. Ein Ladenbesitzer akzeptiert deshalb Ihr Geld im Tausch gegen seine Waren, weil er weiß, dass er dieses Geld seinerseits wieder gegen andere Waren und Dienstleistungen eintauschen kann. Vertrauen ist der entscheidende Baustein, auf dem unser heutiges Geldsystem beruht.

Aber warum vertrauen wir in unser Geld? Kann jeder hingehen und ein paar leere DIN-A4-Blätter mit Ziffern bemalen oder mit Monopoly-Geldscheinen seine Brötchen bezahlen? Nein, ganz so einfach ist es natürlich nicht. Damit wir Geld vertrauen, muss es jemanden geben, der sich um das Geld kümmert, das heißt, wir brauchen eine vertrauenswürdige Institution, die wie ein Schiedsrichter darüber wacht und garantiert, dass das Geld echt ist und dass es nicht einfach gefälscht, kopiert oder vernichtet werden kann. Die Institution muss sich außerdem darum kümmern, dass weder zu viel noch zu wenig Geld im Umlauf ist, damit das Geld in einem vernünftigen Verhältnis zu den hergestellten Waren und Dienstleistungen steht.

Diese Funktionen übernehmen in unserer heutigen Welt Banken, Zentralbanken und Staaten – seit Hunderten von Jahren ist das so. Deshalb haben wir heutzutage Währungen, die von Staaten und Zentralbanken ausgegeben und kontrolliert werden. Die großen Server, auf denen gespeichert ist, wer wie viel Geld auf seinem Konto hat, stehen bei den Banken. Die Zentralbanken drucken Scheine und lassen Münzen prägen, während sich die Banken darum kümmern, dass Überweisungen ankommen, Kreditkarten funktionieren und Schecks ausgegeben werden. Völlig gleich, ob Euro, Dollar oder Rubel – das System ist immer das gleiche. In unserer heutigen Welt gewährleisten Zentralbanken und Banken, dass die gesamte Infrastruktur unseres Geldsystems reibungslos funktioniert. Durch diese Arbeit sorgen sie dafür, dass die Menschen dem Geld vertrauen, und sichern dadurch letztlich seine Funktion als Zahlungsmittel.

In unserem heutigen Geldsystem braucht es für den Zahlungsverkehr also drei Parteien: einen Käufer, einen Verkäufer und eine dritte, unabhängige Institution in der Mitte, die sicherstellt, dass die stattfindende Geldtransaktion reibungslos funktioniert. Wir vertrauen den Banken, dass die Scheine, die sie ausgeben, echt sind und dass die Kontostände, die uns online oder in der Filiale angezeigt werden, der Wahrheit entsprechen. Die Banken regeln die gesamte Logistik unseres Zahlungssystems – wenn Sie eine Überweisung anordnen, ganz egal, ob auf Papier bei Ihrer Bankfiliale oder online im Browser, sorgt das Bankennetz dafür, dass das Geld sicher dort ankommt, wo es hingehört, und auch dafür, dass es auf Ihrem Konto abgezogen wird. Wenn wir uns unser Geldsystem als Buch vorstellen, in dem einfach nur geschrieben steht, wer wie viel hat und wer was an wen gezahlt hat – Sie werden später noch merken, warum dieser Buchvergleich so praktisch ist –, dann sorgen die Banken dafür, dass dieses Buch immer korrekt geführt wird. Die Banken sind die Buchhalter unseres Geldsystems, und weil wir den Banken vertrauen, funktioniert unser Geld. Meistens zumindest.

Denn keineswegs funktioniert unser heutiges Geldsystem immer so gut, wie wir im Alltag oft denken. Die Geschichte hat das schon einige Male auf eindrucksvolle Art und Weise bewiesen, zuletzt 2008 bei der weltweiten Bankenkrise. Staatliche Währungen können rasend schnell an Wert verlieren, wenn sich Zentralbanken und Staaten nicht anständig darum kümmern oder wenn die Bevölkerung das Vertrauen verliert. Einen solchen Untergang einer nationalen Fiatwährung konnte man gerade erst in Venezuela sehr gut beobachten, wo der heimische Bolívar aufgrund einer Hyperinflation quasi vollkommen wertlos wurde und ihn wegen des Staatsbankrotts 2017 niemand mehr akzeptieren wollte. (Um die Krise wieder in den Griff zu bekommen, kam Venezuelas Regierung unter anderem auf die Idee, eine eigene Kryptowährung, den Petro, einzuführen. Es ist die erste staatliche Kryptowährung der Welt – über ihre Auswirkungen und ihr Funktionieren lässt sich bei Erscheinen dieses Buches allerdings nur spekulieren, weil erst Ende Februar 2018 die ersten digitalen Münzen verkauft wurden. Der Petro ist an den Preis eines Barrels Öl gebunden, daher auch sein Name in Anlehnung an den Petrodollar.)

Doch nicht nur, dass unser heutiges Geld nicht immer funktioniert, Krypto-Unterstützer haben auch ganz grundsätzlich einiges daran zu kritisieren. Es mag zwar praktisch sein, die Aufgabe des Schiedsrichters einer dritten, unabhängigen Institution anzuvertrauen – ein solch zentralisiertes Geldsystem bringt aber gleich mehrere Probleme mit sich.

Erstes Problem: Die Gefahr des Missbrauchs! Wissen Sie wirklich, was Banken mit Ihrem Geld machen? Können Sie sich wirklich sicher sein, dass immer alle Transaktionen korrekt ausgeführt werden? Wie viel neues Geld drucken die Zentralbanken und warum? Mit welchem Recht haben sie eigentlich das Monopol dazu, und welche Ziele verfolgen sie mit ihrer Geldpolitik? Kritiker meinen, dass Staaten und Zentralbanken das Geldmonopol ausnutzen, um sich Vorteile zu verschaffen beziehungsweise Probleme zu lösen. Gerät ein Staat beispielsweise in eine Finanzkrise, kommt er also in Zahlungsschwierigkeiten, dann lässt er die Zentralbank einfach mehr Geld drucken. Widerspricht der Wechselkurs der eigenen Währung den wirtschaftlichen Interessen des Landes, kann eine Zentralbank versuchen, die Währung auf- oder abzuwerten. Ist die eigene Währung beispielsweise sehr stark, sind die eigenen Produkte im Ausland sehr teuer, was den Export bremst. Um den Export wieder anzukurbeln, können Zentralbanken die Währung abwerten, indem sie die Geldmenge erhöhen. Das mag dann zwar den Interessen des jeweiligen Landes entsprechen, kann weltweit betrachtet allerdings zu Ungleichgewichten führen. Krypto-Unterstützer sind deshalb der Meinung, dass keine Institution derartigen Einfluss auf Währungen haben sollte.

Zweites Problem: Angreifbarkeit! In unserem heutigen Geldsystem stehen, vereinfacht gesagt, große Server bei Banken und Zentralbanken, die digitale Zahlungen abwickeln. Trotz vieler Sicherheitsvorkehrungen ist es theoretisch möglich, dass diese Server gehackt oder zerstört werden. Das könnte zu großen Schäden im Geldsystem führen, weil Funktionen und Daten des Geldsystems dadurch verloren gehen könnten. Auch Geldscheine und Münzen sind trotz größter Sicherheitsvorkehrungen nicht hundertprozentig fälschungssicher. Immer wieder gibt es neue Rekordmeldungen zur Menge des Falschgelds. So sicher, wie wir oft denken, ist unser heutiges Geldsystem also nicht.

Und dann gibt es noch ein drittes Problem: Abhängigkeit! In unserem heutigen Geldsystem sind wir bei Zahlungsvorgängen vollkommen abhängig von Banken. Eine Überweisung oder eine Kreditkartenzahlung können wir nur über eine Bank ausführen. Geld geht also nie direkt von Ihnen zu Ihrem besten Freund oder Ihrer besten Freundin. Der Zahlungsauftrag geht von Ihnen immer über die Bank als Zwischenhändler. Ja, sogar bei einer Bargeldzahlung sind wir letztlich auf Banken angewiesen, weil wir nur dort Bargeld abheben können und nur Scheinen und Münzen vertrauen, die von der Zentralbank ausgegeben wurden. Der besten Freundin oder dem besten Freund Geld schicken, ohne dass in irgendeiner Form eine dritte Institution daran beteiligt ist, geht nicht! Das schafft nicht nur Abhängigkeit, es verhindert gleichzeitig auch Anonymität, bei (digitalen) Überweisungen mehr noch als bei Barzahlungen. Banken und dadurch auch Staaten erhalten viele Informationen über stattfindende Transaktionen. Man kann also sagen, anonyme Zahlungen sind nichts, was in unserem heutigen System als erstrebenswert betrachtet wird.

Ende der Leseprobe