Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Seit Bekanntwerden der Finanzkrise im Jahre 2010 steht die Entwicklung des griechischen öffentlichen Sektors nahezu ununterbrochen unter öffentlicher Beobachtung. Eine umfassende Modernisierung des griechischen öffentlichen Sektors hat nahezu nie stattgefunden. Lediglich durch schwächere Einzelmaßnahmen und zum Zweck des Beitritts zur Europäischen Union wurde versucht, den Anschluss an anderen europäischen Ländern zu finden. Wie die heutigen Erkenntnisse jedoch zeigen, ohne besonders großen Erfolg. Die folgende Arbeit knüpft an diese Gedanken an und soll aufzeigen, ob die Modernisierungsmethode New Public Management ein sinnvoller Ansatz für den öffentlichen Sektor in Griechenland wäre. Es werden verschiedene Methoden, Instrumente und Prozesse vorgestellt, die in der Praxis bereits Erfolg hatten. Das griechische Verwaltungssystem wird, auch mit Hilfe von Stimmen aus Expertenkreisen durchleuchtet. Darauf aufbauend werden schließlich anhand der vier Handlungsfelder des New Public Managements Ansätze für Herangehensweisen und Maßnahmen vorgeschlagen. Den Abschluss dieser Arbeit bildet unter anderem ein Ausblick auf die künftigen Perspektiven und Anwendungsmöglichkeiten.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 139
Veröffentlichungsjahr: 2018
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
DANKSAGUNG
An dieser Stelle geht in erster Linie ein großer Dank an die beiden Gutachter Herr Prof. Dr. Kientz und Herr Prof. Dr. Hlepas für die hervorragende Unterstützung und Ideenanregung im Rahmen der Betreuung dieser Arbeit. Weiterhin geht ein großer Dank an die Experten Herr Prof. Dr. Karkatsoulis und Herr Prof. Tsekos, die mit ihrer freudigen und schnellen Bereitschaft zu einem Interview die wesentlichen Knackpunkte der Arbeit um Vieles einfacher gestaltet und ein stückweit griechische Realität miteingebracht haben.
HINFÜHRUNG ZUM THEMA
DER NEW PUBLIC MANAGEMENT ANSATZ
2.1 Die Grundlagen des New Public Management Ansatzes
2.1.1 Definition von modernem Staat und moderner öffentlicher Verwaltung
2.1.2 Vom Bürokratiemodell zum New Public Management
2.1.3 Theoretische Fundierung
2.2 New Public Management Ansätze in Europa
2.2.1 Das Tilburger Modell in den Niederlanden
2.2.2 Das PRIMA Modell in der Schweiz
2.2.3 Das KGSt Modell in Deutschland
2.2.4 Das Kehler Management System in Deutschland
2.3 Trend: Wirkungsorientierte Steuerung
2.3.1 Ziele und Hintergründe
2.3.2 Struktur und Prozess
2.3.3 Wer steuert? Die Rolle der Beteiligten
2.3.4 Hürden, Barrieren und Erfolgsfaktoren
2.4 Erfolgreiche Umsetzung des New Public Managements
2.4.1 Perspektive: Handlungsfelder
2.4.2 Perspektive: Instrumente
2.4.3 Change-Management
2.4.4 Qualitätsmanagement
EIN ANGELSÄCHSISCHES MODELL IN GRIECHENLAND ANWENDBAR?
3.1 Das politische System in Griechenland
3.1.1 Der Verwaltungsaufbau Griechenlands
3.1.2 Organe und Zuständigkeiten der Verwaltungsebenen
3.1.3 Die Rolle der Gewerkschaften
3.2 Der öffentliche Sektor Griechenlands im Wandel
3.2.1 Die Verwaltungsreformen Griechenlands
3.2.2 Der griechische Beamtenapparat
3.2.3 Modernisierungsversuche der öffentlichen Verwaltung
3.3 Probleme, Schwächen der griechischen Verwaltung – ein Blick auf die aktuelle Situation
3.3.1 Der Bericht des OECD 2010
3.3.2 Klientelismus, Korruption und Parteipolitisierung
3.3.3 Die Strategie des Ministeriums für Verwaltungsreformen und e-Governance
3.3.4 Quo vadis?
NEW PUBLIC MANAGEMENT ANSATZ FÜR GRIECHENLAND – DIE VIER HANDLUNGSFELDER ALS SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG
4.1 Handlungsfeld Strategie
4.1.1 Problemanalyse und Ausgangssituation
4.1.2 Strategien und Maßnahmen
4.1.3 Kommunikation mit den Akteuren und Beteiligten
4.1.4 Evaluierung der Strategien und Maßnahmen
4.2 Handlungsfeld Strukturen und Prozesse
4.2.1 Problemanalyse und Ausgangssituation
4.2.2 Prüfung der bereits bestehenden Strukturen und Prozesse
4.2.3 Wirkungsorientierte Steuerung als Erfolgsrezept?
4.2.4 Qualitätsmanagement
4.3 Handlungsfeld Potential
4.3.1 Problemanalyse und Ausgangssituation
4.3.2 Strategie und Maßnahmen
4.3.3 Einführung eines modernen Personalmanagements
4.3.4 Change-Management
4.4 Handlungsfeld Kultur
MANAGEMENT SUMMARY
Abb.
Abbildung
ASEP
Oberster Rat für Personalauswahl im öffentlichen Dienst
ASPA
American Society for Public Administration
bspw.
beispielsweise
bzw.
beziehungsweise
ca.
circa
CAF
Common Assessment Framework
COCOPS
Coordinating for Cohesion in the Public Sector of the Future
d.h.
das heißt
ebd.
ebenda
EFQM
European Foundation for Quality Management
et. al.
lat.
und andere
EZB ggb.
Europäische Zentralbank gegenüber
GrVerf
Griechische Verfassung
GSEE
Allgemeine Vereinigung der Arbeiter Griechenlands
ISO
International Organization for Standardisation
IWF
Internationaler Währungsfond
KGSt
Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement
KLR
Kosten- und Leistungsrechnung
Nea Dimokratia
Neue Demokratie
NPM
New Public Management
NSM
Neues Steuerungsmodell
OECD
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
PASOK
Panhellenische Sozialistische Bewegung (Panellinio Sosialistiko Kinima)
PCT
Public Choice Theorie
QM
Qualitätsmanagement
S.
Seite
SYRIZA
Koalition der radikalen Linken (Synaspismos Rizospastikis Aristeras)
TQM
Total Quality Management
u.a.
unter anderem
v.a.
vor allem
vgl.
vergleiche
ABBILDUNG 1: DIMENSIONEN DES NEUEN STEUERUNGSMODELLS
ABBILDUNG 2: DAS KEHLER MANAGEMENT-SYSTEM
ABBILDUNG 3: STRUKTUREBENEN DER STEUERUNG
ABBILDUNG 4: PROZESS DER WIRKUNGSORIENTIERTEN STEUERUNG: VON DER IDEE ZUR WIRKUNG
ABBILDUNG 5: PROZESSVERLAUF DES QUALITÄTSMANAGEMENTS
ABBILDUNG 6: DIE VERWALTUNGSGLIEDERUNG NACH KALLIKRATIS
ABBILDUNG 7: DIE STRUKTURELLEN VERÄNDERUNGEN DURCH DAS KALLIKRATIS-PROGRAMM
ABBILDUNG 8: BESCHÄFTIGTE IM ÖFFENTLICHEN SEKTOR GRIECHENLANDS (2009-31.05.2015)
ABBILDUNG 9: ZUFRIEDENHEIT UND VERTRAUEN GEGENÜBER DEM ÖFFENTLICHEN DIENST (2014)
ABBILDUNG 10: DIE VIER ELEMENTE UND ZIELE DER NATIONALEN STRATEGIE
ABBILDUNG 11: AKTEURE IM STRATEGIEPROZESS
ABBILDUNG 12: EVALUIERUNGSPROZESS DER STRATEGIE
ABBILDUNG 13: VORSCHLAG FÜR EINEN WIRKUNGSORIENTIERTEN STEUERUNGSPROZESS
„Griechenland will eine moderne öffentliche Verwaltung“1, so zumindest lautete ein Zielvorhaben in der ersten Liste mit Reformmaßnahmen, die im Februar 2015 der Eurogruppe von der griechischen Regierung vorgelegt wurde. Wohl kaum ein anderes europäisches Land machte im letzten Halbjahr so viele Schlagzeilen wie Griechenland. Seit Bekanntwerden der Finanzkrise im Jahre 2010 steht die Entwicklung des griechischen öffentlichen Sektors nahezu ununterbrochen unter öffentlicher Beobachtung. IWF-Experten sehen einen möglichen Ausweg aus der Krise in einer grundlegenden Modernisierung des ungewöhnlich ineffizienten öffentlichen Sektors.2
Während in den achtziger Jahren vor allem in Westeuropa eine Reformwelle von Modernisierungsmaßnahmen für die Verwaltung austrat und eine zunehmende Zurückziehung des Staates von wirtschaftlichen und sozialen Interventionen ins Rollen geriet, hatte Griechenland zum ersten Mal die Chance, Politiken für Sozialfürsorge zu entwickeln. Die Reformprioritäten des Landes waren somit schlichtweg verschieden als die der restlichen westeuropäischen Staaten. Anstatt der Idee von Privatisierungen zu folgen, wurden in Griechenland Unternehmen in Schieflage verstaatlich.3 Eine umfassende Modernisierung des griechischen öffentlichen Sektors hat nahezu nie stattgefunden. Lediglich durch schwächere Einzelmaßnahmen und zum Zweck des Beitritts zur Europäischen Union wurde versucht, den Anschluss an anderen europäischen Ländern zu finden. Wie die heutigen Erkenntnisse jedoch zeigen, ohne besonders großen Erfolg.
Die folgende Arbeit knüpft an diese Gedanken an und soll aufzeigen, ob die Modernisierungsmethode New Public Management ein sinnvoller Ansatz für den öffentlichen Sektor in Griechenland wäre.
Im Mittelpunkt des zweiten Kapitels steht somit zunächst das Theoriegerüst des New Public Management. Es werden verschiedene Methoden, Instrumente und Prozesse vorgestellt, die in der Praxis bereits Erfolg hatten. Gegenstand von Kapitel drei ist die Beantwortung der Frage, ob ein angelsächsisches Modell in Griechenland anwendbar sei. Um die Frage zu beantworten, wird das griechische Verwaltungssystem, auch mit Hilfe von Stimmen aus Expertenkreisen durchleuchtet. Darauf aufbauend werden im vierten Kapitel schließlich anhand der vier Handlungsfelder des New Public Managements Ansätze für Herangehensweisen und Maßnahmen vorgeschlagen, die mit Hilfe der aus Kapitel drei gewonnenen Erkenntnisse analysiert und erarbeitet wurden. Den Abschluss dieser Arbeit bildet unter anderem ein Ausblick auf die künftigen Perspektiven und Anwendungsmöglichkeiten.
Es sei darauf hingewiesen, dass die Literatur zum Thema New Public Management sehr umfangreich ist. Jeder Autor gewichtet dabei seine Schwerpunkte bezüglich diverser Instrumente, Maßnahmen und Ziele verschieden. Aus diesem Grund wird in der vorliegendenen Arbeit lediglich auf die Kernelemente des Ansatzes eingegangen. Weiterhin wird auf die konkrete Vorgehensweise eines Einführungsmodells verzichtet, da dies den Rahmen der Arbeit sprengen würde.
Hinweis
Um das Lesen der Bachelorarbeit zu erleichtern und aus Gründen der Vereinfachung wird im Folgenden auf die sprachliche Differenzierung der Geschlechter verzichtet. Mit der männlichen Anredeform ist die weibliche Form gleichermaßen angesprochen.
1 BT-Drs. 18/4093, S. 15.
2 Quelle: www.welt.de/ 2015.
3 Vgl. Spanou 2015, S. 422.
Im folgenden Kapitel werden zunächst die Grundlagen des NPM Ansatzes erläutert. Anschließend sollen vier unterschiedliche NPM Modelle aus den Niederlanden, Deutschland und der Schweiz vorgestellt werden, da in diesen Ländern laut einer Studie die größten Auswirkungen durch NPM verzeichnet wurden.4 In einem weiteren Unterkapitel wird der Trend zur wirkungsorientierten Steuerung aufgegriffen und durchleuchtet, um das Kapitel zwei mit dem Gedanken der erfolgreichen Umsetzung des NPM abzuschließen.
Die Aufgaben und die Rolle des Staates bestimmen sich durch die Staatsauffassung der Gesellschaft. In den sechziger bis siebziger Jahren vertrat man die Auffassung des Sozialstaates, welcher durch das Einsetzen staatlicher Mittel die allgemeine Wohlfahrt in der Gesellschaft anstrebte. Zu den politischen Merkmalen gehören demnach der Ausbau der Sozialwerke, Sozialversicherungen und Sozialrechte. In den achtziger Jahren hingegen, vertrat man die neoliberalistische Auffassung, deren politische Merkmale die Forderung nach radikaler Re-Privatisierung und Ökonomisierung – auch der staatlichen Aufgabenbereiche war. Die Rolle des Staates beschränkt sich hier auf die Wahrnehmung der Kernfunktionen, sowie auf die Garantie der Wirtschaftsfreiheit. Für die Grundlagen des NPM ist eine veränderte Auffassung der Rolle des Staates notwendig, nämlich die des Gewährleistungsstaats, der sowohl sozialstaatliche, als auch neo-liberale Züge aufweist. Im Entwicklungsprozess soll der Staat die Gesellschaft vermehrt aktivieren, indem die Partizipation der Bürger an der Leistungsherstellung ermöglicht wird.5
Die öffentliche Verwaltung kann als Schnittstelle zwischen Staat und Bürger bei der Umsetzung der politischen Entscheidungen verstanden werden. Eine umfassende und allgemein anerkannte Definition des Begriffes gibt es zwar nicht, man könnte jedoch Eigenschaften zusammenfassen, die begriffsprägend zu sein scheinen: Die öffentliche Verwaltung trägt durch die Vorbereitung, den Vollzug und die Kontrolle politischer Entscheidungen und auf diesen beruhenden Handlungen zur Erreichung des Staatszweckes und der durch diesen bestimmten öffentlichen Aufgaben bei.6 Nach modernem Verständnis soll sich die öffentliche Verwaltung vom Verwaltungsapparat in einen Dienstleister verwandeln. Anstelle der bisher formalen Steuerung sollen neue betriebswirtschaftliche Instrumente zur Neuorientierung hinzukommen. 7
Die klassische öffentliche Verwaltung ist paradigmatisch durch das Bürokratiemodell vom deutschen Soziologen Max Weber geprägt. In seinem umfangreichen Werk „Wirtschaft und Gesellschaft“ versuchte er u.a. die Ausübung rationaler Herrschaft zu erklären. Das klassische Bürokratiemodell betont demnach Rechtsbindung, Unparteilichkeit, Professionalität, Gleichbehandlung und Kontrollierbarkeit des Verwaltungshandelns.8 Der öffentliche Sektor sah sich veränderten Anforderungen gegenüber, mit Tendenzen zu vermehrter Pluralisierung, Individualisierung, Flexibilität und Mobilität, die auch die Mitarbeiter und Leistungsempfänger beeinflusst haben. Die Inflexibilität, die desinteressierten und bürokratischen Verhaltensweisen der Mitarbeiter, die Überregelung und die Bürgerferne führten zu Einschränkungen der Service- und Leistungsfähigkeit.9 Die Gewohnheiten des Bürokratiemodells haben zu gravierenden internen Steuerungsmängeln in der Verwaltung geführt, wie bspw. zu einer Effizienz-, Strategie-, Management-, Attraktivitäts- und Legitimitätslücke.10 Reformauslöser wie Demografiewandel, die Finanzkrise, Globalisierung, neue Werthandlungen, sowie eine zunehmend ökologische Orientierung zwangen den öffentlichen Sektor dazu, sich mit Management- und Steuerungsfragen auseinanderzusetzen. Man war bestrebt, schlankere, flexiblere und motivierende Strukturen zu schaffen und in strategischen Entscheidungen effizienter und schneller auf Veränderungen im Umfeld zu regieren. Dieser Wandel ist auf die globale ökonomische Krise, welche zu harten Sparmaßnahmen zwang, und der zunehmenden Politik- und Bürokratieverdrossenheit zurückzuführen. Bestärkt wurde der Anstoß des NPM durch politischideologische Strömungen der in den achtziger Jahren weit verbreiteten neo-konservativen ökonomischen Liberalisierungspolitik. Hauptsächlich Politiker der angelsächsischen Länder wie bspw. Margaret Thatcher in Großbritannien vertraten die These: was für die Wirtschaft gut ist, kann auch für den öffentlichen Sektor hilfreich sein.11 NPM steht somit für einen entsprechenden Lösungsversuch, die Dysfunktionalitäten des Bürokratiemodells zu beseitigen.12 Christopher Hood definierte NPM anhand der folgenden sieben Punkte: Praktisches professionelles Management; Explizite Leistungsstandards und –messgrößen; Größere Betonung der Output-Steuerung; Disaggreation von Einheiten im öffentlichen Sektor; Mehr Wettbewerb im öffentlichen Sektor; Betonung von privatwirtschaftlichen Führungsstilen und Betonung größerer Disziplin und Sparsamkeit im Ressourceneinsatz.13
NPM ist ein Sammelbegriff, der ein Bündel von verwaltungspolitischen Modernisierungsstrategien umfasst und setzt sich aus vielen wissenschaftlichen Disziplinen wie Soziologie, Politologie, Psychologie, Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre zusammen.14 Hauptsächlich werden die Wurzeln des NPM in den Theorieströmungen der Public-Choice Theorie, dem Managerialismus aber auch der Institutionenökonomie gesehen.15 Die PCT hat ihren Ursprung in den Politik- und Finanzwissenschaften und wurde auch von wohlfahrtsökonomischen Strömungen geprägt.16 Die Theorie rationaler Entscheidungen aus der Ökonomie wird hier auf die Politik übertragen. Somit geht man davon aus, dass auch die politischadministrativen Individuen Nutzenmaximierer sind.17 Aus dem PCT leiten sich somit die Wahrung der Kostentransparenz beim Verwaltungshandeln, die Erzeugung eines stärkeren Wettbewerbsdruck und die Förderung der Bürger- und Kundenorientierung ab.18 Beim Managerialismus orientiert man sich an erfolgreichen Vorbildern aus der Privatwirtschaft. Die Rolle der Führungskräfte wird hier in den Mittelpunkt gerückt, da sie einen weiten Entscheidungsspielraum und die richtigen betriebswirtschaftlichen Instrumente zur Verfügung haben sollen.19 Aus dem Bereich der Institutionenökonomie bedient man sich u.a. der Prinzipal-Agent-Theorie, die zu Lösungen bei den Anreizproblemen und Leistungsbeziehungen zwischen einem Auftraggeber (Prinzipal) und dem Auftragnehmer (Agenten) verhelfen soll. 20 Es soll weniger durch hierarchische Kontrollen und Regelungen, als vielmehr durch ausgehandelte Kontrakte eine effiziente und effektive Ergebnissteuerung erreicht werden. Weiterhin ist das NPM zweidimensional. Die Außenperspektive Public Governance hat eine Makrodimension und befasst sich mit der ordnungspolitisch motivierten Neubestimmung der Staatsaufgaben und der Beziehungen zwischen Staat und Bürger, sowie der Verwaltungsebenen. Die zweite Dimension, nämlich die Binnenreform des Public Managements hat eine Mikrodimension. Hier geht es um die betriebswirtschaftlich motivierte Optimierung der Steuerung der Verwaltungsbetriebe. Oberstes Ziel ist die Effizienzsteigerung der Verwaltung durch Bürokratieabbau, also die Änderung von Strukturen und Verfahren, das Einführen von betriebswirtschaftlichen Instrumenten, sowie die Ausnutzung der Humanressourcen.21
Anfang der achtziger Jahre war die angespannte Finanzlage des Staates sehr hoch. Da die niederländischen Kommunen eine hohe Abhängigkeit von den staatlichen Zuwendungen hatten, waren sie zu drastischen Sparmaßnahmen gezwungen. Der zunehmende Appell der Öffentlichkeit nach mehr Effizienz, Effektivität und Qualität der öffentlichen Dienstleistungen zwang die niederländischen Kommunen zu einem Umdenken. Als Paradebeispiel der Niederlande gilt die Stadt Tilburg, da sie mit typischen Problemen einer Kommune zu kämpfen hatte: ein überwiegend vertikal verlaufender Informationsfluss mit langen Durchlaufzeiten, eine schlechte Koordination und Kommunikation zwischen den Ämtern, Spannungen zwischen der politischen Führung und der Verwaltungsebenen aufgrund intransparenter Verteilung der Kompetenzen und Verantwortung, die als Folge lange Verzögerungen in Entscheidungsprozessen und der Umsetzung hatten. Eine Arbeitsgruppe erhielt den Auftrag, einen Reorganisationsplan mit Zielvorgaben aufzustellen. Eines der wichtigsten Elemente, welches dabei herausgearbeitet wurde, war das Kontraktmanagement als neue Steuerungsphilosophie. Man wollte versuchen, das Führungssystem auf allen organisatorischen Ebenen umzugestalten. Nach Tilburger Auffassung ist die Grundüberlegung des Kontraktmanagements, Verantwortung und Kompetenzen auf der Basis eines jährlichen Dienstplanes zu delegieren und sich systematisch über den Ist-Zustand zu informieren. Ihren organisatorischen Ausdruck findet diese Steuerungsphilosophie in der Konzernstruktur.22 Es wurde eine Reduzierung der 15 Fachbereiche zu sieben vorgenommen, manche Dienstleistungen wie bspw. Energiebetriebe wurden privatisiert und durch die Einführung eines integralen Managements konnten selbstständige Fachbereiche geschaffen werden, die groß genug waren, ihre eigenen Gemeinkosten wie bspw. Controlling, Personal und Organisation tragen zu können. Diese Fachbereiche konnten nun selbst über ihren Ressourceneinsatz und Personaleinstellungen entscheiden. Die Mitarbeiteranzahl im zentralen Steuerungsdienst konnte so von 300 auf 30 reduziert werden.23
Im Jahre 2000 beschloss die Gemeinde Riehen eine Gemeindereform auf Grundlage des NPM-Ansatzes einzuführen. Hier wurde von Anfang an das „Zusammenspiel zwischen Politik und Verwaltung“24 in den Vordergrund gestellt. Zentral waren das Erneuern der Spielregeln, die Klärung von Zuständigkeiten und Rollen auf allen Ebenen sowie die Einführung einer offenen Kommunikationskultur in einem gemeinsamen Prozess. Das deklarierte Ziel lautete wie folgt: „Die Handlungsfähigkeit für einen guten öffentlichen Dienst zu erhalten und zu erhöhen.“25 Dies sollte, durch eine gezielte Ausrichtung der Gemeindeleistungen am Einwohnerbedarf (qualitätsbewusst und wirtschaftlich), durch zeitgemäße Führungsstrukturen angepasst an die Verwaltung (für jedes Produkt wurde ein Gemeinderat und ein Verwaltungsmitarbeiter bezeichnet) und durch den Einsatz von neuen Planungs- und Steuerungsinstrumenten auf der politischen Ebene erreicht werden. Der Produktrahmen der Gemeinde umfasste zehn Politikbereiche mit 42 Produkten. Für jeden dieser Bereiche bestand ein mehrjähriger Leistungsauftrag mit einem Globalkredit (das wichtigste Steuerungsinstrument des Parlaments). Messbare Wirkungs- und Leistungsziele wurden definiert, programmatische Ziele formuliert und kleinere gesetzliche Änderungen beschlossen. Kernpunkt des Modells war die Mehrjährigkeit – auch des Globalkredits, was zu einer mittelfristigen Planung zwang. Als integrierte Aufgaben- und Finanzplanung erstellt der Gemeinderat jährlich einen aktualisierten Politikplan (zentrales Planungsinstrument für Gemeinderat und Verwaltung) und die Führungsstruktur folgt konsequent diesen Aufgaben auf den verschiedenen Ebenen. Durch die Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung sowie der Bilanzierung von Tages-Werten wurde eine völlige Kostentransparenz geschaffen. Zuletzt wurde das Projekt sehr stark prozessorientiert gestaltet, was u.a. durch die raschen Durchlaufzeiten gefestigt wurde.26
Das „Neue Steuerungsmodell“ wurde von der KGSt Anfang der neunziger Jahre als Idee aufgenommen und für deutsche Kommunen angepasst.27 Das NSM hat das Tilburger Modell als Vorbild. Ausgehend von der allgemeinen Managementlehre wurden drei Ebenen des Managements unterschieden: die normative, strategische und operative Ebene.28 Mit dem Fokus zunächst auf der Binnenmodernisierung setzte man sich das Ziel, eine marktorientierte, kundenorientierte und öffentliche Dienstleistungsproduktion zu schaffen. Durch eine umfassende Dezentralisierung von Fach- und Ressourcenverantwortung und einer outputgesteuerten Verwaltungsführung sollten durch eine Umgestaltung der Aufbauorganisation, durch die Einführung betriebswirtschaftlicher Steuerungsinstrumente sowie durch Personalmanagement mehr Effektivität und Effizienz erreicht werden.29 Die in der Abbildung 1 aufgeführten Elemente bilden den normativen Bewertungsrahmen (Soll-Dimension). Die Binnendimension ist das Kernmodell, welches dann um die etwas grau hinterlegten Felder (Personalinnovation und Außendimension) erweitert wurde.30 In vielen Kommunen in Deutschland wurde zusätzliches betriebswirtschaftlich geschultes Personal eingestellt. Den größten Erfolg des Personalmanagements sah man in der gestiegenen Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter und der größeren Kundenorientierung sowie einer insgesamt gesteigerten Qualität der Leistungen.31
Abbildung 1: Dimensionen des Neuen Steuerungsmodells32