Das Reisebuch Südtirol - Eugen E. Hüsler - E-Book

Das Reisebuch Südtirol E-Book

Eugen E. Hüsler

0,0
27,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Man ist quasi in Italien und dennoch spricht man Deutsch: Südtirol vereint für viele Urlauber das Beste aus zwei Welten! Und was das Beste in ganz Südtirol ist, verrät Ihnen dieser Reiseband mit seinen Highlights von Bozen über Meran bis zur Seiser Alm, von den Drei Zinnen bis zu den Erdpyramiden, vom Pragser Wildsee über den Reschensee bis zum Schloss Tirol. Mit vielen Urlaubsinspirationen zum Aktivsein, zum Entspannen und zum Genießen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Eugen E. HüslerManfred Kostner

DAS REISEBUCHSÜDTIROL

Die schönsten Ziele entdeckenHighlights, Naturparks und Traumtouren

INHALTSVERZEICHNIS

Übersichtskarte

Unser Nachhaltigkeitskodex

Willkommen in Südtirol – Daten und Fakten

Südtirol – ein echter Evergreen

VINSCHGAU – WO SÜDTIROL AM HÖCHSTEN IST

1 Der Reschenpass – ein Tor in den Süden Tirols

2 Mals und Marienberg – uralter Kulturboden

3 Glurns – wenn Mauern reden könnten …

4 ROUTE DURCH DEN VINSCHGAUMarillen, Äpfel, alte Mauern und Gletschereis

5 Schluderns und Churburg – Bauern und Grafen

6 Stilfser Joch – im Angesicht des Ortlers

7 Keiner ist höher in Tirol: Der Ortler

8 Marmor und Marillen: Laas

9 Latsch und der Sonnenberg

10 Martelltal – hohe Gipfel, mächtige Gletscher

WEGE AM WASSER – DIE SÜDTIROLER WAALEWie das Gletscherwasser auf die Felder kommt

11 Schnalstal – zwischen Tradition und Moderne

12 St. Prokulus bei Naturns – der »Schaukler«

13 Partschins – Geburtsort der Schreibmaschine

PASSEIERTAL/MERAN EISKRISTALLE UND WEINBERGE

14 Timmelsjoch – über den Ötztaler Hauptkamm

15 Kurven-Rallye: Die Jaufenstrasse

16 VOM TIMMELSJOCH NACH MERANWo der Süden beginnt

17 Meran – Nostalgie und Moderne

18 Schloss Trauttmansdorff – wo es grünt und blüht

SÜDTIROL MIT KINDERNKraxeln, Baden, Reiten und viel mehr

19 Schloss Tirol – eine Reise durch Jahrhunderte

20 Ultental – Bauernland vor den Toren Merans

21 Über das Gampenjoch nach Deutschnonsberg

BOZEN/UNTERLAND MEDITERRANES FLAIR

22 Paradies über dem Etschtal: Der Salten

23 Sarntal – nah bei Bozen, aber ganz anders

24 Bozen – viel mehr als nur Südtirols Hauptstadt

MODERNES BAUEN IN SÜDTIROLNeue Architektur in der Stadt und auf dem Berg

25 Ritten – wo die Sommerfrische »erfunden« wurde

26 Messner Mountain Museum Firmian – Berge und Bergsteiger

27 Hocheppan – die schönste Burg im Überetsch

28 VON BOZEN INS UNTERLANDÄpfel, Reben und viel Sonne: der Süden Südtirols

29 Mendelpass und Penegal

30 Südtiroler Weinstraße – Überetsch und Kalterer See

31 Bletterbachschlucht – was für ein gewaltiger Graben!

32 Neumarkt und Castelfeder – Mittelalter und noch älter

WIPPTAL/PUSTERTAL DIE GRÜNEN TÄLER

33 Das Tor zum Süden: Der Brenner

34 Unter dem Hochfeiler: Das Pfitscher Tal

35 Sterzing – Gotik pur hinterm Brenner

36 Schneeberg – vom harten Leben der Knappen

37 Wanderparadies ums Valser Tal

WANDERWUNDERLAND SÜDTIROLWege für ein ganzes Leben

38 Bruneck – Hauptort des Pustertals mit Flair

39 Der Hausberg von Bruneck: Kronplatz

40 Sand in Taufers – am Fuß mächtiger Berge

41 Der Naturpark Rieserferner-Ahrn

42 Idylle unter Dreitausendern: Antholz

43 WIPPTAL UND PUSTERTALVom Brenner in die Sextener Dolomiten

44 Das Tal der Almen: Gsies

45 Pragser Wildsee – ein echtes Dolomiten-Juwel

46 Toblach – am Scheitel des Pustertals

47 Innichen – Tor zu den Sextener Dolomiten

48 Sexten – was für eine gewaltige Kulisse!

FRONT IN FELS UND EISDer Gebirgskrieg in den Dolomiten

49 Drei Zinnen – der berühmteste Dreizack der Alpen

EISACKTAL/WESTLICHE DOLOMITEN WIESENGRÜN UND FELSGRAU

50 VOM EISACKTAL IN DIE DOLOMITENKastanien, Almen und berühmte Kletterzacken

51 Brixen – am Zusammenfluss von Rienz und Eisack

52 Kloster Neustift – alte Mauern, junger Wein

53 Villnößtal – Idylle unter den Geislerspitzen

GENIESSEN. SÜDTIROLER KÖSTLICHKEITENTraditionell, alpin und modern

54 Grödner Tal – die Heimat von Luis Trenker

55 Säben und Villanders – hoch über dem Eisacktal

56 Völs, Seis und Kastelruth – Eisacktaler Mittelgebirge

LUIS TRENKEREin Grödner und ein Mann der Berge

57 Seiser Alm und Schlern – bunte Wiesen und grauer Fels

58 Tierser Tal – eine Idylle fernab vom Rummel

59 Karersee – Naturwunder am Latemar

60 Große Dolomitenstraße – ein Kurvenkarussell

61 Gralsburg der Ladiner: Die Sella

GADERTAL UND HOCHABTEI INS HERZ DER DOLOMITEN

62 Viles, Mühlen und Almen: Campill

63 Fanes – eine sagenumwobene Bergwelt

64 Hochabtei – wo einst die Bären hausten

65 VOM PUSTERTAL INS HOCHABTEILadinerheimat, Faneszauber und Sellamauern

66 Lagazuoi – erinnern, nicht vergessen

SÜDÖSTLICHE DOLOMITEN WILDE BERGWELT AM ALPENRAND

67 DER SÜDOSTEN DER DOLOMITENSteinerne Wunderwelt zwischen Marmolada und Civetta

68 Die Marmolada

DOLOMITEN-HÖHENWEGEOben sein, oben bleiben

69 Zwischen Pala und Lagorai: Der Rollepass

70 Naturpark Pale di San Martino

71 Das Dolomitenstädtchen Ágordo

ALS DIE LOKS NOCH DAMPFTENCortina und die Dolomitenbahn

72 Was für Gipfel! Civetta und Pelmo

73 Heimliche Dolomitenhauptstadt: Cortina d’Ampezzo

74 Der Belluneser Dolomitenpark

Kartenatlas

Register

Text-/Bildnachweis

Impressum

Der Nuvolau mit seiner Gipfelhütte. Im Dolomitenpanorama von links Monte Cernera, Civetta, Pala, Marmolada, Sella; rechts Fanisspitzen, Tofana di Rozes

Gut ausgeschildert: Radlwege in Südtirol. Frostberegnung schützt Kulturen während der Blütezeit vor Schäden. Teil des gesellschaftlichen Lebens im Land: die Tracht. Fresko im Kreuzgang des Dominikanerklosters in Bozen. Romanische Skulpturen am Portal der Kapelle von Schloss Tirol. Aus den historischen Ortsbildern nicht wegzudenken: schmucke Erker, hier in der Bozner Bindergasse (v.l.n.r.).

Sonnenuntergang am Piz da Peres. Blick auf die Gipfelketten der Pragser Dolomiten und der Fanesberge. Im letzten Abendlicht das Kreuzkofelmassiv

Bewacht den Brennerweg: die Trostburg bei Waidbruck. Rafting im Eisack. Die Milch kommt per Seilbahn ins Tal. Schmeckt köstlich, der Kaiserschmarrn. Fensterschmuck. Die Pustertalbahn (v.l.n.r.).

Dolomitenidylle Großfanes. Rechts die Croda del Valon Bianco und die Pizes de Furcia Rossa

UNSER NACHHALTIGKEITSKODEX

Die Welt birgt viele Wunder, Abenteuer und spektakuläre Aussichten, die wir gerne erkunden möchten. Doch sie ist auch leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen. Hier ein paar Tipps, wie wir unsere Welt nachhaltig entdecken können:

Die Hauptsaison meiden: Wenn wir nicht gerade auf die Ferienzeiten angewiesen sind, können wir der Umwelt einen großen Gefallen tun, indem wir in der Nebensaison verreisen. Damit tragen wir zu einer gleichmäßigeren Auslastung der Umwelt und der Infrastruktur bei und der Urlaub wird dazu auch noch wesentlich entspannter.

Die Aufenthaltsdauer dem Reiseziel anpassen: Je weiter das Reiseziel ist, desto länger sollte der Aufenthalt sein. Dadurch lernen wir die Region nicht nur intensiver kennen, sondern stärken sie ganz nebenbei noch durch unsere Ausgaben vor Ort. Anfahrtsintensive Tagesausflüge sollten besser vermieden werden, das bedeutet nur Stress, sowohl für die Umwelt als auch für uns selbst.

Auf umweltschonende Verkehrsmittel setzen: Wo es möglich ist, reisen wir mit öffentlichen Verkehrsmitteln an. Das reduziert nicht nur die Luftverschmutzung, sondern schont auch unsere Nerven. Falls das nicht geht, helfen verschiedenste Plattformen dabei, den CO2-Austoß auszugleichen, vor allem, wenn das gewünschte Reiseziel nur mit dem Flugzeug zu erreichen ist.

Nur dort parken und campen, wo es erlaubt ist: Selbst, wenn wir uns noch so vorbildlich verhalten und unseren Aufenthaltsort so hinterlassen, wie wir ihn vorgefunden haben, stören wir den Lebensraum von Wildtieren und hinterlassen Spuren und Gerüche. Auch Lagerfeuer entzünden wir ausschließlich an den dafür vorgesehenen Stellen und achten dabei auf Waldbrandstufen und Naturschutzgebiete.

Ressourcen gewissenhaft nutzen: Manche Umweltressourcen sind bereits knapp, endlich sind auf jeden Fall alle. Um sie zu schonen, sollten wir sparsam mit ihnen umgehen, gerade in Gegenden, in denen beispielsweise Wasser oder Strom nicht im Überfluss vorhanden sind.

Ein guter Gast sein: Nachhaltig unsere Umgebung zu erkunden bedeutet auch, der hiesigen Flora und Fauna mit Respekt zu begegnen. Pflanzen sollten auf keinen Fall gepflückt werden, aber sie stehen uns bestimmt gerne Modell für das eine oder andere Foto. Das gleiche gilt für wilde Tiere: Wir füttern sie nicht, halten Abstand und beobachten sie aus der Ferne.

Auf den Wegen bleiben: Wer die vorgegebenen Wege verlässt, dringt nicht nur in die Rückzugsräume heimischer Arten ein, sondern trägt auch dazu bei, dass sich neue Wege bilden, was zur Erosion des Bodens führt.

Abfall wieder mitnehmen: Plastikverpackungen jeglicher Art, Dosen, Flaschen und Papiertaschentücher (es dauert Jahre, bis sich ein einzelnes Taschentuch vollständig abgebaut hat!) gehören nicht in die Natur, sondern artgerecht entsorgt. Am besten gleich eine wiederverwendbare Brotdose oder Trinkflasche mitnehmen. Das gilt natürlich auch für Toilettenpapier und den Inhalt von (Chemie-) Toiletten. Entsprechende Entsorgungsstationen finden sich überall.

Lokal kaufen: Dadurch lernen wir Land und Leute besser kennen und unterstützen die regionale Wirtschaft, außerdem sind regionale Produkte meist auch preisgünstiger und qualitativ hochwertiger.

So wie wir die Umwelt respektieren, wollen wir auch unseren Mitmenschen und deren Kultur Respekt entgegenbringen, gerade im Hinblick auf ihre Tradition, Religion oder typische Gebräuche. So können ein Lächeln oder ein paar Worte in der Landessprache Berge versetzen!

Auf der alten Trasse der Dolomitenbahn sind heute Radler unterwegs. Blick zum Cristallomassiv

Tierser Tal und Rosengarten, gesehen vom Aussichtspunkt Furner Oach oberhalb von Steinegg.

WILLKOMMEN IN SÜDTIROL

Daten und Fakten

Südtirol ist ein kleines Land auf der Südseite der Alpen, der Sonne zugewandt, mit mediterranem Flair und eisigen Höhen. Weinberge und Badeseen rund um Bozen, Kletterzacken in den Dolomiten, dazu allüberall Zeugnisse einer weit zurückreichenden Historie. Ein Gemälde fast, von den Einheimischen liebevoll gepflegt.

7400 Quadratkilometer

groß ist Südtirol, nur wenig größer als der benachbarte Schweizer Kanton Graubünden. Aktuell leben hier rund 535 000 Menschen, rund zehn Prozent sind ausländische Staatsbürger. Knapp zwei Drittel der Wohnbevölkerung sind deutschsprachig. Für etwas weniger als ein Viertel ist Italienisch die Muttersprache, vier Prozent sprechen ladinisch. Größte Stadt des Landes ist Bozen mit 108 000 Einwohnern.

Zwei Nationalparks, neun regionale Naturparks

gibt es in Südtirol und den Dolomiten. Die beiden Nationalparks umfassen große Teile des Ortlermassivs (Stilfser-Joch-Park) und der Belluneser Dolomiten. Von den neun Regionalparks liegen sieben in Südtirol, je einer in Trentino (Pala) und in den Belluneser Dolomiten.

157 Museen

listet die Südtiroler Landesverwaltung, eine sagenhafte Zahl. Ihr Spektrum umfasst Altes wie Modernes, naturkundliche Themen und historische Plätze, auch recht Abseitiges wie den Gampen Bunker oder die Galerie Gefängnis. Die Hitliste der meistbesuchten Sammlungen wird angeführt – wen wundert’s? – vom Archäologiemuseum, der letzten Heimstadt des Urzeitmenschen Ötzi.

Rund 30 Millionen

Übernachtungen verzeichnet Südtirol alljährlich. 20 Millionen entfallen auf Besucher aus dem Ausland, von denen wiederum zwei Drittel Deutsche sind. Damit gehört Südtirol zu den absoluten Spitzenreitern unter den italienischen Regionen, noch vor Rom.

Welterbe Dolomiten

dürfen sich weite Teile des weltberühmten Gebirges seit 2009 nennen. Insgesamt neun Regionen mit einer Gesamtfläche von 1420 Quadratkilometern tragen den Welterbestatus, wobei zwei von ihnen (Brenta, Karnische Alpen) außerhalb des Kerngebiets liegen. Die sieben Teilgebiete: Pelmo, Marmolada, Pala–Civetta–Belluneser Dolomiten, Tofane–Seekofel–Pragser Dolomiten–Sextener Dolomiten (mit Drei Zinnen), Puez–Geislerspitzen, Schlern–Rosengarten–Latemar, Bletterbach.

Südtiroler Weine

zählen längst zu den Spitzengewächsen Italiens, bei den klassischen Roten wie dem Blauburgunder, dem Merlot und dem Lagrein dunkel, als auch bei den Weißweinen, wo Chardonnay, Gewürztraminer und Kerner besonders gefragt sind. Auf einer Anbaufläche von 5400 Hektar keltern die 160 Betriebe des Landes rund 330 000 Hektoliter Rebensaft. Sensationell: der höchstgelegene Weinberg der Alpen beim Kloster Marienberg, ganz oben im Vinschgau auf einer Seehöhe von 1340 Metern!

Rund 400 Dreitausender

registriert die Statistik in Südtirol und den Dolomiten. Am höchsten in den Himmel ragt der Ortler (3905 m). Südlichster Gipfel mit der Drei vorn in der Höhenkote ist der Cimòn della Pala (3184 m), die Krone des höchsten Dolomitengipfels gehört der Marmolada (3343 m).

Südtirols größter See

ist ein künstlicher: der 6,6 Quadratkilometer große Reschensee. Da kann der Kalterer See (1,5 Quadratkilometer) nicht mithalten, ist aber der wärmste Badesee Südtirols, mit bis zu 28 Grad Celsius im Sommer.

Moderne Architektur

Wer Südtiroler Architektur mit alten Mauern und protzigen Hotelbauten assoziiert, liegt völlig falsch. In den letzten Jahrzehnten hat sich hier eine eigenwillig-selbstbewusste Szene entwickelt, die sogar außerhalb Italiens für Aufsehen sorgte. Ganz der Topografie des Landes entsprechend wird nicht nur in den Städten und Tälern, sondern auch in alpinen Höhen gebaut. Gelungene Beispiele sind die neue Schwarzensteinhütte (3032 m) und das Museum MMM Corones der Stararchitektin Zaha Hadid.

SÜDTIROL – EIN ECHTER EVERGREEN

Jenseits des Alpenhauptkamms

Das Paradies ist immer anderswo. Nicht dort, wo wir gerade sind, und das heißt dann Fernweh. Manchmal ist das Ferne aber auch ziemlich nah, gleich hinterm Alpenhauptkamm, im Süden, wo die Sonne öfter scheint, der Wein besser schmeckt und man sich gleich zu Hause fühlt. Zwischen Gletschern und Apfelhainen, oben in den Bergen und drunten an der Etsch. In Südtirol.

Das Kirchlein von Ranui vor den bizarren Zacken der Geislerspitzen. Links neben dem Kirchturm der Sas Rigais, flankiert von dem schroffen Eckzahn der Furcheta, beide 3025 Meter hoch.

Vielleicht stimmt es ja, was der Volksmund behauptet, dass die erste Liebe die schönste sei oder zumindest jene, die Mann/Frau nie vergisst. Das mag auch auf jene Plätze zutreffen, die man gern als Sehnsuchtsorte bezeichnet. Und so einer liegt gleich hinterm Brenner, seit vielen Generationen schon, auf der Sonnenseite der Alpen, im Süden Tirols. Südtirol, das »Land an der Etsch und im Gebirg’«. Bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert blühte hier der Tourismus, Sisi war da, die Rothschilds und viele betuchte Herrschaften mit Gefolge, auch ein paar Künstler. Der Erste Weltkrieg macht das meiste zunichte, einen richtigen Aufschwung brachte erst das deutsche Wirtschaftswunder nach der zweiten Weltkatastrophe. Südtirol, Gardasee und Adriastrand – da lebte der Nachkriegsdeutsche seinen Traum vom »fernen Glück für alle«. Die Familie reiste im Sommer über den Brenner, der Schlagbaum hob sich, das gelobte Urlaubsparadies war erreicht. Derweil wanderte die Pizza nach Norden, damit auch nach dem Ferienglück noch das eine oder andere Häppchen vom unbeschwert mediterranen Lebensgefühl erhalten blieb.

Frühes Morgenlicht im Höhlensteintal.

Aufspielen in großer Kulisse. Am Horizont Sellamassiv und Langkofel.

Blumenschmuck an einem Bauernhaus im Ridnauntal.

Jenseits des Brennerpasses, das merkten die Gäste aus dem Norden bald, scheint nicht nur die Sonne öfter, hier durchdringen sich zwei Kulturkreise, was einen Mix ergibt, der Bayern und Preußen gleichermaßen magisch anzieht: germanische Ordnung und südliches Laisser-faire. Man trinkt den Caffè in ganz kleinen, aber keineswegs homöopathischen Portionen, die einen sagen »Ciao!«, und die anderen haben einen blauen Schurz umgebunden: Südtirol halt.

Klischees

Das Land lebt mit vielen Klischees, wie alle Sehnsuchtsorte dieser Erde, von der Schweiz bis zum Himalaja. Es lebt ihnen (gelegentlich) auch hinterher. Doch Ferienträume werden von Vorstellungen gespeist, und zum Land Südtirol fallen einem besonders viele ein – grüne, saftige Wiesen, über denen bizarre Felsen thronen, Frühlingsblüte unterm Gletscherweiß, schmucke Bauernhäuser, viel Gotik, spitze Kirchtürme, Törggelen-Partien und stiebender Pulverschnee.

Südtirol: ein alter Ferientraum. Und mittlerweile ein wohlhabendes Land. Es verzeichnet kaum Arbeitslosigkeit, dafür kontinuierlich steigende Umsätze, vor allem im Tourismus. Da erweist sich der Massenskilauf als kräftiger Motor. Aber Wachstum – das wissen wir – hat seinen Preis, und den bezahlt die Natur. Denn der märchenhafte Boom, den Südtirol seit den 1960er-Jahren als Reiseziel erlebt, hat dem Land nicht nur eine Viertelmillion Gästebetten und zahllose Arbeitsplätze beschert, da ist auch mehr als nur ein kleines Stück Heimat planiert und zubetoniert worden.

Tradition und Moderne

Das haben mittlerweile nicht nur ein paar Oppositionelle im SVP-Land gemerkt, das seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gerade mal den fünften Regierungschef hat. Es sind skeptische Stimmen zu vernehmen, manches Projekt, das noch mehr Verkehr, noch mehr platt gewalzte Natur gebracht hätte, scheitert am Widerstand der Einheimischen. Der wird gelegentlich auch ignoriert, wie etwa am Kronplatz, wo eine Volksabstimmung ein deutliches Nein zu einem Ausbau des Skigebiets Richtung Percha ergab. Widerspruch gegen die Obrigkeit hat hier halt noch wenig Tradition, der einzige Südtiroler Revoluzzer, Michael Gaismair, wurde bis ins 20. Jahrhundert hinein totgeschwiegen, Kirche und Partei regierten unangefochten, die Gotteshäuser waren am Sonntag voll, und die SVP fuhr sagenhafte Wahlergebnisse ein.

Ein Land verändert sich

Doch Südtirol ist im Wandel. Das sieht man – und man schmeckt es auch. In der Architekturlandschaft tauchen bunte Tupfer auf, die faszinieren und auch provozieren; Beispiele sind etwa das Museion in Bozen, die Puni-Destillerie bei Glurns oder die neue Therme von Meran. Mehr noch hat sich in den Küchen des Landes getan – und in den Weinkellern. Man besinnt sich heute wieder auf das kulinarische Erbe, das auf so einzigartige Weise drei Kulturräume an einen Tisch bringt. »Turisten-Menus, 8000 Lire« sind längst passé. Kreativität am Herd ist gefragt und wird auch geboten. Mittlerweile ist Südtirol ein Schlemmerland, gekocht wird auf höchstem Niveau, weshalb es seit Jahren Sterne und Mützen regnet. Angeführt wird die Reihe von Spitzenköchen wie Norbert Niederkofler, der im Hochabtei den Löffel schwingt (St. Hubertus), und Gerhard Wieser in Dorf Tirol (Trenkerstube) – beide von den Michelin-Gourmets mit drei respektive zwei Sternen dekoriert. Und sogar Berghütten streben nach kulinarischen Höhen, neben den topografischen, naturgegebenen, beispielsweise im Hochabtei.

Südtirol wird dabei immer grüner und umweltfreundlicher. Ein Viertel der Landesfläche ist Naturschutzgebiet, mancher Weinbauer produziert aus Überzeugung biologisch (und das auf höchstem Niveau), die Chemie ist auf dem Rückzug. Es gilt mittlerweile fast überall: Qualität vor Quantität. Die Südtiroler Weinbauern räumen auf Italiens Weinmessen regelmäßig erste Preise ab, die Käselandschaft wird immer vielfältiger, und von manchem Südtiroler Speck schwärmt der Gambero Rosso in den höchsten Tönen. Grüner wird auch die Verkehrspolitik. »Alles fürs Auto!« stimmt so nicht mehr. Im Vinschgau, im Pustertal und auf der Brennerlinie verkehren in kurzen Abständen moderne Regionalzüge, das riesige (und weitgehend ungenutzte) Bahnhofsgelände von Bozen soll komplett umgestaltet werden. Sogar eine Wiederbelebung der in den 1960er-Jahren eingestellten Schmalspurbahn ins Überetsch spukt in manchen Köpfen herum.

Auch in der Landeshauptstadt ist der Wandel deutlich zu erkennen. Das verrußte Industriequartier aus faschistischer Zeit ist größtenteils verschwunden; als Symbol der neuen Zeit ragt am Autobahnanschluss Bozen-Süd der futuristische Glasturm der Salewa-Zentrale in den Bozner Himmel.

Moderne Architektur in Bozen: das Museion bei Nacht.

Unveränderlich

Manches dagegen ändert sich nie. Da hockst du auf einem Balkon, den die Natur hingestellt hat, am Rand der Langen Alm, mit einem Felsen als Rückenlehne. Es ist Abend, ein Bergtag mit Gipfelglück und müden Knochen geht allmählich zu Ende. Stille umgibt dich, greifbar fast, kein Mensch weit und breit, nur drunten im Höhlensteintal zittern ein paar winzige Lichter; der Cristallo ist ein mächtiger schwarzer Schattenriss. Die Nordwände der Drei Zinnen ragen in den Dolomitenhimmel, ganz langsam verfärben sie sich, erst gelb, dann überzieht sie ein flammendes Rot. Was für ein Schauspiel! Ein Bild, das sich einprägt für immer, nicht dem Auge, sondern deiner Bergsteigerseele. Ein winziger Wolkenschleier hängt am Gipfel der Westlichen Zinne, löst sich auf. Das leuchtende Rot geht allmählich in ein fahles Grau über, die Sonne taucht über dem Horizont ab. Da sitzt der kleine Mensch lange noch, vergisst Raum und Zeit, ein Gefühl grenzenloser Weite kommt auf, tiefe Zufriedenheit, die über den Augenblick hinausreicht.

Berge, Stein gewordene Ewigkeit. Südtiroler Berge zum Nichtvergessen. Wie die erste Liebe.

Der prächtige Arkadenhof der Churburg, die heute noch im Besitz der Grafen von Trapp ist.

VINSCHGAUWo Südtirol am höchsten ist

Originelle Architektur: die neue Whisky-Destillerie Puni in Glurns.

Gustav Thöni war in den 1970er-Jahren einer der weltbesten Alpinskiläufer.

1 DER RESCHENPASS – EIN TOR IN DEN SÜDEN TIROLS

Ein Pass, ein See und ein Kirchturm

Wer über den Reschenpass nach Südtirol reist, bekommt gleich jenseits der zugigen Scheitelhöhe zwei Highlights vorgesetzt: den alten Kirchturm von Graun, der im Wasser steht und keine schöne Geschichte erzählt, und König Ortler, den höchsten Gipfel Tirols. Er ragt, stattliche 3905 Meter hoch, am südlichen Horizont in den Himmel und trägt das ganze Jahr über seine weiße Kappe.

Über dem Reschensee steht mächtig der Ortler.

Das Bild kennt alle Welt, es ziert Kalender, findet sich in fast jedem Buch über Südtirol und ging, gespeichert auf Zelluloid oder einem winzigen Chip, schon millionenfach um die ganze Welt: der alte Kirchturm von Graun draußen im Wasser des Reschensees. Er ist pittoresk, aber auch ein Mahnmal, das daran erinnert, wie es zur Entstehung des Stausees kam, wie Menschen vor zwei Generationen in Südtirol als Rechtlose behandelt wurden. Die Bilanz: Über fünf Quadratkilometer fruchtbarer Boden gingen verloren, 163 Häuser versanken in den Fluten, mehr als die Hälfte der Grauner Bevölkerung wanderten in der Folge aus, sie wurden zwangsenteignet. Pläne für einen (kleineren) Stausee am Reschenpass gab es bereits in den 1920er-Jahren, konkret wurden sie während der Mussolini-Ära. Der Krieg verhinderte den Bau vorerst, dann fehlte es am Geld. Ein Konsortium von Schweizer Elektrizitätsgesellschaften – eben spektakulär mit dem Rheinwald-Kraftwerksprojekt im eigenen Land gescheitert – sprang ein. Der Deal war so simpel wie effizient: »Kohle« gegen Strom. Am 16. Juli 1950 läuteten die Glocken der alten Grauner Kirche zum letzten Mal …

Wind und Windkraft

Die weit offene Passsenke des Reschen (1507 m) – nach dem Brenner die tiefste im Alpenhauptkamm – ist eine ausgesprochen windige Gegend. Das hat sich bei Trendsportlern und auch in der Energiewirtschaft herumgesprochen. Im Sommer vergnügen sich Kitesurfer auf dem Gewässer, im Winter, wenn der See zugefroren ist, sind es Eissegler und Snowkiter. Der Wind, der manchmal eisig kalt, dann wieder föhnwarm über den Reschen pfeift, ließe sich auch zur Energiegewinnung nutzen. Am Rand der Malser Haide standen bis 2012 deshalb zwei große Windräder. Inzwischen sind sie wieder abgebaut, und das Projekt eines Windparks auf Plamord oberhalb des Passscheitels liegt ebenfalls auf Eis. Der Streit zwischen Befürwortern und Gegnern dieser umweltfreundlichen, aber nicht unbedingt ins Landschaftsbild passenden Anlage wird wohl noch einige Jahre weitergehen.

Gletschereis

In Graun kann man nicht nur ins Wasser, sondern auch auf den Berg steigen. Von Osten mündet hier das knapp 20 Kilometer lange und mehr als 2000 Meter hohe Langtauferer Tal. Die Weißkugel (3738 m), der Parade-Gletscherberg am Talende, überragt die Spitze des Grauner Kirchturms um mehr als zwei Kilometer. Für gute Alpinisten ist der Dreieinhalbtausender ein lohnendes Ziel, wer die Wanderschuhe dabeihat und nicht schon beim Treppensteigen zu Hause außer Atem gerät, kann von Melag (1912 m), dem hintersten Weiler im Tal, zur Weißkugelhütte (2542 m) aufsteigen: 2,5 Stunden mäßige Anstrengung. Und mit Blick auf Langtauferer Ferner und Weißkugel samt Trabanten schmeckt oben das Weißbier dann besonders gut. Der interessanteste Hüttenzustieg ist der neueste: Der erst 2007 angelegte Gletscherlehrpfad informiert mit mehreren Schautafeln über das Leben und Sterben des alpinen Eises und über naturkundliche Aspekte des Gletscherrückzugs. Vor gut anderthalb Jahrhunderten, während der sogenannten Kleinen Eiszeit, reichte der Langtauferer Ferner bis hinunter in den Boden der Melager Alm (1970 m). Heute endet seine Zunge rund drei Kilometer weiter taleinwärts. Ewiges Eis? Wohl nicht.

Die Weißkugelhütte, 1893 von der Alpenvereinssektion Frankfurt am Main errichtet und nach dem Ersten Weltkrieg als CAI-Hütte geführt, ist seit 2010 im Besitz des Landes Südtirol. Das beschloss den Abriss des alten Hauses und einen Neubau. Der verzögerte sich allerdings wegen Streitereien um das Siegerprojekt, das vielen zu futuristisch erschien. Bis zur Eröffnung des Neubaus wird die alte Hütte im Sommer weiter bewirtschaftet.

Ein Hingucker: der Kirchturm von Graun, Überrest des alten Dörfchens, das beim Erststau des Reschensees in den Fluten verschwand, zusammen mit fünf Quadratkilometern fruchtbaren Bodens.

Kostbarer gotischer Freskenschmuck im Rojener Kirchlein.

TOP ★ ERLEBNISSE

★ ROJEN

Ein paar Kilometer südwestlich von Reschen liegt der winzige Weiler Rojen (1973 m), eine der höchstgelegenen, ganzjährig bewohnten Siedlungen der Alpen. Das kleine gotische Kirchlein St. Nikolaus bewahrt kostbare Fresken aus dem frühen 15. Jahrhundert. Im innersten Rojental sind schöne Wanderungen möglich, z. B. auf den Seebodenspitz (2859 m; 2,5 Std.).

★ PLAMORT

Eine Idylle mit schaurigem Namen: Todesboden. Dazu passen die restaurierten Panzersperren aus den 1930er-Jahren, ein Relikt von Mussolinis Vallo Alpino. Von Reschen führt ein markierter Weg zur Etschquelle und weiter hinauf nach Plamort (1,5 Std.) Von der weiten Lichtung genießt man einen Prachtblick auf die Samnaunberge mit dem mächtigen Muttler. Wer sein Bike dabei hat, nimmt die alte Militärstraße, die über ein paar Kehren ebenfalls zu dem kleinen Hochplateau hinaufklettert.

★ SCHIFFFAHRT

Im Sommer verkehrt ein ausgemustertes Tegernseeschiff, die MS Hubertus, auf dem Reschensee, allerdings nur bei ausreichend hohem Wasserstand.

www.vinschgau.net,

www.reschenpass.it

www.schifffahrt-reschensee.com

2 MALS UND MARIENBERG – URALTER KULTURBODEN

Türme, alte Mauern und ein Kloster

Bei der Fahrt über den mächtigen Murkegel der Malser Haide hinab in den Talboden der Etsch fallen einem – neben Marienberg, das wie ein tibetisches Kloster an der westseitigen Talflanke oberhalb von Burgeis klebt – bald die Türme des Städtchens Mals auf, darunter zwei spitze Kirchtürme und der runde Bergfried der fast völlig zerstörten Fröhlichsburg.

Blickfang über der Malser Haide ist das uralte Kloster Marienberg.

Mit seinen so prächtig verwinkelten, krummen Gassen, den stattlichen Bürgerhäusern und seinen Gotteshäusern zählt Mals zu den sehenswertesten Orten Südtirols. Da macht man sich gern auf zu einer kleinen Sightseeingtour, die nicht nur mit hübschen architektonischen Details überrascht, sondern auch immer wieder einen Fernblick auf König Ortler gewährt, dessen hoher Firnrücken in so manche Gasse hineinschaut. Ortsunkundige wundern sich über rätselhafte Schriftzüge, die Mauern und Hauswände im Dorf zieren – »Pietà«, »Frau am Fenster«, »Ferien« usw. Es handelt sich um Werktitel des aus Mals stammenden Malers Karl Plattner (1919–1986), eine Hommage an den über die Grenzen Südtirols hinaus bekannten Künstler.

St. Benedikt

Das bedeutendste Sakraldenkmal des Orts ist gleichzeitig sein unscheinbarstes: St. Benedikt. Der einschiffige Bau mit dem seitlich angebauten romanischen Turm diente nach der Säkularisation 1786 zeitweise als Rumpelkammer. Sein aus karolingischer Zeit stammender, kulturhistorisch wie künstlerisch sehr bedeutsamer Freskenschmuck wurde zusammen mit Resten von Flechtornamenten erst im letzten Jahrhundert wiederentdeckt und freigelegt. Beeindruckend ist vor allem der fränkische Edelmann in Tracht mit seinem mächtigen Schwert – übrigens die einzige zeitgenössische Darstellung dieser Art! Das zweite Stifterporträt zeigt den Bischof von Chur. Der Turm stammt aus dem 12. Jahrhundert.

Bei einem Rundgang durch die Klosteranlage entdeckt man immer wieder reizvolle architektonische Details.

Vinschger Bahn

Unterhalb des historischen Stadtkerns liegt der Bahnhof von Mals. Hier endet die 2005 wiedereröffnete Vinschger Bahn, und von hier verkehren mehrere Buslinien, auch ins bündnerische Val Müstair. Und eines (fernen?) Tages wird man in Mals möglicherweise nicht mehr aus- oder umsteigen müssen, sondern gleich ins Engadin weiterfahren können. Eine alte Idee aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, die heute ihre Renaissance erlebt. Umdenken, umsteigen – vom Auto auf die Bahn? Die neue Vinschger Bahn jedenfalls ist bereits eine Erfolgsgeschichte, man zählt mehr als 2,5 Millionen Passagiere pro Jahr, die schmucken Züge der Stadler Rail verkehren im Halbstundentakt und sind bei Schülern, Pendlern und Touristen gleichermaßen beliebt.

Marienberg

Den schönsten Anblick des obersten Vinschgaus bieten aber weder Mals noch der Ortler, sondern das Bergkloster oberhalb von Burgeis, das weiß leuchtet und mit seinen mächtigen Stützmauern sehr wehrhaft wirkt. Dabei ist die Botschaft der Benediktiner, die es seit bald einem Jahrtausend bewohnen, eine ganz und gar friedliche: ora et labora. Trotzdem wurde das Kloster immer wieder in Streitigkeiten verwickelt, mehrfach geplündert, auch während der Bauernaufstände im 16. Jahrhundert, und zu Beginn des 19. Jahrhunderts kurzzeitig sogar aufgehoben. Heute ist Marienberg vor allem ein Ort der Ruhe und der Einkehr. Wer die historischen Mauern nicht nur als Sehenswürdigkeit, sondern als Lebens- und Kraftraum begreift, spürt das bereits bei einem Kurzbesuch. Interessante Einblicke ins Klosterleben vermittelt das 2007 eröffnete Museum. Gezeigt werden auch die berühmten romanischen Fresken der Kirchenkrypta (um 1160), allerdings nur in einem Film. Wer die ausdrucksstarken farbenprächtigen Figuren in natura erleben will, muss an der abendlichen Vesper der Mönche teilnehmen (nur im Sommer, 17.30 Uhr).

Seit Kurzem hat das Kloster auch einen Weinberg, am Hang unterhalb seiner Mauern und gut gegen die kalten Nordwinde abgeschirmt. Mit einer Seehöhe von 1340 Metern ist er der höchstgelegene in den Alpen! Und – das ist die eigentliche Sensation – er liefert einen hervorragenden Wein, rot wie weiß. Etwas für echte Genießer.

Auf Schweizer Boden, ein paar Kilometer hinter der Grenze, liegt das Kloster Müstair.

TOP ★ ERLEBNISSE

★ WEINE VON MARIENBERG

Seit ein paar Jahren bietet Marienberg gleich doppelten Kulturgenuss. Nicht nur Kunstfreunde, sondern auch passionierte Weinbeißer pilgern zu dem Bergkloster. Grund: der höchstgelegene Rebberg der Alpen (1340 m) von Hilde van den Dries. Ihre Weine sind nicht nur Bio, sondern auch absolute Spitzenklasse. Verkauf in Laatsch (Calvenschlössl) und im Bistro von Kloster Marienberg.

★ KLOSTER MÜSTAIR

Gleich jenseits der Grenze zur Schweiz, nur wenige Kilometer von Mals, liegt das Kloster Müstair, Weltkulturerbe der UNESCO. Es bewahrt den größten karolingischen Freskenzyklus im Alpenraum (Anfang 9. Jh.). In dem modern konzipierten Museum kann man sich über das Kloster und seine Geschichte informieren. Es werden auch Klosterführungen angeboten.

★ SESVENNAHÜTTE

Das Haus ist ein beliebtes Wanderziel und gleichzeitig Stützpunkt für die Besteigung des Piz Sesvenna (3204 m), ab Schlinig etwa zwei Stunden auf bequemem Weg zur Sesvennahütte (2258 m).

www.vinschgau.net,

www.calvenschloessl.eu,

www.muestair.ch, www.sesvennna.com

3 GLURNS – WENN MAUERNREDEN KÖNNTEN …

Die kleinste Stadt Südtirols

Das Städtchen Glurns ist nicht viel größer als ein paar Fußballfelder, im Geviert misst es ganze 200 mal 400 Meter: ein Stück Spätmittelalter, das sich in unsere Zeit verirrt hat. So manche Mauer stand hier schon, bevor Kolumbus nach Amerika segelte. Mehr als einmal stand das (Etsch-)Wasser ziemlich hoch in den Gassen, und im Januar 1732 erlebte Glurns eine verheerende Feuersbrunst.

Von Mauern umgeben: das Städtchen Glurns.

Es ist schon erstaunlich, was hinter diesem engen Mauerring mit seinen sieben Türmen und drei Toren so alles Platz findet: der krummste Laubengang des Landes, ein stimmungsvoller Stadtplatz, ein paar Straßen, drei herrlich altmodische Hotels, eine Bäckerei, die auch »süße Mäuse« herstellt, zwei Museen, dazu malerisch verwilderte Hinterhofgärten. Und im Sommer viele, zu viele Autos – schade. Aber Abhilfe ist in Sicht, in den nächsten Jahren soll Glurns von Motorenlärm und Abgasen befreit werden.

Mauern und Mäuse

Im Jahr 1291 verlieh der Tiroler Herzog Meinhard II. (um 1238–1295) dem Ort das Marktrecht, erstmals urkundlich erwähnt wurde Glurns 1304 – das 700-jährige Jubiläum haben die Einheimischen 2004 denn auch groß gefeiert. So mancher Redner schaute dabei zurück auf eine Geschichte, die man als sehr wechselvoll bezeichnen kann. Nach dem Aufstieg zu einem wichtigen Warenumschlagplatz mit Stadtrecht wurde das Städtchen im Engadiner Krieg gebrandschatzt, danach wieder aufgebaut und als Bollwerk gegen die Graubündner stark befestigt. Dann begann eine lange Zeit des Niedergangs. Glurns verlor nach und nach den Anschluss, was sich heute durchaus als Segen erweist, denn nur wenig wurde verändert, abgerissen oder umgebaut. So präsentiert sich das Ministädtchen mit seinen malerischen Gassen, den Bürgerhäusern und Lauben als nahezu unversehrtes Stück Spätmittelalter.

Keinen Platz innerhalb der Stadtmauern hatte offenbar die Pfarrkirche, steht das stattliche spätgotische Gotteshaus doch am anderen Ufer der Etsch. Der romanische Turm stammt von einem Vorgängerbau, erhielt später dann seine barocke Zwiebelhaube.

Berühmt ist der »Glurnser Mäuseprozess« aus dem Jahr 1520, eine Episode in der Geschichte des Städtchens, die man wohl ins Reich der Legenden verbannen würde, wäre sie nicht durch Urkunden belegt. Die Einwohner von Stilfs klagten damals beim Gericht von Glurns wegen der immer schlimmer werdenden Mäuseplage, bestanden aber gleichzeitig darauf, dass den Angeklagten (also den Feldmäusen) ein Verteidiger beigestellt werde. Dieser berief sich in der Verhandlung darauf, dass die Tierchen ja auch ihren Nutzen hätten, und empfahl dem Richter, ihnen freien Abzug zu gewähren (»… bei solchem Abzug ein frey sicher Geleit vor iren Feinden erteilt, es seyen Hund, Katzen oder andere ire Feind …«). Das Urteil entsprach diesem Vorschlag, über seinen Vollzug ist allerdings nichts bekannt. Doch vielleicht erzählt man sich in den Mäusefamilien ja heute noch die Geschichte von den freundlichen Menschen aus Stilfs.

Mäuse hat er auch schon mal gezeichnet, der aus Glurns stammende Paul Flora (1922–2009), den seine unverwechselbare Strichtechnik berühmt machte. So schuf er für die Zeit zwischen 1957 und 1971 rund 3500 Karikaturen – so etwas wie ein erster nachhaltiger Karriereschub. Über Leben und Werk des Künstlers informiert eine Ausstellung im Tauferer Torturm.

Mitten im Tal liegt das kleinste Städtchen Südtirols: Glurns.

Lichtenberg

Bei Weitem nicht so gut erhalten wie die Glurnser Stadtmauern sind jene der Burg Lichtenberg, die einen felsigen Hügel oberhalb des gleichnamigen Weilers krönt, nur vier Kilometer weiter südlich. Wer im Obervinschgau unterwegs ist, kann das weiße Mauerskelett kaum übersehen, das selbst im Verfall noch beeindruckend wirkt. Lichtenberg dürfte im Kern wohl auf das 13. Jahrhundert zurückgehen. Der profane gotische Freskenzyklus – neben Runkelstein der bedeutendste in Südtirol – musste wegen akuter Gefährdung vor dem Ersten Weltkrieg abgenommen werden und kann heute im Ferdinandeum in Innsbruck besichtigt werden (von Lichtenberg zur Ruine ist es ein 15-minütiger Fußmarsch).

In Südtirol wird nicht nur Wein gekeltert und Bier gebraut, sondern auch Whisky hergestellt: in der Puni-Destillerie.

TOP ★ ERLEBNISSE

★ PUNI-DESTILLERIE

Südtirol gilt als Weinland, ganz klar. Dass es hier auch eine Whisky-Destillerie gibt, wissen die wenigsten. Und bei einem Besuch ist die Überraschung noch größer, denn einen stärkeren Kontrast als jenen zwischen den alten Glurnser Mauern und dem 13 Meter hohen Kubus aus roten Ziegeln kann man sich kaum vorstellen. Die Puni-Destillerie ist täglich geöffnet, auch sonntags.

★ GLURNSER MITTERWAAL

Auch im oberen Vinschgau gibt es zahlreiche Waale. Einer der schönsten schöpft sein Wasser wenig unterhalb von Rifair nahe der Schweizer Grenze und leitet es auf die Felder bei Glurns. Eine Lohnende familienfreundliche Halbtagswanderung (hin und zurück etwa 3 Std.) lässt sich gut mit einem Besuch des Benediktinerinnenkloster Müstair verbinden.

★ PAUL-FLORA-MUSEUM

Dass Alt und Neu gut miteinander können, beweist nicht nur die Puni-Destilllerie von Werner Tscholl, sondern auch das kleine Paul-Flora-Museum im Kirchtorturm. Feiner Humor, oft sehr aktuell, hinter mehr als 500 Jahre alten Mauern. Das Museum ist Mai bis Oktober von Dienstag bis Sonntag 10–13, 14–17 Uhr geöffnet. Sehr zu empfehlen: der Paul-Flora-Kalender (ca. 30 Euro).

www.glurns.eu,

www.vinschgau.net,

www.puni.com

4 ROUTE DURCH DEN VINSCHGAU

Marillen, Äpfel, alte Mauern und Gletschereis

Der Vinschgau ist höher und trockener als jeder andere Südtiroler Landstrich. Mit 3905 Metern Gipfelhöhe hält der Ortler den Landesrekord, durchschnittlich 500 Millimeter Jahresniederschlag sind weniger als überall sonst im sonnigen Südtirol. Gletschergipfel säumen den Obervinschgau, im Tal gedeihen Äpfel, Marillen und Weintrauben.

Das Kirchlein St. Prokulus bei Naturns

Der längste Fluss Südtirols, die Etsch, entspringt oben am Reschenpass, der Wasserscheide zum Inntal. Hier startet die Reise durch den Vinschgau, diesen monumentalen Graben zwischen den Ötztaler Alpen und dem Ortlermassiv. Knapp unter der Wasserscheide liegt der aufgestaute Reschensee. In den Fluten versank 1950 das Dörfchen Graun, von dem lediglich der Kirchturm, jetzt ein Wasserturm, erhalten blieb. Er ist eines der beliebtesten Fotomotive im Land.

Die Reschenpassstraße steigt in ein paar weiten Schleifen über den riesigen Murkegel der Malser Haide ab. Rechter Hand kommt das Kloster Marienberg in Sicht, weiß leuchtend und mit seinen mächtigen Stützmauern ein echter Blickfang. Seit ein paar Jahren steuern nicht mehr nur Bildungsbürger, sondern auch Weinbeißer den uralten Baukomplex an. Unterhalb der Klostermauern gedeiht nämlich ein feiner Tropfen: der Marienberger Klosterwein.

Alte Mauern und viele Kurven

Alte Mauern gibt’s auch in Mals, aber gänzlich wie ein aus der Zeit gefallenes Stück Mittelalter wirkt Glurns mit seiner vollständig erhaltenen Mauer aus dem 16. Jahrhundert: die kleinste Kleinstadt Tirols. Ein paar Kilometer weiter etschabwärts thront oberhalb von Schluderns die Churburg mit ihrem markanten Bergfried, einem der vielen Vinschgauer Schlösser. Wer gerne Kurven fährt (und das sind wohl nicht nur Motorradler), biegt in Spondinig rechts ab zum Stilfser Joch. Mit ihren 48 Kehren ist die Passroute eine der berühmtesten Alpenstraßen überhaupt, und bis 1936 war sie die höchste. Gut trainierte Hobbyradler schaffen die 27 Kilometer lange Bergstrecke auch mit Muskelkraft – bravo!

Von hoher Warte zeigt sich, wie intensiv die breite Sohle des Etschtals landwirtschaftlich genutzt wird. Tiefblick von Schloss Juval

Der Untervinschgau

Ab Laas dominieren Obstplantagen mehr und mehr den weiten Talboden – Marillen- und vor allem Apfelbäume. Und an den sonnigen Hängen wird Wein angebaut, vor allem weißer. Ganz anderes »weißes Gold« liefert der Laaser Berg: Marmor, schneeweiß und buchstäblich steinhart. Im Gegensatz zu diesem verhärteten Kalkstein, der in alle Welt exportiert wird, bleibt die Obsternte des Martelltals in Südtirol. Die hier in Höhen bis 1700 Meter angebauten Erdbeeren gelten als die besten des Landes. Über Latsch und Kastelbell führt die Reise weiter bis zur Mündung des Schnalstals, über dem das Schloss Juval thront, Museum und Wohnsitz der Bergsteigerlegende Reinhold Messner. Wer einen Abstecher in das Hochtal unternimmt und seine Wanderschuhe dabeihat, kommt einem noch berühmteren Südtiroler fast so nah wie bei einem Besuch des Bozner Archäologiemuseums: Ötzi. Als tiefgefrorene Mumie wurde er 1991 oben am Tisenjoch, nur einen Steinwurf von der Grenze Österreichs, entdeckt und nach einigem Hickhack schließlich in die Südtiroler Landeshauptstadt gebracht. Viel Wissenswertes über den »Mann im Eis« und seine Zeit vermittelt ein Besuch im ArcheoParc Schnals.

Naturns wird von der Talstraße nordseitig in Tunnels umfahren, was einem den Blick auf die (zu) vielen Neubauten erspart. Vor dem Ort, inmitten der Apfelhaine, steht das unscheinbare Kirchlein St. Prokulus. Es hat es aber buchstäblich in sich, denn dieses Gotteshaus birgt die vermutlich ältesten Fresken im deutschsprachigen Raum (7. oder 8. Jh.).

An eine technische Errungenschaft, von der bloß die Tastatur bis heute geblieben ist, erinnert das Mitterhofer-Museum in Partschins: an die Schreibmaschine. Peter Mitterhofer gilt als einer ihrer Erfinder.

TOP ★ TOUREN

★ GOLDSEEWEG (3,5 Std.)

Wandern bergab, mit grandiosen Ausblicken auf das Ortlermassiv und einer Einkehr am Zielpunkt. Das macht gute Laune, und für einen anregenden Auftakt sorgen die 48 Serpentinen der Stilfser-Joch-Straße, die man stressfrei im SAD-Bus hinter sich bringt. Nach dem Anstieg zur Dreisprachenspitze geht’s talaus- und abwärts, vorbei am Goldsee, zur Furkelhütte (2153 m; Lift nach Trafoi).

★ VINSCHGER HÖHENWEG (6 Tage)

Eine Landschaft und ihre Menschen kennenzulernen, geht am besten per pedes. Und da bietet sich im Vinschgau die sechstägige Wanderung am Vinschger Höhenweg an: fast 110 Kilometer auf markierten Wegen, von der Etschquelle bei Reschen bis Staben an der Mündung des Schnalstals, am Sonnenberg mit seiner Trockenhang-Vegetation und großem Ortler-Panorama. Ein intensives Erlebnis!

★ VORDERE ROTSPITZE (3030 m, 7 Std.)

Eine besonders lohnende Wanderrunde im innersten Martelltal führt via Zufall- und Marteller Hütte ins Gletschervorfeld der Veneziaspitzen. Da gibt’s viel zu sehen: Moränen, Gletscherseen, Felszacken. Und natürlich Gipfel, am schönsten die Königsspitze.

www.vinschgau.net,

www.martell.com

5 SCHLUDERNS UND CHURBURG – BAUERN UND GRAFEN

Die Bilderbuchburg derer von Trapp

Das Schloss oberhalb von Schluderns, das mit seinem venezianischem Zinnenkranz eher feudal als wehrhaft wirkt, ist so etwas wie das Wahrzeichen des Vinschgaus. Hinter seinen dicken Mauern verbirgt sich ein absolutes Highlight: die größte private Rüstkammer mit der »eisernen Garderobe« der Trapp-Familie, die seit mehr als einem halben Jahrtausend Besitzerin der Churburg ist.

Die Churburg oberhalb von Schluderns ist ein echtes Bilderbuchschloss

mit bestens erhaltener Ausstattung.

Schluderns ist ein schmuckes Dorf mit krummen Gassen, um das der Verkehr glücklicherweise einen Bogen macht. Es liegt direkt an der Mündung des Saldurbachs, der durch seine Ausbrüche öfter schwere Schäden verursachte. Dass es hier früher überhaupt recht feucht gewesen sein könnte, lässt der früheste urkundliche Name des Fleckens – Sludernes – vermuten, der auf das lateinische lutum zurückgeht, das so viel wie Sumpf bedeutet. Davon ist heute nichts mehr zu sehen, im Dorfkern reihen sich alte Bauernhäuser aneinander. Der Dorfbrunnen ist so groß, dass man glatt darin baden könnte, und bei der Alten Mühle knarzt tagsüber ein großes hölzernes Mühlrad. An einem Stall kann man nachlesen, dass in Schluderns der Urvater aller Haflinger geboren wurde: 1874 war’s, und »249 Folie« hieß das Tier mit der blonden Mähne.

Die Trapp-Burg

Oberhalb von Schluderns thront auf einem breiten Bergrücken die Churburg. Um 1230 von den Churer Bischöfen als Bastion gegen die rauflustigen Vögte von Matsch erbaut, war sie bereits 1297 in deren Hand. Anfang des 16. Jahrhunderts gelangte die Burg auf dem Erbweg an die Grafen von Trapp, die sie großzügig im Stil eines Renaissanceschlosses ausbauten und heute noch bewohnen. Zum Kernbestand gehört die eigentliche Hochburg aus Ringmauer, Palas und dem 26 Meter hohen, wuchtigen Bergfried. Noch unter den Matschern wurde die alte Burgkapelle geweiht (1334). Im 16. Jahrhundert kamen die neue Burgkapelle, der Torturm und der reich dekorierte, zwischen Bergfried und Palas eingefügte Arkadenhof hinzu: räumlich, künstlerisch und stammesgeschichtlich der Mittelpunkt der Churburg und ein schönes Beispiel für mittelalterliche Prachtentfaltung. Einzigartig in Europa ist die Rüstkammer der Churburg – keine Sammlung im herkömmlichen Sinn, sondern gewissermaßen die »eiserne Garderobe« der Matscher und Trapp und ihrer Kriegsknechte: frühe Kettenpanzer mit Hundskugelhelmen und Harnischbrust, gotische Harnische aus der Lombardei (Mitte 15. Jh.), mehrere Rüstungen der Innsbrucker Waffenschmiede (1480–1510). Besonders eindrucksvolle Einzelstücke sind der Trecento-Harnisch eines Matscher Vogts aus der Mailänder Missaglia-Werkstatt und der gotische Riesenharnisch des Ulrich von Matsch. Der wog immerhin 45,5 Kilogramm – da hatten Pferd und Reiter ganz schön zu schleppen. Die Churburg kann im Rahmen von Führungen besichtigt werden.

Sprudelnde Wasser

Der Besuch der Churburg lässt sich bestens mit einer Waalrunde im unteren Matscher Tal verbinden. Sie führt vom Schloss auf dem schattigen Bergwaal sanft ansteigend hinein in die Schlucht des Saldurbachs. Alle etwas ausgesetzten Passagen sind mit Holzgeländern abgesichert. Im Talinnern quert der Weg nach links übers Wasser zum Leitenwaal. Auf ihm geht es an der Sonnenseite der Klamm hinab und hinaus zum Ganglegg, einer abgeflachten Schieferkuppe oberhalb von Schluderns. Hier wurden die Überreste einer Höhensiedlung aus der Bronze- und Eisenzeit entdeckt. Die systematischen Ausgrabungen förderten Erstaunliches zutage. So lassen die Funde Rückschlüsse auf die Ernährung in prähistorischer Zeit und auf die in der Siedlung gehaltenen Nutztiere zu. Nachgewiesen sind vier Siedlungsperioden, die von der Kupferzeit (ab 3000 v. Chr.) über die Bronzezeit bis in die Spätantike reichen; dazwischen wurde der Platz jeweils für längere Zeit aufgegeben. Vor Ort können nachgebaute Behausungen aus verschiedenen Epochen besichtigt werden. Der Abstieg erfolgt auf einem markierten Weg nach Schluderns (insgesamt 2,5 Stunden).

Waal auf der Malser Haide.

TOP ★ ERLEBNISSE

★ VINTSCHGER MUSEUM

Über Schluderns thront die Churburg, drunten im Ort widmet sich das Vintschger Museum weniger den Reichen und Schönen, sondern dem harten Leben der Bauern anno dazumal. Die verdingten ihre Kinder früher ins Schwäbische, wo sie Geld für ihre Familien verdienten. Weiter sind die bronze- und eisenzeitlichen Funde vom Ganglegg ausgestellt. Ausführlich dokumentiert ist das für den Vinschgau so wichtige Waalwesen (Lehrpfad am Quairwaal).

★ DORFLODEN TRAFOIER

Feines aus der Region kann man im Dorfloden kaufen: Speck, Vinschgauer Käse, Obst natürlich, leckere Marmeladen, Obstsäfte und vieles mehr – alles in bester Qualität und Bio. Churburggasse 3/a, Schluderns, Tel. 0473 614 139.

★ SCHLUDERNSER RITTERSPIELE

Jeweils Ende August finden die Südtiroler Ritterspiele vor den Toren von Schluderns statt. Ein dreitägiges Spektakel mit Ross und Reiter, Schwertkämpfen usw. Da wird gehauen und gestochen, Artisten zeigen ihre Kunststücke, an den Abenden spielt die Musik auf.

www.vinschgau.net,

www.vuseum.it,

www.ritterspiele.it

6 STILFSER JOCH – IM ANGESICHT DES ORTLERS

Die berühmtesten Serpentinen der Alpen

Der Gebirgspass Stilfser Joch ist unbestritten die »Königin der Alpenstraßen«. Bis 1936 markierte sie auch den höchsten anfahrbaren Punkt in den Alpen (2757 m ü. M.). Diesen Rekord musste sie an den Col de l’Iseran abgeben, jenen des spektakulärsten Straßenzugs aber nicht: In 48 Kehren windet sich das Asphaltband aus dem oberen Vinschgau hinauf in die Hochgebirgsregion um den Ortler.

Bei Zweiradfahrern berühmt: die Serpentinen der Stilfser-Joch-Straße.