Das Schnarchbuch - Peter Spork - E-Book

Das Schnarchbuch E-Book

Peter Spork

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Beschreibung

Endlich Ruhe! Nacht für Nacht flüchten Hunderttausende von gequälten Menschen aus dem gemeinsamen Schlafgemach, werden Partnerschaften Stück für Stück zersägt. Dr. Peter Spork geht den Ursachen des Schnarchens auf den Grund und informiert über die größten Risikofaktoren und besten Gegenmittel.

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Seitenzahl: 194

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Peter Spork

Das Schnarchbuch

Ursachen, Risiken, Gegenmittel

Inhaltsverzeichnis

Hinweis

Ruhe bitte! Ein Vorwort

Was soll die Sägerei? Wissenswertes rund ums Schnarchen

Ursachensuche. Wie das Schnarchgeräusch entsteht

Nicht nur Männersache. Wer schnarcht wie oft

Ausgeschlafen? Warum ruhige Nächte wichtig sind

OSAS. Ein Porträt der Schnarchkrankheit

Lebensgefahr. Schnarchen als Gesundheitsrisiko

Beziehungsprobleme. Das Leid der Passivschnarcher

Auslöser und Gegenmittel. Tipps für ruhige Nächte

Alkohol. Schnarchfaktor Nummer eins

Wie Sie es schaffen, weniger zu trinken

Übergewicht. Abspecken für ruhige Nächte

Wie die Pfunde purzeln

Rückenlage. Schnarchen durch Schwerkraft

Wie Sie lernen, auf der Seite zu schlafen

Alterung. Der schleichende Schnarchförderer

Wie Ihr Rachen in Form bleibt

Schlafmittel und Medikamente. Die Schnarchfalle

Bei welcher Medizin Sie aufpassen müssen

Zigaretten. Reibeisen für die Schnarchsäge

Wie Sie vom Glimmstängel loskommen

Trockene Luft. Reizklima für die Atemwege

Tricks für ein gesundes Raumklima

Enge Nasen. Polypen und andere Verstopfungsfaktoren

Wie Sie die Nase frei bekommen

Letzte Mittel. Lösungen für Extremschnarcher

Warnsignale. Wann müssen Schnarcher zum Arzt?

Testen Sie sich selbst

Schlummerdiagnose. Das Schlaflabor

Entspannung und Routine. Den Schlaf wiederfinden

Schlafen lernen in 15 Schritten

Spangen, Strom und Schnuller. Wie die Zunge vorn bleibt

Achtung Scharlatane. Von Mitteln und Mittelchen

Rettung mit Überdruck. Die Schlafmaske

Der scharfe Ausweg. Operationen gegen das Schnarchen

Antischnarch-Programm. Schneller Weg zur ruhigen Nacht

Anhang

Glossar

Adressen

Quellen und Literatur

Stichwortverzeichnis

Dank

Wichtiger Hinweis:

Die Ratschläge in diesem Buch sind nach bestem Wissen und Gewissen sorgfältig erwogen und geprüft worden. Es wurde versucht, den aktuellen Stand der Forschung aufzuarbeiten. Doch zum einen schreitet die Forschung unentwegt voran, zum anderen stellen die Informationen und Ratschläge keinen Ersatz für die medizinische Betreuung dar. Eine Haftung für den Eintritt des Erfolgs oder eine Haftung für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden, die sich aus dem Gebrauch oder Missbrauch der in diesem Buch dargestellten Methoden oder sonstigen Hinweise ergeben, ist für Verlag, Autor und/​oder deren Beauftragte ausgeschlossen.

Geschützte Warennamen werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

Ruhe bitte!

Ein Vorwort

«Lache, und die Welt lacht mit dir. Schnarche, und du schläfst allein.» Anthony Burgess

Kürzlich erfuhr mein Partyleben eine aufregende Wende. Auf die Frage «Was machst’n eigentlich?» antwortete ich: «Ich schreibe ein Buch über das Schnarchen». Wer hätte die Reaktion vorausgeahnt? Riesengroßes, ungeheucheltes Interesse brandete mir entgegen. Jeder und jede kannte jemanden mit Schnarchproblemen oder wusste eine Geschichte von schnarchenden Monstern auf Campingplätzen, in Autoreisezügen oder Nachbarwohnungen zu erzählen. Es vibrierte, röchelte, sägte und gurgelte aus zig Kehlen. Und alle wollten etwas von mir wissen: «Ist das eigentlich gefährlich?» – «Wie laut kann das werden?» – «Was kann man dagegen tun?»

Zugegeben: Es ist schön, im Mittelpunkt zu stehen, und das tut man fast immer, wenn man sich als «Schnarchexperte» outet. Doch: Alle interessieren sich für die Sägerei – keiner tut’s. Alle lachen drüber – keiner gibt’s zu. Da kann etwas nicht stimmen. Wo ist das Bäume fällende Drittel der erwachsenen Deutschen geblieben? Hocken die abends alle vor der Glotze? Schlafen sie wirklich allein?

Schnarchen ist in. Schnarcher sind out. Wer traut sich da schon, sein Leiden zuzugeben. Dabei sollte sich allmählich herumgesprochen haben, dass man etwas gegen die Sägerei tun kann, dass man sogar etwas dagegen tun sollte. Mindestens 800000Bundesbürger leiden an einer potenziell lebensbedrohlichen, besonders ernsten Form des Schnarchens.

Es wird Zeit umzudenken. «Ruhe bitte!», müsste es den Lästermäulern entgegenschallen. Weil sie aber ohnehin nicht schweigen werden, will ich mit diesem Buch wenigstens ihre Neugier befriedigen. Mit einem weitaus freundlicheren «Ruhe bitte!» möchte ich aber auch die vielen, vielen Schnarcher auffordern, etwas gegen ihr Leiden und damit für ihre Gesundheit zu tun. Dieses Buch will dabei helfen.

Anmerkung zur Neuauflage

Das hätte ich wirklich nicht gedacht, als die erste Auflage des Schnarchbuchs erschien: Mein Buch hatte das Leben Einzelner umgekrempelt. Menschen schrieben mir, sie wären erst durch diese Lektüre darauf aufmerksam geworden, dass Schnarchen ein gravierendes Gesundheitsproblem sein kann, und zum Arzt gegangen. Jetzt werde ihre extreme Sägerei erfolgreich therapiert. Sie fühlten sich morgens zum ersten Mal seit Jahren wieder ausgeschlafen und erholt.

Eigentlich hatte ich vor allem ein nettes, unterhaltsames Büchlein über ein Allerweltsproblem schreiben wollen. Natürlich sollte es zudem fachlich fundiert sein und das Schnarchen medizinisch korrekt einordnen: als ein bedrohliches Warnsignal für eine ungesunde Lebensweise und die Vorstufe einer lebensgefährlichen Krankheit.

Nun stellte sich heraus, es hatte sich zum medizinischen Ratgeber gemausert, den sogar Fachleute empfahlen. Die Rückmeldung der Schlafärzte war durchweg positiv. Und von mindestens einem weiß ich, dass er seine Schlaflaborzimmer mit meinem Buch als Gutenachtlektüre ausstattet. Er wird sich über die Neuauflage besonders freuen. Weil sie den aktuellen Stand der Schnarchforschung berücksichtigt. Und weil er endlich die Lücken in seinen Bücherregalen stopfen kann. Immer wieder nehmen einige seiner Patienten das Buch nämlich mit nach Hause – völlig aus Versehen natürlich.

Hamburg, im Herbst 2006

Was soll die Sägerei?

Wissenswertes rund ums Schnarchen

Ein Drittel seiner Zeit verbringt der Mensch im Schlaf – am liebsten ungestört. Warum lässt es die Natur dann zu, dass die Hälfte aller Männer schnarcht, die einen oft und laut, die anderen leise und gelegentlich, manche mit gefährlichen Atempausen, manche harmlos, fast gemütlich schnorchelnd?

Sehr wahrscheinlich passierte es irgendwo in Afrika, vor rund hunderttausend Jahren: Satt, müde und zufrieden legte einer der ersten Menschen den Faustkeil beiseite. Das Mammut war zerlegt, die schmackhaftesten Fleischfetzen waren verschlungen. Doch der Mensch war zu faul, um zur Schlafhöhle zurückzukehren, und beging einen fatalen Fehler: Er bettete sich in den Schatten des Busches, der gut hundert Meter vom Kadaver des zotteligen Urviechs entfernt wuchs, und schlief ein. Das verwesende Mammut lockte zahlreiche Tiere an – auch gefährliche. Einige wurden nicht satt. Und es passierte, was passieren musste: «Hä chrrrrr, hä chrrrrr, hä chrrrrr», schnarchte der Jäger. Er hatte keine Chance.

So könnte es gewesen sein, als der erste Mensch Opfer seines Schnarchens wurde. Er ist auf jeden Fall nicht der Einzige geblieben: Überraschte Liebhaber, aufgespürte Flüchtlinge, erschossene Soldaten folgten – wie viele es insgesamt waren, weiß niemand. Im nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg um 1780 mussten schlafende Soldaten Uniformen tragen, auf deren Rückenseite Kanonenkugeln eingenäht waren. Dadurch konnten sich die Kämpfer nicht auf den Rücken drehen. Sie schnarchten seltener und verrieten sich weniger leicht dem Feind.

Bis heute wird das Einnähen von Gegenständen in den Schlafanzug als probates Antischnarch-Mittel empfohlen. Allerdings sind eher zivile «Projektile» wie Tennis- oder Golfbälle angesagt. Wer dann Stunden wach liegt, weil er auf der Seite einfach nicht einschlafen kann, schließlich trotz Tennisball in Rückenlage vor sich hin schnarcht und am Morgen mit heftigen Kreuzschmerzen aufwacht, stellt sich vermutlich eine Frage, auf deren Antwort schon Millionen vor ihm vergeblich warteten: Warum schnarcht der Mensch? Auch die Sippe des gefressenen Jägers wird fassungslos nach dem Sinn der Sägerei gefahndet haben und die übermüdete Partnerin meines Hotelzimmernachbarn im letzten Urlaub sowieso.

Warum lässt die Natur die erbärmliche Sägerei bloß zu? Auf diese Frage gibt es keine befriedigende Antwort. Dem Schnarcher muss der Hinweis genügen, dass seine nächtliche Ruhestörung auf eine Fehlfunktion der Atemwege zurückgeht, die offenbar nicht gefährlich genug ist, um von der Evolution ausgemerzt worden zu sein.

Schnarch-Tabus.

Schweigen über den Krach

Gibt es dem schnorchelnden Geräusch wenigstens etwas Positives abzugewinnen? «Männer müssen schnarchen, weil sie ihre Frauen vor den wilden Tieren beschützen müssen», rechtfertigt sich der Verpackungsdesigner Julius Armbrust gegen Ende des Erfolgsfilms «Männer». Manch einer findet die Sägerei gemütlich. Und tatsächlich sollen einige Kinder besser schlafen, wenn sie ihre Eltern schnarchen hören. Doch wiegt das schwerer als das Schicksal Abertausender gequälter Menschen?

Ein Drittel seiner Zeit verbringt der Mensch im Schlaf. Am liebsten ist er dabei ungestört. Doch muss er sich meist taub stellen: Gut 50Prozent aller älteren Männer und Frauen schnarchen, schätzen Experten. Betrachtet man alle Erwachsenen, vibriert bei einem Drittel nachts der Rachen. Und doch wird über die Schlafgeräusche oft geschwiegen. «Schnarchen war lange Zeit ein Tabu», beklagt Dr.Josef Wirth, Schlafmediziner in Alfeld, der einiges dafür getan hat, dass die Schnarcherei aus der Unpopularität herausfand: Er gründete im Februar 2000 das erste Schnarchmuseum der Welt, und seit 1993 betreut er eine der ersten Selbsthilfegruppen für Extremschnarcher in Deutschland.

Schnarchlautstärken im Vergleich

0 dB

Hörschwelle

10 dB

leises Rauschen schwaches Atmen

20 dB

Flüstern normales Atmen

30 dB

schwacher Verkehr schweres Atmen, Keuchen

40 dB

normales Gespräch Übergang zum Schnarchen

50 dB

normale Musik störendes Schnarchen

60 dB

laute Musik Sie schlafen nur noch alleine

70 dB

starker Verkehr Man tuschelt im Viertel über Sie

80 dB

laute Schreie Sogar die Nachbarn schicken Sie zum Arzt

90 dB

lautes Autohupen Im Schlaflabor läuft das Personal zusammen

100 dB

ungedämpftes Motorrad Glückwunsch: Sie haben alle bisherigen Schnarchrekorde gebrochen

120 dB

Presslufthammer in 1m Abstand

130 dB

Schmerzschwelle

Rekorde.

Schnarchen, so laut wie eine Autobahn

Wundern Sie sich nicht, wenn Ihre Nachbarn Sie nach einer durchschnarchten Nacht erbost anschauen. Es kann durchaus sein, dass Sie ihnen den Schlaf geraubt haben. «Manche Schnarcher sind noch etliche Zimmer entfernt durch alle Wände hindurch zu hören», berichtet Dr.Hans-Werner Gessmann vom PIB Schlafmedizinischen Zentrum in Duisburg. Da das Mikrophon im Schlaflabor, das die Schnarchlaute registriert, oft direkt auf dem Kehlkopf platziert werde, kämen gelegentlich Spitzenlautstärken von knapp unter 100Dezibel (dB) vor. Zum Vergleich: So laut ist Autohupen, ein ungedämpftes Motorrad oder eine stark befahrene Autobahn. Hat Ihnen schon jemals jemand vorgeschlagen, auf der A2Hannover– Dortmund zu übernachten?

Für vergleichende Analysen eignet sich allerdings nur die Messung aus einem Meter Entfernung. Im Archiv des Guinness-Verlags ist als lautester wissenschaftlich korrekt ermittelter Schnarcher Kåre Walkert aus dem schwedischen Kumala verzeichnet. Der arme Zeitgenosse quälte seine Mitmenschen mit Schnarchern, die bis zu 93 dB laut waren. Der Schlafmediziner und HNO-Arzt Dr.Jürgen Schäfer schreibt allerdings: «Bei Geräuschen im Anschluss an obstruktive Apnoen haben wir Pegel bis zu 94 dB gemessen.»

Schäfer ermittelte in einer Studie mit 31Patienten übrigens auch die Lautstärke, bei der normales Atmen in Schnarchen übergeht: die Schnarchschwelle. Sie liege «praktisch immer bei einem Schallpegel zwischen 40 und 45 dB». Diese Lautstärke entspricht einem normalen menschlichen Gespräch.

Das Schnarchtabu mag der Hauptgrund sein, warum über das Phänomen so wenig bekannt ist. Erst seit wenigen Jahren spricht sich beispielsweise herum, dass Schnarchen gefährlich werden kann. Bei heftigen Schnarchern stockt gelegentlich der Atem. Sie bekommen manchmal minutenlang keine Luft. Ihr Blutdruck steigt bedrohlich. Die Schlafzentren in ihrem Gehirn lösen eine unbewusste Aufwachreaktion aus. Tagsüber sind sie völlig übermüdet, können sich kaum konzentrieren, neigen zu Depressionen oder Impotenz und schlafen bei jedweder Gelegenheit hemmungslos ein.

Es wundert kaum, dass die Lebenserwartung solcher Menschen verringert ist, dass sie leichter als andere einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt bekommen. Was aber wundert: Trotz derart massiver Symptome wurde die zugrunde liegende Krankheit erst im Jahre 1965 entdeckt: Das obstruktive Schlafapnoe-Syndrom, kurz OSAS genannt.

Erfreulich.

Fortschritte bei der Schnarchtherapie

Seit der Entdeckung von OSAS werden die Patientinnen und Patienten immer besser behandelt, das Übel wird immer öfter an der Wurzel gepackt. Mit Überdruckmasken, die auf der Nase sitzen und nachts für freie Atemwege sorgen, gibt es sogar eine effektive Therapie. Und doch wissen viel zu wenig Ärzte gut über Symptome und Gefahren heftigen Schnarchens Bescheid. Sie haben es nie gelernt, denn deutsche Medizinstudenten müssen erst seit 1993 im Examen Fragen zur Schlafapnoe beantworten. Vor dieser Zeit dürften sich nur wenige mit dem Problem beschäftigt haben. Und so denken noch immer nicht alle Hausärzte sofort ans Schnarchen, wenn Menschen über die einschlägigen Krankheitszeichen klagen.

Doch das Umdenken in Sachen Schnarchen hat begonnen: 1995 gab es in Deutschland gerade 100Schlaflabors, die die anspruchsvollen Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) erfüllten und sich einer freiwilligen Qualitätskontrolle unterzogen. Zu wenig, wenn man bedenkt, dass ernsthafte Schnarchprobleme vor allem dort zuverlässig von harmlosen unterschieden werden können. Mittlerweile liegt die Zahl der Schlaflabors bei 320, und jede große Stadt beherbergt mindestens eine der geprüften Hightech-Übernachtungsstätten. Auch die Schweizerische Gesellschaft für Schlafforschung hat reagiert und im Herbst 2000 die ersten 16 schlafmedizinischen Zentren Helvetiens akkreditiert. Heute sind es 26.

Natürlich schwebt nur ein Bruchteil der Schnarcher wirklich in Gefahr. Wer jedoch genau wissen will, ob er zu den Betroffenen gehört, muss den Rat von Dr.Thomas Penzel von der Universitätsklinik Marburg befolgen: «Bei lautem und regelmäßigem Schnarchen, das in jeder Körperlage auftritt, sollte grundsätzlich ein Arzt hinzugezogen werden.» Der wird bei begründetem Verdacht eine Überweisung zum Facharzt schreiben. Und dann wird dem Schnarchen der Kampf angesagt.

Ob der nächtlich so aktive Baumfäller schließlich als Sieger hervorgehen wird, ist indes keineswegs gewiss. Der Kampf gegen das Schnarchen ist schwer, erfordert viel Selbstdisziplin und Geduld. Wer bereit ist, Verschiedenes auszuprobieren, und im Ernstfall auch beschwerliche Therapien auf sich nimmt, wird letztlich meist gewinnen.

Lauter Fragen.

Warum Schnarchen oft ein Rätsel bleibt

Doch warum ist die Diagnose und Behandlung des Schnarchens so schwierig? Ist die nächtliche Lärmerei nicht das Gewöhnlichste von der Welt? Viel zu lange haben Mediziner das Problem verdrängt, es als gesundheitlich folgenlose Laune der Natur bagatellisiert. Deshalb ließ die Entdeckung des Schlafapnoe-Syndroms so lange auf sich warten, und deshalb ist das Wissen der Experten auch über das Schnarchen an sich bis heute lückenhaft geblieben. Einig ist man sich immerhin, dass es viel zu viele Schnarchvarianten gibt, um jedwede Sägerei mit dem gleichen, am besten auch noch simplen Patentrezept abzuschaffen.

Schon das Geräusch kann von einem oder mehreren der Weichteile im Rachenraum stammen. Klar, dass die Behandlung eines vibrierenden Zäpfchens eine andere sein muss als die eines verengten Spalts in der Luftröhre, der Luft nur geräuschvoll hindurchlässt. Eine Gaumenwand, die lärmend vor sich hin schwingt, muss man anders therapieren als einen Rachenraum, den große Mandeln verengen.

Zudem gibt es eine Reihe innerer und äußerer Faktoren, die Schnarchen erst auslösen oder zumindest verstärken. Bei Kindern sind oft ganz andere Auslöser verantwortlich als bei Erwachsenen, bei Frauen spielen andere Faktoren eine Rolle als bei Männern, Dicke müssen ihre Sägerei anders bekämpfen als Dünne, lautstarke Baumfäller anders als gemütlich und leise vor sich hin schnorchelnde Gelegenheitsschnarcher.

Die Operation, die den einen vom Lärm erlöst, kann dem anderen verstärkte Atemaussetzer und noch dazu einen Sprachfehler einhandeln. Die teure Kieferprothese, auf die Schnarcher Anton schwört, reißt Schnarcher Bernd nur ein Loch in die Geldbörse. Und all die stark beworbenen Mittelchen gegen das Schnarchen, vom Nasenpflaster über das Spezialkissen bis zur Antischnarch-Tinktur, bereichern den Hersteller meist deutlich eher, als dass sie den verzweifelten Käufer erlösen.

Wer sich nach ruhigen Nächten sehnt, sollte sich also zuerst über die vielen Facetten des Schnarchens informieren. Wie entsteht das Geräusch? Wie häufig ist die Sägerei? Wer neigt dazu? Wie gefährlich ist sie? Warum ist erholsamer Schlaf so wichtig?

Ursachensuche.

Wie das Schnarchgeräusch entsteht

Die Anatomie von Nase, Hals und Rachen ist komplex. Kein Wunder, dass da auch eine Menge vibrieren kann, wenn man einschläft und die Muskeln sich entspannen.

Das Wort «schlaff » stammt nicht umsonst vom Begriff «Schlaf ». Schlaf entspannt. Darum schlafen wir, und darum brauchen wir den Schlaf. Entspannung heißt aber nicht nur, das Bewusstsein abschalten, es heißt auch, den Körper ausruhen. Wenn die Schlafzentren aktiv sind, senden sie Lockerungssignale an die strapazierte Bewegungsmaschinerie. Die Muskulatur wird schlaff, vom Tagewerk erschöpfte Fasern dürfen endlich ausruhen. Am ausgeprägtesten ist die Muskelerschlaffung während der so genannten REM-Phasen, in denen man nicht nur am lebhaftesten träumt, sondern oft auch am heftigsten schnarcht. In der Muskelerschlaffung liegt nämlich die Ursache dafür, dass unbeabsichtigtes Schnarchen und Schlafen untrennbar miteinander verknüpft sind.

Wenn alle Muskeln an Spannkraft verlieren, so sind natürlich auch jene Stränge darunter, die den Rachenraum in Form halten. Der wird gehalten und bewegt von einem kompliziert gebauten Apparat aus mehr als zwanzig ineinander verwobenen oder aneinander aufgereihten Muskelpaaren. Sie sorgen für die vielfältigen Bewegungen wie Schlucken, Kauen oder Husten. Und sie sorgen dafür, dass die unzähligen Weichteile in Mund, Rachen oder Hals dem Atemluftstrom widerstehen.

Da ist zum Beispiel die Muskelgruppe constrictor pharyngis superior, medius und inferior, die allesamt den Schlund umschlingen und für das Auf und Ab des so genannten Halseingeweideschlauchs beim Schlucken sorgen. Erschlaffen sie, senkt sich die Luftröhre ab, und in ihrem oberen Bereich könnte es eng werden. Oder da ist der Musculus genioglossus, der die Zunge nach vorne zieht. Werden er und die anderen Muskeln des Zungenhalteapparats zu schlapp, kann es passieren, dass das Geschmacksorgan unkontrolliert zurückrutscht und die Atmung behindert. Ähnliche Folgen hätte eine Erschlaffung der Kiefermuskeln, mutmaßen Schnarchforscher: Vor allem bei Rückenschläfern könne sich der gelockerte Unterkiefer öffnen, zurückfallen und der Zunge nötigen Platz rauben.

Knatterndes Segel.

Krachmacher im Rachen

Die im Schlaf entspannten Muskeln verengen also die Luftwege im Rachen, was den Druck der vorbeiströmenden Atemluft auf die Weichteile erhöht. Und sie sorgen dafür, dass eben diese Weichteile lockerer aufgehängt sind als sonst und leichter vibrieren. Nahezu zwangsläufig entsteht das charakteristische Schnarchgeräusch, das nicht nur klingt wie das Geknatter eines Segels im starken Wind, sondern auch ganz ähnlich zustande kommt.

«Die für die Entstehung des Schnarchens kritische anatomische Stelle ist der mittlere Abschnitt des Schlunds», fasst Professor Erich Russi vom Universitätsspital Zürich zusammen. Dort befinden sich Zäpfchen, Gaumensegel und Zungenbasis. Gaumensegel und Zäpfchen, die auch Velum und Uvula genannt werden, bilden gemeinsam den weichen Gaumen. Der weiche Gaumen wird zusammen mit seinem vorderen, verknöcherten Teil Palatum genannt. Er kann nach oben oder unten klappen, entscheidet so, ob die Luft durch Mund oder Nase geatmet wird, und verhindert beim Schlucken, dass Nahrung in die Nase gelangt. Was letztlich vibriert, ist gar nicht immer klar. Meist ist es das Zäpfchen, das wie ein Stalaktit vom Gaumendach herabbaumelt, oder das Gaumensegel, das den oberen Teil des Rachens überspannt. Doch auch Rachenwände und Hautfalten beteiligen sich nur zu gerne am Schnarchorchester, etwa wenn sie sich durch die nächtliche Enge im Schlund ein wenig berühren.

Lärmquellen. Was beim Schnarchen vibriert

Das Lärmzentrum nächtlicher Sägereien liegt fast immer im mittleren Teil des Rachens, den nach oben Gaumen, Mundhöhle und Nasengänge und nach unten Speise- und Luftröhre begrenzen. Wenn der Spalt zwischen Zungenbasis, Zäpfchen, Gaumensegel und hinterer Rachenwand zu eng wird, strömt die Luft mit erhöhtem Druck hinein, und eines oder mehrere der Weichteile beginnen zu vibrieren. Bei einer Schlafapnoe machen die Atemwege manchmal an dieser Stelle für einige Zeit vollständig dicht, meist aber auch durch ein Kollabieren der tiefer liegenden Luftröhre.

Im Extremfall wird es im Schlund sogar so eng, dass gar keine Luft mehr durchkommt. Der Schnarcher, den Ärzte dann Apnoiker nennen, ringt bei einer solchen Apnoe nach Sauerstoff, bis sich die Atemwege schlagartig öffnen und begleitet von einem explosionsartigen Getöse Luft einlassen. Schuld am Schlundverschluss sind übrigens gar nicht immer nur die Weichteile. Meist fallen auch die Halsmuskeln so stark in sich zusammen, dass sich die Luftröhre unterhalb des mittleren Rachens verschließt.

Teamwork.

Die vielen Schnarchfaktoren

Die natürliche Erschlaffung der Muskeln reicht alleine aber nur sehr selten aus, um den Rachen zum Schwingen zu bringen oder zu verschließen. Dazu muss schon das Kontrollzentrum im Gehirn falsch arbeiten und zu starke Muskelabspannungs-Signale senden. Oft ist die Ursache profaner und folglich auch leichter zu beheben: Der Schnarcher hat lediglich zu viel Alkohol getrunken oder Schlafmittel genommen, beides entspannt die Muskulatur stärker als gewöhnlich. Partyschnarcher sollten also vorsichtiger mit Bier, Wein und Cocktails umgehen. Bei alten oder kranken Menschen kann die Muskulatur allerdings auch ohne zusätzliche Mittel zu stark abschlaffen.

Warum das so ist, fanden australische Forscher im Jahr 2000 heraus: Bei einschlafenden Senioren lässt die Muskelspannung deutlich stärker nach als bei jungen Menschen. Hier dürfte der Hauptgrund dafür liegen, warum viele Männer erst schnarchen, wenn sie in die Jahre gekommen sind, oder mit zunehmendem Alter immer lauter sägen.

Vor allem bei starken Schnarchern sind in der Regel aber noch andere Faktoren im Spiel. Sie aufzuspüren kann zur kniffligen Detektivarbeit werden, die ohne Arzt oft genug zum Scheitern verurteilt ist. Fest steht anfangs immer nur, dass es nachts irgendwo im Hals-, Nasen- und Rachenraum zu eng wird. Unklar bleibt, welches der erstaunlich vielen Teile, die dort anschwellen oder wuchern können, nun schuld ist am Radau. Schleimhäute, Drüsen, Zähne, Sinneszellen, Fettpolster, Lymphorgane, Bindegewebe, Muskeln, Knorpel, Knochen und Verschlussklappen arbeiten im Team an komplexen Aufgaben: Luft holen, Ausatmen, Essen, Schlucken, Gähnen, Schmecken, Sprechen, Husten, Riechen, Kauen, Räuspern, Flüstern, Speichel bilden, Krankheitserreger bekämpfen, Aufpassen, dass keine Luft in die Speiseröhre und kein Essen in die Luftröhre gerät, und vieles mehr. Kein Wunder, dass der entscheidende Schnarchfaktor individuell sehr verschieden ist.

Detektivarbeit.

Die individuelle Schnarch-Spur finden

Doch wie finden Sie Ihren ganz persönlichen Schnarchfaktor? Suchen Sie nach allem, «was Ihre Atemwege lockert, einengt oder reizt», informiert die Internet-Seite des medizinischen Zentrums der Universität von Kalifornien in Irvine, USA: «Übergewicht, zu schwacher Muskeltonus und Hindernisse im Rachen bilden die Spitze der Schnarchauslöser-Liste.» Dr.Roger Clumley, HNO-Professor in Irvine, ergänzt: «Manche Schnarcher – vor allem die übergewichtigen – haben insgesamt ein schlappes Rachengewebe, das bei jedem Atemzug vibriert.» Der Arzt erkennt solche Schnarcher oft schon beim ersten Blick in den Mund: Ihr Zäpfchen ist sehr dick, und die Rückwand ihres Rachens ist nicht straff, sondern besitzt reichlich Längsfalten. Eine große Rolle spielt natürlich auch die Schlafposition: Oft schnarchen Menschen nur, wenn sie auf dem Rücken schlafen. Dann drückt vermutlich die Schwerkraft ihre Zunge oder den Unterkiefer nach unten, und im Schlund wird es noch ein bisschen enger.

Nicht wenigen wird das Schnarchen aber auch in die Wiege gelegt: Bei ihnen sind das Zäpfchen, das Gaumensegel oder die Zunge zu groß oder erschlafft. Gelegentlich ist auch der Unterkiefer zu klein. «Gerade bei jungen Menschen liegt das Schnarchen oft an anatomischen Veränderungen: Meist stimmt die Relation zwischen Unter- und Oberkiefer nicht», sagt der HNO-Arzt Dr.Randolf Riemann vom städtischen Krankenhaus Frankfurt-Höchst. Bei anderen Schnarchern diagnostizieren Mediziner gutartige Wucherungen der Nasenschleimhaut, so genannte Polypen, oder sie stellen, vor allem bei Kindern, eine Vergrößerung der Mandeln fest.

Auch eine Allergie, chronisch entzündete Nasennebenhöhlen oder ständiger Schnupfen können die Atemwege so stark reizen, dass sie schnarchfördernd anschwellen. Zigaretten und ungesundes Raumklima tun ein Übriges. Und gelegentlich ist es eine stark gekrümmte Nasenscheidewand – die eigentlich nur die beiden Nasenhöhlen voneinander trennen soll–, die das Luftholen durch das Riechorgan erschwert. Zu den ungewöhnlichen Ursachen gehören Krebsgeschwüre im Rachenbereich. Sie müssen sofort operiert werden.

Gerade die Liste der seltenen Schnarchauslöser ließe sich noch endlos fortsetzen. So soll eine Funktionsstörung der Schilddrüse Muskeln und Gewebe im Rachen verdicken. Die Nasenatmung wird gelegentlich auch durch die Folgen eines schlecht verheilten Nasenbeinbruchs behindert oder weil der Schnarcher als Kind zu lange am Daumen lutschte, was den Gaumen verformte. Gelegentlich schnarchen Menschen auch wegen zu kleiner Nasenlöcher, zu großer Nasenmuscheln und und und…

Nicht nur Männersache.

Wer schnarcht wie oft

Der typische Schnarcher ist ein älterer, etwas fülliger Mann, lautet ein angeschnarchtes Vorurteil. Dabei geben auch schlanke, durchtrainierte Jünglinge nachts nicht immer Ruhe. Und sogar Kinder und Frauen sägen sehr viel häufiger als vermutet.

Charles Dickens war ein guter Beobachter. Der englische Schriftsteller schilderte detailliert das Leben ganz normaler Menschen, überzeichnete sie humorvoll mitsamt ihren Schrullen und Eigenarten. In den berühmten 1836 erschienenen «Pickwick Papers» stellte er einige solcher Personen vor. Und es erstaunt nicht, dass eine davon so treffend dargestellt ist, dass sie auch noch 120Jahre später für die Medizin interessant erschien: «Fat Joe» – der dicke Hans – ist eine der ersten modernen Beschreibungen eines Extremschnarchers. Der arme Laufbursche hatte deutliches Übergewicht, nickte auch am helllichten Tage bei jeder Gelegenheit ein und sägte heftig.

Vorurteil Nummer eins:

Schnarcher müssen dick sein