Das schöne Buch - Volker Wieprecht - E-Book

Das schöne Buch E-Book

Volker Wieprecht

0,0
7,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die lustigsten Interviews, die absurdesten Listen, die kniffligsten Live-Krimis und die besten Gespräche zwischen Volker und Robert, den Moderatoren von radioeins. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 157

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Volker Wieprecht | Robert Skuppin

Das schöne Buch

FISCHER E-Books

Inhalt

Die Photographien von Volker [...]Das schöne Buch. Die GebrauchsanleitungDas schöne VorspielVorwortRobert lernt Volker kennenVolker lernt Robert kennen oder Der DealStrange Days. Volker und der schöne MorgenDeep Forrest und Peter Gabriel. While the earth gently sleepsDer schöne Morgen. Eine wahre Geschichte von RobertDer schöne HauptaktGuten Morgen, Robi-Crew!WettervorhersageRobert will Volker helfenRobert ist sensationellVolkers 100-prozentiger SchlaftippPneumokokkenRobi-Crew. Die ganze WahrheitDie Rückkehr der Robi-CrewRobert träumt von VolkerIntime TöneDer erste Live-Krimi: Deep ThoatVolker war beim FriseurVolker braucht eine AuskunftVolker und Robert in der FahrschuleRobert war im SchwimmbadWidder sind doofVorwärtseinparkerVolker und die AkupunkteuseRobert singtRobert und die WinterreifenDer zweite Live-Krimi: Meisterfeier mit FolgenPlauschangriff auf Mariannes OmaPlauschangriff in die AntarktisDer ganz und gar sinnlose RobertVolker hat einen WunschEine Band namens RobertWillkommen in der KonserveRobert hat AbiturFeuer neun im vierten HolzhausGute Manieren im BettVolker will ein KindEin schlimmer UnfallDer dritte Live-Krimi: Heirate mirAfteratmung kann Leben rettenVolker macht das Geräusch der WocheWas ist eigentlich Liebe?Volker und Robert und der Tag, an dem die Scherzkekse nichts zu lachen hattenVolker, öffne dich!Roberts dunkles GeheimnisVolkers GeschichteVolker ist ManfredVolker arbeitet nie und Robert weiß allesVolker ist im Urlaub und sendet eine Karte und noch eineRobert als B.Z.-RedakteurDer vierte Live-Krimi: Oops she did it!Volker wird untersuchtDer HörpehlerVolker und Robert haben SexGute RatschlägeVati RobertVolker ist GottRobert ist Karl KlausRoberts KindheitVolker und Robert in der UmkleidekabineMuttis Mutti hat GeburtstagDer fünfte Live-Krimi: Die PISA-PhobieWas Volker an Robert nicht magRobert war sieben Mal verheiratet und ruft Susanne anRobert schmeichelt sich bei Volker einRobert hat einen VerdachtVolker stinkt wie BlumenkohlVolker und die AmeisenVolkers traurige WeihnachtenVolkers großer japanischer AlbtraumRobert hat ‘nen blauen EimerVolker hat mehr Geld als RobertDas schöne NachspielAbschied nehmenAnhangVolkers traurigste einminütige WeihnachtsgeschichteRoberts traurigste einminütige WeihnachtsgeschichteDank an

Die Photographien von Volker Wieprecht und Robert Skuppin im Buch stammen von Uwe Boek.

Das schöne Buch. Die Gebrauchsanleitung

Ein Buch ist etwas Wundervolles. Das schöne Buch ist aber ganz außerordentlich wundervoller:

Man kann darin lesen. Meist beginnt man vorne, manchmal auch in der Mitte oder am Ende. Man kann die Lektüre unterbrechen und am nächsten Tag wieder beginnen, und die Buchstaben befinden sich noch an derselben Stelle. Es gibt verschiedene Texte: kurze und lange. Moderationen von uns beiden, Interviews, ja sogar Texte, die wir extra für Das schöne Buch geschrieben haben. Man kann unterschiedlichste Passagen zweimal, gar dreimal lesen. Kein Problem. Wenn man das aushält.

Dann gibt es Texte in Das schöne Buch, die kann man anderen Menschen vorlesen. Weil diese Texte so lustig sind. Weil sie so klug sind. Weil sie so ergreifend sind. Weil am Ende eines solchen Textes ein Fragezeichen steht und nur der Vorlesende die Lösung weiß. Man kann in Das schöne Buch blättern und von den sieben Weltwundern lesen. Oder ganz keck in die Runde fragen: Wer kennt die sechs Mainzelmännchen mit Namen? In Das schöne Buch sind sie alle aufgeführt.

Auch für kleine Rollenspiele ist Das schöne Buch der ideale Begleiter: Die besten Live-Krimis sind hier abgedruckt, und sobald mindestens drei Leute beieinander sitzen, kann man nun immerzu und jederzeit einen Live-Krimi nachspielen und der Frage nachgehen: Wer war es?

Dann kann man sich Bilder anschauen in Das schöne Buch, Bilder von uns bei der Arbeit. Das schöne Buch ist also auch ein Buch für Menschen, die nicht gerne lesen, sondern andern einfach nur gerne bei der Arbeit zuschauen.

Wer ganz alleine ist und keine Freunde hat, der kann einen Fragebogen ausfüllen und vielleicht Mitglied der Robi-Crew werden, um sich so dann Freunde kaufen zu können.

So bietet Das schöne Buch für jeden etwas, allerdings nur für Erwachsene. Aber das war ja klar.

Das schöne Vorspiel

Vorwort

Beim Radio ist es doch am Besten! schallt es unseren beiden rüstigen Jubilaren entgegen. Dummköpfe reden so, die Oberschlau & Unterschlau nie im Fernsehen sahen.

Volker Wieprecht und Robert Skuppin sind eine nach oben offene Therapiegruppe. Zur Gründungsväterlegende gehört, dass beide einander anfangs herzlich hassten, vom Dienstplan zur Komoderation verurteilt werden mussten. Sich in langen Jahren am Mikrophon ineinander zankten, sich ihre überdurchschnittlichen Stirnen boten, endlich zueinander fanden. Tatsächlich sind unsere beiden Helden natürlich Profis. Sie hassen sich also wirklich.

Volker, der blitzgescheite Faxenmacher – Robert, der herzenswarme weise Onkel: Ohne Roberts verstehendes Schweigen wäre manchen Volkers nächste Frechheit eine zuviel. Ohne Volkers lauernde Wachheit wäre anderen Roberts ruhiges Mitdenken zu stoisch. »Der will nur spielen« – verströmt Robert über Volker ohne ein Wort. »Hier ist noch einer wach« – revanchiert sich Volker ebenso unmerklich. Das heißt auch, dass der ruhige Grundlinienspieler Skuppin jeden verdammten Ball ausrechnet, den Wieprecht spielt. Und der genau so ans Netz stürzt, wie er Skuppin hinter sich weiß. Kurz – sie können es umgekehrt auch, oder im christlichen Sinne: Ein jeder lasse des anderen Sau raus. Sie lieben einander auf kluge Weise.

In einer Welt, die die durchgescripteten Witzverlesebeamten Hauser & Kienzle feierte, kann kaum wahr sein, dass es auch authentisch geht. Mitte der 90er standen zwei wenig geräuschvolle nochjunge Männer in unserer Kölner Firma. Sie beriefen sich auf mündliche Bekanntschaft anlässlich einiger Radio-Interviews, im Verlaufe derer sie mir mitunter altersgerecht die Hymne der Corega-Tubbies sangen. Wir rauchten ein paar Tassen Kaffee zusammen und, das ist beim Fernsehen milieugerechte Straftat, sprachregelten, »bald mal was miteinander zu machen«.

Nur sechs Jahre später gelang es, das börsenaffine Nachrichtenpublikum von n-tv mit einem »newsquiz« in wohlige Fassungslosigkeit zu senden. Wir schickten Ihnen interessante Gäste ins Studio (Ariane Sommer, Gina Wild), politische (Manfred Stolpe, Gina Wild), aber auch Menschen mit interessanten Anziehsachen (Gina Wild, Matthias Platzeck). Robert, der den sicheren Instinkt für »die Masse« hat, meldete von der Fanfront, dass niemand das Format verstehe und man die Regeln ändern müsse. Was wir mindestens wöchentlich, gern auch während der Sendung taten. Kurz: es war großes Fernsehen, bei dem nur alles störte, was nicht Wieprecht & Skuppin hieß. Keep it simple, oder wie der zehnjährige Sohn des Chefautors schon nach zwei Folgen sagte: Oberschlau & Unterschlau.

Wir stellen nur zwei Arten von Sendungen her: gute, und gute, die zu früh kommen. Mein Handicap, als stillgelegter Fernsehmoderator exklusives Wissen mitzuschleppen, dass solch brillante Doppelmoderation wie diese beneidenswert und kostbar ist. Volker und Robert haben den Funkfrischling Radio EINS allein in die GfK-Messungen am mörderischen Berliner Radiomarkt hochmoderiert. Ihr Unternehmen blüht, es fußt auf ehrlicher Liebe zu allem, was man hören kann. Sie bleiben unique und ich rumpelstilze jedes mal, wenn der eine oder der andere vom Fernsehen umworben wird. Denn, banal genug – gemeinsam sind sie stark. Wenn man Ihnen das sagt, gucken Sie wie zweie, die gerade mal wieder überlegen, ob sie sich lieben oder hassen.

 

Friedrich Küppersbusch

Robert lernt Volker kennen

Irgendwann 1990

Draußen war es dunkel und kalt, der Taxifahrer hatte an jedem Finger einen Totenkopfring und maulte mich an, als ich einstieg. »Mann, Mann, eben hatte ich einen Fahrgast, der bettelte um Prügel! Ich bin friedlich, aber der, was sollte ich machen …? Wohin?«, fragte er. »Zum Haus des Rundfunks, Masurenallee«, sagte ich behutsam. »Ihr macht ein solches Scheißprogramm, ich bin tolerant, ich lass viel durchgehen, aber scheiß Wort, scheiß Musik, alles Kacke, aber ich beschwer mich nicht, das ist mein Deal mit allen …« Ich hörte nicht weiter zu, erst vor wenigen Wochen hatte ich als Aufnahmeleiter bei Radio4U angefangen, und erst vor ein paar Tagen hatte ich durch Zufall herausgefunden, dass der SFB den Mitarbeitern der Frühsendungen die Taxifahrt zum Sender bezahlte. Nach dieser Fahrt aber überlegte ich, morgens wieder die U-Bahn zu nehmen.

Als Aufnahmeleiter war man Mädchen für alles, man bediente die Telefonanlage, musste den Techniker bei Laune halten, organisierte den Programmablauf und das Wichtigste: Der Moderator musste verhätschelt und umsorgt werden. Noch einen Kaffee, Wasser, Saft, Brötchen, vielleicht eine bunte Meldung oder eine Anmoderation?

Ich gab dem Fahrer den Taxicoupon und stieg aus. Wenn man mit zielsicherem Schritt am Pförtner vorbei in das Haus des Rundfunks eintritt und ein hektisches »Guten Morgen« zischte, musste man keinen Ausweis zeigen und spazierte quasi unkontrolliert in das Gebäude. Fremden hätte das allerdings nicht viel geholfen, es gab kaum Mitarbeiter, die sich in den ersten Wochen nicht verlaufen hätten. Eine Aufnahmeleiterkollegin – auch neu –, war über eine Stunde verschwunden und meldete sich dann verzweifelt vom Empfang aus, sie hatte nicht mehr ins Sendestudio gefunden. Die Redaktionsräume von Radio4U waren im obersten Stockwerk, überall stand Müll herum, wir waren eben das Jugendprogramm. Ich öffnete die Tür, die Redaktionsbüros waren fast dunkel, nur hinten in der Ecke brannte eine Schreibtischlampe. Ich schaltete das Deckenlicht ein.

»Hey, schalt das sofort wieder aus, weißt du nicht, wie gefährlich dieses künstliche Neonlicht für uns ist«, rief eine Stimme, die ich bisher nur aus dem Radio kannte. Die Stimme gehörte Volker Wieprecht, der in den Sendeunterlagen blätterte. Mit ihm hatte ich bisher noch nie zusammengearbeitet, er war einer der Starmoderatoren von Radio4U, meiner Meinung nach überschätzt, sprachlich ambitioniert, aber substanziell dünn, mit geringer Witztrefferquote. Ich schaltete das Deckenlicht wieder aus und fragte: »Soll ich Kaffee machen?« – »Wenn es ihm gefällt, so brühe er uns Kaffee, ich möchte ihn schwarz, denn Zucker ist das reine Nervengift, und Milch verschleimt den Körper«, antwortete Volker Wieprecht. Ich überlegte kurz, ob er wohl der Fahrgast vor mir im Taxi gewesen war, und holte Wasser.

Volker Wieprecht hatte innerhalb des Senders einen legendären Ruf, er galt als Zwitterwesen, das Buddha verehrte und ausschließlich von Körnern lebte, die er bei Vollmond selber per Hand aus dem Getreide schälte. Gespräche mit ihm aber konnten angeblich in Verhöre ausarten: »Wieso brauchst du zehn Minuten, um ein Brötchen zu holen?« oder »Was ist das für ein Gefühl, wenn deine Arbeit dich ständig überfordert?«, waren noch seine harmlosesten Fragen. Einige Kollegen bezeichneten ihn als verbale Splitterbombe, notwendig in der Schlacht um Radiomarktanteile, gleichzeitig aber eine ständige Verletzung der Menschenrechtskonventionen.

Radio4U sendete damals aus SK2. Dieser Studiokomplex bestand aus dem Regieraum, in dem Techniker, Redakteur und Aufnahmeleiter saßen, dem Nachrichtensprecherraum, der durch eine erste Scheibe abgetrennt war, und dahinter, nach einer weiteren Scheibe, der kleinen Diskothek, an welcher der Moderator saß. Es gab Sichtkontakt und eine Sprechverbindung über Kommandotasten.

Punkt 6.00 Uhr startete die Sendung, wie fast jeden Morgen sendeten wir um 6.10 Uhr ein buntes Stück des ARD-Asienkorrespondenten. Der schien seinen Aufenthaltsort zu hassen, produzierte er doch fast ausschließlich Stücke mit Titeln wie: »Warum sich immer mehr japanische Jugendliche umbringen«, »Japanische Jugendliche können nicht rechnen«, »Südkoreanische Jugendliche quälen sich vor Langeweile«, »In Taiwan wollen Jugendliche nur noch schlafen«, »Japanische Jugendliche hassen ihre Eltern«! Heute ging es um lispelnde Südkoreaner, die nicht mehr lesen wollen, was Volker dann auch entsprechend anmoderierte. Als der Beitrag lief, sprach er mich über die Kommandotasten an: »Hey, Robert, der Korri hat doch schweren Mützenbrand, das nimmt doch kein Ende. Demnächst kommt noch: ›Japanische Jugendliche, jetzt kaufen sie sich schwarze Socken‹, ›Südkoreanische Jugendliche drehen völlig durch und kaufen blaue Socken‹. Warum senden wir den Mist?« Ich wusste es nicht, der Redakteur war noch nicht da, er hatte kurz vor 6.00 Uhr angerufen, um zu sagen, dass er unterwegs sei und wir das Programm wie vorgeplant abspulen sollten.

Plötzlich ging die Tür auf, und Frau Lüdermann, eine der Putzfrauen, stand vor mir. »Mensch, Robert, schön dass du wieder hier bist, komm doch mal mit«, sagte sie zu mir. Vor ein paar Monaten hatte ich, um neben dem Studium Geld zu verdienen, beim SFB geputzt. Von 5.00 Uhr morgens bis 9.00 Uhr wischte ich Flure, Büros, Studios und Toiletten. Frau Lüdermann war damals meine Chefin. Durch sie hatte ich sogar das Büro des Hörfunkdirektors kennen gelernt. Wir saßen am Konferenztisch, sie knallte die Kehrschaufel auf den Tisch und brummte mit tiefer Stimme: »Jetzt roochen wir erst mal enee!« Heute konnte ich sie nun gar nicht gebrauchen und meinte peinlich berührt: »Guten Morgen, Frau Lüdermann, ich putz nicht mehr, ich arbeite jetzt bei Radio4U, ich kann hier nicht weg.« Sie zerrte mich am Ärmel aus dem Regieraum hinaus auf den Flur. »Ick will dir nur wat zeigen, komm mit«, sagte sie und lief den Flur entlang. Im Flur dudelte ein Transistorradio, mit Tesakrepp am Putzwagen festgebunden, die Musik von 100,6, Frau Lüdermanns Lieblingssender. Frau Lüdermann zeigte mir die Herrentoilette. Es war wirklich nicht schön, was ein defekter Verdauungstrakt, falsche Ernährung und die anschließende Weigerung, Klobürsten zu benutzen, auf weißen Keramikschüsseln angerichtet hatten. »Du musst es nicht sauber machen, du hast jetzt eine andere Arbeit, aber bitte deine Kollegen doch mal um etwas Rücksichtnahme!«, sagte sie mit leicht vorwurfsvollem Unterton. Ich hatte sie enttäuscht. Ich gehörte nicht mehr zu den Dreckentfernern, sondern zu den Dreckmachern, das war zwar ein sozialer Aufstieg, den Frau Lüdermann mir gönnte, aber dass ich die neuen Kollegen nicht im Griff hatte, war eine bittere Enttäuschung für sie. Schnell kehrte ich in SK2 zurück, ich musste rausbekommen, ob Volker Wieprecht heute Morgen schon auf der Toilette war.

»Was wollte die Putzfrau von dir, Robert«, knirschte es in der Kommandoleitung.

»Das war meine alte Chefin. Ich habe hier früher mal geputzt«

»Herzlichen Glückwunsch – vom Putzmann zum Aufnahmeleiter, wann wirst du Intendant?«

»Das war nur ein Studentenjob.«

»Und wollte sie dich wiederhaben?«

»Sie hat mir was gezeigt.«

»Und was hat sie dir gezeigt?«

»Das willst du nicht wirklich wissen.«

»Okay, wenn es ein Geheimnis von dir und der Putzfrau ist«, knirschte Volker, »will ich es nicht wissen.«

»Es ist kein Geheimnis. Warst du heute Morgen hier schon auf der Toilette?«, fragte ich.

»Seid ihr pervers? Du und die Putzfrau? Turnt euch das an herauszubekommen, ob andere eben auf der Toilette waren?«

»Nein, ich wollte es nur wissen, sie hat mir was auf der Herrentoilette gezeigt.«

»Robert, lass es mich verstehen. Du hast hier mal geputzt. Jetzt bist du Aufnahmeleiter. Dann kommt die Putzfrau und zerrt dich aus dem Studio. Ihr geht gemeinsam auf die Männertoilette. Sie ist um die fünfzig. Dort zeigt sie dir was. Dann willst du wissen, ob ich schon da war. Okay, wir können zusammen auf die Toilette gehen, ich zeig dir was, das wird aber nicht billig, mein kleines perverses Schweinchen.«

Wir mussten beide lachen. Später spielten wir während der Sendung »Raumschiff Enterprise«, anrufende Hörer wurden zu Zyklonenraumschiffen, die sich in den Sektoren eins bis acht näherten, und zwar angezeigt durch die blinkenden Telefonleitungen, nach dem Kommando »Schutzschilde ausfahren« wurden diese von mir aus den Leitungen gedrückt. Der Westberliner Innensenator wurde nach einer Tricorderaufzeichnung als ein »Borg« identifiziert und deshalb nach dem Interview durch den Einsatz von Phasern unschädlich gemacht. Mit zwei Protonentorpedos zerstörten wir die SFB-Kantine und ihren Anspruch, mit schlechtem Essen das Universum zu versklaven.

Dies alles passierte nicht »on air«, sondern nur in kurzen Wortwechseln zwischen Volker und mir. In der Redaktionssitzung wurde die Sendung als durchschnittlich gewertet, das war sie wohl auch, aber es war mein erstes Zusammentreffen mit Volker Wieprecht.

 

Epilog:

Ich arbeitete weiter als Aufnahmeleiter für Radio4U, ab und zu betreute ich Sendungen von Volker Wieprecht. Im Laufe der Zeit begann ich zusätzlich als Reporter zu arbeiten. Mitte des Jahres 1992 wurde ich freier Redakteur, da war die Abschaltung von Radio4U zum 31. Dezember 1992 bereits beschlossen, und viele Mitarbeiter verließen das sinkende Schiff. Volker Wieprecht ging in die USA. Zu einer kleinen Abschiedsfeier wurde ich überraschenderweise von ihm eingeladen. Ab 4. Januar 1993 arbeitete ich als Redakteur von Rockradio B in der Nalepastraße. Als mich mein Chefredakteur Helmut Lehnert den neuen Kollegen vom ORB vorstellte, fiel ihm mein Name nicht ein. Ab März 1993 war ich freier Redakteur beim neuen Jugendprogramm Fritz von ORB/SFB. Etwa Mitte des Jahres 1993 kehrte Volker Wieprecht aus den USA zurück und moderierte mit Ken Jebsen morgens die »Radiofritzen«. Ende des Jahres wechselte Ken Jebsen zum ZDF und moderierte dort eine Fernsehsendung. Volker Wieprecht brauchte einen neuen Partner. Er galt als schwierig. Ich nahm das Angebot an. Ab 1994 moderierten wir zusammen die »Radiofritzen am Morgen«. Seit 1995 ist er mein bester Freund, mittlerweile auch geschäftlicher Partner, er darf fast alles, nur nicht in mein Bett.

Volker lernt Robert kennen oder Der Deal

Hinter den Scheiben sahen Roberts Konturen am frühen Morgen immer so aus wie ein brennender Kaktus: Stachelige Kopf- und Barthaare; dazu nach Möglichkeit eine Kippe zwischen den Lippen. Seine Aufgabe bestand bei Radio4U anfangs im Wesentlichen darin, ausgiebige Spaziergänge zu unternehmen und Schwätzchen zu halten. Er musste durch die Flure des riesigen Rundfunkgebäudes wandern, Bänder und Meldungen einsammeln, kurz nach Öffnung der Kantine Eibrötchen und Kaffee kaufen, gesendete Bänder wieder abliefern und mit allem und jedem reden, ganz gleich ob auf den grau ausgelegten Fluren, vor der Studiotür oder in der Senderegie am Telefon. Mit Robert sprachen alle immer gerne. Wie eine ausgeflippte Schnecke im Teilchenbeschleuniger glitt er rasend auf einem Film aus Neugier, Mitteilsamkeit, Witz und schier endlosem Faktenstrom an allen noch so starken Magneten vorbei. Nicht zu fassen, aber immer überall zugegen. Es war schwer, an ihn ranzukommen. Bei Fritz versuchte man es später gar, indem man ihm eine eigene Empfangshalle baute: Die Leitung des Hauses stellte einen Aschenbecher neben den Fahrstuhlausgang, versetzte die Sekretärin vom Empfangstresen vis-à-vis in ein eigenes Kabuff, und fortan hielt Robert dort Staat. Viele durften ihm Kaffee aus dem Automaten im Erdgeschoss mitbringen und auch selber zahlen, weil er gerade kein passendes Kleingeld beihatte. Nicht wenige wurden dafür mit den allerneuesten Neuigkeiten belohnt. Nur eine Minderheit jedoch konnte in der Geschwindigkeit zuhören, mit der er erzählte und lachte. Ein Lachen wie ein Grippevirus: allgegenwärtig, unausweichlich ansteckend, doch frei von der Heimtücke des Erregers. Jedenfalls solange das Rotlicht an ist.