Das Schweigen des Glücks - Nicholas Sparks - E-Book

Das Schweigen des Glücks E-Book

Nicholas Sparks

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Beschreibung

Welche Mutter würde nicht alles geben für ihr Kind? Aber Denise liebt ihren kleinen behinderten Sohn Kyle so unendlich, dass es in ihrem Leben für weitere Menschen keinen Platz mehr gibt. Als Kyle nach einem Autounfall in einer dramatischen Aktion vom Feuerwehrmann Taylor gerettet wird, scheint zum ersten Mal ein Fremder Zugang zur Welt der beiden zu bekommen. Aber bevor Denise ihr Glück richtig fassen kann, beginnt die Hoffnung auf eine glückliche Beziehung schon wieder zu schwinden: Irgendetwas hält Taylor davon ab, die Verantwortung für eine gemeinsame Zukunft zu übernehmen…

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Seitenzahl: 526

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Die Originalausgabe A WALK TO REMEMBER erschienbei Warner Books, New York
Vollständige deutsche Ausgabe 03/2009 Copyright © 2000 by Nicholas Sparks Enterprises, Inc.Copyright © 2000 der deutschen Ausgabeby Wilhelm Heyne Verlag, München,in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbHNeumarkter Str. 28, 81673 München
ISBN 978-3-641-06007-7V002
www.heyne.dewww.penguinrandomhouse.de

Zum Buch

Denises Leben dreht sich einzig und allein um ihren fünfjährigen Sohn Kyle, der unter einer unbekannten Form des Autismus leidet, die mit einer schweren Sprachstörung einhergeht. Während eines Unwetters hat Denise einen Autounfall. Als sie wieder zu Bewusstsein kommt, bemerkt sie zu ihrem Entsetzen, dass Kyle verschwunden ist. Die Katastrophe scheint perfekt, denn Kyle kann sich selbst nicht bemerkbar machen. Denise ist außer sich – doch sie ist verletzt und kann nichts unternehmen. Als sie ins Krankenhaus eingeliefert wird, rettet der Feuerwehrmann Taylor ihren Sohn. Und das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Taylor erobert das Herz des Kleinen im Sturm – und ebenso schnell das von Denise. Nach langer Zeit ist Denise endlich wieder dazu imstande, die Nähe zu einem Mann zuzulassen. Es entwickelt sich eine zarte Liebe zwischen den beiden. Doch innerlich scheint Taylor davor zurückzuschrecken, sich wirklich zu binden und die Verantwortung für eine gemeinsame Zukunft zu übernehmen …

Zum Autor

Nicholas Sparks, 1965 in Nebraska geboren, lebt mit seiner Frau und den fünf Kindern in North Carolina. Mit seinen gefühlvollen Romanen, die ausnahmslos die Bestsellerlisten eroberten und weltweit in 46 Ländern erscheinen, gilt Sparks als einer der meistgelesenen Autoren der Welt. Mehrere seiner Bestseller wurden erfolgreich verfilmt. Seine bisherigen Bücher sind alle bei Heyne erschienen.

Inhaltsverzeichnis

Zum BuchZum AutorPrologKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27EpilogDanksagungCopyright

Dieses Buch ist Pat und Billy Millsin Liebe gewidmet.Ihr habt mein Leben bereichert.Ich danke euch für alles.

Prolog

Später sollte das Unwetter als eines der heftigsten in die Geschichte North Carolinas eingehen. Da es sich 1999 ereignete, betrachteten es einige der zum Aberglauben neigenden Einwohner als Omen – als Anzeichen, dass das Ende der Welt nahte. Andere schüttelten einfach den Kopf und sagten, sie hätten immer gewusst, dass sich so etwas früher oder später ereignen würde. Insgesamt wurden neun Wirbelstürme gezählt, die an dem Abend im Osten des Staates wüteten und an die dreißig Häuser zerstörten. Telefonleitungen lagen in wildem Gewirr auf den Straßen, aus Transformatoren zuckten Flammen, ohne dass jemand etwas dagegen tat. Tausende von Bäumen wurden umgerissen, Springfluten überschwemmten die Ufer der drei größten Flüsse, und ganze Lebensläufe wurden durch ein jähes Aufbäumen der Natur aus der Bahn geworfen.

Es hatte ganz unvermittelt begonnen. In einem Moment war es bewölkt und dunkel, aber im Rahmen des Normalen; im nächsten Moment fuhren aus dem frühsommerlichen Himmel Blitze hernieder, Sturmböen tobten und sintflutartige Regenfälle gingen zu Boden. Die Front war aus dem Nordwesten herangezogen und durchquerte den Staat mit einer Geschwindigkeit von fast vierzig Meilen in der Stunde. Plötzlich brachten die Radiosender Warnungen und berichteten über das Ausmaß des Unwetters. Wer konnte, suchte Schutz im Haus, aber wer mit dem Auto unterwegs war, wie Denise Holton, dem war diese Möglichkeit versagt. Sie war mitten in das Gewitter geraten und hatte keine andere Wahl als weiterzufahren. Zwischendurch regnete es so heftig, dass die Autos die Geschwindigkeit auf fünf Meilen pro Stunde drosseln mussten. Denise hielt das Steuerrad umklammert, die Fingerknöchel traten weiß hervor, und ihr Gesicht war starr vor Konzentration. Manchmal war es unmöglich, den Straßenverlauf durch die Windschutzscheibe zu erkennen, aber anzuhalten würde die sichere Katastrophe bedeuten, weil hinter ihr andere Autos fuhren, die ihren Wagen nicht rechtzeitig erkennen würden. Sie streifte sich den Schulterriemen ihres Sicherheitsgurtes über den Kopf ab und beugte sich angestrengt über das Steuerrad, um die durchbrochene Linie auf der Fahrbahn auszumachen. Hin und wieder sah sie einen Streifen. Zeitweise hatte sie das Gefühl, sich allein von ihrem Instinkt leiten zu lassen, weil einfach nichts zu sehen war. Wie eine Meereswelle ergoss sich der Regen über ihre Windschutzscheibe und verschleierte den Blick fast vollständig. Ihr kam es vor, als nützten die Scheinwerfer rein gar nichts. Am liebsten hätte sie gehalten, aber wo? Wo wäre sie sicher? Auf dem Randstreifen? Die anderen Fahrer hatten auch alle Mühe, die Spur zu halten, sie sahen genauso wenig wie Denise. Spontan entschied sie sich weiterzufahren – das schien ihr allemal sicherer. Ihre Augen sprangen von der Fahrbahn zu den Rücklichtern der Wagen vor ihr und zum Rückspiegel ; sie hoffte und betete, alle anderen würden das auch so machen und fortwährend nach Orientierungspunkten suchen, welcher Art auch immer.

Und dann, ebenso plötzlich, wie alles begonnen hatte, ließ das Unwetter nach und man konnte wieder sehen. Sie vermutete, dass sie den Rand der Wetterfront erreicht hatte. Die anderen Fahrer kamen offenbar zu dem gleichen Schluss. Trotz der vom Regen glitschigen Fahrbahn beschleunigten sie und versuchten, dem Unwetter davonzufahren. Auch Denise beschleunigte und hielt das Tempo. Zehn Minuten später – der Regen hatte nicht aufgehört, ließ aber immer mehr nach – warf sie einen Blick auf die Benzinanzeige und spürte, wie sich ihr Magen zusammenkrampfte. Sie würde bald anhalten müssen. Das Benzin reichte nicht für den Rest des Weges nach Hause.

Minuten vergingen.

Der Verkehr nahm ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Es war Neumond und praktisch stockdunkel. Sie warf wieder einen Blick auf das Armaturenbrett. Die Nadel auf der Benzinanzeige zitterte tief im rot schraffierten Bereich. Obwohl sie den Vorsprung vor dem Unwetter halten wollte, drosselte sie die Geschwindigkeit und hoffte, dadurch Benzin zu sparen. Sie hoffte, es würde reichen. Sie hoffte, dem Unwetter voraus bleiben zu können.

Die anderen Autos fingen an zu rasen und spritzten riesige Fontänen gegen ihre Windschutzscheibe, ihre Scheibenwischer sausten hin und her. Sie fuhr und fuhr.

Weitere zehn Minuten vergingen, bevor sie erleichtert aufatmete. Eine Tankstelle, weniger als eine Meile vor ihr, so zeigte das Schild es an. Sie setzte den Blinker, wechselte die Fahrbahn, ordnete sich rechts ein und fuhr ab. An der ersten Tanksäule, die in Betrieb war, hielt sie an.

Sie hatte es geschafft, aber sie wusste, das Unwetter war ihr auf den Fersen. Es würde innerhalb der nächsten Viertelstunde hier sein, wenn nicht eher. Sie hatte Zeit, aber nicht allzu viel.

So schnell sie konnte, füllte sie den Tank, dann half sie Kyle aus seinem Kindersitz und nahm ihn an die Hand, als sie zum Bezahlen gingen; Denise bestand darauf, weil so viele Autos an der Tankstelle waren. Kyle war kleiner, als der Türgriff hoch war. Als sie eintraten, merkte sie, wie voll es war. Anscheinend hatten alle auf dem Highway die gleiche Idee gehabt – schnell tanken, bevor es zu spät ist. Denise nahm eine Dose Cola light aus dem Regal, ihre dritte an dem Tag, und suchte in den Kühlschränken hinten an der Wand nach einer Erdbeermilch für Kyle. Es wurde spät und Kyle trank gern Milch vor dem Einschlafen. Vielleicht schaffte sie es, das Unwetter hinter sich zu lassen, und er würde den Rest des Weges schlafen.

An der Kasse war sie die Fünfte in der Schlange. Die Leute vor ihr sahen ungeduldig und müde aus, als könnten sie nicht verstehen, warum es um diese Tageszeit so voll sein musste. Fast schien es, als hätten sie das Unwetter vergessen, aber der Ausdruck in ihren Augen sagte ihr, dass dies nicht der Fall war. Alle standen unter Anspannung. Beeilt euch, sagten ihre Mienen, wir müssen weiter.

Denise seufzte. Sie spürte die Verkrampfung in ihrem Nacken und lockerte die Schultern. Viel half es nicht. Sie machte die Augen zu, rieb sich die Lider und machte die Augen wieder auf. Im Gang hinter sich hörte sie, wie eine Mutter mit ihrem kleinen Sohn stritt. Denise warf einen Blick über die Schulter. Der Junge schien ungefähr im gleichen Alter wie Kyle, viereinhalb oder so. Seine Mutter wirkte so gereizt, wie Denise sich fühlte. Sie hielt ihren Sohn fest am Arm. Der Junge stampfte mit dem Fuß auf.

»Ich will aber ein Stück Kuchen!«, jaulte er.

Seine Mutter blieb fest. »Ich habe nein gesagt. Du hast heute schon genug Süßes gegessen.«

»Aber du holst was für dich!«

Denise drehte sich wieder nach vorn. Die Schlange war nicht vorgerückt. Wieso dauerte das nur so lange? Sie reckte den Hals und versuchte, um die vor ihr Stehenden herum zu erkennen, was los war. Anscheinend war die Kassiererin dem Ansturm nicht gewachsen und alle Kunden vor ihr wollten mit Kreditkarte bezahlen. Wieder verging eine Minute, ein Kunde war fertig. Dann stellte sich die Mutter mit ihrem Sohn hinter Denise an, der Streit ging weiter.

Denise legte Kyle eine Hand auf die Schulter. Er trank seine Milch durch einen Strohhalm und stand still neben ihr. Sie konnte nicht umhin, den Streit hinter sich mitzuhören.

»Bitte, Mom!«

»Wenn du nicht aufhörst, fängst du dir eine! Wir haben keine Zeit für so was.«

»Aber ich hab Hunger.«

»Dann hättest du deinen Hot Dog essen sollen.«

»Ich wollte aber keinen Hot Dog.«

Und so ging es weiter. Nach drei weiteren Kunden stand Denise endlich vor der Kasse, öffnete ihr Portemonnaie und bezahlte bar. Sie hatte eine Kreditkarte für Notfälle, benutzte sie aber so gut wie nie. Die Kassiererin tat sich offensichtlich schwerer damit, Wechselgeld abzuzählen, als Kreditkarten durch den Scanner zu ziehen. Immer wieder sah sie auf die Rückgeldanzeige und rechnete mühsam den korrekten Betrag aus. Der Streit zwischen Mutter und Sohn ging unvermindert weiter. Schließlich nahm Denise ihr Wechselgeld entgegen, steckte ihr Portemonnaie ein und wandte sich zur Tür. Sie wusste, wie angespannt alle an einem Abend wie diesem waren, und sah die Mutter hinter sich mit einem Lächeln an, als wollte sie sagen: Kinder machen einem das Leben manchmal richtig schwer, nicht wahr?

Die Frau verdrehte zur Antwort die Augen. »Sie Glückliche«, sagte sie.

Denise sah sie verdutzt an. »Wie bitte?«

»Ich meinte, Sie Glückliche.« Mit dem Kopf deutete sie auf ihren Sohn. »Der hier hält nicht fünf Minuten den Mund.«

Denise senkte den Blick, nickte mit zusammengepressten Lippen, drehte sich um und ging. Trotz der Anspannung, die das Wetter verursachte, trotz der langen Fahrt und der vielen Stunden, die sie in dem Zentrum für Verhaltensforschung verbracht hatte, kreisten ihre Gedanken nur um Kyle. Auf dem Weg zur Tür hätte Denise am liebsten geweint.

»Nein«, flüsterte sie, »die Glückliche sind Sie.«

Kapitel 1

Warum war alles so gekommen? Warum hatte es von allen Kindern Kyle getroffen?

Nach dem Tanken fuhr Denise wieder auf den Highway, sie hatte immer noch einen Vorsprung vor dem Unwetter. In den nächsten zwanzig Minuten regnete es weiter, zwar nicht wolkenbruchartig, aber doch kräftig. Sie sah zu, wie die Scheibenwischer das Wasser zur einen, dann zur anderen Seite schoben, und fuhr weiter in Richtung Edenton, North Carolina. Ihre Cola light hatte sie zwischen der Handbremse und dem Fahrersitz eingeklemmt, und obwohl sie wusste, dass es ihr nicht gut tat, trank sie den Rest aus und wünschte sich auf der Stelle, sie hätte noch eine Dose gekauft. Sie hoffte, das zusätzliche Koffein würde sie wach halten und ihre Aufmerksamkeit von Kyle auf das Fahren lenken. Aber Kyle war immer da.

Kyle. Was konnte sie da sagen? Einst war er Teil von ihr gewesen, ab der zwölften Woche hatte sie seinen Herzschlag gespürt, in den letzten fünf Monaten ihrer Schwangerschaft konnte sie seine Bewegungen in sich fühlen. Nach der Geburt, noch im Kreißsaal, hatte sie ihn angesehen und war überzeugt, dass es auf der Welt nichts Schöneres gab. Das Gefühl war unverändert geblieben, obwohl sie keineswegs eine perfekte Mutter war. Inzwischen gab sie sich einfach allergrößte Mühe, nahm das Gute mit dem Schlechten und erfreute sich an den kleinen Dingen. Bei Kyle waren sie manchmal schwer zu finden.

In den letzten vier Jahren hatte sie sich bemüht, Geduld mit ihm zu haben, aber das war nicht immer leicht. Einmal, als er noch kaum laufen konnte, hatte sie ihm mit der Hand den Mund zugehalten, um sein Schreien zu unterdrücken, aber das war, nachdem er die ganze Nacht wach gewesen war und fünf Stunden lang geschrien hatte; und es gibt überall auf der Welt erschöpfte Eltern, die ein solches Fehlverhalten verzeihen würden. Danach hatte sie jedoch versucht, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. Wenn sie merkte, dass sie an ihre Grenzen gelangte, zählte sie langsam bis zehn, bevor sie handelte, und wenn das nichts nützte, verließ sie das Zimmer, um ihre Fassung wieder zu gewinnen. Normalerweise half das, aber es war ein Segen und zugleich ein Fluch. Es war ein Segen, weil sie wusste, dass Geduld nötig war, wenn sie Kyle helfen wollte; es war ein Fluch, weil sie so ihre Fähigkeit als Mutter dauernd in Frage stellte.

Kyle kam auf den Tag genau drei Jahre nachdem ihre Mutter an einem Blutgerinnsel im Gehirn gestorben war, zur Welt, und obwohl sie normalerweise nicht an Zeichen glaubte, konnte sie es dennoch nicht als Zufall betrachten. Kyle, dessen war sie sicher, war ein Geschenk Gottes. Kyle, das wusste sie, war ihr als Ersatz für ihre Familie geschickt worden. Außer ihm hatte sie niemanden auf der Welt. Ihr Vater war gestorben, als sie vier war, sie hatte keine Geschwister, alle ihre Großeltern waren tot. Kyle war der Einzige, auf den sie all die Liebe, die sie zu geben hatte, richtete. Aber das Schicksal ist undurchschaubar, das Schicksal ist nicht vorhersehbar. Obwohl sie Kyle mit Zuneigung überschüttete, war es doch nicht genug. Jetzt führte sie ein Leben, das sie sich so nicht vorgestellt hatte, ein Leben, in dem sie Kyles tägliche Fortschritte sorgfältig in einem Heft vermerkte. Jetzt führte sie ein Leben, das allein ihrem Sohn gewidmet war. Kyle beklagte sich natürlich nicht darüber, wie sie die Tage verbrachten. Kyle war anders als andere Kinder, er beklagte sich nie über etwas. Sie warf einen Blick in den Rückspiegel.

»Woran denkst du, Schatz?«

Kyle sah dem Regen zu, der an die Scheibe gedrückt wurde, den Kopf zur Seite gedreht, seine Decke auf dem Schoß. Er hatte nichts gesagt, seit sie im Auto saßen, und beim Klang ihrer Stimme wandte er den Kopf.

Sie wartete auf seine Antwort. Es kam keine.

Denise Holton lebte in einem Haus, das einst ihren Großeltern gehört hatte. Nach deren Tod hatte ihre Mutter es geerbt und schließlich war es an Denise übergegangen. Es war nichts Besonderes – ein kleines, windschiefes Haus auf drei Hektar Land, das in den zwanziger Jahren gebaut worden war. Die beiden Schlafzimmer und das Wohnzimmer waren so schlecht nicht, aber die Küche bedurfte dringend einer neuen Ausstattung und das Badezimmer hatte keine Dusche. Die Holzböden der vorderen und hinteren Veranda hingen durch und ohne den tragbaren Ventilator hätte sie manchmal das Gefühl, sie würde bei lebendigem Leibe gebraten. Aber da sie mietfrei wohnen konnte, war es genau das, was sie brauchte. Seit drei Monaten war es ihr Zuhause.

In Atlanta zu bleiben, wo sie aufgewachsen war, wäre unmöglich gewesen. Nach Kyles Geburt hatte sie das Geld, das ihre Mutter ihr hinterlassen hatte, gebraucht, um bei ihm zu Hause zu bleiben. Damals hatte sie geglaubt, es sei eine zeitlich begrenzte Arbeitspause. Wenn er ein bisschen älter war, so ihr Plan, wollte sie wieder als Lehrerin arbeiten. Das Geld würde ihr ausgehen und dann würde sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen müssen. Außerdem hatte ihr das Unterrichten großen Spaß gemacht. Schon nach einer Woche hatte sie ihre Schüler und Kollegen vermisst. Inzwischen waren Jahre vergangen, sie war immer noch zu Hause mit Kyle und die Welt der Schule war nichts weiter als eine vage und ferne Erinnerung, eher ein Traum als etwas Wirkliches. Sie konnte sich an keine Unterrichtsstunde, an den Namen keiner ihrer Schüler mehr erinnern. Wenn sie es nicht genau wüsste, würde sie steif und fest behaupten, sie hätte nie als Lehrerin gearbeitet.

Die Jugend hält das Versprechen des Glücks bereit, aber das Leben die Wirklichkeit der Trauer. Ihr Vater, ihre Mutter, ihre Großeltern – alle tot, bevor sie selbst einundzwanzig war. In dem Alter war sie bei fünf verschiedenen Bestattungsinstituten gewesen, aber laut Gesetz war sie nicht alt genug, um in eine Bar zu gehen und in ihrem Kummer ein Gläschen zu trinken. Sie hatte mehr als ihren Anteil an Traurigkeit erlebt, aber Gott, so schien es, konnte es dabei nicht bewenden lassen. Wie die Qualen des Hiob hörten auch ihre nicht auf. »Ein ihrem Bildungsniveau entsprechender Lebensstandard?« Vorbei. »Freunde von früher?« Man muss sie hinter sich lassen. »Eine befriedigende Arbeit?« Zu viel verlangt. Und Kyle, der süße, wunderbare Junge, für den sie all dies auf sich nahm – in vielerlei Hinsicht war er immer noch ein Geheimnis für sie.

Statt als Lehrerin zu arbeiten, bediente sie abends in einem Diner mit dem Namen »Eights«, einem gut besuchten Lokal am Ortsausgang von Edenton. Der Besitzer, Ray Toler, war ein Schwarzer um die sechzig, der das Lokal seit dreißig Jahren führte. Er und seine Frau hatten sechs Kinder großgezogen, die alle auf dem College gewesen waren. Kopien ihrer Abschlusszeugnisse hingen an der Wand und alle, die dort essen gingen, wussten darüber Bescheid. Dafür sorgte Ray. Er sprach auch gern über Denise. Sie war die Einzige, so erzählte er oft, die mit ihrer Bewerbung einen Lebenslauf eingereicht hatte.

Ray verstand, was es bedeutete, arm zu sein, er war ein Mann, der Freundlichkeit zeigen konnte und der wusste, wie schwer das Leben für alleinerziehende Mütter war. »Hinter der Gaststube ist ein kleines Zimmer«, sagte er, als er sie einstellte. »Sie können Ihren Sohn mitbringen, solange er Ihnen nicht zwischen den Füßen rumläuft.« Tränen traten ihr in die Augen, als er ihr das Zimmer zeigte. Es standen zwei Betten darin, es gab ein Nachtlicht, es war ein Raum, in dem Kyle sicher schlafen konnte. Als sie am nächsten Abend mit ihrer Schicht anfing, legte sie Kyle in dem kleinen Zimmer schlafen; Stunden später lud sie ihn in ihr Auto und nahm ihn mit nach Hause. Seitdem hatte sich an diesem Ablauf nichts geändert.

Sie arbeitete an vier Abenden in der Woche eine Fünf-Stunden-Schicht und verdiente kaum genug, um davon zu leben. Vor zwei Jahren hatte sie ihren Honda verkauft und einen alten, aber zuverlässigen Datsun angeschafft und mit dem Differenzbetrag ihre Kasse aufgebessert. Dieses Geld, sowie alles, was ihre Mutter ihr hinterlassen hatte, war inzwischen längst ausgegeben. Sie war Meisterin im Haushalten, Meisterin im Sparen geworden. Seit dem vorletzten Weihnachten hatte sie sich keine neuen Kleider gekauft; ihre Möbel waren zwar ordentlich, aber sie stammten aus einem anderen Leben. Sie abonnierte keine Zeitschriften, sie hatte kein Kabelfernsehen, ihre Stereoanlage war ein altes Gerät aus Collegezeiten. Der letzte Film, den sie im Kino gesehen hatte, war »Schindlers Liste«. Sie führte selten Ferngespräche mit ihren Freunden. Sie hatte 238 Dollar auf der Bank. Ihr Auto war neunzehn Jahre alt und hatte so viele Meilen auf dem Buckel, dass es fünfmal dem Erdumfang entsprach.

Nichts von alledem war jedoch wichtig. Allein Kyle war wichtig.

Aber noch nie hatte er ihr gesagt, dass er sie liebte.

Wenn Denise nicht im Diner arbeitete, saß sie abends gewöhnlich in dem Schaukelstuhl auf der hinteren Veranda mit einem Buch auf dem Schoß. Sie las gern draußen, wo das an- und abschwellende Zirpen der Zikaden beruhigend war in seiner Monotonie. Ihr Haus war umgeben von Eichen und Zypressen und Hickorynussbäumen, die alle dicht mit Louisianamoos bewachsen waren. Manchmal, wenn das Mondlicht genau im richtigen Winkel einfiel, sprangen Schatten über den Kiesweg, die wie exotische Tiere aussahen.

In Atlanta hatte sie zum Vergnügen gelesen. Ihr Geschmack reichte von Steinbeck und Hemingway bis zu Grisham und Stephen King. Obwohl die Bücher dieser Autoren auch in der Stadtbibliothek standen, lieh sie sie nicht mehr aus. Stattdessen benutzte sie die Computer in den Leseräumen, auf denen die Bibliotheksbenutzer freien Zugang zum Internet hatten. Sie schlug bei den klinischen Forschungsberichten der großen Universitäten nach und ließ sich die relevanten Artikel ausdrucken. Der Ordner, den sie dafür angelegt hatte, war inzwischen fast zehn Zentimeter dick.

Auf dem Fußboden neben ihrem Stuhl lag ein Stapel Psychologiebücher. Ihre Anschaffung war teuer und riss ein erhebliches Loch in ihr Budget. Sie gab die Hoffnung nicht auf, und nachdem sie sie bestellt hatte, wartete sie gespannt darauf, dass sie eintrafen. Diesmal, dachte sie jedes Mal, würde sie etwas herausfinden, was sie weiterbringen würde.

Wenn die Bücher geliefert wurden, saß sie stundenlang darüber und studierte sie intensiv. Während die Lampe ihren stetigen Schein auf das Buch warf, las sie die Aufsätze, von denen die meisten Informationen enthielten, die sie schon kannte, aber sie ließ sich dennoch Zeit. Hin und wieder machte sie sich eine Notiz, manchmal knickte sie auch einfach die Seite um und markierte eine Stelle. So verging eine Stunde, manchmal waren es zwei, bevor sie endlich das Buch zuklappte und den Abend beschloss. Dann stand sie auf und streckte ihre steif gewordenen Glieder. Wenn sie die Bücher auf ihrem kleinen Schreibtisch im Wohnzimmer abgelegt hatte, sah sie nach Kyle und ging dann wieder nach draußen.

Ein Kiesweg führte zwischen den Bäumen hindurch zu einem zerbrochenen Zaun, der das Grundstück begrenzte. Mit Kyle ging sie diesen Weg am Tag, in der Dunkelheit ging sie ihn allein. Fremde Geräusche drangen von überall her zu ihr: Von oben kam der Schrei einer Eule, da drüben raschelte es in den Sträuchern, neben ihr huschte etwas über einen Ast. Eine Meeresbrise bewegte die Blätter und das Rauschen klang wie das Meer; Mondlicht fiel durch die Äste. Aber der Weg führte geradeaus, sie kannte ihn gut. Hinter dem Zaun drängte sich der Wald dicht um sie. Mehr Geräusche, weniger Licht, aber sie ging trotzdem weiter. Schließlich wurde die Dunkelheit fast erdrückend. Doch dann konnte sie das Wasser hören, der Chowan war nah. Noch eine Baumgruppe, eine scharfe Biegung nach rechts und plötzlich war es, als hätte sich die Welt vor ihr entfaltet. Der Fluss, breit und behäbig, lag vor ihr. Mächtig, ewig, schwarz wie die Zeit. Dann verschränkte sie die Arme, sah zu ihm hinab und ließ die Ruhe, die er verströmte, über sich hinwegspülen. Sie blieb immer nur ein paar Minuten, selten länger, weil Kyle im Haus war.

Und sie seufzte und wandte sich vom Fluss ab; sie wusste, es war Zeit zu gehen.

Kapitel 2

Im Auto, immer noch vor dem Unwetter herfahrend, dachte Denise daran, wie sie in der Praxis dem Arzt gegenübergesessen hatte, während er die Ergebnisse des Tests mit Kyle aus dem Bericht vorlas.

»Das Kind ist männlich und zum Zeitpunkt der Tests vier Jahre und vier Monate alt … Kyle ist ein hübscher Junge ohne sichtbare körperliche Mängel am Kopf oder im Gesichtsbereich … kein Kopftrauma, soweit bekannt … die Schwangerschaft wurde von der Mutter als normal beschrieben …«

So fuhr der Arzt ein paar Minuten fort, fasste die Ergebnisse der verschiedenen Tests zusammen und kam dann zu seiner Schlussfolgerung.

»Obwohl der IQ im normalen Bereich liegt, ist sowohl die rezeptive als auch die expressive Sprachentwicklung des Kindes stark beeinträchtigt … möglicherweise liegt eine allgemeine akustische Auflösungsschwäche vor, obwohl eine Ursache dafür nicht festgestellt werden kann … die sprachlichen Fertigkeiten des Kindes entsprechen schätzungsweise denen eines Zweijährigen … über zukünftige Sprach-und Lernfähigkeit kann zu diesem Zeitpunkt keine Prognose gemacht werden …«

Kaum besser als bei einem Kleinkind, konnte sie nicht umhin zu denken.

Als der Arzt fertig war, legte er den Bericht zur Seite und sah Denise mitleidvoll an.

»Anders ausgedrückt«, sagte er langsam, als hätte sie nicht verstanden, was er soeben vorgelesen hatte, »Kyle hat Probleme beim Erlernen von Sprache. Aus irgendwelchen Gründen – wir kennen sie nicht – kann Kyle nicht seinem Alter gemäß sprechen, obwohl sein IQ normal ist. Außerdem versteht er Sprache nicht in dem gleichen Ausmaß wie andere Vierjährige.«

»Ich weiß.«

Die Sicherheit, mit der sie antwortete, verblüffte ihn. Denise hatte den Eindruck, dass er entweder Widerspruch, eine Entschuldigung oder eine Liste vorhersehbarer Fragen erwartet hatte. Als er merkte, dass sie weiter nichts sagen wollte, räusperte er sich.

»Hier ist eine Notiz, die besagt, dass sie ihn noch von jemand anders haben beurteilen lassen.«

Denise nickte. »Das ist richtig.«

Er blätterte in den Papieren. »Die Berichte liegen dieser Akte nicht bei.«

»Ich habe sie Ihnen nicht gegeben.«

Er zog die Augenbrauen leicht in die Höhe.

»Warum nicht?«

Sie griff nach ihrer Handtasche, nahm sie auf den Schoß und dachte nach. Schließlich sagte sie: »Kann ich offen sprechen?«

Sie warf einen Blick auf Kyle, bevor sie sich wieder dem Arzt zuwandte. »Bei Kyle sind in den vergangenen zwei Jahren immer wieder falsche Diagnosen gestellt worden – alles von Taubheit über Autismus und allgemeine Entwicklungsstörungen bis hin zu einer akustischen Auflösungsschwäche. Im Laufe der Zeit stellten sich alle diese Diagnosen als nicht zutreffend heraus. Wissen Sie, wie schwer es für eine Mutter ist, sich diese Dinge über ihr Kind anzuhören, ihnen monatelang Glauben zu schenken, alles darüber zu lesen und es schließlich zu akzeptieren, um dann gesagt zu bekommen, dass es ein Irrtum war?«

Der Arzt antwortete nicht. Denise sah ihm in die Augen und hielt seinen Blick fest, bevor sie fortfuhr:

»Ich weiß, dass Kyle Probleme mit der Sprache hat, und Sie können mir glauben, dass ich alles über akustische Auflösungsschwäche gelesen habe. Um ehrlich zu sein, ich habe wahrscheinlich ebenso viel darüber gelesen wie Sie. Dennoch wollte ich seine Sprachfähigkeiten von einem unabhängigen Dritten testen lassen, um genau zu erfahren, wo er Hilfe braucht. In dieser Welt muss er auch mit anderen sprechen können, nicht nur mit mir.«

»Also … dann habe ich Ihnen nichts Neues gesagt.«

Denise schüttelte den Kopf. »So ist es.«

»Macht er bei einem Programm mit?«

»Ich arbeite mit ihm zu Hause.«

Er schwieg einen Moment, dann sagte er: »Geht er zu einem Sprach- oder Verhaltenstherapeuten, zu Experten, die mit Kindern wie ihm gearbeitet haben?«

»Nein. Er ist über ein Jahr dreimal die Woche bei einem Therapeuten gewesen, aber das hat offenbar nicht geholfen. Er kam einfach nicht vorwärts, deswegen habe ich ihn letzten Oktober rausgenommen. Jetzt mache ich es allein.«

»Ich verstehe.« Er sagte das in einem Ton, der ausdrückte, dass er mit ihrer Entscheidung nicht einverstanden war.

Sie sah ihn aus schmalen Augen an.

»Sie müssen eins wissen – obwohl diese Einschätzung zeigt, dass Kyle auf dem Stand eines Zweijährigen ist, ist das eine Verbesserung. Bevor ich anfing, mit ihm zu arbeiten, hat er überhaupt keine Fortschritte gemacht.«

Das lag drei Stunden zurück, Denise war auf dem Highway und fuhr nach Hause; ihre Gedanken schweiften zu Brett Cosgrove, Kyles Vater. Er war ein Mann, der Blicke auf sich zog, der Typ, dem auch Denise nachsah: groß und schlank, mit dunklen Augen und schwarzen Haaren. Sie hatte ihn auf einer Party gesehen, von Menschen umgeben, offensichtlich daran gewöhnt, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Damals war sie dreiundzwanzig gewesen, ledig, in ihrem zweiten Berufsjahr als Lehrerin. Sie fragte ihre Freundin Susan, wer er sei. Sie erfuhr, dass Brett für ein paar Wochen in der Stadt war und für eine Investment-Bank arbeitete, deren Namen Denise inzwischen vergessen hatte. Es war unerheblich, dass er nicht in der Stadt wohnte. Sie sah in seine Richtung, er sah zu ihr herüber und ihre Blicke trafen sich in den nächsten vierzig Minuten immer wieder, bis er zu ihr kam und sie ansprach.

Wer kann erklären, was dann geschah? Hormone? Einsamkeit? Die Stimmung des Moments? Was immer die Gründe waren, sie verließen die Party kurz nach elf, tranken noch etwas in der Hotelbar und unterhielten sich dabei mit witzigen Anekdoten, kokettierten mit dem, was dann geschehen könnte, und landeten zusammen im Bett. Sie sah ihn nur dieses einzige Mal. Er ging wieder nach New York, wo er sein Leben hatte. Wo er, so vermutete sie, auch eine Freundin hatte, die zu erwähnen er vergessen hatte. Und sie hatte ihr Leben.

Im ersten Moment schien die Episode nicht so wichtig, aber einen Monat darauf, als sie eines Dienstagmorgens auf dem Fußboden im Badezimmer hockte, die Arme um die Toilettenschüssel geschlungen, war es schon um einiges wichtiger. Sie ging zum Arzt, der bestätigte, was sie längst wusste.

Sie war schwanger.

Sie rief Brett an, erreichte seinen Anrufbeantworter und bat ihn zurückzurufen; drei Tage später rief er endlich an. Er hörte zu, dann seufzte er und es klang genervt. Er bot ihr an, für eine Abtreibung zu bezahlen. Als Katholikin, sagte sie, käme das für sie nicht in Frage. Verärgert fragte er sie, wie das habe geschehen können. »Ich glaube, du weißt die Antwort darauf schon«, hatte sie geantwortet. Er fragte, ob sie sicher sei, dass das Kind von ihm sei. Sie schloss die Augen und versuchte ruhig zu bleiben, sich nicht provozieren zu lassen. Ja, es sei seins. Wieder bot er ihr Geld für eine Abtreibung. Wieder sagte sie nein. Was solle er ihrer Meinung nach tun, fragte er sie. Er solle gar nichts tun, sagte sie, sie sei einfach der Meinung, er solle es wissen. Er würde Einspruch erheben, wenn sie Unterhalt forderte, sagte er. Sie sagte, das erwarte sie nicht von ihm, aber sie müsse wissen, ob er in dem Leben des Kindes eine Rolle spielen wolle. Sie hörte sich seinen Atem am anderen Ende der Leitung an. Nein, sagte er schließlich. Er war mit jemandem verlobt.

Seitdem hatte sie nie wieder mit ihm gesprochen.

In Wahrheit war es leichter, Kyle gegenüber einem Arzt zu verteidigen als sich selbst gegenüber. In Wahrheit machte sie sich größere Sorgen, als sie sich anmerken ließ. Obwohl er große Fortschritte gemacht hatte, war das Sprachverhalten eines Zweijährigen nichts, worüber man jubeln konnte. Kyle würde im Oktober fünf.

Trotzdem, sie würde sich nicht geschlagen geben. Nie würde sie sich geschlagen geben, obwohl die Aufgabe, die sie mit ihm übernommen hatte, die schwerste war, die sich ihr je gestellt hatte. Nicht nur gestaltete sie seinen normalen Tagesablauf – sie machte ihm sein Essen, ging mit ihm in den Park, spielte mit ihm zu Hause, zeigte ihm die Umgebung und so weiter –, sondern sie arbeitete auch mit ihm und übte mit ihm Sprechen, vier Stunden jeden Tag, sechs Tage in der Woche. Zwar hatte er eindeutig Fortschritte gemacht, seit sie mit ihm übte, doch waren sie keineswegs gleichmäßig. An manchen Tagen sagte er alles nach, was sie ihm vorsprach, und an anderen Tagen tat er es nicht. An manchen Tagen verstand er neue Begriffe mit Leichtigkeit, an anderen schien er weiter zurück als sonst. Meistens konnte er Fragen mit »was« und »wer« beantworten; Fragen mit »wie« und »warum« verstand er überhaupt nicht. Und was die Fähigkeit zu einem Gespräch anging, das einen vernünftigen Austausch zwischen zwei Menschen ermöglichte, so war das nichts weiter als eine wissenschaftliche Hypothese und ging weit über seine Fähigkeiten hinaus.

Den Nachmittag zuvor hatten sie am Ufer des Chowan zugebracht. Er hatte Freude daran zu beobachten, wie die Boote auf dem Weg zur Batchelor Bay durch das Wasser pflügten, und es war eine Abwechslung in seinem Tagesablauf. Normalerweise war er, wenn sie zusammen arbeiteten, auf einem Stuhl im Wohnzimmer angeschnallt. Der Stuhl half ihm, sich zu konzentrieren.

Sie hatte sich eine schöne Stelle ausgesucht. Hickorynussbäume säumten das Ufer und die Farnwedel waren gegenüber den Stechmücken in der Überzahl. Sie saßen auf einer Wiese voller Klee, nur sie beide. Kyle blickte aufs Wasser. Denise machte sich in einem Notizbuch sorgfältig Aufzeichnungen über seine Fortschritte und schrieb gerade ihre letzte Beobachtung auf. Ohne aufzusehen sagte sie:

»Siehst du ein Boot, Schatz?«

Kyle antwortete nicht. Stattdessen hob er sein Spielzeugflugzeug in die Luft und tat so, als ließe er es fliegen. Ein Auge hatte er geschlossen, das andere war auf das Spielzeug in seiner Hand gerichtet.

»Kyle, Schatz, siehst du ein Boot?«

Er machte mit dem Mund ein Motorengeräusch nach, als würden die Düsen voll aufgedreht. Er beachtete sie gar nicht.

Sie sah über das Wasser. Es waren keine Boote in Sicht. Sie berührte leicht seine Hand, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

»Kyle? Sag: ›Ich sehe kein Boot.‹«

»Fuseu.«

»Ich weiß, das ist ein Flugzeug. Sag: ›Ich sehe kein Boot.‹«

Er hob das Flugzeug etwas höher, ein Auge war immer noch darauf gerichtet. Dann sprach er wieder.

»Dünfuseu.«

Sie seufzte. »Ja, es ist ein Düsenflugzeug.«

»Fuseu.«

Sie sah sein Gesicht an, so vollkommen, so bildschön, so normal. Mit dem Finger drehte sie sein Gesicht zu sich her.

»Auch wenn wir draußen sind – wir müssen trotzdem üben, okay? … Du musst das tun, was ich sage, sonst gehen wir ins Haus, zu deinem Stuhl. Das willst du doch nicht, oder?«

Kyle mochte seinen Stuhl nicht. Wenn er erst einmal angegurtet war, konnte er nicht mehr raus und kein Kind, Kyle eingeschlossen, mochte das. Doch Kyle, voller Konzentration, ließ sein Spielzeugflugzeug weiter vorwärts und rückwärts fliegen und richtete es an dem vorgestellten Horizont aus.

Denise versuchte es noch einmal.

»Sag: ›Ich sehe kein Boot.‹«

Nichts.

Sie zog eine Süßigkeit aus der Tasche.

Kyle sah sie und griff danach. Sie hielt sie so, dass er nicht rankam.

»Kyle? Sag: ›Ich sehe kein Boot.‹«

Er wisperte: »I se tei Boo.«

Denise beugte sich zu ihm hinüber und küsste ihn und gab ihm die Süßigkeit.

»Sehr gut, Schatz, sehr gut. Das hast du gut gemacht! Du machst das sehr gut!«

Kyle ließ ihr Lob über sich ergehen und aß seine Süßigkeit, dann nahm er sich wieder sein Flugzeug vor.

Denise vermerkte seine Worte in ihrem Notizbuch und fuhr mit der Übung fort. Sie sah hoch und überlegte, was er an dem Tag noch nicht gesagt hatte.

»Kyle, sag: ›Der Himmel ist blau.‹«

Ohne zu zögern sagte er:

»Fuseu.«

Sie saßen immer noch im Auto, noch zwanzig Minuten bis nach Hause. Sie hörte, wie Kyle sich in seinem Sitz bewegte, und warf einen Blick in den Rückspiegel. Bald war es wieder still im Auto und sie gab sich Mühe, keinerlei Geräusche zu machen, bis sie sicher war, dass er wieder eingeschlafen war.

Kyle.

Der Tag davor war typisch gewesen für ihr Leben mit ihm. Ein Schritt vor, ein Schritt zurück, zwei Schritte zur Seite, ein ständiges Ringen. Er konnte mehr als früher, aber er war immer noch viel zu weit zurück. Würde er je aufholen?

Draußen standen dunkle Wolken am Himmel, der Regen fiel ohne Unterlass. Auf dem Rücksitz träumte Kyle, seine Augenlider zuckten. Wie seine Träume wohl aussahen, fragte sie sich. Waren sie tonlos, wie ein Stummfilm, der in seinem Kopf ablief, nichts weiter als Bilder von Raumschiffen und Düsenjägern, die durch den Himmel kreuzten? Oder träumte er mit den wenigen Wörtern, die er kannte? Sie wusste es nicht. Manchmal, wenn er schlief und sie neben seinem Bett saß, stellte sie sich vor, dass er in seinen Träumen in einer Welt lebte, wo jeder ihn verstand, wo die Sprache wirklich war, vielleicht nicht Englisch, aber eine Sprache, die für ihn einen Sinn ergab. Sie hoffte, dass er davon träumte, mit anderen Kindern zu spielen, mit Kindern, die auf ihn reagierten, die nicht vor ihm zurückschraken, weil er nicht sprechen konnte. In seinen Träumen war er, so hoffte sie, glücklich. Das wenigstens konnte Gott tun, oder?

Sie fuhr auf dem leeren Highway und war allein. Auch mit Kyle hinten im Auto – sie war dennoch allein. Sie hatte dieses Leben nicht gewählt, es war das einzige Leben, das ihr angeboten wurde. Sicher, es hätte alles noch schlimmer sein können, und sie bemühte sich, das nicht aus dem Auge zu verlieren. Aber die meiste Zeit war es nicht leicht.

Hätte Kyle diese Probleme auch, wenn sein Vater da wäre? Wenn sie ganz ehrlich mit sich war, konnte sie nicht sicher sein, aber sie wollte es eigentlich nicht glauben. Sie hatte einmal einen von Kyles Ärzten gefragt und er hatte gesagt, er wisse es nicht. Eine ehrliche Antwort – eine, die sie erwartet hatte –, aber danach hatte sie eine Woche lang Schlafprobleme gehabt. Weil der Arzt die Idee nicht schlicht von sich gewiesen hatte, nistete sie sich in ihrem Kopf ein. War sie in irgendeiner Weise verantwortlich für Kyles Probleme? Diese Gedanken hatten zu weiteren Fragen geführt. Wenn nicht der fehlende Vater, war es vielleicht etwas, das sie in der Schwangerschaft falsch gemacht hatte? Hatte sie sich schlecht ernährt, sich nicht genügend geschont? Hätte sie mehr Vitamintabletten nehmen sollen? Oder weniger ? Hatte sie ihm häufig genug vorgelesen, als er ganz klein war? Hatte sie ihn zu wenig beachtet, als er sie besonders nötig brauchte? Die möglichen Antworten auf diese Fragen waren schmerzlich und mit schierer Willenskraft verdrängte sie sie aus ihrem Kopf. Aber manchmal, zu später Stunde, kamen sie wieder. Wie eine Flechte, die sich durch den Wald fortpflanzt, ließen sie sich nicht für immer unterdrücken.

War sie irgendwie für all das verantwortlich?

In solchen Momenten ging sie leise über den Flur in Kyles Schlafzimmer und sah ihn an, wie er schlief, mit einer weißen Decke um den Kopf geschlungen, ein Spielzeug in der Hand. Während sie ihn anblickte, war ihr Herz voller Kummer, aber sie empfand auch Freude. Einmal, als sie noch in Atlanta war, hatte jemand sie gefragt, ob sie Kyle bekommen hätte, wenn sie gewusst hätte, was ihnen beiden bevorstand. »Natürlich«, war ihre spontane Antwort gewesen. Und tief in ihrem Inneren wusste sie, dass das ehrlich war. Trotz seiner Probleme war Kyle ein Segen für sie. Würde sie eine Liste mit Gründen für und gegen ein Leben mit ihm aufstellen, dann war die Seite mit den Gründen dafür nicht nur länger, sondern auch bedeutungsvoller.

Aber sie liebte ihn nicht nur seiner Probleme wegen, sie hatte auch das Bedürfnis, ihn zu beschützen. Es gab an jedem einzelnen Tag Momente, in denen sie zu seiner Verteidigung eilen und ihn entschuldigen wollte, um anderen zu erklären, dass er zwar normal aussah, aber dass in seinem Gehirn etwas falsch geschaltet war. Meistens tat sie es jedoch nicht. Sie beschloss, dass andere Menschen zu ihrem eigenen Urteil über ihn kommen sollten. Wenn sie nicht verstanden, wenn sie ihm keine Chance gaben, dann war es ihr Verlust. Denn trotz all seiner Schwierigkeiten war Kyle ein wunderbares Kind. Er tat anderen Kindern nicht weh; er biss nicht und zankte nicht mit ihnen, er kniff sie nicht, er nahm ihnen ihre Spielsachen nicht weg, er ließ andere mit seinen spielen, auch wenn er es eigentlich nicht wollte. Er war ein liebes Kind, das liebste, das sie kannte, und wenn er lächelte … Gott, er war einfach hinreißend. Wenn sie zurücklächelte, dann lächelte er immer weiter und für den Bruchteil einer Sekunde dachte sie, alles sei in Ordnung. Sie sagte ihm, dass sie ihn liebe, und sein Lächeln wurde noch breiter, aber weil er nicht gut sprechen konnte, hatte sie manchmal das Gefühl, dass sie die Einzige war, die merkte, wie wunderbar er wirklich war. Und Kyle saß allein im Sandkasten und spielte mit seinen Autos, während die anderen Kinder ihn ignorierten.

Sie machte sich ständig Sorgen um ihn, und obwohl alle Mütter sich Sorgen um ihre Kinder machten, wusste sie, dass es nicht dasselbe war. Manchmal wünschte sie sich, sie würde jemanden kennen, der auch ein Kind wie Kyle hatte. Dann würde wenigstens jemand verstehen. Wenigstens hätte sie dann jemanden, mit dem sie sprechen könnte, mit dem sie vergleichen könnte, an dessen Schulter sie sich lehnen könnte, wenn sie einmal weinen musste. Wachten andere Mütter auch mit der bangen Frage auf, ob ihr Kind sich irgendwann einmal mit einem anderen Kind anfreunden würde? Ob es je einen Freund haben würde? Jemals? Fragten sich andere Mütter auch, ob ihre Kinder auf eine reguläre Schule gehen oder Sport treiben oder zum Schulball gehen würden? Mussten andere Mütter zusehen, wie ihre Kinder ausgeschlossen wurden, nicht nur von anderen Eltern, sondern auch von anderen Kindern? Begleiteten ihre Sorgen sie auch jeden Tag von neuem, ohne dass ein Ende abzusehen war?

Während sich ihre Gedanken entlang dieser vertrauten Windungen bewegten, fuhr sie mit dem alten Datsun jetzt über bekannte Straßen. Sie würde noch zehn Minuten brauchen. Um die nächste Kurve, über die Brücke, Richtung Edenton, dann links in die Charity Road. Danach noch eine Meile, und sie wären zu Hause. Es regnete nach wie vor und der Asphalt war schwarz und glänzend. Die Scheinwerfer warfen ihr Licht in die Ferne, das im Regen reflektierte – Diamanten, die aus dem Abendhimmel fielen. Sie fuhr durch das namenlose Sumpfland, ein geheimnisvolles Gebiet, so alt wie die Zeit und gänzlich unempfänglich für jede Entwicklung. Nur wenige Menschen lebten hier und sie wurden nur selten gesehen. Auf der Straße waren keine anderen Autos. Als sie mit ungefähr sechzig Meilen um die Kurve kam, sah sie es weniger als vierzig Meter vor sich auf der Straße stehen – ein voll ausgewachsenes Reh, den näher kommenden Scheinwerfern zugewandt, erstarrt in Unschlüssigkeit.

Sie fuhr zu schnell, um anhalten zu können, trat aber instinktiv auf die Bremse. Sie hörte das Kreischen der Reifen, spürte, wie die Reifen auf der regennassen Straße ihre Haftung verloren und wie der Wagen nach vorn katapultiert wurde. Immer noch rührte das Reh sich nicht. Denise konnte seine Augen sehen, zwei gelbe Murmeln, die in der Dunkelheit leuchteten. Sie würde mit ihm zusammenprallen. Denise hörte ihren eigenen Schrei, als sie das Steuerrad herumriss; die Vorderreifen rutschten erst und griffen dann doch. Das Auto schlitterte diagonal über die Fahrbahn und verpasste das Reh um dreißig Zentimeter. Das Reh löste sich aus seiner Erstarrung – zu spät, es spielte keine Rolle mehr – und sprang unversehrt und ohne einen Blick zurück davon.

Aber das Ausweichmanöver war zu viel für das Auto gewesen. Denise spürte, wie die Reifen von der Fahrbahn abhoben und mit voller Wucht wieder aufprallten. Die alten Stoßdämpfer stöhnten und krachten – ein zerbrochenes Trampolin. Die Zypressen standen keine hundert Meter von der Straße entfernt. Sie drehte heftig am Steuerrad, aber der Wagen fuhr weiter geradeaus, als hätte sie gar nichts gemacht. Ihre Augen wurden groß und sie atmete laut ein. Es kam ihr vor, als würde alles in Zeitlupe ablaufen, dann bei normaler Geschwindigkeit, dann wieder in Zeitlupe. Das Ende, das wurde ihr blitzschnell klar, stand schon fest, doch diese Erkenntnis dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde. In dem Moment prallte sie gegen einen Baum; sie hörte das Bersten von Metall und das Splittern von Glas, als der Frontteil des Wagens auf sie zukrachte. Weil ihr Sitzgurt nur um ihre Hüften geschnallt war und nicht über ihre Schulter, prallte ihr Kopf hart auf das Steuerrad. Ein scharfer, bohrender Schmerz auf ihrer Stirn …

Dann nichts.

Kapitel 3

»Hallo, junge Frau, alles in Ordnung?«

Bei dem Klang der fremden Stimme kam die Welt langsam wieder zurück, vage, als würde man in einem trüben Tümpel an die Oberfläche treiben. Denise spürte keinen Schmerz, aber auf ihrer Zunge war der salzig-bittere Geschmack von Blut. Sie wusste noch nicht, was geschehen war, und hob automatisch die Hand an die Stirn, während sie gleichzeitig mit aller Macht die Augen zu öffnen versuchte.

»Bewegen Sie sich nicht … ich rufe einen Krankenwagen … «

Die Worte drangen kaum zu ihr; sie waren ohne Bedeutung für sie. Alles war verschwommen, mal mehr, mal weniger, auch die Geräusche. Langsam, intuitiv drehte sie den Kopf zu der schattenhaften Gestalt, die sie aus dem Augenwinkel wahrnahm.

Ein Mann … dunkle Haare … gelber Regenmantel … wandte sich ab …

Das Seitenfenster war zersplittert und sie spürte den Regen, der ins Wageninnere peitschte. In der Dunkelheit war ein seltsames Zischen zu hören – Dampf, der aus dem Kühler entwich. Langsam konnte sie wieder sehen, zunächst das, was direkt vor ihr war: Glasscherben auf ihrem Schoß, auf ihrer Hose … Blut am Steuerrad vor ihr ...

So viel Blut …

Nichts passte zusammen … ihr Verstand tastete sich durch die fremden Bilder, eins nach dem anderen …

Sie schloss die Augen und spürte zum ersten Mal Schmerz … machte sie wieder auf. Zwang sich nachzudenken. Das Steuerrad … das Auto … sie war im Auto … draußen war es dunkel …

»O Gott!«

Plötzlich stürzte alles auf sie ein: die Kurve … das Reh … das unkontrollierbare Schlingern. Sie drehte sich in ihrem Sitz um. Sie blinzelte durch das Blut in ihren Augen und richtete den Blick auf den Rücksitz – Kyle war nicht im Auto. Sein Sicherheitsgurt war geöffnet, ebenso die Tür auf seiner Seite.

Kyle?

Durch das Fenster rief sie zu der Gestalt, die sie aufgeweckt hatte … wenn da überhaupt eine Gestalt war. Sie wusste nicht genau, ob sie sich das eingebildet hatte.

Aber er war da, er drehte sich um. Denise blinzelte … er kam auf sie zu. Ein Stöhnen kam über ihre Lippen.

Später erinnerte sie sich daran, dass sie sonderbarerweise nicht gleich von Anfang an Angst gehabt hatte. Sie war sich sicher, dass Kyle nichts zugestoßen sein konnte; etwas anderes kam ihr gar nicht in den Sinn. Er war angeschnallt gewesen – das wusste sie ganz genau – und hinten im Wagen war nichts beschädigt. Die hintere Seitentür stand offen … sogar in ihrem benommenen Zustand war sie überzeugt, dass der Mensch – wer immer er war – Kyle aus dem Wagen geholfen hatte. Jetzt stand die Gestalt am Fenster.

»Hören Sie, versuchen Sie nicht zu sprechen. Sie sehen ganz schön schlimm aus. Ich heiße Taylor McAden und bin von der Feuerwehr. Ich habe ein Funkgerät im Auto, damit rufe ich Hilfe für Sie.«

Sie rollte den Kopf herum und fixierte ihn mit verschwommenem Blick. Mit größter Mühe konzentrierte sie sich und versuchte, ihre Worte so klar wie möglich zu sprechen.

»Sie haben meinen Sohn, ja?«

Sie wusste, wie die Antwort lauten würde, wie sie lauten müsste, aber seltsamerweise kam sie nicht. Stattdessen schien er besonders viel Zeit zu brauchen, um sich ihre Worte zu übersetzen, so wie Kyle auch. Er verzog ein wenig den Mund, fast träge, dann schüttelte er den Kopf.

»Nein … ich bin gerade angekommen … Ihr Sohn?«

Erst da – während sie ihn ansah und ihr schreckliche Bilder durch den Kopf schossen – verspürte sie erstmals Angst. Wie eine Welle stürzte sie auf sie ein und Denise fühlte, wie sie im Innern zusammenbrach, wie damals, als sie vom Tod ihrer Mutter erfuhr …

Ein neuer Blitz zuckte auf, Donner folgte unmittelbar. Der Regen strömte vom Himmel und der Mann wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn.

»Mein Sohn saß hinten im Auto! Haben Sie ihn gesehen ?« Die Worte kamen deutlich heraus, nachdrücklich genug, um den Mann am Fenster bestürzt zu machen und ihre letzten betäubten Sinne zu wecken.

»Ich weiß nicht …« In dem plötzlichen Wolkenbruch hatte er nicht klar verstanden, was sie ihm sagen wollte.

Denise versuchte aus dem Auto zu steigen, aber der Sicherheitsgurt um ihre Mitte hielt sie fest. Sie öffnete die Schnalle, ohne den Schmerz in ihrem Handgelenk und dem Ellbogen überhaupt zu beachten. Der Mann trat unwillkürlich einen Schritt zurück, als Denise die Tür aufdrückte. Sie musste sich mit der Schulter dagegenstemmen – die Tür war von dem Aufprall verklemmt. Ihre Knie waren geschwollen, weil sie mit ihnen gegen das Armaturenbrett geschlagen war, und beim Aufstehen hätte sie beinahe das Gleichgewicht verloren.

»Ich glaube, Sie sollten sich besser nicht bewegen.«

Sie hielt sich am Wagen fest und beachtete den Mann gar nicht, sondern ging um das Auto herum auf die andere Seite, wo Kyle gesessen hatte.

Nein, nein, bitte nein …

»Kyle!«

Fassungslos beugte sie sich vor. Sie suchte den Fahrzeugboden ab, sah erneut zum Sitz, als könnte Kyle wie durch ein Wunder plötzlich wieder da sitzen. Das Blut schoss ihr in den Kopf und brachte einen stechenden Schmerz mit sich, den sie ignorierte.

Wo bist du? Kyle …

»Junge Frau …« Der Mann von der Feuerwehr folgte ihr um den Wagen, anscheinend verunsichert, weil er nicht wusste, was er tun sollte oder was vor sich ging und warum diese blutüberströmte Frau plötzlich so erregt war.

Sie ließ ihn nicht weitersprechen, sondern packte ihn am Arm und ihr Blick bohrte sich in seine Augen.

»Haben Sie ihn nicht gesehen? Einen kleinen Jungen … braunes Haar?« In den Worten schwang Panik. »Er war mit mir im Auto!«

»Nein, ich …«

»Sie müssen mir suchen helfen! Er ist erst vier!«

Sie schwang herum und wäre bei der plötzlichen Bewegung beinahe gestürzt. Sie hielt sich wieder am Auto fest. Am Rande ihres Blickfeldes wurde es schwarz, doch mit großer Willensanstrengung verdrängte sie das Schwindelgefühl. Der Schrei brach aus ihr heraus, obwohl sich in ihrem Kopf alles drehte.

»KYLE!«

Das reine Entsetzen.

Sie konzentrierte sich … machte ein Auge zu, um deutlich zu sehen … es wurde klarer. Das Unwetter tobte um sie herum. Die Bäume in weniger als sechs Metern Entfernung waren schwer auszumachen durch den Regen. Es lag alles in absoluter Dunkelheit … nur der Pfad zur Straße war sichtbar.

O Gott.

Die Straße …

Sie spürte, wie ihre Füße auf dem matschigen Untergrund rutschten, sie hörte, wie sie in kurzen, hastigen Zügen atmete, als sie auf die Straße zustolperte. Einmal fiel sie hin, stand wieder auf und ging weiter. Endlich begriff der Mann, lief hinter ihr her, holte sie ein, bevor sie die Straße erreichte. Sein Blick überflog die unmittelbare Umgebung.

»Ich sehe ihn nicht …«

»KYLE!« Sie schrie, so laut sie konnte, und betete innerlich dabei. Obwohl die Laute von dem Unwetter fast verschluckt wurden, rüttelten sie Taylor auf.

Sie liefen in entgegengesetzte Richtungen und riefen beide Kyles Namen, zwischendurch blieben sie stehen, um zu lauschen. Aber der Regen war ohrenbetäubend. Nach ein paar Minuten lief Taylor zu seinem Wagen zurück und rief über Funk die Feuerwehr.

Ihre Stimmen – die von Denise und die von Taylor – waren die einzigen menschlichen Laute in dem Sumpfland. Der Regen war so laut, dass sie einander nicht hören konnten, und erst recht würde kein Kind sie hören, aber sie machten trotzdem weiter. Denise rief mit schriller Stimme – der Schrei einer verzweifelten Mutter. Taylor schlug einen Bogen, er rief Kyles Namen immer wieder und lief an der Straße auf und ab; die Angst hatte sich von Denise auf ihn übertragen. Endlich trafen zwei weitere Feuerwehrleute ein und brachten Stablampen mit. Bei dem Anblick von Denise mit ihrem blutverklebten Haar und den Blutspritzern auf dem Hemd schrak der ältere einen Moment lang zurück und versuchte dann – vergeblich – sie zu beruhigen.

»Sie müssen mir helfen und meinen kleinen Jungen suchen!«, schluchzte Denise.

Verstärkung wurde angefordert, mehr Männer trafen innerhalb weniger Minuten ein. Inzwischen suchten sechs Leute.

Das Unwetter wütete unvermindert weiter. Blitze, Donner … heftige böige Winde, gegen die sich die Suchenden mit aller Macht stemmten.

Taylor war es, der Kyles Decke fand, im Sumpfland, ungefähr fünfzig Meter von der Unfallstelle entfernt. Sie hatte sich im Gestrüpp, das dort den Boden bedeckte, verfangen.

»Ist das seine?«, fragte er.

Denise fing an zu weinen, als er ihr die Decke gab.

Aber auch nachdem sie eine halbe Stunde gesucht hatten, war Kyle immer noch nicht gefunden.

Kapitel 4

Sie verstand das nicht. Gerade eben hatte er fest auf dem Rücksitz des Autos geschlafen und dann, plötzlich, war er verschwunden. Einfach so. Keine Warnung, nur die jähe Entscheidung, das Lenkrad herumzureißen, und nichts war mehr wie vorher. Sollte das Wesentliche des Lebens etwa darin liegen?

Sie saß hinten im Krankenwagen, die Türen standen offen. Und während diese Gedanken ihr im Kopf herumrasten, warf das Blaulicht des Polizeiautos seinen Schein in regelmäßigen kreisförmigen Schwenks über die Straße. Ein halbes Dutzend anderer Wagen stand kreuz und quer am Straßenrand und eine Gruppe von Männern in gelben Regenmänteln besprach, was zu tun sei. Obwohl es deutlich war, dass sie schon zusammengearbeitet hatten, konnte Denise nicht erkennen, wer die Leitung hatte. Sie hörte auch nicht, was sie sagten, denn ihre Worte wurden vom Brausen des Sturms übertönt. Der Regen kam mit einer solchen Wucht, dass man an das Rattern eines Güterzugs erinnert wurde.

Ihr war kalt und immer noch schwindlig und sie konnte sich nur ein paar Sekunden lang auf etwas konzentrieren. Ihr Gleichgewichtssinn war gestört – dreimal war sie gefallen, als sie Kyle suchte – und ihre Kleider waren durchweicht und schmutzig und klebten ihr am Körper. Als der Krankenwagen kam, zwang man sie zur Ruhe. Man hatte ihr eine Wolldecke umgelegt und eine Tasse Kaffee neben sie gestellt. Sie konnte davon nicht trinken – sie konnte so gut wie gar nichts tun. Sie zitterte am ganzen Körper, ihre Sicht war verschwommen. Ihre erstarrten Gliedmaßen schienen einer anderen zu gehören. Der Sanitäter – kein Arzt – vermutete eine Gehirnerschütterung und wollte sie umgehend ins Krankenhaus bringen. Sie weigerte sich hartnäckig. Sie würde erst mitkommen, wenn Kyle gefunden war. Er könne noch zehn Minuten warten, dann müsse er fahren. Am Kopf habe sie eine schwere Platzwunde, die trotz des Verbands blutete. Sie würde ohnmächtig werden, warnte er sie, wenn sie noch länger warteten. Sie komme nicht mit, wiederholte Denise.

Noch mehr Leute waren eingetroffen. Ein weiterer Krankenwagen, ein Polizist von den State Troopers, der das Funkgerät abhörte, noch drei Freiwillige von der Feuerwehr, ein Lastwagenfahrer, der den Unfall gesehen und angehalten hatte – alle kamen innerhalb weniger Minuten. Sie standen in einem lockeren Kreis, umgeben von den Autos, deren Scheinwerfer die Stelle erleuchteten. Der Mann, der sie gefunden hatte – Taylor? – stand mit dem Rücken zu ihr. Sie vermutete, dass er den anderen erklärte, was er wusste – was nicht viel war, außer dass er die Stelle zeigen konnte, wo er die Decke gefunden hatte. Kurz darauf drehte er sich um und blickte mit verschlossenem Gesicht zu ihr herüber. Der Polizist von den State Troopers, ein gedrungener Mann mit Glatze, nickte in ihre Richtung. Nachdem er den anderen bedeutet hatte stehen zu bleiben, kamen Taylor und er auf den Krankenwagen zu. Die Uniform – die ihr früher immer Vertrauen eingeflößt hatte – verfehlte jetzt jede Wirkung auf sie. Es waren Männer, einfach nur Männer, nichts weiter. Sie unterdrückte einen Würgereiz.

Sie hielt Kyles verschmutzte Decke auf dem Schoß und knetete sie mit den Händen, drückte sie zu einem Knäuel zusammen und strich sie wieder glatt. Der Krankenwagen schützte sie vor dem Regen, aber bei dem starken Wind fror sie fortwährend. Seit man ihr die Decke umgelegt hatte, zitterte sie unaufhörlich. Es war so kalt hier …

Und Kyle hatte nicht einmal eine Jacke.

Oh, Kyle …

Sie hob seine Decke an die Wange und schloss die Augen.

Wo bist du, Schatz? Warum bist du aus dem Auto gestiegen ? Warum bist du nicht bei deiner Mom geblieben?

Taylor und der Polizist kamen in den Krankenwagen, sie wechselten einen kurzen Blick, bevor Taylor Denise sanft seine Hand auf die Schulter legte.

»Ich weiß, dass es schwer ist, aber wir müssen Ihnen ein paar Fragen stellen, bevor wir mit der Suche anfangen können. Es dauert nicht lange.«

Sie biss sich auf die Lippe, ehe sie leicht nickte, dann atmete sie tief ein. Sie machte die Augen auf.

Der Polizist sah aus der Nähe jünger aus und hatte freundlich blickende Augen. Er ging vor ihr in die Hocke.

»Ich bin Carl Huddle von den State Troopers«, sagte er, das besänftigende Rollen des Südens in der Stimme. »Ich weiß, dass Sie sich Sorgen machen, auch wir sind besorgt. Die meisten von uns sind auch Eltern und haben kleine Kinder. Wir alle wollen Ihren Sohn ebenso dringend finden wie Sie, aber wir müssen ein paar allgemeine Informationen haben – damit wir wissen, wonach wir suchen.«

Die Worte drangen kaum an ihr Ohr.

»Können Sie ihn bei diesem Unwetter überhaupt finden … ich meine, ehe es … ?«

Denise blickte von einem zum anderen und konnte sie nur mit Mühe klar erkennen. Als Sergeant Huddle nicht gleich antwortete, nickte Taylor McAden mit deutlicher Entschlossenheit.

»Wir werden ihn finden – ich verspreche es.«

Huddle sah Taylor zweifelnd an, bevor auch er schließlich nickte. Er verlagerte sein Gewicht auf ein Knie, offensichtlich war die Haltung für ihn unbequem.

Denise atmete scharf aus, richtete sich etwas auf und versuchte gefasst zu bleiben. Ihr Gesicht, das der Sanitäter gesäubert hatte, war weiß wie ein Leinentuch. Der Verband um ihren Kopf hatte einen roten Fleck über dem rechten Auge. Ihre Wange war geschwollen und blau unterlaufen.

Als sie bereit war, gingen sie die Grundfragen für den Bericht durch: Namen, Adresse, Telefonnummer und Beruf, vorheriger Wohnort, wann sie nach Edenton gezogen war, warum sie mit dem Auto unterwegs war, dass sie zum Tanken gehalten hatte, wie das Reh auf der Straße aufgetaucht war und sie die Kontrolle über den Wagen verloren hatte, der Unfall selbst. Sergeant Huddle notierte alles auf einem an dem Klemmbrett befestigten Blatt. Als er mit dem Schreiben fertig war, sah er sie fast erwartungsvoll an.

»Sind Sie mit J. B. Anderson verwandt?«

John Brian Anderson war ihr Großvater mütterlicherseits und sie nickte.

Sergeant Huddle räusperte sich – wie jeder in Edenton hatte er die Andersons gekannt. Erneut warf er einen Blick auf das Klemmbrett.

»Taylor hat gesagt, Kyle ist vier Jahre alt?«

Denise nickte. »Im Oktober wird er fünf.«

»Können Sie mir eine allgemeine Beschreibung geben – eine, die ich über Funk ausgeben kann?«

»Über Funk?«

Sergeant Huddle antwortete geduldig. »Ja, wir geben die Information über den Polizeifunk aus, damit die anderen Departments sie auch empfangen. Falls jemand ihn findet und mitnimmt und bei der Polizei anruft. Oder falls er zufällig bei einem Haus auftaucht und die Bewohner die Polizei anrufen. Für solche Fälle.«

Er sagte nicht, dass die Krankenhäuser in der Gegend auch diese Nachrichten erhielten – im Moment war das noch nicht nötig.

Denise drehte den Kopf zur Seite und versuchte ihre Gedanken zu ordnen.

»Ehm …« Es dauerte ein paar Sekunden, bevor sie zu sprechen begann. Wer kann schon sein Kind in Zahlen und Maßen beschreiben? »Ich weiß nicht … knapp über einen Meter groß, knapp zwanzig Kilo schwer oder so. Braune Haare, grüne Augen … ein ganz normaler Junge seines Alters. Nicht groß, nicht klein.«

»Irgendwelche besonderen Merkmale? Muttermale, so etwas?«

Sie wiederholte seine Frage, aber alles schien ganz unzusammenhängend, so unwirklich, so ganz und gar unverständlich. Wozu brauchten sie das? Ein kleiner Junge, der sich im Sumpf verlaufen hatte … wie viele gab es wohl an einem Abend wie diesem?

Sie sollten jetzt suchen, statt mit mir zu sprechen.

Die Frage … was war es noch gleich? Ach ja, besondere Merkmale … Sie konzentrierte sich, so gut es ging, und hoffte, die Befragung schnell hinter sich zu bringen.

»Er hat zwei Leberflecken auf der linken Wange, einen größeren und einen kleineren«, sagte sie schließlich. »Sonst nichts.«

Sergeant Huddle schrieb das auf und sah dabei nicht von seinem Schreibblock auf.

»Und er konnte aus dem Sitz klettern und die Tür aufmachen?«

»Ja. Das macht er seit ein paar Monaten.«

Der Polizist nickte. Seine fünf Jahre alte Tochter Campbell konnte das auch.

»Wissen Sie noch, was er anhatte?«

Sie schloss die Augen und dachte nach.

»Ein rotes T-Shirt mit einer großen Mickey Mouse vorne drauf. Mickey zwinkert mit den Augen und hält den Daumen hoch. Und Jeans – mit Gummizug, kein Gürtel.«

Die beiden Männer sahen sich an. Dunkle Farben.

»Hat das Hemd lange Ärmel?«

»Nein.«

»Schuhe?«

»Ich glaube. Ich hatte sie ihm nicht ausgezogen, also hat er sie bestimmt noch an. Weiße Schuhe, die Marke weiß ich nicht.«

»Hatte er eine Jacke?«

»Nein. Ich hatte keine mitgenommen. Es war ein warmer Tag, zumindest als wir losgefahren sind.«

Während die Befragung weiterging, zuckten drei Blitze kurz hintereinander durch den nächtlichen Himmel. Der Regen nahm, wenn das überhaupt möglich war, noch an Heftigkeit zu.

»Leben noch Verwandte von Ihnen in der Gegend? Eltern ? Geschwister?«

»Nein. Keine Geschwister. Meine Eltern sind tot.«

»Und Ihr Mann?«

Denise schüttelte den Kopf. »Ich war nie verheiratet.«

»Ist Kyle schon einmal verschwunden?«

Denise rieb sich die Schläfen und versuchte, das Schwindelgefühl zu verdrängen.

»Ein paar Mal. Einmal beim Einkaufen und einmal zu Hause. Aber er hat Angst vor Blitzen. Ich glaube, deswegen ist er aus dem Auto gestiegen. Wenn es blitzt, kriecht er zu mir ins Bett.«

»Und wie ist es mit dem Sumpf? Hätte er Angst, im Dunkeln dorthin zu gehen? Glauben Sie, er würde eher in der Nähe des Autos bleiben?«