Das Vertrauen der Erde in die Samen - Veronika Wlasaty - E-Book

Das Vertrauen der Erde in die Samen E-Book

Veronika Wlasaty

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  • Herausgeber: neobooks
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2017
Beschreibung

Wir brauchen keine neue Schulreform, wir müssen Schule neu denken. Veränderung passiert nicht auf dem Reißbrett, sondern zuallererst in unserem Kopf. Ein Blick in die Natur lehrt: Vielfalt ist gewollt und steht nicht in Konkurrenz. Jedes Lebewesen verfügt über ein einzigartiges, unvergleichliches Potential, das sich unter geeigneten Bedingungen seiner Zeit gemäß entfaltet. Wir haben verlernt, auf diese uns allen innewohnende Selbststeuerungskraft zu vertrauen. Mit unserem Bestreben, Leistung, Wachstum und Gewinn zu maximieren, legen wir uns mit einer Höheren Intelligenz an, die wir mit all unserem Ehrgeiz nicht übertreffen können. Gottes Schöpfung lässt sich nicht verbessern oder standardisieren. Aber wir können unsere persönliche "Mitgift" leben. Die Schule kann und muss dabei unterstützen.

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Seitenzahl: 167

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Veronika Wlasaty

Das Vertrauen der Erde in die Samen

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Ich danke

Vorwort

Mein Weg – meine Verantwortung eine Einleitung

Eine neue Küche

Einer anderen Zukunft wegen

Kein Weg vorbei

Auf mich kommt es an

Kein Fortschritt ohne Visionen

Defizite ist ein Wort…

Darf ich fragen…?

Reden wir über Vertrauen

Die Verantwortung der Blüten für den Frühling

Im Vergleich

Spiegelbild und Schattenspiel

Entweder – oder? Oder sowohl als auch?

Platz für alle?

Widerstand als Feedback

Plädoyer für nonkonformes Verhalten

Mut zum Ungehorsam oder Burnout &Co?

Geben und Nehmen – ein philosophisch-systemischer Exkurs

Freiheit versus Zwang, Recht versus Pflicht – ein Bildungsdilemma?

Lernen im Dienst des Lebens

Vertrauen in die Bildung

Ware oder wahre Bildung, zertifikatgläubig oder menschenkundig?

Vom Einzelkämpfer zum Teamarbeiter

Ohne Angst und unversehrt

Bildung nach Maß oder Wissen von der Stange?

Von der Bedeutsamkeit zur Nachhaltigkeit

Was muss der Mensch wissen?

Lernen als Expansion

„Fack ju Göhte“ – oder: Wer soll was lehren?

Die Natur als Lehrmeisterin oder: Das Vertrauen der Erde in die Samen

Traumjob Schüler

Vom richtigen Zeitpunkt

Innere Kündigung

Lernen fürs Leben oder doch für die Schule?

Der Plan von der Abschaffung der Langeweile

Eine Klärung unserer Werte

Frieden auf Erden

„Après-school“ – das Leben danach

Die „Beseelung“ der Bildung

Ein bisschen viel von nichts Neuem

Hoffnung bis zuletzt

Es tut mir leid…

Abschied vom Perfektionismus oder Freischwimmversuch (Nachwort)

„Inspirationen“

Impressum neobooks

Ich danke

allen „LehrmeisterInnen“, die mir im Lauf meines Lebens begegnet sind: Geschwister, FreundInnen, KollegInnen, Menschen im Alltag und nicht zuletzt meinen SchülerInnen, denen ich so viele wertvolle Erkenntnisse verdanke, ohne die dieses Buch nicht zustande gekommen wäre.

Ganz besonders danke ich meinem Lebenspartner und meinen Eltern, deren bedingungslose Liebe und Unterstützung, mich stets dazu ermutigt hat, meinen Weg zu gehen. Ihnen allen ist dieses Buch gewidmet.

Vor allen und allem jedoch danke ich jener höheren „Instanz“, die mich so wie alle, die sich ihr öffnen, an ihrer schöpferischen Kraft und unermesslichen Weisheit teilhaben lässt, die uns in-spiriert, durchs Leben führt und nichts als Liebe kennt: Gott sei Dank!

Die Verwendung weiblicher und männlicher Formen erfolgt beliebig und entspringt keiner Logik, wenngleich ich in dem Bewusstsein, dass Sprache ein Instrument unserer Wirklichkeit ist, ein einigermaßen ausgewogenes Verhältnis anstrebe. In erster Linie sehe ich uns jedoch als Menschen mit unterschiedlichen Temperamenten, Charakteren, Fähigkeiten, Eigenschaften, Sehnsüchten… und geschlechtsspezifischen Merkmalen. Das, was uns – ob männliches oder weibliches „Kostüm“ – verbindet, sind unsere elementaren Bedürfnisse, zu denen ich neben den die physische Existenz sichernden auch jene (über)lebensnotwendigen Bedürfnisse, wie Anerkennung, Zugehörigkeit und Liebe zähle, die uns Mensch werden und bleiben lassen.

Vorwort

Das Privileg jedes Menschen in einem freien Land – und dafür bin ich zutiefst dankbar – ist es, seine Gedanken öffentlich kund zu tun, auch wenn diese mangelnden Konformismus mit den Überzeugungen gesellschaftstragender Systeme und deren Vertretern aufweisen. Unsere demokratische Pflicht ist es, dies auf konstruktive Weise auch zu tun, da alles, von dem man nicht Gebrauch macht, irgendwann verkommt. So auch die Demokratie.

Es geht mir in meinen Ausführungen nicht vorrangig um ein Anprangern oder gar Verurteilen des Schul- und Bildungssystems, da solch eine Form von Kritik in meinen Augen kein Veränderungspotential birgt. (Zudem gibt es bereits Schriften zuhauf, in denen vieles von vielen beklagt wird.) Ich nehme mir jedoch die Freiheit, kritisch zu hinterfragen und zum Hinterfragen anzuregen, ohne mich in die Reihe der Kläger zu stellen. Stattdessen möchte ich gerne meinen Blick auf das für mich Erstrebenswerte richten, das im Potential ebenso vorhanden ist und zunächst einmal von vielen erkannt und mit der „Energie“ der Aufmerksamkeit versorgt werden muss, ehe es in Erscheinung treten und seine Kraft entfalten kann. Das zunehmende Beklagen von gesellschaftlich-sozialen, politischen, wirtschaftlichen und anderen (krisenhaften) Entwicklungen verleitet zur Problemanhaftung. Ein Fokus, der unerwünschte Aspekte ins Visier nimmt, lässt uns allzu oft, vergleichbar dem Kaninchen vor der Schlange, in ängstlicher Starre und Ohnmacht verharren. Unser Hang zur übermäßigen Beachtung von Problemzuständen verstärkt und verfestigt diese noch und lässt uns nicht vom Unerwünschten loskommen. Es bedarf also zuallererst eines Wechsels der Blickrichtung. Unser persönlicher Fokus liegt zu jeder Zeit in unserer eigenen Verantwortung. Wir allein bestimmen, was wir in Gedanken, mit Worten und mit unserem Engagement stärken wollen. Die „Ich allein bin machtlos“-Mentalität hat ausgedient. Nicht erst seit Kenntnis des Schmetterlingseffekts (wonach der Flügelschlag eines Schmetterlings anderswo, weit entfernt einen Tornado verursachen kann) bin ich zutiefst davon überzeugt, dass jedes Tun einen Unterschied macht. Wir alle verfügen über Handlungsmöglichkeiten und Spielräume, auch wenn wir diese zunächst oft nicht erkennen. Es gilt für jede/n einzelne/n von uns, dort, wo er/sie gerade steht, diese auszuloten und eine Wahl zu treffen. Denn eines kann unser Tun mit Bestimmtheit nicht: Es kann nicht nichts bewirken.

Was ich kann und hiermit getan habe, ist, meine Gedanken in eine manifeste Form zu bringen, um ihnen mehr Kraft zu verleihen. Wenn diese Zeilen jene, die sie lesen, auch erreichen und bei ihnen auf Resonanz stoßen, dann hat sich diese „Manifestation“ gelohnt.

Mein Weg – meine Verantwortung, eine Einleitung

„Der Weg jedes Menschen ist ein Weg zu sich selber hin…“ (Demian, H. Hesse)

Im Zuge meiner professionellen Beschäftigung mit Schulentwicklung, zuletzt als Betreuungs- und Beratungslehrerin, ergab sich die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit Themen, welche die schon lange Jahre stattfindende Schulreformdebatte mit sich brachte. Vieles von dem, was ich hier niedergeschrieben habe, trage ich schon eine ganze Weile mit mir herum. Manches stammt aus einer Zeit, in der noch keine Reform angedacht war – es sei denn in meinem Kopf, der sich immer weniger mit den vorfindbaren systemischen „Sachzwängen“ abfinden und arrangieren wollte. All das, was schon geraume Zeit darin herumspukte, hat in dieser Niederschrift ein Ventil gefunden. Zusammenhängendes und Bruchstückhaftes, alte, immer wiederkehrende Gedanken und neue Ideen miteinander zu verweben und in eine anschauliche, verständliche Form zu bringen, war dabei die schriftstellerische Herausforderung. Das vorliegende Buch, ursprünglich als persönliches Erkenntnis- und Lerntagebuch gedacht, wurde nicht in einem Guss geschrieben. Man möge mir Redundanz nachsehen und wiederholt aufscheinende Gedanken als mein persönliches, „geistiges Destillat“ ansehen, als Essenz, die herauszufiltern und hervorzuheben mir wichtig erschien, vergleichbar dem Refrain eines mehrstrophigen Liedes. Die Atmosphäre beim Komponieren dieses „Liedes“ war erfüllt mit wohltuenden und harmonischen, aber auch aufwühlenden und verstörenden Klängen. Im Zuge des Verfassens lichtete sich mein innerer Nebel, der mich lange Zeit in der Schullandschaft umherirren und nach einem Platz mit „guter Aussicht“ suchen ließ, meine Sicht wurde klarer. Und als alle Gedanken zu Text geworden waren, wusste ich, ich konnte nie mehr „die Alte“ sein, wenn ich mir selbst treu bleiben wollte. Aber noch war ich mitten im Geschehen ohne Vorstellung, wie es gut für mich weitergehen konnte. Als ich eines Tages, wie ich das gerne mache, mit dem Rad umherfuhr und mich am Ufer eines Teiches zur Rast niederließ, hatte ich plötzlich meine „gute Aussicht“ gefunden. Ich hatte eine Auszeit noch nie ernsthaft in Erwägung gezogen, jetzt kam sie wie ein Gedankenblitz und wurde zum Entschluss des Augenblicks, ohne Zögern getroffen. Tags darauf suchte ich um das erste Freijahr an, nach dessen Ablauf ich die Klarheit hatte, die ich benötigte, um schließlich nach Ablauf eines weiteren Jahres die Kündigung einzureichen. Was ich schon intuitiv geahnt hatte, war zur Gewissheit geworden. Mit einem Weitermachen wie zuvor, hätte ich all meine Überzeugungen verraten einschließlich mir selbst. Heute weiß ich, dass es weniger um ein Zurücklassen von etwas ungeliebtem Alten ging, als vielmehr um einen Aufbruch zu etwas Neuem, das auch noch ausprobiert werden wollte (unter anderem das Schreiben) – um den nächsten Schritt in meiner Biographie. Deshalb liegt es mir fern, zu meinen, es gäbe im Fall mangelnder Zufriedenheit mit dem Schulsystem keine andere Option als zu kündigen, und noch ferner, meinen Weg als den einzig (moralisch) „richtigen“ zu betrachten. (Es wäre bestimmt nicht förderlich, würden alle unzufriedenen und kritischen LehrerInnen, plötzlich kündigen.)

Lange habe ich mich gefragt, ob ich mich mit meiner „Komposition“ an die Öffentlichkeit wagen soll, auf das Risiko hin, bei anderen Dissonanz zu erzeugen. Die Vorstellung mich mit meinen Gedanken zu exponieren und als Utopistin zu gelten, bereitete mir zunächst Unbehagen. Die Erkenntnis, dass ich nichts zu verteidigen habe, weil ich nicht Recht habe – und auch nicht Unrecht, ermöglicht mir die Preisgabe meiner Wahrheit. Ich persönlich ziehe vor, diese nicht als Utopie, sondern als anregende Vision zu betrachten.

Eine neue Küche

Lange Zeit war die Schule meine berufliche Heimat. Noch bevor ich meine Tätigkeit als literarische Lehrerin an einer Hauptschule hinter mir ließ und zu den Beratungs- und BetreuungslehrerInnen wechselte, verspürte ich jedoch schon so etwas wie pädagogisches Bauchweh. Immer öfter machte sich das Gefühl der Appetitlosigkeit auf das, was das System zu bieten hatte, breit. Vieles von dem, was ich aus meiner Ausbildung, zum Teil auch noch aus der eigenen Schulzeit übernommen und praktiziert hatte, war für mich ungenießbar geworden und ließ mich nach „alternativer Kost“ suchen. Reformpädagogische Fortbildungen und ein Pädagogikstudium vermochten den Appetit kurzfristig wieder anzuregen, aber die Veränderung, die ich gesucht hatte, fand ich darin nicht. Aus ersten Kochexperimenten in meiner Kindheit weiß ich, dass ein einmal verdorbenes Gericht auch durch ein paar neue Zutaten (als gut gemeinte Rettungsversuche) nicht mehr genießbar wird. Dieses „Gericht“ namens Schulsystem ist dabei, gründlich zu verderben. Die Zutaten sind alt und unbrauchbar geworden. Zu viele Maitres, die in Ego-Manier und zueinander in Konkurrenz stehend, ohne Rücksichtnahme oder Befragung der Klienten (denen die Kost ja schließlich zumutbar sein sollte) ihre Rezepte durchsetzen wollten, haben daran herumexperimentiert, sodass der Geschmack immer schaler wird. Die wenigsten essen noch mit Lust und die Übelkeit manch zwangsweise „Verköstigter“ wird immer stärker. Die Hoffnung, wir könnten die verdorbene Suppe endgültig auslöffeln und in einer komplett neuen „Küche“ etwas ganz Neues, Innovatives kreieren, hegen, denke ich, viele. Auch mangelt es nicht an Bereitschaft und Einsicht in die Notwendigkeit einer Reform. Solange sich darin jedoch das gegenwärtige Menschenbild spiegelt und der Mensch nach seiner (ökonomischen) Nützlichkeit für die Gesellschaft bewertet wird, werden wir auch durch noch so ambitionierte Reformen keine wesentliche Änderung erzielen. In jedem Gedanken, jeder Intervention, jeder Reform drückt sich eine menschliche Grundhaltung aus. Genau diese Haltung macht den Unterschied aus und entscheidet, ob eine Reform die beklagten Phänomene, vor allem aber die Reformer selbst im erstrebenswerten Sinn verändert oder ob wir im neuen Kostüm die Alten bleiben.

Direktiven wie Bewertung und Beurteilung, Fächerkanon und Lehrplan, das Eingebundensein in rigide Strukturen und Rahmenbedingungen ließen mich in der Vergangenheit öfter als mir lieb war mit dem System Schule hadern. Heute weiß ich, dass gerade dieses Hadern, diese Unzufriedenheit mit Bestehendem enorme Bindungskraft hat und man nur im Frieden gehen kann, möchte man nicht mit altem Gepäck reisen. Zum Zeitpunkt meines Ausscheidens aus dem Schuldienst hatte sich diese Voraussetzung erfüllt. Dankbar für das viele Gute, das mir meine langjährige Tätigkeit als Lehrerin beschert hatte, konnte ich den Anspruch innerhalb der „Systemmauern“ etwas ändern zu müssen versöhnlich loslassen – im Vertrauen darauf, dass das, was ich tue, unabhängig vom Standort auf das Ganze wirkt und jeder Wandel sich mühelos wie von selbst vollzieht, ohne dass man um ihn kämpfen müsste, wenn seine Zeit gekommen ist. Und das ist dann, wenn ein breites Umdenken stattgefunden hat und wenn das bestehende (alte) Paradigma einem neuen Bewusstsein gewichen ist: einem Bewusstsein, das Kontrolle, Bewertung und Vergleich – kurz Schule, wie sie heute ist – nicht mehr als notwendig erachtet. Wir müssen die Schule nicht reformieren, wir müssen sie von einem neuen Menschenbild her denken.

Zum Beispiel so:

Einer anderen Zukunft wegen

Tim kann zeichnen,

Lisa singen,

Paula backen,

Kurt hoch springen.

Ich kann schreiben,

du gut rechnen,

Franz hält immer sein Versprechen.

Pia fühlt, wie´s jemand geht,

Max weiß, wann man Pflanzen sät.

Tim ist Tim und Lisa Lisa,

Franz ist Franz und Pia Pia.

Max ist Max schon seit Geburt

so wie Paula und auch Kurt.

Alle sind so, wie sie sind,

einzigartig, jedes Kind.

Niemand besser als ein andrer,

so ergänzen wir einander.

Erst wenn wir zur Schule gehen,

dann gibt man uns zu verstehen:

du genügst nicht, wie du bist,

erst wenn du auch perfekt liest,

alle Aufgaben erfüllst

und auch fleißig üben willst,

vor allem, was du nicht gut kannst,

da gibt´s wenig Toleranz.

Freu dich, dass man dich vergleicht,

dann weißt du selber, ob es reicht.

Wenn du dich auch tüchtig plagst

und den Zweck nicht hinterfragst,

du uns sehr willkommen bist,

wenn du deine Rolle spielst.

Jeder muss mal Opfer bringen

und den Schweinehund bezwingen!

Unsrer Wirtschaft sollst du nützen

und ihr Wachstum unterstützen.

Denk nicht –

tu nur deine Pflicht,

denn das lohnt auf lange Sicht!

Dann hast du was, dann bist du wer,

dann schätzen wir dich wirklich sehr.

Wachet auf aus dieser Mär!

Tim, Kurt, Paula, Franz und Pia

sind so, wie sie sind, in Ordnung,

Stärken, Schwächen – nur Bewertung!

Defizite – ist ein Wort,

nur in unserem Kopf vor Ort.

Wollt ihr Leistung als Wert vermitteln,

müsst ihr einmal um Gnade bitten.

Großer Max und große Lisa

sehen dann mit unseren Augen,

werten dann, ob wir noch taugen.

Fahren fort, wie einst gelehrt,

dies Vermächtnis uns nicht ehrt.

Jetzt ist Hoch-Zeit umzudenken,

diese Welt sinnvoll zu lenken.

Einer anderen Zukunft wegen

lasst uns unsere Herzen pflegen!

Träumt ruhig einen anderen Traum

nährt ihn mit Liebe, gebt ihm Raum!

Lasst ihn zur Wirklichkeit erwachen,

dann kann das Leben Freude machen.

Darfst du sein, so wie du bist,

niemand dich an anderen misst,

hörst du auf, wen zu beneiden,

bist du ganz du, ohne Leiden.

Ohne uns nach Wert zu reihen,

kann der Friede in uns gedeihen.

Nur, wenn wir dies auch verstehen,

kann´s gut mit uns weitergehen.

Kein Weg vorbei

Die in den letzten Jahren geradezu unüberschaubar große Zahl an Büchern, die zum Thema Bildung und Schule/Schulsystem veröffentlicht wurden, zeugt von hohem gesellschaftlichem Interesse an dieser Thematik, aber auch von großer allgemeiner Sorge im Hinblick auf die Zukunftsperspektiven nicht nur unserer Kinder, sondern der Gesellschaft als Ganzes. Und das aus verständlichem Grund: An der Schule kommt niemand vorbei. Von wenigen Ausnahmen (private Unterweisung) abgesehen muss jeder hierzulande diese Institution durchlaufen. Möglicherweise ist es genau das, was nicht nur Pädagogen, sondern auch Menschen anderer beruflicher Herkunft dazu bringt, sich an der Debatte zu beteiligen. Sind es doch neuerdings vor allem Neurobiologen, Gehirn- und Genforscher, Kinderärzte, Psychologen, Philosophen und Wissenschaftler anderer Provenienz, die sich diesem Thema in Zeiten von Pisa, Schulreformen und Reformschulen durchaus erfrischend kritisch und den Diskurs belebend aus der Perspektive ihres jeweiligen Fachgebietes annähern. (Gelegentlich die Außenperspektive einzubeziehen macht auch Sinn, hält sie doch müheloser die kritische Distanz, die innerhalb des Systems allzu leicht dem „Blinden Fleck“ zum Opfer fällt. Dennoch sollte der „Klient“ als Experte seiner selbst nicht übergangen werden.)

Viele, die die Schulzeit bereits hinter sich haben, tragen mitunter noch ein Bild von Schule in sich, das reichlich Anlass zur Vergangenheitsbewältigung gäbe. Das wird immer wieder deutlich, wenn Eltern, Jahre nach Ablauf der eigenen Schullaufbahn, mit Beginn der Einschulung ihrer Kinder erneut in diese Lebenswelt eintauchen. Denn diese ist für viele immer noch mit eigenen, unverarbeiteten, zum Teil traumatischen Erfahrungen verbunden, welche auch auf ihre Kinder wirken und sich in deren Schullaufbahn fortsetzen oder gar wiederholen können.

Selbst Menschen, die auf ansehnliche Karrieren verweisen können, blicken mitunter nicht ohne Bitterkeit auf eine Zeit zurück, in der ihnen bisweilen vermittelt wurde, nicht „zu Höherem“ berufen zu sein. All denen, die irgendwann in diesem System persönliche Herabwürdigung, Abwertung oder anderes Leid erfahren haben, würde ich gerne guten Gewissens sagen, dass ihr Bild von Schule nichts anderes mehr ist als eine Chimäre. Noch fehlt mir die Überzeugung zu dieser Botschaft. Andererseits ist die Reise noch nicht zu Ende. Die Schule als „Landschaft“, die jeder Lebensreisende durchqueren muss, ist für mich einer der größten Hoffnungsträger für ein gutes „Abschneiden“ bei der gemeinschaftlichen Gestaltung dieser Welt. Veränderungen, die hier stattfinden, wirken sich in allen Systemen aus, weshalb sich in der Schule jede, vor allem auch jede ideelle Investition lohnt. All das Gute, das wir unseren Kindern vorleben und erfahrbar machen, ist ein (ist unser) humanes Kapital, das hier äußerst lohnend anlegt ist, denn es gestaltet unsere Zukunft besser, als jede materielle Zukunftsvorsorge dies je könnte.

Auf mich kommt es an

Niemand braucht die Welt zu retten, wenn er bei sich selbst beginnt. V.W.

Die allgegenwärtige, multiple, weltumspannende Krise, deren Beginn nicht genau datierbar und deren Ende nicht absehbar ist, spiegelt sich in allen Systemen und betrifft uns in allen Facetten menschlichen Seins auf eine materialistisch-existenzielle (d. h. ans „Eingemachte“ gehende) Weise. All die Missstände und Fehlentwicklungen, welche darin zum Ausdruck kommen und ihren traurigen Höhepunkt finden, sind nicht den Finanzmärkten, der Wirtschaft, der Politik oder anderen Systemen (denn woraus bestehen diese, wenn nicht aus Menschen) anzulasten. Sie sind das logische Ergebnis einer Entwicklung der gesamten Menschheit, die wir seit unseren Anfängen immer schon gemeinsam vorantreiben, in Unkenntnis der Auswirkungen (Stimmen, die zur Besinnung und Umkehr aufriefen, wurden bekanntlich zu jeder Zeit überhört oder „abgewürgt“). So wurde auch das, was wir an unserer Jugend bemängeln, nicht gegen unseren Willen von dieser, sondern von uns selbst heraufbeschworen. Es sind allerorts die Geister, die wir riefen, die uns jetzt überall hin verfolgen. Immer noch wähnen wir uns als Opfer anderer Personen und Umstände und möchten lieber Sündenböcke identifizieren, an denen wir die Schuld festmachen können, anstatt unsere eigene Verantwortung anzuerkennen. Die Verleugnung oder Verdrängung unseres Eigenanteils hilft uns, uns in Bezug auf die eigene Integrität besser zu fühlen. Bedauerlicherweise übersehen wir dabei, dass wir mit diesem Abschieben von persönlicher Verantwortung in der Opferrolle verharren und uns weiterhin zum Instrument gerade dieser Kräfte machen, die wir der Täterschaft bezichtigen und gerne bannen möchten. Lieber wählen wir die trügerische Sicherheit, die uns das (wenn auch unangenehme) Bekannte vermittelt. Das Festhalten am Opferstatus fordert jedoch seinen Preis: Verzicht auf (innere) Freiheit, Unabhängigkeit und Autonomie, auf persönliche Handlungs- und Gestaltungsfreiräume sowie auf individuelle Lebensentwürfe, die uns dem folgen lassen könnten, was uns und unseren ureigensten Sehnsüchten und Bedürfnissen entspringt.

Gibt es einen Ausweg aus dieser „Menschheitskrise“, die alle Systeme erfasst hat? Können wir als einzelne wie auch als Kollektiv etwas lernen und bewirken, das nachhaltig zu einer Entwicklung der Menschheit beiträgt, die uns allen nützt und keinen außen vor lässt? Ich glaube ja. Und weil ich das glaube, tue ich das mir Mögliche. Und ich sehe, dass viele dasselbe tun. Darin zeigt sich, dass es neben Wut („Wutbürger“), Verzweiflung, Resignation vieler noch etwas gibt, dem die Kraft der Erneuerung innewohnt: Hoffnung und Zuversicht, gepaart mit dem Willen und der Bereitschaft zu Veränderung und Entwicklung. Das stimmt mich optimistisch und lässt mich auf eine globale Wende hoffen, die – je nachdem, worauf man seinen Blick richtet – zwar vielenorts noch nicht einmal im Ansatz sichtbar ist, aber dennoch möglich, wenn wir das wollen.

Machen wir einmal ein Gedankenexperiment: Stellen wir uns die Welt vor, wie sie wäre als gerechter, für alle Menschen lebenswerter Ort. Was macht diese Vorstellung mit uns, wie fühlt sie sich an? Ist da etwas spürbar, wo wir verweilen möchten, ein Gefühl, in das wir tiefer eintauchen möchten? Etwas, das die Sehnsucht nach einer heilen Welt in uns zum Klingen bringt, ein stillgelegtes Ideal, das, unserer Jugend „vorbehalten“, nicht mit uns erwachsen werden durfte? So sind wir in vielerlei Hinsicht ärmer geworden und unser Nachlass ist nicht begehrenswert für die, die nach uns kommen. Aber… – was wäre, wenn diese lebenswerte Welt, oft abgetan als naive Phantasie weltentrückter Träumer und schwärmerischer Idealisten, real existent sein könnte? Was hindert uns, diese beste Welt aller uns möglichen Vorstellungen, das „World-best-practice-Modell“ sozusagen, aus dem virtuellen Bereich unserer Gedankenwelt in die Realität zu transferieren, in dem Wissen, dass es, zumindest was den Realitätstransfer betrifft, jede Menge (freilich nicht immer nachahmenswerter) Präzedenzfälle gibt? Wie würden wir beispielsweise heute den Atlantik überqueren, hätte es nicht Menschen gegeben, die die Vision vom Fliegen in die Wirklichkeit „geträumt“ hätten. Vieles von dem, was heute als selbstverständlich und alltäglich gehandelt wird, verdanken wir den einst als utopisch betrachteten Visionen unbeirrbarer Anders- und Querdenker (dass jeder Fortschritt auch eine weniger erbauliche Kehrseite hat, ist leider ebenso wahr).