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Das geheimnisvollste Buch der Welt wird es genannt, das Voynich-Manuskript. Im Büchertresor der Beinecke Bibliothek seltener Bücher liegt die Handschrift unter der Katalognummer MS 408. Unbekannt ist daran alles, Sprache, Bilder, Inhalt, Entstehungszeit und -ort. Vor 111 Jahren fand Wilfrid Voynich das nach ihm später benannte sehr reichhaltig bebilderte Manuskript. Seltsam nur, dass die Illustrationen bisher nicht zur Aufklärung des Inhalts herangezogen wurden und zudem ein religiös kirchlicher Inhalt verneint wird, als gäbe es im 15/16. Jahrhundert eine nicht von Gott bestimmte Weltsicht. Diese Ausgrenzung verstärkt das Mysterium von der Nichtlesbarkeit des Voynich-Manuskriptes. Im 111. Jubiläumsjahr ist es an der Zeit, die Illustrationen als hochverdichtete Informationsträger zu begreifen und die Bilder zu "lesen", so wie man die Bebilderung in Kirchen lesen kann, wenn man biblische Texte kennt. Unser modernes Wissen ist allerdings in Bezug auf die Bilder im Voynich-Manuskript wenig hilfreich, das haben die bisherigen Entschlüsselungsversuche der Texte hinreichend und eindrucksvoll bewiesen. Nunmehr kann anhand der Bebilderung nachgewiesen werden, dass das Buch das Werk eines Kabbalisten ist, der in einzigartiger Art und Weise das alte Wissen visualisiert hat. Wie Gershom Scholem, der Wiederentdecker der Kabbala schrieb, schien der Schlüssel zum Verständnis der Schöpfung der Kabbalisten verloren und man stand ratlos und verlegen vor einer Welt mit Symbolen von besonderer Art. Ratlos und verlegen wie vor dem Voynich-Manuskript.
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Seitenzahl: 70
Veröffentlichungsjahr: 2023
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Für meine Frau
Karola
2019 wurde ich durch eine Zeitungsmeldung auf das Voynich-Manuskript aufmerksam. Abgesehen von der skurrilen und fremdartigen Bebilderung hatte mich das Buch zuvor kaum interessiert.
Wie zu lesen war, hatte das alte Buch begonnen zu reden, in einer längst verlorenen Sprache zwar, aber dennoch geeignet, den Inhalt zu verstehen. Kurze Zeit später war die vermeintliche Sensation Makulatur geworden und vergessen. Geblieben ist aber immerhin ein Eintrag bei Wikipedia.
Mit der spektakulär aufgemachten Zeitungsmeldung änderte sich mein Verständnis vom Manuskript, da ich mich zu fragen begann, ob es keinen anderen Zugang zum Inhalt geben konnte, eine weitere Möglichkeit, den Sinn und Zweck aufzuklären, ohne immer wieder aufs Neue einer Schriftvermutung nachzujagen.
Es ist doch paradox, die fremd und surreal wirkenden Bilder, ohne die das Buch nie in den Olymp der bedeutendsten Geheimnisse der Menschheit aufgestiegen wäre, bei der Inhaltssuche auszugrenzen.
Da sich ganze Forschergenerationen an den seltsamen Schriftzeichen im Voynich-Manuskript erfolglos abgearbeitet hatten, richtete ich meinen Fokus auf die Abbildungen und bemühe mich seitdem, diese zu entschlüsseln, so wie üblicherweise Bilder in einer Kirche lesbar sind, wenn man die biblischen Geschichten dahinter kennt.
Ich begann die Bilder peu à peu möglichst präzise abzuzeichnen. Dies erschien mir unumgänglich, da die einfache Durchsicht angesichts des opulenten Bilderuniversums im Voynich-Manuskript letztendlich Oberfläche bleiben muss, allenfalls dazu geeignet, eine kleine Burg auf der sogenannten Rosettenseite zu sehen, die ohnehin schon entdeckt worden war.
Und je mehr ich zeichnete, umso mehr veränderte sich meine Wahrnehmung. Wie selbstverständlich sah ich in den Bildern bekannte Symbole, vor allem aber Zahlen.
Den Schlüssel in das Gedankengebäude hatte ich gefunden. Weshalb aber visualisiert man Zahlen? Was ist Sinn und Zweck?
Das bestimmende Motiv dahinter freizulegen, den Schlüssel in eine verlorene Welt zu finden, war der Grund für meine Recherchen.
Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Derjenige, der eine Geschichte ähnlich der Schatzinsel oder Robinson Crusoe erwartet, wird jedoch enttäuscht sein.
Vom Wahn getrieben, in einer Handschrift des 15./16. Jahrhunderts etwas auffinden zu müssen, dass nicht im Denken der damaligen Zeit verhaftet ist, treibt seit Jahren die seltsamsten Blüten. Und nicht zuletzt durch den Siegeszug des Internets nimmt der Hype um das geheimnisvollste Buch der Welt (womit nicht die Bibel gemeint ist) immer mehr an Fahrt auf. Die Superlative überschlagen sich, und da berühmte Kryptologen an der Textentschlüsselung des Voynich-Manuskriptes scheiterten, muss jegliches Bemühen zur Inhaltsaufklärung zwangsläufig aussichtslos erscheinen. Betrachtet man die lange Liste der Erfolglosigkeit bei Wikipedia, wird man sogleich von Mutlosigkeit übermannt.
Wenn da nicht die Suche nach dem Außerordentlichen wäre, befördert von der Sehnsucht nach dem Nichterklärbaren in unserer so technokratisch orientierten Welt. Eine Wunschvorstellung, die durch die surreale Bebilderung exzellent bedient wird.
Ein Buchgeheimnis ist zudem ein nicht zu unterschätzender Katalysator dafür, das Netz der Geheimnisse mit jedem gescheiterten Lösungsansatz immer engmaschiger zu weben, bis der Blick in das Manuskript endgültig versperrt ist.
„Das Voynich-Manuskript war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nur wenigen Spezialisten bekannt. Im Laufe der letzten Jahrzehnte jedoch stieg der Bekanntheitsgrad, wodurch es Eingang in Werke der populären Kultur fand und Büchern, Bildern, Musik bis hin zu Computerspielen als Inspiration diente.“1
So verwundern die Schlusssätze zum Hannig-Fund von 2020 dann auch nicht:
„So einfach lässt sich dem Text sein Rätsel doch nicht entreißen. Und das ist gut so.“2
Als Wilfried Voynich im Jahr 1912 vor nunmehr 111 Jahren das später nach ihm benannte Manuskript auffand, formulierte er zwei den Mythos um das Buch begründende Aussagen.
Zum einen fand er ein hässliches Entlein, was die Bebilderung sogleich abwertete, seltsam und surreal, gewiss, aber darüber hinaus ohne nennenswerte Bedeutung.
Zum anderen war der Band, so Voynich, umfänglich in einer Geheimschrift des 13. Jahrhunderts verfasst, was es so nicht geben konnte.
1912 Villa Mondragone bei Frascati, Norditalien, Jesuitenkolleg
„Im Jahre 1912 […] stolperte ich über eine sehr bemerkenswerte Sammlung kostbarer illuminierter Handschriften. Jahrzehntelang waren sie in Kisten begraben gewesen, wo ich sie in einem alten südeuropäischen Schloss fand. Die Sammlung war dort anscheinend infolge der politischen Unruhen des frühen 19. Jahrhunderts untergebracht worden. […] Während ich die Handschriften in Hinblick auf einen Ankauf wenigstens eines Teils der Sammlung unter-suchte, wurde meine Aufmerksamkeit von einem Band besonders angezogen. Es war ein so hässliches Entlein, verglichen mit den anderen, mit Gold und Farben reich verzierten Neugier sogleich erregt war. Ich stellte fest, dass es vollständig in einer Geheimschrift geschrieben war[…].Dass ein Manuskript des 13. Jahrhunderts vollständig in Geheimschrift verfasst war, überzeugte mich von dessen außerordentlicher Bedeutung, da meines Wissens dergleichen in so früher Zeit nicht existierte, weshalb ich es den zu erwerbenden Manuskripten hinzufügte.“3
Da sich für Historiker, Philosophen und Sprachwissenschaftler weder Sinn noch Zweck des Manuskriptes erschlossen, versuchten sich Kryptologen an der Entschlüsselung der Geheimschrift.
Die auffällige Bebilderung jedoch blieb außen vor. Auf die Idee, insbesondere den präzis konstruierten Pflanzen einen innewohnenden Informationsgehalt zuzubilligen, kam man bis zum heutigen Tag nicht.
Man betrachte nur die sehr durchdacht konstruierte Blüte auf Blatt 40v, welche über die exakte Anordnung der Blütenblätter hinaus mit einem sehr auffälligen Kosmos im Inneren aufwarten kann.
Eher sind die Zeichnungen hinderlich4 und die Vielzahl an Röhren wie auf den folgenden Blättern 78r und 84r zu sehen, sind in Verbindung mit kleinen weiblichen Akten allenfalls als Interieur einer Badeanstalt zu begreifen.5
Die seit 111 Jahren erfolglosen Versuche zumindest Sinn und Zweck der Handschrift aufzuklären, sprechen für sich. Es lohnt kaum diesen Geschichten nachzugehen. Lediglich zum Einstieg in das Mysterium Voynich-Manuskript zitiere ich aus zwei sehr bekannten Dokumentationen.
Dass sich die künstliche Intelligenz (KI) bei der Entschlüsselung auch nicht mit Ruhm bekleckert hat, soll der Vollständigkeit halber Erwähnung finden.6
Ob getarnte Kriegsberichte, vertrauliche Liebesbotschaften oder verbotenes Wissen – seit jeher versuchen wir Geheimes zu verschlüsseln.
Die meisten dieser Geheimcodes konnten inzwischen geknackt werden, doch ein Buch sticht aus allen historischen Geheimschriften hervor. Es verweigert sich seit Jahrhunderten unserem Verständnis, das Voynich-Manuskript. Es ist das mysteriöseste Buch der Welt, verfasst von einem unbekannten Autor in einer völlig einzigartigen Schrift, illustriert mit rätselhaften Darstellungen. Welches Geheimnis ist zwischen diesen Zeilen verborgen?
Der Direktor des Nachrichtendienstes William Frederick Freedman ist einer der besten Kryptografen seiner Zeit. Als Fingerübung zwischendurch knacken Freedmann und seine Leute historische Geheimschriften. Eine nach der anderen wird entschlüsselt, doch ein Schriftstück widersetzt sich hartnäckig allen Entschlüsselungsversuchen – das Voynich-Manuskript.
Entnervt geben die Kryptografen auf. Es ist die einzige Geheimschrift, an der sie scheitern.7
Das geheimnisvollste Buch der Welt wird es genannt, das Voynich-Manuskript. Im Büchertresor der Beinecke Bibliothek seltener Bücher liegt die Handschrift unter der Katalognummer MS 408. Unbekannt ist daran alles, Sprache, Bilder, Inhalt, Entstehungszeit und -ort.
Die größten Kryptologen des zwanzigsten und einundzwanzigsten Jahrhunderts haben sich an diesem Manuskript versucht. Die Jungs in Bletchley Park, die den Enigma Code der Nazis knackten, sie versuchten es über Jahrzehnte mit dem Voynich-Manuskript.
Die weltweit stärksten Supercomputer wurden damit gefüttert, und keiner hat es bisher geschafft, es zu dechiffrieren.8
Unbeirrt gehen die Kryptologen den einmal eingeschlagenen Weg weiter. Mangels Verständnisses für die spektakulären Illustrationen schadet es nicht, die Bilder bei Gelegenheit passend zu machen.
Bezeichnend für den unsensiblen Umgang mit der Bebilderung ist das Logo der Voynich-Konferenz 2022, dem Blatt 68v entlehnt.
Im 16-strahligen Stern sind jeweils fünf 5-strahlige Sterne verteilt, als Zahlenfolge aufgereiht ergibt sich ein sehr geordnetes Bild:
5 - 5 - 5 - 5 - 5 - 5 - 5 - 5 - 5 - 5 - 5 - 5 - 5 - 5 - 5 - 5
Tatsächlich sieht die Reihung (im Norden beginnend) wie folgt aus.
3 - 4 - 4 - 5 - 6 - 6 - 6 - 7 - 8 - 6 - 5 - 5 - 5 - 4 – 4 - 4
Die Anordnung mag für den Betrachter irrelevant sein, ebenso wie die unterschiedlichen Summen, sobald man die Zahlen addiert.
Im Original sind 82 Sterne eingezeichnet, 80 Sterne im Logo der Konferenz.
Im Umkreis des Gesichts sind 14 und nicht 15 Flammen gezeichnet sowie ein in 3 und 6 Signaturen geteiltes Stirnband.
Was für Informationen sich hinter den Zahlen verbergen, entzieht sich unserem Verständnis. Das berechtigt aber nicht zu der Annahme, dass lediglich inhaltsleere Bildchen zu sehen sind.