Das Watt - Hansjörg Küster - E-Book

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Hansjörg Küster

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Beschreibung

Nicht in den unermesslichen Tiefen, sondern in den seichten Meeresbereichen spielt sich der Großteil des Lebens im Meer ab. Insbesondere das Wattenmeer ist reich an Pflanzen- und Tierarten, und es ist ökologisch hochproduktiv. Hansjörg Küster zeichnet ein so kenntnisreiches wie liebevolles Porträt dieser einzigartigen Landschaft, die auch in kulturgeschichtlicher Hinsicht faszinierend ist. Große Teile des Wattenmeeres kann man noch als echte Wildnisse bezeichnen. In keinem anderen Ökosystem wird mehr Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre abgebaut, nirgends wird mehr organische Masse aufgebaut und nirgendwo mehr Sauerstoff freigesetzt. Viele Formen von Leben haben sich dort entwickelt. Doch das Wattenmeer ist von zahlreichen Seiten bedroht. Und es sieht keineswegs immer so aus, wie man es von der südlichen Nordsee, dem größten Schlickwattgebiet der Welt, kennt. Dort fühlt sich Küster besonders zu Hause und schreibt auch über die Stimmungen, die sich mit dieser «Meerschaft» verbinden: die Gerüche, der fast beständig wehende starke Wind, die Geräusche der Brandung, die Vogelrufe – und auch besondere Begegnungen mit Menschen.

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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Hansjörg Küster

Das Watt

Wiege des Lebens

C.H.Beck

Zum Buch

Das Wattenmeer an der südlichen Nordsee ist das größte Schlickwattgebiet der Welt. Es ist sehr reich an Pflanzen- und Tierarten, große Teile des flachen Meeres kann man noch als echte Wildnisse bezeichnen. Hansjörg Küster zeichnet ein so kenntnisreiches wie liebevolles Porträt dieser einzigartigen Landschaft, die von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt wurde, die aber auch in kulturgeschichtlicher Hinsicht faszinierend ist.

Nicht in den unermesslichen Tiefen, sondern in den seichten Meeresbereichen spielt sich der Großteil des Lebens im Meer ab. Das Watt ist besonders produktiv: In keinem anderen Ökosystem wird mehr Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre abgebaut, nirgends wird mehr organische Masse aufgebaut und nirgendwo mehr Sauerstoff freigesetzt. Viele Formen von Leben haben sich dort entwickelt. Doch das Wattenmeer ist von zahlreichen Seiten bedroht. Und es sieht keineswegs immer so aus, wie man es in Deutschland und seinen Nachbarländern kennt. Küster schreibt auch über die Stimmungen, die sich mit dieser «Meerschaft» verbinden: die Gerüche, der fast beständig wehende starke Wind, die Geräusche der Brandung, die Vogelrufe — und auch besondere Begegnungen mit Menschen.

Vita

Hansjörg Küster ist Professor em. für Pflanzenökologie am Institut für Geobotanik der Leibniz Universität Hannover. Einem breiten Publikum wurde er durch seine Natur und Kultur gleichermaßen umfassenden Bücher über europäische Landschaften bekannt, von der «Geschichte der Landschaft in Mitteleuropa» (1995) über «Die Ostsee» (2002) und «Die Elbe» (2007) bis «Deutsche Landschaften. Von Rügen bis zum Donautal» (2017). Bei C.H.Beck ist zuletzt von ihm erschienen: «Flora. Die ganze Welt der Pflanzen» (2022).

Inhalt

Wasser, Meer und Watt

Erste Begegnungen mit dem Watt

Was ist Watt?

Verschiedene Formen von Küsten, verschiedene Formen von Watt

Pflanzen im Watt

Das marine Nahrungsnetz

Ökosystem Watt

Wandel des Watts durch Sukzession und Neulandbildung

Watt in den Ästuaren

Mangroven und Korallenriffe in den Tropen

Das Watt als Wiege des Lebens

Watt und Klimageschichte

Natur und Kultur

Deichbau

Sturmfluten und brechende Deiche

Eine neue Infrastruktur im Wattenmeer und in der Marsch

Die Bemühung um Nachhaltigkeit

In der Brandung zerschlagen

Watt in Literatur und Kunst

Ferien und Forschung im Watt und am Meer

Eine neue Form der Nutzung von Häfen am Wattenmeer

Nachhaltigkeit im Watt

Ideen für eine gute Zukunft des Watts

Nachwort

Anmerkungen

Literatur

Bildnachweis

Register

Prof. Dr. Klaus Wächtler (*11. Juli 1938 in Kiel; †4. März 2017 in Eutin) brachte mir auf vielen Exkursionen die Welt des Watts nahe. Seinem Andenken sei dieses Buch gewidmet.

1Salzwiese und Wattenmeer bei Niedrigwasser, Nationalpark Wattenmeer

2Felswatt von Helgoland: In Gezeitentümpeln, den Rockpools, und zwischen großen Algen können Wassertiere die Zeit des Niedrigwassers überleben.

3Das Sandwatt von Norderney bei Ebbe. Die Küstenlinie und der das Wasser ableitende Priel verändern ihre Lage unaufhörlich.

4Lummen, Basstölpel und Dreizehenmöwen auf dem Lummenfelsen von Helgoland

5Kegelrobben am Strand der Düne von Helgoland

6Tropische Mangroveninsel in der Karibik, Escudo de Veraguas, Panama

7Korallenfische im Riff Raja Ampat, Westpapua, Indonesien

8Warft auf der Hallig Hooge, Schleswig-Holstein

9Kurt Sieth (1917–1999), Ewer im «Hafen» von Assel an der Tide-Elbe. Das Schiff setzt sich bei Niedrigwasser mit seinem platten Boden auf dem Boden ab und schwimmt bei hohem Wasserstand wieder auf.

10Oluf Braren (1787–1839), Ing Peter Matzen mit Kindern, ca. 1820

11Heinrich Gätke (1814–1897), Fischer an der Küste, vermutlich Helgoland, 1840, Öl auf Leinwand

12Emil Nolde (1867–1956), Landschaft um Utenwarf und Seebüll, Nordfriesland, vor 1956, Aquarell auf Japanpapier, Sprengel Museum, Hannover

13Claude Monet, Der Nadelstein bei Étretat, Ebbe, 1883, Öl auf Leinwand

14Franz Schensky (1871–1957), Sich brechende Wellen, Helgoland

15Der Felsen «Lange Anna», das Wahrzeichen von Helgoland

16Wattenmeer bei Cuxhaven, Nationalpark Wattenmeer

Wasser, Meer und Watt

Der größte Teil der Erdkugel ist von Wasser bedeckt. Die riesigen Ozeane werden seit 2023 durch ein internationales Meeresabkommen der Vereinten Nationen geschützt. Besonders empfindlich und daher besonders schutzbedürftig sind die Flachwasserbereiche am Rand der Meere, zu denen das Watt gehört. In seichten Meeresbereichen, die nur eine Tiefe von wenigen Metern aufweisen, spielt sich das meiste Leben im Meer ab. Nicht nur die tieferen Zonen der Ozeane, sondern auch alle Landgegenden sind davon abhängig, was sich nahe der Oberfläche der Meere abspielt. Denn nur in die obersten wenigen Meter des Wasserkörpers dringt genügend Sonnenlicht ein, so dass Fotosynthese stattfindet und Pflanzen leben können. Von ihnen werden alle Meere mit erheblichen Mengen an organischer Substanz und die ganze Welt mit großen Massen an Sauerstoff versorgt. Das Watt ist besonders produktiv: In keinem anderen Ökosystem wird mehr Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre abgebaut, nirgends wird mehr organische Masse aufgebaut und nirgendwo mehr Sauerstoff freigesetzt. Wenn also die Meere geschützt werden sollen, muss man besonders auf deren Ufer und flache Randbereiche achten – und dabei unter anderem ganz besonders auf das Watt. Diese flachen Gewässer sind für Meere und Landmassen sowie deren gesamte Lebenswelt von eminenter Bedeutung. Viele Formen von Leben haben sich dort entwickelt; von dort aus wird das ganze Leben sowohl im Meer als auch am Land beeinflusst. Sehr viele Lebewesen entstanden dort im Lauf der Evolution, sie wachsen dort auch auf, sie vermehren sich dort, sie wurden und werden von dort aus mit wichtigen Ressourcen versorgt: mit organischer Substanz und Sauerstoff an vorderster Stelle. Darauf bezieht sich – in mehrfacher Bedeutung – der Titel dieses Buches. Auf dessen Bedeutung soll aber erst zu einem späteren Zeitpunkt näher eingegangen werden – auf der Basis von einigen Grundlagen und Fakten zum Watt und zu anderen Flachwasserbereichen am Rand der Meere, von denen zunächst die Rede ist.

Deutschland hat Anteil am größten Schlickwattgebiet der Welt, das an der südlichen Nordsee gelegen ist. Dieses Gebiet bezeichnet man auch als Wattenmeer. Teile des Wattenmeeres gehören zu zwei weiteren Staaten: In den Niederlanden spricht man von der Waddenzee, in Dänemark bezeichnet man diese Meeresgegend als Vadehavet. Man hat das Gebiet zu Nationalparken erklärt, von denen sich drei in Deutschland befinden. Drei sind es deswegen, weil drei Bundesländer an die Nordsee grenzen und die Einrichtung von Nationalparken in den Zuständigkeitsbereich der Bundesländer fällt – wie auch alle anderen Regelungen zum Naturschutz. Der Bund gibt lediglich einen Rahmen der Naturschutzgesetzgebung vor. Deshalb wurden drei Nationalparke in den drei Bundesländern gegründet, die Anteile am Wattenmeer haben, ein Niedersächsischer, ein Hamburger und ein Schleswig-Holsteinischer Nationalpark. Ein separater Hamburger Nationalpark an der Nordsee existiert deswegen, weil traditionell die Meeresgegend um die Elbmündung herum zu Hamburg gehört: Der im Jahr 1301 errichtete Leuchtturm von Neuwerk ist angeblich das älteste Hamburger Bauwerk. Im 20. Jahrhundert überlegte man sich, den wichtigen Hamburger Übersee-Hafen in das Watt bei den Inseln Neuwerk und Scharhörn zu verlegen. Unter anderem aus Gründen des Naturschutzes kam man aber von dieser Idee wieder ab.

Das Wattenmeer ist sehr reich an Pflanzen- und Tierarten, große Teile des flachen Meeres kann man noch als echte Wildnisse bezeichnen. Einige Tierarten gibt es weltweit nur an oder in der Nordsee, und der auf der Erde vorkommende Gesamtbestand bestimmter Zugvögel trifft sich zu bestimmten Zeiten im Wattenmeergebiet. Für einige Wochen kommen alle Knutts der Welt, auch Knuttstrandläufer genannt, an der Nordsee zusammen und verteilen sich anschließend erneut auf verschiedene Weltgegenden. Brandgänse aus dem gesamten Westen Europas finden sich im August auf dem Großen Knechtsand vor dem Land Wursten, zwischen den Mündungen von Elbe und Weser, sowie rings um die Insel Trischen nördlich der Elbmündung ein. Dort halten sie sich zur Mauser auf, also zum Wechsel des Gefieders. Sie verlieren die kräftigsten Federn alle zur gleichen Zeit, so dass sie für einige Tage nicht fliegen können. Sie brauchen an diesen Tagen einen bestmöglichen Schutz, den sie in der Deutschen Bucht finden, und außerdem ein ausreichendes und gut erreichbares Nahrungsangebot. Auch das wird ihnen im Schlickwatt an der deutschen Küste geboten.

Das Wattenmeer an der Nordsee ist wirklich eine Besonderheit: Keineswegs an jeder Küste gibt es ein derart ausgedehntes Watt, also ein amphibisches Gebiet zwischen Land und Meer, das von Gezeiten beeinflusst ist und das nur sehr geringe Höhenunterschiede aufweist. Für ein Watt ist charakteristisch, dass dort kein scharfer Kontrast zwischen Land und Meer besteht, sondern ein sehr allmählicher Übergangsbereich, in dem die Zugehörigkeit zu Land oder Wasser sich unaufhörlich verändert. Man kann sich auch entschließen, das Watt weder dem Land noch dem Meer zuzuordnen.

Das Wattenmeer ist von zahlreichen Seiten bedroht. Es wird intensive Fischerei betrieben. Hier verlaufen Wasserstraßen, die zu den wichtigsten und verkehrsreichsten der Welt gehören; sie führen zu Häfen, die ebenfalls unter den wichtigsten der Welt genannt werden müssen. Die Wasserstraßen sind aber auch besonders gefährlich, und bei jeder Havarie eines Schiffes droht eine Umweltkatastrophe. Mehrere wichtige Flüsse münden in das Wattenmeergebiet; sie können das Meer verunreinigen, wenn Schadstoffe in ihnen enthalten sind, Rhein, Ems, Weser und Elbe. Zahlreiche weitere Schadstoffe gefährden das flache Meeresgebiet, die dort entsorgt werden oder bereits vor Jahrzehnten entsorgt wurden und als tickende Zeitbomben auf dem Grund der Nordsee liegen: Munition, Mineralöl, Schwermetalle, Kunststoffe, Dünnsäure. Seit Jahrzehnten ist das Wattenmeer mit seinen Küsten aber auch eine wichtige Urlaubsregion. Die UNESCO hat es zum Weltnaturerbe erklärt. Das Trilaterale Wattensekretariat, an dem die Fäden der Naturschutzbemühungen zusammenlaufen, befindet sich als internationale Einrichtung etwa in der Mitte des Gebietes, in Wilhelmshaven. Die vielfältigen Interessen, die mit diesen Nutzungen im Zusammenhang stehen, führen immer wieder zu Nutzungskonflikten, und Verschmutzungen gefährden viele Formen der Nutzung des Meeres.

Das Watt, genauer das Schlickwatt, wie es an der Nordsee zu finden ist, wird im Mittelpunkt dieses Buches stehen. Watt kann aber auch ganz anders aussehen als so, wie man es in Deutschland und seinen Nachbarländern kennt. Daher gehe ich immer wieder auch auf andere Formen von Watt ein. Dieses Buch ist nicht nur eine wissenschaftliche Darstellung. Watt, das Wattenland oder das Wattenmeer ist nämlich viel mehr als das: eine Landschaft oder besser eine «Meerschaft», der man mit Emotionen gegenübertritt. Man kann viele Aspekte von Watt wissenschaftlich betrachten, und das nicht nur naturwissenschaftlich. Das Watt hat nämlich auch eine interessante Kultur- und Ideengeschichte. Daher muss im Text immer wieder zwischen Naturwissenschaft, Kulturgeschichte, Ideen und Emotionen «gesprungen» werden. Und auch auf persönliche Erlebnisse gehe ich ein, die eine besondere Beziehung zu dieser Landschaft herstellen. So habe ich das Watt immer wieder wahrgenommen, mitsamt aller Stimmungen, Gerüche, dem fast beständig wehenden starken Wind, den Geräuschen der Brandung, den Vogelrufen – und auch besonderen Begegnungen mit Menschen. All dies gehört zu einer Landschaft (oder Meerschaft); all dies gehört zu Orten, die sich lokalisieren lassen und daher Zusammenhänge zwischen sehr verschiedenen Dimensionen herstellen. Ohne die Orte bleiben es zusammenhanglose Einzelheiten.

Es wird also immer wieder um das Wattenmeer an der Nordsee gehen, um seine Natur und Kultur – mit Ausblicken auf ähnliche Küstenbereiche in aller Welt, die für die Entstehung der Vielfalt von Leben im Lauf der Erdgeschichte, für die Gehalte an Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid im Meer und in der Atmosphäre, für die Entwicklung von Handel und Schifffahrt in den letzten Jahrtausenden und auch für die globale Zukunft im Sinne der Realisierung von Nachhaltigkeit stets ungemein wichtig waren und sind.

Was aber ist Watt? Zur Beantwortung dieser Frage muss ein wenig weiter ausgeholt werden. Denn die Ausprägung von Watt hängt entscheidend davon ab, welche Formen von Küsten es gibt. Es wird also zunächst um Geologie und Geographie gehen, um Fragen der Küstengeologie, um Erosion und Sedimentation an der Kontaktstelle zwischen Land und Wasser.

Danach wird die besondere Rolle zu behandeln sein, die flache Küsten für die Entwicklung von Leben, von Biodiversität spielten und spielen. Seichte Bereiche am Rand der Meere haben immer eine besondere Bedeutung für die Entstehung zahlreicher Tier- und Pflanzenarten gehabt. Dieses Verhältnis gilt aber auch umgekehrt: Für die landschaftlichen oder geologischen Entwicklungen im Küstenraum haben Pflanzen und Tiere sowie zahlreiche Mikroorganismen eine wichtige Rolle gespielt, und zwar auch die abgestorbenen Lebewesen, die versteinerten und zu Fossilien wurden. Die Entwicklung der flachen Meeresbereiche verlief in neue Richtungen, sobald es Leben auf der Erde gab: Pflanzen und Tiere wurden nicht nur durch die sich ständig verändernde Umwelt in ihrer Evolution beeinflusst, sondern die Lebewesen gestalteten auch Meeresküsten in besonderer Weise. Vor allem die Küstengebiete nahmen unter dem Einfluss von Lebewesen eine andere Entwicklung, als es ohne das Leben der Fall gewesen wäre.

Schließlich wird es in weiteren Kapiteln des Buches um die zahlreichen Interaktionen zwischen Menschen und den Meeren sowie deren Küsten gehen, die sich in der Vergangenheit abspielten und in der Gegenwart immer noch ablaufen. Dabei setzten sich die natürlichen Prozesse von Erosion und Sedimentation, der Entstehung und Zerstörung von Lebensräumen weiter fort. Wie überall, so auch am Meer haben die Menschen versucht, die natürlichen Prozesse weitestmöglich zu beherrschen, um Landschaft, Biodiversität und auch ganz allgemein das, was sie für Natur hielten, zu bewahren und – vor allem – um selbst in Sicherheit zu leben. Trotz aller Gefahren, die die Flachküsten und das Wattengebiet von Natur aus prägen, wollten sie Watt und Meer nutzen können.

«Das Meer vernichtet und segnet», weiß man an den Küsten, das ist nun einmal seine Natur. Nicht jede Form von Zerstörung am Meer ist eigentlich eine Naturkatastrophe, denn die Katastrophe gehört nun einmal zur Natur des Meeres. Aber sie kann eine Katastrophe für die Stabilität sein, in der wir Menschen leben wollen. Obwohl wir die Landschaft nutzen wollen und dadurch unweigerlich verändern, denken wir sie uns stabil und versuchen, sie so wenig verändert wie nur irgend möglich zu bewahren. Eigentlich ist das ein Unding: Denn die Landschaft verändert sich unaufhörlich, sogar unabhängig davon, ob wir sie nutzen. Der stetige Wandel ist ihre Natur.

Im Watt verschwindet nicht nur der Gegensatz zwischen Land und Meer, sondern auch der zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Die Geschichte des Watts, die wir in der Vergangenheitsform beschreiben, läuft in der Gegenwart genauso ab – und auch in der Zukunft. Stets ist der Wandel präsent.

Erste Begegnungen mit dem Watt

Aber fangen wir kleiner an, auch wenn das, was es am Meer zu sehen gibt, immer groß ist, einen weiten Horizont hat. Zum ersten Mal an die Nordsee zu kommen, das Watt zum ersten Mal zu sehen ist für viele Menschen zumindest auf den ersten Blick enttäuschend. So ging es auch mir, als ich, acht Jahre alt, die Nordsee zum ersten Mal besuchte. Es war im März, also im frühen Frühjahr, man könnte auch sagen, im späten Winter. Ich kannte bereits die sommerliche Ostsee. Dort konnte man, wenn das Wetter gut war, jederzeit baden. Aber die Nordsee ist anders: Man geht voller Erwartung auf den Deich und will das Meer sehen, blickt aber gerade im Winter und Frühjahr nur auf grüngraues oder grünbraunes Watt und Salzwiesen, die wenig ansehnlich wirken. Vom Meer hingegen sieht man nichts. Quert man im Sommer den Deich, ist man auch dann keineswegs überall sofort an einer Badestelle, sondern hat möglicherweise noch einen weiten Weg bis zum Wasser vor sich. Und jederzeit baden kann man auch nicht überall.