Data inspired - Sebastian Wernicke - E-Book

Data inspired E-Book

Sebastian Wernicke

0,0
23,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

„KI und der Umgang mit Daten sind für alle Unternehmen relevant. Dieses Buch liefert dafür gute Impulse."
Tim Höttges, CEO Deutsche Telekom AG

Sebastian Wernicke hat die Gabe, die Komplexität von Daten und K.I. in klare Erfolgskonzepte zu verpacken. Praxisnah, verständlich und unterhaltsam!“
Dr. Sebastian Thrun, K.I.-Pionier, Gründer von Google X, Udacity und Kitty Hawk

Data inspired zeigt an vielen praktischen Beispielen, dass die Frage nicht ist, ob Daten in Entscheidungsprozesse einfließen sollen, sondern wie.“
Dr. Andreas Weigend, ehem. Chief Scientist von Amazon, Mitglied des Digitalrats unter Angela Merkel und Autor von „Data for the People“

„Ein Kompass für alle, die sich in der Welt von Daten und Künstlicher Intelligenz zurechtfinden wollen. Sehr lesenswert!"
Dr. Heiko Schäfer, CEO Mammut Sports Group AG

Es gibt kaum eine Organisation, die nicht datengetrieben(er) sein möchte. Allerdings gelingt den meisten Organisationen diese Transformation nicht. Initiativen bleiben in der Umsetzung stecken oder liefern wenig inspirierende Ergebnisse. Gleichzeitig steigt der Druck: Aktuell ist der erfolgreiche Einsatz von Daten noch ein Wettbewerbsvorteil, bald jedoch überlebensnotwendig.
Dieser gut lesbare Ratgeber mit konkretem Praxisbezug basiert auf vielen Jahren Hands-on-Erfahrung rund um Daten und digitale Transformation. Durch neue, praxisnahe Perspektiven und handfeste Erkenntnisse aus gelungenen Projekten hilft er zu verstehen, wie die datengetriebene Organisation gelingt. Dabei geht die erfolgreiche Transformation viel weiter, als „einfach nur Daten hinzuzufügen”. Sie schafft eine durch und durch von Daten inspirierte Organisation – mit ganz neuen Arbeitsweisen, Strukturen und einer noch nie gekannten Effektivität.

„Ein Buch voller durchdachter und spannender Thesen. Ideal für alle, die eine fundierte Auseinandersetzung mit den Themen Daten und K.I. suchen."
Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender Techniker Krankenkasse

Data inspired greift präzise die essenziellen Konzepte einer modernen datengetriebenen Organisation auf.“
Dr. Christian Essling, Global Head of Data, Analytics & IoT, E.ON

„Der smarte Einsatz von KI wird für Unternehmen zum Game Changer; dafür braucht es KI-fähige Daten. Dieses Buch zeigt Organisationen den Weg zur Datenkompetenz auf."
Prof. Dr. Yasmin Weiß, Forschungsschwerpunkt KI in der Arbeitswelt, Aufsichtsrätin, LinkedIn Top Voice

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Zum Inhalt:

„Sebastian Wernicke hat die Gabe, die Komplexität von Daten und K.I. in klare Erfolgskonzepte zu verpacken. Praxisnah, verständlich und unterhaltsam!“

Dr. Sebastian Thrun, K.I.-Pionier, Gründer von Google X, Udacity und Kitty Hawk

„Data Inspired zeigt an vielen praktischen Beispielen, dass die Frage nicht ist, ob Daten in Entscheidungsprozesse einfließen sollen, sondern wie.“

Dr. Andreas Weigend, ehem. Chief Scientist von Amazon, Mitglied des Digitalrats unter Angela Merkel, Autor von „Data for the People“

„Ein Kompass für alle, die sich in der Welt von Daten und Künstlicher Intelligenz zurechtfinden wollen. Sehr lesenswert!“

Dr. Heiko Schäfer, CEO Mammut Sports Group AG

„Ein Buch voller durchdachter und spannender Thesen. Ideal für alle, die eine fundierte Auseinandersetzung mit den Themen Daten und K.I. suchen.“

Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender Techniker Krankenkasse

„Data Inspired greift präzise die essenziellen Konzepte einer modernen datengetriebenen Organisation auf.“

Dr. Christian Essling, Global Head of Data, Analytics & IoT, E.ON

„Der smarte Einsatz von KI wird für Unternehmen zum Game Changer; dafür braucht es KI-fähige Daten. Dieses Buch zeigt Organisationen den Weg zur Datenkompetenz auf.“

Prof. Dr. Yasmin Weiß, Forschungsschwerpunkt KI in der Arbeitswelt, Aufsichtsrätin, LinkedIn Top Voice

Es gibt kaum eine Organisation, die nicht datengetrieben(er) sein möchte. Aller- dings gelingt den meisten Organisationen diese Transformation nicht. Initiativen bleiben in der Umsetzung stecken oder liefern wenig inspirierende Ergebnisse. Gleichzeitig steigt der Druck: Aktuell ist der erfolgreiche Einsatz von Daten noch ein Wettbewerbsvorteil, bald jedoch überlebensnotwendig.

Dieser gut lesbare Ratgeber mit konkretem Praxisbezug basiert auf vielen Jahren Hands-on-Erfahrung rund um Daten und digitale Transformation. Durch neue, praxisnahe Perspektiven und handfeste Erkenntnisse aus gelungenen Projekten hilft er zu verstehen, wie die datengetriebene Organisation gelingt. Dabei geht die erfolgreiche Transformation viel weiter, als „einfach nur Daten hinzuzufügen“. Sie schafft eine durch und durch von Daten inspirierte Organisation – mit ganz neuen Arbeitsweisen, Strukturen und einer noch nie gekannten Effektivität.

DATA INSPIRED

Erfolgskonzepte für die datengetriebene

Organisation

von

Sebastian Wernicke

5Was dieses Buch für Sie bereithält

Der erfolgreiche Einsatz von Daten und K.I. ist bereits heute ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, demnächst jedoch überlebensnotwendig. Es gibt daher kaum eine Organisation, die nicht datengetrieben(er) sein möchte. Allerdings gelingt den meisten Organisationen diese Transformation nicht. Selbst groß angelegte Initiativen bleiben in der Umsetzung stecken oder liefern trotz viel Geld und Aufwand nur wenig inspirierende Ergebnisse.

„Data Inspired“ ist ein praktischer Leitfaden, wie man erfolgreich eine datengetriebene Organisation aufbaut. Anstatt dies mit abstrakten Modellen oder technischem Jargon zu tun, ist dieses Buch um konkrete Erfolgskonzepte herum gebaut. Diese ermöglichen Ihnen ein tiefgehendes Verständnis der wesentlichen Erfolgsfaktoren, ohne bloße Rezepte vorzuschreiben. Mit einer Mischung aus zahlreichen Beispielen und Storytelling ist dieses Buch darauf ausgelegt, Ihnen dabei nicht nur neues Wissen zu vermitteln, sondern auch Freude beim Lesen zu bereiten.

Dieses Buch ist in fünf Teile gegliedert:

Teil 1 entmystifiziert die Themen „Daten“ und „datengetriebene Organisation“ und räumt dabei mit häufigen Missverständnissen auf. Gleichzeitig wird klar, warum der erfolgreiche Einsatz von Daten und K.I. eine entscheidende Rolle für das Überleben der meisten Organisationen spielt.

Teil 2 erläutert die Psychologie des datengetriebenen Handelns und Entscheidens. Er zeigt, dass es bei der datengetriebenen Organisation um weit mehr geht als „Daten + Organisation“ und der Schlüssel zu einem erfolgreichen Wandel vielmehr in der Kultur des Unternehmens liegt als in Strukturen oder Technologie.

Teil 3 führt Sie konkret und anschaulich durch die vier Handlungsfelder einer datengetriebenen Organisation – angefangen vom Messen und Steuern mit Kennzahlen bis hin zum erfolgreichen Einsatz von Künstlicher Intelligenz.

Teil 4 zeigt Ihnen, wie Sie die Unternehmensstrategie so gestalten, dass eine erfolgreiche Transformation gelingt, wie Sie häufige Fallen auf dem Weg zur datengetriebenen Organisation vermeiden und warum es eigentlich besser wäre, anstatt einer datengetriebenen Organisation eine dateninspirierte Organisation 6werden zu wollen. Das abschließende „dateninspirierte Manifest“ fasst die Erkenntnisse dieses Buchs kurz und pointiert zusammen.

Teil 5 ist ein Werkzeugkasten mit praxiserprobten Workshopformaten, Methoden und Checklisten, die Ihnen auf der Reise zur datengetriebenen Organisation nützlich sein werden.

Die Konzepte dieses Buchs basieren auf über 15 Jahren praktischer Erfahrung aus über hundert Projekten rund um datengetriebenes Entscheiden und den erfolgreichen Einsatz von Daten und K.I. Sie sind mit zahlreichen Praxisbeispielen, Fallstudien und wissenschaftlichen Erkenntnissen untermauert. Sie lesen keine abstrakte Theorie, sondern lernen von validierten Erfolgsgeschichten.

Ich habe zahlreichen Unternehmen – von Start-ups über Mittelständler bis hin zu internationalen Großkonzernen – dabei geholfen, mit ihren Daten Millionen zu verdienen und sich gleichzeitig erfolgreich für die Zukunft aufzustellen. Diesen Erfolg wünsche ich auch Ihnen und Ihrer Organisation. Gleichzeitig ist es mir wichtig, dass ein Buch wie dieses nicht nur Wissen vermittelt, sondern Sie dabei auch unterhält und inspiriert. Ich wünsche Ihnen daher sowohl viele wertvolle Erkenntnisse als auch viel Spaß beim Lesen!

Sebastian Wernicke

September 2023

7Inhaltsverzeichnis

Was dieses Buch für Sie bereithält

Teil 1: Die Datenwende hat gerade erst begonnen

1. Datengetrieben oder Daten-frustriert?

2. Daten-Hype und Daten-Substanz

Teil 2: Daten + Organisation ≠ Datengetrieben

3. Drei Mythen über Daten

4. Die Psychologie des datengetriebenen Entscheidens

5. Struktur und Kultur

Teil 3: Die vier Schauplätze der datengetriebenen Organisation

6. Die Vermessung der Organisation

7. Mit Daten bessere komplexe Entscheidungen treffen

8. Wie Daten operative Entscheidungen verbessern

9. Automatisierung mit K.I.: eiskaltes Skalieren

Teil 4: Nachhaltige Transformation statt Crash-Diät

10. Vergesst doch mal (kurz) die Daten!

11. Die vier Reiter der Transformationsapokalypse

12. Datengetrieben? Dateninspiriert!

13. Das dateninspirierte Manifest

Teil 5: Toolbox

14. Data Literacy auffrischen

15. Ein Kompetenz- und Rollenmodell entwickeln

16. Den strategischen Aktionsplan entwickeln

17. Lösungen und Handlungsfelder richtig priorisieren

18. Probleme in ausreichender Tiefe verstehen

19. Die Umsetzung von Use Cases planen

8Anmerkungen

Danksagungen

Referenzen

Index

Über den Autor

9Teil 1: Die Datenwende hat gerade erst begonnen

101. Datengetrieben oder Daten-frustriert?

Das Erfolgskonzept

Beim Wandel zu einer datengetriebenen Organisation geht es im Kern gar nicht so sehr um Daten und Technologie, sondern um Entscheidungen und Unternehmenskultur.

Wie jeden Wochentag eilten am Morgen des 12. Januar 2007 Tausende von Pendlern durch die L‘Enfant Plaza Station in Washington, D.C. Ihre Gedanken kreisten vermutlich um Arbeit, Familie und das bevorstehende Wochenende, während sie sich beeilten, zu ihren jeweiligen Zielen zu kommen. Mitten im Trubel zog ein unscheinbarer Mann mit Baseballkappe eine Violine aus ihrem Koffer und begann zu spielen. Doch nur wenige der Pendler hielten während der 45 Minuten inne, die der Mann spielte, um ihm zuzuhören. Noch weniger gaben ihm Geld. Am Ende hatte er lediglich 32 Dollar und 17 Cent in seinem Koffer und fühlte sich, obwohl er nach eigener Aussage „ganz schön Lärm gemacht“ hatte, von den vorbeiziehenden Pendlern völlig ignoriert.1 Das ganze Geschehen stellte sich im Nachhinein als ein Experiment der Washington Post heraus. Der Geiger war niemand Geringeres als Joshua Bell, ein Superstar der Klassikszene. Seine Geige war eine Stradivari im Wert von 3,5 Millionen Dollar. Als er drei Tage zuvor ein Konzert gegeben hatte, hatte sein Publikum mindestens 100 Dollar pro Platz in einer ausverkauften Konzerthalle bezahlt, um ihm zuzuhören. Aber in der U-Bahn-Station wurde er nicht wahrgenommen.

Es wäre zu einfach, das Ergebnis dieses sozialen Experiments auf die Ignoranz der Washingtoner Pendler zu schieben. Vielmehr zeigt es die Bedeutung von Kontext: Um uns herum kann etwas Außergewöhnliches passieren, doch wenn es im Alltag geschieht, nehmen wir es oftmals nicht so richtig wahr. Das gilt nicht nur für klassische Musik, sondern auch für die Kernthemen dieses Buchs: Daten und Künstliche Intelligenz (K.I.). Denn genauso wenig wie die Pendler in Washington die Musik von Joshua Bell wahrgenommen haben, haben sie auch nicht wahrgenommen, dass ihre komplette Reise durch und durch von 11Daten beeinflusst wurde. Daten haben unter anderem den Fahrplan, die Art des Zuges und den Dienstplan des Personals mitbestimmt. Daten sorgten für einen möglichst reibungslosen Ablauf des Fahrplans, das frühzeitige Erkennen von Störungen und das Schalten der Werbeanzeigen auf den Bildschirmen im Bahnhof. All das passierte im Hintergrund und wäre höchstens dann bemerkt worden, wenn es einmal nicht richtig funktioniert hätte.

Wie sehr Daten unsere Gegenwart prägen und wie sehr sie unsere Zukunft verändern werden, ist auf den ersten Blick leicht zu übersehen. In zahlreichen Publikationen werden zwar die neuesten Errungenschaften in Sachen Daten und K.I. vorgestellt, der immense Wert von Datenschätzen betont oder über „Datensammelskandale“ berichtet, doch die meisten dieser Artikel wirken so, als würde das Thema Daten nur in der Zukunft, in fernabliegenden Rechenzentren oder für große Softwarefirmen Relevanz haben. Doch in Wahrheit findet die Datenwende nicht „woanders“ oder „demnächst“ statt. Sie ist schon längst in unserem privaten und beruflichen Alltag angekommen – und hat dabei gerade erst angefangen.

Selbst einfachste Tätigkeiten wie Einkaufen sind bereits heute durch und durch von Daten betroffen. Wenn Sie beispielsweise das nächste Mal im Supermarkt einkaufen, dann haben Daten und die komplexen Muster, die sich in ihnen verbergen, an unzähligen Stellen eine wesentliche Rolle gespielt: Daten haben dem Hersteller gesagt, welche und wie viele Produkte er herstellen muss. Daten haben dem Supermarkt gesagt, welche Anzahl von jedem Produkt er im Regal haben muss und wie viele Produkte wann nachbestellt werden müssen, damit die gesamte Auswahl ausreichend vorhanden ist, aber auch möglichst wenig Ware verdirbt. Daten haben präzise Empfehlungen erzeugt, wo im Laden die Produkte stehen und wie sie bepreist werden sollten. Wann und worauf es Rabatte gibt. Daten haben die Beladung und Fahrstrecken der LKWs optimiert, die die Waren zum Supermarkt bringen. Daten haben die Produktionsprozesse der Hersteller bis ins kleinste Detail optimiert (selbst das hauchdünne Plastik im Inneren eines Milchkartons entsteht mittels datenoptimierter Prozesse). Demnächst werden Daten die gesamte Rohstoffkette jedes Produkts nachweisen. Und die Bonuskarte, die am Ende mit über den Scanner gezogen wird, erzeugt weitere Daten, um unser Einkaufsverhalten noch besser zu verstehen.

Wenn schon ein scheinbar einfacher Vorgang wie das Einkaufen im Supermarkt von Daten und datenbasierten Entscheidungen durchflossen ist, dann kann man sich gut vorstellen, dass dies nur die Spitze des Eisbergs (Datenbergs?) ist. Die Welt ist komplex und vielschichtig – mit einer endlosen Zahl von Variablen und Zusammenhängen, die schwer zu durchschauen sind. Daten erlauben es uns, in diese faszinierenden Dynamiken einzutauchen und dabei Muster zu entdecken, die es ermöglichen, die Komplexität in der Welt besser zu verstehen und hierauf nicht nur entsprechend zu reagieren, sondern teilweise sogar in die Zukunft zu schauen und dementsprechend zu planen.

12Wer die Welt durch eine Datenbrille betrachtet, sieht sie anders.

Aus einem Auto wird eine fahrende Messstation, die ständig mit Hunderten von Sensoren Daten über sich selbst und ihre Umgebung sammelt und dadurch Unfälle verhindern kann, Staus und mechanische Probleme vorhersagt, bevor sie auftreten, und Schritt für Schritt den menschlichen Fahrer ersetzt.

In der Landwirtschaft ist ein Hektar Acker, durch die Datenbrille betrachtet, kein einfaches Feld mehr, sondern ein vielschichtiges Raster von 10.000 Quadraten, jedes 1m x1m groß, in dem jedes Quadrat voller Informationen steckt, wie es am besten bewirtschaftet werden sollte aufgrund seiner spezifischen Lage, Feuchtigkeit, Sonneneinstrahlung, Pflanzen, Insekten, Temperatur (sowohl in Wurzel- als in Blütenhöhe, versteht sich) und zahlreichen anderen Faktoren.

Im Gesundheitswesen besteht der menschliche Organismus nicht mehr nur aus Haut, Knochen und Organen, sondern ist ein komplexes Netzwerk von Interaktionen aus einem 6,4 Milliarden Zeichen langen genetischen Code, Hunderten von Stoffwechselprodukten, 1000 identifizierbaren Bakterienarten allein im Darm und vielen weiteren Faktoren. Wer dieses Netzwerk versteht, hält sowohl den Schlüssel für langfristige Gesundheit als auch für Therapien gegen Krebs, Autoimmunerkrankungen und Leiden wie Alzheimer in der Hand.

Keines dieser Beispiele ist Zukunftsmusik. Es gibt bereits heute Autos, bei denen der Fahrer nur noch im Notfall gebraucht wird.2 Einige Landwirtschaftsbetriebe bewirtschaften ihre Felder bereits seit Jahren mit quadratmetergenauer, datengetriebener Präzision und sparen dabei weit über die Hälfte an Pestiziden, bei unverändertem Ertrag.3 Einige Schätzungen gehen davon aus, dass sich der Ertrag durch den gezielten Einsatz von Daten in den nächsten Jahren mehr als verdoppeln lässt, und das bei gleichem oder verringertem Einsatz von Ressourcen wie Wasser und Dünger.4 Doch schon heute ist die sogenannte „Precision Agriculture“ ein Milliardenmarkt.5 Nicht mal ein Roboter, der mit Hilfe von K.I. Unkraut erkennt und dann mit einem Laser abschießt, ist Zukunftsmusik. Sie können ihn noch heute kaufen.6 Ebenso gibt es bereits erste Krankheiten, für deren Behandlung die Medikamente auf Basis von Datenanalysen genau auf einen einzelnen Patienten zugeschnitten werden und dadurch vormals unheilbare Patienten wieder gesund werden lassen.7

So beeindruckend diese Beispiele sein mögen: Sie sind nur die ersten Erfolge, welche erahnen lassen, dass uns die größten Veränderungen der datengetriebene Revolution noch bevorstehen. Jeder Geschäftsprozess und jeder Herstellungsschritt erzeugt bereits heute unzählige Daten, Tendenz steigend, und ermöglicht so eine immer weitergehende Automatisierung von Prozessschritten und Entscheidungen, die datenbasierte Optimierung von Abläufen, ein bis vor Kurzem ungekanntes Maß an Transparenz über Kunden und Prozesse und 13völlig neue Produkte und Dienstleistungen. Das gleiche gilt für die Unternehmenssteuerung. Planungsprozesse werden auf einmal mit Daten unterfüttert, operative und strategische Entscheidungen sollen auf einmal „datenbasiert“ oder „datengetrieben“ getroffen werden und es entstehen neue Anwendungsfelder wie zum Beispiel „People Analytics“ im HR-Bereich oder rein K.I.-basierte Kundeninteraktionen.

Daten und K.I.: Heute noch Vorteil, demnächst überlebensnotwendig

Dass im Einsatz von Daten und K.I. unglaubliches Potenzial steckt, ist inzwischen Allgemeinwissen. Trotzdem glaube ich, dass den meisten Menschen und Organisationen bei Weitem noch nicht bewusst ist, wie viel Wert in Daten steckt und wie gravierend die datengetriebenen Veränderungen in den nächsten Jahren sein werden. Denn das Thema Daten ist keineswegs abgeschlossen – im Gegenteil: Wir befinden uns gerade erst am Anfang einer „Datenwende“, die das alltägliche Leben und ganze Industriezweige auf ähnliche Weise umkrempeln wird wie die Elektrifizierung und die Erfindung des Mikroprozessors. In zehn Jahren werden wir auf die Themen Daten und K.I. zurückschauen und feststellen: Wir hatten keine Vorstellung davon, wie sehr Daten unser Leben verändern würden.

Natürlich ist es unmöglich vorherzusagen, wie sich die Zukunft im Detail entwickeln wird. Doch die tragende Rolle von Daten und K.I. erscheint zwangsläufig, wenn wir die langfristigen Herausforderungen betrachten, vor denen die Welt derzeit steht: eine alternde Bevölkerung mit entsprechender Zunahme von altersbedingten Krankheiten, eine wachsende Weltbevölkerung, die nachhaltig ernährt werden will, die Knappheit kritischer Ressourcen, die Restrukturierung komplexer globaler Lieferketten, eine fortschreitende Urbanisierung, der drohende Verkehrskollaps, die Notwendigkeit von Kreislaufwirtschaft, der Klimawandel und das Verhindern der nächsten Pandemie. Alle diese „Megatrends“ sind bereits heute klar absehbar und werden tiefgreifende Veränderungen in Wirtschaft, Gesellschaft, Märkten und Politik bewirken. Für Unternehmen bedeuten diese Trends, dass sie einer immensen Komplexität und Dynamik gegenüberstehen, die sie zwingen, immer agiler, flexibler, reaktions- und widerstandsfähiger zu werden.

Nicht jedes Unternehmen wird das überleben. Es wird erwartet, dass sich die durchschnittliche Lebensdauer eines börsennotierten Unternehmens im Vergleich zu 1965 demnächst halbiert (von 32 auf unter 16 Jahre).8

Für diejenigen Unternehmen, die den Wandel erfolgreich bewältigen und mitgestalten, werden Daten, Digitalisierung und K.I.-gestützte Automatisierung ein essenzieller Baustein sein, um den zahlreichen Herausforderungen gerecht zu werden.

14Das sichere Management komplexer Lieferketten, eine reaktionsfähige und resiliente Produktion, das frühzeitige Erkennen von Markttrends, die schnelle Reaktionsfähigkeit auf Trendwenden – das alles kann nur mithilfe von Daten gelingen. Manche Beobachter wie der Datenjournalist Kenneth Cukier gehen sogar noch weiter und sehen in Daten „die einzige Chance, wie dieser Planet mit seinen globalen Herausforderungen fertig wird“9.

Diejenigen Unternehmen, die die Fähigkeit entwickeln, mithilfe von Daten ihr Marketing, Preisstrukturen, Vertrieb, Produkte, Herstellungsprozesse, Lieferketten und strategische Entscheidungen kontinuierlich und funktionsübergreifend zu optimieren, sind die Gewinner von morgen. Alle anderen werden den Wandel langfristig nur schwer überleben.

Die erfolgreichen Unternehmen der Zukunft werden nicht allein von brillanten Führungskräften gesteuert, die gute Bauchentscheidungen treffen, sondern gleichzeitig mithilfe großer Mengen an Daten, um die Komplexität der eigenen Organisation, der Lieferanten und Kunden sowie des allgemeinen Marktes systematisch zu erfassen, zu analysieren und den Entscheidern bereitzustellen.

Die Etablierung einer solchen datengetriebenen Organisation bietet Unternehmen bereits heute einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass datengetriebene Organisationen effizienter sind, mehr Umsatz und Gewinn erwirtschaften, sowie zufriedenere Kunden und Mitarbeitende haben als diejenigen Organisationen, die sich mit dem Einsatz von Daten schwertun.10 Was heute noch von Vorteil ist, wird im Wettbewerb schnell zur Notwendigkeit für das Überleben eines jeden Unternehmens.

Datengetrieben werden: Jeder will es, kaum einer schafft es

Selbst in den Geschäftsberichten von klassischen Konsumgüterherstellern wie Coca-Cola11, Industriekonzernen wie thyssenkrupp12 oder Herstellern von Landwirtschaftsmaschinen wie John Deere13 werden Daten und K.I. inzwischen regelmäßig erwähnt. Wirtschaftsprüfer gehen sogar davon aus, dass der Wert von Daten demnächst ein Standardelement in Unternehmensbilanzen sein wird.14

Auch Umfragen bestätigen, dass das Thema Daten konsequent auf- und ausgebaut wird. Seit mehreren Jahren führt zum Beispiel die Unternehmensberatung New Vantage Partners alljährlich eine Umfrage unter großen amerikanischen Konzernen durch, um deren aktuellen Stand beim Thema Daten und Künstliche Intelligenz abzufragen. Das Ergebnis: Seit Jahren berichten gut 90 % der befragten Unternehmen von stetig steigenden Investments in das Thema.15 Das Geld fließt dabei in ein breites Spektrum von Initiativen, angefangen von der 15Bereitstellung qualitativ hochwertiger Daten über die Datenkompetenz im Unternehmen (sogenannte „Data Literacy“, dazu später mehr in Kapitel 5) bis hin zu datengetriebenen Produkten und K.I. Fast alle Umfrageteilnehmer erwarten, dass ihre Investitionen in Daten und K.I. auf absehbare Zeit weiter steigen werden.

Doch es gibt eine Herausforderung:

Trotz aller Investitionen und Betonung der Wichtigkeit, eine datengetriebene Organisation zu werden, sind die meisten Umfrageteilnehmer mit den Ergebnissen mehr als unzufrieden. Statt datengetrieben sind sie datenfrustriert – und das seit Jahren.

Dies zeigt sich deutlich in den Zahlen der Umfrage von New Vantage Partners, die statt Fortschritt von Stagnation und Rückschritt geprägt sind:

Andere Studien bestätigen dieses Bild. Eine Umfrage der Unternehmensberatung BCG aus dem Jahr 2020 kommt beispielsweise zu dem Ergebnis, dass lediglich 30 % aller digitalen Transformationsprojekte den gewünschten Erfolg bringen – und stellt dazu auch gleich die passende Frage: „Wenn Versagen keine Option ist, warum ist dann der Erfolg so selten?“16

Wer versucht, sich hier einer Antwort zu nähern – sei es auf Konferenzen oder im Internet –, der gerät schnell an eines von zwei Lagern: das Strategielager oder das Technologielager. Die These des Strategielagers: Organisationen haben 16den Wert von Daten noch gar nicht richtig begriffen und scheitern deshalb an der Transformation. Die These des Technologielagers lautet dagegen: Das Wesentliche, was der Organisation zum datengetriebenen Erfolg noch fehlt, sind die richtigen Tools und Werkzeuge. Beispiele für beide Lager gibt es zuhauf. Auf einschlägigen Konferenzen gibt es meist zahlreiche Vorträge aus dem Strategielager, in denen proklamiert wird, dass „Daten das neue Öl“ seien und erst neulich hörte ich in einem Podcast einen Vertreter des Technologielagers sagen: „das eigentliche Problem ist doch zu einem Großteil, natürlich neben dem ganzen Change-Prozess und den menschlichen Themen, eben auch die Technologie, die zum Einsatz kommt.“17

Was in diesem „Sandwich“ aus Strategie- und Technologiediskussion verloren geht, ist ein Verständnis für die wirklichen Erfolgsfaktoren, die einer datengetriebenen Organisation zugrunde liegen. Seit über 15 Jahren begleite ich Unternehmen auf ihrer Reise, datengetrieben(er) zu werden und muss sagen:

Weder eine zu geringe Dringlichkeit noch ein Mangel an geeigneten technischen Tools waren jemals das kritische Problem oder der entscheidende Erfolgsfaktor auf der Reise zu einer datengetriebenen Organisation. Entscheidend sind der Wandel der Kultur und der Entscheidungsstrukturen.

Der Wandel zur datengetriebenen Organisation bedeutet nämlich keineswegs, einfach Daten zu bestehenden Prozessen und Entscheidungen hinzuzufügen und dann darauf zu hoffen, dass alles besser wird. Die oben genannten Studien untermauern diese Beobachtung, wenn es um die Frage geht, warum das mit der datengetriebenen Organisation so frustrierend ist: So gibt die Mehrheit der Befragten in der Umfrage von New Vantage Partners an, dass die wesentlichen Hürden auf dem Weg zur datengetriebenen Organisation unter anderem in der Unternehmenskultur, den Kompetenzen der Mitarbeitenden und der Ausrichtung der Organisation liegen. Bei BCG sieht es ähnlich aus, hier werden als kritische Erfolgsfaktoren unter anderem die Klarheit der Strategie und der Transformationsziele, ein Engagement auf allen Managementebenen und das Vorhandensein messbarer Ziele genannt. Das Thema Technologie kommt hingegen nur am Rande vor.

Die Erkenntnis, dass es bei der datengetriebenen Organisation nicht um Technologie oder mangelndes Interesse geht, ist zwar ein erster wichtiger Schritt, aber nur bedingt hilfreich, wenn es um die erfolgreiche Umsetzung geht. Wer sich jedoch auf die Suche nach konkreteren Antworten macht, landet schnell bei der nächsten Schicht aus Buzzwords und 10-Punkte-Plänen, die wichtige Themen zwar kompakt benennen, aber nicht in die notwendige Tiefe gehen, die es für den Erfolg braucht. Wer seine Organisation erfolgreich datengetrieben(er) machen möchte, braucht jedoch nicht nur einen Aktionsplan, sondern auch ein Verständnis dafür, was man mit Daten eigentlich (nicht) machen kann 17und warum. Nur so lassen sich die notwendigen Prozesse und Kulturelemente wirklich etablieren und hilfreiche Lösungen von gut zu lesenden, aber am Ende viel zu oberflächlichen Ratschlägen unterscheiden.

Die datengetriebene Organisation

Der Konkretheit zuliebe sollten wir gleich am Anfang einmal klarstellen, was denn überhaupt eine „datengetriebene Organisation“ ist, denn schon allein dieser Begriff reiht sich in eine lange Liste von Wörtern ein, die zwar häufig benutzt werden, aber bei genauerer Betrachtung gar nicht so klar sind, wie sie auf den ersten Blick zu sein scheinen. (Andere Begriffe auf dieser Liste wären beispielsweise Strategie, Innovation, Wertschöpfung, Kundenorientierung, Führung, Erfolg, Nachhaltigkeit, Qualität und Effizienz.) Selbst Wikipedia hält Anfang 2023 unter „data-driven company“ lediglich ein lapidares „eine an [sic] Datenanalyse basierende Form der Unternehmensführung“ bereit, ohne irgendwelche weiteren Ausführungen, dafür immerhin inklusive Grammatikfehler.*

Also:

Im Grunde genommen ist die datengetriebene Organisation ein Betriebsmodell für Organisationen, bei dem Daten das Mittel zum Zweck sind, um die Organisation besser zu steuern und die Wertschöpfung gegenüber Kunden zu verbessern.

Eine Stufe konkreter:

Eine datengetriebene Organisation ist eine Organisation, die Daten konsequent erhebt und nutzt, um

die eigenen Prozesse zu verstehen, zu verbessern und zu automatisieren,

bessere operative und strategische Entscheidungen mithilfe von Daten zu treffen,

Produkte und Dienstleistungen zu verbessern und

neue, innovative Dienstleistungen, Produkte und Geschäftsmodelle zu ermöglichen.

Wie das genau funktioniert, werden wir in den folgenden Kapiteln vertiefen. Was jedoch bereits aus der Definition klar wird: Hinter dem Begriff „datengetriebene Organisation“ verbirgt sich nicht ein einzelnes Ziel, sondern mehrere ineinandergreifende Elemente, welche die Organisation sowohl nach innen als 18auch nach außen verändern. Für alle diese Elemente sind Daten ein Kernbaustein und nicht lediglich ein „Beiwerk“, welches den bestehenden Prozessen einfach beigemischt werden kann. Damit wird auch klar, warum das mit der datengetriebenen Organisation nicht ganz einfach ist.

Eine datengetriebene Organisation zu werden, ist ein ähnlich großes Unterfangen wie die nachhaltige Veränderung der Unternehmenskultur oder des Geschäftszwecks.

Jede Transformation dieser Größe birgt allgemeine Herausforderungen und ist von generellen Erfolgsfaktoren abhängig, unter anderem der von der BCG-Studie genannten klaren Strategie, klaren und gut kommunizierten Zielen, Engagement auf allen Managementebenen und so weiter. Für diese Herausforderungen gibt es Change-Experten zur erfolgreichen Begleitung. Es gibt aber noch eine Reihe von spezifischeren Erfolgsfaktoren und Stolpersteinen, die beim Wandel zu einer datengetriebenen Organisation beachtet werden müssen. Insbesondere startet die Reise zu einer datengetriebenen Organisation oftmals mit einer Reihe von Missverständnissen, die insofern besonders tückisch sind, als dass sie auf den ersten Blick völlig logisch klingen und sich erst mit der Zeit als leidliche Fehler entpuppen. Im Verlauf dieses Buchs werden wir diese Stolpersteine im Detail beleuchten, aber um schon einmal einen kurzen Vorgeschmack zu geben:

Missverständnis: Bei einer datengetriebenen Organisation geht es vornehmlich um Daten als zusätzliche Informationsquelle.

Wahrheit: In einer datengetriebenen Organisation geht es um anderes Denken und Handeln: hypothesengetrieben, hinterfragend und experimentell. Daten sind lediglich Mittel zum Zweck, um diese Art des Denkens und Handelns zu unterstützen.

Missverständnis: Mit einer fortschreitenden Digitalisierung wird die Organisation datengetrieben(er).

Wahrheit: Die Digitalisierung von Prozessen ist zwar eine wichtige Grundlage für das datengetriebene Handeln (wo sollen sonst die Daten herkommen?), aber erfolgreich datengetrieben zu sein, bedeutet auch, Prozesse, Entscheidungen und Kundenerlebnisse neu zu denken und nicht einfach „nur“ das Bestehende in eine digitale Welt zu überführen.

Missverständnis: Daten sind hauptsächlich ein Thema für die IT, Controlling und Analysten.

Wahrheit: Daten sollen das Geschäft voranbringen, also müssen sie auch von denjenigen eingefordert und verwendet werden, die das Geschäft treiben. Natürlich sind IT, Datenspezialisten und K.I.-Experten unabdingbar, um das Sammeln und Auswerten von Daten möglich zu machen und Perspektiven aufzuzeigen, was mit Daten möglich ist. Am Ende aber stehen 19auch in der datengetriebenen Organisation das Geschäft und das Kundenerlebnis im Vordergrund. Die Nutzer der Daten, also die Entscheider, sitzen nicht in der IT.

Missverständnis: Die wesentliche Hürde sind Tools, Infrastruktur und technisches Know-how.

Wahrheit: Datengetrieben zu werden erfordert eine gesamthafte Transformation der Organisation hin zu einer datengetriebenen Kultur und Handlungsweise. Ein Tool wird ebenso wenig Datenkultur bringen, wie eine Fitness-App den Bizeps stärkt. Die richtige Infrastruktur und Technik werden sich finden, sobald klar ist, was die Organisation mit Daten erreichen will. Auch wenn die neuesten K.I.-Modelle wie Bild- und Textgeneratoren rauf und runter durch die Presse und soziale Medien laufen: Erfolgreich datengetrieben zu sein, bedeutet oftmals nicht einmal, die neuesten Technologien einzusetzen.

Missverständnis: Daten sind der Garant für Erfolg.

Wahrheit: Langfristig sind datengetriebene Organisationen erfolgreicher, doch datengetrieben zu sein, bedeutet auch ein bewusstes und häufiges Experimentieren und Ausprobieren und somit auch, zunächst häufiger zu scheitern, als man es vielleicht gewohnt ist. Langfristig kommen die erhofften positiven Ergebnisse, aber die können eine Weile auf sich warten lassen und werden auf einem verschlungenen Weg erreicht. Man braucht Vertrauen in den Prozess, damit am Ende auch die Ergebnisse stimmen.

Missverständnis: Der Wandel zur datengetriebenen Organisation ist ein 3-Jahres-Projekt, danach kommen andere Themen.

Wahrheit: Datengetrieben zu werden (und zu bleiben), ist kein Projekt, sondern ein andauernder Prozess, der ständiges Lernen, Adaptieren und Verbessern erfordert. Die natürliche Tendenz einer Organisation ist es nämlich, Daten nicht zu verwenden oder mit ihnen lediglich Bauchgefühle zu bestätigen. Die Notwendigkeit, dieser Tendenz entgegenzuwirken, wird im Laufe der Zeit vielleicht geringer, aber sie hört nie auf.

Missverständnis: Datengetrieben zu handeln bedeutet, sich allein auf die Daten zu verlassen.

Wahrheit: Auch wenn der Begriff „datengetrieben“ es nahelegt: Es braucht immer eine Balance der datengetriebenen Erkenntnisse mit menschlicher Intuition, Fachwissen und Verständnis des breiteren Kontexts. Auch ein datengetriebenes Unternehmen wird von Menschen gesteuert, nicht den Daten.

Missverständnis: Mit Daten lassen sich Unsicherheit und Politik eliminieren.

Wahrheit: Haben Sie in Ihrer Organisation mithilfe von Prozessen und Formularen die Unsicherheit und Politik eliminiert? Oder mithilfe eines Organigramms? Eben. Mit Daten wird das auch nicht gelingen.

20 Missverständnis: Man kann nie genug Daten haben.

Wahrheit: Frei nach Paracelsus: „Allein die Dosis macht das Gift“. Zu viele Daten und eine rein datengetriebene Steuerung einer Organisation können massive Schäden verursachen.

Missverständnis: Eine datengetriebene Organisation kann und sollte alles messen und quantifizieren.

Wahrheit: Es wird immer eine Vielzahl von relevanten Aspekten der Organisation geben, die sich nicht sinnvoll messen lassen. Daher führt die rein zahlengetriebene Steuerung eines Unternehmens nachgewiesenermaßen zu falschen Anreizen und Fehlsteuerungen.

Diese und weitere Missverständnisse sind der wesentliche Grund dafür, warum die Transformation zu einer datengetriebenen Organisation so schwierig ist, da sie falsche Erwartungen weckt und sich damit bereits der Start schwierig gestaltet. Das Ergebnis: Anstatt datengetrieben wird die Organisation Datengehetzt, Daten-frustriert, Daten-verkrampft und irgendwann Daten-zynisch. Was dabei verloren geht, ist die Chance, die grundlegenden Prinzipien und Mechanismen zu verstehen, was Daten leisten können und warum, die Psychologie des Entscheidens mit Daten zu verstehen und die Organisation so zu gestalten, dass sie dieser Psychologie gerecht wird.

Der Fahrplan zu mehr Verständnis und Inspiration

Oberflächliche Parolen wie „Daten sind die Zukunft“ oder „A.I. first!“ mögen zwar eingänglich sein und kurzzeitig Aufmerksamkeit erregen, verfehlen jedoch letzten Endes das Ziel, Führungskräften und Mitarbeitenden ein echtes Verständnis der datengetriebenen Organisation zu vermitteln. Die grundlegenden Prinzipien und Mechanismen einer erfolgreichen datengetriebenen Organisation zu verstehen ist mehr als das Auswendiglernen von Fakten, denn das Arbeiten mit Daten ist an vielen Stellen sehr kontraintuitiv. Wer beispielsweise glaubt, dass die Aussage „an den Zahlen ist nicht zu rütteln“ ein guter Indikator dafür sei, dass man datengetrieben ist, der wird in Kapitel 3 noch die ein oder andere Überraschung erleben. Nur wer das Thema Daten tiefer versteht, verfügt über einen robusten Rahmen, der die notwendige Agilität in der Umsetzung, innovative Lösungen und Inspiration ermöglicht. Erst dadurch wird das Potenzial der Daten voll entfesselt!

Dementsprechend sieht der Fahrplan für dieses Buch aus:

Teil 1 (Kapitel 1 und 2) hat in diesem Kapitel gezeigt, dass der Wandel zu einer datengetriebenen Organisation unabdingbar ist, aber trotzdem viel zu häufig an falschen Erwartungen und Missverständnissen scheitert. Warum Daten überhaupt so wichtig und wertvoll sind, zeigt das folgende Kapitel.

Teil 2 (Kapitel 3 bis 5) zeigt, dass eine datengetriebene Organisation weitaus mehr ist als „Organisation + Daten“, da Daten einiges an Komplexität in die 21Organisation bringen und Entscheidungen entgegen allen Hoffnungen nicht leichter machen. Darauf basierend zeigt Kapitel 5 die konkreten Kultur- und Strukturelemente einer datengetrieben Organisation auf.

Teil 3 (Kapitel 6 bis 9) zeigt, wie die vier konkreten Handlungsfelder der datengetriebenen Organisation – Messen, Entscheiden, datenbasierte Regeln und Künstliche Intelligenz – in der Praxis gelingen.

Teil 4 (Kapitel 10 bis 13) gibt konkrete Impulse für den Wandel zu einer datengetriebenen Organisation und zeigt dabei, wie Organisationen eine konkrete Vision für den Wandel entwickeln können, ohne dabei in altbekannte Fallen zu tappen und sich stattdessen kontinuierlich von Daten inspirieren zu lassen. Das „dateninspirierte Manifest“ in Kapitel 13 fasst die Erkenntnisse dieses Buchs zum Abschluss noch einmal kompakt und pointiert zusammen.

Teil 5 (Kapitel 14 bis 19) stellt eine Sammlung konkreter und praxiserprobter Tools für die Gestaltung und Transformation hin zu einer datengetriebenen Organisation vor. In den Teilen 1 bis 4 wird auf diese Tools immer wieder verwiesen, Sie können aber auch einfach direkt in diesen Teil springen.

Der Wandel zu einer datengetriebenen Organisation ist alternativlos für den nachhaltigen zukünftigen Erfolg. Gleichzeitig ist die Reise wesentlich aufwendiger, als sie zunächst wirken mag. Und sie ist nie zu Ende, denn erstens verändert sich eine datengetriebene Organisation ständig und zweitens wird eine Organisation ohne den Druck, datengetrieben zu bleiben, wahrscheinlich wieder in ihre alten Muster zurückfallen. Man braucht also Motivation, um auf die Reise zu gehen.

Natürlich könnte man an dieser Stelle einfach behaupten, dass das Überleben der Organisation doch Motivation genug sein sollte, aber das wäre zu kurz gegriffen. Denn wie wir in den folgenden Kapiteln erleben werden, ist eine datengetriebene Organisation nicht nur erfolgreicher, sie ist gleichzeitig auch spannender, dynamischer, experimentierfreudiger, neugieriger, innovativer, agiler, transparenter, reaktionsschneller, kollaborativer, adaptiver, effizienter, proaktiver, intelligenter und befähigender. Kurzum:

Eine datengetriebene Organisation zu werden, ist nicht nur eine Notwendigkeit. Richtig gestaltet ist es ein überaus inspirierendes Ziel!

22Take-aways

Auch wenn Daten bereits heute alle Bereiche unseres Lebens prägen, ist das volle Ausmaß der Veränderungen durch Daten noch gar nicht absehbar.

Für Unternehmen ist die konsequente Wertschöpfung mit Daten bereits heute ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, in naher Zukunft sogar überlebensnotwendig.

Trotz des sichtbaren Wandels am Markt und der immensen Bedeutung von Daten misslingt vielen Organisationen die Transformation zu einer datengetriebenen Organisation.

Ein Hauptgrund für dieses Scheitern ist, dass der Einsatz von Daten häufig als reines Technologiethema missverstanden wird, obwohl es im Kern um einen Wandel der Unternehmenskultur und der Entscheidungsstrukturen geht.

* Es gibt hierfür nicht einmal eine eigene Seite. Am unteren Ende der Seite https://en.wikipedia.org/wiki/Data-driven (abgerufen am 29. August 2023) findet sich lediglich der Satz „Data-driven company, a form of company management based at [sic] data analysis“. Der Link führt auf eine leere Seite.

232. Daten-Hype und Daten-Substanz

Das Erfolgskonzept

Der Wert von Daten ist immens, man muss ihn allerdings ganz anders betrachten und verstehen als bei „klassischen“ Rohstoffen, denn viele Daten bedeuten nicht immer viel Wert.

Was verbindet die englischen Begriffe „gold”, „oil”, „electricity”, „king”, „soil”, „currency”, und „bacon” (ja, Frühstücksspeck) miteinander? Sie sind – Stand Mitte 2023 – die am häufigsten bemühten Analogien, um den Wert von Daten zu beschreiben. Wer bei Google den Satz „data is the new ...” automatisch vervollständigen lässt, landet bei diesen sieben Begriffen. Die Analogie zum Speck erschließt sich mir zwar nicht, aber die Botschaft, die hier gesendet werden soll, ist klar: Daten sind immens wertvoll, und ähnlich dem Goldrausch des 19. Jahrhunderts, dem Öl-Boom des 20. Jahrhunderts oder der Elektrifizierung gilt: Wer etwas werden will, muss beim Thema Daten mitmischen.

Dieser Enthusiasmus wird nicht von jedermann geteilt. Einer der unterhaltsamsten Datenskeptiker ist beispielsweise der ehemalige US-Basketballstar Charles Barkley: Er vertrat neulich in einem Podcast die Ansicht, Datenanalysten seien „ein Haufen Typen, die das Spiel nie gespielt haben. Sie haben in der High School nie die Mädchen bekommen und wollen jetzt einfach auch nur mal mitspielen”.18 Nicht nur das, laut Barkley ist der ganze Hype um das Thema Daten lediglich eine Erfindung von Statistikern, um einen höheren Tagessatz zu verlangen: „Es ist wie beim Yoga. Yoga sind einfache Dehnübungen. Sie nennen es nur anders, um mehr Geld dafür zu verlangen. Genauso wie bei Statistik. Jetzt nennen sie es Analytik, um mehr Geld dafür zu verlangen.”19

Wie so häufig liegt die Wahrheit zwischen der übermäßigen Skepsis und dem blinden Enthusiasmus. Dass Daten immens wertvoll sind und einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren für die Zukunft von Unternehmen, haben wir bereits im ersten Kapitel gesehen. Charles Barkley hat allerdings insofern recht, als dass es mitunter sehr viel Hype rund um das Thema gibt, der so tut, als 24seien Daten das Allheilmittel für alle geschäftlichen Probleme, und dabei vergisst, dass Daten nur Mittel zum Zweck sind, um etwas in der Realität besser zu machen. In Barkleys eigenen Worten: „Deine Statistiken sollten besser von ein paar verdammt guten Spielern untermauert werden.”20 Aber Scharlatanerie ist das mit den Daten auch im Sport keineswegs. Das sollte auch ein ehemaliger Basketballstar wissen, da inzwischen sämtliche Teams der US-amerikanischen Basketballliga intensiv mit Daten arbeiten, um aus ihren Teams das Beste herauszuholen – die Gesamtbilanz scheint dabei auch bei hohen Tagessätzen durchaus positiv zu sein.21

Oberflächliche Diskussionen führen beim Aufbau einer datengetriebenen Organisation schnell in die ersten Sackgassen. Daher ist es wichtig, gleich zu Beginn den zugrunde liegenden Rohstoff wesentlich besser zu verstehen, als sich auf die Floskeln und Werbebotschaften von Beratern oder die Verschwörungstheorien ehemaliger Basketballstars zu verlassen. Deswegen beleuchten wir in diesem Kapitel das Thema Daten ausführlicher. Was genau verstehen wir eigentlich unter Daten? Warum sind Daten wertvoll? Was kann man mit Daten machen, was man sonst nicht machen kann? Und was ist (nicht) dran am Verdacht von Charles Barkley, dass Themen wie „Big Data“ oder „Data Science“ einfach nur ein Weg sind, um höhere Tagessätze für klassische Statistikberatung zu verlangen? Ist das mit den Daten ganz sicher kein verdeckter Plan einer Gruppe von Nerds, die endlich auch mal im Topmanagement mitwirken möchten? Machen wir uns auf die Suche nach Antworten!

Was man mit Daten alles machen kann

Es ist mir völlig bewusst, dass eine Definition des Begriffs „Daten“ weit weniger sexy und aufregend ist, als man das als Buchautor gerne hätte. Gleichzeitig ist es wichtig, klarzustellen, was wir in diesem Buch unter dem Begriff verstehen. Bringen wir es daher hinter uns:

Daten sind systematisch auswertbare digitale Informationen.

Eine Bibliothek enthält beispielsweise zunächst einmal nur Informationen. Wenn wir alle Bücher einscannen, dann werden diese Informationen digital. Wenn wir dann noch mittels Texterkennung die Texte aus den Büchern extrahieren, dann haben wir Daten, weil wir die Texte nun systematisch mit einem Computer durchsuchen und auswerten können.

Als Erstes denkt man beim Thema Daten aber wohl gar nicht an Texte oder Bilder, sondern an Zahlenreihen und Tabellen. Diese Art von Daten wird von Fachleuten gern als „strukturierte Daten“ bezeichnet, weil sich jemand bereits die Mühe gemacht hat, die Informationen in ein Tabellenschema zu überführen. Bilder, Texte, Audio, Video und sonstige Informationen, die man systematisch auswerten kann, sind auch Daten, nur eben sogenannte „unstrukturierte Daten“.

25Je nachdem, wie strukturiert die jeweiligen Daten sind, können sie unterschiedlich ausgewertet werden und bieten weitere Vor- und Nachteile:

Strukturierte Daten sind in der Regel schneller und einfacher auszuwerten als unstrukturierte Daten. Dafür sind sie nicht so reich an Nuancen und Detailtiefe, da diese in der Strukturierung zwangsweise verloren gehen.

Unstrukturierte Daten enthalten oft reichhaltigere Informationen als strukturierte Daten. Dafür ist diese Art von Daten allerdings auch wesentlich komplexer auszuwerten und im Ergebnis meist nicht so exakt.

Beispielsweise ist eine Sammlung der Texte detaillierter Restaurantkritiken (also unstrukturierte Daten) viel detailreicher und informativer als eine Tabelle mit Sternebewertungen auf einer Skala von 1 bis 5 (strukturiert). Wenn man jedoch schnell das am besten bewertete Restaurant herausfinden möchte, geht das wesentlich schneller mit den Sternen.

Durch die Auswertung von Daten können wir sowohl wertvolle Informationen über die Vergangenheit gewinnen als auch versuchen, zukünftige Entwicklungen zu prognostizieren. Prinzipiell entstehen dadurch vier wertschöpfende Anwendungsfelder für Daten, die wir im Folgenden genauer betrachten werden.

Daten sind deshalb wertvoll, weil man mit ihnen vier Dinge tun kann:

Systematisch messen und Fakten sammeln

Zusammenhänge und Muster erkennen

Prognosen für die Zukunft abgeben

Handlungen empfehlen und automatisieren

1. Systematisch messen und Fakten sammeln

Die einfachste und häufigste Art, Daten auszuwerten, ist nachzuschauen, was geschehen ist:

Was ist geschehen? bzw. Was passiert gerade?Wie hat sich das Kaufverhalten eines durchschnittlichen Kunden in den letzten Jahren entwickelt? Welche Altersverteilung haben unsere Kunden? Wie viele Produkte wurden letztes Jahr in Deutschland verkauft? Wie viel Gewinn gab es im letzten Quartal in jedem Kundensegment? Ist der zusätzliche Gewinn eines Segments durch höheren Absatz oder mehr Marge entstanden?

26Auch wenn es diese Art von Auswertung schon seit mindestens 20.000 Jahren gibt (damals in Form von Rillen auf Knochen22), ist sie sicherlich immer noch die häufigste Art, Daten einzusetzen. Während die Auswertungen früher noch zwangsläufig mit einiger zeitlicher Verzögerung erfolgten, ist es heutzutage in vielen Anwendungsbereichen auch möglich, Beobachtungen quasi in „Echtzeit“ durchzuführen, also zum Beispiel mit sehr geringer Verzögerung live die Umsätze eines Ladens zu beobachten, indem die Daten direkt vom Kassenscanner an eine Datenbank geschickt und von dort aus zur Verfügung gestellt werden.

2. Zusammenhänge und Muster erkennen

Legt man mehrere Datensätze nebeneinander, so lassen sich unter Umständen Muster erkennen, die auf Zusammenhänge und Abhängigkeiten hinweisen:

Welche Zusammenhänge konnte man in der Vergangenheit beobachten?Beobachten wir geringere Verkäufe unserer Maschinen, wenn die Rohstoffpreise steigen (und ggf. mit welcher Verzögerung)? Sind Kunden mit einer höheren Kundenzufriedenheit langfristig treuer als unzufriedene Kunden? Haben Rabattaktionen unsere Absätze insgesamt gesteigert oder nur in den Rabattzeitraum verschoben?

Diese Art der Auswertung sauber durchzuführen, geht meistens nicht ohne Statistik, sie ist daher wesentlich „jünger“ als das einfache Messen und Faktensammeln und wurde erst im späten 19. Jahrhundert erfunden.23 Statistik ist deshalb notwendig, weil es sonst mitunter sehr schwer zu unterscheiden ist, ob ein entdecktes Muster in den Daten wirklich auf einen Zusammenhang hinweist („Kausalität“) oder einfach nur zufällig entstanden ist („Korrelation“).

Selbst mit einer guten Portion Statistik ausgestattet, gestaltet sich die Suche nach kausalen Zusammenhängen gerade in großen Datenmengen als recht trickreich, da es – das zeigen entsprechende mathematische Analysen24 – quasi garantiert ist, dass man dort auf Muster stößt, die wie kausale Zusammenhänge aussehen, aber gar keine sind. Der US-Forscher David Leinweber konnte zum Beispiel zeigen, dass der Kurs des Aktienindex S&P 500 fast perfekt mit einer einfachen Kombination der Butterproduktion in Bangladesch und der US-Käseproduktion übereinstimmt (und sogar noch genauer wird, wenn man die Anzahl der Schafe in Bangladesch mit hineinrechnet).25 Solch scheinbare Zusammenhänge sind, wenn sie nicht so offensichtlich konstruiert werden, oftmals eine der Fallen in der Analyse von Daten und werden uns daher auch in diesem Buch noch regelmäßig begegnen. Grundsätzlich gilt:

27Mit Daten können wir grundsätzlich nur feststellen, ob bestimmte Ereignisse häufig gemeinsam auftreten („Korrelation“). Ob dabei ein Ereignis das andere verursacht („Kausalität“), kann man allein aus den Daten in der Regel nicht feststellen.

Daher sind die obigen Beispielfragen sehr bewusst und vorsichtig formuliert. Dort heißt es beispielsweise nicht „verursachen Rohstoffpreise geringere Verkäufe?“, sondern lediglich „beobachten wir einen Zusammenhang zwischen Rohstoffpreisen und geringeren Verkäufen?“. Diese Nuance geht in der Praxis gerne mal verloren.

3. Prognosen für die Zukunft abgeben

Wenn man ausreichend Daten über die Vergangenheit hat und entsprechende Muster und Zusammenhänge erkennt, dann kann man Daten nicht nur für den Blick in die Vergangenheit verwenden, sondern auch versuchen, die Zukunft zu prognostizieren:

Was wird auf Basis der Vergangenheit wahrscheinlich in der Zukunft geschehen?Wie stark wird der Absatz an Eis steigen, wenn es ein warmer Sommer wird? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls bei einem Kredit? Welche Farben kommen demnächst in Mode? Wie ist die Prognose für den Patienten? Wann sollten wir die Maschine warten?

Wir nutzen hierbei Daten über Beobachtungen in der Vergangenheit, um diese für die Zukunft „fortzuschreiben“. Diese Art der Analyse kann – wie wir vor allem in Kapitel 8 und 9 sehen werden – zu sehr effizienten, schnellen und genauen Entscheidungen führen und ist auch der Grundbaustein für datenbasierte Automatisierung und K.I. Die wesentlichen Grundvoraussetzungen, damit dies funktioniert, sind allerdings, dass wir einerseits genügend Daten aus der Vergangenheit haben, um eine akkurate Prognose berechnen zu können, und andererseits, dass die Zukunft einigermaßen „planbar“ verläuft.

Zusammenhänge oder Ereignisse, die in den Daten nicht erfasst sind, können mit diesen selbstverständlich auch nicht prognostiziert werden (etwa dann, wenn es draußen warm wird, aber eine Pandemie verhindert, dass sich Leute treffen, um gemeinsam Eis essen zu gehen). Das mag zunächst sehr offensichtlich 28klingen, ist aber eine regelmäßige Stolperfalle in der Praxis, zum Beispiel wenn ein Hersteller sehr zuverlässiger Maschinen deren Zuverlässigkeit mithilfe von Daten weiter verbessern möchte, es allerdings so gut wie keine Daten darüber gibt, wann sich denn die Maschinen in der Vergangenheit überhaupt jemals unzuverlässig verhalten hätten. Auch bei strategischen Entscheidungen ist es oftmals so, dass wir keine ausreichenden Daten für Erfolgsprognosen haben (was in diesem Fall getan werden sollte, werden wir in Kapitel 7 sehen).

Zum Anwendungsfeld „Prognose“ gehören auch sogenannte „generative K.I.-Modelle“ wie ChatGPT, die in den letzten Monaten viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. Diese Werkzeuge sind zum Beispiel in der Lage, anhand eines kurzen Textes ein Bild zu erzeugen (beispielsweise Tools wie Dall-E, Midjourney oder Stable Diffusion). Ähnliche Werkzeuge können auf Kommando längere Texte erzeugen (beispielsweise GPT-4) oder den Anschein einer interaktiven „Unterhaltung“ erwecken (wie ChatGPT, welches auf GPT-4 basiert). Auch wenn es angesichts der beeindruckenden Ergebnisse solcher Werkzeuge erstaunlich scheinen mag, handelt es sich auch hier um Prognosen. Der Algorithmus trifft auf Basis einer unvorstellbar großen Datenmenge eine datenbasierte Vorhersage, welches Bild oder welcher Text zur Eingabe passen könnte. Diese Modelle sind also streng genommen lediglich eine fortgeschrittene Variante von datenbasierten Vorhersagen, die Ergebnisse können allerdings so beeindruckend sein, dass sie mitunter „menschlich“ wirken, auch wenn keinerlei Verständnis oder Intelligenz im Spiel ist (mehr zu diesem Phänomen in Kapitel 9).

4. Handlungen empfehlen und automatisieren

Mit genügend Daten aus der Vergangenheit kann man nicht nur Entwicklungen der Zukunft prognostizieren, sondern gleichzeitig auch noch Empfehlungen abgeben, wie am besten auf eine prognostizierte Entwicklung reagiert werden sollte:

Welche Handlungsweise war bisher in vergleichbaren Situationen am erfolgversprechendsten?Soll der Patient angesichts seiner Symptome auf die Intensivstation? In wie vielen Wochen sollten wir das Verschleißteil austauschen? Wie viel Rabatt sollten wir einem Kunden zum jetzigen Zeitpunkt anbieten, damit er bei uns kauft?

29Die Vorhersage von Handlungsempfehlungen ist, wie wir in Kapitel 8 und 9 sehen werden, gleichzeitig auch ein Grundbaustein für Automatisierung und K.I.: Ist die Handlungsempfehlung klar und kann die Handlung von einer Maschine ausgeführt werden, dann braucht es keinerlei menschliche Intervention mehr. Ähnlich der Vorhersage, was in Zukunft passieren wird, brauchen wir für eine erfolgreiche Handlungsempfehlung aber ausreichend Beispiele aus der Vergangenheit – dieses Mal nicht nur hinsichtlich der Entwicklungen in der Vergangenheit, sondern auch noch hinsichtlich unterschiedlicher Reaktionen hierauf und der jeweiligen Ergebnisse. Die Vorhersage von guten Handlungsempfehlungen ist daher einerseits ziemlich wertvoll, andererseits aber auch ein oftmals sehr „datenhungriger“ Anwendungsfall.

Mit Daten Geld sparen und Geld verdienen

Wenn man die vier Anwendungsfelder miteinander vergleicht, dann fällt auf, dass sie sich entlang von drei Dimensionen – „Unsicherheit“, „Wertschöpfung“ und „Datenhunger“ – in einer Hierarchie anordnen lassen:

Von links nach rechts steigt zunächst einmal die Unsicherheit, die mit den jeweiligen datenbasierten Aussagen verknüpft ist: Eine Information, die einfach abgerufen wird, ist eine viel klarere Aussage als eine mit Wahrscheinlichkeiten verknüpfte Vorhersage. Dieser steigenden Unsicherheit kann man – sofern verfügbar – durch zusätzliche Daten begegnen, was aber auch bedeutet, dass die Anwendungsfelder umso datenhungriger werden, je konkreter ihre Aussagen sind und je mehr sie in die Zukunft schauen sollen. Gleichzeitig erhöht sich allerdings auch die potenzielle Wertschöpfung – eine akkurate Handlungsempfehlung oder gar die Fähigkeit zur Vollautomatisierung sind tendenziell wertvoller als ein gutes Verständnis des Status quo.

Generell gilt: Je „wertvoller“ ein datenbasierter Anwendungsfall ist, umso mehr ist er mit Unsicherheit behaftet und dementsprechend auch umso datenhungriger.

Aus einer geschäftlichen Perspektive können die vier Anwendungsfelder von Daten auf jeweils vier verschiedene Weisen eingesetzt werden, um Wert zu schaffen:

30

Kombiniert man die Anwendungsfelder mit den Wertschöpfungshebeln, dann entstehen prinzipiell 16 verschiedene Arten, durch die sich mithilfe von Daten Wert generieren lässt.

Es mag etwas mühsam erscheinen, sich so detailliert mit den Anwendungsfeldern und Werthebeln von Daten zu befassen, aber diese Konkretheit ist meiner Erfahrung nach immens wichtig, um Wünsche wie „Wir müssen mehr mit Daten machen“ oder „Wir wollen mit Daten erfolgreich sein“ zu konkreten Ideen weiterzuentwickeln, wie man mit Daten erfolgreich werden will. Ohne diese Konkretheit scheitert jegliche Transformation, bevor sie begonnen hat. Einfach nur „Daten sind das neue Öl!“ mag griffig klingen (bzw. irgendwann mal geklungen haben), ist allerdings angesichts der Größe des Vorhabens, eine datengetriebene Organisation zu werden, viel zu oberflächlich und weckt zudem noch völlig falsche Hoffnungen.

Der spannendste und kontraintuitivste Rohstoff!

Sollten Sie demnächst in einem Termin oder Vortrag sitzen, in dem Ihnen jemand ernsthaft und ohne Ironie erzählt, „Daten sind das neue X“ (sieben Möglichkeiten für X haben wir am Anfang des Kapitels kennengelernt), dann ist das ein großer Grund zur Freude, denn Sie haben gerade Zeit gewonnen: Gehen Sie direkt aus dem Termin oder Vortrag und nutzen Sie Ihre Zeit produktiver. Denn die Aussage, dass Daten „das neue Öl“ seien, ist nicht nur fast zwei Jahrzehnte alt, sie ist in vielerlei Hinsicht auch ganz einfach falsch.26