David, Emily und der ganz normale Wahnsinn: Der Work-Life-Balance-Roman - Lutz Urban - E-Book

David, Emily und der ganz normale Wahnsinn: Der Work-Life-Balance-Roman E-Book

Lutz Urban

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Beschreibung

Erschöpfungszustand? Nein, danke! Hoch motiviert geben wir 110% und mehr, unsere Arbeitsorganisation ist effektiv und wir delegieren, wo wir können. Doch die Aufgaben werden immer komplexer. Dringend müssen wir Stress reduzieren, sonst drohen Burnout und Erschöpfung – so wie bei David, dem Helden dieses einzigartigen Ratgebers in Romanform. David geht es wie so vielen. In seinem Job als Führungskraft arbeitet er am Limit. Stress und Termindruck sind seine ständigen Begleiter. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bleibt dabei auf der Strecke. Gemeinsam mit seiner nicht weniger gestressten Frau Emily lässt er sich von dem Coach Leo auf einen Perspektivwechsel ein und lernt, Prioritäten neu zu setzen: •Mit erprobten Methoden den Alltag als Führungskraft neu gestalten •Die Autoren Urban & Marx beraten mit ihrer Flow Coaching Academy seit mehr als 20 Jahren Führungskräfte, Teamleiter und Manager aller Unternehmensgrößen. •Life Coaching mit ganzheitlichem Ansatz, der emotionale, körperliche, geistige, intuitive und spirituelle Ebenen zusammenführt •Stress abbauen durch die fünf Kernkompetenzen für mehr Lebenslust, Kreativität und Vitalität •Kostenlose Online-Ressourcen zur Vertiefung: Audioprogramme, Checklisten und weiterführende Coaching-Übungen Stress bewältigen, Ressourcen nutzen, Flow finden Mit diesem Buch veröffentlichen die erfahrenen Coaches die Essenz ihrer jahrzehntelangen Arbeit mit Führungskräften. Mit der praktischen Anwendung des Flow-Prinzips nach Prof. Dr. Mihály Csíkszentmihályi zeigen die Autoren einen erprobten Weg auf, den Herausforderungen des Führungsalltags mit mehr Leichtigkeit zu begegnen und gleichzeitig die Quantität und Qualität der Arbeit sogar noch zu steigern. Folgen Sie dem gestressten David in eine Welt, in der die Dinge wieder "fließen". Lernen Sie die fünf Kernkompetenzen kennen, mit denen Sie sich selbst und andere dauerhaft zum Erfolg zu führen, ohne dabei die Work-Life-Balance zu verlieren!

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Lutz UrbanChristian Marx

DAVID, EMILY UND DER GANZ NORMALE WAHNSINN

Der Work-Life-Balance-Roman

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.

© FAZIT Communication GmbH

Frankfurter Allgemeine Buch

Frankenallee 71 – 81

60327 Frankfurt am Main

Umschlag: Christina Hucke, Frankfurt am Main

Titelillustrationen: © shutterstock/jesadaphorn

Satz: Uwe Adam, Freigericht, www.adam-grafik.de

Druck: CPI books GmbH, Leck

Printed in Germany

1. Auflage, Frankfurt am Main 2018

ISBN 978-3-96251-028-2

eISBN 978-3-96251-049-7

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, vorbehalten.

Inhalt

Vorwort

Epilog: Die alte Kommode

TEIL 1: Atmen

TEIL: 2: Distanz schaffen

TEIL: 3: Verstehen

TEIL: 4: Räume gestalten

TEIL: 5: Klarheit

TEIL: 6: Nachhaltige Veränderungen

Weitere Unterstützung

Die Autoren

VORWORT

Liebe Leserinnen und Leser,

dieses Buch erzählt die Geschichte von David, einer Führungskraft, im Spannungsverhältnis zwischen höchsten beruflichen Ansprüchen und dem Wunsch nach einem entspannten und erfüllenden Privatleben.

In seiner täglichen Arbeit ist David einem stetig wachsenden Leistungsdruck ausgesetzt, dem er erfolgreich begegnen möchte. Er spürt die Anstrengung und ist auf der Suche nach Lösungen. Wie gern würde er wieder über die Energie und Leichtigkeit seiner beruflichen Anfangsjahre verfügen. Doch sie sind ihm abhanden gekommen.

Wir laden Sie ein: Begleiten Sie David auf seinem Weg zu den wesentlichen Kernkompetenzen, die es braucht, um den immer komplexer werdenden Alltag einer Führungskraft zu meistern. Sie erhalten klare und einfach nachzuvollziehende Übungen und Anleitungen, die Sie sofort in Ihren beruflichen und privaten Alltag integrieren können.

In einem kostenlosen Online-Ressourcenbereich wartet weitere Unterstützung auf Sie: Mit zusätzlichen Audioprogrammen, Checklisten und weiterführenden Coaching-Übungen wollen wir Ihnen die Umsetzung so einfach wie möglich machen.

Dieses Buch ist das Ergebnis unserer jahrzehntelangen Arbeit mit Führungskräften. Es zeigt einen erprobten Weg auf, den Herausforderungen des Führungsalltags mit mehr Leichtigkeit zu begegnen als bisher und gleichzeitig die Quantität und Qualität der Arbeit sogar noch zu steigern. Diesen Weg nennen wir Flow und er ist unser Kerngebiet.

Folgen Sie uns und David in eine Welt, in der die Dinge wieder „fließen“. Lernen Sie die fünf Kernkompetenzen kennen, die Sie benötigen, um sich selbst und andere dauerhaft zum Erfolg zu führen, ohne dabei in Überforderung zu gelangen. Und wenn Ihnen David im Laufe der Geschichte ein wenig ans Herz wächst, könnte das daran liegen, dass Sie sich vielleicht ein Stück weit in ihm wiederfinden.

Wir wünschen Ihnen eine inspirierende und unterhaltsame Lektüre.

Christian Marx

Lutz Urban

Epilog: Die alte Kommode

Jeden Morgen, wenn David noch vor seiner lebhaften Familie das Haus verließ, fiel sein Blick auf die alte Kommode im Flur. Ein Erbstück seines Vaters, das ihn seit vielen Jahren begleitete. Die Farbe war an den Ecken abgesprungen und zwei Schubladen klemmten. Der Lack war ab, wie es so schön heißt. David wollte das alte Möbelstück schon lange renovieren, die abgenutzten Kanten abschleifen und die Schubladen gangbar machen. Wenn er einmal Zeit hätte, würde er sich dem Möbel widmen, aber in der jetzigen Situation war daran nicht zu denken, manchmal kam er sich ja selbst wie ein ramponiertes Möbelstück vor.

Sein Job forderte all seine Energie. Und mehr. Manchmal wusste er trotz seiner langjährigen Erfahrung einfach nicht mehr, wo ihm der Kopf stand, wo er mit den vielen Aufgaben beginnen sollte. Und täglich kamen weitere Projekte on top dazu. Dabei gab er schon immer 110%, war gut organisiert und delegierte, wo er nur konnte. Im Grunde war es absehbar, wann das Fass überlaufen, wann er zusammenklappen oder den Job hinschmeißen würde. Gedacht hatte er daran schon mehr als einmal. Aber es kam anders, ganz anders.

TEIL 1: Atmen

„Montag-Mails“

Es ist Montagmorgen und David Arnold beendet zum dritten Mal das Klingeln seines Weckers. Die Strahlen der Aprilsonne fallen durch die Lamellen und blenden ihn, als er nach seinem Handy greift, um E-Mails zu checken. Mit steifem Nacken und einem Stöhnen schwenkt er seine Beine aus dem Bett, setzt sich auf und liest. Allein drei Mails von Oscar Hahn, mit den für ihn typischen stichwortartigen Anweisungen. In den Betreffzeilen fehlen die Hinweise auf die Bauprojekte, und David muss sich selbst zusammenreimen, welche er meint. Heute um 11 Uhr soll er zu seinem Chef ins Büro kommen.

Mehr Mails: Zwei von Davids Bauleitern wollen die gleichen Fahrzeuge für ihre Baustellen und ein dritter möchte wissen, wann er die Schalung bekommt. Langsam kriecht die Kälte Davids Beine hoch. Er scrollt weiter. Ein Mitschüler lädt zum jährlichen Abitreffen ein. David lächelt wehmütig, weiß aber heute schon, dass er sich dafür keine Zeit nehmen wird. Und seine Frau hat Humor. Sie schickt ihm ein Memo für das Konzert, zu dem sie zu zweit gehen wollen. Die Eintrittskarten waren schwer zu bekommen und hängen schon seit Monaten wie Trophäen am Kühlschrank.

David geht ins Bad. Emily steht schon fertig angezogen vor dem Spiegel, trägt Lippenstift auf und lächelt fröhlich, als sie David sieht. Er gibt ihr gedankenverloren einen Kuss auf die Schläfe und zieht nach einem Blick in den Spiegel seinen Bauchansatz ein. Emily sieht dezent weg und tut so, als hätte sie es nicht bemerkt.

Er sieht nicht nur müde, sondern angestrengt aus. Emily kennt David in- und auswendig.

„Komm, raus damit. Was ist los?“ Sie stupst ihn in den Bauch.

„Hahn hat für elf eine Sitzung anberaumt und lässt mich wie immer im Dunkeln darüber, um was es gehen wird.“

Emily kennt die Eigenarten von Davids Chef und nickt.

„Das ist anstrengend, aber du wirst auch diese Sitzung überstehen, viel Glück.“

Sie streicht ihm über die Schulter und verlässt das Bad. David ruft ihr hinterher: „Danke für dein Memo!“

Die geräumige Wohnküche ist vom Morgenlicht durchflutet. Emily belegt in der Küchenzeile die Schulbrote der Kinder. David steht mit Anzug am Küchenfenster und überfliegt die Schlagzeilen der Tageszeitung, während er ein Magnesiumpräparat gegen seine Verspannungen trinkt.

Jenny ist schon von Weitem zu hören. Sie poltert die Treppe herunter und betritt die Küche, wie immer mit dramatischem Augen-Make-up, über das schon lange nicht mehr diskutiert wird. Sie ist sechzehn. Jenny bemerkt, dass Emily heute ein Wickelkleid trägt, ein seltener Anblick. Sie fragt mit einem Grinsen: „Ist der Frühling bei dir ausgebrochen?“

Emily guckt peinlich berührt, wendet sich ab und antwortet nur: „Mir war einfach danach.“

Sie zieht sich eine Strickjacke über, löffelt eine Grapefruit und wechselt das Thema. Ihre Chefin, Geschäftsführerin eines ambulanten Pflegedienstes, macht ihr einmal mehr zu schaffen.

„Sie möchte heute mit mir über mein Aufgabenfeld sprechen. Vermutlich will sie noch mehr Aufgaben an mich delegieren. Was hältst du davon?“

David zuckt innerlich zusammen, weil er nicht einmal bemerkt hat, wie attraktiv seine Frau heute aussieht, und auch, weil er mit seinen Gedanken ganz woanders war. Zu seiner Erleichterung fällt ihm ein, dass sie sich heute wieder beim Italiener treffen wollen.

„Sprechen wir beim Mittagessen über deine Chefin?“

„Prima, da haben wir dann ja auch mehr Ruhe. Heute Abend bin ich beim Yoga, Ihr könntet euch Tortillas machen, dafür ist alles im Haus. Oder bringst du einfach Pizza mit? Hauptsache, um sieben seid ihr alle hier.“

David nickt und merkt sich: ‚Abendessen mit den Kindern‘. Da wird er heute früher aufhören zu arbeiten und zweifelt, ob er dann sein Tagespensum schaffen wird. Wäre Hahn mit seinem Meeting nicht dazwischengekommen, hätte die Woche gut angefangen. Davids Gedanken kreisen um diverse Projekte.

Emily bemerkt seinen abwesenden Blick und sieht ihn besorgt an.

Philipp hängt auf einem Barhocker an der Kochinsel und fischt in seiner Müslischale nach den letzten Rosinen. Dann kramt er in seiner Schultasche nach einem Heft, legt es auf den Frühstückstisch und sagt: „Papa, unterschreib mal.“

David will schon sein Manager-Kürzel unter die Deutscharbeit setzen, als er die Note bemerkt. „Wieso hast du eine Fünf geschrieben?“

Philipp sackt in sich zusammen. „Das liegt nur am neuen Lehrer, der ist ein Idiot.“

David sieht seinen Sohn an und blättert dann durch die Klassenarbeit.

„Mann, das kannst du doch echt besser. Deutsch ist zwar nicht deine größte Stärke, aber du willst doch bestimmt selbst vernünftig schreiben können.“

Emily schaltet sich ein: „Daran arbeiten wir schon eine Weile.“ Sie wendet sich an ihren Sohn. „Vielleicht hast du eine Rechtschreibschwäche. Jedenfalls möchte ich, dass wir uns das genauer ansehen.“ Und zu David sagt sie: „Ich glaube, er braucht professionelle Unterstützung.“

David fühlt sich ertappt. Er erinnert sich jetzt, wie lange Philipp sich schon mit der Rechtschreibung abmüht, eine Sache, die für Jenny nie ein Problem war. Er hat das Thema Emily überlassen. David unterschreibt die Klassenarbeit, drückt seinen Sohn kurz an sich und sagt zu Emily: „Lass uns bitte heute Mittag weiterreden. Wir finden einen Weg.“

Er blickt auf die Küchenuhr, schnappt sich Zeitung und Handy und küsst seine Lieben zum Abschied.

Allein im Flur bückt sich David mit steifem Rücken nach seiner Aktentasche, als wäre er ein alter Mann. Er stößt sich den Kopf an der Kommode und verkneift sich einen Fluch. Während er seine Utensilien in die Tasche wirft, wandert sein Blick wieder einmal über das alte Möbelstück, das er schon so lange einmal überarbeiten möchte. Noch dringender wäre ein Besuch bei seinen Eltern. Eilig verlässt David das Haus, ohne einen Mantel und ohne die Morgenkälte zu bemerken.

Der normale Büro-Wahnsinn

David manövriert seinen neuen A6, auf den er so stolz war, als er zum ersten Mal in ihm zu Hause vorfuhr auf die Straße und schaltet die Freisprechanlage ein. Er fährt durch die ruhige Wohngegend, in der er mit seiner Familie wohnt und telefoniert mit zwei Lieferanten. Die Termine, die er mit ihnen gemacht hatte, muss er jetzt verschieben, weil Hahn ihn zu sich bestellt hat. David zweifelt, dass sein Chef überhaupt ahnt, was diese kurzfristigen Aktionen bei seinen Mitarbeitern für Auswirkungen haben. Er schaltet das Radio ein. Der regionale Sender spielt einen Beitrag über teure Asbest-Sanierungen von Schulen. Der Reporter findet es ungerecht, dass die Bauunternehmer zwei Mal verdienen. Das erste Mal beim Bau, das zweite Mal bei der Sanierung, und er fragt nach der Haftung. David verzieht das Gesicht und sucht so lange im Radio, bis er einen Popsender gefunden hat, es läuft gerade irgendwas von Coldplay. David entspannt sich, gibt Gas und erinnert sich, dass er den Song dauernd beim Schreiben seiner Abschlussarbeit gehört hat. David parkt seinen Wagen auf dem Firmengelände der Oscar Hahn GmbH, Bauunternehmen. Das Firmenschild prangt überdimensional neben dem Eingang und scheint über alles zu wachen, über den geschäftigen Hof mit Baufahrzeugen, LKW, Stapeln von Bauholz und offenen Garagen, in denen Baumaterial und Werkzeug gelagert wird. Etwa vierzig Büromitarbeiter haben ihren Arbeitsplatz hier am Stadtrand in dem funktionalen Bau, den Oscar Hahn selbst Anfang der 90er errichten ließ. Wenn der Laden brummt und zahlreiche Bauprojekte gleichzeitig laufen, beschäftigt er bis zu fünfhundert Mitarbeiter. David koordiniert die einzelnen Baustellen und managt den Fluss von Maschinen, Material, Personal und Kunden.

In seinem Büro hängt David sein Jackett an den hölzernen Kleiderständer. Das gute Stück hat Emily für ihn in einem Antiquitätenladen gekauft, es wirkt in diesem Raum wie ein Außerirdischer. Die leicht vergilbten Decken, Schreibtische mit Kunststoffplatten und Aktenschränke, deren Türen beim Öffnen gefährlich nach unten hängen, sprechen dafür, dass hier die Arbeit höchste Priorität hat. Kurz vor dem Bauleitertreffen läuft David zwischen Telefon und Planungstafel hin und her, nimmt die Beschwerde eines Kunden auf und blättert den Poststapel durch, um die Briefe nach Dringlichkeit zu sortieren.

Punkt neun eröffnet David das wöchentliche Bauleiter-Meeting, seinen Laptop vor sich geöffnet. Er hört sich die Berichte der Bauleiter an und tippt wichtige Informationen gleich in den Übersichtsplan ein. Alle Anwesenden können die Übersicht einsehen, denn Davids Laptop ist mit dem Beamer verbunden, der sein Bild auf eine weiß beschichtete Trennwand wirft.

Heinz, ein langjähriger Bauleiter, spricht von Lieferschwierigkeiten auf seiner Baustelle und dass die Zeitplanung zu eng sei.

Sein Kollege Martin will umgehend Kran, Bauholz und fünf Maurer für eine anstehende Dachaufstockung.

Es entsteht eine Diskussion unter den Bauleitern über die Verteilung der Facharbeiter auf den Baustellen, die David nach kurzer Zeit abbricht. Er kommt zurück auf konkrete Probleme und fragt die Bauleiter nach ihren Ideen. Es wird still im Raum.

„Kritische Punkte werde ich mit Herrn Hahn gleich besprechen“, sagt David.

Er erntet ein verächtliches Schnauben von Martin und wird danach von Heinz noch mal angegangen, nicht zu vergessen, die Zeitplanung mit dem Chef zu besprechen. David macht sich Notizen und beendet das Meeting.

Im Besprechungsraum sitzt David allein am ovalen Tisch. Der Beamer summt und David telefoniert konzentriert mit Kunden und Mitarbeitern, die ihn während der Sitzung nicht erreichen konnten. Noch wenige Minuten bis zum Treffen mit Oscar Hahn. David reibt sich den schmerzenden Nacken, während er seine Unterlagen durchsieht, um sich möglichst gut für das Treffen vorzubereiten. Er fragt sich, warum Oscar so sparsam mit seinen Informationen ist.

Es ist kurz vor elf und David fühlt sich jetzt schon gerädert. Er blickt aus dem Fenster, wo Bauholz auf einen LKW verladen wird. Das wird für den Neubau des Supermarkts im Stadtzentrum sein.

„Es ist schon toll, was die Oscar Hahn GmbH auf die Beine stellt“, denkt David für einen Moment. Früher war er oft so stolz auf die Leistungen der Firma, mit der er sich identifizierte und für die er sich zu 100 % einsetzte. Wann hatte das eigentlich nachgelassen, wieso kostete es ihn heute so viel Kraft, die gleiche Begeisterung und Energie aufzubringen wie noch vor fünf, sechs Jahren?

Ein letzter Blick auf die Uhr, David nimmt seine Unterlagen und geht mit schweren Schritten zum Chefbüro.

Ein Projekt der besonderen Art

David steuert auf die geschlossene Tür von Hahns Büro zu. Bevor er sie öffnet, hält er kurz inne.

Was wird er nur wollen? Hoffentlich nicht noch eine zusätzliche Aufgabe, wäre ihm ja zuzutrauen. David atmet tief durch und klopft an.

„Kommen Sie rein“, ertönt Hahns raue, emotionslose Stimme. David betritt den funktional eingerichteten Raum und erblickt nur den Rücken seines Chefs, der am Fenster steht und ihn kaum beachtet. Da ist es wieder, denkt David, als er das bekannte, komische Gefühl in seinem Bauch wahrnimmt, das immer in Hahns Gegenwart entsteht.

Hahn dreht sich um. Er hält eine Zeitung in der Hand.

„Schauen Sie sich diesen Quatsch an: ‚Die Bauindustrie muss nachhaltig werden!‘“

Hahn knallt die neuste Ausgabe der führenden Branchenzeitschrift auf den Tisch.

„So ein Schwachsinn bringt es auf das Titelblatt. Ich halte wenig von diesem Nachhaltigkeitsblödsinn, aber so ganz können wir das Thema wohl nicht ignorieren. Wir müssen zumindest die rechtlichen Bedingungen und die Rahmenbedingungen seitens der Kreditgeber erfüllen.“

Hahn schnappt sich die Zeitschrift, geht auf David zu und haut sie ihm vor die Brust. „Wir brauchen dafür eine Strategie. Nennen Sie sie meinetwegen Nachhaltigkeitsstrategie, aber halten Sie ja den Ball schön flach. Alles klar, Sie machen das schon!“ Noch bevor David sich sammeln kann, um Fragen zu stellen, hat Hahn sein Büro schon verlassen.

„Na toll“, sind Davids erste Gedanken. „Was war das schon wieder für eine Nummer? Lässt mich hier allein in seinem Büro stehen. Typisch Hahn.“

David rollt die Zeitschrift zusammen, klemmt sie sich unter den Arm und geht in sein Büro.

Dort angekommen, schließt er die Tür und wirft widerwillig einen Blick in die Zeitschrift. Ihm wird schnell klar, dass das Thema hochkomplex ist und es dabei nicht nur um die Einhaltung von ein paar gesetzlichen und finanztechnischen Vorgaben gehen kann. Es geht um die ganz grundsätzliche Frage, wie Bauen in der Zukunft aussehen soll oder aussehen muss. Dieses Thema beinhaltet Rohstofffragen, Umweltfragen, baubiologische Fragen und einiges mehr.

„Das ist unsere Chance, das Unternehmen komplett neu auszurichten und für die Zukunft aufzustellen“, denkt David.

Ein Blick auf die Uhr und David bemerkt, dass es Zeit ist, zum Mittagessen mit Emily loszufahren.

Herausforderung Work-Life-Balance

Emily sitzt schon am angestammten Tisch in der hinteren Ecke des Restaurants und macht sich Notizen, als David hereinkommt. Er geht auf sie zu, gibt ihr einen Kuss und begrüßt sie mit einem liebevollen „Hallo, Schatz“.

David würde am liebsten gleich von seinem neuen Projekt ‚Nachhaltigkeitsstrategie‘ erzählen, aber er bremst sich, weil Emilys Gespräch mit ihrer Chefin noch im Raum steht. Und auch das Thema Philipp und seine mögliche Legasthenie hat er nicht vergessen.

„Wie war das Gespräch?“, fragt David.

Emily lächelt. Sie freut sich, dass David sie als erstes darauf anspricht.

„Wie ich schon vermutet habe, will sie mir zusätzliche Verantwortung übertragen. Sie möchte, dass ich für den ambulanten Pflegedienst die Organisation übernehme.“

„Das ist doch wunderbar, Schatz. Das zeigt, dass sie sieht, was sie an dir hat. Herzlichen Glückwunsch!“, sagt David.

Emily wirkt nicht euphorisch und David fragt: „Freust du dich nicht?“

„Ja schon, aber, ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll. Ich würde nicht nur unsere Klienten beraten und betreuen. Sie möchte, dass ich auch für die Kollegen Dienstpläne erstelle, die Tourenpläne mache, zwischendurch Personalvisiten …“, Emily unterstreicht mit Nachdruck einzelne Punkte auf ihrem Zettel.

David sieht Emily mit hochgezogenen Brauen an. „Was ist das Problem? Du hast doch schon Erfahrung in den Bereichen gesammelt.“

„Das stimmt, aber das ist ganz schön umfangreich. Da wird aus meiner halben Stelle eine ganze. Wie kann das gehen?“

David lächelt. „Da fällt uns schon was ein.“

Wie gewohnt bringt der Kellner das Tagesmenü. Emily ist froh über die Ablenkung, wendet sich David zu und fragt: „Wie war dein Meeting mit Hahn?“

David steigt sofort ins Thema ein: „Hahn möchte, dass ich eine Nachhaltigkeitsstrategie für das Unternehmen entwerfe. Er findet das Thema zwar schwachsinnig, aber da es auf einem Titelblatt stand, denkt er, dass wir etwas machen müssen. Er will nur die Minimalanforderungen erfüllen. Ich habe aber schon etwas recherchiert und sehe in dem Thema eine riesige Chance. Wusstest du, dass die Bauindustrie einer der Haupt-CO2-Produzenten ist?“

Emily schüttelt den Kopf und bekommt eine Sorgenfalte auf der Stirn.

David bemerkt es. „Was ist los, Emily? Du wirkst beunruhigt.“

„Ja, ich mache mir in der Tat Sorgen.“

David zieht erstaunt die Brauen hoch.

Emily spricht weiter: „Ich frage mich, wie du das alles schaffen willst. Du hast doch sowieso schon viel zu viel zu tun. Und wie ich Oscar Hahn kenne, kommt dieses neue Projekt oben drauf. Bei mir wird es auch immer mehr und ich mache mir einfach Gedanken, wie wir das alles stemmen wollen.“

Innerlich gibt David Emily recht, aber er hat das Gefühl, er müsse sie wieder positiv stimmen. „Da liegst du natürlich richtig, Schatz, aber im Großen und Ganzen funktioniert doch alles recht gut. Wir sind ein eingespieltes Team.“

„Und genau das macht mir immer mehr Sorgen“, unterbricht ihn Emily. „Ja, wir funktionieren ganz gut, aber denk’ nur mal an heute Morgen. Ist dir die Schramme an Philipps Arm aufgefallen oder dass deine Tochter eine neue Haarfarbe hat?“

„Neue Haarfarbe?“, fragt David überrascht. „Jennys Haare waren doch heute Morgen noch braun.“

„Nein, David, Jennys Haare sind jetzt kastanienbraun. Das war eine schwerwiegende Entscheidung. Auch wenn das für uns nebensächlich ist, ist es für sie wichtig.“ Emily schiebt ratlos die Pasta auf ihrem Teller hin und her. „So wichtige Kleinigkeiten meine ich. Wir verleben kaum noch wirklich Zeit miteinander. Erinnerst du dich, wie schwer es war, einen Konzerttermin zu finden? Das hat ewig gedauert. Wir funktionieren nur noch, anstatt zu leben.“

Es entgeht David nicht, wie viel Traurigkeit in ihrer Stimme liegt.

„Verstehe mich nicht falsch, David, ich stehe immer hinter dir und unterstütze dich, aber ich mache mir Sorgen, dass sich in unserem Leben alles nur noch um die Arbeit dreht und die Freude immer mehr verloren geht.“

Nach einem kurzen Moment der Stille schauen beide auf die Uhr. Emily sagt: „Wir können das jetzt nicht klären, aber irgendwann müssen wir dazu Zeit finden. Über Philipp haben wir noch gar nicht gesprochen, aber so ist es eben. Ich muss los. Kümmerst du dich um die Rechnung?“

David nickt und verabschiedet Emily mit einem Kuss. Er ist durcheinander, denn er weiß genau, was Emily meint, doch hat er im Moment keine Lösung.

Zwischen Komplexität und Pragmatismus

In den nächsten Tagen beschäftigt sich David intensiv mit der Nachhaltigkeitsstrategie. Dabei wird ihm immer klarer, dass sich das Thema nicht oberflächlich abhandeln lässt. Nachhaltigkeit ist im Kern wesentlich größer. Es geht um Verantwortung für Mensch, Umwelt und zukünftige Generationen. Und genau darin sieht David eine große Chance für die Zukunft des Unternehmens. In ihm reift die Vision, zum Vorreiter der ganzen Branche zu werden.

David führt Gespräche mit Baustoffherstellern, Lieferanten, Baubiologen und Bauunternehmen, die im Bereich des nachhaltigen Bauens bereits erfolgreich operieren. David möchte die perfekte Strategie und meint, dass das letztlich auch in Hahns Sinn sein müsse. In seinem Bestreben nach Perfektion stellt David allerdings einige andere Aufgaben hinten an. Das ist auch seinem Chef aufgefallen. Im altbekannten Stil ordert er David per E-Mail in sein Büro zum Gespräch.

Kaum steht David in Hahns Büro, konfrontiert er ihn: „Mir ist aufgefallen, dass Sie einige Ihrer wesentlichen Aufgaben vernachlässigt haben. Ich hatte Ihnen gesagt, Sie sollen nicht zu viel Zeit auf diese Strategie verwenden. Mir reichen ein paar gute Schlagwörter.“

David möchte Hahn erklären, wie wichtig die Strategie aus seiner Sicht ist und welches Potenzial für die Firma darin steckt. Doch als er ansetzen will, spricht Hahn einfach weiter.

„Sie haben gesehen, dass in der Fachzeitschrift ein Strategiewettbewerb für nachhaltige Bauunternehmen ausgeschrieben ist?“

David macht sich nicht die Mühe, Hahns rhetorische Frage zu beantworten. Hahn fährt fort: „Sie kennen meine Meinung dazu. Trotzdem habe ich mit einigen Experten in der Branche gesprochen. Alle sind der gleichen Meinung. Nachhaltiges Bauen ist die Zukunft und wird Bauunternehmern zukünftig die höchsten Gewinne einbringen.“

Hahn geht zum Sideboard und macht sich an der noblen Espressomaschine zu schaffen, die seine Belegschaft ihm zum 30-jährigen Firmenjubiläum geschenkt hat. Dann schaut er David direkt in die Augen.

„Ich habe mich entschieden, das Unternehmen für den Strategiewettbewerb anzumelden. Das heißt, ich brauche in acht Wochen eine fertige und plausible Strategie, um sie auf der Auftaktveranstaltung zu präsentieren. Ich bin sicher, dass uns das viele gut bezahlte Aufträge einbringen wird.“

Davids Puls rennt und er ist blass im Gesicht. „Acht Wochen? Das ist unmöglich“, schießt es ihm durch den Kopf.