Deep Secrets - Berührung - Lisa Renee Jones - E-Book
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Deep Secrets - Berührung E-Book

Lisa Renee Jones

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Beschreibung

Er ist tödlich, eine Droge ... meine Droge


Als Sara McMillan die erotischen Tagebücher einer Frau namens Rebecca findet, ist sie von deren Inhalt gleichermaßen erschüttert wie fasziniert. Sie will herausfinden, was mit Rebecca geschehen ist, und begibt sich auf die Suche nach ihr. Doch dabei gerät sie wie diese selbst in den Bann zweier geheimnisvoller Männer, die eine gefährliche Sehnsucht in ihr wecken - eine Sehnsucht, die Sara schon bald zu überwältigen droht ...


"Bei so viel erotischer Spannung drohen die Seiten in Flammen aufzugehen." ROMANTIC TIMES


Die DEEP-SECRETS-Reihe:

1. Berührung (Sara und Chris)
2. Enthüllung (Sara und Chris)
3. Hingabe (Sara und Chris)
4. Sein Geheimnis (E-Book-Novella, Chris‘ Sicht)
5. Rebeccas Tagebücher (E-Book-Bonus-Storys)
6. Geheime Sehnsucht (E-Book-Novella, Marks Sicht)
7. Verbotene Träume (E-Book-Novella, Marks Sicht)
8. Geheimes Begehren (Sara und Chris)
9. Tiefe Leidenschaft (E-Book-Novella, Marks und Crystals Sicht)
10. Dunkle Liebe (Roman, Marks und Crystals Sicht)
11. Alles von mir für dich (E-Book-Novella)

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Seitenzahl: 456

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LISA RENEE JONES

DEEP SECRETS

Berührung

Roman

Ins Deutsche übertragen von

Michaela Link

Über dieses Buch

Vielleicht hat er recht. Vielleicht spiele ich mit dem Feuer, aber ich kann mich nicht bremsen. Jenseits aller Vernunft werde ich ihn drängen – bis er alles offenbart …

Als die junge Sara McMillan die Tagebücher einer Frau namens Rebecca findet, ist sie von den erotischen Erfahrungen der Unbekannten gleichermaßen erschüttert wie fasziniert. Rebecca beschreibt ihre Begegnungen mit einem Mann, dessen Name nie genannt wird – Begegnungen, die gefährlich und leidenschaftlich zugleich sind. Die Eintragungen erregen Sara und wecken tief in ihr ein dunkles Verlangen, das sie weiterlesen lässt, sie an die Seiten fesselt – bis der letzte Eintrag plötzlich abbricht. Sara spürt, dass Rebecca etwas Schlimmes zugestoßen sein muss, und beschließt, die jungeFrau zu finden. Doch die Suche nach Rebecca wird für sie zum verhängnisvollen Spiel: Immer tiefer taucht Sara in die Welt der jungen Frau ein, nimmt schließlich sogar ihren alten Job als Assistentin in einer bekannten Kunstgalerie an. Dort trifft sie nicht nur auf den attraktiven Inhaber Mark Compton, sondern auch auf den charismatischen, aber geheimnisvollen Künstler Chris Merit, den sie schon seit Langem bewundert. Beide Männer wecken eine gefährliche Sehnsucht in Sara, die sie sich nicht erklären kann. Und obwohl sie weiß, dass sie mit dem Feuer spielt – ahnt sie doch, dass einer von beiden der Unbekannte aus Rebeccas Tagebüchern ist –, gibt sie sich ihrem Verlangen hin ... und lässt sich fallen …

Für Diego – diese Geschichte ist für dich.

Alles Gute zum Geburtstag!

1

Mittwoch, 7. März 2012

Gefährlich.

Seit Monaten habe ich gute und schlechte Träume davon, wie vollkommen er dieses Wort verkörpert. Schlaftrunkene Parallelwelten, in denen ich lebhaft seinen moschusartigen, männlichen Duft riechen kann und seinen straffen Körper an meinem spüren. In denen ich seinen süßen und sinnlichen Geschmack kosten kann – wie Milchschokolade mit ihrer seidigen Versuchung, mir noch einen weiteren Bissen zu gönnen. Und noch einen. So gut, dass ich vergaß, dass es einen Preis für die Begierde gibt. Und es gibt einen. Es gibt immer einen Preis. Am Samstagabend fühlte ich mich an diese Lebensweisheit erinnert. Und ich weiß jetzt, ganz gleich, was er sagt, ganz gleich, was er tut, ich kann und werde ihn nicht wiedersehen.

Es begann wie jedes andere erotische Abenteuer mit ihm. Unberechenbar. Aufregend. Ich erinnere mich kaum daran, ab welchem Punkt alles schiefging. Wie alles eine so dunkle Wendung nehmen konnte.

Er hatte mir befohlen, mich auszuziehen und mich auf die Matratze zu setzen, an das Betthaupt gelehnt, die Beine gespreizt, damit er alles an mir betrachten konnte. Nackt vor ihm, geöffnet für ihn, war ich verletzlich und zitterte vor Verlangen. Noch nie in meinem Leben hatte ich Befehle von einem Mann entgegengenommen, und schon gar nicht gedacht, dass ich jemals wegen irgendetwas zittern würde. Aber für ihn tat ich es.

Wenn dieser Abend eines bewiesen hat, dann das: Sobald ich mit ihm zusammen bin, bin ich in seinem Bann, kann er alles von mir verlangen – und ich gebe es ihm. Er konnte mich dazu bringen, über meine Grenzen hinauszugehen, an unglaubliche Orte, von denen ich nie gedacht hätte, dass ich sie je betreten würde. Und genau deshalb kann ich ihn nicht wiedersehen. Er gibt mir das Gefühl, besessen zu sein, und beunruhigenderweise gefällt mir das. Es will mir nicht in den Kopf, wie ich so etwas mit mir machen lassen kann, und doch erfüllt mich brennendes Verlangen. Aber als ich ihn am Samstagabend am Ende des Bettes stehen sah, stattlich und muskulös, während sein Schwanz steil hervorragte, war da nichts als Verlangen.

Er war prachtvoll. Wirklich und wahrhaftig der umwerfendste Mann, der mir je begegnet war. Sofort überkam mich Lust. Ich wollte ihn bei mir haben, wollte seine Berührung spüren. Wollte ihn berühren. Aber ich weiß jetzt, dass ich ihn nicht ohne seine Erlaubnis berühren darf. Und ich weiß, dass ich ihn nicht anflehen darf, es mir zu erlauben.

Ich habe meine Lektion aus vergangenen Begegnungen gelernt. Er genießt die Verletzlichkeit, die sich im Flehen offenbart, viel zu sehr. Genießt es, sein Begehren zurückzuhalten, bis ich beinahe unter dem Brennen meines Körpers erbebe. Bis ich flüssige Hitze und Tränen bin. Er mag diese Macht über mich. Er mag es, die volle Kontrolle zu haben. Ich sollte ihn hassen. Manchmal denke ich, ich liebe ihn.

Es war die Augenbinde, die mich hätte warnen sollen. Ich sollte an einen Ort geführt werden, von dem es kein Zurück mehr gab. Im Nachhinein glaube ich, dass er es war. Er warf die Augenbinde aufs Bett, eine Mutprobe, und sofort jagte ein Schauer über meinen Rücken. Die Vorstellung, nicht sehen zu können, was mit mir geschah, sollte mich erregen – und sie erregte mich tatsächlich. Aber aus Gründen, die ich damals nicht verstand, machte sie mir auch Angst. Ich fürchtete mich, und ich zögerte.

Das gefiel ihm nicht. Er sagte es mir, sagte es mit dieser tiefen, vollen Baritonstimme, die mich unkontrolliert zittern lässt. Das Verlangen, ihm zu gefallen, war unbezwingbar. Ich legte die Augenbinde an.

Ich wurde durch die Bewegung der Matratze belohnt. Er kam zu mir. Bald wusste ich, dass ich ebenfalls kommen würde. Seine Hände glitten besitzergreifend meine Waden hinauf, über meine Schenkel. Und, Gott verdamme ihn, sie machten Halt, kurz bevor sie das Zentrum meines Verlangens erreichten.

Was als Nächstes kam, war ein schemenhafter Wirbel aus Gefühlen. Er zog mich auf den Rücken, flach auf die Matratze. Ich wusste, dass die Befriedigung nur Sekunden entfernt war. Gleich würde er in mich eindringen. Gleich würde ich bekommen, was ich brauchte. Aber zu meiner Bestürzung entfernte er sich von mir.

Und in diesem Moment, dessen war ich mir sicher, hörte ich das Klicken eines Schlosses. Es ließ mich auffahren, und ich rief seinen Namen, voller Angst, dass er gehen würde. Bestimmt hatte ich etwas falsch gemacht. Doch dann legte sich seine Hand flach auf meinen Bauch, und Erleichterung durchflutete mich. Ich hatte mir das Klicken nur eingebildet. So musste es gewesen sein. Aber es lag eine subtile Veränderung in der Luft, rohe Lust und Bedrohung erfüllten den Raum, die sich nicht nach ihm anfühlten. Doch dieser Gedanke war nur zu schnell vergessen, als er sich wuchtig zwischen meinen Schenkeln niederließ, als seine starken Hände meine Arme über meinen Kopf hoben, sein Atem warm auf meinem Hals lag – sein Körper kräftig, perfekt.

Irgendwie wurde eine seidene Krawatte um meine Handgelenke gebunden, und meine Arme wurden an den Bettrahmen gefesselt. Es kam mir gar nicht in den Sinn, dass er dies nicht allein hätte tun können. Dass er sich über mir abstützte, außerstande, meine Arme festzubinden. Aber er manipulierte meinen Körper, meinen Geist, und ich war sein williges Opfer.

Er hob seinen Körper von meinem, und ich wimmerte, außerstande, nach ihm zu greifen. Wieder Schweigen und das Rascheln von Stoff. Weitere seltsame Geräusche. Lange Sekunden verrannen, und ich erinnere mich an die Kühle, die über meine Haut kroch. An das Grauen, das sich in meinem Magen zusammenballte.

Und dann der Augenblick, von dem ich weiß, dass ich mich noch im Sterben an ihn erinnern werde. Der Augenblick, als der Stahl einer Klinge meine Lippen berührte. Der Augenblick, in dem er versprach, dass in Schmerzen Vergnügen läge. Der Augenblick, in dem die Klinge über meine Haut glitt als Beweis, dass er Wort halten würde. Und ich wusste jetzt, dass ich mich geirrt hatte. Er war nicht bloß gefährlich. Und schon gar nicht wie Schokolade. Er war tödlich, eine Droge, und ich befürchtete …

Ein Klopfen an meiner Wohnungstür reißt mich aus den verführerischen Worten des Tagebuchs – so abrupt, dass ich das Buch um ein Haar in die Luft schleudere. Schuldbewusst schlage ich es zu und lege es zurück auf den schlichten Eichencouchtisch, auf dem meine Nachbarin und enge Freundin Ella Ferguson es am Abend zuvor hatte liegen lassen. Ich hatte nicht vorgehabt, es zu lesen. Es war einfach … da. Auf meinem Tisch. Geistesabwesend hatte ich es geöffnet und war so entsetzt über das, was ich las, dass ich nicht geglaubt habe, es könne wirklich von meiner süßen Freundin Ella stammen. Also habe ich weitergelesen. Ich konnte nicht aufhören und weiß nicht, warum. Es ergibt keinen Sinn. Ich heiße Sara McMillan, bin Highschool-Lehrerin und dringe weder in anderer Leute Privatsphäre ein, noch genieße ich diese Art von Lektüre. Ich sage mir das immer noch, als ich die Tür erreiche, aber das brennende Ziehen in meinem Bauch kann ich nicht ignorieren.

Bevor ich meinen Besucher begrüße, halte ich inne und lege die Hände an die Wangen. Sie müssen flammend rot sein, und ich hoffe, dass – wer auch immer vor meiner Tür steht – einfach wieder gehen wird. Dafür gelobe ich im Stillen, nicht weiter in dem Tagebuch zu lesen, auch wenn ich weiß, dass die Versuchung stark sein wird. Gütiger Gott, ich fühle mich so, wie Ella sich anscheinend gefühlt hat, als sie die Szene in dem Tagebuch durchlebte – als sei ich diejenige, die sich an einen erregenden Moment und dann einen nächsten klammert. Offensichtlich sollten achtundzwanzig Jahre alte Frauen nicht fünf Jahre lang auf Sex verzichten. Das Schlimmste an der Sache ist jedoch, dass ich in die Privatsphäre einer Person eingedrungen bin, die mir etwas bedeutet.

Es klopft abermals, und ich muss mir eingestehen, dass mein Besucher wohl nicht einfach weggehen wird. Ich rufe mich zur Ordnung und ziehe am Saum des schlichten hellblauen Kleids, das ich heute für den letzten Englischkurs der zehnten Klasse der Sommerschule angezogen habe. Ich hole Luft und öffne die Tür, und ein kühler Schwall der ganzjährig kühlen Nachtluft von San Francisco fährt durch die losen Strähnen meines langen brünetten Haars, die mir aus dem Knoten im Nacken gerutscht sind. Glücklicherweise kühlt die Brise auch meine fiebrig heiße Haut. Was ist los mit mir? Wie kann ein Tagebuch eine so heftige Wirkung auf mich haben?

Ohne auf eine Einladung zu warten, rauscht Ella an mir vorbei, in einem Schwall nach Vanille duftenden Parfums und mit roten, federnden Locken.

»Da ist es ja«, sagt Ella und schnappt sich ihr Tagebuch vom Couchtisch. »Ich dachte mir doch, dass ich es hiergelassen habe, als ich gestern Abend vorbeigekommen bin.«

Ich schließe die Tür, überzeugt, dass meine Wangen erneut brennen, denn ich weiß jetzt mehr über Ellas Sexleben, als ich sollte. Ich kann mir nicht erklären, was mich dazu verleitet hat, dieses Tagebuch zu öffnen, was mich geritten hat, weiterzulesen. Was mich selbst jetzt noch dazu bringt, mehr lesen zu wollen.

»Das ist mir gar nicht aufgefallen«, sage ich und wünsche mir sofort, ich könnte es zurücknehmen. Ich mag Lügen nicht. Ich habe genug Leute gekannt, die welche erzählt haben, und weiß, wie verheerend das sein kann. Es gefällt mir wirklich nicht, wie leicht mir diese Lüge über die Lippen gegangen ist. Schließlich geht es um Ella, meine Nachbarin, die mir im vergangenen Jahr zur Vertrauten geworden ist, zu der jüngeren Schwester, die ich niemals hatte. Zusammen sind wir die Familie, die keiner von uns hat, oder vielmehr, die keiner von uns in Anspruch nehmen konnte. Voller Unbehagen fasele ich weiter, eine schlechte Angewohnheit, die durch Nervosität verursacht wird, und anscheinend auch durch Schuldgefühle. »Ein langer Unterrichtstag«, füge ich hinzu, »und ich habe haufenweise Papierkram, den ich für die Sommerschule fertig machen muss. Sei froh, dass du dieses Jahr drum herumgekommen bist. Waren allerdings wieder ein paar großartige Kids dabei, mit denen es wirklich Spaß gemacht hat.« Ich schürze die Lippen und rede mir ein, dass ich genug gesagt habe, stelle aber fest, dass ich nicht umhin kann fortzufahren: »Ich bin erst vor ein paar Minuten nach Hause gekommen.«

»Nun, Gott sei Dank hast du ja jetzt etwas Zeit«, sagt Ella und nimmt das Tagebuch an sich. »Ich habe das hier gestern Abend mitgebracht, weil wir vorhatten, uns diesen Frauenfilm anzusehen. Ich wollte dir ein paar Seiten vorlesen. Aber dann hat David angerufen, und du weißt ja, wie das ausgegangen ist.« Ihre Mundwinkel wandern nach unten, und Schuldbewusstsein schwingt in ihrer Stimme mit. »Ich habe dich wie eine sehr schlechte Freundin einfach allein gelassen.«

David ist ihr heißer neuer Freund, ein Arzt. Was David von Ella will, bekommt er. Und erst jetzt weiß ich, wie wahr das ist. Ich betrachte Ella einen Moment lang. Mit ihrer taufrischen, jugendlichen Haut und bekleidet mit ausgewaschenen Jeans und einem lilafarbenen T-Shirt sieht sie eher aus wie eine meiner Schülerinnen und nicht wie eine fünfundzwanzigjährige Lehrerin. »Ich war ohnehin müde«, versichere ich ihr, aber ich mache mir Sorgen, dass sie mit diesem Mann, der zehn Jahre älter ist als sie, überfordert sein könnte. »Ich musste ins Bett, um für den Unterricht heute fit zu sein.«

»Nun, der Unterricht ist jetzt zum Glück vorbei.« Sie deutet auf das Tagebuch. »Und ich bin so froh, dass ich das hier vor meinem Date mit David heute Abend zurückhabe.« Sie zwinkert mir zu. »Vorspiel. David wird es lieben. Dieses Ding ist glühend heiß.«

Ich starre sie ungläubig an. »Du liest ihm dein Tagebuch vor?« Nie hätte ich den Mut, einem Mann so persönliche Gedanken vorzulesen – vor allem nicht, wenn sie sich um ihn drehen. »Und das als Vorspiel?«

Ella runzelt die Stirn. »Das ist nicht mein Tagebuch. Erinnerst du dich? Ich habe es dir gestern Abend erzählt. Es stammt aus den Lagerbeständen, die ich zu Beginn des Sommers bei dieser Auktion gekauft habe.«

»Oh«, sage ich, obwohl ich mich nicht erinnern kann, dass Ella irgendetwas über das Tagebuch gesagt hat. Dabei bin ich mir sicher, dass ich mich daran erinnern würde. »Natürlich, die Lagerauktionen, die du besucht hast, seit du so versessen auf diese Sendung Storage Wars bist. Ich kann immer noch nicht glauben, dass Leute ihre Sachen einlagern, dann mit den Zahlungen in Verzug geraten und ihr Hab und Gut an den Höchstbietenden gehen lassen.«

»Und doch tun sie es«, erwidert Ella. »Und ich bin nicht versessen darauf.«

Ich ziehe eine Braue hoch.

»Okay, vielleicht bin ich es«, räumt sie ein, »aber ich werde mehr als das Doppelte von dem verdienen, was ich bekommen hätte, wenn ich in der Sommerschule unterrichtet hätte. Du solltest wirklich darüber nachdenken, ob du nicht mit mir zur nächsten Auktion gehen willst. Ich habe bereits zwei der drei Lagerbestände, die ich gekauft habe, für viel Geld losgeschlagen.« Sie hält das Tagebuch hoch. »Dies stammt aus dem letzten Posten, den ich gekauft habe, und er ist bisher der beste. Es sind Kunstwerke dabei, von denen ich weiß, dass ich dafür einen ordentlichen Batzen Geld bekommen werde. Und bisher habe ich drei Tagebücher gefunden, die absolut fesselnd sind. Ich kann gar nicht aufhören, sie zu lesen. Die Frau war so wie du und ich und ist irgendwie in eine dunkle, leidenschaftliche Situation hineingezogen worden, beängstigend und aufregend.«

Sie hat recht, und als ich mich an die Worte auf diesen Seiten erinnere, spüre ich erneut das Brennen in meinem Bauch. Beinahe kann ich mir die weiche, verführerische Stimme der Frau vorstellen, die mir ihre Geschichte zuflüstert. Ich versuche mich auf das zu konzentrieren, was Ella sagt, aber stattdessen grüble ich über diese Frau nach, frage mich, wo und wer sie ist.

»Ach herrje!«, ruft Ella aus. »Du wirst ja ganz rot. Du hast das Tagebuch doch gelesen, nicht wahr?«

Ich werde bleich. »Was? Ich …« Plötzlich fehlen mir die Worte. Hilflos sinke ich Ella gegenüber in einen dick gepolsterten braunen Sessel, befangen wegen meiner Lüge von vorhin. »Ich … ja. Ich habe es gelesen.«

Ella schnappt sich ein Couchkissen und sieht mich mit schmalen grünen Augen an. »Hast du gedacht, ich hätte dieses Zeug geschrieben?«

Ich werfe ihr einen zaghaften Blick zu. »Nun …«

»Jetzt mal langsam«, sagt sie und nimmt offensichtlich meine Antwort oder vielmehr deren Abbruch als Bestätigung. »Du hast gedacht …« Sie schüttelt den Kopf. »Ich bin sprachlos. Du kannst die guten Teile noch nicht gelesen haben, denn dann würdest du auf keinen Fall denken, dass da von mir die Rede ist. Aber du bist definitiv so rot geworden, als hättest du die guten Teile gelesen.«

»Ich habe einiges gelesen, das, äh, ziemlich detailliert war.«

Sie schnaubt. »Und du hast angenommen, ich hätte das geschrieben.« Wieder schüttelt sie den Kopf. »Und ich dachte, du würdest mich kennen. Aber Teufel auch, ich wünschte mir so sehr, ich könnte nur für eine einzige Nacht dieser Einschätzung gerecht werden. Das Leben dieser Frau hat eine mysteriöse Erotik, die einfach …« Sie schaudert. »Sie ist einfach unvergesslich. Sie … diese Frau … berührt mich.«

Irgendwie tröstet es mich ein wenig zu wissen, dass die Worte auf diesen Seiten sie ebenso berühren wie mich, und ich weiß nicht, warum. Warum um alles in der Welt brauche ich Trost? Es ist nicht logisch. Nichts an meiner Reaktion auf diese unbekannte Frau ist logisch.

»Sobald David und ich mit dem Tagebuch fertig sind«, fährt Ella fort und reißt mich aus meinen Gedanken, »wird er Fotos von einigen intimen Seiten machen, und dann stellen wir die Tagebücher bei eBay ein. Sie werden viel Geld bringen. Ich weiß es.«

Entsetzt starre ich sie an. »Du kannst nicht ernsthaft vorhaben, die intimen Gedanken dieser Frau bei eBay anzubieten.«

»Doch, genau das habe ich vor«, antwortet sie. »Geld regiert die Welt. Außerdem ist es, nach allem, was wir wissen, Fiktion.«

Ihre Worte klingen kalt und überraschen mich. Sie überrascht mich. Das ist nicht die Ella, die ich kenne. »Wir reden über die privatesten Gedanken einer Frau, Ella. Du willst doch bestimmt nicht von ihrem Schmerz profitieren.«

Sie senkt die Brauen. »Welchem Schmerz? Für mich klingt es nach purem Vergnügen.«

»Sie hat alles, was sie besitzt, bei der Auktion verloren. Das ist kein Vergnügen.«

»Ich schätze, ihr reicher Mann ist mit ihr an irgendeinen exotischen Ort geflogen, und sie führt ein prächtiges Leben.« Ihre Stimme wird düster. »Ich muss so denken, um das tun zu können, Sara. Bitte, mach mir kein schlechtes Gewissen. Ich brauche das Geld, und wenn ich es nicht tun würde, täte es ein anderer Käufer.«

Ich öffne den Mund, um Einwände zu erheben, gebe dann jedoch nach. Ella ist allein auf dieser Welt und hat keine Familie, abgesehen von einem alkoholkranken Vater, der die meiste Zeit seinen eigenen Namen nicht kennt, geschweige denn ihren. Ich weiß, sie hat das Gefühl, Geld für Notfälle zu brauchen. Ich kenne dieses Gefühl selbst nur allzu gut. Auch ich bin allein. Jedenfalls fast, aber darüber will ich in diesem Moment nicht nachdenken.

»Es tut mir leid«, sage ich und meine es ernst. »Ich weiß, dass das ein Glücksfall für dich ist. Ich bin froh, wenn es klappt.«

Ihre Mundwinkel ziehen sich leicht in die Höhe, und sie nickt, bevor sie sich erhebt. Ich stehe mit ihr auf und umarme sie. Sie lächelt, ihre Stimmung schlägt um, und prompt bringt sie, wie so oft, Sonnenschein in mein Leben. Ich liebe Ella wirklich.

»David und ich freuen uns schon auf diese faszinierende Inspiration«, verkündet sie schelmisch. »Ich muss los.« Sie lacht und wedelt mit der Hand. »Genieße deine Nacht. Ich werde es auf jeden Fall.«

Ich sinke in meinen Sessel zurück und beobachte, wie sich die Tür schließt.

Ein Hämmern reißt mich unsanft aus seligem Schlaf. Ich richte mich im Bett auf, desorientiert und erst halb wach, und schaue nach, wie spät es ist. Sieben Uhr früh, und das an meinem ersten unterrichtsfreien Tag.

»Wer zum Teufel schlägt da meine Tür ein?«, brumme ich, werfe die Decken von mir und schlüpfe in die pinkfarbenen, flauschigen Pantoffeln, die einer meiner Schüler mir letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hat. Ich schnappe mir meinen pinkfarbenen Bademantel, der nicht so flauschig ist, auf dessen Rücken aber PINK geschrieben steht. Es klopft weiter.

»Sara, ich bin es, Ella!«, höre ich, während ich durch das Wohnzimmer schlurfe. »Beeil dich! Mach schon!«

Mein Herz flattert – nicht nur, weil Ella offensichtlich in Panik ist, sondern auch, weil sie im Gegensatz zu mir an ihren freien Tagen eigentlich nicht vor Mittag aufsteht. Sobald ich die Tür aufreiße, schlingt Ella die Arme um mich und verkündet: »Ich brenne durch!«

»Du läufst weg?«, stoße ich hervor, trete zurück und zerre Ella in die Wohnung, hinaus aus der Kühle des frühen Morgens. Sie trägt noch immer ihre Kleider vom Abend zuvor. »Wovon redest du? Was ist los?«

»David hat mir gestern Nacht einen Antrag gemacht«, ruft sie aufgeregt. »Ich kann es kaum glauben. Wir fliegen heute früh nach Paris.« Sie schaut auf ihre Armbanduhr und kreischt. »In zwei Stunden.«

Sie drückt mir etwas in die Hand. »Da ist der Schlüssel zu meinem Appartement. Auf dem Küchentisch wirst du das Tagebuch finden und den Schlüssel zu dem Lagerraum. Wenn er nicht in zwei Wochen geräumt ist, muss man ihn mieten, oder die Sachen werden erneut bei der Auktion versteigert. Also nimm sie und verkauf den ganzen Kram. Der Erlös gehört dir. Oder lass es bleiben. So oder so, es spielt keine Rolle.« Sie grinst. »Ich brenne nach Paris durch, und dann machen wir in Italien Flitterwochen!«

Mein Beschützerinstinkt erwacht. Ich will nicht, dass Ella verletzt wird, und ich habe sie nicht ein einziges Mal sagen hören, dass sie David liebt. »Du kennst diesen Mann erst seit drei Monaten, Liebes. Ich bin ihm nur ein einziges Mal begegnet.« Er ist passenderweise immer weggerufen worden, wenn wir uns kennenlernen sollten.

»Ich liebe ihn, Sara«, sagt sie, als hätte sie meine Gedanken gelesen. »Und er ist gut zu mir. Das weißt du.«

Nein, das weiß ich nicht, aber während ich noch nach den richtigen Worten suche, greift sie bereits nach der Türklinke. »Ella …«

»Ich werde dich anrufen, wenn ich in Paris bin, also lass dein Handy an.«

»Warte!«, rufe ich und halte sie am Arm fest. »Wie lange wirst du fort sein?«

Ihre Augen leuchten vor Aufregung auf. »Einen Monat. Ist das zu glauben? Ein ganzer Monat Italien. Es ist wie im Traum.« Sie umarmt mich und gibt mir einen Kuss auf die Wange. »Da wir Highschool-Leute dank der längeren Schultage nicht vor Oktober zurück sein müssen, werde ich für einen vollen Monat fort sein! Unfassbar, oder? Ich werde mich nie wieder über unsere längeren Schultage beklagen. Ein ganzer Monat Italien … Ich rufe dich an, und wenn wir zurückkommen, werden wir einen Empfang geben.«

Ihr Blick wird sanft. »Du weißt doch, dass ich dich am liebsten mitnehmen würde? Aber David ist davon ausgegangen, dass ich keine Familie habe. Er will mich im Sturm mitreißen, damit es keinen Abschiedsschmerz gibt.« Sie pikst in die gekräuselte Stelle, die immer zwischen meinen Brauen erscheint, wenn ich die Stirn runzle. »Hör auf, dieses Gesicht zu machen. Das wird Falten geben, wenn du älter bist. Und mir geht es gut. Mir geht es sogar großartig.«

»Das sollte es auch gefälligst«, antworte ich und will dabei in meine strengste Lehrerinnenstimme verfallen, aber meine Kehle ist dermaßen zugeschnürt, dass ich nur krächze. »Ruf mich an, sobald du gelandet bist, damit ich weiß, dass du heil angekommen bist. Und ich will Fotos. Jede Menge Fotos.«

Ella lächelt strahlend. »Ja, Ms McMillan.« Sie dreht sich um und eilt davon, winkt mir ein letztes Mal über die Schulter zu, bevor sie um die Ecke biegt.

Sie ist fort, und ich kämpfe plötzlich gegen Tränen, die ich nicht verstehe.

Ich freue mich für Ella, aber irgendwie bin ich auch besorgt um sie. Ich fühle mich … ich bin mir nicht sicher, wie ich mich fühle. Einsam vielleicht. Meine Finger krampfen sich um den Schlüssel, und plötzlich wird mir bewusst, dass ich soeben einen Lagerraum und die Tagebücher geerbt habe, von denen ich geschworen habe, dass ich sie nicht wieder lesen werde.

2

Und dann der Augenblick, von dem ich weiß, dass ich mich noch im Sterben an ihn erinnern werde. Der Augenblick, als der Stahl einer Klinge meine Lippen berührte. Der Augenblick, in dem er versprach, dass in Schmerzen Vergnügen läge …

Diese verführerischen Worte aus dem Tagebuch gehen mir durch den Kopf, am Tag von Ellas plötzlicher Abreise. Sie verfolgen mich bis zu dem Punkt, an dem ich fröstele, wann immer ich an sie denke. Sie sind der Grund, warum ich hier bin, warum ich in einem klimatisierten Lagerraum von der Größe einer kleinen Garage stehe, den, so vermute ich, die Tagebuchschreiberin irgendwann gemietet hat. Dankenswerterweise gibt es trübe Beleuchtung, und das Wohnviertel ist gut. Ich stehe hier, unsicher, was ich mir als Erstes ansehen soll, und fühle mich unbehaglich bei dem Gedanken, in den Sachen einer Fremden zu wühlen.

Der Augenblick, in dem er versprach, dass in Schmerzen Vergnügen läge.

Wieder sind diese Worte da, wie ein Gedankenwurm, ungerufen. Ich schaudere, und das nicht nur, weil das Tagebuch unleugbar erregend ist. Ich sollte nicht erregt sein. Nicht von schmerzhaftem Vergnügen und Fesselspielen. Ich weigere mich, erregt zu sein. Ich mache mir Sorgen um diese mysteriöse Frau. Außerdem bin ich meines Vaters Tochter, geradeso wie meine Mutter meines Vaters Ehefrau war, was bedeutet, dass wir seine Marionetten waren, die es nie wagten, aus seinem Schatten zu treten. Meine Mutter ist ihm im Tod entflohen, und ich habe es seither vorgezogen, ihn aus meinem Leben herauszuhalten. Trotz der fünf Jahre ohne ihn bin ich mir nur allzu deutlich bewusst, dass die nachhaltige Wirkung seiner harten Hand in meinem Leben allzu gegenwärtig ist.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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