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Roman Drama, Krimi, Hochspannung. Der einzige Sohn eines Konzernleiters wird aus einem Feriencamp entführt. Die Familie verzweifelt an unvorhersehbaren Ereignissen und Missverständnissen. Die Polizei verbockt die Befreiung des Jungen - dann endet alles in einem riesengroßen Missverständnis.
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Seitenzahl: 380
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Die Textaufteilung
Vorbereitung im Folterkeller
Ewige Freundschaft
Die Gastgeber Gerlinde und Hermy
Das Hobby
Die Folterkammer im Keller
Tag 2 der Entführung
Charlotte und Christine
Jeremy vermisst
Benno-Boss
Bittere Erkenntnisse
Im Firmenjet
Hektik per Telefon
Blanke Verzweiflung
Blumen und eine Tasche
Blumengebinde
Harte Drohkulissen
Geld und Aktien
Aufmerksame Banker
Ein Teilerfolg
Zur Übergabe des Lösegeldes
Ungewöhnliche Aktivitäten
Handysund groteskes Theater
Eine peinliche Überraschung
Dicke Luft in der Familie
Benno-Boss nach der Niederlage
Die Geldübergabe unter Polizeiaufsicht
Bennos Trumpf
Eine Entwicklung zum Verzweifeln
Schigullas ungezügeltes Temperament
Zu Hause bei Hermenegildo
Im Präsidium
Das Stockholmsyndrom
Ein Neuer Anlauf
Der neue Haken an der Geschichte
Der Abstauber
Richards prekäre Mission
Ein Wiedersehen
Der Gärtner
Hallodri
Schigulla kommt wieder ins Spiel
Das Verhör
Die verzweifelte Familie
Die Witwe Gerlinde
Schon wieder Schigulla
Der Friedhof, hat er ein Geheimnis?
Blauth, mit TH
Die Lage ist festgefahren
Hermenegildo - die schlechte Nachricht
Die fatale Gedächtnislücke
Die Karriereleiter ist aufgestellt
Der Präsident
Die Leichenschau
Familie Nicolson
Der Inhalt - ein Geständnis
Ich gestehe und versichere jeder verehrten Leserin und jedem geehrten Leser, dass mich mein Textaufbau als auch meine Ausdrucksweise als echten Pfälzer ausweisen.
Der Autor Kurt Koch
„Vielleicht hätten wir doch die teurere Farbe nehmen sollen.“
„Frau, hör doch mit deiner Nörgelei auf. Die ist gut genug für den Keller.“
„Aber sie färbt ab, die hält auch nicht lange.“
„Soll sie ja auch nicht. In ein paar Tagen sind wir sowieso reich. Dann leisten wir uns in Mexiko oder Brasilien jede Farbe, die dir recht ist. Dann kannst du deine gesamte Umgebung nach deinem Geschmack einfärben. Oder anmalen lassen. Wir malen dann nicht mehr selbst. Kapiert? Das musst du doch endlich einmal verinnerlichen. Wir haben doch schon so oft von einem neuen Leben gesprochen.“
„Wenn wir doch bald Geld genug bekommen, hätten wir es doch gleich anständig machen können. Der Vermieter hätte uns das doch sicher angerechnet, wenn wir die rückständige Miete auf den Tisch gelegt hätten.“
„Trotz allem, ich sage, dass die Farbe gut genug ist.“
„Wenn wir dann den Jungen hier anbinden“ ... -
„Fesseln! - Fesseln und nicht einfach anbinden.“
„Gut, dann eben fesseln, dann versaut sich der Arme doch mit dieser Farbe. Weiße Farbe bleibt in seinen Klamotten hängen.“
„Frau, was meinst du, wie mich das juckt? Wenn wir den Zaster haben, verschwinden wir sowieso. Vermieter hin, Vermieter her. Oder glaubst du, ich gehe zu dem Großkotz und schiebe ihm gute, schöne Geldscheine sonst wo hin? Scheißkerl mit seinen Scheißforderungen. Ist doch so! Oder? Können wir uns wenigstens in diesem Punkt einig werden?“
„Reicht die Farbe auch?“
„Ich habe es ausgerechnet. Also beruhige dich. Das stimmt schon so.“
„Hätte es nicht doch auch ein Handy getan? Warum mussten es denn gleich drei sein?“
„Frau, Gerlinde, ich habe es dir doch schon so oft erklärt. Das ist strategische Planung. Das sind alles Investitionen für einen erfolgreichen Geschäftsaufbau. Da muss man halt etwas reinstecken, wenn man Erfolg haben will. Und wir kriegen das doch alles wieder, wie man so schön sagt, ordentlich verzinst, mit Gewinn. Aber davon verstehst du ja nichts.“
.....
„Glaubst du, dass, wenn wir den Jungen an die Wasserleitung festmachen ...“
„...Anketten - anketten!“
„Also anketten, dass das die Rohre aushalten? Der könnte ja anfangen an seinen Fesseln zu zerren, versuchen sich selbst zu befreien. Stell dir mal vor die Rohre reißen ab, gehen kaputt. Das Wasser...!“
„Frau ... Gerlinde, worauf du dich verlassen kannst. Die Rohre halten Gewalt aus. Sowas sieht eben ein Mann ganz anders. Das spürt man einfach. Aber ihr Frauen habt ja von sowas keine Ahnung.“
„Aber ...“
„ ...Schluss jetzt - Schluss jetzt mit deinem Aber. Ich werd´s dir zeigen. Wenn es mich aushält, wird es auch einen Jungen aushalten, der sieben Jahre alt ist. Gehst Du in diesem Punkt mit mir einig?“
„Bald sieben wird.“
„Nun gut, also dann eben bald sieben wird. Überzeugt dich das?“
„Ich will mir halt nichts vormachen.“
„Wir haben das doch bereits so oft besprochen. Willst du denn immer das letzte Wort haben? Hier, ich zieh jetzt daran, an diesem Rohr, mit aller Kraft....“
„Uh - Uhh - Uhhhh ---!“
„Äh - Ähh - Ähhhh!“
....
„Tu was - so tu doch was...!“
„Scheeeeißeee!“
„Ist ... hupps ... ist das alles, was dir einfällt. Ich bin schon ganz durchnässt.“
„Dann geh doch wenigstens aus der Ecke, geh hierher. Scheeeiße!“
„Was machen wir jetzt? Rufen wir die Feuerwehr?“
„Sicher doch. Und auch die Polizei. Dann erklären wir denen, dass wir eine Entführung vorhaben. Geld von einem stinkreichen, und nebenbei auch noch hoch angesehenen Bürger dieser Stadt absaugen wollen. Dass wir das Opfer hier an dem Rohr anbinden ... äh, fesseln wollten. Dass es aber bei einer Belastungsprobe auseinandergerissen ist? Ob sie uns wohl helfen könnten? Ist das deine ganze großartige Idee, um dieses Problem gelöst zu bekommen?“ Seine Lautstärke wuchs mit jedem Wort an. Seine Stimme hatte sich jetzt beinahe überschlagen.
„Weshalb hast du dich auch mit deiner ganzen Kraft drangehängt. Hättest du es nicht mit der Kraft eines siebenjährigen Jungen probieren können?“
„Gerlinde .... Gerliiinde, sei jetzt besser still. Ich hätte den Blödsinn ja auch sein lassen können. Aber du mit deinen Zweifeln...“
„...die doch offenbar nur allzu berechtigt waren. Geht gleich mit der Kraft eines Ochsen ran, wo doch nur ein siebenjähriger ...“
Gerlinde sah ihren Mann an und schwieg jetzt lieber. Fürs Erste. Sie kannte diesen Ausdruck in seinem Gesicht. Gleich würde er explodieren. Richtig explodieren. Dann wechselte sie das Thema. Aber so ganz ohne den Unterton eines Protestes wollte sie jetzt doch noch nicht dastehen.
„Wie sehe ich denn aus? Meine Jeans sind ruiniert. Die ganze Farbe kommt von der Wand.“
„Noch was? - Meine Fresse. Sonst könnt ihr Weiber nicht genug beschissene Flecken in Eure Jeans bekommen. Ausgebleicht sollen sie aussehen. Und jetzt beschwerst du dich, dass du ganz nebenbei eine Gratisbleiche oder überraschende Einfärbung bekommst.“
Gerne hätte er sich weiter in seinem Zorn gesteigert, es wäre auch ganz normal bei ihm gewesen. Aber er durfte es diesmal nicht auf die Spitze treiben. Für diese Operation Entführung brauchte er sie. Er wollte sie nicht verprellen.
„Ich glaube, dass ich mich erkälten werde.“
„Und einlaufen wird die Hose auch. Dann wird sie deine Figur besser zum Ausdruck bringen. Wenn du dann überhaupt noch in sie einsteigen kannst.“
„Aber ich denke ...“
„Bitte, Gerlinde, tu mir einen Gefallen. Hör auf zu denken. Hör einfach auf damit.“
„Ferien, endlich die großen Ferien!“
„Wann werden wir uns wiedersehen?
„Mein Dad hat mir volle fünf Wochen aufgebrummt. In einem Abenteuercamp. Ich hab` keine Ahnung, was auf mich zukommt.“
„Hört sich klasse an. Mensch, wenn ich nur auch dabeis ein könnte. So aber muss ich zu meiner Oma auf die Farm. Zu Kühen, Schweinen, Pferden ... tierisch, wie ich mich darauf freue.“ Es folgte eine Grimasse und Geste der Hilflosigkeit.
„Ich muss - muss - muss, ich höre nur immer wieder - muss. Hör mal Sportsfreund. Ich würde sofort mit dir tauschen. Reiten, Cowboyromantik, im Freien schlafen und die Sterne zählen, Geschichten und Countrymusik hören - was willst du noch?“
„Na gut, dann tauschen wir doch. Wir beide werden gleich abgeholt. Namensvettern sind wir doch schon. Das Tauschgeschäft Jeremy gegen Jeremy. Wow, da würden wir aber unseren Haushaltsvorständen ganz schöne Rätsel aufgeben.“
„Ich würde sofort einschlagen. Aber, wenn das rauskäme, würde die Welt Kopf stehen. Außerdem würde man uns an unseren Baseballmützen erkennen.“
„Komm, zum Träumen haben wir noch genug Zeit in den Sommerferien.“
„Hey, ich hab´ so ´ne Idee. Wir tauschen die Mützen. Die haben wir immer bei uns. Jedes Mal, wenn wir sie aufsetzen, versetzen wir uns in den anderen von uns, denken wir an den Freund.“
„Du bist ein echter Freund. Das würdest du wirklich machen? Meine von den New York Yankees gegen deine Regenbogenmütze?“
„Du fragst auch noch?“
Passt wie angegossen, bist doch kein Dickkopf.“
„Oh-oh, der sieht nach Abholer aus, wieder ein Neuer. Ob das von Daddy gut überlegt ist?“
„Jeremy sah seinen Freund Jeremy davonfahren. Er winkte mit seiner Regenbogenmütze, schwenkte sie seinem Freund hinterher.“
„Hallo Jeremy? Ich bin ein Abteilungsleiter bei der Werkssicherheit im Betrieb Deines Vaters. Hier ist mein Ausweis. Dein Vater schickt mich höchstpersönlich, weil er um Deine Sicherheit besorgt ist. Komm steig´ ein.“
„Darf ich Ihren Ausweis noch einmal sehen?“
„Aber bitte. So ist es recht. Keinem Fremden vertrauen. Dein Vater ist besorgt. Heute in der Früh hat man versucht deine Mutter zu entführen. Du sollst dich ein paar Tage - zwei oder drei - bei mir verstecken. Unterdessen bringt er Deine Mutter an einen sicheren Platz. Mach es dir bequem.“
Es war nur folgerichtig, dass der Abholer, das bescheidene Einfamilienhaus, Jeremys Zuflucht, sorgfältig verrammelte. Die Fensterläden wurden so weit geschlossen, dass es nicht einmal möglich war die Blumen im Garten zu bewundern.
„Haben Sie die Blumen draußen selbst so schön gepflegt?“
„Nein, das macht meine Frau. Ich bin sehr beschäftigt. Mit Überstunden. Ich habe ja keine feste Arbeitszeit. Die Sicherheit im Betrieb geht vor meinen Privatinteressen. Du kannst mich Hermy nennen. Mein voller Name ist Hermenegildo. Ist ein bisschen umständlich.“
„Und ich bin die Gerlinde, Hermys Frau. Ich darf Dich doch Jeremy nennen?“
„Wird auch einfacher sein, wenn wir schon ein paar Tage miteinander auskommen müssen. Ich frag mich nur, was aus meinen Ferien wird?“
„Die Zeit wirst Du verschmerzen können. Es sind nur ein paar Tage.“
„Aber die Reise war doch schon fest gebucht.“
„Dein Vater wird schon wissen, was richtig ist. Ich richte mich ganz nach den Anweisungen Deines Vaters. Ich bin ein Mitarbeiter und tue was mir angeordnet wird. Er ist ein prima Chef. Jetzt bin ich für Deine Sicherheit verantwortlich. Das ist Vertrauenssache. Das kann ich Deinem Vater gar nicht hoch genug anrechnen, dass er mich dafür ausgewählt hat. Und noch etwas: Um für potenzielle Entführer keine Anhaltspunkte zu liefern, um nicht verdächtig zu sein, werde ich meiner Arbeit wie üblich nachgehen. Gerlinde wird für Dich da sein und dafür sorgen, dass es Dir an nichts fehlt.“
„Ich will keine Umstände machen.“
„Ich sage es nochmals, ich fühle mich geehrt, dass Dein Vater mich für Deinen besonderen Schutz ausgewählt hat. Ich bin auch der Einzige, der in seinen Plan eingeweiht ist. Du darfst natürlich in den nächsten Tagen nicht vor die Tür. Versprich es mir, dass Du Dich daran hältst. Ich würde sonst meinen Job verlieren, wenn Dein Vater davon erführe.“
„Sie können - äh, ich meine, Du kannst Dich auf mich verlassen. Wie war nochmal dein Name?“
„Hermenegildo. Du kannst mich Hermy rufen. Freut mich Dich hier bei mir, ich meine, bei uns zu Hause zu haben. Stimmt doch Gerlinde? Oder? Nun sag schon etwas. Du hast bisher noch nichts gesagt.“
„Du hast alles so schön erklärt. Was hätte ich da noch sagen sollen?“ Sie hatte so viel Vertraulichkeit in ihre Stimme gelegt, wie es ihr nur möglich war. Ihr Mann schaute sie überrascht an. So hatte er sie schon lange nicht mehr erlebt.
„War ja nur so eine Frage. Nun mach´ uns was Schönes zu Essen. Ich werde mit Jeremy besprechen, was wir so zusammen unternehmen könnten. Ich habe ja noch bis gegen zwei Uhr frei. Danach muss ich wieder in den Dienst.“
„Was würde der junge Mann denn gerne essen. Hast Du einen Wunsch?“
„Ach, Mutter sagt immer, dass ich pflegeleicht sei. Ich glaube sie ist froh darüber, denn eine gute Köchin ist sie nicht. Und von unserer Küchenhilfe halte ich sowieso nicht viel. Aber Spaghetti oder eine Pizza wäre schon eine Wucht. So mit Salame, Pilzen, Tomaten, Peperoni und das alles mit Käse überbacken.“
Als Jeremy wieder in die Richtung Hermenegildos schaute, rümpfte Gerlinde hinter seinem Rücken die Nase. Sie machte eine hilflose Bewegung mit beiden Händen. Ob das nun bedeutete, dass sie nicht wisse, wo man so etwas kauft oder ob es bedeutete, dass sie dazu kein Geld habe, oder dass sie es nicht selbst zubereiten kann, bekam Hermenegildo nicht mehr mit.
„Weißt du Jeremy, ich habe ein Hobby. Ich komme leider nicht oft dazu es zu praktizieren. Aber, wenn es Dich interessiert, bin ich gerne bereit Dich in ein paar Geheimnisse des Filmemachens und des Hörspielkomponierens einzuweihen. Zudem vergeht auf diese Art und Weise die Zeit viel schneller. Du langweilst Dich nicht und wir tun etwas Unterhaltsames.“
„Klingt interessant. Wenn es Ihnen ..., wenn es Dir Hermy, nichts ausmacht. Ich bin dabei.“
„Also wir suchen uns zunächst ein Thema. Alles, was dazu Aufnahmen in freier Natur bedarf, ist ausgeschlossen. Ich überlasse es Dir einen Vorschlag zu machen.“
„Hoppla, da habe ich aber gar keine Erfahrung.“
„Nun, dann würde ich sagen, wenden wir uns doch dem Nächstliegenden zu. Vielleicht sollten wir Aufnahmen machen und Begleitgeräusche produzieren, die zu einer Entführung gehören. Das Thema ist aktuell und beschäftigt mich, seit mir Dein Vater davon erzählt hat. Seiner Entschlusskraft ist es zu verdanken, dass die Kidnapper die Tat nicht ausführen und Deine Mutter nicht entführen konnten. Was hältst Du davon? Machen wir etwas in dieser Richtung?“
„Ich habe noch nie eine Entführung erlebt. Ich weiß darüber nichts. Krimis dieser Art darf ich nicht anschauen. Ganz besonders mein Vater hat etwas dagegen. Dabei bin ich doch beinahe sieben.“
„Ach ich glaube, dass da Dein Vater Recht hat. Du hast ja noch ein ganzes Leben vor Dir und die Zeit Dir solche Filme anzusehen. Wenn sie dir gefallen. Aber zu einer Entführung gehört oft, dass der oder die entführte Person gefoltert wird. Eine dem Opfer nahestehende Person soll ja erpresst werden. Diese soll in Angst und Schrecken versetzt werden, damit sie die Forderungen der Entführer so schnell wie möglich erfüllt. Die entführte Person soll schreien, Schmerzensschreie von sich geben. Die sollen dann den Erpressten, oder auch die Erpresste überzeugen, schnell die Bedingungen der Erpresser und Entführer zu erfüllen. Dazu bekommen dann die Angehörigen den Originalton per Telefon oder auch schon mal per CD. Verstehst du? Je schlimmer die Schmerzensschreie, desto schneller sind die Erpressten bereit zu bezahlen. Erpresser sind ja schlimme Verbrecher und sie wissen genau, was sie tun müssen, um schnell und möglichst sicher an das erpresste Geld zu kommen.“
„Klar doch. Das Thema gehört sicherlich zur Ausbildung für ihren ... für deinen Beruf.“
Für was für einen Beruf? -- Ach so, klar, Du hast recht. Bevor man in den Sicherheitsberuf einsteigt, muss man natürlich eine Ausbildung durchlaufen. So wie jeder Polizist. Und dabei wird auch das Thema Entführung und Erpressung behandelt. Das heißt, das ist ein ganz großes Thema. Und genau das ist dann auch Teil einer Abschlussprüfung.“
„Wird da jeder genommen oder muss man besondere Eigenschaften mitbringen?“
„Es gehört schon etwas dazu. Man muss vor allem vollkommen vom Wert der Gesetze überzeugt sein. Man muss einen starken Charakter haben und keinesfalls kriminelle Neigungen. Die schauen da ganz genau hin.“
„Wer schaut da genau hin?“
„Nun, die Ausbilder, die Lehrer und Professoren.“
„Richtige Professoren sind da auch dabei? So wie bei uns in der Schule?“
„Ja, klar doch. Noch nie etwas von Krimini - äh, Krimialo - also den Spezialisten gehört, die sich mit der Kri-mi-na-li-tät beschäftigen? Da ist manches hohe Tier darunter.“
„Wie soll ich das verstehen? Das mit den hohen Tieren?“
„Ach so. Das sagt man so. Das haben wir in unserer Ausbildungszeit so daher gesagt. Diese Professoren waren uns so haushoch überlegen, die wussten einfach auf alles eine Antwort. Auf einmal haben wir von denen nur so von hohen Tieren gesprochen. Ihr habt doch sicher auch solche oder ähnliche Bezeichnungen für Eure Professoren, wenn Ihr über sie spricht.“
„Unsere Profs sagen uns immer wieder, dass wir weniger über sie aber mehr mit ihnen sprechen sollen.“
„Auf jeden Fall ließen wir es niemals an unserem Respekt für diese Lehrer fehlen. Auch wenn wir sie mal so flapsig als hohe Tiere bezeichneten. Es war ja niemals böse gemeint. Irgendwie bezeugten wir ihnen damit auch unseren Respekt. Doch wir kommen ganz vom Thema ab. Wir wollten uns einmal besprechen, ob und wie wir die Begleitumstände einer Entführung auf Video oder Tonband festhalten könnten. Stimmt´s?“
„Würde mich schon interessieren. Vielleicht hätte ich da ganz schöne Geschichten mit meinen Kumpels auszutauschen - wenn die Schule wieder anfängt. Jetzt sind sie ja alle in Ferien. Der eine hier, der andere dort. Sozusagen in alle Winde zerstreut.“
„Also, Jeremy. Eine Entführung ist ein schwerer krimineller Akt. Ein sehr schweres Verbrechen. Eine Person wird entführt, um Angehörige dieser Person zu zwingen Forderungen zu erfüllen, so zum Beispiel Lösegeld zu bezahlen. Meist ist es so, es geht ums Geld. Es kann aber auch einmal etwas Anderes verlangt werden. Das kann alles Mögliche sein, wenn man damit einen eigenen großen Vorteil erzielen will, und die erpresste Person das Verlangte niemals freiwillig leisten würde. Das nennt man Erpressung. Wenn ein solcher Erpresser erwischt wird, wird er hart bestraft. In Amerika sogar mit dem Tod, wenn er dafür ein Kind entführt. Manchmal bringen aber auch die Entführer die entführte Person ... aber das brauchen wir ja hier nicht zu erwähnen.“
„S ... du meinst die Entführer töten manchmal die entführte Person?“
„Das ist schon vorgekommen. Das machen die dann, damit sie nicht als Entführer wiedererkannt werden. Es könnte ja sein, dass sie unvorsichtig waren und die entführte Person ... Äh, die Entführer haben zwei wichtige Ziele: Sie wollen nicht erkannt und damit nicht erwischt werden. Und dann wollen sie, dass alles möglichst schnell über die Bühne geht. Dafür verlangen sie dann auch noch, dass keine Polizei eingeschaltet wird. Es gab auch Fälle, wo ein Opfer monatelang festgehalten wurde, also verschwunden war.“
„Aber dann ....“
„Also der Entführer will schnell an sein ... ich meine an das Erpressergeld kommen. Je länger sich die ... die Geschichte hinzieht, desto größer wird die Gefahr von der Polizei entdeckt und verhaftet zu werden. Der Erpresste zahlt natürlich nicht gern, es kommt ... Also, das ist so: Der Entführer quält dann sein Opfer, damit es laut schreit oder vor Schmerzen schreit. Aufnahmen mit diesen möglichen Schmerzensschreien spielt dann der Entführer per Telefon oder Tonband dem Erpressten vor. Der ist dann schneller bereit zu zahlen. Er hört ja die Schmerzensschreie und ... äh ... manchmal schickt er dem Erpressten auch einen Film, auf dem zu sehen ist, wie das Entführungsopfer gequält wird. Das soll halt helfen schneller an den Zaster - ich meine, das soll helfen den Erpressten schneller ... zu ... ich meine er soll schnell zahlen.“
„Das scheint Dir auch an die Nieren zu gehen? Du kommst ja ins Stottern.“
„Ja weißt Du. Schon in meiner Ausbildungszeit, wenn ein solches Thema behandelt wurde, da ging es mir an die Nerven. Ich ... ich denke, dass ich da sensibel bin. Aber jeder Mensch, der ein Gerechtigkeitsempfinden hat, jeder fühlt sich dann, ich meine er fühlt mit und ... na ja, es schmerzt ihn, wenn derart grob gegen das Gesetz verstoßen wird. Und besonders, wenn Menschen darunter zu leiden haben. Wenn Menschen, mit dem Ziel Geld zu erpressen, gequält werden, misshandelt werden. Ich ... ich spüre dann eine innere Wut. Ich ...“
„ ...Du hättest einen guten Polizisten abgegeben.“
„Werkschutz ist interessanter. Da hat man nicht mit so viel Papierkram zu tun, wie die Polizisten.“
„Ich werde mal kein Polizist.“
„Also, was unser Film- und Tonprojekt angeht. Ich hatte mir gedacht, dass wir einmal eine solche Entführung mit extremer Behandlung nachspielen sollten ... oder auch könnten. Das ergäbe ein Gefühl für die Sorgen und Nöte eines Opfers. Natürlich ohne, dass das Opfer, oder in diesem Fall der Darsteller wirklich gequält wird. Hättest du Interesse?“
„Ich sagte doch schon, ja. Ich könnte mir nicht vorstellen die ganzen Tage Mensch-ärgere-dich-nicht zu spielen. Obgleich ich auch da nichts dagegen hätte, wenn es nur nicht jeden Tag und die ganze Zeit ist.“
„Also, ich stelle mir vor - pass auf: Ich, äh ... wir haben da einen Keller. Der wäre als Kulisse brauchbar - stelle ich mir einmal so vor. Die meisten Opfer werden ja an solch einem Platz gefangen gehalten ... äh, das habe ich so zumindest in Filmen gesehen. Also an einem unbekannten Ort, an einer Stelle, die allgemein anderen Menschen nicht bekannt ist. Ach so, ja, auch in den Lehrgängen kriegen wir das immer wieder gezeigt.“
„In einem Keller?“
„Nun ja, wie du Dir vorstellen kannst, erzeugen die dem Opfer zugefügten Schmerzen Geschrei. Das Opfer schreit ... äh, vor Schmerzen. Das soll keiner, der damit nichts zu tun hat, mitbekommen. Nachbarn könnten dann die Polizei rufen oder ... nun ja, aus einem Keller dringen so leicht keine Schreie nach draußen. Denke ich mir. Deshalb ... äh, ich nehme mal an, dass dies der Grund ist in einem Keller zu ... sagen wir mal ... zu foltern.“
„Das erscheint logisch, ich würde dann auch den Keller wählen. Also, worauf warten wir noch? Ich bin mal gespannt, wie du das machst.“
„Du brauchst keine Angst zu haben, das ist ein schöner ... unser Keller ist ein sauberer Keller. Ohne Mäuse und Ratten. Sogar Spinnweben gibt es keine. Wir haben erst vor ein paar Wochen renoviert.“
„Interessant.“
„Ach so, wir hatten vor ein paar Tagen einen Wasserrohrbruch. Daher diese ... diese komischen Einfärbungen an den Wänden. War ´ne ganz schöne Sauerei.“
„Habt ihr denn gar nichts im Keller? Da ist alles so leer. Unser Keller zu Hause steht voll mit allem möglichen Krempel. Vom Rasenmäher, meinem Fahrrad, einem alten Hasenstall bis auch zur Giftspritze gegen Unkraut.“
„Ach ... äh, ja ... ja, ja, ich hatte doch erwähnt, dass wir vor Kurzem renoviert haben, wegen dem Wasserrohrbruch renovieren mussten. Da mussten wir alles rausschaffen. Sonst sieht es auch nicht so aus. Aber jetzt haben wir die ideale Kulisse für Aufnahmen rund um einen Entführungsfall. Wir können da ohne weiteren Umstände improvisieren.“
„Und Du wirst mich dann anketten - aber quälen wirst du mich doch nicht echt?“
„Aber wo denkst du hin? Hab´ ich doch schon gesagt. Neeein! Im Film läuft das ganz anders ab. Da soll es zwar so aussehen, echt nach Quälereien. Aber Film ist ja mehr Illusion. Da läuft alles ab, so als ob ...“
„... du meinst, da wird getäuscht und getrickst?“
„Genau. Man kann zum Beispiel ein blutiges Schauspiel geben und dazu Ketchup verwenden. Jede Menge billigen Ketchup. Da glaubt jeder Zuschauer an echtes Blutvergießen. Das lässt keinen Menschen unbeeindruckt. Wenn man das richtig macht, kann einem schon das Gruseln kommen.“
„Mann, was für eine praktische Idee. Da bin ich mal echt gespannt. Können wir das auch machen? Ich würde das nach den Ferien gerne meinen Freunden zeigen. Und echten Ketchup kann man danach auch auflecken.“
„Ja, sicher. Nur weiß ich nicht, ob wir gerade Ketchup im Haus haben. Aber, wenn nicht, kann es Gerlinde ja schnell besorgen.“ (!Der Junge bringt mich auf Ideen!!)
„Folteropfer werden immer in Ketten gelegt. Das sieht alles viel brutaler aus. So sah ich das letzthin in einem Historienfilm. Da spielte sich auch die Quälerei in einem Keller ab. Sie nannten es damals Verlies oder schauerliches Gewölbe. Du weißt, dass sie solche Dinger unter ihren Burgen und Schlössern eingerichtet hatten.“
„Wir können das ja auch nachspielen.“
„Aber, wo sind die Eisenringe oder Haken, an denen Opfer aufgehängt werden? Also, das sage ich schon im Voraus. An einen Haken hänge ich mich nicht.“
„So weit wollen wir ja auch nicht mit der Realität gehen. Es genügt, wenn du an der Wasserleitung angekettet bist ... nur so zum Schein natürlich. In Wirklichkeit brauchen die Zuschauer ja nicht zu sehen, dass wir nur so tun, als ob. Alles, was wir machen, soll nur schlimm aussehen. Es muss aber den Erpressten beeindrucken, denn, wie gesagt, die Vorführung im Film soll ja bewirken, dass die gestellten Forderungen erfüllt werden. Je realistischer und grausamer die Vorführung, desto schneller rückt der mit ... ich meine ... ist er bereit zu ... ich meine natürlich, die gestellten Forderungen zu erfüllen. Kannst du mir folgen?“
„Ich bin ja nicht von gestern. Aber, nöö. Anketten kannst du mich schon. Meine Kumpels sollen schon sehen, dass es echt ist, dass es aussieht, als wäre es echt.“
„Na gut. Also anketten. Zufällig habe ich da so eine Kette. Na ja. Wir haben sie woanders hingelegt. Zusammen mit dem ganzen Kellerkram, den wir ausräumen mussten. Wegen dem Wasserrohrbruch. Aber ... nun ja, ich werde sie finden. Zunächst sage ich Gerlinde wegen dem Ketchup Bescheid.“
„Wo es tiefgefrorene Pizza gibt, da gibt es auch Ketchup.“
„So. Ist es so recht? Sitzt die Kette nicht zu stramm?“
„Geht. Mach Dir doch nicht so große Sorgen. Ich sage schon, wenn mir etwas nicht passt.“
„Ich will halt keine Probleme kriegen mit Deinem Vater, deinem Daddy. Meinem Boss. Wenn der den Film zu sehen bekommen würde und ... na ja, es könnte ihm so vorkommen, als ob ich Dich misshandelt hätte. Das wäre das Ende meiner Karriere. Ich würde arbeitslos werden.“
„Mann, ich will doch auch ein bisschen Abenteuer. Mein Kumpel ist gerade in solch einem Camp. Abenteuerferien macht der. Der heißt übrigens au...“
„...Also, das kann ich dir versprechen. Wir machen einen guten Film. Der wird echt aussehen. Es kommt halt immer auch auf den Schauspieler an. Da scheinst Du ein Naturtalent zu sein. Den Rest macht der Regisseur. Und beim Schneiden kommt die richtige Würze dazu.“
„Hast Du auch so etwas wie ein Drehbuch?“
„Nun, ich dachte, ... ich dachte mir, dass wir ... ich dachte, wenn wir das zusammen angehen. Aufschreiben, was wir zu tun gedenken. Das ist immer besser, wenn der Schauspieler genau mitdenkt und mitentscheidet. Gut im Bilde ist.“
„Mann das passt, das mit dem <gut im Bilde>. Dann mach´ mich wieder los. Machen wir eine Liste der Taten, die vollbracht werden sollen. Ich bin dabei.“
„O.k.“
„Es läuft ja alles wie geschmiert. Ein Opfer, das kooperiert, was kann man sich besseres wünschen?“ Hermenegildo setzte ein etwas zu schief geratenes Lächeln auf. Er hatte das angenehme Gefühl, dass die gesamte Operation ein voller Erfolg werden würde. Musste. Nein, er war jetzt mehr denn je von seinem Erfolg überzeugt.
„In Wirklichkeit wäre ich ja ganz schön beschissen. Ich meine, wenn ich in Wirklichkeit ein Entführungsopfer wäre. Das mit den Ketten, wäre ganz schön umständlich. Ich hätte da wirklich keine Chance mich selbst zu befreien.“
„Nun, das ist ja auch der Sinn der Sache ... ich meine, das wäre der Sinn der Sache. Ein Entführter muss in sicherem Gewahrsam sein. Weder die Polizei noch Nachbarn oder zufällig vorbeikommende Personen dürfen auch nur eine Ahnung von einem Verbrechensopfer bekommen.
Ein Entführungsopfer, das entkommt, ist eine tödliche Gefahr für den Entführer. Es kennt dann die Örtlichkeit und meist auch den Entführer, wenn er nicht maskiert war. Das ... Ich will damit sagen, dass wir das alles bei den Lehrgängen beigebracht bekommen ... haben. Wir sind dann angehalten ... wir wurden dann aufgefordert, uns in die Position des oder der Entführten zu versetzen. Und ich kann mir gut vorstellen, dass Ketten schon von sich aus Folterwerkzeuge sind. Schon vom reinen Anschauen. Das sieht so nach Mittelalter aus, da scheinen sie ja das Foltern als Volkssport betrieben zu haben.“
„Übertreibst Du da nicht ein wenig?“
„Also ich möchte nicht als Opfer in einem Keller angekettet sein.“
„Los, kommen wir zur Sache. Ich beginne meinen Hunger zu spüren. Und vor dem Mittagessen wollen wir noch einen ungefähren Plan für die Aktionen aufzustellen. Mit was fangen wir an?“
„Also, ich habe mir gedacht, dass ich Dich in Großaufnahme zeige, wie du vor Schmerzen ... großen Schmerzen ... schreist. Das Gesicht verzerrst. Das muss für einen Betrachter des Films herzerweichend aussehen ...“
„ ... du meinst, das muss ihn gefügig machen.“
„Richtig. Ganz richtig.“
„Also, das ist eine der leichteren Übungen. Das kann ich. Ich war sogar schon imstande das Geschrei zwischen meiner Mutter und meiner Tante zu übertönen.“
„Haben die dich auch schon gequält?“
„Nein, aber die quälen sich gegenseitig, und zwar meist sehr laut. So richtig angriffslustig.“
„In unserem Film, weißt du ... ich muss dazu natürlich entsprechende Handlungen an dir vornehmen ... äh, am Opfer. Ich muss Sachen tun, so machen, als ob, Sachen, die die gezeigten Schmerzen rechtfertigen ... zeigen, dass da etwas getan wird, was ...“
„Ist ja gut, das hatten wir doch schon.“
„Du würdest Dir vorstellen müssen, wie Du ....“
„Also, das kapiere ich schon. Ich muss mir denken, dass mir gerade ein Finger abgeschnitten wird, oder ein Zehennagel ausgerissen wird, oder ich mit einem glühenden Eisen geblendet werde, oder ...“
„... Du wirst mir doch nicht erzählen, dass du noch keinen Film, in dem Folter vorkommt, gesehen hast?“
„Nun gut, aber kein Wort zu meinem Daddy ... oder auch meiner Mutter. Versprochen?“
„Ich werde mich beherrschen können.“
„Freundesehrenwort?“
„Freundesehrenwort!“
„Du sollst mir bei deinem Ehrenwort versprechen, dass Du nichts darüber weitererzählst.“
„Versprochen, großes Ehrenwort!“
„Ich habe den Film <der Kurier des Zaren gesehen>. Und wie man dem Kerl mit einem glühenden Eisen die Augen verbrannt hat.“
„Also, so weit werden wir nicht gehen. Drehbuch hin oder her. Sicher, ich könnte Trickaufnahmen machen. Aber ich glaube, dass es praktischer ist, wenn ich Dir ... ich meine, wenn ich dem Opfer ... nun ja, bei einem glühenden Eisen kann es ja bleiben. Aber ich könnte dir zum Beispiel eine Fingerspitze verbrennen, also im Film ... nicht wirklich, nicht wirklich deinen Finger verbrennen.“
„Mit Knochen und allem? Ich meine, eine Fingerspitze mit Knochen. Kann man die Knochen auch verbrennen? Ich meine, wenn das in der Wirklichkeit nicht geht, dann macht das auch in einem Film keinen Sinn.“
„In einem Film kann man einen Menschen so denken und fühlen lassen, wie man es selbst wünscht, dass es so sein ... so aussieht, als ... nun ja, er soll als Wirklichkeit das glauben, was man ihm aber nur scheinbar vorspielt. So hat man dem Kerl in dem Film, den du gesehen hast, dem Kurier des Zaren, nicht auch wirklich die Augen verbrannt. Aber du hast es geglaubt. Andere Menschen auch. Also, so soll das ja auch ablaufen. Man trickst und beeinflusst das, was der Zuschauer sehen soll.“
„Schreib auf. Das gefällt mir.“
„Wenn ich ein richtig glühendes Eisen nehme, dann ... dann ... ist der Knochen auch weg. Dann verbrennt auch der Knochen wie ein Stück Holz. Das könnten wir wirklichkeitsnah spielen. Und wenn Du daran denkst, glaube ich, dass Du auch wirklich schauerliche Schmerzensschreie ausstoßen kannst. Was hältst Du davon?“
„Find´ ich ´ne gute Idee. Aber ich sagte Dir doch bereits, dass ich das ganz gut kann. Muss das nicht auch ins Drehbuch?“
„Das schreiben wir auf. Du musst Dir dann, wenn es so weit ist, auch wirklich vorstellen, wie deine Fingerspitze brutzelt und verdampft.“
„Wenn ich dich so höre, erweckst du den Anschein, als hättest du das schon einmal gemacht.“
„Nun ja, bei den ...“
„ ... Lehrgängen, werden auch solche Lösungen und Möglichkeiten durchgespielt. Habe ich Recht?“
„Das wollte ich eigentlich sagen.“
„Und wie sieht es mit Blut aus?“
„Nun, dann verschmieren wir deine Hand mit Ketchup. Wenn die Aufnahmen gemacht sind, kannst du ihn dann ablecken.“
„Wie ein echter Vampir. Blut lecken - huahuahuaaa.“
„Also hätten wir schon einmal ein Thema und einen Anfang...“
„Schreib auf. Nicht dass wir etwas vergessen.“
„Man muss ja, um einen Film zu drehen, nicht der Reihe nach ein Drehbuch durcharbeiten. Die einzelnen Aufnahmen kann man dann in beliebiger Reihenfolge beim Schneiden zusammensetzen. Das zeige ich dir dann am Computer.“
„Und das kannst Du selbst machen? Und ich kann es auch lernen? Glaubst Du?“
„Das begreifst du im Handumdrehen. Also ein glühendes Eisen. Wie bringe ich es zum Glühen? Man wird natürlich sehen müssen, dass das Eisen wirklich glüht. Das kann ich nicht mit Trickaufnahmen allein machen. Das ist hier die erste Frage, die wir lösen müssen.“
„Hast du keinen Gasbrenner?“
„Zufällig, ja.“
„Na siehst Du. Das ist doch schon mal etwas.“
„Dann brauche ich also ein Stück Eisen ... und zufällig habe ich beim Ausräumen des Kellers ein Stück Moniereisen gefunden. So wie es beim Bauen im Beton verwendet wird. Das wird Eindruck genug machen.“
„Du machst, als würdest Du mit dem Eisen langsam zu meinem Finger kommen, dann beginne ich zu schreien. Wie wäre es, wenn Du, anstatt meinen Finger zu verbrennen, ein Stückchen Holz oder Holzwolle nehmen würdest. Vielleicht einen Zweig oder so etwas. Wenn der verkohlt, gibt es ebenfalls ganz schön Qualm.“
„Ich glaube, dass ich mit Dir als Schauspieler einen ganz großen Fang gemacht habe.“
„ ... und während es qualmt, Großaufnahme von meinem schmerzverzerrten Gesicht. Und der Qualm zieht vor meinem Gesicht vorbei.“
„Und ich sage dann noch laut, damit es deine Schreie übertönt: <Nun mach schon endlich die Lüftung an, das stinkt ja hier ganz bestialisch>.“
„Dann sagt Gerlinde, die natürlich deine Assistentin ist, <wird gemacht Boss>.“
„Du hast doch schon mehr Filme gesehen als nur den <Kurier des Zaren>. Das, ... aber ... ich werde schweigen wie ein Grab.“
Beide Protagonisten lachten, als wäre ihnen ein herzerfrischender Scherz gelungen.
Hermenegildo Pizarro beglückwünschte sich insgeheim. So, oder so ähnlich war sein Plan gewesen. Nun hatte der Bengel noch mitgeholfen ihn zu verfeinern. Er würde mit diesen Vorgaben ein Tonband erstellen, das jedes Elternteil, auch das Hartgesottenste, kirre machen musste. Wenn sie denn nur einen kleinen Funken Liebe für ihren Sprössling empfinden würden.
Und, er würde einen Film machen, der so überzeugend wirken musste, dass er jede gewünschte Geldsumme verlangen, erpressen und erhalten konnte. Im Handumdrehen. Sozusagen spielerisch.
Noch vor dem Mittagessen zelebrierten die beiden das Werk. Der Hunger war vergessen oder in die zweite Linie zurückversetzt worden. Die eine Aufnahme reichte ja aus, zumindest vorläufig. Sie würden dann, damit keine unerwünschte Hektik aufkam, für das Mittagessen unterbrechen. Und am Nachmittag würde er dann Dienst schieben müssen, im Werk. Leider. Jeremy würde es begreifen ... äh, schlucken ... schlucken müssen. Man werde dann ein andermal weitermachen. Wann, das würde er mit seinen Dienstpflichten in Einklang bringen müssen. Genauso würde er es dem Kleinen erklären. Man müsste die weiteren Aufnahmen dann eben verschieben. Das heißt, die würden nicht mehr erforderlich werden, denn bis dahin - ja bis wann? - müsste er sein Geld haben. Die Aktion könnte beendet werden. Dank blutiger Ereignisse mit Ketchup und dem Gestank oder Gequalme von verkohlendem Holz. Billig, aber absolut überzeugend und wirkungsvoll.
Apropos Aktion beenden. Es beschlich Hermenegildo ein etwas mulmiges Gefühl bei diesem Gedanken. Der Junge könnte ihn ja identifizieren und dann ... „Nein, ich glaube nicht, dass ich diesen netten Jungen umbringen könnte“, sagte er sich leise und biss sich auf die Zunge. Er würde halt mit dem Geld und Gerlinde rasch von der Bildfläche verschwinden müssen. Untertauchen. Ein anderer Mensch werden. In einem neuen Land. Unerreichbar für das Gesetz und jeden Bullen. Zunächst einmal für jeden deutschen Bullen.
Hermenegildo hatte Mexiko im Blick. Das kam doch öfters als Wunschziel für Ganoven in den entsprechenden Filmen aus Hollywood vor. Offenbar lieferten die mexikanischen Behörden nicht aus. Er würde für sich und Gerlinde neue Papiere, eine neue Identität beschaffen. Dann konnten ihm Behörden, gleich welcher Nationalität, den Hobel ausblasen. Ach, da machte er sich keine Sorgen. Mit Geld würde auch er alles erreichen können. Für alles brauchte man Geld. Und für viel Geld bekam man viel - oder auch alles.
Gerade in den lateinamerikanischen Ländern.
Jeremy spielte seine Rolle wirklich perfekt. Er konnte sich offensichtlich perfekt in die Rollen hineindenken, wie Hermenegildo fand. Er schrie steinerweichend. Sein Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel an der Echtheit der Tortur aufkommen. Aus einem nassen Schwamm drückte ihm Hermenegildo Wasser so in sein Gesicht, dass es nach reichlich Tränenfluss aussah.
Der beißende Qualm des verkohlenden Holzstückchens, der an seinem Gesicht vorbeizog, half effektiv bei der Fratzenbildung. Den Hustenanfall, der darauf folgte und sogar echt war, schnitt Hermenegildo nur zum Teil heraus.
In der folgenden Nacht schnitt und montierte Hermenegildo den Film und bereitete das Tonband auf. Er war endlich recht zufrieden mit der Arbeit. Etwas störte ihn, dass die Nahaufnahmen des schreienden Jeremy unklar wirkten. Da hatte er offenbar gepfuscht, irgendeine Unachtsamkeit war ihm da untergekommen.
Klar, man konnte das vor Schmerz entstellte Gesicht sehen. Aber, wenn er sich unvoreingenommen den Film anschauen müsste, würde er dann auch eben diesen Jungen wiedererkennen? Der Fehler konnte auch von Vorteil sein. Er belegte, dass hier ein Amateur am Werk war. Ein brutaler Entführer zwar, dem es aber nicht so sehr auf die professionelle Qualität des Filmes ankam, sondern nur auf dessen Wirkung. Da hatte ein hartgesottener Verbrecher einen Film gedreht, einer, dem es scheißegal war, wie eine Jury bei einem Wettbewerb darüber urteilen würde.
Hermenegildo wischte somit seine Bedenken beiseite. Mehr noch, er war mit sich und seiner bisherigen Arbeit zufrieden.
Dann machte er noch einige Tonaufnahmen, bei denen er mit verfälschter Stimme Drohungen ausstieß. Die kamen dann aus dem Hintergrund. Er musste einige Male <seine Szene> wiederholen, bis er mit seiner Stimme wirklich zufrieden sein konnte. Die aber nicht mehr als seine Stimme identifiziert werden konnte. Rau, kehlig, brutal, unerbittlich oder gnadenlos hart musste sie klingen. Die Tonaufnahmen würden den fürchterlichen Eindruck, den der Film über die laufenden Bilder hinterlassen musste, noch verstärken. Das war auch der Sinn der Sache. Video war eine fantastische Erfindung.
Unterdessen, im Bett des abgeschlossenen Zimmers, grübelte derweil Jeremy darüber, ob und wenn ja, wo er diesen Mann denn schon einmal gesehen hatte. Er kam nicht darauf. Wenigstens vorläufig nicht.
Sein Bett zu Hause war besser. Aber es waren ja Ferien. Wenn er schlecht schlafen sollte, würde er sich in der Früh entschuldigen und etwas weiter pennen.
Hermenegildo Pizarro musste arbeiten, würde zur Arbeit gehen. Er hatte es sich jedenfalls als eine Vorsichtsmaßnahme für das vorgebliche potenzielle Entführungsopfer Jeremy ausgedacht und eingeplant. Demnach hatte Jeremys Vater es bestimmt, dass dies so sein müsse, damit nicht der geringste Verdacht auf den Aufenthaltsort seines Sohnes aufkommen könne. Potenzielle und investigative Entführer sollten nicht durch veränderte sicherheitsrelevante oder innerbetriebliche Veränderungen auf eine Spur zum Aufenthaltsort des Sohnes führen.
Hermenegildo würde das, so sein Plan, seinem Schützling in dieser Form erklären: Sollten potenzielle Entführer entsprechende Beobachtungen anstellen, dann durften sie keine Schlüsse aus veränderten und somit verdächtigen personellen Bewegungen ziehen können. Verbrechern sollte ein ganz normaler Tagesablauf vorgelebt werden. Ohne jegliche Verdachtsmomente. Ohne jeden Anhaltspunkt. Soweit die Überlegungen Hermenegildos. Das war plausibel und von Jeremy geschluckt werden - müssen. Hermenegildo klopfte sich selbst auf die Schulter für diese, aus seiner Sicht, perfekte Planung und glänzende Kombination.
Jeremy sollte so weit wie möglich pflegeleicht sein und bleiben.
Gerlinde musste tatsächlich nach dem Frühstück Mensch-ärgere-dich-nicht mit Jeremy spielen.
Der Fernseher war leider kaputt und der Techniker hatte gesagt, dass es noch ein oder zwei Tage dauern würde, bis das erforderliche Ersatzteil zur Verfügung stehe. Das hatte Gerlinde Jeremy erzählt und ihr Bedauern ausgedrückt. Es konnte also keine Unterhaltung per TV geben. Und so konnte die Familie Pizarro vermeiden, dass Jeremy möglicherweise aus den Nachrichten über seine wirkliche Entführung erfahren konnte. Wer konnte schon wissen, ob nicht die Polizei eine Aktion in den Medien, inklusive Fernsehen, starten würde, um die Bevölkerung dazu aufzurufen, bei der Suche nach den Entführern oder auch dem Entführten mitzuhelfen. Am Ende würden sich Zeugen melden, die das Abholen Jeremys vor der Schule beobachteten, den Wagen beschreiben konnten oder gar das Nummernschild notiert hatten.
Gerlinde hatte höchstpersönlich diesen Einfall gehabt. Der Fernseher musste kaputt sein. Denn was wäre, wenn in den Nachrichten plötzlich über einen Entführungsfall berichtet werden würde? Und Jeremy rein zufällig Zuschauer wäre? Also musste der Fernseher kaputt sein. Dass man keinen habe, wäre unglaubwürdiger gewesen. Jeder hat eben einen Fernseher. Der aber auch mal das Recht hatte kaputt zu gehen.
Die Angelegenheit konnte dann, wenn Jeremy über seine wirkliche Situation Bescheid wissen würde, viel komplizierter werden. Es würde eine völlig neue Lage entstehen können. Am Ende würden sie wirklich den Jungen anketten müssen, mit all den folgenden, unwägbaren Konsequenzen. Vor allem Probleme und Folgeerscheinungen.
Hermenegildo hatte in dieser Richtung die Reaktion seiner Frau richtig eingeschätzt. Sie wäre es, die den Jungen ernähren müsste, die mit ihm direkt zu tun haben würde und letztendlich müsste er mit dem umgekehrten Stockholmsyndrom rechnen. Seine nicht maskierte Frau würde sich mit dem Jungen solidarisch fühlen, sich familiarisieren. Sie würden, weil sie nicht maskiert arbeiteten, den Jungen nach der Lösegeldzahlung, beseitigen müssen. Und seine Frau würde unter diesen Voraussetzungen dem bestimmt nicht zustimmen.
Jeremy hatte bemerkt, dass in der Wohnung ein Telefon fehlte. Doch Hermenegildo argumentierte dazu sachlich korrekt. Alle Welt habe heutzutage ein Handy. Weshalb dann noch einer veralteten Telefongesellschaft Geld für einen Anschluss in den Rachen werfen. Also habe man es abgeschaltet oder abgemeldet. Da Gerlinde ebenfalls ihr Handy habe, könne man sich von überall, ganz gleich wo man sei, anrufen, jeder sei eben immer erreichbar. Und noch etwas, ja das war auch ein gutes Argument, wenngleich in Anbetracht der Akzeptanz des ersten, kein weiteres mehr erforderlich gewesen wäre. Denn als Leiter eines Sicherheitsapparates bei der Firma müsse er stets erreichbar sein, was man im Besitz eines Handys erwarten konnte. Bei einem Festnetzanschluss war dies problematischer und nicht so lückenlos. Nicht einmal Einkäufe würde er so mit Gerlinde gemeinsam machen können. Scherzte Hermenegildo.
Und war sich jetzt nicht mehr so sicher, dass diese zusätzliche Argumentation gegen einen Festnetzanschluss überhaupt vonnöten war.
Fazit, nach all diesen Überlegungen und Vorkehrungen war, wenn Zeit totzuschlagen war, dann sollte es mit Mensch-ärgere-Dich-nicht geschehen. Mit Gerlinde. Das war nichts für den Mann Hermenegildo.
Soweit die Überlegungen Hermenegildos, die er bereits frühzeitig in seine Planungen mit einbezogen hatte.
Charlotte rief ihre Schwester früh am Morgen an.
„Bei mir ist er nicht!“ Das war noch eine recht normale Tonlage.
„Was?“ Das war schon wie ein schriller, spitzer, unter die Haut gehender Schrei.
„Ich habe fast eine halbe Stunde an der Schule gewartet. Dann bin ich weggefahren.“ Es klang vorwurfsvoll aber auch besonders laut. Die verbale Eskalation nahm ihren Lauf.
„Ohne Jeremy?“
„Ohne Jeremy.“
„Du solltest ihn aber doch abholen. Du warst sicher wieder einmal zu spät ... wie immer. Warst du überhaupt jemals in deinem Leben pünktlich.“ Charlottes Stimme steigerte sich rasch vom mehr grummelnden Tremolo zur Hysterie. „Das ist doch der Gipfel. Lässt Jeremy einfach allein.“ Charlottes Stimme überschlug sich jetzt.
„Hör mal, liebes Schwesterchen. Du hast mich gebeten ihn abzuholen, weil Du Dich beim Friseur fein machen ließest. Und es war doch logisch, dass Du, wenn Du schon einmal dabei bist, immer weitere Sonderwünsche äußern würdest, immer noch schöner ... eingebildete Zicke. Es wird halt immer aufwendiger jede neu entdeckte Verfallserscheinung zu kaschieren. Auch du kannst deinen Verfall nicht aufhalten. Auch du wirst in der Mühle der Zeit durchgewalkt, so lange, bis nichts mehr da ist zum Verschönern. Bis dann eines Tages kein Spachteln mehr hilft, dann ...“
„...Es geht um Jeremy, nicht um mich. Hast Du das vergessen?“ Charlotte war in der Lage für ihre Aussprache, Tonlage und Lautstärke noch eine Schippe draufzulegen. „Und ich hatte Dich um einen Gefallen gebeten. Du hättest nein sagen können. Stattdessen ...“
„...Dass Du auf dem Holzweg bist, merkst Du offenbar gar nicht mehr. Du hattest gesagt, dass, wenn Du nicht mehr anrufen würdest, dass Du dann Jeremy selbst abholen würdest.“
„Was redest Du da für einen Stuss? Im Gegenteil, ich habe dir gesagt, dass ich anrufen würde, wenn ich es doch noch schaffen sollte. Alles andere ist Schwachsinn. Merkst Du das nicht?“
„Schwesterchen, Du bist mal wieder in Deinem Element. Wenn es nach Dir ginge, hätte ich Tag und Nacht für Dich auf der Matte zu stehen. Nur auf deinen Anruf wartend und um deine Wünsche ... nein, nicht Wünsche, sondern Befehle entgegenzunehmen. Dass ich aber auch ein Leben habe übersiehst Du. Ja ich habe auch ein Recht darauf.“
„Das bestreite ich doch nicht, aber was hat das mit Deinem Fehlverhalten wegen Jeremy zu tun? Ich bin verheiratet und Du nicht. Ich habe...“
„Fehlverhalten? Mein Fehlverhalten? Du, ausgerechnet Du redest von Fehlverhalten?“ Christine war jetzt auch richtig in Fahrt und ihre Stimmlage stand der Charlottes in nichts nach. „Bleib mal auf dem Teppich. Eine Situation, die Du versaut hast, kannst Du mir nicht anhängen. Mit deiner Scheißschönheitskur mit deinem Scheißschönheitswahn hättest Du warten können. Ja, warten können. Du hättest einen anderen Termin nehmen können. Wegen ein paar Stunden hätte dein werter Hintern auch nicht mehr Falten angesetzt...Und dass ich nicht verheiratet bin, kannst Du mir nicht als Charakterschwäche auslegen, Du solltest mich beglückwünschen, zumindest beneiden, wenn ich Dein Leben so betrachte.“
„Dich beglückwünschen? Vieleicht den Mann, der jetzt glücklich ist, weil er eben nicht mit Dir verheiratet ist.“
„...Halt deine Klappe, Dein ungewaschenes Mundwerk. Es ist doch auch so, dass, wenn ich Dich brauche, dass Du dann immer ...“
„...Jetzt hör endlich auf mit deinem <immer, wenn ich dich brauche>. Wo ist Jeremy?“
„Jeremy ist nicht nach Hause gekommen.“ Die Tonlage war mit einem Schlag moderater. Ja beinahe menschlich erträglich, ziemlich normal. Den Umständen mehr angepasst.
„Was! Heißt das, dass du Jeremy nicht abgeholt hast?“ Hier war die Hysterie noch nicht verklungen.
„Das ist genau das, was ich die ganze Zeit versuche Dir klarzumachen. Jeremy ist verschwunden - verschwunden.“ Sie schrie jetzt das letzte Wort wieder. Sie wollte sich damit leichter fühlen, aber es schien nur noch schlimmer zu werden.
Offenbar war die Leitung jetzt tot. Bis dann doch eine zögerliche Frage an Charlotte kam: „Hast Du, ich meine sollte man, ich würde darüber nachdenken, die Polizei zu verständigen.“
„Nun, da ja alle Klarheiten beseitigt zu sein scheinen. Jetzt - ich glaube, ich muss zur Polizei gehen. Wirklich.“ Charlotte hatte wieder ihre Tonlage geändert. Sie hörte