Demenz muss keine Einbahnstraße sein - Veronika Christine Ranegger - E-Book

Demenz muss keine Einbahnstraße sein E-Book

Veronika Christine Ranegger

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Beschreibung

Stellen Sie sich Folgendes vor: "Sie stehen an einem Ihnen bekannten Ort und plötzlich wissen Sie nicht mehr, wo Sie sind!" Gerade weil die Diagnose Demenz jeden von uns treffen kann, sollte man sich präventiv darüber informieren, um sich einen Einblick über das Verhalten sowie das Erleben der Betroffenen zu verschaffen. Demenz ist längst keine Einbahnstraße, diese Erkrankung fordert uns auf, sie täglich neu zu entdecken, darum darf sie kein Tabuthema mehr sein. DAS PRAXISBUCH DER TOPPEXPERTIN FÜR DEMENZ !

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Impressum

Autorin: Veronika Christine Ranegger-Predota

Fotos: Wolfgang Pein

Lekorat: Petra Radakovits

Satz / Grafik : Markus Ponhold

Herausgeber, Verlag:

Herbert Schnalzer, Lifebiz20 Verlag

Frösau 17, A-8261 Sinabelkirchen

www.lifebiz20.academy/verlag

Grafische Qualitätskontrolle:

Markus Ponhold

www.grafik20.at

ISBN Taschenbuch: 9783903440890

ISBN E-Book: 9783903440920

Demenz muss keine Einbahnstraße sein

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Handlungsstrategien für den Alltag

Orientierungs- und Persönlichkeitsstörungen und Begleitsymptome im Krankenhaus

Selbstreflexion/Weitblick

Herausforderndes Verhalten (wenn die Seele brennt)

Erzählungen aus der fernen Vergangenheit

Eine fiktive Geschichte

Begleitung eines Menschen mit Demenz praxisnah

Biografische Geschichten

Nachwort

Titel Cover Text aus eigener Feder

Auch wenn ich anders bin, erfüllt mein Tun und Sein auch den Sinn. Nimm mich an und versuche mich zu verstehen, denn ich bin zwar anders als du, doch meine Gefühle sind ident mit deinen, ich fühle, kann lachen und weinen. Ich lebe in meiner Welt, welche nicht die deine ist und dennoch ist es wichtig, dass du mich als vollwertigen Menschen siehst.

Ich fühle Schmerz und Lieblosigkeit, auch wenn es nicht so scheint. Ich brauche gleich viel Liebe und Zärtlichkeit wie du, darum vergiss mich nicht!

Verleihe mir Aufmerksamkeit, nimm mich ernst, schenke mir dein Herz und deine Zeit.

Autorin (Veronika Ranegger-Predota)

Vorwort

Im Laufe der Jahrzehnte habe ich viele Menschen und Angehörige praxisnah begleitet. Viele Probleme konnten minimiert werden und dadurch wurde die Beziehung zwischen pflegenden Angehörigen, Pflegern und den demenziell Erkrankten wieder harmonischer.

Es gibt nicht immer eine Lösung, dennoch kann man mit adäquaten Lösungsansätzen neue Sichtweisen erlangen.

Die teilweise Ohnmacht der Betreuenden berührte mich menschlich zutiefst und darum beschloss ich, ein Buch zu schreiben, welches anhand praxisbezogener Biografien sowie Demenzstrategien das Verständnis rund um diese Erkrankung erweitert, aber auch dazu motiviert, das eigene Verhalten zu reflektieren. Ich habe ein Szenario fiktiv dargestellt, wie ich sie in meiner Eigenwahrnehmung, anhand der jahrelangen Begleitung von Menschen mit Demenz, emotional erahne, damit Betreuende resilient auf die Thematik eingehen können.

Die meisten Betroffenen einer Demenzerkrankung wünschen sich ein möglichst langes, selbstbestimmtes Leben, denn wie fast alle Menschen möchten sie ihre Lebensgewohnheiten und Tagesabläufe gestalten, wie es für sie angemessen ist. Somit versuchen sie so lange es geht, die eigenen Gedächtnislücken zu kompensieren, aber mit der Zeit kommen auch Ärger und Enttäuschung über sich selbst hinzu, weshalb viele in einer dieser Phasen z. B. oft andere für das vermeintliche „Verschwinden“ verlegter Dinge verantwortlich machen oder sogar Depressionen entwickeln.

Der Leidensdruck steigt auf beiden Seiten, das Umfeld will helfend einwirken und der Betroffene kann und will dies nicht akzeptieren, denn er hat Angst „sein Gesicht“ zu verlieren. In dieser Phase ist es wichtig Geduld zu haben, ihm Toleranz sowie Verständnis entgegenzubringen und sich behutsam auf seine Eigenwahrnehmung einzulassen, um in der Dyade Harmonie zu erzeugen.

Mit der nötigen Diplomatie sowie einem ausreichenden Assessment und sozialer Integration kann es gelingen, dass der Mensch mit Demenz dennoch ein teilweise selbstbestimmtes Leben führen kann.

Durch eine evidenzbasierte, medizinische Behandlung, individuelle Betreuung und mit gezieltem Training sowie der Einbindung professioneller Demenzexperten, kann der Prozess einer Demenzerkrankung verlangsamt und vor allem die Lebensqualität sowie die Lebensfreude erhöht werden.

Einleitung

Mein Ziel als Demenzexpertin ist es, die Akzeptanz sowie Toleranz für Menschen mit Demenz zu steigern und somit den Alltag der Pflegenden sowie der Angehörigen zu erleichtern. Dies gelingt, wenn man den Demenzkranken als vollständigen Menschen sieht, der eben anders in seinem Verhalten und Erleben ist. Damit er nicht als Last oder unlösbares Problem gesehen wird, müssen wir uns auf seine Realität einlassen um zu verstehen. Hierfür ist die Validation eine gute Methode.

Demenz ist weit mehr als eine Gedächtnisstörung und hochindividuell. Es kommt zu Störungen der Merkfähigkeit, des Kurzzeitgedächtnisses, des Langzeitgedächtnisses und zu Veränderungen im Denken. Um Menschen mit Demenz würdig begleiten zu können, muss der Blick auf die Innenwelt und besonders auf das Herz der Menschen gerichtet werden, damit man sie emotional erreichen kann.

Durch die Veränderung in ihrem Erleben verrinnt die Zeit mit schwindender Vergangenheit, mit verwirrter Gegenwart und der fehlenden Fähigkeit in die Zukunft zu schauen. Es liegt an uns, Brücken zu bauen, um ihn dort abzuholen, wo er sich befindet. Nur so wird er Vertrauen gewinnen und sich öffnen.

Bei der Diagnose Demenz erstarren die Menschen und können es nicht fassen. Dies annehmen zu können, benötigt für den Betroffenen sowie für die ganze Familie Zeit. Wenn man sich dann mit dieser Erkrankung auseinandersetzt, kommt die Angst vor dem Ungewissen, was da kommt. Mein Fokus zielt darauf ab, diesen Ängsten entgegenzuwirken - durch Aufklärung, Hilfestellung sowie Kommunikation in Selbsthilfegruppen.

Das Wissen „ich bin nicht allein" gibt den Angehörigen Mut und Kraft. Sich gemeinsam mit dieser Erkrankung auseinanderzusetzen und seinen Emotionen, Gefühlen freien Lauf zu lassen, kann befreiend sein. Demenz muss keine Einbahnstraße sein, vielmehr ist es für das Umfeld eine Herausforderung und eine Chance, den Betroffenen neu zu entdecken und mit ihm gemeinsam auf die Reise in seine Erlebenswelt zu gehen.

Auch wenn das Tun und Handeln nicht immer verstanden wird und man als Angehöriger mit mancher Episode überfordert ist, so gibt es immer die Möglichkeit, durch Kreativität, Empathie und Verständnis neue Lösungsansätze zu finden. Sehen wir diese Erkrankung einfach als Herausforderung und nehmen sie an, dann wird es auch leichter sein, damit zurecht zu kommen.

Was ist eine Demenz?

Der Begriff „Demenz“ ist eher als Überbegriff und nicht als konkrete Diagnose zu verstehen. Mit ca. 60 – 70 % der Krankheitsfälle ist Alzheimer die häufigste Form. Auf weitere Demenzformen möchte ich hier nicht eingehen, da das Handling den anderen Demenzformen ähnelt und mein Fokus sich vorwiegend mit der Innenwelt des Betroffenen sowie Verhaltensprinzipien beschäftigt. Wichtig ist, dass die Krankheit so früh wie möglich diagnostiziert und frühzeitig mit der Therapie begonnen wird. Ein wichtiger Therapieansatz ist für mich persönlich die emotionale Ebene.

Die Krankheit beginnt zumeist mit einer Störung des Kurzzeitgedächtnisses und der Merkfähigkeit, im weiteren Verlauf verschwinden auch eingeprägte Inhalte des Langzeitgedächtnisses. Die Betroffenen verlieren immer mehr erworbene Fähigkeiten und Fertigkeiten und viele verändern ihr ganzes Wesen.

Jeder von uns, der auf irgendeine Art und Weise mit dieser Krankheit konfrontiert ist, weiß über Diagnostik, Behandlungen, therapeutische Ansätze Bescheid, darum will ich diese hier auch nicht näher anführen, sondern meine jahrelangen praktischen Erfahrungen und die emotionalen Verbindungen zwischen Demenzkranken und dem Gegenüber aufzeigen.

Wenn man versteht, warum ein Mensch so handelt wie er handelt, dann minimiert dies viele Ängste und Missverständnisse entstehen erst gar nicht. In den letzten 20 Jahren, in denen ich Menschen mit den verschiedensten Demenzformen begleitet habe, ist mir bewusst geworden, dass sich die Verläufe zwar nicht ähnlich sind, doch das Grundprinzip im Miteinander stellt immer den gleichen Ansatz dar.

Man muss sich auf die Realität des Demenzkranken einlassen und mit ihm in seine Welt eintauchen, ohne ihn dabei zu bestärken, sondern man suggeriert ihm „ich nehme dich wahr und bin da„ - dies schafft Nähe, Vertrautheit und somit kann der Beziehungsaufbau völlig wertfrei beginnen.

Menschen mit Demenz haben eine ausgeprägte Empathie und darum muss man ihnen authentisch begegnen. Man muss ihr Herz berühren, denn nur dann werden sie sich öffnen, somit wird das Handling im Alltag leichter und viel unnötiger Stress wird von den pflegenden Angehörigen sowie Betreuenden vermieden. Die Gabe „ein wenig in den Schuhen“ des demenziell Erkrankten zu gehen, erfordert sehr viel Geduld und Einfühlungsvermögen, doch wenn man es schafft, dann wird vieles verständlicher und manche Begebenheiten sind anhand der Biografie selbsterklärend. Dieses Buch soll dem Leser eine andere Perspektive aufzeigen, um neue Sichtweisen zu erlangen, um die Eigenwahrnehmung des Betroffenen besser verstehen zu können.

Handlungsstrategien für den Alltag

Verhaltensprinzipien für Betreuende und Pflegepersonal zu Hause und im Krankenhaus

Die Kommunikation muss auf die Bedürfnisse des Demenzkranken eingestellt werden, um Brücken zu bauen. Seine vorhandenen Ressourcen muss man erkennen und ausbauen. Dies beschreibt das Bewusstseinsrad nach Prof. Erwin Böhm zur Orientierung.

Sehen, hören, riechen, fühlen, schmecken, tasten sind ein wichtiger Teil und helfen, Schlüsselreize zu verstehen. Zuhause hat der Erkrankte Sicherheit durch die gewohnte Umgebung, weiß er was ihn erwartet. Er bestimmt, wen er ins Haus lässt, was er anzieht, wie er seine Freizeit gestaltet – Selbstbestimmung.

Da ich als Dipl. Gesundheits- und Krankenschwester aber ständig mit der Barriere zwischen vertrautem Heim und Krankenhausaufenthalt konfrontiert bin, möchte ich auch diese Problematik aufzeigen, denn im Krankenhaus fällt dies alles weg und es kommt zur Desorientiertheit.

Wichtig bei Krankenhausaufenthalten: Die Betreuenden und das Pflegepersonal müssen Sicherheit vermitteln – durch Kommunikation (Ich bin da …) >> Gespräche, Telefonate mit dem Betroffenen führen.

Eigene Kleidung mitbringen >> (verschafft Vertrautheit)

Lieblingsstück (z. B. alte Weste, Lieblingspolster etc.) schafft Nähe und Geborgenheit.

Im Alltag sowie im Krankenhaus kann man die Identität stärken, z. B.: „Ah, Sie waren Hausfrau und Mutter. Sie waren sicher eine fürsorgliche Mutter und fleißige Frau!“ oder „Sie waren Landwirt, da haben Sie viel geleistet und können sehr stolz auf sich sein.“ >> vermittelt Wertschätzung!!

Bindung aufbauen - “ich sehe dich als Mensch und nehme dich wahr“ - da sich die hirnphysiologische Bindung mit der Erkrankung umkehrt. Kognitive Verbindungen gleichen denen von Kindern, daher steigen Hilflosigkeit, Unsicherheit und Ängste und die Betroffenen haben ein großes Bedürfnis nach Sicherheit. Vorsicht - niemals wie Kinder behandeln!

Die Reizübertragung ist sehr verzögert, deshalb machen sie Ausführungen nur Schritt für Schritt, sonst kommt es zu einer Reizüberflutung (langsam sprechen und nur einen Arbeitsauftrag nach dem anderen vorgeben), welche sich in Form von Regress bis zur Aggression auswirken kann. Auch zahlreiche Anweisungen oder Wortwiederholungen können eine Überhäufung an Informationen auslösen und somit einen negativen Effekt erzielen.

Eine wertschätzende Kommunikationsform ist die Basis, um Selbstwert zu vermitteln, da dieser meist schon im frühen Anfangsstadium verloren geht. Im weiteren Verlauf wird diese Thematik noch ausführlich beleuchtet.

Lob und Anerkennung schafft Vertrauen: „Du hast viel geleistet, du kannst stolz auf dich sein!“

Eigenschaften und Fertigkeiten hervorheben (z. B. schöne Schrift, schöne Basteleien)

Kommunikation im Dialekt, um Missverständnisse zu vermeiden