Demnächst ohne Auto - Oswald Metzger - E-Book

Demnächst ohne Auto E-Book

Oswald Metzger

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Beschreibung

Stickoxid-Hysterie und Klimaschutz-Panik – hat das Auto angesichts einer vielbeschworenen "Verkehrswende" noch eine Zukunft? Umweltvertreter, Politiker und Parteien, EU-Gremien: sie alle wollen Auto und Verkehr – aus angeblich zwingenden Gründen – radikal umbauen, beinahe planwirtschaftlich vorgeben, welche Technik und welche Antriebe in Zukunft noch erlaubt sind. Aber wie stichhaltig sind die Argumente gegen das Auto überhaupt? Ist es wirklich Wissenschaft, was von vielen "Experten" verbreitet wird – oder doch nur vordergründige Ideologie? Können "geteilte Autos" und "E-Scooter" den PKW als angebliches Auslaufmodell ersetzen; kann man Autobahnen wirklich von LKW befreien? Der bekannte Publizist und Politiker Oswald Metzger beschreibt in seinem neuen Buch lebensnah, wie sich unsere Mobilität tatsächlich entwickelt hat, wie eng motorisierter Verkehr, persönlicher Alltag und wirtschaftliche Abläufe verknüpft sind. Er rechnet vor, wie hoffnungslos naiv diverse politisch verfolgte Patentrezepte sind und wieviel Geld der Steuerzahler heute schon in Verkehrssysteme steckt, an deren Effizienz er gut begründete Zweifel hegt. Eine politisch brisante, facettenreiche und immer wieder überraschende Analyse, in der es nicht nur um aktuelle Trends und unsere Mobilität von Morgen geht, sondern am Ende auch um Freiheit und Wohlstand.

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Seitenzahl: 444

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Oswald Metzger

DEMNÄCHSTOHNE AUTO

Oswald Metzger

DEMNÄCHSTOHNE AUTO

Warum unsere Mobilität ohne eigenevier Räder nicht möglich, nicht ökologischerund nicht bezahlbar wäre

FBV

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National-bibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Originalausgabe, 1. Auflage 2019

EDITION TICHYS EINBLICK

© 2019 by Finanzbuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Angaben von Zahlen und Quellen wurden nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert. Alle Online-Quellen waren, sofern kein anderes Abrufdatum angegeben ist, zum Zeitpunkt der Drucklegung erreichbar. Dennoch übernehmen Autor und Verlag keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Lektorat: Christiane Otto

Korrektorat: Nikolaus Wehner

Umschlaggestaltung: Pamela Machleidt

Umschlagabbildungen: Shutterstock/StockSmartStart, Shutterstock/MoreVector

Abbildungen innen: privat

Satz: Carsten Klein, Torgau

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

eBook: ePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-95972-288-9

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-534-7

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96092-535-4

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Inhalt

Einleitung/Vorbemerkung

Teil 1a: Menschen motorisiert mobil

1. Das Rad der Geschichte dreht sich

2. Viel Mobilität, verteilt auf sehr viele Menschen

3. Auto versus ÖV – wer schafft es mit weniger Energie?

4. Der Klimaeffekt von Nachfrageänderungen

5. Fortsetzung: Klima-Vergleich ÖV vs. PKW

6. »Wissenschaft« und Realität

7. Gestreift: weitere Umweltaspekte

Teil 1b: … Geld spielt eine Rolle!

8. Was öffentliche Verkehrsmittel wirklich kosten

9. Exkurs: Eckwerte für den ÖPNV gesamt

10. Vergleichbare Kosten eines PKW

11. Die gewaltige Effizienz-Bandbreite des ÖV

12. Hohe Kosten zusätzlicher ÖV-Leistungen

13. Die »externen Kosten« des Autos

14. Der Staat stellt sich einfach mal dumm

15. Klimaschutz durch ÖPNV – zu welchem Preis?

Teil 2: Güter auf Reisen

16. Gütertransport von nah bis fern

17. Spielräume für die »Verlagerung«

18. Wohin mit den zusätzlichen LKW?

19. Wegekosten (von LKW) mit viel Phantasie

20. Fairer Wettbewerb? Fehlanzeige!

Teil 3: Mobilität am Wohnort

21. Das Fahrrad und seine Grenzen

22. Exkurs: Zur Statistik des Radanteils …

23. Das Fahrrad und seine Lebensgefahren

24. »Multimodal« motiviert – zu Ausreden

25. Bestandsaufnahme: Marktanteile von ÖV und MIV

26. Siedlungs- und Verkehrsentwicklung

27. Ohne Auto in der Großstadt: Gründe

28. Exkurs: Personenverkehr in Deutschland, 2002–2017

29. Exkurs: MiD-Vergleich 2017 versus 2008

Teil 4: Ideologie als Innovation verkleidet

30. Wie man keine Staus vermeidet, aber zu Geld kommt

31. Zeit ist Geld, nämlich Gewinn für den Staat?

32. Kostspielige Milchmädchenphantasien

33. Systemfragen: Freiheit, Effizienz und Markwirtschaft

34. Elektromobilität und Klima: Keine Liebesheirat

Ausblick

35. Alternativen zum Akku in Sichtweite

36. Mehr moderne Nischenprodukte

37. Tretroller – ein Kinderspielzeug als Verkehrsmittel?

38. Schienen und Straßen des Bundes: keine Balance

39. Das Individuelle und der Verkehr der Zukunft

Abkürzungen/Glossar

Anmerkungen/Quellenangaben

Einleitung/Vorbemerkung

Die Verkehrspolitik gehört zu den Themen, von denen jeder betroffen ist und über die jeder mitreden kann. Mobilität ist grundlegend für das tägliche Leben, sie ist vielgestaltig, sie kann kompliziert sein oder teuer, sie erregt Emotionen und beschäftigt Ingenieure, schafft Arbeitsplätze und Wohlstand, ärgert Anwohner und Umweltschützer …

Es gibt recht viele Akademiker, die sich als »Verkehrswissenschaftler« bezeichnen lassen. Das sollte man aber nicht zu ernst nehmen, denn es ist keine echte, eigene Disziplin wie die Philosophie oder die Medizin, sondern es handelt sich dabei um Angehörige verschiedener Fachrichtungen, die gewillt sind, sich mit Fragen des Verkehrs zu befassen:

Maschinenbauer, die Motoren und Getriebe verbessern,

Chemiker, die neue Kraftstoffe erzeugen können,

Geographen und Raumplaner, die Verkehrsströme analysieren,

Physiker, die das Gleiche auf andere Weise tun,

Tiefbauer und Verkehrsplaner, die Infrastruktur entwickeln und Brücken bauen,

Ökonomen, die Verkehr betriebs- oder volkswirtschaftlich betrachten,

Geisteswissenschaftler, die auch gern mitreden.

Die öffentliche Diskussion wird beherrscht von bestimmten Fraktionen, die sich der Sympathien der Medien sicher sein können; die Wirklichkeit der Mobilität wird hingegen beherrscht von Machern, wirtschaftlichen Realitäten und Bedürfnissen normaler Menschen. Die einen treten als »Experten« auf, sind aber nur Lobbyisten gewisser Spezialinteressen. Andere werden als Lobbyisten beschimpft, halten aber den Laden am Laufen. Wer mit Auto-Mobilität als Hersteller gutes Geld verdient, wird mindestens mit Misstrauen behandelt. Die großen Systemveränderer berufen sich auf das angebliche Allgemeinwohl, agieren aber vor allem auf Kosten der Allgemeinheit.

Der Autor hat sich in seinen Bundestagszeiten vorwiegend mit Haushaltsund Finanzfragen befasst – und hatte dabei vor allem die langfristige Tragfähigkeit unseres Wohlstands im Auge. Über eine zunehmende Kritik an der deutschen Energiepolitik, ihren Mythen und der damit betriebenen Schönfärberei hat er sich in jüngerer Vergangenheit auch zunehmend mit der Verkehrspolitik befasst, mit Experten diskutiert und bei ihnen recherchiert. Je länger er sich mit der »Verkehrswende« auseinandergesetzt hat, desto mehr sieht er Parallelen zur verkorksten deutschen »Energiewende«. Es ist zum Verzweifeln: Selbst die offensichtlichsten Dummheiten überstehen lange Jahre intensiver Debatte anscheinend unbeschädigt und dominieren weiter den öffentlichen Diskurs.

Zahlen und Fakten scheinen wenig ausrichten zu können, wo es um die richtige Gesinnung und die vermeintlich besseren Absichten geht.

Den größten Teil aller verkehrspolitischen, -planerischen, -wissenschaftlichen Debatten kann man unter der alles überragenden Frage versammeln: Wie hältst du es mit dem Auto?

Der Autor sagt unumwunden: Ich bin dafür. Gäbe es das Auto nicht, müsste man es erfinden. (Motorisierte) Mobilität heute ist Mobilität mit dem Auto, und dann kommt ziemlich lange nichts, bevor andere Verkehrsmittel ihren Beitrag leisten. Damit wollen sich manche nicht arrangieren; in ihren Augen ist das Auto so etwas wie der Sündenfall eines Paradieses, in dem die Eisenbahn immer noch das Ideal der motorisierten Fortbewegung darstellt und endlich wieder zu ihrer angestammten zentralen Rolle geführt werden muss. (Wobei man durchaus darüber nachdenken könnte, ob diejenigen, die heute die großen Eisenbahn-Fans sind, damals bei ihrer Einführung auch schon so gedacht hätten oder vielmehr gegen diese qualmenden technischen Ungetüme ins Feld gezogen wären.)

Gerade auch auf kommunaler Ebene machen sich längst Vorkämpfer einer »Verkehrswende« breit, von der ungefähr nichts wirklich klar ist, außer dass es in der Stadt von morgen gefälligst ohne das Auto gehen müsse, das die Städte zerstöre und deren Einwohner krank mache. Das Feindbild Auto ist in solchen Kreisen so ungebrochen aktiv wie eh und je, da kann es noch so innovativ, sparsam, sauber und sicher sein. Ohne Auto sei alles besser, dahin müssten das Bewusstsein und die Zustände entwickelt werden, zur Not auch mit Zwang.

Dieses Buch hat den Charakter eines Essays beziehungsweise einer Essay-Sammlung.

Die Reihenfolge der Themen gehorcht einer inneren Logik, immer wieder gibt es Querverbindungen und Rückbezüge, aber grundsätzlich lassen sich auch einzelne Kapitel lesen und verstehen, ablehnen, ignorieren oder später noch einmal konsultieren.

Hier wird kein Nachschlagewerk geschaffen und keine formelle wissenschaftliche Arbeit abgeliefert, aber die Hinweise und Argumente beruhen auf intensiver Befassung mit dem Thema in fast allen wesentlichen Facetten und natürlich Recherche-Gesprächen mit Insidern.

Wo gerechnet oder Statistik diskutiert werden muss, wird auf seitenlange Tabellen und minutiöse Details möglichst verzichtet, denn an vielen entscheidenden Punkten kommt es nicht auf letzte mathematische Präzision an, sondern auf eine kluge Sichtweise, die den Dingen in der Realität gerecht wird.

Fußnoten und Quellen-Angaben sollen niemanden verwirren, ermöglichen aber den unabhängigen Abgleich vieler Feststellungen und dienen der Transparenz.

Für die wichtigste verkehrspolitische Aufgabe hält der Autor den Ausbau der Fernstraßennetze zugunsten einer Leistungsfähigkeit, die Staus auch bei noch leicht gesteigerten Fahrleistungen (durch Güterverkehr) weitgehend überflüssig machen könnte. Vor allem glaubt der Autor unbeirrt an den technischen Fortschritt rund um die Fahrzeuge, der noch mehr Probleme des Verkehrs lösen wird, als er es schon längst getan hat, und zwar nicht nur beim Auto, sondern bei allen Verkehrsmitteln.

Die konkurrierenden Verkehrsmittel – namentlich Eisenbahn, kommunale Schienen- und Busverkehre – will der Autor weder verbieten noch behindern, noch öffentlicher Mittel berauben, weil auch sie seiner Überzeugung nach nötig und sinnvoll sind. Dass die überzeugten, geradezu missionarisch agierenden Gegner des Autos ihre Haltung ändern und auf pragmatische Vernunft umsatteln, diese eine Hoffnung hat der Autor allerdings seit Langem aufgegeben, weil er ständig neu in der Erfahrung bestätigt wird, dass auch die besten sachlichen Argumente nichts ausrichten können, wo sie auf dogmatisch feststehende Ideologen treffen.

Der Autor wünscht nun eine interessierte Lektüre und stellt sie unter dieses Motto, das von dem wirklich bedeutenden amerikanischen Architekten Frank Lloyd Wright stammt:1

»An expert is a man who has stopped thinking because ›he knows‹.«[1]

Teil 1a:Menschen motorisiert mobil

Vom Ochsenkarren über die Pferdekutsche bis zu Eisenbahn und Auto

Tägliche Aktionsradien dank motorisierter Verkehrsmittel

Die öffentlichen Verkehrsmittel und das Auto

Was ist umweltfreundlicher, was effizienter?

Energieverbrauch und tatsächliche Klimawirkung

1. Das Rad der Geschichte dreht sich

Am Anfang war das Rad, immer schon eine runde Sache. Und »am Anfang« meint schon in den Anfängen der Geschichte, vor Tausenden von Jahren. Dann passierte sehr lange eher wenig, was die Erfindung von technischen Hilfsmitteln für die Fortbewegung an Land angeht. Noch zu Goethes Zeiten (1749–1832) war die Postkutsche zu Lande das modernste Verkehrsmittel – sogar das einzige, wenn man das Reitpferd nicht als Verkehrsmittel bezeichnen will.

Als im frühen 19. Jahrhundert jemand auf die Idee kam, die schon um 1700 erstmals erfundene Dampfmaschine2 auf Räder zu setzen und die gesamte Konstruktion auf eisernen Schienen fahren zu lassen, damit das gewaltige Gewicht nicht in den Boden versinkt, war die mit Energie aus Kohle betriebene Eisenbahn geboren, und zwar sehr zum Schrecken der meisten Zeitgenossen (wenn auch nicht Prince Alberts, des fortschrittsverliebten deutschen Mannes von Queen Victoria), denen das monströse, stampfende, rauchende und dampfende Vehikel nicht geheuer war. Ganz gewiss würde man Gesundheitsschäden ernster Natur erleiden bei solchen bisher nicht vorstellbaren Geschwindigkeiten.

Die erste deutsche Strecke wurde zehn Jahre nach dem englischen Vorläufer von 1835 zwischen Nürnberg und Fürth in Betrieb genommen. Wobei am Anfang immer noch weit häufiger Pferde statt Maschinen die Zugarbeit zu leisten hatten!

Erst spät im 19. Jahrhundert kamen Carl Benz3 und Gottfried Daimler4 (getrennt, aber praktisch zeitgleich) auf die Idee, das Prinzip der Eisenbahn – eine Antriebsmaschine auf Rädern, die Wärme aus Verbrennung in eigene Bewegung umwandelt – abzuwandeln und ein Verkehrsmittel zu schaffen, das motorisierte Mobilität in kleinerem Maßstab, mit viel kleineren und leichteren Fahrzeugen darstellen konnte. Statt einer Dampfmaschine, die von einem Kohleofen befeuert wurde, verwendeten beide in ihren Prototypen 1885/86 den noch recht neuen Verbrennungsmotor (ursprünglich patentiert um 1860),[2] in dem durch Zündfunken zur Explosion gebrachtes Benzin-Luft-Gemisch die Antriebsenergie lieferte.

Benz‘ erstes patentiertes Automobil kam mit drei Rädern aus, Daimler setzte den heutigen Standard mit vier Rädern – und entwickelte nebenbei auch das erste Motorrad und das erste Motorboot! Anstelle eiserner Räder auf ebensolchen Schienen oder ungemütlich hartkantiger Räder wie bei den ersten Autos gab es schon recht bald mit luftgefüllten Gummireifen überzogene Räder (Michelin 1895), die auf normalen befestigten Wegen und Straßen quasi flächendeckend und ohne allzu quälendes Durchrütteln der Insassen unterwegs sein konnten.5 Damit war im Kern das Auto etabliert, das wir heute noch fahren.

Mittlerweile war allerdings das Eisenbahnnetz in Deutschland beeindruckend engmaschig ausgebaut worden, überall gab es Bahnhöfe.6 Die Menschen hatten sich längst an die Eisenbahn gewöhnt. Das Auto war da nur eine merkwürdige Neuheit, ein störrisches und gefährliches Spielzeug für wohlhabende Abenteurer.

Noch in den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts war der Gedanke, dass »normale Leute« ein Auto besitzen und ihre Wege damit – anstelle der Eisenbahn – zurücklegen könnten, revolutionär. In Hitlers Deutschland wurde diese Idee zu einem propagandistisch erfolgreichen Konzept in Form des »KdF-Wagens« ausgebaut, auf den man ansparen konnte (wie die Geschichte lehrt: vergeblich), und aus dem später der VW-Käfer wurde, neben Fords »Model T« wohl DAS Privatauto schlechthin, eine Legende.

Dabei war Henry Ford dem späteren deutschen »Volkswagen« (man muss sich den Begriff beziehungsweise Namen, der uns heute so geläufig ist, mal wieder bewusst vor Augen halten!) zeitlich weit voraus und bewies auch eine geradezu geniale unternehmerische Vision, schon um das Jahr 1910:

»I will build a motor car for the great multitude. It will be large enough for the family but small enough for the individual to run and care for. It will be constructed of the best materials, by the best men to be hired, after the simplest designs that modern engineering can devise. But it will be so low in price that no man making a good salary will be unable to own one – and enjoy with his family the blessing of hours of pleasure in God’s great open spaces.«7

Zu Deutsch etwa:

»Ich werde einen Motorwagen für breite Kreise bauen. Er wird groß genug sein für die Familie, aber klein genug, damit der Einzelne es betreiben und dafür sorgen kann. Es wird aus den besten Materialien gebaut sein, von den besten Arbeitskräften, nach den einfachsten Entwürfen, die moderne Ingenieurskunst entwickeln kann. Aber er wird so niedrig liegen im Preis, dass niemand mit einem guten Gehalt gehindert sein wird, einen zu besitzen – und mit seiner Familie gesegnete Stunden des Vergnügens in Gottes großartiger freier Natur genießen kann.«

Eine solche Vision war in Europa Jahrzehnte später noch längst nicht verwirklicht. Auch in den 1950er-Jahren konnten die meisten Nachkriegsdeutschen, die gerade wieder anständig zu essen und anzuziehen hatten und einigermaßen ein Dach über dem Kopf, von einem eigenen Auto nur träumen – 1950 waren gerade 540.000 PKW zugelassen,8 also nur wenig mehr als ein Auto je 100 Einwohner.9

Währenddessen war die Eisenbahn immer noch überall das motorisierte Land-Verkehrsmittel schlechthin, in den großen Städten beginnend mit der Wende zum 20. Jahrhundert ergänzt durch Straßenbahnen, die ebenfalls auf Schienen fuhren, aber mit elektrischem Antrieb statt Dampfmaschine. Das war schon unerhört modern.

Noch Anfang der 1960er-Jahre war es wirklich etwas Besonderes, wenn eine Arbeiterfamilie tatsächlich ein Auto besaß. Der Besitzer konnte sich der staunenden Bewunderung der gesamten Verwandtschaft sicher sein. Die Massenmotorisierung schritt aber schnell voran: Der PKW-Bestand (der BRD) lag 1960 bei 4,5 Millionen; 1965 schon bei 9,3 Millionen und 1970 bei fast 14 Millionen.10

Zustände wie in der Nachkriegszeit, mit Autos als Ausnahme und der Eisenbahn als Beinahe-Monopol, hätten manche gern heute wieder, und sie geben sich politisch alle Mühe, sie möglichst weitgehend wiederherzustellen, wenn auch bisher ohne Erfolg und ohne realistische Erfolgsaussichten. Ihnen gilt die Eisenbahn als das unübertreffbare, zu Lande optimale Verkehrsmittel, ergänzt durch die kommunalen Bahnen über- und unterirdisch sowie Omnibusse, die die übrigen Flächen erschließen.

Aber wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass das Auto heute das mit Abstand beherrschende Verkehrsmittel ist?

Diese Frage ist durchaus nicht so abwegig, wie man auf Anhieb meinen könnte, angesichts der heutigen Zustände im motorisierten Verkehr, der so stark überwiegend eben vom Auto abhängt und dadurch dominiert wird. War doch die Eisenbahn zu dem Zeitpunkt, als das Auto erstmals in Massenproduktion kam, nämlich in Amerika auf Fords sagenhaften neuen Fließbändern (1913)11, längst allgegenwärtig und schien zusammen mit den anderen (»öffentlichen«) Verkehrsmitteln alle Mobilitätsbedürfnisse zu erfüllen. Wie konnte also das Auto mit all seinen Macken und seinem für den kleinen Mann noch lange eigentlich unerschwinglichen Preis einen Markt so überwältigend aufrollen, der durch Eisenbahn & Co. längst flächendeckend erschlossen war?

Auf diese Frage gibt es im Kern zwei gegensätzliche Antworten.

Die eine läuft darauf hinaus, dass es mindestens eine Verkettung zahlreicher unglücklicher Umstände und Fehlentscheidungen war, wenn nicht gar Ergebnis einer Art weitreichender Verschwörung dunkler Kräfte,[3] die mit dem Auto das quasi falsche, weil ökologisch, städtebaulich und gesellschaftspolitisch verhängnisvolle Verkehrsmittel so stark hat werden lassen.

Die andere Sichtweise ist, dass das Auto seinem Vorgänger und Konkurrenten Eisenbahn schlicht und einfach technisch überlegen ist, ihm gegenüber einen gewaltigen Fortschritt darstellt und seinen Nutzern ganz andere, qualitativ überlegene Mobilitätsoptionen eröffnet.

Das Auto ist so gesehen im Verhältnis zur Eisenbahn etwa das, was das Fernsehen im heimischen Wohnzimmer gegenüber dem Kino ist, das eigene Telefon gegenüber der öffentlichen Telefonzelle, das eigene Badezimmer gegenüber der öffentlichen Badeanstalt.

Das Auto macht Mobilität wirklich individuell und privat verfügbar, während sie mit der Eisenbahn nur im Kollektiv und als öffentliche Veranstaltung zu nutzen ist.

Für das richtige Verständnis der Entwicklung wichtig ist vor allem diese Tatsache: Das Auto ermöglicht heute gewaltige Umfänge motorisierter Mobilität, die es nicht etwa den öffentlichen Verkehrsmitteln abgenommen hat: Die Beförderungsleistungen auf der Schiene sind bis heute durch zahlreiche Verbesserungen und Ausweitungen der Fahrplanangebote durchaus deutlich gestiegen, nicht zuletzt nach der »Bahnreform« 1993/94, also der formellen Privatisierung der Deutschen Bahn und der Marktöffnung auch für Konkurrenzunternehmen.12 Ähnliches gilt für die kommunalen öffentlichen Verkehrsmittel.

Wenn das Auto ein Vielfaches dessen leistet, was die öffentlichen Verkehrsmittel schaffen, und damit seine heutigen großen Marktanteile erwirtschaftet, dann beruht dieser gewaltige Vorsprung in der statistischen Summe also nicht auf Umverteilung, sondern auf zusätzlicher Mobilität.[4] Auf jeden Personenkilometer (Pkm) mit öffentlichen Verkehrsmitteln kommen deutlich mehr als 5 Personenkilometer im »motorisierten Individualverkehr«, also weit überwiegend mit PKW.

Der Kern der Attraktivität und Nützlichkeit des Autos ist, dass man erstens unabhängig von anderen/zweitens jederzeit/drittens von überall nach überall fahren kann. Noch dazu ist es bequem, komfortabel, schnell. Vor allem deshalb gibt es heute so viel motorisierte Mobilität: weil das Auto sie in dieser Form überhaupt erst möglich und attraktiv gemacht hat. Und deshalb ist es auch von vornherein weltfremd zu glauben, man könne die Entwicklung zurückdrehen und an die Stelle des Autos ein massiv ausgeweitetes Angebot öffentlicher Verkehrsmittel setzen.

Der Versuch wäre ungefähr so erfolgversprechend wie der, heutige Kommunikationsumfänge, wie wir sie mit unseren allgegenwärtigen Smartphones schon in Kinderhänden praktizieren, durch Rückkehr zu den früher doch so bewährten Festnetztelefonapparaten abzuwickeln – und das gilt sogar dann, wenn diese Geräte keine Wählscheiben mehr zu haben bräuchten, sondern moderne Sensortasten und Digitalanzeigen aufweisen könnten. Oder am Arbeitsplatz den elektronischen Nachrichtenaustausch von Computer zu Computer wieder zu ersetzen durch Faxgeräte, oder noch besser durch Rohrpost für aufgerollte Papiere.

Man kann die Geschichte nicht zurückdrehen, schon gar nicht die Technikgeschichte. Nicht einmal macht es Sinn sich auszumalen, wie sich die Dinge entwickelt hätten ohne die Erfindungen von Benz und Daimler, denn diese Erfindungen waren im Grunde naheliegend, beinahe zwangsläufig. Das schmälert die Pionierleistung der tatsächlichen Erfinder nicht, aber Erfindungen wie das Auto kommen in die Welt, weil die technischen Grundlagen vorhanden sind und weil die Nützlichkeit eines solchen Geräts quasi in der Luft liegt:

Kutschen gab es schon sehr lange, Motoren unterschiedlicher Art waren nicht neu und inzwischen auch in relativ kleinen Größen verfügbar; vorhandene Straßen zu nutzen, anstatt erst kompliziert Schienen verlegen zu müssen, war ein reizvoller Gedanke. Es ist kein vom Himmel gefallener Zufall, wenn solche Erfindungen in die Welt kommen, sondern irgendwann ist »die Zeit reif dafür«.

Aber es gibt auch gar keinen zwingenden oder überzeugend vernünftigen Grund, das Auto abzuschaffen oder zu ersetzen, in unserer modernen Industriegesellschaft: Das nachzuweisen und zu erläutern, ist Aufgabe kommender Kapitel.

Was jeder einzelne Verkehrsteilnehmer für sich selbst und seine Angehörigen für richtig hält, unterliegt natürlich der freien Entscheidung des Individuums – oder sollte es zumindest. Dabei ist aber zu beachten: Für viele Menschen stellen die öffentlichen Verkehrsmittel, selbst dort, wo sie gut ausgebaut sind und eine relativ hohe Qualität haben, keine überzeugende Alternative dar, und zwar auch nach objektiven Maßstäben nicht. Denn wofür brauchen wir denn motorisierte Verkehrsmittel? Um Wege zurücklegen zu können, die sonst zu weit und damit zu zeitraubend, auch zu anstrengend wären.

Der entscheidende Faktor ist die Reisegeschwindigkeit, die ein Verkehrsmittel ermöglicht. Reisegeschwindigkeit meint nicht die erzielbare Geschwindigkeit im Verlauf von Teilen der Strecke, sondern die rechnerisch ermittelte, durchschnittliche Geschwindigkeit zwischen Start- und Zielpunkt. Und hier ist das Auto entscheidend im Vorteil, eben weil es grundsätzlich die gesamte Strecke von A nach B ohne längere Unterbrechungen und Wartezeiten »in einem Rutsch« bewältigen kann. Wer dagegen erst zur Haltestelle geht, auf den Bus wartet, am Bahnhof umsteigt, auf den Zug wartet, am Zielbahnhof aussteigt und sich ein Leihfahrrad für den Rest besorgt, dem nutzt das hohe Tempo der Eisenbahn zwischen den Bahnhöfen wenig, weil die anderen Bausteine – Teile der »Wegekette« – schon so viel Zeit gekostet haben, dass man mit dem Auto inzwischen längst am Ziel wäre.

Das heißt: Man spart Zeit für eine gegebene Strecke – aber es heißt ebenso, dass man in verfügbaren Zeitbudgets mithilfe eines Autos auch längere Strecken schaffen kann als mit den Verkehrsmitteln des ÖPNV. Wenn man bereit ist, eine halbe Stunde Zeit für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz einzusetzen, dann kann man in dieser Zeit mit dem Auto (bei günstiger Autobahnlage) auch 30 Kilometer schaffen, entsprechend einer Reisegeschwindigkeit von 60 km/h. Die durchschnittliche Geschwindigkeit im Auto, unter Einschluss der kürzeren Wege mit hohen Innerortsanteilen, liegt immer noch bei über 40 km/h; mit Bus und Bahn ist man nicht einmal halb so schnell beziehungsweise kommt nicht einmal halb so weit.13

Das Auto hat insofern zwei entscheidende Vorteile, die quasi spiegelbildlich miteinander verknüpft sind: Man spart spürbar Zeit, und man gewinnt erheblich an Aktionsradien. Man kann, mit anderen Worten, mehr mit seinem Tag und mit seinem Leben anfangen.

Die größeren Aktionsradien dank Auto lassen sich statistisch klar ablesen: Berufstätige mit PKW kommen auf durchschnittliche Wegelängen von über 15 Kilometer, dieselbe Personengruppe ohne PKW aber nur auf gut 10 Kilometer. Bei Studenten stehen abhängig von der Verfügbarkeit eines Autos über 17 Kilometern ebenfalls gut 10 Kilometer gegenüber. Die Wege von Nicht-Berufstätigen mit Zugriff auf ein Auto sind durchschnittlich über 10 Kilometer lang; ohne Auto ergeben sich nur noch 6,5 Kilometer.14

Die zusätzlichen, weiteren Vorteile des Autos erschließen sich leicht: Man kommt in allen Jahreszeiten und unter fast allen Bedingungen witterungsgeschützt ans Ziel, man kann bequem Gepäck mitnehmen, man kann in seiner eigenen rollenden Sitzecke ungestört Musik hören, man muss sich nicht zwischen wildfremde Menschen drängeln … Aus diesen ganz normalen, ganz legitimen Gründen fällt die freie Wahl der individuellen Verkehrsteilnehmer so häufig zugunsten des Autos aus. Diese Wahl ist vernünftig und nachvollziehbar.

Dabei sollte das Stichwort »Vernunft« nicht übermäßig eng gefasst werden. Die Verkehrsteilnehmer schriftstellern nicht daheim am Küchentisch an langatmigen Pro-und-Contra-Erörterungen herum, bis sie irgendwann mit Schweißperlen auf der Stirn und nach Anwendung eines elaborierten Punktevergabesystems zwischen den Verkehrsmitteln entscheiden. Der Mensch ist kein Computer, keine Rechenmaschine mit lose angedockter Gefühlssimulation. Wie sich die Dinge für den Einzelnen im Alltag »anfühlen«, ob man sich bei etwas wohlfühlt oder nicht, das ist biologisch-evolutionär im Menschen angelegt, bis in die Verdrahtung von Sinnesorganen und Gehirnarealen hinein. Etwas ist nicht erst »vernünftig«, wenn man es auf dem Standard einer wissenschaftlichen Studie in Worte und möglichst Tabellen fassen kann. Es ist vernünftig, dass der Mensch irgendwann Hunger und Durst bekommt, auch wenn der Mensch darüber nicht intelligent nachdenken muss, sondern dem Bedürfnis unwillkürlich nachkommt. Und so ist es auch vernünftig, wenn er als Verkehrsteilnehmer nicht im Winter auf dem Bahnsteig frieren will oder sich bei fremden Leuten mit Husten anstecken.

Auf autofahrende Verkehrsteilnehmer geradezu verächtlich herabzuschauen, weil man glaubt, ihnen in einem akademischen Diskurs nachweisen zu können, dass sie irgendwelche gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen des eigenen Verhaltens nicht hinreichend bedacht hätten, weshalb ihr Verhalten doch unvernünftig sei und sie sich doch gefälligst belehren lassen sollten, ist eine dumme Angewohnheit von Teilen der Verkehrspolitik, wie wir sie seit vielen Jahren leider gewöhnt sind. Und das gilt erst recht, wenn man erkennt, dass die ach-so-rationalen »Erkenntnisse«, auf denen Teile der Verkehrspolitik aufbauen, ihrerseits vor allem das Ergebnis von Vorurteilen und einseitigen Wahrnehmungen sind – oder sogar von handfesten Interessen, die sich hinter angeblichem Allgemeinwohl verstecken.

2. Viel Mobilität, verteilt aufsehr viele Menschen

Zwar lässt sich auch faktenfrei sehr schön diskutieren, was in der verkehrspolitischen Debatte häufig genug geschieht, aber so wie ein Blick in die Gesetze die Rechtsprechung erleichtert (alter Juristenspruch …), so erleichtert ein Blick auf statistische Werte die Einschätzung der tatsächlichen Mobilität – vor allem, wenn man mit den Zahlen umzugehen weiß, was bei statistischen Zusammenhängen für Laien nicht ohne Weiteres vorausgesetzt werden kann.

Nun wird von ökobewegter Seite seit Jahrzehnten vorgetragen, es sei zunächst einmal »Verkehrsvermeidung« angesagt, denn es würde schon viel zu viel gefahren, und damit würden viel zu große Probleme für Mensch, Stadt, Natur erzeugt. Aber ist die zweifellos umfangreiche motorisierte Mobilität im heutigen Deutschland tatsächlich »zu viel«? Und wieviel ist »sehr viel« denn genau?

Die Frage ist an sich leicht zu beantworten durch einen Blick in die Verkehrsstatistik. Eine absolute Standardquelle ist die jährlich neu aufgelegte Tabellensammlung Verkehr in Zahlen in Verantwortung des Bundesverkehrsministers.

Eine weitere unverzichtbare und seriöse Grundlage bieten die in größeren Abständen erhobenen empirischen Daten über Mobilität in Deutschland. Die vorletzte abgeschlossene Auflage stammt aus 2008; eine aktuelle Auflage mit Zahlen für das Erhebungsjahr 2017 ist im November 2018 der Öffentlichkeit präsentiert worden.

Demnach sieht die verkehrliche Mobilität der durchschnittlichen Einzelperson in Deutschland etwa so aus:

Erstens: Es werden pro Tag etwa 3,1 Wege zurückgelegt; betrachtet man nur die 85 Prozent aller Personen, die nicht ganz zuhause bleiben (z. B. weil sie krank sind), dann kommt man auf 3,65 Wege pro Tag.

(ein Weg meint i.d.R. nur eine Richtung; hin und zurück ergeben also zwei Wege; eigenständige Aufenthalte »unterwegs« werden getrennt gezählt.)

Zweitens: Die Mobilität der Nicht-Stubenhocker nimmt täglich gut anderthalb Stunden in Anspruch;

Drittens: Die Wege desselben Personenkreises sind durchschnittlich knapp 13 Kilometer lang; insgesamt ergibt das eine Reiseweite pro Tag von 46 Kilometern.

15

Ein Familienvater, der morgens ein Kind an der Schule absetzt, dann zur Arbeit fährt und nachmittags auf dem Rückweg noch Besorgungen im Supermarkt macht und dessen Arbeitsplatz gut 20 Kilometer von zuhause entfernt ist, würde demnach ziemlich im Durchschnitt liegen.

Ein Aktionsradius (d. h. eine maximale Entfernung von zuhause) von ungefähr 20 Kilometern bedeutet,

dass man als Einwohner von Duisburg schon nicht mehr bis nach Düsseldorf-Zentrum kommt, obwohl es die direkte Nachbarstadt ist.

dass man als Wannsee-Anwohner im südwestlichen Berlin nicht einmal bis zum Brandenburger Tor im Zentrum kommt.

dass man nicht einmal ein Drittel der Strecke von Bremerhaven nach Bremen schafft.

Diese erste Annäherung legt schon nahe, dass die scheinbar furchtbar großen Umfänge motorisierter Mobilität, die vollen Autobahnen, natürlich auch die überfüllten Regionalexpresszüge, nicht darauf schließen lassen, dass die Menschen im Durchschnitt täglich neu absurde Strecken zurücklegen.

In der Summe der Mobilität von mehr als 80 Millionen Menschen kommt natürlich vieles zusammen, und ganz offenbar sind die vorhandenen Systeme damit vielfach überlastet. Aber die Befürchtung oder Behauptung, die Menschen seien unvernünftig viel, zu oft oder über zu weite Strecken unterwegs, bestätigt sich keineswegs, wenn man die statistischen Fakten näher betrachtet. Aber auch die betrachteten Eckwerte aus »Mobilität in Deutschland« vermitteln dem Alltagsverstand immer noch ein irreführendes, nämlich in gewisser Weise verzerrtes Bild.

Es ist ein bisschen so, als verteile man rechnerisch den Reichtum in Deutschland statistisch egalitär auf alle Menschen: Dann sieht die normale Bevölkerung plötzlich – mit einem Durchschnitts-»Vermögen« von über 200.000 Euro – weit wohlhabender aus, als es der Wahrheit entspricht: Schon wer 60.000 Euro besitzt, liegt sozusagen in der Mitte und hat jeweils gleich viele Mitbürger vermögensmäßig »über oder unter sich«. (Diesen Wert bezeichnen die Statistiker als »Median«.)16 So ist es prinzipiell ähnlich auch mit der Mobilität: Es gibt relativ wenige, die tatsächlich sehr viel, sehr häufig und über sehr weite Strecken unterwegs sind – und die schon sehr große Anteile der gesamten motorisierten Mobilität verursachen. Für den breiten »Rest« der Verkehrsteilnehmer bleibt dann schon sehr viel weniger übrig.

Das sind die globalen Kennziffern des PKW-Verkehrs:

Die deutschen Autofahrer legten 2016 insgesamt 650 Milliarden Kilometer mit ihren PKW (inkl. Kombis) zurück;17 verteilt auf die in diesem Jahr 45 Millionen behördlich gemeldeten Fahrzeuge18 ergibt das einen Durchschnitt je PKW von über 14.000 Kilometern.

Das entspricht ungefähr 280 Kilometern pro Woche oder 40 Kilometern pro Tag.

Also ist das nun viel? Und ist dieser Durchschnittswert »typisch« für »Otto Normalverbraucher«?

Nein, er ist nicht typisch.

Es gibt Berufspendler, die mit dem Auto pro Werktag eine Entfernung von zum Beispiel 50 Kilometern jeweils hin und zurück fahren; bei 220 Arbeitstagen im Jahr ergibt das schon 22.000 Kilometer allein für den Beruf; mit einigem Freizeit- und Urlaubsverkehr werden daraus auch leicht 30.000 Kilometer – mehr als das Doppelte des allgemeinen Durchschnitts, der durch solche Vielfahrer natürlich ziemlich stark »nach oben gezogen« wird.

Nun ein einfaches Rechenbeispiel, um den mathematisch-statistischen Zusammenhang greifbarer zu machen:

Zehn Autos fahren zusammen 140.000 Kilometer pro Jahr, entsprechend dem statistischen Durchschnitt.

Angenommen, eines dieser Fahrzeuge wird von einem Berufspendler im Jahr 30.000 Kilometer gefahren, ein zweites 25.000 und ein drittes 20.000 – zusammen also 75.000 Kilometer.

Dann bleiben von den 140.000 Kilometern der Gesamtheit »nur« noch 65.000 Kilometer übrig, die von den verbliebenen sieben Autos gefahren werden:

Diese sieben Fahrzeuge (von zehn) liegen mit ihrem Durchschnitt dann schon unter 10.000, nämlich ungefähr bei 9.300 Kilometern.

Nimmt man an, dass von dieser Jahresfahrleistung etwa 1.300 Kilometer auf eine oder zwei Urlaubsfahrten entfallen,

dann bleiben für die alltägliche Mobilität und kürzere Strecken noch 8.000 Kilometer übrig,

entsprechend etwa 160 Kilometern pro Woche oder etwa 23 Kilometern pro Tag;

der Aktionsradius von zuhause aus beträgt damit noch maximal 11,5 Kilometer.

Das reicht »auf dem Land« in vielen Fällen noch gerade so bis zum Nachbarort; in der Großstadt häufig nicht einmal vom Außenbezirk bis zum Stadtzentrum.

Noch einmal im Überblick: Beim mathematischen »Spiel« mit der durchschnittlichen jährlichen Fahrleistung haben wir bei zehn PKW eine Verteilung

auf eine kleinere Gruppe mit drei Berufspendlern mit relativ großen Fahrweiten;

auf eine größere Gruppe mit den sieben restlichen PKW, deren motorisierte Aktionsradien durchschnittlich kaum noch über 10 Kilometer pro Tag kommen.

(Natürlich verteilen sich die gefahrenen Kilometer auch bei diesen restlichen sieben PKW nicht gleichmäßig; darunter befindet sich typischerweise sicher auch ein Rentner, der nur noch ganz gelegentlich mal eine Besorgungsfahrt unternimmt oder einen Angehörigen im Nachbarort besucht und nicht einmal mehr 5.000 Kilometer pro Jahr fährt.)

Der statistische Durchschnittswert für die Jahresfahrleistung von PKW wird also deutlich in die Höhe getrieben von relativ wenigen Intensiv-Berufspendlern und natürlich Geschäftsreisenden, die im Einzelfall auch noch weit mehr als 30.000 Kilometer jährlich fahren; die Mehrheit der verbleibenden Autofahrer kommt typischerweise nicht oder nicht weit über 10.000 Kilometer im Jahr hinaus.

Die genaue Verteilung laut Statistik:

Nur 12 Prozent aller PKW werden mehr als 25.000 Kilometer pro Jahr gefahren, weitere 10 Prozent erzielen 20.000–25.000 Kilometer;

15 Prozent liegen bei 15.000–20.000; damit liegen insgesamt mit 37 Prozent etwas mehr als ein Drittel aller PKW oberhalb der durchschnittlichen Jahresfahrleistung;

jeweils etwa ein Viertel der Fahrzeuge liegt bei 10.000–15.000 beziehungsweise bei 5000–10.000 Kilometern; weitere 10 Prozent bleiben sogar unter 5000 Kilometern.

19

Damit bleibt eine deutliche Mehrheit der Fahrzeuge unterhalb der durchschnittlichen Jahresfahrleistung aller PKW; mehr als ein Drittel bleibt dabei sogar unter 10.000 Kilometern.

Es sollte hier außerdem nicht übersehen werden, dass es sich bei den Fahrleistungen um die »Mobilität der Fahrzeuge« handelt, nicht eins-zu-eins um die der Menschen, auf deren tatsächliche Aktionsradien dank motorisierter Mobilität es aber eigentlich ankommt.

In vielen Haushalten teilen sich mehrere Personen die Benutzung eines gemeinsamen Autos – im Ergebnis ist der Anteil der Menschen, die trotz Verfügbarkeit eines Autos weniger als 14.000 Kilometer pro Jahr damit unterwegs sind, größer, als es die genannten Zahlen zu den Jahresfahrleistungen vermuten lassen.

Von den Zwei-(erwachsenen)-Personen-Haushalten mit mindestens einer Person unter 60 Jahren haben zum Beispiel ungefähr 45 Prozent nur ein (gemeinsames) Auto zur Verfügung.

20

Im Ergebnis beträgt der Durchschnitt der Summe aller Strecken, die Einzelpersonen im Jahresverlauf per MIV (= v. a. PKW) zurücklegen, weit weniger als die durchschnittliche Jahresfahrleistung der PKW von etwa 14.000 Kilometern, nämlich klar weniger als 11.000 Kilometer.

21

Ähnlich wie mit den Jahresfahrleistungen verhält es sich mit den einzelnen Weglängen:

Die durchschnittliche Länge aller PKW-Fahrten (bezogen auf die Fahrzeuge, unabhängig von der Zahl der gefahrenen Personen) beträgt knapp 16 Kilometer;

nur 5 Prozent aller Autofahrten überschreiten 50 Kilometer, 13 Prozent sind immerhin 20–50 Kilometer lang;

18 Prozent der Fahrten liegen im Bereich 10–20 Kilometer und damit »rund um den Gesamtdurchschnitt der Weglängen«, also quasi »in der Mitte«;

20 Prozent gehen über 5–10 Kilometer und sogar 24 Prozent nur über 2–5 Kilometer;

die restlichen knapp 20 Prozent bleiben noch darunter.

22

In den Entfernungsklassen mit mehr als 20 Kilometern – also oberhalb der »mittleren« Längenkategorie – finden nur 18 Prozent aller Fahrten statt, demgegenüber in den Entfernungsklassen unter 10 Kilometern aber etwa 63 Prozent.

Auch hier wird der Gesamtdurchschnitt durch relativ wenige lange Wege weit in die Höhe getrieben, während etwa drei Viertel der Wege unterhalb des Durchschnitts bleiben.

Die Relationen zwischen den Anteilen der Entfernungsklassen an allen Fahrten und den jeweils erzielten Fahrleistungen lassen sich näherungsweise wie folgt abschätzen:23

Entfernung bis … km

Ø Wege-Länge

Anteil der Fahrten

Anteil an allen Fahrleistungen

(kumuliert)

Anteil Fahrten kumuliert

0,5

0,3

2%

0,0%

0,0%

2,0%

1

0,9

6%

0,3%

0,4%

8,1%

2

1,7

11%

1,2%

1,5%

19,2%

5

3,5

24%

5,2%

6,8%

43,4%

10

7,4

20%

9,2%

16,0%

63,6%

20

14,6

18%

16,3%

32,3%

81,8%

50

30,8

13%

24,9%

57,2%

94,9%

100

69,0

3%

12,9%

70,0%

98,0%

über 100

241,1

2%

30,0%

100,0%

100,0%

Zu erkennen ist:

Die Fahrten unterhalb von 2 Kilometern Entfernung spielen für die Fahrleistungen insgesamt fast keine Rolle.

Selbst alle Fahrten mit bis zu 5 Kilometern Entfernung erzielen gemeinsam nur etwa 7 Prozent der Fahrleistungen, obwohl damit bereits deutlich über 40 Prozent aller Fahrten abgedeckt sind.

Selbst alle Fahrten mit bis zu 50 Kilometern Entfernung, die bereits fast 95 Prozent aller Fahrten abdecken, kommen nur auf einen gemeinsamen Anteil von nicht einmal 60 Prozent an allen Fahrleistungen.

Betrachtet man insgesamt nur die Fahrten unterhalb von 50 Kilometern, dann erreichen allein die Fahrten zwischen 20 und 50 Kilometern einen Fahrleistungsanteil von 44 Prozent.

Die in der Tabelle dargestellten Berechnungsergebnisse sind natürlich mit einer gewissen Vorsicht zu interpretieren und keine empirisch ganz exakt belegten Werte bis hin zur Nachkommastelle.24

Die hiermit aufgezeigten Relationen ändern natürlich nichts am Gesamtumfang aller PKW-Fahrleistungen, aber dies schärft den Blick auf die gesellschaftlichen Realitäten und hilft bei der Beantwortung der Frage, ob der Autofahrer als solcher unnötig lange Strecken abfährt.

Nur relativ wenige Fahrten dienen überhaupt der Bewältigung größerer Entfernungen als 50 oder gar 100 Kilometer. Da diese Fahrten wiederum aufgrund ihrer Länge einen erheblichen Einsatz von Zeit und Kosten erfordern, ist auch hier nicht realistisch anzunehmen, dass die Fahrten sozusagen mutwillig und ohne vernünftige Begründung oder Notwendigkeit angetreten werden.

Wer in der verkehrspolitischen Diskussion angesichts solcher Zahlenverhältnisse behauptet, es werde zu viel Auto gefahren, der muss den Menschen auch erklären, dass ein Berufspendeln über eine Entfernung von zum Beispiel 50 Kilometern nicht mehr möglich sein soll, oder dass diejenigen ohne große Pendelentfernung für ihre tägliche Mobilität mit einem maximalen Aktionsradius von nicht einmal mehr 10 Kilometern auskommen sollen.

Aber das ist natürlich weltfremd.

Die Aktionsradien, die mit dem eigenen Auto im Haushalt möglich geworden sind, sind keineswegs absurd groß. Ganz offensichtlich fährt der typische Autofahrer NICHT unnötig in der Gegend herum und nimmt übermäßig weite Strecken auf sich. Das hindert Politiker und »Experten« aller Art, die schon allein mit ihrem ständigen Tagungs- und Kongressaktivismus Abertausende von Kilometern ansammeln, natürlich nicht daran, von der breiten Masse der autofahrenden Bevölkerung demütigen Verzicht auf ihre angeblich so übermäßigen Autofahrleistungen einzufordern.

3. Auto versus ÖV – wer schafft esmit weniger Energie?

Das Autofahren ist mit Ärgernissen, Problemen und Nebenwirkungen aller Art belastet, keine Frage. Es verursacht Lärm und Abgase, es passieren Unfälle, es verbraucht Energie, es erfordert öffentliche Ausgaben. Das ist unbestreitbar.

Andererseits ist auch nicht zu übersehen, dass sich die Dinge in den zurückliegenden Jahrzehnten massiv zum Besseren entwickelt haben, zu wesentlichen Teilen durchaus auch aufgrund politischen »Drucks« und entsprechender gesetzlicher Vorgaben, zum Beispiel zu den erlaubten Abgasmengen (EU-Schadstoffklassen). Von den Schadstoffen, die früher ganz selbstverständlich und zunächst ohne große öffentliche Debatte aus den Auspuffen qualmten, ist fast nichts mehr übrig geblieben. Selbst gegenüber 1995, als die Autos insofern schon längst »aus dem Gröbsten raus waren«, haben sich die Emissionen des PKWs noch einmal massiv verringert.[5]

Der Kraftstoffverbrauch beträgt nur noch Bruchteile, während die Motorleistung und die Fahrwerte gegenüber den Frühzeiten der Massenmobilisierung ganz andere Größenordnungen erreichen. Ein Neuwagen bremst heute automatisch rechtzeitig ab, um einen Fußgänger zu schützen; die Insassen setzen sich heute nur noch einem winzigen Teil des Risikos aus, das sie vor Jahrzehnten (ohne Kopfstützen, Gurte, Airbags, Knautschzonen) eingehen mussten; entsprechend sind die Opferzahlen vor allem der Todesfälle ebenfalls bei einem Bruchteil früherer Werte gelandet, während die Fahrleistungen ein Vielfaches betragen:

1970 wurden im Straßenverkehr über 21.000 Menschen getötet, 2017 noch 3180; die Fahrleistungen aller Kraftfahrzeuge betrugen dabei 1970 nur etwa 250 Milliarden Kilometer, 2017 aber 784 Milliarden Kilometer, also mehr als das Dreifache. Der Rückgang der absoluten Zahl der Todesfälle liegt danach bei 85 Prozent; das Risiko in Relation zur Fahrleistung ist sogar um 95 Prozent vermindert, beträgt also nur noch ein Zwanzigstel!25

Natürlich sind auch 3000 Verkehrstote nicht gleichgültig hinzunehmen, aber es wäre doch absurd, die gewaltigen Fortschritte nicht erfreut zur Kenntnis zu nehmen. Und zur Einordnung: 2015 sind in Deutschland fast 25.000 Menschen durch Unfälle aller Art gestorben, davon zwar fast 3600 im Verkehr (knapp 15%), aber zum Beispiel fast 10.000 im häuslichen Umfeld.26

Übrigens: Von den Unfalltoten im Straßenverkehr entfallen mehr als ein Fünftel auf Fahrer von Krafträdern, die naturgemäß besonders gefährdet sind;27 bei den polizeilich registrierten Unfällen (mit Personenschaden) insgesamt gelten zu zwei Dritteln PKW-Fahrer als Hauptverursacher; etwa 17 Prozent der Unfälle werden von Fußgängern oder (weit überwiegend) Radfahrern provoziert.28

Der Unterschied zwischen einem Oldtimer, der zu Zeiten der Ölkrise unter Helmut Schmidt hochmodern war, und einem aktuellen Neuwagen ist offensichtlich ähnlich eklatant wie der zwischen einem flimmernden Röhrenfernseher und einem heutigen Flachbildschirm. Eigentlich müssten dem Autoverkehr und nicht zuletzt den Herstellern, die diese großartigen Fortschritte möglich gemacht haben, beständig Kränze gewunden und Dankeslieder gesungen werden. Hört und sieht man demgegenüber die jammernden, nörgelnden und moralisierenden ewigen Auto-Kritiker, so könnte man meinen, sie lebten noch in einer Zeitblase weit im vergangenen Jahrhundert und seien in ihrem Realitätsbezug über Wählscheibentelefone, Lavalampen und Lochkartencomputer noch nicht hinausgekommen. Es ist schon erstaunlich.

All die Fortschritte, die eigentlich völlig unübersehbar sind, scheinen wenig wert zu sein. Oder anders gesagt: Man gewinnt den Eindruck, das Auto wird es seinen ewigen Kritikern niemals recht machen können, egal welche Fortschritte es noch eingebaut bekommt.

Damit soll natürlich nicht behauptet werden, das heutige Auto sei frei von problematischen Aspekten, auch wenn es sich – verglichen mit früheren Generationen – nur noch um einen kleinen Restbestand handelt. Aber auf jeden Fall ist vor diesem Hintergrund zu fragen, ob denn die Nebenfolgen der motorisierten Mobilität wirklich kleiner wären, wenn die Menschen wie gefordert endlich »umsteigen« würden auf die angeblich besseren Verkehrsträger, vor allem Busse und Bahnen.

Es wird behauptet, diese seien umweltfreundlicher, und im Kern effizienter als das Auto. Das klingt zunächst durchaus einleuchtend, denn ein Eisenbahnzug, der bei einer einzigen Fahrt hunderte Personen transportiert, sollte doch tatsächlich spezifisch weniger Energie verbrauchen, als wenn zumeist nur eine Person und gelegentlich zwei im eigenen PKW unterwegs sind. Und ähnlich könnte man sich das vorstellen für große Omnibusse und Stadtbahnzüge in der Stadt: »Massenabfertigung« sollte effizienter sein als »Einzelbedienung«.

Es ist nur so: Leider funktioniert es in Wirklichkeit nicht, was sich ganz abstrakt so überzeugend anhört – bei näherem, kritischem Hinsehen aber Schattenseiten zeigt. Eine zentrale Ursache hierfür ist eigentlich leicht einzusehen: Der Zug, der laut Fahrplan fährt, wartet ja nicht, bis er voll besetzt ist. Er fährt, wenn die Zeit gekommen ist und das Bahnsystem gerade keine Verspätungsorgie durchlebt. Und zwar nicht nur um 7 oder 8 Uhr morgens, wenn Arbeitnehmer, Studenten und andere alle gleichzeitig unterwegs sind, sondern den ganzen Tag hindurch, auch noch abends um 22 Uhr, wenn kaum noch jemand unterwegs ist.

Um 8 Uhr morgens ist der Zug im Laufe seiner Strecke bis zur Oberkante gefüllt, aber um 22 Uhr sitzen vielleicht noch drei Leute im gesamten Waggon. Ein ähnlicher, »benachbarter« Effekt: In einer Straßenbahn in der Großstadt, die von der Endhaltestelle im Außenbezirk startet, sitzen selbst während der Berufspendelzeit nur drei Leute, und am anderen Ende der Linienführung ebenfalls. Nur im Umfeld des Stadtzentrums ist die Bahn wirklich voll.

Das Ergebnis der ungleichmäßigen Auslastung sowohl im zeitlichen als auch im räumlichen Rahmen ist, dass die öffentlichen Verkehrsmittel im Durchschnitt ungefähr zu einem Fünftel ausgenutzt werden, nach ihrer amtlichen Kapazität.[6] Das scheint vordergründig der Alltagserfahrung vieler ÖV-Kunden zu widersprechen, die zumeist in gut besetzten bis überfüllten Fahrzeugen unterwegs sind. Aber es ist nur normal, dass die vielen mehr oder weniger leer fahrenden Fahrzeuge nur von wenigen Fahrgästen »erlebt« werden, während die eher wenigen reichlich besetzten Fahrzeuge weit überproportional viele »Zeugen« produzieren. Oder anders gesagt: Die meisten Fahrgäste erleben volle Waggons, aber die Fahrer und Zugbegleiter erleben meistens schwach besetzte Fahrzeuge.

Man kann sich solche Relationen in einer Beispielrechnung vor Augen führen:

Wenn ein Bus mit 50 Plätzen zehnmal fährt, davon zweimal mit 40 und achtmal mit fünf Fahrgästen,

dann hat er 120 Fahrgäste befördert und damit eine durchschnittliche Auslastung von 24 Prozent (120 von 500) erzielt,

wobei acht der zehn Fahrten mit einem spärlich besetzten Bus erbracht wurden;

gleichwohl berichten hinterher zwei Drittel und damit eine große Mehrheit der Fahrgäste, es sei im Bus sehr voll gewesen.

Von dieser Seite her kann die angeblich höhere Effizienz von Bussen und Bahnen also nicht kommen, denn selbst ein PKW mit nur einem Insassen ist ja schon mit 20 Prozent der offiziell verfügbaren Sitzplätze ausgelastet.

Dann könnte die höhere Effizienz nur noch mit der Größe der Fahrzeuge (der »Gefäße«, wie die Fachleute gelegentlich sagen) begründet werden – und vielleicht in geringem Maße mit den speziellen Eigenarten der Eisenbahntechnik, bei der zum Beispiel die Rollreibung der Räder auf dem Fahrkörper geringer ausfällt als bei einem Autoreifen auf der Straße.29

Da die vergleichende Frage nach der Effizienz von ÖV und MIV hier sicher nicht in einer vollständigen, ingenieurmäßig exakten Analyse aller Einzelaspekte beantwortet werden kann, sollen nachfolgend zwei zentrale und beispielhafte Fragen betrachtet werden, nämlich

einerseits der Energieverbrauch der verschiedenen Verkehrsmittel, der natürlich auch Auskunft gibt hinsichtlich des vieldiskutierten Themas Klimaschutz, und

andererseits die jeweiligen betriebswirtschaftlichen Kosten, denn auch diese spiegeln nicht zuletzt den tatsächlichen (technisch-physikalischen) Aufwand der Beförderung wider.

Die ökonomische Seite wird in einem späteren Kapitel[7] betrachtet; hier geht es nun zunächst um den Energieverbrauch:

Den durchschnittlichen Verbrauch der Omnibusse im Linienverkehr gibt der VDV (Verband Deutscher Verkehrsunternehmen) mit 3,3 Litern je 100 Personenkilometer an.30 Das ist sicher ein recht günstiger Wert, den man auch mit einem sparsamen kleineren PKW als Einzelperson nicht ganz erreichen wird, mit zwei Personen im PKW allerdings durchaus gut unterschreiten kann.

Wie sieht die Sache bei den elektrisch betriebenen Verkehrsmitteln, also zum Beispiel den Straßenbahnen aus?

Hier wird es etwas schwieriger, denn die tatsächlichen Energieverbräuche im Schienenverkehr werden von den Unternehmen, die ihn betreiben, und auf Verbandsseite des VDV halbwegs geheimnisvoll behandelt; lieber wird angegeben und mit sympathischen Zahlen vorgeführt, wie vorteilhaft die Bahn angeblich in Sachen Klimaschutz sei.

Es wird also nicht der tatsächliche, unmittelbar technisch messbare Energieverbrauch während der Fahrt ausgewiesen, sondern von dort aus wird mehrstufig berechnet, welchem tatsächlichen CO2-Ausstoß in Abhängigkeit von spezifischen Konstellationen der Stromerzeugung das entspreche, und von dort aus rechnet der VDV dann sogar wieder zurück, wieviel Benzin oder Diesel man dafür verbrennen könnte.

Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?

Im »Forschungs-Informations-System Mobilität und Verkehr« des Bundesverkehrsministers wird eine Auswertung des VDV für 2009 (!) zitiert; demnach beträgt (d. h. betrug seinerzeit) der tatsächliche Stromverbrauch kommunaler Bahnen etwa 12 Kilowattstunden je 100 Personenkilometer.31 Hierbei handelt es sich nur um den Antriebsenergiebedarf beziehungsweise »Fahrstrom«, also denjenigen Strom, den die Triebwagen über Metallbügel aus der Oberleitung abnehmen.

Folgt man beispielhaft den Zahlenangaben der Düsseldorfer Rheinbahn,32 so fallen für den sonstigen Stromverbrauch des Unternehmens und nicht zuletzt den Betrieb der U-Bahnstationen erhebliche zusätzliche Energieverbräuche an, die – relativ zum Fahrstrom – eine Größenordnung von mindestens etwa 15 Prozent zusätzlich aufweisen dürften; das sind durchaus keine vernachlässigbaren Umfänge.

Nun ist dem elektrischen Energieverbrauch der (kommunalen) Schiene der Kraftstoffverbrauch des PKW gegenüberzustellen; aber natürlich können die verschiedenen physikalischen Größen nicht unmittelbar verglichen werden.

Für eine exakte wissenschaftliche Analyse sind nun verschiedene Ansätze der Umrechnung denkbar; da aber ohnehin ein Hauptinteresse am Thema Klimaschutz besteht, bietet sich tatsächlich an, vom Energieverbrauch auf die CO2-Emission umzurechnen, was beim Auto recht einfach ist, bei der stromgetriebenen Bahn aber nicht, denn: (Fortsetzung im Folgekapitel …)

4. Der Klimaeffekt vonNachfrageänderungen

Für den Rückschluss vom Stromverbrauch (egal welchen Verbrauchers, auch außerhalb des Verkehrswesens) auf CO2-Emissionen ist natürlich entscheidend, aus welchen Kraftwerken der Strom kommt. Die ÖV-Freunde und andere Spezialisten sind bei der Beantwortung dieser Frage recht erfindungsreich; häufig wird dem allgemeinen Publikum nahegelegt, es sei mit dem (deutschen) »Strom-Mix« zu rechnen. Das heißt: Man bilanziert am Ende eines Jahres, welche Stromleistungsumfänge in welcher Art von Anlagen (Kraftwerken) erzeugt worden sind, und bildet daraus einen Mittelwert.

Das kann man gesamtgesellschaftlich, für die gesamte Stromversorgung Deutschlands machen; im Fall der Eisenbahn wird auch gern das prinzipiell eigenständige Stromnetz der Deutschen Bahn zugrunde gelegt. Beides ist aber irreführend beziehungsweise einfach falsch. Und zwar weil die – quasi nachträgliche – statistische Verteilung von bei der Stromproduktion angefallenen CO2-Mengen auf alle Verbraucher nur eine Art Taschenspielertrick ist, der als Berechnungsgrundlage für Prognosen und als Basis für verantwortliche Entscheidungen überhaupt nicht taugt. Denn es geht ja letztlich um die Frage, welchen Umfang von Verkehrsleistungen man mit welchem Verkehrsmittel erzeugen will, also darum, ob das einzelne Verkehrsmittel in größerem oder kleinerem Umfang genutzt werden soll.

Darum dreht sich sowohl die Verkehrspolitik als auch die Entscheidung jedes einzelnen Verkehrsteilnehmers. Soll man das Auto nutzen oder es stehen lassen? Sollen zusätzliche Eisenbahnen oder Straßenbahnen eingesetzt werden, oder sollte man darauf verzichten? (Dass ein ÖV-Fahrzeug »sowieso« fährt, egal ob jemand zusätzlich einsteigt oder nicht, führt zu keiner sinnvollen Betrachtung auf Systemebene, denn es geht ja politisch darum, ob täglich Millionen Menschen dieses oder jenes Verkehrsmittel benutzen, und deshalb ist die »Sowieso-Perspektive« der Einzelperson ebenfalls untauglich.)

Deshalb muss für eine aussagekräftige, wahrheitsgemäße Betrachtung der Unterschied herausgestellt werden zwischen den beiden möglichen Entscheidungen: Das (Schienen-)Verkehrsmittel wird eingesetzt, sodass der entsprechende Umfang an Strom verbraucht wird, oder man entscheidet sich gegen den Einsatz dieses Verkehrsmittels, sodass man den Stromverbrauch vermeidet.

Ein zusätzlicher Stromverbrauch bedeutet aber innerhalb der deutschen Stromwirtschaft mit ihrem Vorrang für die »erneuerbaren« Quellen, dass in fast allen Situationen im Laufe eines Jahres zusätzlicher Strom aus fossilen Kraftwerken kommen muss, denn was an »Ökostrom« überhaupt verfügbar ist und von den häufig überforderten Netzen verkraftet werden kann, wird ja definitionsgemäß immer als Erstes eingespeist. Und es gibt eben auch heute noch nur überaus selten Zeitabschnitte, wo die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen rechnerisch die Gesamtnachfrage in Deutschland decken kann – aber dann ist noch lange nicht garantiert, dass tatsächlich keine anderen Kraftwerke mehr gebraucht werden, denn: Wenn zum Beispiel sehr viel Windstrom an der Nordsee erzeugt, der Strom aber am Bodensee oder im Allgäu gebraucht wird, dann sind die für solche Entfernungen unterdimensionierten Hochspannungsnetze vielfach gar nicht in der Lage, Angebot und Nachfrage tatsächlich zusammenzubringen.

Genau deshalb bezahlt Deutschland seine Nachbarn immer wieder dafür, regional überschüssigen Ökostrom abzunehmen, der sonst die deutschen Netze stellenweise zu überlasten droht. Nur sehr, sehr selten ist also damit zu rechnen, dass eine zusätzliche Stromnachfrage in einem Teil Deutschlands genau dort auf einen Angebotsüberschuss an Ökostrom trifft, der sonst nicht sinnvoll genutzt werden könnte. Nur in diesen außerordentlich seltenen Fällen wäre davon auszugehen, dass der zusätzliche Stromverbrauch etwa eines zusätzlichen Eisenbahnzuges ganz real klimaneutral abgedeckt werden kann.

Das sind die physikalisch-technischen Realitäten in der deutschen Stromwirtschaft in Zeiten der »Energiewende«. Und deshalb ist die Berechnung anhand eines (unausgesprochen) fixierten, fiktiv das ganze Jahr durch immer gleichbleibenden Strom-Mixes irreführend und falsch, denn in Wirklichkeit ändert sich der Strom-Mix ja andauernd, und zwar in direkter Abhängigkeit vom Umfang der Nachfrage: nicht nur jahreszeitlich, sondern täglich, sogar stündlich.

Zumindest theoretisch lässt sich spekulieren: Würde Deutschland nur halb so viel Strom brauchen, könnte heute schon recht häufig auf alle vermeintlich schlechten, regelrecht dämonisierten Kraftwerke, nämlich fossile und Atomkraftwerke, verzichtet werden.

Treibt man den Stromverbrauch dagegen noch deutlich höher, als er heute ist, und das wäre definitiv der Fall bei einer Umstellung des Straßenverkehrs auf Elektromobilität, dann wird es noch viele Jahre zusätzlich brauchen, bis die fossilen Kraftwerke mehr oder weniger überflüssig werden.

Der Erfolg der »Energiewende« hängt also unmittelbar davon ab, ob sich der Stromverbrauch insgesamt fallend oder steigend entwickelt. Mit jedem Auf oder Ab der Nachfrage – egal ob im Maßstab eines ganzen Jahres oder einer einzelnen Minute – verändert sich automatisch das Verhältnis zwischen regenerativ erzeugtem und fossil basiertem Strom. Nur eine solche dynamische Sichtweise, die den Unterschied herausarbeitet zwischen einem höheren und einem niedrigeren Stromverbrauch, führt zu einem aussagekräftigen Wert für den Klimaschutzeffekt dieser oder jener Verhaltensstrategie.

Hingegen etwa nach Ablauf eines Kalenderjahres die erzeugten CO2-Mengen »gerecht« auf alle Verbraucher zu verteilen, damit sie jeweils in sich gehen und ein schlechtes Gewissen entwickeln, ist eine statische Sichtweise, die keine Rückschlüsse darauf erlaubt, sondern die sogar geradezu vernebelt, was man mit einem geringeren Stromverbrauch hätte erreichen können. (Der Umbau der Stromerzeugungsanlagen hin zu den regenerativen Varianten ist – innerhalb der Stromversorgung – eigentlich immer nur der zweitbeste Weg, um Klimaschutz zu erzielen. Der beste Weg ist, den Stromverbrauch zu verringern!)

Diese methodische Differenzierung zwischen den zwei Sichtweisen – statisch oder dynamisch – entspricht etwa der Unterscheidung in der Ökonomie zwischen den Durchschnittskosten und den Grenzkosten; diesen Unterschied kann man sich dem Prinzip nach in einem vereinfachten Beispiel vor Augen führen:

Angenommen, ein Brauereimitarbeiter bekommt monatlich ein »Deputat« von zwei Kästen Bier gratis von seinem Arbeitgeber. Wenn er häufiger Grillpartys veranstaltet und Freunde einlädt, braucht er aber pro Monat noch zwei Kästen zusätzlich, die er für je 15 Euro im Laden kauft.

Insgesamt hat er dann vier Kästen zur Verfügung und 30 Euro bezahlt, das macht pro Kasten 7,50 Euro. Das sind die Durchschnittskosten.

Aber was passiert, wenn er im Hochsommer einen Kasten mehr verbraucht? Was kostet der zusätzliche Kasten? Natürlich immer noch 15 Euro, solange der Getränkemarkt seine Preise nicht ändert. Und das sind die Grenzkosten.

Bei zwei Kästen Deputat und drei zusätzlich gekauften Kästen hat der Mann insgesamt fünf Kästen Bier zur Verfügung und 45 Euro bezahlt, sodass die Durchschnittskosten je Kasten auf 9 Euro gestiegen sind!

Man sieht: Die Durchschnittskosten, die mal bei 7,50 Euro je Kasten liegen und mal bei 9 Euro, abhängig vom Gesamtverbrauch an Bier, sind eine rein statistische Größe, die keine vernünftige Aussage darüber erlaubt, was ein zusätzlicher Kasten kostet oder was man spart, wenn man einen Kasten weniger kauft. Solange – im gewählten Beispiel – der Gesamtverbrauch oberhalb der zwei Kästen Deputat bleibt, ist nur der tatsächliche Ladenpreis je Kasten von 15 Euro relevant.

Das bedeutet nicht, dass die errechneten Durchschnittskosten in den jeweiligen Einzelfällen »falsch« wären. Aber sie gelten eben nur im Einzelfall und führen in die Irre, sobald man mit ihnen abschätzen will, wie sich ein höherer oder niedrigerer Verbrauch monetär auswirkt.

5. Fortsetzung:Klima-Vergleich ÖV vs. PKW

Wenn die ÖV-Unternehmen heute unter Berufung auf den Strom-Mix so rechnen, als kämen 30 oder 50 Prozent oder mehr ihres Stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen, so ergibt sich ein Klimaeffekt, als bräuchten ihre Verkehrsmittel entsprechend weniger Energie. Deshalb vermeiden sie natürlich, den tatsächlichen (gesamten) Stromverbrauch überhaupt öffentlich bekannt zu geben, denn diese Zahlen wären nicht besonders schmeichelhaft.

Immerhin wissen wir ja aus früheren Jahren, als man noch ein wenig ehrlicher und transparenter mit den Dingen umgegangen ist, dass der tatsächliche Stromverbrauch je 100 Personenkilometer im kommunalen Schienenverkehr ungefähr bei 12 Kilowattstunden liegt, noch ohne stationäre Anteile.

Wieviel CO2 bei der Erzeugung zusätzlichen Stroms in fossilen Kraftwerken entstehen würde, hängt natürlich vom konkreten Kraftwerk und vom konkreten Brennstoff ab: Braunkohle, Steinkohle, Erdgas. Eine realistische Größenordnung sind 1000 Gramm CO2 je Kilowattstunde,33 wobei Braunkohlekraftwerke darüber liegen und die Steinkohleverstromung darunter; unter Einsatz sehr effizienter Gaskraftwerke lassen sich zwar auch 500 Gramm erreichen, aber diese Technik hat in der aktuellen Energiewende-Malaise kaum noch faire Marktchancen.34

Damit liegt der zusätzliche CO2-Ausstoß der Stromwirtschaft zugunsten zusätzlicher Verkehrsleistungen mit kommunalen Bahnen im Einzelfall auch einmal bei über 120 Gramm je Personenkilometer, theoretisch (mit Strom aus Erdgas) auch einmal bei nur 60 Gramm; alles in allem dürfte ein realistischer Näherungswert mindestens etwa 10 Kilogramm CO2 je 100 Personenkilometer oder 100 Gramm je Personenkilometer betragen.[8]

Das ist kein ganz schlechter Wert, aber auch kein überragender, denn ein heutiger moderner PKW kann durchaus mit einem CO2-Ausstoß in ähnlicher Größenordnung je Kfz-Kilometer fahren. Selbst wenn der PKW zum Beispiel 150 Gramm CO2 je Kilometer ausstößt, ist er bei Besetzung mit zwei Personen offenbar sparsamer und effizienter – jedenfalls im Bezug auf den Energieverbrauch – als die Fahrt mit der Stadtbahn.

Dabei sind zwei Dinge noch nicht berücksichtigt:

Erstens bietet der PKW im Vergleich zur Straßenbahn in den meisten Fällen deutlich mehr Komfort, Benutzerfreundlichkeit und Reisegeschwindigkeit. Das könnte man freilich bei voller Konzentration auf den Klimaschutz vielleicht als Nebensache betrachten.

Zweitens schlagen bei den spezifischen Energieverbräuchen des ÖV je Personenkilometer natürlich alle in der Statistik auftauchenden Fahrgäste zu Buche; viele dieser Fahrgäste fahren aber nur deshalb mit dem ÖV, jedenfalls in konkreten Einzelfällen, weil das Fahren mit Bussen und Bahnen massiv subventioniert ist und/oder weil man dank einem Monatsticket oder Ähnlichem (auch Semestertickets usw.) zusätzliche Fahrten quasi gratis unternehmen kann. (»Flatrate«-Preise!)