Den Darmkrebs 15 Jahre überlebt - Ruedi T. Sonderegger - E-Book

Den Darmkrebs 15 Jahre überlebt E-Book

Ruedi T. Sonderegger

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Beschreibung

Volle 15 Jahre hat der 88-jährige Autor Ruedi Sonderegger – ein schweizerischer Unternehmensberater und Publizist mit mehr als einem halben Jahrhundert internationaler Berufserfahrung – seine Darmkrebsoperation schon überlebt, und damit alle Prognosen übertroffen. Schon damals stellte er die bedeutungsvolle Frage „Herr Professor, sind Sie bei der Operation auch meiner Seele begegnet?“ Aus seiner seitherigen langen Erfahrung heraus beschreibt er in diesem Buch der Dankbarkeit nicht nur die erlebten medizinischen Aspekte seiner Krankheit. Weil sie sich nicht nur beim Krebs, sondern bei sämtlichen schweren Erkrankungen als überaus wichtig erweisen, informiert er die Leser eindrücklich und überzeugend auch über seine dank dem Krebs gewonnenen Erkenntnisse auf dem seelischen, geistig-spirituellen Bereich. Dieser Autor mit seiner vielseitigen Lebenserfahrung und langen Krankheits- und Heilungsgeschichte weiß, warum er den Leser bei vielen Zusammenhängen immer wieder zum Nachdenken über sich selbst auffordert.

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Dieses Buch widme ich in grosser Dankbarkeit meiner lieben Frau Ilse und meinen Kindern Rolf, Ingrid und Reto. Sie waren für mich in jenen düsteren Tagen, die unabwendbar auch für mich mit der Krebs-Erkrankung verbunden waren, der wärmende und Licht spendende Sonnenstrahl.

Des Weiteren danke ich von ganzem Herzen all den vielen Ärzten, Pflegerinnen und Pflegern, die sich all die Jahre so aufopfernd um mich bemüht haben. Ihrem Berufsstand gehört meine grösste Hochachtung.

Für die Ärzte und Bezugspersonen sind in diesem Buch aus Gründen des Personenschutzes fiktive Namen verwendet worden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist denn eigentlich Krebs

Krebs ist immer eine Schicksalsfügung

Das Geschehnis „Leben“

Einklang statt Kampf

Meine persönliche Begegnung mit dem Krebs

Der Schock

Das Gespräch mit dem Hausarzt

Erster Kontakt mit dem Chirurgen

In arger Zeitnot

Die endgültige Operations-Entscheidung

Die Spital-Tage vor der Operation

Die neue Integration und Prägung als Spitalpatient

Das arme kleine Mädchen

Der Operationstag

Auch die schönste Krankheit taugt halt nichts!

Meine Begegnung und mein Umgang mit dem Phänomen Schmerz

Herr Professor, sind Sie bei der Operation auch meiner Seele begegnet?

Das Leben - ein Tanz der Moleküle

Das Zellgebilde Mensch, seine Mikroumgebung, sein Immunsystem

Ein Rückblick auf die Zeit danach

„Hallo, neuer Tag“

(Das ist mein tägliches Morgengebet)

Thesen - Erkenntnisse – Glaubensfragen

Die Stomaträger als unsere Mutmacher

Negatives und Angst durch Freude ersetzen

Die Verwurzelung des Geistes mit der Natur

Mein Geist und meine Seele

What's eating you

Spannung - Multitasking - Burnout - Krebs?

Zuhören, respektieren, vertrauen

Krankheit verändert die Bewusstseinslage

Gesundheitstagebuch und Rituale

Was habe ich vom Krebs gelernt?

Warum durfte ich den Krebs überleben?

Nicht mit dem Schicksal hadern

Nutzen wir unsere Chance

Lernen dankbar zu sein

Empathie

Gedanken zum letzten Lebensabschnitt

Krebs Auskunftsdienste international

Mein Literatur- und Quellenverzeichnis

Was ist denn eigentlich Krebs?

Unser menschlicher Körper ist ein Wundergebilde, in dem eine grosse Anzahl unterschiedlicher Organe ihren Dienst verrichten. Je nach ihrer Aufgabe weisen sie eine unterschiedliche Zellstruktur auf. Die Zellen im Herz, in der Lunge, in der Leber, in den Nieren, in der Blase, in der Milz, im Hirn, im Magen, in den Därmen, in der Haut und in allen anderen Organen, sie alle sind entsprechend ihrer spezifischen Aufgabe ganz unterschiedlich strukturiert.

Jedes Leben beginnt als erste Zelle. Sie vervielfacht sich im gesunden Zustand durch eine kontrollierte Zellteilung, gleichzeitig spezialisiert sie sich für das betreffende Organ. Normale, spezialisierte Zellen sind aufeinander abgestimmt und funktionieren harmonisch untereinander.

Das Wort Krebs steht für eine große Gruppe verschiedenartiger Erkrankungen, die aber eines gemeinsam haben: die unkontrollierte, krankhafte Teilung von Zellen eines Organs oder Gewebes. Wenn Zellen sich unkontrolliert teilen, zu wuchern beginnen, entstehen Geschwulste. Diese können sowohl gutartig als auch bösartig sein. Eine neue Geschwulst wird als Neoplasie, als Neubildung bezeichnet. Eine benigne Neoplasie ist eine neugebildete gutartige Geschwulst. Gutartige Geschwülste entstehen zum Teil infolge von Störungen der Regulation übergeordneter Impulse, z.B. durch hormonale Fehlsteuerungen endokriner Organe (innerer Drüsen). Sie können unter Umständen ansehnliche Grössen erreichen und das benachbarte Gewebe erheblich beinträchtigen. Die Ursache für die Entstehung von Krebs hingegen liegt in einer Veränderung des Erbmaterials von Körperzellen, die zur Fehlsteuerung des Wachstums führt. Es müssen viele Faktoren, äußere und innere, zusammenwirken, um eine Zelle in eine Krebszelle umzuwandeln.

Am Anfang einer Krebserkrankung wandeln sich normale Zellen in bösartige, die sich unkontrolliert zu teilen beginnen. Wenn die Abwehrmechanismen des Körpers sie nicht zerstören können, entstehen immer mehr kranke Zellen, die zu Beginn eine örtlich begrenzte Geschwulst (Tumor) bilden. Dann werden die Nachbargewebe durchwuchert.

Bösartige, maligne Tumoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie der normalen Wachstumskontrolle des Organismus entzogen sind. Die veränderten Zellen vermehren sich ungebremst. Die Geschwulstzellen haben neue biologische Eigenschaften, sie reagieren nicht mehr auf die Regulationsimpulse des Organismus. Sie wachsen in umliegendes Gewebe ein und zerstören es, können in Blutbahnen und Lymphgefäße eindringen und mit dem Blut- und Lymphstrom in andere Körperorgane gelangen, sich dort ansiedeln und erneut vermehren – es entstehen Tochtergeschwülste, die so genannten Metastasen. Man hat den bösartigen, malignen Geschwülsten Namensbezeichnungen gegeben, die sowohl auf ihre Herkunft als auch auf den Schweregrad hinweisen. Bösartige Tumoren, die von der obersten Zellschicht eines Gewebes ausgehen, heissen Karzinome. Tumoren, die sich aus Stütz- oder Bindegewebe entwickeln, heissen Sarkome. Sie werden je nach dem Muttergewebe verschieden bezeichnet. Sarkome kommen im Gegensatz zu Karzinomen auch schon im jüngeren Lebensalter häufiger vor und führen in der Regel zu einem frühen Tod.

Adenome sind gutartige Geschwülste, die von der obersten Zellschicht ausscheidender Drüsen oder von der Schleimhaut des Magen-Darm-Traktes ausgehen. Sie können bösartig entarten, zu Adenokarzinomen. Und sie können nach innen oder nach aussen wachsen. Dazu gehören Adenokarzinome des Gastrointestinaltraktes (Magen-Darm betreffend) wie Magen, Pankreas-(Bauchspeicheldrüse), Gallenwegs- sowie kolorektale (Endabschnitt des Dickdarms betreffende) Karzinome.

Präkanzerosen sind Neubildungen, die erfahrungsgemäss häufiger als normales Gewebe nach einiger Zeit zu bösartigen Tumoren entarten. Hinter jeder Krebsart und jeder Krebserkrankung steht eine eigene Geschichte. So wenig man von dem Krebs sprechen kann, so wenig gibt es auch die Krebsursache. In bestimmten Fällen, darunter auch bei Sonderformen des Darmkrebses, können krebsbegünstigende Genveränderungen auch vererbt werden.

Äußere Einflüsse, die zur Auslösung einer Krebserkrankung beitragen können, wie beispielsweise Tabakrauch, die ultravioletten Strahlen der Sonne, radioaktive Strahlung, bestimmte Schimmelpilze auf Lebensmitteln, Fehlernährung, einige Virusinfektionen oder manche Chemikalien, können nicht allein verantwortlich gemacht werden. Wesentlich für die Schädlichkeit krebsfördernder Einflüsse ist unter anderem auch die Dauer des Einwirkens. – Zusammen mit der Abnahme der Reparaturfähigkeiten des menschlichen Organismus im Alter ist dies einer der Gründe dafür, dass Krebserkrankungen bei älteren Menschen wesentlich häufiger sind als im jüngeren Lebensalter. An Darmkrebs beispielsweise erkranken in der Regel Menschen eher in der zweiten Lebenshälfte oder sogar meist erst in höherem Alter, bei jüngeren Patienten sind oft vererbte Anlagen festzustellen.

Vorbeugen kann man dem Krebs vor allem durch eine gesunde Lebensweise. Trotzdem kann man davon betroffen werden. Man kann ihn leider wegen seiner vielfältigen, komplexen Struktur nicht auf einfache Weise durch Medikamente heilen. Deshalb wird er je nach dem betroffenen Organ manchmal gleichzeitig auf dreifache Weise angegangen. Durch Chemotherapie, Bestrahlung und Operation. Die Chemotherapie ist eine komplexe Wissenschaft, die eingesetzten Mittel weisen viele gefürchtete Nebenwirkungen auf. Aber man hat durch einen enormen Forschungsaufwand in den letzten Jahren grosse Fortschritte erzielt. Auch bei der Bestrahlung ist man durch neue Geräte so weit gekommen, dass die Zerstörung nebenliegender Organe weit weniger vorkommt. Bei der Operation ist es das Ziel, durch radikale Entfernung der Krebsgeschwulst einschliesslich bereits befallener Lymphknoten den Menschen so vom Krebs zu befreien, dass ein Weiterwachsen gestoppt wird.

Wichtig ist es in allen Fällen, rechtzeitig, das heisst frühzeitig den Krebs zu entdecken, denn das vervielfacht die Heilungschancen. Deshalb kommt der Vorsorge eine enorme Bedeutung zu. Aber leider scheinen alle Aufrufe dazu immer noch wenig zu fruchten. Was dann passieren kann, will ich Ihnen in diesem Buch mit der Beschreibung meines eigenen Krankheitsfalles beschreiben. Aber eines muss man wissen, es gibt nicht den Krebs. Jede Art und jeder Fall ist anders. Jede Erkrankung verläuft je nach der Vorgeschichte des Betroffenen anders. Deshalb sollte man sich vor Analogien hüten. Doch eines haben wir alle gemeinsam. Der Krebs betrifft nicht nur unseren Körper. Unser Geist und unsere Seele werden von seinen Auswirkungen ebenfalls betroffen. Mein Bestreben ist es, allen Betroffenen und ihren Angehörigen Mut zu machen, und aufgrund meiner Erfahrungen wenigstens Gedankenanstösse zum allseitig richtigen Umgang mit dem Schicksalsschlag Krebs zu geben. Vertrauen Sie bitte auch sich selbst, und setzen Sie auf den Fortschritt.

Krebs ist immer eine Schicksalsfügung

Wer trotz seiner Vorsorge mit der brutalen Diagnose Krebs konfrontiert wird und in ein tiefes Loch fällt, stellt unweigerlich die Frage nach dem Warum, – sich selber und den Ärzten.

Die Medizin bietet uns in diesem Moment zwar viel Erfahrungswissen, kann über zunehmend mehr Erfolge berichten, aber auch sie steht bei jedem neuen Krankheitsfall selber vor einer neuen Ungewissheit. Sie kann uns nur selten die genaue Ursache nennen, die im spezifischen Fall zur Erkrankung führte, und der Versuch zur Heilung ist immer wieder ein neues Experiment.

Es gibt nämlich nie den Krebs, so wie auch keiner unter den mehr als 7 Milliarden Menschen genau gleich wie der andere ist. Deshalb gibt es auch keine logischen Erklärungen dafür, warum die einen an ihrer Krebserkrankung sterben müssen, die anderen ihn eine kürzere oder längere Zeit überleben dürfen.

Der Krebs betrifft wie alle anderen Erkrankungen auch nie nur unseren physischen Körper, sondern ebenso sehr unseren Geist und unsere Seele. Mit unserem Intellekt allein vermögen wir ihn weder zu verstehen noch zu akzeptieren. Schon die Diagnose empfinden wir als schweren Schicksalsschlag. Welche Hoffnungen bleiben uns also?

Quantenphysiker wie Jean Emile Charon haben schon vor Jahrzehnten die These aufgestellt, dass sich irgendwo im subatomaren Teilchenbereich Geist und Materie nicht mehr trennen lassen. Wird uns deshalb die Quantenphilosophie in Sachen Krebs in Zukunft neue Erkenntnisse und Hoffnungen bringen?

Auf jeden Fall sind alle, die den Krebs überleben durften, durch ihre Erkrankung zu einem neuen Denken gelangt, das Fragen über Fragen zu unserem ganz persönlichen Ich im biologischen wie geistigen Bereich aufwirft.

In den fünfzehn Jahren, in denen ich selber den Krebs bisher überlebt habe, suche ich nach Erklärungen, stelle mir die erlebten Umstände immer wieder aufs Neue vor, verschaffe mir immer mehr Kenntnisse im medizinischen Bereich, taste mich aber auch auf der Ebene der Philosophie an neue Erkenntnisse heran.

Dieses Bemühen hat nicht nur eine immer grösser werdende Dankbarkeit für mein eigenes Erleben entstehen lassen, sondern auch ein Gefühl der Verpflichtung, Mitbetroffenen durch die Schilderung meiner Erfahrungen zu helfen, ihr eigenes Schicksal vielleicht besser zu verstehen und zu bewältigen.

Das Geschehnis „Leben“

Der Begriff Leben erhält im schweren Krankheitsfall plötzlich viele neue Dimensionen. Es ist eine besondere, vor allem philosophische Sichtweise, aus der ich in diesem Buch die Hintergründe meiner Krebserkrankung und meiner Heilung hinterfrage. Als einer derjenigen, die den Krebs lange überleben durften, haben mich meine Erlebnisse dazu gebracht, vor allem über mentale Bereiche vertieft nachzudenken, weil sie nach meiner Erfahrung bei der Entstehung, Behandlung und Heilung vom Krebs eine ebenso wichtige Rolle spielen wie die körperlich-medizinischen Belange.

Bei beiden geht es um das Leben als ein Geschehnis und als Mysterium. Seit der Mensch zu denken vermag, hat er versucht, die Geheimnisse des Lebens auf unserem Planeten und auch im Kosmos zu ergründen. Jede Generation von Forschern und Wissenschaftern hat neue Erkenntnisse hinzugefügt.

Aber jene grosse Ordnung, die alles Geschehen lenkt, bleibt auch für die heutige Wissenschaft, die uns sogar den Vorstoss in den Weltraum ermöglichte, immer noch ein ungelöstes Geheimnis. Das bezieht sich auch auf das Phänomen der Krebsursachen und der Krebs-Heilung, die uns vorläufig weder medizinisch noch philosophisch erklärt werden können, und wo uns deshalb oft Vermutungen und Wahrscheinlichkeiten anstelle von gesichertem Wissen präsentiert werden.

Ich bin zwar kein studierter Mediziner, aber ein geheilter Krebspatient mit Langzeiterfahrung. Gerade diese machte den Spruch „Erkenne dich selbst“ am Eingang des antiken Apollontempels zu Delphi für mich zur wichtigen eigenen Lebensaufgabe. Und weil die Medizin dabei eine grosse Rolle einnimmt, habe ich mir auch die Aussage des Chirurgen Professor Sauerbruch: „Wer sich nur auf eingefahrenen Geleisen bewegt, wird niemals Neuland betreten“ zu einer Leitlinie gesetzt. Denn in allen Wissenschaftsbereichen muss man sich immer wieder von bestehenden Dogmen abwenden, um neues Wissen zu erwerben.

Neuland bedeuten heute jene wissenschaftlichen Stimmen aus dem Gebiet der Molekularbiologie mit ihrer These, dass sich irgendwo im submolekularen Bereich, also auf der Ebene des Allerkleinsten, Materie und Geist nicht mehr trennen lassen.

Sie sind der Ausgangspunkt für eigene Überlegungen im Zusammenhang mit meinem Krebs. Ich habe sie im grossen Staunen, in Ehrfurcht und Respekt vor allem Geschehen im Universum – im unendlich Grossen wie im unendlich Kleinen –, und in angebrachter Demut vor dem grossen wissenschaftlichen Wissen angestellt.

Sie sind auch nur als gedanklicher „Entwurf“ meinerseits zu betrachten, denn es könnte sonst als Anmassung empfunden werden, wenn ich als Nichtwissenschafter und Nichtarzt besondere Gedankengänge aufnehme, und sie in einen Zusammenhang mit meiner Krankheits- und Heilungsgeschichte bringe. Und doch dürfen und sollen auch wir Patienten neue Denkpfade beschreiten, eigene Anstösse geben, um zusammen mit den Medizinern und Wissenschaftern aufgrund unserer Erfahrungen und Erlebnisse neue Erkenntnisse zu sammeln.

Einklang statt Kampf

Der Begriff „Kampf gegen den Krebs“ ist in unserer Gesellschaft zu einem vielgebrauchten Schlagwort geworden. Auch als ich Unwissender vor 15 Jahren selber die Diagnose Krebs erleben und ihrem Gefolge eine grosse Operation überstehen musste, wollte ich gemäss den vielen Ratschlägen selbstverständlich gegen ihn kämpfen.

Aber dann wurde mir glücklicherweise klar, dass alle Krankheiten besondere Abläufe in der menschlichen Natur darstellen, und dass einem eine gewisse pantheistische Grundhaltung eher hilft, sie zu überstehen. Wir sind nur ein Bestandteil der beseelten Welt, die sich in der gesamten Natur, in den Menschen, Tieren und Pflanzen manifestiert. Alle ihre Geschöpfe können langfristig nur in Symbiose, im Einklang mit der Natur überleben. Man wäre deshalb in einem Kampf gegen die Natur und somit gegen den Krebs der aussichtslose Schwächere. Der biegsame Ast übersteht den starken Wind, der knorrige bricht.

Dazu ist von uns gegenwärtig rund 7 Milliarden auf dem Planeten Erde lebenden Menschen nicht einer gleich wie der andere. Somit konnte doch mein Krebs nicht mit dem eines anderen verglichen werden. Ich versuchte, seine vielen Eigenheiten immer wieder im Zusammenhang mit meiner individuellen Lebensgeschichte zu hinterfragen. Mir wurde klar, dass nicht der Kampf, sondern nur die Anpassung und Akzeptanz zum Erfolg führen können, und so begann ich, mich mit meinem ganz persönlichen Krebs zu arrangieren.

Selbstverständlich gehörte der Erwerb von immer mehr Fachwissen über die Krankheit als solche auch dazu. Ich las mich durch Unmengen von Fachliteratur hindurch, im Bestreben, immer mehr davon verstehen zu lernen. Und wo immer möglich führte ich tiefschürfende Gespräche mit meinen Ärzten, zahlreichen Krebsspezialisten, aber auch mit anderen Krebspatienten und ihren Angehörigen.

Am 31. Mai 2001 wurde mein Darmkrebs operiert. Mein unmittelbares Überleben verdankte ich in erster Linie dem Wissen, Können und der Erfahrung eines begnadeten Chirurgenteams, der aufopfernden Pflege im Spital, der weiteren Betreuung durch Onkologen und Pharmakologen. Mit unendlicher, demütiger Dankbarkeit denke ich an jene für mich schwierige Zeit zurück. Aber der Rückblick auf meinen erstaunlichen Heilungsprozess in den vergangenen fünfzehn Jahren, der schulmedizinisch allein kaum erklärbar ist, ist zusätzlich geprägt von einem ganzheitlichen Hinterfragen.

Meine schulmedizinischen Kenntnisse sind klein im Vergleich mit dem Wissen und der Erfahrung der auf Krebs spezialisierten Ärzte und Wissenschafter, obwohl ich sie immer wieder auf den neuesten Stand gebracht habe. Sie übersteigen aber sicher das Fachwissen des üblichen medizinischen Laien. – Meine Legitimation zur Information anderer Betroffener, ihrer Angehörigen und Freunde, wie auch Ärzte, über meine ganz persönliche Erfahrung mit meinem Krebs, liegt vor allem im seltenen Umstand, dass ich ihn inzwischen länger als 15 Jahre überleben durfte.

Auch für mich ist und bleibt der Krebs an sich ein vielfältiges Mysterium. Seine Ursachen und Entstehung konnten bisher weder voll erforscht werden, noch sind Wundermittel oder Therapien entdeckt worden, die zu seiner völligen Heilung führen. Darum ist mir klar geworden, dass mein Krebs und meine Heilung im Zusammenhang mit meiner persönlichen Lebensgeschichte stehen müssen, derjenige eines anderen wiederum mit seiner eigenen Lebensgeschichte.

Deshalb bitte ich meine Leser und Leserinnen, meine in diesem Buch geschilderten Erfahrungen, sowie meine persönlichen Denk- und Verhaltensweisen immer wieder so nachzuvollziehen, als ob Sie selber oder ihre betroffenen Angehörigen sich in jeder einzelnen Situation befinden, und wie Sie sich selber dabei fühlen und verhalten würden.

Ihre gedanklichen Pendants zu meinen Erfahrungen werden so zu Ihrem eigenen Ratgeber für vergleichbare Situationen und Erfahrungen. Sie verfassen so Ihr eigenes Buch.

Eigene spirituelle Gedankengänge können Ihnen helfen, mit eigenen schwierigen Situationen besser klar zu kommen.

Meine persönliche Begegnung mit dem Krebs

Aus eigener Erfahrung weiss ich, dass Krebserkrankungen sowohl von den Betroffenen selbst wie auch von ihren Angehörigen in erster Linie mit Siechtum, Schmerz und Tod in Verbindung gebracht werden. Die grosse Angst vor der Diagnose Krebs hängt wie ein Damoklesschwert über den meisten von uns, seitdem wir wissen, dass die verschiedenen Krebserkrankungen trotz den grossen Fortschritten in der Medizin immer noch eine zunehmende Tendenz aufweisen.

Es ist vor allem diese Angst, gepaart mit Unwissenheit, die den Krebs für viele sogar zum Tabuthema gemacht hat. Man will erst näheres darüber wissen wenn man aus heiterem Himmel mit der brutalen Diagnose Krebs konfrontiert wird. Dann aber reicht sehr oft die Zeit kaum mehr, um sich umfassend zu informieren. Auch ich habe die Diagnose als Blitz aus heiterem Himmel erlebt, und danach wegen meinem ungenügenden Wissen unsägliche Ängste vor der grossen Operation durchstehen müssen.

Wie froh wäre ich beim Diagnoseschock gewesen, wenn ich mehr über den Krebs als Geschehen gewusst hätte, über die Möglichkeiten und Wege, dieses zu bewältigen, über die schwierige Zeit, die mir bevorstand, und über das damit verbundene Erleben und Leiden.

Informationen über Krebs helfen uns dabei, die Erkrankung besser zu verstehen, sie erleichtern es, sich aktiv und vertrauensvoll an notwendigen medizinischen Maßnahmen zu beteiligen und die Krankheit besser zu bewältigen.

Viele mit der Krebserkrankung verbundene Ängste erwachsen aus Fehleinschätzungen der Situation und aus mangelndem Wissen über mögliche und notwendige Maßnahmen der Diagnose und Therapie. Informierte Patienten verstehen besser, was die Ärzte tun, um die Erkrankung festzustellen und zu behandeln, können über mögliche Vorgehensweisen leichter mitentscheiden und eine Therapie besser mit tragen.

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über das Wesen von Krebserkrankungen wachsen ständig, oft in kleinen, für uns Nichtwissenschafter kaum nachvollziehbaren Schritten. Dennoch ergeben sich aus diesem Wissenszuwachs immer wieder Fortschritte auch für uns Patienten. Deshalb ist es einerseits wichtig, dass wir über die wesentlichen Früherkennungs-, Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten gut informiert sind.

Aber dieses fachliche Wissen ist nur ein Teil dessen, was wir im Falle einer Krebserkrankung neu dazu lernen müssen. Mit der Krebserkrankung beginnt man ganz andere Fragen zu stellen als zuvor. Fragen, die uns die Ärzte nicht oder noch nicht beantworten können oder wollen. Weil der Krebs alle Teile unseres Wesens, den Körper, den Geist und vor allem auch die Seele betrifft, verändert er unser ganzes Leben, unsere familiäre Umgebung, unseren Freundeskreis, und unsere inskünftigen Tätigkeiten. Er setzt viele neue Wertmassstäbe. Die Begegnung mit dem Krebs führt uns unversehens auch in die tieferen Schichten unseres eigenen Seins. Jeder Krebs schreibt auch seine eigene Geschichte, und diese ist mit einer erfolgreich durchgeführten Operation und Therapie noch keineswegs beendet.

Meine persönliche Geschichte will ich Ihnen mit der Schilderung von persönlichen Abläufen und Empfindungen in diesem Buch erzählen.

Der Schock

Es ist später Freitagnachmittag. Zusammen mit meiner Frau bin ich auf der Heimfahrt vom Pflegeheim, wo ich seit längerer Zeit eine ältere Dame aus unserem Bekanntenkreis betreue. Wir nähern uns dem letzten Kreisel vor unserer Wohngemeinde, als ich plötzlich das Gefühl habe, jemand habe mir ein Messer in den Bauch gestossen. Ich könnte aufschreien vor Schmerz, kann kaum mehr das Steuerrad festhalten, und fühle mich sterbenselend. Kalter Schweiss tritt mir auf die Stirne und mir wird schwindlig. Als ich auf die Seite fahre und anhalte fragt meine besorgte Gattin "Was ist denn los mit Dir". "Ich weiss nicht, ich habe plötzlich so starke Schmerzen im Bauch und fühle mich so elend". "Dann fahre doch bitte sofort zu Dr. Strasser." – "Ich kann nicht, das ist zu weit, und er ist heute sowieso abwesend". Als der Schmerz nach einer Weile etwas nachlässt, fahre ich wenigstens noch die 800 m bis nach Hause. Kaum dort angekommen, wird alles erneut schlimmer.