Der Abstecher - Siegfried Lenz - E-Book

Der Abstecher E-Book

Siegfried Lenz

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Beschreibung

"Ich gestehe, ich brauche Geschichten, um die Welt zu verstehen." "Der Abstecher" von Siegfried Lenz erschien erstmals 1996 als Teil von "Ludmilla. Erzählungen" im Hoffmann und Campe Verlag. Was sucht der Amerikaner Glen Muskie auf den Düppeler Schanzen, jenen Hügelbefestigungen, die im Deutsch-Dänischen Krieg des Jahres 1864 von den Preußen erstürmt wurden? Eine seit längerem im Familienbesitz befindliche Tapferkeitsmedaille hat ihn hergeführt, er will sich ein Bild vom Ort der Heldentat machen und berichtet einem Heimatforscher von seinen Bemühungen. "Diese Geschichte […] historisiert […] noch einmal das Problem des Gehorsams gegenüber Befehlen", urteilte Walter Hinck 1996 in der FAZ über diese Erzählung. Diese eBook-Ausgabe wird durch zusätzliches Material zu Leben und Werk Siegfried Lenz ergänzt.

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Seitenzahl: 20

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Siegfried Lenz

Der Abstecher

Erzählung

Hoffmann und Campe Verlag

Der Abstecher

Alle anderen Passagiere des weißen, lackglänzenden Fördedampfers drängten sich an der Reling, um dem Ablegemanöver zuzusehen, nur er nicht. Er setzte sich gleich an einen kleinen Klapptisch, blinzelte in die Sonne, wischte sich mit beiden Händen übers Gesicht und legte dann dieses flache, bronzene Ding auf die Tischplatte und starrte es an, brütend und ausdauernd. Der schmächtige Mann mit der Nickelstahlbrille, der ihn an die Pier gebracht hatte, stand immer noch geduldig vor dem Schiff und wartete, hoffte wohl auf einen Abschiedsgruß, doch der hochgewachsene Bursche am Klapptisch machte vorerst keine Anstalten, an die Reling zu treten und hinabzuwinken; wie geistesabwesend saß er da, unbeeindruckt von den Rufen, den Kommandos, dem fröhlichen Gedränge. Ganz verloren in die Betrachtung des bronzenen Gegenstandes, schüttelte er den Kopf, gerade als müßte er sich gegen eine aufsteigende Erinnerung wehren.

Als der Fördedampfer nach mehreren Signalen ablegte, kramte er aus seiner Reisetasche Pfeife und Tabakdose hervor, legte auch sie auf den Klapptisch, rauchte jedoch noch nicht, sondern trat nun ebenfalls an die Reling und blickte auf die Pier hinunter. Lange brauchte er nicht zu suchen, um den Mann zu finden, der ihn begleitet hatte. Wie von einer Schnur gezogen, hoben beide im Augenblick des Erkennens einen Arm, winkten nicht, hoben nur den Arm und ließen ihn starr in der Luft ruhen; es war ein seltsamer Abschied, der manches vermuten ließ oder einschloß, keineswegs aber den Wunsch nach einem baldigen Wiedersehen. Noch bevor die anderen Passagiere an die Tische stürmten und sich um Stühle und Bänke stritten, ging er ruhig zu seinem Platz zurück und stopfte sich die Pfeife, und nachdem er sie angezündet hatte, nahm er das flache Ding auf, das an einem Band hing, und ließ es einmal propellerhaft kreisen.