Der Absturz - Sibylle Luise Binder - E-Book

Der Absturz E-Book

Sibylle Luise Binder

0,0

Beschreibung

Eigentlich wollte Tierärztin Valerie im Urlaub einem befreundeten Biologen in Alaska bei einem seiner Projekte helfen. Doch dann stürzt mitten in der Wildnis Alaskas das Flugzeug ab und Valerie findet sich an einem einsamen See außerhalb der Zivilisation wieder. Zum Glück ist sie nicht alleine. Mit ihr ist der Dirigent Titus abgestürzt - und die Beiden müssen sich nun nicht nur gemeinsam durchschlagen, sondern auch zusammen raufen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 530

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Sibylle Luise Binder

Der Absturz

Romantische Liebesgeschichte

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Abflug

Do it yourself

Runter kommen sie alle …

Gestrandet in Alaska

Voll lagerfähig …

Am Lagerfeuer – zum ersten Mal

Who’s who - mitten in der Nacht

Der Morgen danach

Küchenbau für Anfänger

Unter Feuer

Wo, bitte, geht’s zum nächsten Supermarkt?

Wochenend' und Sonnenschein

Der Dirigent als Holzhackerbub

Das große Halali

Vierbeinige Mitbewohner

Stille

Es wird gemütlich

… ist so kalter Winter

Liebeskummer und Heimweh

Der Angriff

Mit Müh‘ und Not

Die Schlittenfahrt

Der Abschied

Der lange Weg

Heiße Nächte in Alaska

Jede Menge offene Fragen

Das war’s gewesen?

Zurück am Ausgangspunkt

Ganz weit weg

Im Arbeitstempo Marsch?

Ausflug in den Schwarzwald

Der Opernball

Angekommen

Impressum neobooks

Abflug

Der Absturz

Eine romantische Komödie

(c) Sibylle Luise Binder

Fort Yukon, Alaska,

Mitte September

Valerie Gmelin zog die Kapuze ihres grauen Hoodies über ihre kurzgeschnittenen, dunklen Haare, stellte sich auf die Zehenspitzen – dass sie nicht eben zum Geschlecht der Riesen gehörte, hatte sie schon immer geärgert – und schielte durch das verkratzte Kunststoff-Fenster aufs Vorfeld hinaus. Dort standen drei Flugzeuge: Die kleine Cessna, mit der sie aus Anchorage gekommen war und die etwas größere Piper, die den zweiten Fluggast und seine Begleitung gebracht hatte. Doch die beiden Maschinen interessierten Valerie nicht sehr.

Sie schaute auf die dritte, eine blau-weiße Propellermaschine, die mit ihrem Motorblock und den beiden Propellern auf den hochsitzenden Flügeln fast unproportioniert wirkte. Auch ihr Fahrwerk schien zu klein zu sein – als ob sie es von einer anderen Maschine ausgeliehen und unter ihren dicken Bauch mit den breiten Kunststoffplanken geklemmt hätte. In diesem Bereich war die Maschine blau gestrichen, was aber nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass sie schon etwas verkratzt war.

Valerie tröstete sich damit, dass die Kratzer von treuen Diensten kündeten. Dazu wusste sie, dass es sich bei dem dickbäuchigen Vogel um eine Dornier Seastar handelte und dass sie am Bodensee – für die Schwäbin Valerie vertrautes Gelände – entwickelt und gebaut worden war und als sehr zuverlässig galt. Letzteres hatte man ihr auch vom Piloten berichtet und sie war froh darüber, denn der rundliche Mann mit dem geröteten Kopf und den etwas verschwiemelten Augen im blau-grün karierten, nicht sehr gepflegten Flanellhemd, der sich vorher kurz bei ihr vorgestellt hatte, sah nicht unbedingt so aus, wie sich Valerie einen Piloten vorstellte. Aber andererseits schien er seinen Job seit vielen Jahren zu machen und bisher überlebt zu haben, ergo würde er wohl auch Valerie und seinen anderen Fluggast an diesem Septembermorgen gut an ihre Ziele bringen.

Valerie gähnte. Sie hatte in der letzten Nacht in einem Hotelbett in Anchorage nicht gut geschlafen, zudem war es kälter als sie erwartet hatte und sie überlegte, ob sie ihre auf den Rucksack geschnallte Daunenjacke abnehmen und anziehen sollte. Andererseits würde sie im Flugzeug sicher unbequem sein – und es konnte doch nun nicht mehr allzu lange dauern, bis Bill – so hieß der Pilot – und seine Männer die Maschine vollends beladen hatten!

Sie schielte noch einmal hinaus. Die Männer stopften immer noch Kisten und Säcke in die Seastar. Nun schob einer auch noch eine große Rolle – sah aus wie Dachpappe – hinein, der nächste wuchtete drei aufeinander gestellte Kartons mit Konservendosen hinterher.

Valerie schaute sich nach den anderen Fluggästen um, die ein paar Schritte von ihr entfernt an einem der wackligen Tische in der Holzbaracke saßen und Kaffee tranken. Die Holzbaracke diente als Ankunfts- und Abflug- und Abfertigungs- und überhaupt-Halle des Airport Fort Yukon und außer den drei Fluggästen gab es im Moment darin nur eine dicke, ältere Frau in einem Ringelpullover, die gelangweilt an der Theke lehnte, Kaugummi kaute und ab und zu auf den IPod schaute, der vor ihr lag und mit dem sie durch ein Kabel in ihren Ohren verbunden war.

Das kaffeetrinkende Paar unterhielt sich leise, wobei die Frau ihre Hand auf seinem Arm liegen hatte. Sie war Anfang 50, eine dezent geschminkte, gepflegte Blondine, deren Kleidung – sie trug einen durchaus schicken, schokobraunen Hosenanzug, eine beige Seidenbluse und halbhohe, beige Pumps –nicht zur rustikalen Umgebung passte.

Er dagegen – Mitte 40, breitschultrig mit kurzgeschnittenem, an den Schläfen angegrautem, dunkelblondem Haar, braunen Augen, ausgeprägter Nase und energischem Kinn über einem großzügigen Mund – war passend gekleidet. Er trug einen blauen Strickpullover, darunter war der Kragen eines blau-rot karierten Flanellhemdes zu erkennen, seine langen Beine steckten in einer blauen Cordhose und knöchelhohen, offensichtlich gut genutzten Wanderstiefeln.

Das auffallendste an ihm, so fand Valerie, nachdem sie das Paar eine Weile unter gesenkten Wimpern beobachtet hatte, waren seine Hände. Es waren männliche, feste Hände mit kurz gefeilten Fingernägeln, aber gleichzeitig waren es gepflegte Hände mit sehr beweglichen, langen Fingern, die er im Gespräch temperamentvoll einsetzte. Sie schienen nicht nur seine Worte zu untermalen, sondern eine eigene Geschichte zu erzählen und darin war etwas fast hypnotisierendes. Valerie musste sich fast zwingen, wieder weg- und in sein Gesicht zu schauen.

Er schien ein sehr entschiedener Herr zu sein, daran gewohnt, dass sein Wort Gewicht hatte und man ihn ernstnahm – und nun war sein Mund fest und das Kinn ein wenig vorgeschoben, wodurch es kantig wirkte. Er erhob sogar die Stimme etwas: »Nein, Stephanie. Ich habe abgelehnt und dabei bleibt es!«

Nun schweifte sein Blick und blieb an Valerie hängen. Sie fühlte sich abgeschätzt, wandte sich ab und sah auf die Uhr, die über dem Tresen hing. Es war kurz nach eins – und eigentlich hätten sie doch schon um 12:45 abfliegen sollen!

Doch immerhin öffnete sich jetzt die Tür und mit einem Schwall kalter Luft traten die drei Männer, die das Flugzeug beladen hatte, ein. Der Pilot rief nach Kaffee und trat zu Valerie. »Sorry, hat ein bisschen gedauert, aber jetzt können wir«, sagte er laut.

Der Grauhaarige am Tisch hatte ihn offenkundig gehört. Er lächelte seine Begleiterin an und stand auf. »Endlich!« stellte er fest.

Valerie runzelte die Stirn. Sie fand den Herrn reichlich arrogant. Bildete der sich eigentlich ein, dass sich die Welt um ihn drehe? Und wie er sie angeschaut hatte! Er wusste, dass er gut aussah und er war es offensichtlich gewöhnt, Frauen zu gefallen. Valerie würde ihn diesbezüglich aber enttäuschen – sie hatte überhaupt nicht vor, ihm die Anbetung zukommen zu lassen, die er offenkundig erwartete.

Stattdessen griff sie nach ihrem Rucksack. »Dann mal los!« sagte sie zum Piloten.

»Gleich – ich hole nur noch meinen Kaffee!« Er polterte zur Theke, klopfte da noch einmal seinem Freund, der sich eine Dose Bier aufgemacht hatte, auf die Schulter und ließ sich von der Bedienung eine Thermoskanne und eine Kühlbox geben.

Der Grauhaarige umarmte unterdessen seine Begleiterin. »Pass auf dich auf, Stephanie und erhol dich gut von mir!«

»Pass lieber du auf dich auf, Maestro! Lass dich nicht mit irgendwelchen Grizzlys ein!«

»Na, dank'schön – ich werde mich, soweit es möglich ist, von der rauen Natur fernhalten und endlich Schumann 4 und 5 lernen«, gab er zurück.

»Chantal wird sich freuen, wenn du die ganze Zeit arbeitest! Du sollst dich erholen, Großer! Leg doch mal die Füße hoch, üb' dich eine Weile im nichts tun, geh schön mit Chantal spazieren, genieß' den Indian Summer! Der Schumann läuft dir nicht davon!« Es hatte etwas mütterliches, wie sie mit ihm sprach und schließlich seine Wange streichelte. »Ich werde mich unterdessen bemühen, Herrn Jueves klar zu machen, dass er seinen Othello machen kann mit wem er will, aber nicht mit dir.«

Der Pilot nahm Valerie ihren Rucksack ab. »Bisschen groß für so ein zartes Mädchen!« fand er. Dann marschierte er – den Rucksack in der linken, seine Thermosflasche und die Kühlbox in der rechten Hand – zur Tür. Valerie folgte ihm, der Grauhaarige schnappte eine große Reisetasche und einen kleinen Trolley und kam ihnen hinterher.

Auf dem Marsch zur Seastar schaute der Pilot über seine Schulter. »Das Wetter ist okay«, teilte er mit. »Aber heute Abend soll's im Norden ein wenig stürmen, darum fliegen wir jetzt erst Vally ...«

Valerie zuckte. »Entschuldige - ich heiße Valerie und ich hasse es, 'Vally' genannt zu werden.«

»Okay«, konzedierte der Pilot. »Also, ich fliege erst dich Richtung Venetie. Dann liefere ich ...« Er schaute den Grauhaarigen an, »Wie heißt du noch mal?« fragte er.

»Titus«, antwortete der Grauhaarige kurz.

»Teitus!« probierte der Pilot. »Okay, Teitus – wenn wir die Lady abgeliefert haben, bringe ich dich in die Lodge am Crazy Slough. Ist das okay für euch?«

Valerie nickte. »Ja, klar. Ich werde am See schon von meinem Kollegen erwartet.«

»Ja, ich hab' mit geredet. Ihr müsst dann noch mit dem Boot ein Stück flussaufwärts – ist aber 'ne schöne Ecke da«, versicherte der Pilot. Sie hatten das Flugzeug erreicht, er deutete auf die offene Luke. »Ich hab' eine Lieferung für ein Fischercamp dabei, die ich abliefere, wenn Teitus angekommen ist. Aber es ist genug Platz für euch.«

Valerie stieg über die offene Luke in die Kabine des Flugzeugs. Der größte Teil der Sitze war ausgebaut, dafür lagerten auf der freien Fläche mit Planen und Netzen gesicherte Lasten. Vorne allerdings gab es einen Einzelsitz am Fenster und auf der anderen Seite des schmalen Ganges einen Doppelsitz. In der Mitte der vorderen Wand war der Durchgang zur Pilotenkanzel.

Valerie wartete, bis ihr Begleiter eingestiegen war. »Möchten Sie den Doppelsitz?« fragte sie.

»Ist mir egal – wie's Ihnen bequemer ist!« sagte er.

Der Pilot war ebenfalls eingestiegen, stellte die Kühlbox an die Wand vor den Doppelsitz, wuchtete Valeries Rucksack in eine Klappe über den Sitzen und klappte sie zu, nahm dann das Gepäck des Grauhaarigen, schob es hinter den Doppelsitz und sicherte es mit zwei Expandern. Dann ging er zur Luke, zog die Stufen ein und schob die schwere Tür zu.

Valerie entschied sich für den Doppelsitz und rutschte ans Fenster. Sie war ein klein wenig aufgeregt. Es war lange her, seit sie das letzte Mal mit einer kleinen Maschine unterwegs gewesen war und sie freute sich auf den Flug. Die Seastar würde sicher nicht die ganze Zeit über den Wolken unterwegs sein und so würde sie Gelegenheit bekommen, die Herbstlandschaft zu sehen. Sie sah schon vom Boden aus großartig aus: Im Hintergrund hohe Berge mit schneebedeckten Wipfeln, davor kilometerweit unberührte Wälder, die in Gold-, Grün- und Rottönen prangten.

Der Grauhaarige hatte, bevor er seinen Trolley dem Piloten überlassen hatte, ein dickes, schwarzgebundenes Buch herausgenommen, nun saß er, hatte sich bereits angeschnallt und das Buch unter den Schenkel geklemmt. Er schob seinen Pullover nach oben, nahm ein Etui aus der Brusttasche seines Hemdes, setzte sich eine randlose Lesebrille auf und versenkte sich in seinem Buch.

Valerie musste sich ein Kopfschütteln verkneifen. Was für ein seltsamer Patron war das denn? Er würde gleich über eine der schönsten Landschaften der Welt fliegen – und anstatt ihr ein paar Blicke zu widmen, versank er in einem Buch! Wahrscheinlich gehörte er zu der Sorte Stadtmenschen, für die der Schnittlauch auf der Suppe genug Natur war. Seinen Händen nach schien er jedenfalls den größten Teil seines Lebens in gut geheizten Räumen zu verbringen, in denen niemand von ihm erwartete, mehr als eine Teetasse mit Darjeeling First Flush zu wuchten.

Andererseits sprach sein Gesicht dagegen. Seine Haut war hell und wirkte fast ein wenig fahl, er hatte dunkle Schatten unter den Augen, dennoch sah man ihm an, dass er seine aristokratische Nase schon öfter in den Wind gehalten hatte. Überhaupt war es ein Gesicht voller Kontraste. Der Mund mit der weichen Unterlippe und der fein geschwungenen Oberlippe wirkte sensibel, doch das Kinn war energisch und streng. Die ausgeprägte Nase hatte feine Flügel, die beim Atmen ein wenig vibrierten, die Schläfen wirkten verletzbar, um die Augen herum zeichnete sich ein Kranz feiner Lachfältchen ab. Im Gegensatz dazu stand aber die steile Zornfalte am Ansatz der rechten Augenbraue.

Es war ohne Zweifel ein guter Kopf – und je länger Valerie ihn anschaute, desto mehr vertiefte sich das Gefühl, dass sie ihn schon einmal irgendwo gesehen hatte. Aber sie konnte ihn nicht einordnen. Aber wie hatte seine Begleiterin ihn genannt? »Maestro«. Und da war von Schumann die Rede gewesen. Natürlich! Valerie wäre danach gewesen, sich die flache Hand gegen den Kopf zu schlagen. Der Grauhaarige war Titus Charrier du Bois, international renommierter Dirigent und seit einiger Zeit Chef der Stuttgarter Symphoniker. Valeries Freundin Henriette hatte eine Zeit heftig für ihn geschwärmt und hatte Valerie dementsprechend in jedes Konzert geschleppt, das ihr Angebeteter gegeben habe. Außerdem hatte sich Valerie seine sämtlichen CDs anhören dürfen und war rauf und runter über den Lebenslauf des Herrn – dass er der Spross einer Hugenotten-Familie war, als Sohn eines Generals der Bundeswehr in Hamburg geboren, aber an verschiedenen Standorten aufgewachsen, in Düsseldorf, London und New York studiert hatte und seine Karriere dann als Kapellmeister in der Stuttgarter Oper gestartet hatte.

Und da war natürlich sein von der Boulevard-Presse und Henrietten ausführlich beseufztes Privatleben: Als 21jähriger Student hatte er eine in einschlägigen Artikeln immer als »große Liebe« deklarierte, ein wenig ältere Cellistin zum Altar geführt. Sechs Jahre später war sie – im siebten Monat schwanger mit dem ersten Kind – bei einem Unfall ums Leben gekommen. Seitdem, so hatte Henriette berichtet, habe er nie aufgehört, um sie zu trauern, obwohl er bereits ein Jahr nach dem Tod seiner Frau wieder geheiratet hatte. Doch die zweite Ehe mit der russischen Starsopranistin Oksana Kertrevna war schon nach zwei Jahren gescheitert. Danach war über dies und das gemunkelt worden, doch nun war er anscheinend seit zwei Jahren an die französische Pianistin Chantal Deblanc vergeben.

Valerie drehte den Kopf weg und schaute zum Fenster hinaus. Die Seastar erhob sich gerade in die Luft und drehte eine Kurve über dem kleinen Ort. Unter ihnen glitzerte der Fluss, der sich in ein Gewirr von Altarmen und Nebenzuflüssen aufzulösen schien, dahinter zogen sich die Wälder hin.

Was machte der Dirigent in einer so abgelegenen Ecke Alaskas? Nach dem, was seine Begleiterin gesagt hatte, war offensichtlich Urlaub mit seiner Freundin angesagt. Nun, dazu,. Ruhe zu finden, war diese Gegend sicher sehr geeignet. Hier klingelten keine Telefone, selbst das Internet war weit weg. In einer Lodge in Alaska würden keine Papparazzi die berühmten Musiker belästigen.

Valerie wünschte ihm alles Gute für den Urlaub. Bei ihr würde der Aufenthalt in Alaska nicht nur der Erholung dienen. Sie war unterwegs, um Benedikt zu besuchen. Valerie hatte den blonden Hamburger einst beim Studium in Wien kennen gelernt und sich mit ihm angefreundet. Sie hatten eine Wohnung geteilt, sie hatten miteinander gelernt, gelacht und sich bei Liebeskummer getröstet. Doch nach dem Staatsexamen hatten sich ihre Wege getrennt. Benedikt hatte mit Wildbiologie weitergemacht – ihn faszinierten Fische und er hatte schon immer ein besonderes Faible für Lachse gehabt. Valerie dagegen liebte Pferde und war aus Wien nach Norddeutschland in eine Pferdeklinik gegangen, wo sie sich auf Reproduktionsmedizin beim Pferd spezialisiert hatte. Inzwischen war sie Fachtierärztin für Pferde. Seit zwei Jahren lebte und arbeitete sie im baden-württembergischen Haupt- und Landgestüt Marbach an der Lauter.

Sie liebte Marbach. Für sie gab es kaum einen schöneren Ort auf der Welt als das ins Lautertal geschmiegte Gestüt mit dem von den Stallungen und dem langgestreckten Verwaltungsgebäuden umgebenen Hof, in dem auf dem Brunnen eine Bronzefigur mit einer Stute und einem Fohlen das Wahrzeichen bildet. Und da war ihr Häuschen, in den 50er Jahren oben an einer der Stutenkoppeln erbaut. Von ihrer Terrasse aus sah sie über die Weiden zu den Laufställen und hinunter ins Tal, in dem die Bereiter morgens auf dem Weg ins Gelände spritzend durch die Furt ritten, die die Lauter bildete.

Doch jetzt war sie im Urlaub – dem ersten großen, seit sie nach Marbach gekommen war. Sie war nach Anchorage geflogen, von dort aus nach Fort Yukon und nun reiste sie weiter an einem Nebenfluss des Yukon hinauf auf die Forschungsstation, in der Benedikt seit drei Jahren die Wanderwege und das Verhalten der Wildlachse untersuchte. Und natürlich würde sie bei Benedikt nicht nur faul herumsitzen, sondern ihm bei seiner Arbeit helfen.

Die Seastar war auf Flughöhe und hatte gen Norden gedreht. Bill steckte seinen Kopf in den Durchgang und rief: »Ihr könnt' euch abschnallen, Folks! Wenn jemand was zu trinken oder ein Sandwich will – vor dem Doppelsitz steht die Kühlbox!«

Titus legte seine Partitur auf den Schoss, nahm die Lesebrille ab, runzelte die Stirn und massierte seinen Nasenrücken mit Daumen und Zeigefinger. Er lächelte zu Valerie hinüber und sie wunderte, wie jung er plötzlich aussah. »Kaffee? Glauben Sie, ich könnte einen Kaffee haben?«

Sie beugte sich nach vorne und öffnete die Kühlbox, die da angeschnallt stand. Sie war in zwei Abteilungen unterteilt. In der einen waren neben einem Eispack Dosen mit Limonade, Mineralwasser und Bier eingelagert, auf der anderen stand die große Thermoskanne, die der Pilot vorher an der Theke übernommen hatte. Daneben lagen Pappbecher, Tütchen mit Zucker, Plastikbehälter mit Milch und Sticks zum Umrühren. »Sie haben Glück!« sagte Valerie, nahm einen Becher, schenkte ihm einen dampfenden Kaffee ein und fragte: »Milch und Zucker?«

»Weder noch!« Er war aufgestanden und beugte sich zu ihr. »Ich trinke mein Gift pur.« Er nahm ihr den Becher aus der Hand. »Danke.«

Er setzte sich wieder und schaute dabei in seinen Becher. »Sieht aus wie Teer!« stellte er fest. Er trank einen Schluck, verzog das Gesicht und lachte. »Schmeckt auch wie Teer!« Dennoch goss er den Becher hinunter. »Aber vielleicht werde ich davon ein bisschen wacher.«

Valerie angelte sich eine Dose Fanta und ein in Klarsichtfolie verpacktes Sandwich aus der Box, streifte ihre knöchelhohen Stiefel ab, setzte sich wieder und zog die Füße auf das Polster neben sich. Während sie das reichlich trockene Sandwich kaute, schaute sie zum Fenster hinaus Wälder, dazwischen immer wieder die Schleifen eines Flusses, der sich mal träge in einem breiten Bett dahinwälzte und ein andermal durch ein eng eingeschnittenes Tal dahin schoss. Und dann waren da Tümpel und Seen, von Schilf und Mooren umgeben. Valerie konnte sich an der Vielfalt nicht sattsehen. Sie erinnerte sich an die Wanderungen, die sie als kleines Mädchen mit ihren Eltern gemacht hatte, an weich federnde, moosige Böden, an die Bucheckern und Pilze, die sie gesucht und an einem Lagerfeuer geröstet hatten, an den unverwechselbar erdig-frischen Waldgeruch. Und später dann war sie zu Pferd durch die Wälder gestreift und war sich an Frühlingstagen zwischen den hohen Stämmen eines alten Hochwaldes vorgekommen wie in einer gotischen Kathedrale, in der alles nach dem Himmel und dem Licht strebte.

Ihr Nachbar hatte nun auch eine Weile hinausgeschaut, nun stand er auf und fragte: »Kann ich noch einen Kaffee haben?«

»Gerne.« Valerie nahm ihm den Becher ab und füllte ihn wieder.

»Danke.« Er nahm ihr den Becher ab. »Ist das nicht ein seltsames Land?« fragte er. »So riesig und so leer. Es wirkt fast lebensfeindlich, wenn man so von oben darauf sieht.«

»Finden Sie?« Valerie drehte sich zu ihm. »Leer? Das ist eine sehr anthropozentrische Sicht. Da unten, in diesen Wäldern, ist sehr viel Leben. Hier lebt jede Menge Wild – vom Elch bis zum Bergschaf und mit so viel großem Wild gibt es natürlich auch die entsprechenden Jäger – Grizzlys und Wölfe. Aber lebensfeindlich ist diese Umgebung bestimmt nicht! Hier findet man alles, was man zum Überleben braucht – Nahrung, Baumaterial für einen Unterschlupf, Holz zum Heizen und Kochen, jede Menge sauberes Wasser.«

Er schaute sie sehr skeptisch an. »Sie gehören zu diesen Naturkindern, die vom einfachen Leben träumen?«

»Nö.« Valerie grinste. »Ich lebe auf der Schwäbischen Alb und ich bin tagsüber so viel im Freien, dass ich abends sehr froh bin, in mein gut geheiztes Haus und mein kuschelig weiches, warmes Bett zurück zu kehren. Ich koche gerne auf einem Herd und finde es schön, wenn warmes Wasser aus der Leitung kommt. Ich denke aber, man schätzt diesen Komfort erst richtig, wenn man mal darüber nachdenkt, wie es wäre, wenn man ihn nicht hätte.«

Titus lachte. »Das erinnert mich an einen Freund meines Vaters. Den traf ich mal an einem heißen Sommertag, als er hinter seinem Haus stand und Kaminholz hackte. Ich wunderte mich natürlich, warum er das gerade im Sommer machte, worauf er mir erklärte, dass er das immer so halte. Dabei komme er nämlich richtig ins Schwitzen. Und wenn er dann so eine Stunde geschwitzt und geschuftet habe, schmecke das Bier noch mal so gut.«

»Wenn's der Kreislauf aushält, ist das gar nicht dumm. Ich merk' immer, dass mir das Essen besonders gut schmeckt, wenn ich richtig Hunger habe.«

»Ja – vielleicht sind wir alle zu verwöhnt.« Er schlug die langen Beine übereinander und grinste, dabei zeigte er links und rechts vom Mund Lachgrübchen, die ihn sehr jungenhaft erscheinen ließen. »Ich bin aber dennoch froh, dass ich mir auch beim Aufenthalt hier in der Wildnis mein Mittagessen nicht selbst fangen muss.«

»Ich vermute, da würden Sie hungrig bleiben!«

»Als Jäger und Sammler wäre ich sicher nicht sehr be...« Das Wort blieb ihm im Hals stecken, denn aus dem Cockpit ertönte ein Röcheln – und dann tauchte das Flugzeug schon mit der Nase nach vorne ab.

Valerie war sofort auf den Beinen und mit einem Satz in der Pilotenkanzel. Dort hing Bill über seiner Instrumententafel, den Steuerknüppel unter seinem Bauch festgeklemmt. Er stöhnte noch einmal, dabei drang ein Schwall Blut aus seinem Mund.

»Verdammt ...« brüllte Valerie, griff mit der einen Hand nach dem Mann, der in sich zusammen gesunken war und zog mit der anderen den Steuerknüppel vor dem Sitz des Co-Piloten nach oben. Das Flugzeug reagierte, in dem es sich zur Seite legte. Dabei gewann es aber doch wieder ein wenig an Höhe.

Titus, der hinter Valerie stand, kam trotzdem ins Stolpern, stieß mit der Schulter gegen den Durchgang und rief: »Was wird das?«

Valerie korrigierte die Position des Steuerknüppels. Die Maschine hing immer noch etwas schräg, aber sie stieg, worauf Valerie mit der freien Hand nach dem Hals des zusammen gesunkenen Piloten tastete. »Scheiße!« schimpfte sie leise.

»Was ist?« fragte Titus. Er klang atemlos und sein Gesicht war noch bleicher geworden.

»Er ist tot«, sagte Valerie. »Helfen Sie mir – er hängt auf dem Knüppel! Wir müssen ihn davon wegkriegen!« Sie versuchte, mit einer Hand den schweren Körper nach hinten zu schieben, hatte aber nicht genug Kraft. »Greifen Sie doch zu, verdammt!« befahl sie.

Titus trat einen Schritt nach vorne, fasste nach den Schultern des Piloten und zog ihn energisch nach hinten. Dabei schaute er entsetzt auf das Blut, das auf den Instrumenten stockte. »Sind Sie sicher, dass er tot ist?« fragte er. »Müssen wir nicht irgendwas für ihn tun?«

»Machen Sie doch mal was bei einem Herz- und Atemstillstand!« Valerie fädelte sich auf den Sitz des Co-Piloten, griff nach dem Steuerknüppel und stabilisierte die Maschine.

Do it yourself

über dem Yukon, Alaska,

Mitte September

Titus hielt den Piloten fest, der immer wieder nach vorne zu rutschen drohte. »Können Sie fliegen?« fragte er dann.

»Ich hatte mal eine PPL, aber sie ist verfallen – keine Zeit mehr zum Fliegen. Und diesen Vogel kenne ich nicht ...«, antwortete Valerie abgelenkt. Sie schaute auf die Hebel und Knöpfe neben sich. »Okay«, sagte sie. »Schub, Propeller, Sprit ...« Ihr Blick ging nach oben auf die Instrumente vor sich hin. »Horizont, Höhenmesser, Kurs, Radar – so weit so schön. Verdammt, der Vogel ist ziemlich voll … und wo ist hier der Funk?«

»Kann es sein, dass Sie keine Ahnung haben, was Sie hier treiben?« fragte Titus nervös.

»Kann es sein, dass Sie besser die Klappe halten sollten?« fauchte Valerie. »Ich versuche gerade, diesen Vogel in den Griff zu kriegen – was auch in Ihrem Interesse sein dürfte! Oder können Dirigenten frei fliegen?« Sie griff nach der Schubkontrolle auf der Mittelkonsole und zog sie ein wenig zurück, gleichzeitig drückte sie den Steuerknüppel ein wenig nach vorne. »Erstmal wieder aus der Suppe hier raus ...« brummte sie. »Verflixt – ich seh' nix und ...« Sie schaute sich um, dann schüttelte sie den Kopf. Tatsächlich steckte die Maschine in den Wolken und es regnete auf ihre Scheiben. »Können Sie sich nützlich machen? Gucken Sie aufs Radar, während ich versuche, rauszukriegen, wo hier verdammt noch eins der Funk ist!«

»Radar?« Titus schien keine Ahnung zu haben.

Valerie tippte auf ein rundes Instrument in der Mitte der oberen Konsole. »Hier – das Ding tastet die Umgebung ab. Wenn Sie im Strahl einen Peep sehen, lassen Sie einen Schrei los!«

»Einen Peep?«

»Ein Lichtsignal!« fauchte sie ungeduldig. »Das würde bedeuten, dass da ein anderes Flugzeug ist!«

»Gibt's sowas hier?« fragte er.

»Weiß ich's?« gab sie zurück. »Ich hab' keinen Dunst, wo wir sind und was hier los ist!« Sie konzentrierte sich wieder auf die Instrumente, drehte an einem Regler und fand schließlich, was sie gesucht hatte: Seitlich an ihrem Sitz hing ein Kopfhörer mit einem Mikrophon. Sie stülpte ihn über ihre Ohren, drehte an einem anderen Regler, schimpfte leise: »Die Frequenzanzeige soll einer verstehen ...« Sie lauschte, drehte wieder, schüttelte den Kopf, suchte weiter und sprach schließlich »Mayday, mayday ...« Aus ihrem Kopfhörer ertönte ein Rauschen. »Verdammter Mist! Ich kriege keine Verbindung! Und ich habe keine Ahnung, wo ich hier suchen soll.«

Das Flugzeug wurde von einer Windböe erfasst und schüttelte sich. Valerie hielt den Knüppel fest und korrigierte die Lage, Titus hielt sich am Durchgang fest. »Sollten Sie sich nicht besser auf die Fliegerei konzentrieren?«

»Raten Sie mal, was ich hier mache!« Immerhin war die Maschine nun wieder stabil und sie waren unter den Wolken. Unter ihnen breiteten sich endlos Wälder und das Fluss Delta aus. »Tja – und jetzt wohin?« überlegte sie laut, beugte sich über die Mittelkonsole und nahm die Karte, die in einer Tasche an der Konsole hing.

»Wäre es nicht am klügsten, Sie würden umdrehen und versuchen, nach Fort Yukon zurück zu kommen?« fragte Titus.

Valerie lachte auf. »Wenn Sie mir sagen, wo Fort Yukon ist, fliege ich zurück.«

»Naja – am Fluss entlang?« schlug er vor. »Wenn ich es vorher richtig mitgekriegt habe, liegt Ihr Ziel flussabwärts. Also müssten wir nur aufwärts fliegen, um wieder an den Ausgangspunkt zurückzukommen.«

»Theoretisch ja«, sagte Valerie. »Nur praktisch habe ich gleich zwei Probleme. Erstens: Erkennen Sie von hier die Flussrichtung? Zweitens«, sie deutete mit dem Finger nach unten auf den Fluss, »sind Sie sicher, dass das der Yukon ist? Ich will an einen Nebenfluss und ich habe keine Ahnung, ob wir schon an dem sind.«

»Und was machen wir dann?«

»Wir bestimmen unsere Position und suchen sie auf der Karte. Und dann legen wir einen neuen Kurs fest und sehen zu, dass wir Richtung Fort Yukon fliegen – und eine Funkverbindung dorthin bekommen, damit man uns einweisen kann! Und wenn die dann noch jemand finden, der mir erklärt, wie ich an diesem Vogel das Fahrwerk rauskriege, haben wir sogar eine Chance, wieder runter zu kommen.«

Titus wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Sind Sie sicher, dass unser Pilot tot ist?« Er schaut den in seinen Gurten hängenden Mann an, als ob er erwarte, dass er gleich wieder übernehmen würde.

»Falls er sich nur aus Gaudi tot stellt, ist es ein verdammt schlechter Scherz!« stellte Valerie fest. Das Flugzeug schüttelte sich wieder, als sie in eine dicke, graue Wolke hinein flogen. »Scheißwetter!« schimpfte Valerie. »Die Sicht wird schlechter, dafür wird der Wind stärker – nicht witzig.«

Jetzt zuckten auch noch Blitze und das Flugzeug tauchte mit der Nase ab. Valerie zog den Steuerknüppel zu sich, die Maschine schien fast nach oben zu hüpfen und Titus rutschte weg. »He – was wird das denn?«

»Ich muss aus der Suppe wieder raus!« Valerie zog die Maschine nach links und ließ sie etwas sinken. Es zeigte sich aber sofort, dass das keine gute Idee gewesen war, denn nun wurde sie vom Wind geschüttelt. »Oops – also gut ...« Sie zog wieder nach oben in die Wolken, wobei das Flugzeug immer wieder auszubrechen versuchte, bis es schließlich durch die Wolken brach und in strahlenden Sonnenschein getaucht war. Valerie lehnte sich zurück und atmete aus. »Uff – aus dem Gewitter wären wir erst mal draußen. Also Positionsfeststellung ...« Sie las die Koordinaten ab, schaute auf die Karte, folgte ihr einen Augenblick mit dem Finger und schüttelte dann den Kopf. »Ich müsste nach Süden, um in den Funkbereich von Fort Yukon zu kommen. Da ist aber jetzt dieses Gewitter. Also versuche ich jetzt, ob ich drum rum fliegen kann.«

»Und dann runter?« Titus merkte man an, dass ihm die Vorstellung, noch länger mit Valerie als Pilot unterwegs zu sein, nicht sonderlich angenehm war.

Valerie würdigte ihn keines weiteres Wortes, sondern konzentrierte sich auf den Flug – und auf den Versuch, per Funk jemanden zu erreichen.

Titus unterdessen, sich immer noch mit einer Hand an der Wand abstützend, ging in die Knie, nahm ein Tuch aus der Tasche und wischte dem Piloten fast zärtlich das Blut vom Mund. »Armer Kerl«, sagte er leise. »Wenn's einen so von jetzt auf plötzlich erwischt ...« Er fand den Hebel, mit dem er die Lehne des Pilotensitzes ein wenig nach hinten kippen konnte, legte den Kopf des toten Mannes gerade, ging zurück zu seinem Platz, wühlte in seiner Tasche und kam mit einem sauberen, großen Taschentuch wieder, dass er über dem Gesicht des Piloten ausbreitete.

Valerie drehte noch einmal am Regler des Funkgerätes. »Es ist zum Verrücktwerden – ich kriege nirgends Verbindung! Und ich kenn' mich in Alaska natürlich nicht aus! Ich habe keine Ahnung von der Notfrequenz – verdammt!« Jetzt klang sie nicht mehr wütend, sondern eher kleinlaut und als ob sie den Tränen nahe wäre.

»Was bedeutet es, wenn Sie keine Funkverbindung kriegen?« fragte Titus angespannt.

»Dass ich keine Ahnung habe, wo und wie ich diesen Vogel runterbringe!« antwortete Valerie. Sie schaute kurz zu ihm hoch. »Ich bin seit fünf Jahren nicht mehr geflogen – und davor nie so was wie diese Maschine! Und ich war immer nur in Deutschland unterwegs und meist sowieso mit Segelflugzeugen – das ist was ganz anderes!«

»Bisher haben Sie das aber ganz gut gemeistert!« lobte er sie. »Ich hätte überhaupt keine Ahnung, wie man so ein Ding in der Luft hält.«

»Sie sind also kein Karajan«, stellte Valerie fest.

»Hmm?«

»Der konnte fliegen!« beschied ihn Valerie knapp. Es regnete schon wieder und das Flugzeug wurde immer wieder von einer Böe geschüttelt. »Ich krieg' hier gleich die Krise! Ich kriege keine Funkverbindung, ich habe keine Ahnung, wo wir sind und wohin ich fliegen soll – was mach' ich denn jetzt?«

Titus trat etwas näher und legte seine Hand auf ihre Schulter. »Keine Panik, Val…erie«, er hatte kurz gebraucht, um sich an den Namen zu erinnern. »Lassen Sie uns in aller Ruhe überlegen, ja? Welche Möglichkeiten haben wir?«

»Ich weiß es nicht! Ich weiß nicht, wie wir nach Fort Yukon zurückkommen können! Ich glaube nicht, dass hier irgendwo in der Nähe ein anderer Flughafen ist! Ich kriege keine Funkverbindung ...« Valerie war reichlich panisch. »Wir haben zwar jede Menge Sprit, aber ich kann doch nicht in der Hoffnung, dass ich durch Zufall irgendwo über einen Flughafen komme oder doch noch Funkverbindung bekomme, durch die Gegend tu….«

»He, Valerie!« Er hatte immer wieder einmal auf den Radar geschaut und rief: »Da ist was!« Tatsächlich erfasste der Strahl in seinem oberen Bereich einen grünen Punkt. »Ist das ein anderes Flugzeug?«

»Hmm.« Valerie schaute auf den Bildschirm. »Das ist was, was ziemlich hoch und sehr schnell unterwegs ist.«

»Gucken Sie mal!« Neben dem Punkt stand jetzt eine Kombination von Buchstaben und Zahlen.

Valerie schaute auf den Schirm. Der grüne Punkt war jetzt schon ganz nahe am Mittelpunkt. »Ich kenne die Kennzeichen hier nicht, aber ich schätze, das ist eine Militärmaschine«, sagte sie.

»Stößt der mit uns zusammen?« fragte Titus.

»Nein, der dürfte an die 5000 Foot über uns sein.«

»Sieht er uns?« Titus klang aufgeregt. »Wenn er uns sieht, dann haben wir vielleicht eine Chance ...«

»Und dann? Er kann nicht ahnen, dass wir in Schwierigkeiten sind. Verdammt, wenn ich nur funken könnte!« Valerie schaute auf das nutzlose Funkgerät. »Ich fliege nie wieder mit einer kleinen Maschine, ohne mich über die Funkfrequenzen zu informieren ...«

Nun war der grüne Punkt plötzlich im unteren Teil des runden Instrumentes. »Was bedeutet das?«

»Er ist über uns weg – und jetzt gleich verschwunden, außerhalb der Reichweite«, erklärte Valerie. »Und bevor Sie fragen: Nein, ich kann ihm nicht folgen. Der ist ungefähr dreimal so schnell wie ich. Zudem ist er Richtung Küste unterwegs – wer weiß, ob der nicht auf einen Träger gehört und da landet? Das würde mir dann also wenig nutzen.«

»Aber Sie könnten doch daneben runtergehen! Ich meine, das ist ein Wasserflugzeug!«

Valerie schaute ihn einen Augenblick an, dann hob sie die Hand zum Kopf und kratzte sich nachdenklich an der Stirn. »Auf dem offenen Meer wollte ich das Ding bestimmt nicht landen. Aber Sie haben Recht – das ist ein Wasserflugzeug«, sagte sie langsam. »Auf einem See kriege ich es wahrscheinlich runter.«

»Haben Sie so etwas schon mal gemacht?« fragte Titus misstrauisch.

»Nur am Simulator«, antwortete Valerie. »Aber haben Sie eine bessere Idee? Unter uns ist überall nur Wald. Ich sehe nirgends eine Fläche, die groß genug wäre, dass ich da ein Flugzeug runterbringen könnte. Aber wenn wir uns einen hübschen, glatten See suchen – der muss nicht mal so groß sein, weil das Wasser ja zusätzlich bremst ...« Sie fasste nach der Karte, zog sie aus ihrer Hülle und faltete sie auf. »An Seen mangelt es uns hier ja nicht«, sagte sie nach einem Blick auf die Karte.

»Und was machen wir, wenn wir auf einem See gelandet sind?« fragte Titus.

»Wir gehen an Land und dann gibt's zwei Möglichkeiten: Entweder ich knacke endlich dieses Funkgerät und kann um Hilfe rufen oder wir warten einfach ab, bis man uns findet. Wir sind ja hier nicht fernab jeder Zivilisation – selbst in Alaska gibt es Luftüberwachung. Unser Flug war angemeldet. Wenn sich die Maschine nicht irgendwann zurückmeldet, weiß man, dass sie vermisst ist und wird sie suchen.«

»Und wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie gefunden wird?« fragte Titus.

»Heutzutage? Mit Satelliten und Wärmebildkameras und weiß-was noch sind die Chancen sehr hoch! Länger als drei Tage würden wir nicht am See sitzen, schätze ich.«

»Na, dann sehen Sie zu, dass wir runter kommen! Ich wollte schon immer mal in der Wildnis stranden.«

Valerie drückte den Steuerknüppel wieder etwas nach vorne. Die Maschine sank und wurde von Regen und Böen geschüttelt. »Verdammte, elende Scheiße – könnte ich zu dem Stunt nicht wenigstens Schönwetter kriegen?« schimpfte sie.

Titus legte wieder seine Hand auf ihre Schulter und drückte sie ermutigend. »Sie schaffen das.«

»Ihr Wort in Gottes Ohr!« Valerie studierte die Karte. »Schauen Sie mal!« Sie deutete auf einen dicken, blauen Fleck, in dem zwei kleinere grüne lagen. »See mit Insel und Abfluss – der Bach führt zum Fluss. Also kein stehendes Gewässer ...«

»Und das bedeutet?« fragte Titus.

»Dass das Wasser ziemlich sauber sein dürfte, aber nicht so sauber und unzugänglich, dass es darin keine Fische gibt«, erklärte Valerie. »Dann will ich mal versuchen, ob ich da runterkomme.« Sie schaute zu Titus hinauf. »Könnten Sie versuchen, unseren Piloten wieder anzuschnallen? Und dann sollten Sie sich selbst setzen und anschnallen – ich kann Ihnen nämlich nicht versprechen, dass die Landung sanft ausfällt. Wie gesagt: Ich hab' das bisher nur mal am Simulator gemacht.«

»Hat's da funktioniert?« fragte Titus.

»Beim fünften- oder sechsten Mal«, antwortete Valerie. »Davor habe ich aber zweimal eine Maschine mit zu steilem Anflugwinkel versenkt und einmal ist ein Flügel abgerissen.«

»Das sind ja gute Aussichten!« kommentierte Titus. Er bemühte sich, den Piloten anzuschnallen, dann legte er noch mal die Hand auf Valeries Schulter. »ich geh dann wohl mal nach hinten – eine Runde beten!«

Runter kommen sie alle …

An einem See im Norden Alaskas,Mitte September

Valerie spürte, wie ihr kalter Schweiß über den Rücken lief. Den See hatte sie gefunden – das war das kleinste Problem gewesen. Und theoretisch war ihr auch klar, wie man die Maschine zu wassern hatte – aber gleichzeitig wusste sie, dass es auch beim Fliegen einen Unterschied zwischen Theorie und Praxis gibt. Sie wusste es vermutlich sogar besser als so manch anderer Freizeitpilot, denn neben ihrer Erfahrung mit Segelflugzeugen war sie mit einem Profi verheiratet gewesen. Sie hatte Sandro durch seine ganze Karriere begleitet – angefangen von seiner Ausbildung, die ihn bis nach Texas geführt hatte bis zu seinen ersten Jahren als Verkehrspilot bei der Lufthansa. Dabei hatte sie sich jede Menge Geschichten über verpatzte Landungen und wacklige Starts angehört.

Aber jetzt galt es, nicht an die Vergangenheit zu denken und sich davon vielleicht entmutigen zu lassen. Schließlich ging es hier nicht um eine Simulation am Computer und sie saß auch nicht an ihrem Schreibtisch zuhause, sondern neben einem toten Piloten in einer Seastar, die jetzt steiler sank als Valerie beabsichtigt hatte. Sie zog die Nase wieder ein wenig nach oben. Wie war das mit dem Wassern gewesen? Mit oder gegen den Wind?

Über ihr zog ein Schwarm Graugänse nach Süden. Valerie beneidete die Tiere. Die hatten es mit dem Wassern leicht! Sie wussten von Jugend an, wie sie mit welcher Windrichtung fliegen mussten, um sicher wieder auf den Boden zu kommen. Denen brachten es ihre Mütter schon im zarten Kükenalter bei!

Segelflieger lernten, den Wind für sich zu nutzen. Im Gegenwind konnte man, wenn er nicht zu stark war, Höhe gewinnen. Seitenwinde allerdings waren bei der Landung extrem gefährlich.

Sie waren jetzt über dem See. Zwischen der kleineren Insel und dem Westufer war er fast durchgehend mit Schilf bewachsen. Der Wind strich durch die Rohre und an ihm konnte Valerie sehen, dass er aus Nordwest wehte. Valerie zog die Maschine in eine Linkskurve. Der See war von Wald umgeben. An der Nordseite war das Ufer steil und felsig, ein Wasserfall fiel in den See. Aber im Süden gab es an einer Seite einen langen Strand, ein Bächlein plätscherte über ein Stück Wiese, dahinter begann der Wald. Ein Stück weiter war ein Felsen, die Steinwand ragte glatt und grau bis ins Wasser hinein.

Valerie drückte das Flugzeug noch ein wenig tiefer. Jetzt war sie am Ausfluss des Sees hinter der kleinen Insel. Die nächste Kurve, am anderen Ufer entlang – sie musste nun wirklich mit dem Landeanflug beginnen. Es brachte nichts, ewig über dem See zu kreisen. Also – Check vor dem Landeanflug. Klappen, Tiefenruder, Schubkontrolle – wie würde die Maschine reagieren? Valerie hatte noch nie ein Flugzeug gesteuert, dessen Motoren so hoch saßen. Sie kannte die kleinen einmotorigen, die ihren Propeller an der Nase hatte, sie war einmal mit einem zweimotorigen unterwegs gewesen, bei dem die Motoren in der Mitte der Tragflächen gewesen waren – aber die Seastar mit ihrem Motor auf dem Dach und dem Schiffsrumpf mit seinen Auslegern? Allerdings sollte der sie beim Aufsetzen aufs Wasser stabilisieren und dafür sorgen, dass sie nicht nach einer Seite abkippen konnte.

Also gut. Sie nahm all' ihren Mut zusammen, flog bis zum oberen Ende des Sees und noch ein gutes Stück darüber hinaus, drehte im langsamen Sinkflug eine Schleife und bemühte sich, eine Stelle zu fixieren, an der sie aufsetzen wollte. Tiefer, tiefer, tiefer, aufsetzen – das konnte doch so schwer nicht … oh, verdammt! Das Waser bremste viel mehr als sie gedacht hatte, die Maschine senkte die Nase, ein Wasserschwall schoss über das Kabinenfenster. Ruckartig zog Valerie Steuerruder und Schubregler nach oben. Für einen endlosen Moment war es, als ob die Seastar die Nase nicht mehr aus den Wellen heben würde, doch dann holperte es und sie war wieder etwas über dem Wasser, stieg und ließ sich hochziehen. Rechtskurve – Valerie hatte das Gefühl, dass ihr die Insel schon zu nahe war und wollte auf keinen Fall einen Crash mit den Bäumen darauf verursachen – und es ging wieder nach oben. Irgendein Instrument piepste eine schrille Warnung, Valerie nahm den Schub zurück.

Dreimal tief durchatmen – ruhig bleiben, ruhig bleiben! Ein schiefgegangener Landungsversuch war kein Drama. Sie hatte genug Treibstoff, die Seastar lag jetzt wieder stabil in der Luft – und ausgesprochen gutmütig schien sie auch zu sein. Also noch mal zum Ende des Sees und etwas hochziehen und Schleife und anfliegen. Sie fixierte eine Stelle, an der das Wasser dunkler zu werden schien, ungefähr 20 m vom Strand entfernt im See. Die Seastar hatte fast keinen Tiefgang, sie war sicher, dass sie dort genügend Wasser unter dem Bauch haben würde. Zudem konnte sie da über fast die ganze Länge des Sees ausgleiten.

Zweiter Touchdown – und Valerie war, als ob sie dabei die Stimme ihres Ex im Ohr hätte: »Lass die Nase oben! Du willst die Maschine nicht in den Boden bohren, sondern landen!«

Grrr - das Geräusch war nicht nett und noch weniger schön war es, dass Valerie in ihren Gurt knallte und die Maschine rapide an Geschwindigkeit verlor. Dieses Mal hatte sie hinten zu tief aufgesetzt und es fühlte sich an, als ob das Flugzeug gleich einen Kopfstand machen würden. Die Motoren heulten, das Warnlicht des hinteren Triebwerks schrillte. Dieses Mal zog Valerie etwas ruhiger an den Reglern und wartete mit wild klopfendem Herzen, bis die Maschine wieder Höhe gewann und sich stabilisierte. Aber jetzt war sie entschieden zu langsam, zudem schien der hintere Motor zu stottern.

Valerie wünschte sich nichts mehr als aus diesem Alptraum aufzuwachen und sich auf sicherem Boden zu finden. Aber sie saß immer noch am Steuerknüppel einer Maschine, die nun in Schieflage über den See trudelte. Stabilisieren, wieder an Höhe gewinnen, etwas Geschwindigkeit zulegen, die Schleife … und sollte sie dieses Mal eine andere Stelle probieren? Würde sie vielleicht mehr Glück haben, wenn sie es weiter im Osten probierte? Aber da war die Schilffläche zu nahe. Nein – an ihrem Landepunkt hatte es nicht gelegen, dass es schief gelaufen war.

Nun gut. Wie hieß es so schön? »Aller guten Dinge sind drei". Valerie konzentrierte sich für ein paar Sekunden auf ihre Atmung. Flach einatmen, tief ausatmen – und noch mal. Sie wurde ruhiger, aber ihre Hände waren immer noch schweißfeucht. Sie wischte sie an ihrer Hose ab, nahm wieder Steuerknüppel und Tempokontrolle – und jetzt musste es klappen!

Aufsetzen – ja! Die Maschine schoss durchs Wasser, aber sie war auf ebenem Kiel. Schubregler zurück – oh, verdammt, was war das? Ein Seitenwind hatte den linken Flügel erwischt und angehoben, die Spitze des rechten tauchte spritzend ein, wurde dabei gebremst, die Maschine drehte, schlidderte über das Wasser und traf hart auf einen Felsen. Valerie wurde trotz des Gurts nach vorne geschleudert, krachte mit dem Kopf und der linken Schulter gegen die Konsole. Sie splitterte, Blut floss über Valeries Gesicht.

Plötzlich war es still. Die Motoren waren aus, man hörte nur noch, wie das Wasser gegen den Rumpf der Seastar schwappte, die im leichten Wellengang schaukelte. Valerie hob den Kopf von der Konsole und wischte sich mit dem rechten Handrücken über die Stirn. Sie spürte das warme, feuchte Blut, das daran klebte, betrachtete fast ungläubig die Spur, die es auf ihrer Haut gezogen hatte und sah sich dann im Cockpit um.

Der tote Pilot war beim Aufprall ebenfalls nach vorne geschleudert worden und hing nun wie eine Marionette mit abgeschnittenen Fäden in seinem Gurt. Alle Instrumente waren dunkel. Nun griff Valerie mit der rechten Hand nach der linken Schulter und zuckte zusammen. »Oh, verdammt!« Die war wohl ausgerenkt. Sie biss die Zähne zusammen, tastete die Schulter, so gut es ging, ab und atmete aus. Das Schultergelenk war eindeutig nicht mehr sauber in der Gelenkpfanne, aber es schien, als ob die Bänder nur gedehnt und nicht gerissen wären.

Valerie schaute auf die dunkle Instrumententafel vor sich hin, hob die rechte Hand, legte einen Schalter um, lauschte dem Klicken nach, sah auf die Konsole vor sich hin und schüttelte den Kopf. »Mist.« Sie probierte noch einmal, dann wandte sie sich einem anderen Knopf zu, versuchte es an einem Regler, doch die Instrumente blieben dunkel. »Tja – das war's dann wohl.« Valerie stand sie auf, hielt sich mit der gesunden Hand am Sitz fest und rief: »Titus? Sind Sie okay?«

»Ich bin schon weicher gelandet«, sagte Titus hinter ihr. »Aber nichts passiert – nur das Knie angeschlagen.«

Valerie schob sich in den Durchgang. »Sorry – aber wenigstens sind wir unten ...« Valerie ließ sich auf den Doppelsitz fallen, auf dem sie vorher gesessen hatte.

»Naja, runter kommt man ja angeblich immer. Die Frage ist nur, wie man sich danach fühlt.« Titus schaute aus dem Fenster. »Wir sind mitten auf dem See, scheint mir.«

Valerie schaute auf ihrer Seite. »Ne – gar nicht so sehr. Das sind keine 20 Meter zum Ufer. Das Problem ist nur, dass es uns beim Aufprall wohl die Elektronik zerlegt hat. Ich krieg' die Motoren nicht mehr an.«

»Und wie kommen wir dann an Land?« fragte Titus.

»Dazu werden wir uns wohl ins Wasser bemühen müssen.« Valerie streifte bereits die Schuhe ab, dann stemmte sie sich wieder hoch. »Helfen Sie mir bitte, die Tür aufzumachen? Ich habe mir die Schulter angeschlagen.«

Er stand auf und hinkte zur Tür, löste die Verankerung und drückte dagegen. Die Tür schwang auf und Titus schaute misstrauisch auf das graue Wasser unter ihm. »Sieht kalt aus!«

»Ist unter Garantie schweinekalt!« versicherte ihm Valerie. »Hilft aber nichts – wir können ja nicht mitten auf dem See bleiben. Vor allem weiß ich nicht, ob der Rumpf nach diesem Bums immer noch wirklich dicht ist.«

»Na, fein – wir sitzen mitten in Alaska in der Wildnis auf einem See und es ist nicht sicher, ob unser Flieger nicht absaufen wird!«

Valerie schob ihre linke Hand in die Känguruh-Tasche ihres Hoodies. Es tat fies weh, aber mit zusammen gebissenen Zähnen ließ es sich aushalten. Und nun einen Schritt nach vorne – und das Wasser war wirklich beißend kalt. Sie zog sich mit der freien, rechten Hand am Rumpf entlang, um die kleinen Ausleger unten herum. »Helfen Sie mir oder schauen Sie mir zu?« schnauzte sie in Richtung Titus, der immer noch unentschieden an der Tür stand. Sie war mittlerweile hinter dem Ausleger und nutzte ihr Körpergewicht, um die Maschine vollends so zu drehen, dass ihre Nase zum Ufer zeigte.

Vorne platschte es – Titus war jetzt auch im Wasser und kraulte um die Nase der Maschine herum. Dabei rief er: »Ich schiebe auf der anderen Seite!«

Mit Titus zusammen schaffte es Valerie, die Maschine so weit ans Ufer zu schieben, dass sie dort im weichen Sand aufsetzte. »Gut so – jetzt müssen wir sie nur noch irgendwie befestigen, damit sie uns nicht raustreibt!« rief sie. Sie watete nach vorne und fand einen Haken unterhalb der Nase des Flugzeuges. »Fehlt nur noch ein Strick!«

»Warten Sie ...« Titus war um die Seastar herumgekommen, zog sich geschickt wieder in die Tür und erschien zwei Minuten später mit einem stabilen Seil. Er fädelte es durch die Öse, dann ging er zum Strand. »Ich schlinge das Seil um den Baum!« kündigte er an, wickelte das Seil dreimal um eine Weide am Ufer und band einen stabilen Knoten.

Valerie versuchte erst einmal, wieder ins Flugzeug zu kommen. Der See war eisig kalt, sie hatte das Gefühl, ihre Beine schon nicht mehr zu spüren, schaffte es aber nicht, sich mit nur einem Arm wieder durch die Luke zu stemmen. Aber dann war da eine kräftige Hand, die sie am Gürtel hinten packte und fast ins Flugzeug warf. »Autsch!« Valerie landete hart, drehte sich und musste nach Luft schnappen.

Titus kletterte hinter ihr her in die Seastar. »Ausziehen!« kommandierte er. »Wir müssen so schnell wie möglich aus den nassen Klamotten! Sie haben doch sicher was trockenes dabei.« Er zog Pulli und Hemd über den Kopf und warf beides auf den Boden, dann reckte er sich und öffnete die Gepäckklappen über ihnen. »He, das ist gut ...« Er zog eine dunkelrote Fleece Decke heraus und legte sie um Valeries Schulter. Sie hatte inzwischen ebenfalls den Pullover und das Shirt darunter ausgezogen und versuchte gerade, ein enges Bustier über den Kopf zu ziehen. Titus half, dabei schaute er auf ihre linke Schulter. »Das sieht nicht gut aus«, stellte er fest.

»Wir werden's einrenken müsssen!« teilte ihm Valerie mit, versuchte, einhändig ihre Jeans nach unten zu schieben und gab schließlich auf. Die nasse, eiskalte Hose klebte an ihrer Haut. Dabei zitterte sie schon vor Kälte. »Entschuldigung – können Sie mir helfen?«

»Natürlich! Setzen Sie sich!« ordnete Titus an. Valerie setzte sich auf die Kante ihres Doppelsitzes und hoffte, dass ihre Hose auf dem nicht zu viel Wasser hinterlassen würde. Immerhin war Titus schnell. Er fasste kurzerhand nach den unteren Säumen an den Hosenbeinen und kommandierte: »Kehrseite hoch links!« Valerie tat wie er ihr befohlen, mit einem Ruck hatte er das linke Hosenbein bis zum Oberschenkel. »Andere Seite!« kam jetzt. Sie stemmte sich rechts hoch – und damit hatte er beide Hosenbeine und streifte sie über ihre Unterschenkel ab, um sie zu den anderen nassen Sachen auf dem Boden zu werfen. »So – jetzt aber warm einpacken!«

Valerie ließ sich das nicht zweimal sagen. Sie wickelte sich in die Fleecedecke, setzte sich mit dem Rücken zum Fenster, zog die Beine auf den Sitz und rieb ihre erstarrten Zehen. »Boah, ist mir kalt!«

»Mir auch!« Titus hatte es mit seiner Cordhose einfacher: Gürtel und Bund auf, der nasse Stoff fiel nach unten. Er kickte die Hose weg und bückte sich, um die nassen Socken auszuziehen.

Gestrandet in Alaska

An einem See im Norden Alaskas,Mitte September

Obwohl Valerie so fror, registrierte sie, dass er nicht nur sehr lange, sondern auch gerade und gut trainierte Beine hatte. Die Kehrseite, die er nun aus einer schwarzen Baumwollshort befreite, war allerdings ein bisschen zu flach für Valeries Geschmack. Sie musste fast über sich selbst lachen: Gestrandet auf einem See in Alaska, keine Ahnung, wie und wann sie da wieder wegkommen würde – und sie interessierte sich für den Popo eines fremden Herrn! Aber ihr war nach Blödsinn und trotz der Kälte nach Lachen und Blödeln. Sie hatte es geschafft, die Seastar zu landen und sie lebte! Und das mit der Rettung würde schon gut gehen!

Bill hatte erzählt, dass er drei Stationen anzufliegen hatte: Benedikts Forschungscamp, die Lodge, in der er Titus hatte abliefern sollen und das Fischercamp, für das die Vorräte bestimmt waren. Sobald man dort merken würde, dass das Flugzeug nicht kam, würde eine Meldung nach Fort Yukon gehen und von dort aus wahrscheinlich in die nächste größere Stadt und dann würde eine Rettungsaktion einsetzen. Natürlich, dass Wetter war für eine solche nicht ideal. Der Himmel hatte sich jetzt vollends zugezogen, es schien sich vollends eingeregnet zu haben und der Wind war stärker geworden. Er zog und schüttelte immer wieder an der Seastar.

»Wie geht's jetzt weiter?« Titus hatte eine Army-Wolldecke um sich gewickelt, aber seine Reisetasche zu sich gezogen und fand gerade einen trockenen Pullover.

»Ja, ich denke, es wird eine Weile dauern, bis man es findet«, antwortete Valerie. »Wir werden warten müssen.«

»Über Nacht?« fragte Titus.

»Ziemlich wahrscheinlich«, meinte Valerie. »Bis die Rettungsaktion anläuft, ist es dunkel. Und bei dem Regen und Wind kriegen wir kein großes Signalfeuer hin. Und selbst, wenn man uns finden würde – ich glaub' nicht, dass irgendjemand dann auf dem See landen wollte.«

Titus zog sich einen dunkelroten Pullover über den Kopf. »Okay«, sagte er. »Dann werden wir hier schlafen müssen.«

»Genau damit habe ich ein Problem!« gestand Valerie ein. »Wie ich schon sagte: Ich weiß nicht, ob der Rumpf noch dicht ist. Und ich traue unserer Verankerung nicht. Ich möchte eigentlich mitten in der Nacht halb im Wasser und mit einem abtreibenden Flugzeug aufwachen.«

»Hmm.« Titus wuschelte sich mit einer Hand durch seine kurzen Haare. »Was schlagen Sie vor?«

»Ein Lager an Land«, antwortete Valerie.

»Oh, wie gemütlich!« Titus schielte zum Fenster hinaus. »Wäre es nicht sinnvoller, wenn wir die Maschine besser sichern? Oder vielleicht könnten wir sie sogar an Land ziehen?«

»Das dürfte uns schwer werden«, antwortete Valerie. »Das Ding wiegt ja nun doch ein bisschen was. Ich denke, mit einem Lager sind wir da besser und schneller bedient. So viel ich informiert bin, muss in Alaska jedes Flugzeug eine komplette Notfallausrüstung – Zelt, Gewehr, Schlafsäcke, Proviant – dabei haben. Doch selbst wenn nicht – wir haben jede Menge Planen, wir haben Seile, wir haben zwei Decken, ich habe eine Notfall-Decke im Rucksack und hier ist ganz sicher auch eine in der Erste-Hilfe-Ausrüstung. Damit müssten wir gut durch eine Nacht kommen.«

»Das klingt für meinen Geschmack sehr abenteuerlich!« Titus war alles andere als begeistert und das hörte man deutlich.

Valerie stand auf und ging zu ihrem Rucksack, den Titus hinter den Sitz gestellt hatte. Sie angelte trockene Cargo-Jeans, Socken und einen Fleece Pullover heraus, dazu ihren wasserdichten Anorak und ein Paar gelbe Gummistiefel. Anziehen war durch die Schulter etwas mühsam, aber sie schaffte es und begann, sich im Flieger umzusehen. Dabei war ihr die Sicht durch die Ladung verstellt, aber sie drückte sich seitlich daran vorbei und meldete: »Bingo!« An der hinteren Wand der Kabine waren zwei graue Kunststoffcontainer mit Expandern befestigt. Auf einem prangte ein rotes Kreuz, der andere, noch größere, hatte die Aufschrift »SAR".

Valerie öffnete erst einmal den Erste-Hilfe-Koffer und fand eine reichhaltige Ausstattung inklusive eines sorgfältig in Styropor verpackten Satzes Ampullen. Sie überprüfte die Aufschriften und freute sich. »Na, wer sagt's denn? Ein Lokal-Anästhetikum – genau das habe ich gebraucht. Jetzt brauche ich nur noch ein gescheites Muskel-Relaxans ...«

»Wie bitte?« Titus war aufgestanden, lehnte an der Ladung und schaute ihr zu.

Valerie grinste ihn an. »Haben Sie schon einmal eine Schulter eingerenkt?«

»Äh – wie bitte?«

»Sie müssen mir die Schulter einrenken!« erklärte Valerie. »Abgesehen davon, dass sie so ziemlich weh tut, kann ich den Arm so für nichts verwenden. Das ist ziemlich Kokolores, ergo sollten wir versuchten, das Gelenk wieder funktional zu bekommen, in dem Sie es einrenken.«

»Sonst noch was?« Titus zog eine Augenbraue hoch. »Nur zu Ihrer Information: Ich habe zwar in meiner wilden Jugend überlegt, ob ich Medizin studieren sollte, habe mich dann aber für Musik entschieden.«

»Na, sowas!« feixte Valerie. »Bei mir war's gerade andersrum: Ich habe mir überlegt, ob ich Musik studieren soll und mich dann für Medizin entschieden. Und mit meiner Anleitung werden Sie es schon schaffen, meine Schulter zu behandeln!« Sie nahm zwei Ampullen aus dem Pack, außerdem zwei Einweg-Injektionsspritzen mit Nadeln, Alkoholpads, Dreieckstücher und elastische Binden. »Wir werden eine Schultergelenks-Reposition nach Hippokrates durchführen – das ist eine schön bewährte, sehr alte Methode und meine Schulter ist geradezu ein Paradefall für ihre Anwendung.«

Sie krabbelte über die gelagerten Güter wieder nach vorne und schaute sich um. »Bisschen wenig Platz hier, aber wir kriegen das hin. Ich lege mich auf den Doppelsitz, Sie setzen sich auf meinen Rucksack davor.«

Titus war ihr nachgekommen. »Ihren Optimismus möchte ich haben!« stellte er fest.

»Na, rumsitzen und jaulen würde uns auch nicht weiterbringen!« Valerie versuchte, die Spritzen aufzuziehen, was einhändig nicht ganz einfach war.

Titus nahm sie ihr ab. »Spritzen aufziehen kann ich. Ich hatte während meiner Studienzeit einen Freund, der Diabetiker war und mit seinen Spritzen nicht klar kam. Wie viel soll ich aufziehen?«

»Moment, ich rechne noch. Ich brauche ungefähr ein Sechstel von dem, was ich einem Pferd spritzen würde. Bei mir ...« Sie überlegte noch einmal, dann sagte sie: »Acht hinten und sechs Einheiten vorne müssten reichen. Dann noch das Relaxans – schätzungsweise fünf Milligramm. Damit müsste es gehen.«

»Sind Sie sicher, dass Sie nicht warten wollen, bis uns jemand einsammelt und Ihnen ein Kollege helfen kann?« Titus wirkte sehr skeptisch.

»Ja, ich bin sicher, dass ich nicht so lange warten will.« Valerie zog ihren Pullover wieder aus. »Wenn Sie sich den Rucksack schnappen würden? Sie müssen erst mal spritzen ...«

»Toll!« Titus zog ihren Rucksack nach vorne neben den Doppelsitz und ließ sich darauf nieder. Er hielt die beiden gefüllten Spritzen in die Höhe. »Wo und wie hätten Sie's denn gern?«

Valerie deutete auf die Spritze mit der wasserklaren Flüssigkeit. »Die Hälfte davon bitte hier!« Sie bezeichnete eine Stelle vorne an ihrer Schulter. »Und dann auf der anderen Seite – auch so ungefähr in diesem Bereich. Und wenn wir damit fertig sind, vielleicht von oben«, sie tippte auf die Schulter, »das gelbliche Zeug!«

Titus legte die Spritze mit dem Muskelrelaxans vorsichtig auf seinen Sitz, dann kam er zurück. »Muss ich das irgendwie desinfizieren?« fragte er.

Valerie hatte einen Alkoholpad geöffnet. »Das mache ich!« Sie säuberte die Einstichstelle. »Also los – Nummer Eins.«

»Puuh – ich hoffe, ich tue Ihnen nicht zu sehr weh.« Titus setzte die Nadel vorsichtig an, gab dann einen leichten Druck darauf, beobachtete Valerie, die sich auf die Unterlippe biss und drückte langsam ab.

»Uuuh ...« Valerie musste sich einen Aufschrei verbeißen. Die Injektion brannte und sie hatte das Gefühl, dass ihre Schulter jetzt endgültig zu viel bekam. »Bitte gleich die zweite!« bat sie schwach.

»Sicher?«

»Ganz sicher!« Valerie desinfizierte eine Stelle hinten an der Schulter und drehte sich, damit er daran kommen konnte.

»Also gut ...« Er stach noch einmal ein und drückte langsam die Flüssigkeit in ihren Körper. »Tief atmen, Valerie! Ganz ruhig ...«

Sie hatte tatsächlich nach Luft geschnappt und musste sich nun bemühen, sich wieder zu beruhigen. »Es fühlt sich gerade an, als ob etwas in meiner Schulter explodiert wäre.«

»Ich beneide Sie nicht drum!« zeigte Titus Empathie. »Kann ich Ihnen irgendwie helfen? Möchten Sie etwas trinken? Oder essen? Sie sind sehr blass ums Näschen!«

»Könnten Sie die dritte Injektion reinhauen?« bat Valerie. Sie wusste, dass es nichts nützte, die Sache hinauszuziehen.

»Gut, wenn Sie meinen. Wohin?«

Valerie hatte ein neues Alkoholpad ausgepackt und rieb oben über die Schulter. »Bitte hier flach einstechen – da kommt gleich Knochen!«

»Und da kann nichts schiefgehen?« fragte Titus.

»Nein, Sie machen das schon.« Valerie wollte ihm nicht erzählen, was alles daneben gehen konnte. Stattdessen schloss sie die Augen und biss die Zähne zusammen.

Titus setzte sorgfältig die dritte Spritze, zog sie langsam wieder heraus und atmete hörbar aus. »Puuh – und jetzt?« Er lehnte sich gegen die Wand.

»Abwarten, bis es wirkt – 10 Minuten oder so ...« Valerie spürte schon, wie sich das Betäubungsmittel ausbreitete und der Schmerz langsam versurrte. Doch nun merkte sie, wie angespannt sie gewesen war. Jetzt, wo der Flugzeug unten war, machte sich Erschöpfung breit. Sie hätte sich am liebsten in die Fleecedecke gerollt, die Augen geschlossen und wäre eingeschlafen.

»Valerie, bleiben Sie bei mir!« Titus legte seine Hand an ihre Wange. »Nicht einschlafen – wir müssen erst Ihre Schulter in Ordnung bringen. Und dann müssen wir an Land und ein Lager bauen und dann dürfen Sie schlafen.«

»Hmm ...« Es war schön, dass der Schmerz in der Schulter jetzt nachließ!

»Erzählen Sie mir – wie machen wir das mit dem Lager?« fragte Titus.

»Ich denke, hinten in der SAR Kiste sind die Utensilien dafür – Zelt, Schlafsäcke. Wir bauen das Zelt auf, packen uns in die Schlafsäcke ...«

»Zelt aufbauen – haben Sie das schon mal gemacht?«

Valerie musste trotz ihrer Müdigkeit grinsen. Der Dirigent sah aus als, ob sie ihm eben mitgeteilt hätte, dass er in der nächsten Stunde anfangen sollte, eine Lokomotive zu bauen. »Das ist kein großes Problem. Ich hoffe, dass es ein modernes Zelt und nicht gerade eine Dackelgarage ist ...«

»Eine was?« Titus schien den Ausdruck noch nie gehört zu haben.

»Sie waren nicht bei der Bundeswehr?«

»Viel zu viel!« erwiderte er. "Ich bin der Sohn eines Bundeswehr-Offiziers. Darum habe ich auch Zivildienst gemacht «, gab Titus Auskunft.

»Die Dackelgarage ist das alte Bundeswehrstandard-Zelt für zwei Mann. Es besteht aus zwei Planen, die oben zusammengeknöpft werden. Funktioniert ganz gut, ist aber ein wenig mühsam im Aufbau. Und natürlich ist es nicht so wasser- und windfest als ein modernes Expeditionszelt«, erklärte Valerie.

»Ich scheine mit Ihnen ausgesprochen Glück gehabt zu haben!« fand Titus. »Sie können fliegen, Sie haben Ahnung von Zelten – woher?« erkundigte er sich.

»Mein bester Freund – der, den ich besuchen will – ist Wildtierbiologe«, erklärte Valerie. »Der hat mich während des Studiums dauernd in die Wälder und Auen verschleppt. Wir haben fast jedes Wochenende in der Rax bei Wien das Liebesleben der Bachforelle studiert.«

»Spannend!« Titus grinste, pfiff ein paar Takte vom Forellenquintett und sagte dann: »Wilde Leidenschaft in kaltem Bachwasser. Sind die Viecher monogam oder pflegen Sie interessantere Beziehungsformen?«

»Die huldigen der ganz freien Liebe!« feixte Valerie. »Salma trutta fario – die Bachforelle – fächelt sich Laichgruben, in die die Weibchen dann ungefähr 1000 bis 1500 Eier legen. Der Bachforellerich befruchtet sie und das war's dann. Die Herrschaften verdrücken sich, die lieben Eierchen wachsen heran – so sie nicht gefressen werden – und nach zwei bis vier Monaten schlüpfen die Fischlarven.«

»Das klingt irgendwie nicht nach einem wirklich aufregenden Liebesleben!« fand Titus.