Der andere Himmel - Renate Ahrens - E-Book
SONDERANGEBOT

Der andere Himmel E-Book

Renate Ahrens

0,0
9,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Geschichte, die unter die Haut geht: Behutsam und bewegend erzählt Renate Ahrensʼ Roman von einem dramatischen Flucht-Versuch aus der DDR in den 70er-Jahren, einer große Liebe und einer zweiten Chance. Die bewegende Autobiografie des Schriftstellers Frank Hollmann sorgt in ganz Deutschland für Schlagzeilen, berichtet sie doch von einem dramatisch gescheiterten Flucht-Versuch aus der DDR in den 70er-Jahren. Den diversen Besprechungen und Experten-Runden kann irgendwann auch Irina Lohrisch nicht mehr aus dem Weg gehen, obwohl sie es nach Kräften versucht. Denn für Irina ist Frank nicht irgendein Schriftsteller, und er beschreibt nicht irgendeinen Flucht-Versuch – diese Geschichte ist ihre Geschichte, die Geschichte der Liebe ihres Lebens. Und das Zeugnis eines bitteren Verrats. Oder kann es mehr als nur eine Version von Wahrheit geben? Die Hamburger Autorin Renate Ahrens besticht durch ihre schnörkellose und eindringliche Sprache mit einem Roman, der zutiefst bewegt. Wie schon in ihren Büchern »Das gerettete Kind« und »Alles, was folgte« wird auch in »Der andere Himmel« unsere jüngere Geschichte greifbar als das Schicksal einzelner Menschen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 361

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Renate Ahrens

Der andere Himmel

Roman

Knaur e-books

Über dieses Buch

Die bewegende Autobiografie des Schriftstellers Frank Hollmann sorgt in ganz Deutschland für Schlagzeilen, berichtet sie doch von einem dramatisch gescheiterten Flucht-Versuch aus der DDR in den 70er-Jahren. Den diversen Besprechungen und Experten-Runden kann irgendwann auch Irina Lohrisch nicht mehr aus dem Weg gehen, obwohl sie es nach Kräften versucht. Denn für Irina ist Frank nicht irgendein Schriftsteller, und er beschreibt nicht irgendeinen Flucht-Versuch – diese Geschichte ist ihre Geschichte, die Geschichte der Liebe ihres Lebens. Und das Zeugnis eines bitteren Verrats. Oder kann es mehr als nur eine Version von Wahrheit geben?

Inhaltsübersicht

Hinweis des VerlagsWidmung1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. Kapitel15. Kapitel16. Kapitel17. Kapitel18. Kapitel19. Kapitel20. Kapitel21. Kapitel22. Kapitel23. Kapitel24. Kapitel25. Kapitel26. Kapitel27. Kapitel28. Kapitel29. Kapitel30. Kapitel31. Kapitel32. Kapitel33. Kapitel34. Kapitel35. Kapitel36. Kapitel37. KapitelLeseprobe »Alles, was folgte«
[home]

Alle handelnden Personen sind frei erfunden.

[home]

Für Alan

[home]

1.

Irina öffnete das Fenster, ein lauer Wind schlug ihr entgegen, es duftete nach Sommerflieder. In der Ferne hörte sie das Rauschen des Berufsverkehrs. Sie dachte an die Patientin, die sich eben mit einem Glas selbst gemachter Himbeermarmelade von ihr verabschiedet hatte, als Dank dafür, dass sie ihr nach ihrem Unfall wieder auf die Beine geholfen habe – mit ihren krankengymnastischen Fähigkeiten und mit ihrer Zuversicht. Sie sei eine geborene Mutmacherin. Irina schüttelte leicht den Kopf und schloss das Fenster wieder.

Gleich hatte sie ihre letzte Behandlung für heute, die junge Frau mit dem Bandscheibenvorfall. Danach würde sie nach Hause radeln und schnell ein Abendessen für Stefan zubereiten. Um halb acht war sie mit Marlies in der Trattoria Calabria in Eimsbüttel verabredet. Darauf freute sie sich schon seit Tagen.

Sie machte ein paar Dehnübungen und trank einen Schluck aus ihrer Wasserflasche.

Svenja hatte ihr eine WhatsApp geschickt.

Liebe Mama,

André hat heute Abend ein wichtiges Dinner mit seinem Chef und einem amerikanischen Kunden. Er hat vorhin erst erfahren, dass dafür auch Ehepartner vorgesehen sind. Leider habe ich so kurzfristig keinen Babysitter bekommen. Es wäre toll, wenn Ihr für etwa dreieinhalb Stunden auf Leonie aufpassen könntet. Mit Papa habe ich schon gesprochen. Für ihn ist es okay. Sorry, wenn ich damit jetzt Deine Pläne durcheinanderbringe. Ich muss spätestens um 7 Uhr los. Tausend Dank und bis nachher.

Liebe Grüße,

Svenja

Irina spürte einen Stich. Sollte sie Stefan vorschlagen, allein zum Babysitten zu gehen? Nein, das würde ihn überfordern.

»Frau Lohrisch?«

Sie drehte sich um.

In der Tür stand die junge Frau und schaute sie fragend an. »An der Rezeption sagte man mir, dass ich zu Ihnen durchgehen solle.«

»Ja, kommen Sie herein. Entschuldigen Sie, dass ich Sie nicht aus dem Warteraum abgeholt habe.«

Die junge Frau hatte starke Schmerzen und große Angst. Sie traute sich keine der leichten Rückenübungen zu, sondern verkrampfte sich immer mehr. Irina beschloss, vom Programm abzuweichen und sie nur zu massieren. Allmählich entspannte sie sich und fing dann plötzlich an zu weinen.

»Das wird schon wieder«, sagte Irina leise.

Beim Abschied lächelte die junge Frau zum ersten Mal.

Gleich halb sechs. Vielleicht war Marlies noch in ihrer Praxis. Sie suchte in ihrem Smartphone die Nummer heraus, doch erst als der Anrufbeantworter ansprang, fiel ihr ein, dass heute Mittwoch war und Marlies nachmittags freihatte. Sie erreichte sie schließlich zu Hause.

»Es tut mir so leid, aber ich muss für heute Abend absagen.«

Marlies hörte ihr ruhig zu und war ihr wie immer nicht böse. Sie kannten sich seit über dreißig Jahren, und die kinderlose Marlies wusste, dass Irina nicht Nein sagen konnte, wenn es um ihre Familie ging.

»Wie geht es dir?«

Marlies seufzte. »Meine Mutter ist gestern wieder gestürzt.«

»Oje! Hat sie sich verletzt?«

»Sie hat eine große Prellung an der Hüfte. Sonst ist ihr zum Glück nichts passiert.«

»Sie ist doch erst letztens gefallen.«

»Ja, das ist schon der vierte Sturz in diesem Monat. Sie kann nicht mehr allein in ihrem Haus leben, aber sie will nach wie vor niemanden bei sich wohnen lassen, und in eine Seniorenresidenz will sie auch nicht, obwohl sie sich das leisten könnte. Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll. Sie ist noch bei klarem Verstand. Ich muss ihre Entscheidung respektieren.«

»Wahrscheinlich … würde sie am liebsten zu dir ziehen.«

»Ja, aber wie soll das funktionieren? Meine Mutter kann schon seit Jahren keine Treppen mehr steigen. Sie käme niemals bis zu mir in den dritten Stock. Außerdem bin ich den ganzen Tag nicht da. Ich müsste jemanden engagieren, der sich hier um sie kümmert.«

»Das kann doch nicht so schwierig sein. Wenn du willst, höre ich mich gern mal etwas um.«

»Nein, Irina, bitte nicht. Es geht ja nicht nur um die Betreuung tagsüber. Nachts wäre ich für meine Mutter zuständig, wenn sie alle zwei, drei Stunden aufsteht, um auf die Toilette zu gehen, sich einen Tee zu kochen, Zeitung zu lesen. Das schaffe ich kräftemäßig nicht. Da kann ich meine Praxis gleich dichtmachen.«

Marlies’ Stimme war immer lauter geworden. So hatte Irina sie noch nie erlebt.

»Sei froh, dass du diese Probleme nicht hast.«

»Wie bitte?« Irina schluckte.

»Entschuldige. Das wollte ich nicht sagen … Ich bin im Moment einfach ziemlich gestresst.«

Sie vereinbarten, in den nächsten Tagen wieder zu telefonieren.

Irina schickte Svenja eine Nachricht, dass sie gegen halb sieben bei ihr wäre. Und Stefan schrieb sie, dass es keinen Zweck hätte, wenn sie jetzt noch nach Hause käme. Ich besorge uns zwei Tiefkühlpizzen und treffe Dich bei Svenja. Gruß, Irina.

Sie zog sich um, packte ihre Sachen und war froh, dass die Rezeption nicht mehr besetzt war und sie mit niemandem sprechen musste.

Marlies’ Satz klang noch immer in ihr nach, als sie ihr Rad aufschloss und sich auf den Weg zum Supermarkt machen wollte. Plötzlich fing sie an zu zittern. Sie ließ den Schlüssel fallen und lehnte sich an die Hauswand. Da war er wieder, der Tag, an dem sie Mutters Brief bekommen hatte.

 

Im Hausflur riecht es nach angebranntem Kohl. Ich nehme die Post aus dem Kasten, sehe den Brief mit Mutters Schrift. Mein Herz schlägt schneller. Seit Wochen habe ich nichts von ihr gehört. Hastig reiße ich den Umschlag auf.

Berlin, den 10. November 1985

Meine liebe Irina!

Es tut mir so leid, daß ich eine schlechte Nachricht für Dich habe. Mir ging es in der letzten Zeit nicht gut, und heute habe ich erfahren, daß ich Eierstockkrebs in einem fortgeschrittenen Stadium habe.

Oh, nein! Ich sinke auf die Treppe.

Mir bleiben nur wenige Monate, vielleicht auch nur ein paar Wochen. Ich würde sehr viel darum geben, wenn ich Dich vor meinem Tod noch einmal sehen könnte.

Meine Gedanken überschlagen sich. Gleich morgen werde ich ein Visum beantragen.

Aber ich will Dich auch nicht in Gefahr bringen. Selbst wenn die Behörden Dir ein Visum bewilligen, ist es für Dich als ehemalige ›Republikflüchtige‹ ein Risiko, wieder in die DDR einzureisen. Von daher könnte ich es sehr gut verstehen, wenn Du beschließt, ein solches Wagnis nicht einzugehen.

Du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben. Ich bin unendlich glücklich und dankbar, daß ich so eine wundervolle Tochter habe, und wünsche Dir von ganzem Herzen, daß es Dir gut gehen möge und Du in Deinem Leben viel Glück und Erfüllung erfahren wirst.

Es umarmt Dich

Deine Dich liebende Mutter

Ich fange an zu weinen. Natürlich werde ich die Reise wagen, wenn ich ein Visum bekomme. Hauptsache, ich kann mich von Mutter verabschieden und sie persönlich um Verzeihung dafür bitten, dass Frank und ich im Herbst 1977 versucht haben zu fliehen, ohne sie vorher in unsere Pläne einzuweihen.

 

Irina bückte sich nach ihrem Schlüssel und fuhr zögernd los. Die Erinnerung an jene Zeit war wie eine offene Wunde, die niemals heilen würde. Ihr Antrag auf ein Visum wurde abgelehnt, vier Wochen später starb Mutter im Alter von fünfzig Jahren. Irina durfte nicht an ihrer Beerdigung teilnehmen. Sie war an ihrer Trauer fast zerbrochen.

In jenem Winter hatte sie Stefan kennengelernt, der sie auffing und ihr Halt gab. Ohne ihn wäre sie verloren gewesen.

Beinahe hätte sie eine Fußgängerin übersehen. Sie bremste, stieg ab und schob das letzte Stück bis zum Supermarkt.

 

Es war kurz vor halb sieben, als sie Eppendorf erreichte und in die Seitenstraße mit den hohen Bäumen einbog, in der Svenja mit ihrer Familie lebte. Jedes Mal, wenn Irina vor dem renovierten Altbau mit den großen Balkonen stand, hatte sie einen Moment lang ein Gefühl der Beklemmung, weil diese Welt so anders war als die der engen Mietwohnung in Barmbek, in der Svenja aufgewachsen war und in der Stefan und sie heute noch lebten. André stammte aus sehr wohlhabenden Verhältnissen, seine Eltern besaßen nicht nur dieses Haus. Sie gaben sich große Mühe, Stefan und ihr gegenüber ihren Reichtum nicht herauszukehren, aber Irina war mit ihnen nie warm geworden.

Im Treppenhaus hörte sie Leonie schreien. Sie lief die letzten Stufen hinauf, schloss die Wohnungstür auf, und da kam ihr schon Svenja in Shorts und T-Shirt mit der tränenüberströmten Leonie auf dem Arm entgegen.

»Oh, Mama, hier bricht gerade alles zusammen. Ich versuche seit Stunden, sie zu beruhigen.«

Irina gab ihrer Tochter einen Kuss und nahm ihr Leonie ab. »Was hat sie denn?«

»Ich glaube, sie bekommt einen Zahn, oder sie hat wieder Bauchweh.«

»Na, mein Schatz«, sagte Irina und strich Leonie über ihre nass geschwitzte Stirn. »Du hast ja einen ganz heißen Kopf.«

Leonie wandte ihr Gesicht ab und brüllte weiter.

»Keine Ahnung, wie das werden soll, wenn in fünf Wochen die Schule wieder losgeht. Ich hätte ein zweites Jahr Elternzeit beantragen sollen.«

»Du hast doch eine Tagesmutter gefunden.«

»Ja, aber ich habe plötzlich Zweifel, ob es nicht zu früh ist, Leonie abzugeben.«

»Mach dir darüber jetzt keine Gedanken. Geh schnell duschen. Ich kümmere mich um sie.«

»Danke. Ich weiß nicht, was ich ohne dich machen würde.«

Leonie schluchzte einmal laut auf, dann brüllte sie weiter.

»Oh, wenn ich bloß wüsste, wie ich dir helfen könnte«, murmelte Irina und ging mit ihr ins Wohnzimmer.

Hier deutete nichts darauf hin, dass in dieser Wohnung ein kleines Kind lebte. Das Arrangement aus Ledermöbeln, Glastischen, Stehlampen, Skulpturen und abstrakten Bildern wirkte so makellos wie in einem Einrichtungshaus. Svenja hatte mehrmals betont, wie wichtig es André sei, dass Leonies Spielsachen im Kinderzimmer blieben.

Auf dem Balkon summten die Bienen, doch auch die konnten Leonie nicht ablenken, genauso wenig wie die rot-weiß gestreiften Petunien und der Zitronenfalter.

»Wollen wir uns etwas zu trinken holen?«

Das Brüllen wurde eher lauter als leiser. Irina legte unwillkürlich eine Hand auf ihr Ohr. Sie erinnerte sich nicht, dass Svenja jemals so gebrüllt hätte.

Beinahe wäre sie über die Schwelle gestolpert. Sie musste sich konzentrieren. Das fehlte noch, dass sie beide hier stürzten und sich verletzten.

Im Flur blieb sie vor dem großen, goldgerahmten Spiegel stehen. Plötzlich war Leonie still und starrte mit offenem Mund auf ihr Spiegelbild. Mit ihren hellblauen Augen, den blonden Locken und ihrem schmalen Gesicht sah sie aus wie Svenja damals in dem Alter. Und diese Frau mit den kurzen, weißen Haaren, den Falten um den Mund und dem besorgten Blick war eindeutig eine Großmutter. Schlank, durchtrainiert und etwas verhärmt, schoss es Irina durch den Kopf. Sie durfte auf keinen Fall weiter abnehmen.

»Da! Da!«, rief Leonie und zeigte auf den Spiegel.

»Ja, das bist du, auf Omis Arm.«

Leonie strahlte und patschte mit ihrer kleinen Hand auf Irinas Nase.

»Aua! Aua!«, jammerte Irina. Es war ein Spiel, das Leonie über alles liebte, aber seit einiger Zeit hatte sie so viel Kraft, dass es wirklich wehtat.

In dem Moment kam Svenja aus dem Badezimmer. Sie trug ein ärmelloses schwarzes Kleid und High Heels. Ihre langen blonden Haare hatte sie hochgesteckt.

»Schön siehst du aus.«

»Danke.«

»Mama!«, rief Leonie und wollte nach Svenjas langen Ohrringen greifen.

»Vorsicht, Liebes!« Svenja hielt ihre kleinen Hände fest und küsste sie.

Leonie gluckste jetzt fröhlich vor sich hin. Nur auf ihren Wangen schimmerten noch die Spuren ihrer Tränen.

»Wie hast du es geschafft, sie zu beruhigen?«

»Ihr Spiegelbild hat’s ihr angetan.«

»Das muss an dir liegen. Mit mir wollte sie nicht in den Spiegel schauen.«

»Hat sie schon gebadet?«

»Ja, und satt ist sie auch. Du kannst sie gleich ins Bett bringen. Wenn du magst, sing ihr noch was vor. Das hat sie gerade besonders gern.«

»Ist gut. Viel Vergnügen.«

»Danke. Ich muss mich beeilen. Papa wollte eigentlich längst hier sein.«

»Ja«, seufzte Irina. »Er denkt bestimmt wieder, dass es auf ein paar Minuten nicht ankommt, weil ich ja da bin.«

»Ärgere dich nicht. Er hatte wahrscheinlich einen anstrengenden Tag und ist müde.«

Ich auch, dachte Irina, als sie Svenja nachsah. Auf ihren Vater ließ sie nichts kommen. Das war schon immer so gewesen.

 

Stefan kam um zwanzig vor acht. Da schlief Leonie längst. Er sah alles andere als müde aus.

»Wo warst du so lange?«

»Ich bin noch eine Runde gejoggt, das hatte ich dringend nötig.«

Irina zog die beiden Spinatpizzen aus dem Ofen und begann, sie in Stücke zu schneiden. »Wenn Svenja sich auf dich verlassen hätte, hätte sie gleich zu Hause bleiben können.«

»Ich wusste ja, dass du pünktlich hier sein würdest.«

»Eigentlich war ich heute Abend mit Marlies verabredet.«

»Ach, die kannst du doch an irgendeinem anderen Abend treffen. Familie geht vor.«

Schweigend aßen sie ihre Pizza. Irina ärgerte sich über sich selbst. Warum gab sie immer so schnell auf, wenn es um ihre Bedürfnisse ging? Sie durfte Stefan nicht ständig alles abnehmen. Er hätte sehr gut allein auf Leonie aufpassen können.

Nach einer Weile fragte er sie mit einem versöhnlichen Lächeln, welchen Eindruck sie von Svenja gehabt hätte. Am Telefon hätte sie so erschöpft geklungen. Irina erzählte ihm von Leonies stundenlangem Brüllen und von Svenjas Unsicherheit, ob es richtig sei, nach den Sommerferien in die Schule zurückzukehren. Stefan meinte, dass sich die Dinge bestimmt gut entwickeln würden. Svenja neige dazu, sich zu viele Sorgen zu machen, genau wie ihre Mutter. Er zwinkerte ihr zu. Irina wünschte, sie wäre so gelassen und zuversichtlich wie er.

»Wie war dein Tag?«, fragte sie und schenkte ihnen beiden Wasser ein.

»Das Übliche. Heute Nachmittag habe ich mich dabei ertappt, dass ich angefangen habe auszurechnen, wie viele Versicherungsanträge ich schätzungsweise noch bis zu meiner Rente bearbeiten muss.«

»Und?«

»Zu viele.«

»In sieben Monaten bist du frei.«

»Noch schöner wär’s, wenn du Ende nächsten Jahres auch aufhören würdest.«

»Stefan, fang bitte nicht damit wieder an. Du weißt, wie sehr ich meine Arbeit mag.«

»Aber bis du dreiundsechzig bist, musst du sowieso noch fast anderthalb Jahre schuften. Reicht das nicht? Wir wären dann unabhängig, könnten jederzeit mit dem Wohnwagen losziehen, und finanziell wäre es auch kein großer Verlust.«

»Ich bin noch nicht so weit.«

»Ist ja gut. Ich wollte dir eigentlich auch nur sagen, wie schön ich es fände, wenn wir mehr Zeit füreinander hätten. Danach sehnen wir uns doch beide, oder?«

Irina nickte, und dennoch war es für sie unvorstellbar, ihre Arbeit aufzugeben.

»Irgendwann wirst du schon ein Einsehen haben«, meinte er und gab ihr einen Kuss. »Bis dahin muss ich mich eben gedulden.«

Sie standen auf, räumten die Teller in die Spülmaschine und gingen ins Wohnzimmer.

Svenja hatte DIE ZEIT abonniert, und Irina las gerne das Feuilleton. Sie knipste eine der Lampen an und setzte sich aufs Sofa. Stefan ließ sich in einen Ledersessel fallen und griff nach dem Sportteil des HAMBURGER ABENDBLATTS.

Als Irina die erste Seite umblätterte, fiel ihr Blick auf eine Verlagswerbung. Sie traute ihren Augen nicht.

ES GAB FÜR MICH KEINE ALTERNATIVE

Die seit Langem erwartete Autobiografie

von Frank Hollmann

Irina spürte Panik in sich aufsteigen. Wenn dies Franks Geschichte war, dann war es auch ihre Geschichte. Sie atmete tief durch und blätterte weiter. Nein, sie wollte jetzt nicht an Frank und seine neue Veröffentlichung denken, aber sie wusste, dass nun wieder alle Medien über die großartigen Erfolge dieses scheuen Autors berichten würden. Seitdem Frank 1980 einen Literaturpreis für seinen ersten Roman bekommen hatte, gehörte er in der BRD zur literarischen Öffentlichkeit. Sie hatte es siebenunddreißig Jahre lang geschafft, seine Romane zu ignorieren, weil sie sich schützen wollte vor allem, was mit ihm zu tun hatte. Aber bei einem Buch, in dem es auch um ihr Leben ging, würde ihr das vielleicht nicht gelingen.

»Was ist?«, fragte Stefan und schaute sie stirnrunzelnd an.

»Wieso?«

»Du bist auf einmal ganz bleich. Hast du etwa wieder eine deiner Panikattacken?«

»Nein.« Sie legte die Zeitung beiseite und stand auf. »Ich glaube, Leonie weint.«

Sie weinte natürlich nicht, aber Irina hielt es plötzlich nicht mehr aus, mit Stefan im selben Zimmer zu sitzen. Er wusste nichts von Frank, auch Svenja wusste nichts von ihm, nicht einmal Marlies hatte sie von Frank erzählt.

Sie hatte nie darüber gesprochen, dass sie damals bei ihrem Fluchtversuch nicht allein gewesen war.

[home]

2.

Immer mehr Menschen strömten in den Theatersaal. Ihr wurde heiß. Warum hatte sie einen Platz in der Mitte gebucht, noch dazu so weit vorn, anstatt wie sonst hinten am Rand zu sitzen? Sie wusste doch, wie belastend es für sie war, wenn sie nicht jederzeit aufstehen und hinausgehen konnte. Sollte sie versuchen, sich umzusetzen? Vielleicht tauschte jemand mit ihr, der froh war, einen so guten Platz zu bekommen. Sie drehte sich um, sah nichts als gefüllte Reihen. War das das letzte Klingeln? Ja, die Türen wurden geschlossen. Es war zu spät. Ihr Herz raste. Gleich würde sie anfangen zu zittern. Sie umklammerte die Sitzlehnen. Eine Lautsprecherstimme verkündete, dass Mobiltelefone nicht nur auf stumm gestellt, sondern ausgeschaltet werden müssten. Das Fotografieren und Aufzeichnen der Lesung sei verboten. Zuwiderhandlungen würden strafrechtlich verfolgt. Die Veranstaltung war bereits nach einer halben Stunde ausgebucht, raunte ein Mann hinter ihr seiner Nachbarin zu. Das wundert mich nicht, raunte sie zurück. Wann hat man schon mal die Gelegenheit, Frank Hollmann live zu erleben? Es wurde dunkel im Saal, der Vorhang öffnete sich, ein Lichtkegel beleuchtete einen schmalen Tisch und einen Holzstuhl. Auf dem Tisch standen eine Leselampe und ein Glas Wasser. Es war ganz still im Saal. Da betrat er die Bühne. Sie hielt den Atem an. Er war noch größer, als sie ihn in Erinnerung hatte, fast zwei Meter. Seine Schultern hatte er leicht hochgezogen, als ob er in Deckung gehen wollte. Der graue Haarkranz und sein weißer Bart ließen ihn älter erscheinen als siebenundsechzig. In seinem schwarzen Rollkragenpullover und der schwarzen Hose wirkte er noch dünner als früher. Er verbeugte sich, ohne die Miene zu verziehen, und nahm Platz. Auf einmal wurde sie ganz ruhig, ihre Hände entkrampften sich, und sie konnte wieder atmen. Frank schlug sein Buch auf, räusperte sich und blickte sie direkt an. Irina, ich freue mich, dass du hier bist.

Sie wachte in Schweiß gebadet auf. Es war dunkel, sie lag in einem Bett, aber in was für einem Haus, in was für einem Land? Vorsichtig tastete sie über ihre Decke, erschrak einen Moment lang, als sie neben sich gleichmäßige Atemzüge hörte. Natürlich, es war Stefan, der dort schlief.

Sie versuchte wieder einzuschlafen, rollte sich von einer Seite auf die andere, doch der Traum ließ sie nicht los. Wie kam sie auf dieses Bild von Frank? Er machte keine Lesereisen, gab keine Interviews und trat nicht in Talkshows auf. Es gab kaum jemanden, der so berühmt und gleichzeitig so publikumsscheu war wie er. Vor drei Jahren hatte sie einmal ein Schwarz-Weiß-Foto von ihm in einer Zeitung entdeckt. Darauf trug er einen Regenmantel und stieg gerade in eine Straßenbahn. Die Unterschrift besagte, dass es sich um Frank Hollmann handelte, aber das Foto war so verschwommen, dass es auch jemand anderes hätte sein können.

Leise stand sie auf und ging in die Küche. Dort trank sie ein Glas Wasser, setzte sich ans Fenster und schaute in die Dunkelheit.

 

Ich fahre mit dem Rad die Prenzlauer Allee entlang. Mir ist leicht ums Herz, morgens habe ich meine letzte Abi-Arbeit geschrieben. Im Juni kommen noch die mündlichen Prüfungen, vielleicht in Bio und Chemie oder Physik, doch da kann auch nichts mehr schiefgehen. Mit etwas Glück werde ich im Herbst anfangen, Medizin zu studieren.

Gleich Viertel vor acht. Ich muss mich beeilen, Gisela wartet seit zehn Minuten am Kollwitzplatz auf mich. Eigentlich wäre ich an diesem warmen Abend lieber schwimmen gegangen, statt eine Lesung zu besuchen. Aber ich habe Gisela versprochen, dass ich mitkomme, damit ihr Bruder Günther wenigstens ein kleines Publikum hat, wenn er seine neuen Gedichte vorträgt.

Bis vor wenigen Tagen wusste ich nicht, dass der bekannte Schriftsteller Werner Blacher Lesungen in seiner Privatwohnung veranstaltet. Er wolle jungen Autoren eine Chance geben, ihre unveröffentlichten Werke vorzustellen, meinte Gisela. Vor allem solchen, die aus ihrer kritischen Haltung dem Staat gegenüber keinen Hehl machten.

Das finde ich gut. Mutter würde es nicht gut finden; deshalb habe ich ihr auch nicht erzählt, wo ich heute hingehe.

Als ich den Kollwitzplatz erreiche, kommt Gisela mir schon entgegengelaufen.

»Da bist du ja endlich. Los, mach schnell!«

»Meinst du, die fangen pünktlich an?«, frage ich, während ich mein Fahrrad an einem Zaun anschließe.

»Ja! Günther hat gesagt, dass Blacher nach acht Uhr niemanden mehr reinlässt.«

Wir rennen ein Stück, bis Gisela vor einem Altbau mit der Nummer sieben stehen bleibt und klingelt.

Nach einer Weile wird die Haustür aufgerissen, und vor uns steht Günther. »Toll, dass ihr gekommen seid. Es sind ’ne Menge Leute da.«

Mir fällt wieder auf, wie sehr er seiner jüngeren Schwester gleicht, mit seinen hellblonden Haaren, den grünen Augen und der hohen Stirn.

»Für heute hat Werner Blacher drei Autoren eingeladen«, sagt Günther, als wir die Treppen in den fünften Stock hochsteigen. »Außer mir liest der Lyriker Uwe Kießling, und dann wird ein gewisser Frank Hollmann aus seinem ersten Roman lesen.«

»Und der Staat hat nichts dagegen, dass Werner Blacher Autoren bei sich lesen lässt, die das Regime kritisieren?«, frage ich.

»Als Mitglied der SED schert er sich nicht darum, wenn das Zentralkomitee ihn verwarnt. Aber er ist der Partei natürlich ein Dorn im Auge.«

»Blacher ist im In- und Ausland viel zu berühmt, als dass ihm der Staat irgendwas anhaben könnte«, fügt Gisela hinzu.

Noch bevor wir oben angekommen sind, höre ich lautes Stimmengewirr. Ein weißhaariger Mann mit Brille erwartet uns an der Wohnungstür und lässt sich von Günther erklären, wer wir sind.

Einen Moment lang mustert er uns beide. »Mein Name ist Werner Blacher. Herzlich willkommen.«

»Danke«, antworten wir.

»Ich freue mich, dass so junge Zuhörerinnen Interesse an neuer Literatur haben.« Er gibt uns ein Zeichen, ihm zu folgen.

Wir gehen durch einen dunklen, schmalen Flur, in dem lauter Bücherstapel liegen, und gelangen ins Wohnzimmer. Die Sofas und Sessel sind alle schon besetzt. Ich schätze, dass sich mindestens zwanzig Personen hier versammelt haben. Sie rauchen, trinken Bier und beachten uns nicht.

»Suchen Sie sich einen Platz«, sagt Werner Blacher und zündet sich eine Zigarette an.

Wir setzen uns zu einer Gruppe jüngerer Leute auf den Fußboden. Jemand reicht uns zwei Flaschen Bier. Alle scheinen sich zu kennen. Ich fühle mich wie im Rausch, noch bevor ich den ersten Schluck getrunken habe. Aufgeregt schaue ich mich um.

Ich bin noch nie in einer solchen Wohnung gewesen. Die Bücherregale reichen bis an die hohe Decke, und wo keine Regale stehen, hängen Bilder, abstrakte Bilder in leuchtenden Farben, dazwischen ein Frauenakt und das Portrait eines Mannes, vielleicht Werner Blacher in jungen Jahren.

»Wir fangen an«, verkündet er, und sofort wird es still.

Ich sehe, dass sich alle Augen auf Werner Blacher richten. Wie alt er wohl ist? Bestimmt über siebzig.

»Ich begrüße Sie zur heutigen Lesung und freue mich, dass Sie so zahlreich erschienen sind. Aufgrund der gestiegenen Nachfrage habe ich beschlossen, dass ich künftig nicht alle zwei Monate, sondern einmal im Monat junge Autoren zu mir einladen werde.«

Es gibt großen Applaus. Der Mann neben Irina flüstert seiner Nachbarin zu, dass er hoffe, beim nächsten Mal lesen zu dürfen.

»Vorausgesetzt …« Werner Blacher räuspert sich. »Man lässt uns hier weiterhin zusammenkommen. Wie wir wissen, haben die inoffiziellen Mitarbeiter der Stasi ihre Augen und Ohren überall.«

Ein paar Leute schauen sich misstrauisch um, als ob sie sich vergewissern wollen, dass sich kein Stasi-Spitzel in diese Runde eingeschlichen hat. Mir läuft es plötzlich kalt den Rücken herunter. Ich habe immer wieder gehört, wie geschickt die Stasi ist. Wenn tatsächlich ein Spitzel unter uns ist, würden wir es ihm sicherlich nicht ansehen.

»Als Ersten möchte ich den Lyriker Uwe Kießling bitten, uns seine neuen Gedichte vorzustellen«, fährt Werner Blacher fort. »Uwe Kießlings Werk zeichnet sich durch starke Bilder und einen unverwechselbaren Rhythmus aus. Seine Themen sind unbequem, sowohl für diesen Staat als auch für jeden Einzelnen von uns.«

Ein Mann von Ende zwanzig, klein, blass und etwas unbeholfen, geht nach vorn und beginnt zu lesen. Ich habe mich in der Schule nie besonders für Lyrik interessiert, aber diese Gedichte berühren mich. Es geht etwas Rohes, Verletztes von ihnen aus. Sie handeln von zerschlagenen Träumen, verbotenen Gedanken und vom viel zu frühen Sterben. Uwe Kießlings Sprache ist voller Kraft und Energie. Nie hätte ich diesem so unscheinbar wirkenden Mann zugetraut, solche Texte zu schreiben.

Er bekommt viel Beifall. Sichtlich erfreut, verbeugt er sich und dankt Werner Blacher dafür, dass er es Menschen wie ihm ermögliche, seine Gedichte in der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Als Nächster ist Günther an der Reihe. Auch er wird vom Gastgeber hoch gelobt für seine an die Balladentradition anknüpfenden Texte, aus denen viel Mut und ein ungebrochener Kampfgeist spreche.

»Günther Murbachs Gedichte sind eine Aufforderung an uns alle, uns nicht unterkriegen zu lassen.«

Gisela drückt einmal kurz meinen Arm. »Hoffentlich verhaspelt er sich nicht. Er ist so aufgeregt.«

Doch davon ist Günther nichts anzumerken. Er trägt seine Gedichte auswendig vor, ja, er singt sie beinahe. Und dabei blickt er ins Publikum. Ich kenne ihn seit meiner Kindheit. Er hat sich noch nie von jemandem einschüchtern lassen.

Es wird begeistert geklatscht. Günther scheint allen in diesem Kreis bekannt zu sein.

»Vielleicht wird ein Verlag im Westen seine Gedichte herausbringen«, flüstert Gisela mir zu. »Er hat sie neulich einem Autor aus Hamburg mitgegeben, der sich für ihn einsetzen will.«

»Ich würde es ihm so wünschen«, flüstere ich zurück. »Das wäre wunderbar.«

»Ich habe Angst um ihn.«

»Das verstehe ich, aber ich finde es großartig, dass er aufbegehrt.«

»Die würden ihm hier doch Schwierigkeiten machen.«

»Vielleicht hat er Glück, und es passiert nichts.«

»Das sagt er auch.« Gisela seufzt. »Für ihn geht es nur darum, dass seine Texte endlich veröffentlicht werden. Alles andere kümmert ihn nicht.«

Werner Blacher erhebt sich und bittet um Ruhe. »Bei jedem meiner Leseabende ist es mir wichtig, dass unterschiedliche Formen der Literatur Berücksichtigung finden. Und so freue ich mich, heute als meinen dritten Gast den vielversprechenden jungen Schriftsteller Frank Hollmann begrüßen zu können, der aus seinem ersten Roman mit dem Titel Der Irrweg lesen wird. Darin setzt er sich auf differenzierte Weise mit der deutschen Geschichte in diesem Jahrhundert auseinander. Für seinen Protagonisten hat er einen ganz eigenen Ton gefunden. Sie werden merken, dieser Text lässt Sie so schnell nicht wieder los.«

Werner Blacher winkt einen Mann zu sich nach vorn, der bisher neben der Tür gestanden hat. Er ist sehr groß, hat dunkle Haare und einen Bart. Unter dem Arm trägt er eine Aktentasche, aus der er jetzt ein dickes Manuskript mit lauter Lesezeichen zieht.

»Keine Sorge, ich werde mich auf ein paar Auszüge beschränken«, sagt Frank Hollmann und lächelt.

Mir ist, als ob er mich direkt anschaut. In seinen Augen liegt etwas Freundliches, Neugieriges, vielleicht auch Fragendes. Mein Herz klopft.

Er beginnt zu lesen. Ich lausche dem sanften, melodischen Klang seiner Stimme, und erst nach einer Weile gelingt es mir, mich auf den Inhalt des Romans zu konzentrieren.

Es geht um einen Kommunisten, der unter den Nationalsozialisten im Konzentrationslager war und sich nach dem Zweiten Weltkrieg entschieden hat, beim Aufbau der DDR mitzuwirken. Er hat vom politischen System profitiert, ist in wichtige Positionen aufgestiegen, doch im Lauf der Jahre merkt er, dass er seine Ideale verraten hat. Ihm hat eine Demokratie vorgeschwebt, mit freien, mündigen Bürgern, und keine Diktatur, die ihre Bevölkerung einsperrt.

Ich höre Frank Hollmann gebannt zu. Seine Stimme steht in einem seltsamen Gegensatz zum harten Inhalt des Textes. Ich bewundere ihn dafür, dass er es wagt, so etwas zu schreiben.

In der anschließenden Diskussion ist er der gesprächigste der drei Autoren. Er wirkt so lebensfroh, so idealistisch und völlig ohne Angst.

Als ihn jemand fragt, ob er versuchen wolle, den Roman in der DDR zu veröffentlichen, schüttelt er den Kopf. »Ich weiß, dass das Buch keine Chance hat, in diesem Land zu erscheinen, aber es war mir wichtig, es zu schreiben. Danke, Werner Blacher, dass ich hier bei Ihnen lesen durfte.«

Dieser erhebt sich zum Abschluss, dankt den drei Autoren und wünscht ihnen alles Gute für ihre weitere Arbeit.

Die ersten Gäste beginnen sich zu verabschieden. Ein paar andere gehen auf die Autoren zu und gratulieren ihnen zu ihren Texten. Ein Mann lässt sich von Uwe Kießling ein Autogramm geben.

Günther schaut sich um und winkt Gisela und mir, dass wir dazukommen sollen.

»Ich weiß nicht …«, murmelt Gisela.

»Sei nicht so schüchtern«, antworte ich und ziehe sie hinter mir her.

Günther stellt uns den anderen vor. Uwe Kießling wirkt verlegen, aber Frank Hollmann lächelt, als er uns die Hand gibt.

»Die Lesung hat mir sehr gut gefallen«, sage ich. »Ich wünschte, wir könnten Ihre Texte als Bücher kaufen.«

Frank Hollmann nickt. »Das wünschen wir uns alle.«

Ob er auch versucht, im Westen einen Verlag zu finden?, überlege ich, während Frank Hollmann einer Frau ein Autogramm gibt. Er wirkt so, als würde er kein Risiko scheuen.

»Und was machst du?«, höre ich ihn da fragen. »Ich darf doch Du sagen, oder?«

»Ja, natürlich. Ich stecke mitten im Abi und hoffe, dass ich zum Medizinstudium zugelassen werde.«

»Ah. Ich studiere Germanistik.«

»Ich finde es toll, dass du den Mut hattest, einen solchen Roman zu schreiben.«

»Danke.«

Wieder habe ich das Gefühl, dass er mich auf eine besondere Weise anschaut.

Ich würde gern noch bleiben, aber Gisela und Günther wollen aufbrechen. Als ich mich von Frank verabschiede, liegt ein leichtes Zögern in seiner Stimme. Hat er ein Treffen vorschlagen wollen?

Auf dem Nachhauseweg ärgere ich mich, dass ich ihn nicht gefragt habe, ob ich sein Romanmanuskript lesen dürfe.

 

Irina vergrub das Gesicht in ihren Händen. Die Erinnerung an ihre erste Begegnung mit Frank war so schmerzhaft, dass sie es kaum ertragen konnte. Wie anders hatte sie sich damals als Achtzehnjährige gefühlt. Sie war voller Energie, das Leben lag vor ihr, nichts schien unmöglich zu sein. Sie hatte keine Ängste, war nicht unsicher, und es fiel ihr nicht schwer, vor einer größeren Gruppe von Menschen zu sprechen. Das wäre heute völlig undenkbar. Schon die bloße Vorstellung hatte etwas zutiefst Bedrohliches für sie. Sie konnte froh sein, dass sie es in ihrem Beruf immer nur mit einer Person zu tun hatte.

Nach einer Weile stand sie auf und ging ins Schlafzimmer zurück. Stefan schlief. Er sah so friedlich aus, wie er dort lag und ganz ruhig atmete.

[home]

3.

Ihr Wecker klingelte um zwanzig nach sechs. Irina war so erschöpft, dass sie nur mit Mühe die Augen öffnen konnte.

»Gut geschlafen?«

Vor ihr stand Stefan, fertig angezogen und mit seinem Fahrradhelm unter dem Arm.

»Es geht so.«

»Ich will direkt nach der Arbeit zum Sport. Essen wir gegen sieben?«

»Lass mich erst mal in Ruhe wach werden.«

»Es wird heute sehr heiß und schwül. Denk dran, im Wohnzimmer die Gardinen zuzuziehen.« Er küsste sie zum Abschied.

Irina richtete sich auf. Sie musste sich beeilen. Um acht kam ihre erste Patientin. In der Mittagspause könnte sie es schaffen, zu ihrer Buchhandlung zu fahren. Sie würde erst wieder zur Ruhe kommen, wenn sie einen Blick in Franks Autobiografie geworfen hatte.

 

Der Vormittag verging so langsam, dass Irina mehrmals glaubte, ihre Uhr sei stehen geblieben. Es fiel ihr schwer, sich auf die Behandlungen zu konzentrieren. Ein älterer Patient, den sie seit Langem kannte, fragte sie, ob es ihr nicht gut ginge, sie sei ungewöhnlich still. Irina murmelte, dass sie starke Kopfschmerzen hätte. Das liege sicherlich an dem drückenden Wetter, meinte er und wünschte ihr baldige Genesung.

Zwischendurch sah sie, dass Jenny ihr eine WhatsApp geschickt hatte. Ich freue mich schon darauf, mit dir zusammen Mittag zu essen. Diese Verabredung mit ihrer neuen, jungen Kollegin hatte Irina ganz vergessen. Es tut mir leid, schrieb sie zurück. Ich habe wahnsinnige Kopfschmerzen. Wir müssen unser Treffen leider verschieben. Kurz darauf antwortete Jenny: Du Arme! Gute Besserung! Irina fuhr sich mit beiden Händen durch ihre Haare. Sie mochte diese Notlügen nicht.

Als sie um kurz nach halb eins gehen wollte, sah sie ihre Chefin Nicole über den Terminplan gebeugt an der Rezeption sitzen. Hoffentlich war niemand krank geworden. Irina sprang oft für ihre Kolleginnen ein, aber heute hatte sie keine Zeit.

Nicole blickte hoch und lächelte. »Geht’s dir besser?«

»Woher weißt du, dass …«

»Der alte Herr Hartung sagte mir, dass du starke Kopfschmerzen hättest.«

»Ja, ich … habe etwas eingenommen.«

Nicole sah sie besorgt an. »Andere hätten sich vermutlich längst krankgemeldet. Du bist so gewissenhaft, Irina. Ohne dich wäre der Laden hier schon so manches Mal zusammengebrochen. Aber du darfst dich auch nicht übernehmen.«

»Nein … Die Tablette wird bestimmt bald helfen.«

»Willst du nach Hause gehen? Vielleicht finde ich für ein oder zwei deiner Nachmittagspatienten eine Vertretung. Und wenn nicht, sage ich die Termine ab.«

»Auf keinen Fall. Ich komme, wie geplant, um halb zwei zurück.«

Nicole lächelte wieder. »Du bist meine eiserne Stütze. Wenn ich dich nicht hätte.«

»Danke. Bis nachher.«

Auf dem Weg zu ihrem Fahrrad dachte Irina an ihr Vorstellungsgespräch vor zwanzig Jahren, kurz nachdem Nicole ihre Praxis eröffnet hatte. Sie waren sich sofort sympathisch gewesen. Und auch wenn Irina über Nicoles Privatleben nicht viel mehr wusste, als dass sie eine begeisterte Rennradfahrerin war, mit ihrem Partner zusammenlebte und keine Kinder hatte, so war sie doch nicht nur eine Chefin für sie. Sie konnten sich hundertprozentig aufeinander verlassen, und in einer Notsituation würde Irina sich ohne zu zögern an sie wenden. Sie wurde von ihr gut bezahlt und gut behandelt. Wenn hier etwas eine eiserne Stütze war, dann diese Stelle, die sie um nichts in der Welt aufgeben würde.

Bis zu ihrer Buchhandlung brauchte sie nicht länger als zehn Minuten. Sie sah sofort, dass eines der Schaufenster ausschließlich Franks Buch gewidmet war. Der leuchtend rote Titel auf dem dunkelblauen Umschlag hatte etwas von einer Schlagzeile in einer Boulevardzeitung. Ob Frank ein solcher Stil gefiel?

Hinter den vielen Exemplaren, die hier ausgebreitet lagen, hingen Werbeplakate des Verlages mit demselben Text, der auch in der Zeitung gestanden hatte.

ES GAB FÜR MICH KEINE ALTERNATIVE

Die seit Langem erwartete Autobiografie

von Frank Hollmann

Schon der Titel ist falsch, schoss es Irina durch den Kopf. Es gab für uns keine Alternative.

Sie betrat den Laden, begrüßte die Buchhändlerin Frau Sasse, die sie seit Langem kannte, und zwang sich, nicht gleich auf den Büchertisch in der Mitte zuzustürzen, auf dem Franks Buch stapelweise auslag. Stattdessen wandte sie sich den literarischen Neuerscheinungen zu, blätterte in diesem und jenem Roman, ohne wirklich wissen zu wollen, worum es in diesen Büchern ging.

»Frau Lohrisch, darf ich Ihnen behilflich sein?«

Irina schaute hoch. Frau Sasse stand vor ihr und lächelte.

»Suchen Sie etwas für sich oder ein Geschenk?«

»… Etwas für mich.«

»Da habe ich ein Buch für Sie, das ich Ihnen wärmstens empfehlen kann. Ich habe es gerade hereinbekommen.« Sie griff nach Franks Autobiografie. »Wir Buchhändler haben ja immer das Glück, schon vorab in den Leseexemplaren stöbern zu dürfen. Als ich mit der Lektüre von Es gab für mich keine Alternative begonnen habe, konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Ich habe bis morgens um vier gelesen. Frank Hollmann hat eine Geschichte, die einen bis ins Mark erschüttert. Was dieser Mann in der DDR alles durchgemacht hat!«

»Ja, ich … habe von dem Buch gehört«, murmelte Irina, ohne Frau Sasse anzusehen.

»Ich bin ein großer Fan seiner Romane, doch seine Autobiografie übertrifft alles. Sie ist spannender als jeder Krimi. Und wenn man bedenkt, dass das alles tatsächlich passiert ist! Erstaunlich, dass so jemand nicht einfach aufgegeben hat.«

»Ja …«

»Aber es ist ein aufwühlendes Buch. Wenn Sie eher etwas zur Entspannung suchen, wäre es nicht das Richtige.«

»… Ich werfe mal einen Blick hinein.«

»Bitte.«

Irinas Hand zitterte, als sie das Buch entgegennahm.

Frau Sasse stutzte. »Sie sind plötzlich ganz blass. Ist Ihnen nicht gut?«

»Ich … habe schlimme Kopfschmerzen.«

»Setzen Sie sich. Ich hole Ihnen etwas zu trinken.«

»Das ist nett von Ihnen.«

Irina sank in den Sessel. Sie betrachtete das teuer aufgemachte Buch und schlug es langsam auf. Die Buchstaben verschwammen vor ihren Augen. Sie würde es nicht einmal schaffen, den Klappentext zu lesen. Ob es hinten ein Foto von Frank gab? Nein.

»Hier. Das wird Ihnen guttun.« Frau Sasse reichte ihr ein Glas Wasser.

»Danke.« Irina trank es in einem Zug aus.

»Die Schwüle hat es in sich. In unserem Alter steckt man die Belastungen durch das Wetter nicht mehr so ohne Weiteres weg.«

»Da haben Sie recht. Ich … ich glaube, es geht mir schon etwas besser.«

Sie legte das Buch beiseite und stand auf. »Vielleicht komme ich ein andermal auf die Autobiografie zurück.«

»Ja, natürlich. Wenn Sie mögen, empfehle ich Ihnen gern eine leichtere Lektüre.«

»Leider muss ich jetzt los. Meine Patienten warten auf mich.«

»Dann wünsche ich Ihnen gute Besserung. Und bis zum nächsten Mal.«

Irina atmete auf, als sie den Laden verlassen hatte. Auch beim nächsten Mal würde sie Franks Buch nicht kaufen. Und sie würde alles, was damit zusammenhing, von sich fernhalten.

[home]

4.

Eine Woche später blätterte Irina beim Abendbrot in der Fernsehzeitung und sah, dass für zweiundzwanzig Uhr eine Büchersendung angekündigt wurde, in der auch Franks Autobiografie auf dem Programm stand. Wieder spürte sie die bekannte Aufregung. Statt ins Bett zu gehen, würde sie sich die Sendung anschauen, obwohl sie wusste, dass es nicht gut für sie war. Stefan spielte heute Abend Skat; vor elf würde er nicht zurückkommen.

In den vergangenen Tagen hatte sie sich darum bemüht, wieder in ihr normales Leben zurückzufinden. Sie hatte am Sonntag für die ganze Woche vorgekocht, war jeden Morgen vor der Arbeit schwimmen gegangen und hatte ihre neue Kollegin Jenny zum Mittagessen getroffen. Aber es war ihr nicht gelungen, den Gedanken an Frank und sein Buch zu verdrängen. Im Gegenteil, sie hatte sämtliche Besprechungen in den Zeitungen und Zeitschriften gelesen, die im Warteraum der Praxis auslagen, hatte sich Podcasts von mehreren Rezensionen im Radio angehört und eine Talkshow im Fernsehen gesehen, in der frühere DDR-Bürgerrechtler mit Journalisten über Franks Buch diskutierten. Alle überschlugen sich in ihrem Lob. Es war Irina beinahe unheimlich, dass es keine einzige kritische Stimme gab.

Stefan gegenüber wurde sie immer routinierter darin, es sich nicht anmerken zu lassen, was sie beschäftigte. Im Grunde war es ganz leicht. Solange bei ihnen alles seinen gewohnten Gang ging, sie kochte, die Wohnung in Ordnung hielt und guter Stimmung war, stellte er keine Fragen.

Um kurz vor zehn schaltete sie den Fernseher ein. Sie hatte plötzlich die irrationale Hoffnung, dass der Literaturkritiker ein Interview mit Frank geführt haben könnte und sie ihn gleich zum ersten Mal nach vierzig Jahren vor sich auf dem Bildschirm sehen würde. Aber natürlich folgte kein Interview, weil Frank für so etwas nicht zur Verfügung stand. Stattdessen unterhielt sich der Kritiker mit einem jungen Autor aus Frankfurt an der Oder über diese, wie sie sagten, bewegende Ost-West-Geschichte, die noch einmal verdeutliche, wie brutal die DDR mit denjenigen umgegangen sei, die sich der Diktatur nicht unterordnen wollten.

Irina runzelte die Stirn. Was sollte dieses Gespräch? Der Autor war nicht älter als dreißig. Was wusste er über die Brutalität in der DDR?

»Frank Hollmann ist mein großes Vorbild. Ich bewundere ihn für seine Art zu schreiben und für seine Integrität. Er hatte den Mut und die Kraft, zu seinen Überzeugungen zu stehen.«

»Was durchaus nicht selbstverständlich war«, warf der Kritiker ein.

»Nein, ganz und gar nicht.« Der junge Autor räusperte sich und trank einen Schluck Wasser. »Gerade in Zeiten, in denen sich eine gewisse Ostalgie breitzumachen droht, ist es wichtiger denn je, auf eine Stimme wie die von Frank Hollmann zu hören. Auf eindrückliche Weise und in dem ihm ganz eigenen Ton vermittelt er einen Einblick in die perfide und sadistische Vorgehensweise der Stasi, deren erklärtes Ziel es war, Regimegegner zu zersetzen, das heißt, ihren Willen zu brechen.«

»Bei Frank Hollmann ist der Stasi dies zum Glück nicht gelungen«, meinte der Kritiker. »Aber er verhehlt auch nicht, dass die Inhaftierung ihn sehr verändert hat und die Folgen immer noch fortwirken.«

Ob er es in geschlossenen Räumen auch nicht aushält?, schoss es Irina durch den Kopf.

»Vielleicht ist darin der Grund dafür zu suchen, warum Frank Hollmann seit vielen Jahren so zurückgezogen lebt«, fuhr der junge Autor fort. »Er sagt ganz offen in seiner Autobiografie, dass er sich für beziehungsunfähig halte. Seine Ehe ist gescheitert, und er hat keinen Kontakt mehr zu seinem Sohn.«

Der Kritiker nickte. »Frank Hollmann hat in der Tat einen hohen Preis bezahlt.«

Irina spürte, wie auf einmal eine ungeheure Wut in ihr hochkam. Sie griff nach der Fernbedienung und schaltete die Sendung aus. Keine Sekunde länger hätte sie dieses mitleidheischende Gerede ertragen.

Sie sprang auf und lief auf den Balkon. Es war immer noch warm, irgendwo wurde gegrillt, unter ihr brauste der Verkehr. Ja, politisch gesehen mochte Frank Hollmann ein Held sein, der für andere ein Vorbild war. Doch niemand kannte den Privatmenschen, der sich ihr gegenüber so schäbig verhalten hatte. Über den hätte Frank auch kein Buch geschrieben.

 

Die Wut half Irina, von dem Thema Abstand zu gewinnen. Nach einiger Zeit stellte sie fest, dass sie immer seltener an Frank dachte.

Sie war auf dem Weg zur Trattoria Calabria. Fast drei Wochen waren seit jenem Tag vergangen, an dem sie das Treffen mit Marlies absagen musste. Es hatte eine Weile gedauert, bis es ihnen gelungen war, einen neuen Termin zu finden. Marlies kümmerte sich jetzt noch intensiver um ihre alte Mutter. Und Irina passte inzwischen mehrmals in der Woche abends auf Leonie auf, weil Svenja von André so unter Druck gesetzt wurde, ihn zu begleiten, nicht nur zu Geschäftsessen, sondern auch zum Tennis-Doppel mit Freunden, zu einem Jazzkonzert oder Drinks in einer neuen Cocktailbar. André brauche abends Ablenkung von seinem stressigen Job, entschuldigte Svenja sein Verhalten. Irina hatte immer mehr den Eindruck, dass André so lebte wie vor der Geburt von Leonie. Und es beunruhigte sie, dass Svenja sich anscheinend damit abgefunden hatte.

Als Irina in der Trattoria Calabria ankam, saß Marlies bereits an ihrem Lieblingstisch am Fenster. Sie begrüßten sich und bestellten als Erstes ein Glas Prosecco.

»Auf uns«, sagte Marlies. »Wollen wir hoffen, dass meine Mutter und deine Tochter uns in den nächsten Stunden in Ruhe lassen.«

Irina nickte. »Wie geht es dir?«

»Ich bin erschöpft.«

»Das sieht man dir nicht an.«

Marlies grinste. »Du weißt doch, ich verlasse das Haus nie ohne Make-up.«

»Svenja meinte neulich zu mir, dass du glatt für Anfang fünfzig durchgehen könntest.«