Der Bergpfarrer 374 – Heimatroman - Toni Waidacher - E-Book

Der Bergpfarrer 374 – Heimatroman E-Book

Toni Waidacher

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Beschreibung

Mit dem Bergpfarrer hat der bekannte Heimatromanautor Toni Waidacher einen wahrhaft unverwechselbaren Charakter geschaffen. Die Romanserie läuft seit über 13 Jahren, hat sich in ihren Themen stets weiterentwickelt und ist interessant für Jung und Alt! Toni Waidacher versteht es meisterhaft, die Welt um seinen Bergpfarrer herum lebendig, eben lebenswirklich zu gestalten. Er vermittelt heimatliche Gefühle, Sinn, Orientierung, Bodenständigkeit. Zugleich ist er ein Genie der Vielseitigkeit, wovon seine bereits weit über 400 Romane zeugen. Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert. In der Pension Stubler war noch alles ruhig, als Franziska Behringer ihr Zimmer verließ und leise die Treppe hinunterging. In dem kleine Frühstücksraum stand ihr Proviant bereit. Die junge, hübsche Sekretärin, die in Ulm in einem Betrieb arbeitete, der Sportartikel herstellte, wohnte seit zwei Tagen in der Pension, und heute wollte sie ihre erst Bergtour unternehmen. Mit Wanderhose und Stiefeln angetan, setzte sie sich an den Tisch und trank einen Schluck Kaffee, den sie sich aus der Thermoskanne einschenkte, die Ria Stubler bereitgestellt hatte. Es tat gut, den heißen Kaffee zu trinken, und Franzi merkte, wie ihre Lebensgeister erwachten. Immerhin war es gerade mal vier Uhr, aber wenn man einen besonders schönen Sonnenaufgang in den Bergen erleben wollte, mußte man eben früh aus den Federn. Eine halbe Semmel aß sie dazu, denn richtig frühstücken wollte sie erst, wenn sie einige hundert Meter aufgestiegen war. Schade, dachte sie, während sie es sich schmecken ließ, ursprünglich hatte sie die Ferien zusammen mit Britta verbringen wollen. Sie waren die besten Freundinnen, seit sie sich im Kindergarten kennengelernt hatten, und eigentlich war es ganz klar, daß sie auch in diesem Jahr wieder gemeinsam verreisen würden. Doch zwei Tage vor Urlaubsbeginn wurde Britta krank und mußte absagen. Schweren Herzens war Franzi alleine losgefahren. Ria Stubler, bei der sie die Zimmer reserviert hatten, zeigte Verständnis dafür, daß die Freundin erkrankt war, und verzichtete auf die Stornierungsgebühren. Zumal sie bereits am nächsten Tag Brittas Zimmer wieder vermieten konnte. Dennoch war es schade, daß Franzi nun alleine hier saß, hatten sich die beiden doch so sehr auf den Urlaub gefreut! In Gedanken versunken nahm die dunkelhaarige Sekretärin gar nicht wahr, daß noch jemand den Frühstücksraum betreten hatte. Erst eine unwirsche Stimme riß sie aus ihren Tagträumen. »Grüß Gott, hab' ich gesagt«, ließ sich der junge Mann vernehmen. »Aber wenn S' net wollen, dann brauchen S' auch net antworten.« Franzi sah ihn erstaunt an.

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Der Bergpfarrer – 374 –

Liebe für ein ganzes Leben...

Oder nur romantische Träume in Bergeshöhen?

Toni Waidacher

In der Pension Stubler war noch alles ruhig, als Franziska Behringer ihr Zimmer verließ und leise die Treppe hinunterging.

In dem kleine Frühstücksraum stand ihr Proviant bereit. Die junge, hübsche Sekretärin, die in Ulm in einem Betrieb arbeitete, der Sportartikel herstellte, wohnte seit zwei Tagen in der Pension, und heute wollte sie ihre erst Bergtour unternehmen.

Mit Wanderhose und Stiefeln angetan, setzte sie sich an den Tisch und trank einen Schluck Kaffee, den sie sich aus der Thermoskanne einschenkte, die Ria Stubler bereitgestellt hatte. Es tat gut, den heißen Kaffee zu trinken, und Franzi merkte, wie ihre Lebensgeister erwachten. Immerhin war es gerade mal vier Uhr, aber wenn man einen besonders schönen Sonnenaufgang in den Bergen erleben wollte, mußte man eben früh aus den Federn.

Eine halbe Semmel aß sie dazu, denn richtig frühstücken wollte sie erst, wenn sie einige hundert Meter aufgestiegen war.

Schade, dachte sie, während sie es sich schmecken ließ, ursprünglich hatte sie die Ferien zusammen mit Britta verbringen wollen. Sie waren die besten Freundinnen, seit sie sich im Kindergarten kennengelernt hatten, und eigentlich war es ganz klar, daß sie auch in diesem Jahr wieder gemeinsam verreisen würden. Doch zwei Tage vor Urlaubsbeginn wurde Britta krank und mußte absagen.

Schweren Herzens war Franzi alleine losgefahren. Ria Stubler, bei der sie die Zimmer reserviert hatten, zeigte Verständnis dafür, daß die Freundin erkrankt war, und verzichtete auf die Stornierungsgebühren. Zumal sie bereits am nächsten Tag Brittas Zimmer wieder vermieten konnte.

Dennoch war es schade, daß Franzi nun alleine hier saß, hatten sich die beiden doch so sehr auf den Urlaub gefreut!

In Gedanken versunken nahm die dunkelhaarige Sekretärin gar nicht wahr, daß noch jemand den Frühstücksraum betreten hatte. Erst eine unwirsche Stimme riß sie aus ihren Tagträumen.

»Grüß Gott, hab’ ich gesagt«, ließ sich der junge Mann vernehmen. »Aber wenn S’ net wollen, dann brauchen S’ auch net antworten.«

Franzi sah ihn erstaunt an. Sie hatte den Mann wirklich nicht hereinkommen hören und murmelte eine Entschuldigung.

Dabei schaute sie ihn genauer an.

Fesch schaute er aus. Wenn er nur nicht so unhöflich wäre!

»Sparen S’ sich Ihre Entschuldigung«, gab er nämlich zurück. »Ich bin ohnehin gleich verschwunden und stör’ Sie net weiter.«

Jetzt platzte ihr der Kragen. Was bildete sich dieser Kerl nur ein? Bloß weil sie ihn nicht gleich begrüßt hatte, muß er jetzt doch nicht zeigen, was für ein Macho er war!

»Also, wenn Ihnen eine Laus über die Leber gelaufen ist, dann müssen Sie Ihre schlechte Laune net an anderen Leuten auslassen. Warum bleiben S’ net einfach in Ihrem Bett liegen, anstatt herunter zu kommen und mich zu belästigen?« Nein, so etwas ließ sie sich nicht bieten.

»Weil ich gleich eine Bergtour unternehmen will, gnädiges Fräulein, um Menschen, wie Ihnen, aus dem Weg zu gehen«, antwortete er. »Ich hab’ mir nämlich sagen lassen, daß man in der Einsamkeit der Berge von solchen Individuen, die einem den letzten Nerv rauben, verschont bleibt.«

Erst jetzt sah sie, daß der ungehobelte Flegel ebenfalls Wanderkleidung trug, und neben ihrem Proviantpäckchen entdeckte sie ein zweites, das ihr vorher gar nicht aufgefallen war. Wahrscheinlich, war sie da noch zu müde gewesen, um es zu registrieren.

Der Mann hatte sich eine Kaffeetasse genommen und bediente sich ebenfalls aus der Thermoskanne. Dabei schaute er sie unumwunden an. Franzi, die es nicht leiden konnte, wenn sie so auffällig gemustert wurde, stellte ihre Kaffeetasse abrupt auf den Tisch und stand auf.

»Wissen Sie was? Am besten, Sie bleiben ganz da oben!« stieß sie hervor, während sie ihren Proviant griff und im Rucksack verstaute. »Dann bleiben S’ verschont, wie Sie’s wünschen, und uns nervigen Individuen bleibt Ihr Anblick erspart.«

Sie schnappte sich den Rucksack, griff nach dem Anorak und ging zur Tür.

»Einen schönen Tag noch«, rief sie, bevor sie hinausging.

»Der ist leider schon verdorben«, hörte sie ihn zurückrufen. »Glauben S’ bloß net, daß Ihr Anblick etwas daran ändern könnt’!«

Voller Wut im Bauch hätte sie am liebsten die Haustür hinter sich zugeworfen.

Aber Franziska erkannte noch rechtzeitig, daß erstens die Tür nichts für diesen Streit konnte, und zweitens die anderen Gäste, die noch schliefen, sich dafür bedanken würden, von einer zugeschlagenen Tür geweckt zu werden. Also unterdrückte sie ihren Ärger, schloß die Tür leise und ging auf die Straße.

Eingebildeter Schnösel, dachte sie, hoffentlich begegne ich ihm net zu oft in der Pension. Sonst ist der ganze schöne Urlaub verdorben.

*

Markus Hartmann hatte sich eine Semmel genommen und hineingebissen. Ärgerlich über sich selbst, konnte er kaum schlucken.

War wohl ein bissel zu heftig, was ich da gesagt hab’, überlegte er und zuckte dann gleichmütig die Schulter.

Was soll’s? Die junge Dame hatte ja net zurückgesteckt, mit dem, was sie ihm antwortete.

Er packte den Proviant ein und verließ die Pension. Draußen dämmerte es allmählich, als er die Straße entlang schritt und die Richtung zum Kogler einschlug.

Erst gestern war der junge Elektrotechniker in St. Johann angekommen. Eine Notlösung, nachdem seine ursprüngliche Urlaubsplanung ins Wasser gefallen war. Eigentlich hatte er mit einem Freund und dessen Verlobten nach Italien fahren wollen. Aber nachdem es in der Beziehung schon seit langem gekriselt hatte, kam in der letzten Woche der große Krach. Wolfgang Brammer bat um Verständnis dafür, daß nun aus dem gemeinsamen Urlaub nichts werden könne. Er und Elke wollten alleine wegfahren und versuchen, ihre Beziehung zu retten.

Markus wäre der letzte gewesen, der dafür kein Verständnis gehabt hätte. Aber schade war es schon. Also hatte er nur genickt und dabei kam ihm in den Sinn, daß es für ihn besser wäre, seine Ferien nicht allein an der turbulenten und lauten Rivera zu verbringen. Allerdings waren die meisten Urlaubsorte, die für ihn in Frage kamen, bereits ausgebucht. Er erinnert sich an das kleine Alpendorf, in das er früher öfter mit den Eltern gefahren war. Der junge Mann hatte St. Johann in guter Erinnerung behalten, besonders das Wandern und Klettern hatte ihm immer viel Spaß gemacht. Als er gestern wirklich noch ein freies Zimmer in der Pension Stubler ergattern konnte, sah er seine Entscheidung, hier herzufahren, als einen Wink des Schicksals an.

Dennoch nagte es immer noch an ihm, daß aus dem Italienurlaub nichts wurde. Er war ja so froh gewesen, gemeinsam einen Urlaub gebucht zu haben, die Singlereisen hatte er gründlich satt. Damit erklärte er auch seine schlechte Laune an diesem Morgen.

Unterhalb des Koglers gab es einen Parkplatz, auf dem die Urlauber ihre Autos abstellten, bevor sie sich an den Aufstieg machten. An diesem Morgen war er allerdings noch leer.

Markus Hartmann suchte sich einen Weg den Berg hinauf. Noch war es leicht, erst später würde es steiler werden, und damit anstrengender. Die Route hatte er gestern abend geplant, und sein Tagesziel sollte entweder die Wendelstein- oder die Streusachhütte sein, die oberhalb der Kachlachklamm lag. Aber das wollte er erst entscheiden, wenn er die Kachlachklamm erreicht hatte.

Allmählich wurder der Weg steiler und anspruchsvoller, man mußte schon ein wenig Übung haben, im Bergwandern. Langsam schickte sich die Sonne an, aufzugehen, und in spätestens einer Stunde würde sie so warm herunterscheinen, daß man getrost die Jacke ausziehen konnte.

Vorsichtig tastete Markus sich um ein Felsvorsprung um. Gekonnt setzte er den einen Fuß und zog den anderen nach, als er einen sicheren Halt gefunden hatte. Dabei durchströmte ihn ein ungeheures Glücksgefühl. Es war einfach herrlich, allein mit sich und der Natur zu sein. Und es gab niemanden, der ihn bei den Betrachtungen der Bergschönheiten stören könnte.

Markus war ein sportlicher, durchtrainierter Typ. Wenn er arbeitete, lief er jeden Morgen ein paar Kilometer durch das Gebiet, in dem er wohnte, und in München hatte er sich schon vor Jahren in einem Fitnessclub angemeldet, den er regelmäßig zum Training besuchte. Dabei kam es ihm nicht darauf an, daß sein Körper die Figur eines Bodybuilders bekam, sondern vielmehr darauf, fit zu bleiben. Sein Beruf als Elektrotechniker, bei einer großen Münchener Firma, forderte ihn körperlicher nicht allzu sehr. Zum Ausgleich betrieb er deshalb oft und gerne Sport.

Nach gut zwei Stunden Aufstieg fand er, daß es an der Zeit war, für eine erste Rast. Er suchte sich einen Platz, von dem er weit ins Tal hinunterblicken konnte. In seinem Rücken, auf der anderen Seites des Berges, lag Österreich.

Während er sich die belegten Brote schmecken ließ und den heißen Kaffee dazu trank, bedauerte er wieder einmal mehr, daß es zwischen Wolfgang und Elke einmal mehr zu einem schlimmen Streit gekommen war. Eigentlich paßten die beiden sehr gut zu einander, aber immer wieder kriselte es zwischen ihnen. Schon oft hatte er mit dem Freund darüber diskutiert, wo die Ursachen dafür liegen könnten, aber irgendwie war es ihnen nie gelungen, sie herauszufinden.

Da war er, meinte Markus, besser bedient. Er war Junggeselle und damit frei und ungebunden. Natürlich hatte es Frauen in seinem Leben gegeben, allerdings hatte er nie eine getroffen, für die er seine Freiheit geopfert hätte.

Und schon gar nicht für so eine Zicke, wie er sie heute morgen in der Pension getroffen hatte!

Als er an die Begegnung dachte, stieg wieder Ärger in ihm hoch. Es wäre ja nicht soweit gekommen, wenn sie seinen Gruß beantwortet hätte. Aber wahrscheinlich war sie damit beschäftigt gewesen, zu überlegen, in welchem Schuhgeschäft sie noch einkaufen gewesen war. Immerhin gab es zwei davon in St. Johann, und daß Frauen in einem Jahr mehr Geld für Schuhe ausgaben, als die meisten Männer in ihrem ganzen Leben, das war ja allgemein bekannt!

Na ja, was soll’s, dachte Markus. Solange sie mir net zu oft über den Weg läuft, soll’s mir wurscht sein. Gott sei Dank bin ich ja net mit ihr verheiratet!

Er packte seine Sachen zusammen und machte sich wieder auf den Weg. Der Elektrotechniker hatte sich überlegt, zur Streusachhütte aufzusteigen und nahm die Richtung zur Klamm. Schon von weitem hörte er das wilde Brausen der Kachlach, einem wahrhaft eisig kalten Gebirgsfluß, der aus größten Gipfelhöhen, fast direkt seinen Weg ins Tal nahm. Über diese Klamm führte eine hölzerne Brücke. Unter ihm toste und tobte das Wasser und umhüllte ihn mit feuchten Wolken. Hätte er jetzt einen Begleiter gehabt, noch nicht mal durch Anbrüllen hätte man sich verständlich machen können, angesichts dieser Naturgewalt des Wassers.

Die Holzbrücke führte um den Berghang herum, bis zu einem Weg, auf dem es weiterging. Langsam wurde das Rauschen des Wassers leiser, und man konnte wieder die Geräusche des nahen Bergwaldes hören. Hoch über sich sah Markus Kühe auf einer Almwiese stehen. Von den früheren Besuchen wußte er, daß die Tiere auch über die Brücke geführt werden mußten, wenn Almauf- oder Abtrieb war. Es mußte jedesmal ein Abenteuer für die Senner sein. Aber hier oben waren saftige Wiesen, auf denen fettes Gras, Wildblumen und würzige Kräuter wuchsen, die der Milch der Kühe einen ganz besonderen Geschmack verliehen, und der Käse der daraus hergestellt wurde, schien alle diese Aromen in sich zu tragen.

Markus war kaum eine Viertelstunde gegangen, als er plötzlich stehen blieb. Nur ein paar Schritte vor ihm am Berghang saß eine Gestalt, die ihm nur zu bekannt vorkam.

Eben jene ungnädige junge Dame, die ihm im Frühstücksraum der Pension Stubler auf den Wecker gegangen war!

*