Der Bindungseffekt - Ursula Nuber - E-Book

Der Bindungseffekt E-Book

Ursula Nuber

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Beschreibung

Das ultimative  Buch für glückliche Paare: Psychologin Ursula Nuber seziert die Generation Beziehungsunfähig Kann ein Buch eine Beziehung retten? Es kann zumindest entscheidende Erkenntnisse bringen! Psychologin Ursula Nuber führt die Schwierigkeiten vieler Paare auf unsere Bindungsangst zurück und setzt Impulse, darüber hinwegzukommen.   Eine glückliche Beziehung ist der Jackpot des Lebens, den viele Menschen anscheinend nicht knacken können. Die Ursachen liegen oft weit zurück – in einer Kindheit, die von Bindungslosigkeit und fehlender Nähe geprägt war.   Psychologin Ursula Nuber geht in "Der Bindungseffekt" unserer Bindungsangst auf den Grund und erklärt ihren Einfluss auf unser heutiges Leben. Ihr Buch ist eine Einladung an Paare und Partner, sich mit Selbstvertrauen und Offenheit über eigene Bindungsmuster klar zu werden und die Wirkung dieser Muster im gemeinsamen Leben zu verstehen.   "Der Bindungseffekt" ist Beziehungsratgeber und fundierte Bindungstheorie in einem verständlich geschriebenen, anregenden Buch. Die Botschaft ist eindeutig: Jeder Mensch kann glückliche Beziehungen führen!    Mit zahlreichen Fallbeispielen und vielen umsetzbaren Anregungen   "Die Hilfsmittel, die Ursula Nuber ihren Lesern an die Hand gibt, um den Teufelskreis destruktiv wirkender Beziehungsstile zu durchbrechen, sind einleuchtend. Deren anschauliche Präsentation lädt ein, sie zu erlernen und anzuwenden. Es lohnt sich. Vermutlich wird schon der Entschluss, das Buch – gemeinsam – zu lesen, in der Beziehung etwas in Gang setzen." ― Psychologie Heute   Kurskorrektur für erfolgreiche Beziehungen   Niemand ist beziehungsunfähig, manche benötigen nur etwas Hilfe. Lassen Sie sich auf das Abenteuer Liebe völlig neu ein und erkennen Sie, was Sie vom Glück abhält! Dieses Buch ist wie ein Besuch bei der Psychologin – nur ohne Wartezimmer und unbequeme Fragen.   Bindungsangst überwinden – glückliche Beziehungen führen   - Ursachen von Bindungslosigkeit und Bindungsangst erkennen   - Die Kindheit als Einfluss auf Beziehungsmuster verstehen   - Die eigene Einstellung zur Bindung aufdecken   - Als Paar erschwerende Bindungsmuster identifizieren   - Neue Wege zur Beziehungsfähigkeit verstehen  

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Inhalt

Cover & Impressum

Motto

Begegnungen

EinleitungDie erste Liebe

Wer oder was ist schuld?

Wie wir Liebe lernen

Was Sie in den Hauptkapiteln dieses Buches erwartet

1 Das Kind, das wir waren

Das chaotische Leben zu viert

2 So geht Beziehung. Oder?

Unser Bindungsstil ist eine Anpassungsleistung

3 Sicher oder unsicher: Wie ist die Bindung?

Bindung suchen, Bindung vermeiden

Den eigenen Bindungsstil erforschen

Welches ist Ihr Bindungsstil?

4 Die Vermeider: bitte Abstand halten!

Wie war die Kindheit?

In der Beziehung: unabhängig bleiben, schweigen, keine Gefühle zeigen

5 Die Ängstlichen: Liebe muss man sich verdienen

Wie war die Kindheit?

In der Beziehung: immer nett, immer hilfsbereit, immer im Alarmzustand

6 Die Ambivalenten: Komm her, geh weg!

Wie war die Kindheit?

In der Beziehung: leidenschaftlich, hilflos, wütend

7 Die Sicheren: keine Angst vor Nähe

Wie war die Kindheit?

In der Beziehung: Nähe, Offenheit, Vertrauen und Empathie

8 Wer mit wem? – Die Verfolger-Vermeider-Beziehung

Der Verfolger: Wenn ich leide, muss es Liebe sein

Der Vermeider: Bin wirklich ich gemeint?

Die Hoffnung auf Reparatur: Mit dir könnte es mir besser gehen!

9 Narziss und Echo – die narzisstische Liebe

Narziss: die – meist – männliche Seite des Narzissmus

Echo: die – meist – weibliche Seite des Narzissmus

10 Untreue – Ein Bindungsproblem?

11 Der Blick nach vorne

Welche Veränderungen können Sie erwarten?

12 Die Signale richtig deuten

Woher kommt das aktuelle Erleben?

Die Fünf-Fragen-Übung

13 Das Visier öffnen: Gefühle zeigen, Bindung stärken

Was ist das wirkliche Gefühl?

Schritt für Schritt: Die Rüstung ablegen

Entscheidende Momente der Veränderung

14 An deiner Seite

Das verdrängte Bedürfnis

Neue Begegnungen

ExkursGefährliche Unsicherheit

Vier Erfahrungswelten – vier Bindungsstile

Bindungsunsicherheit kann radikalisieren

Sichere Bindung lernen – von Anfang an

Literatur

Fragebögen zum Bindungsstil

Motto

»Der Kern meiner Aussagen ist, dass eine enge und kausale Beziehung besteht zwischen den Erfahrungen eines Individuums mit seinen Eltern und seiner späteren Fähigkeit, emotionale Bindungen einzugehen.«

John Bowlby

»Man kann das Leben nur rückwärts verstehen, aber leben muss man es vorwärts.«

Søren Kierkegaard

EinleitungDie erste Liebe

Was hat die Kindheit damit zu tun, wenn Beziehungen heute schwierig sind? Und warum sind Veränderungen nur möglich, wenn wir wissen, was die erste Liebe uns lehrte?

»Es gibt kaum eine Aktivität, kaum ein Unterfangen, das mit so großen Hoffnungen und Erwartungen begonnen wird und das mit einer solchen Regelmäßigkeit fehlschlägt, wie die Liebe.« Diese Aussage traf der Psychoanalytiker Erich Fromm Mitte der 1950er-Jahre. Könnte man ihn heute erneut zum Thema befragen, würde er wohl kaum anderer Meinung sein. Konstant hohe Scheidungsraten, die große Zahl an Single-Haushalten in Großstädten, viele Millionen Partnersuchende im Internet und ungezählte Paare, die sich ein glückliches Leben zu zweit erhofften und sich dann im Liebesalltag miteinander verstricken – gelebte Liebe ist offensichtlich mehr denn je ein schwieriges Unterfangen. Frauen und Männer sehnen sich nach einem anhaltenden Beziehungsglück, doch häufig erfolgt nach einem kurzen Höhenflug schon bald der Absturz, oder die Partnerschaft landet nach einem längeren, unaufhaltsam erscheinenden Sinkflug auf dem harten Boden des Alltags.

Warum ist es so schwer, glückliche und dauerhafte Beziehungen zu führen? An Analysen mangelt es nicht: Verantwortlich für die Liebesmisere, so Experten, seien allzu romantische Vorstellungen von der Liebe, die Überforderungen durch Beruf und Familie, überzogene Erwartungen an eine Partnerschaft, die Hoffnung, dass es »da draußen« – vielleicht in den Tiefen des Internets – noch einen besseren Partner oder eine bessere Partnerin gibt. Gerade der letzte Punkt bekommt zurzeit viel Aufmerksamkeit. Vor allem jüngeren Erwachsenen, aber nicht nur ihnen, wird Beziehungs- und Bindungsunfähigkeit bescheinigt. Sie würden nur noch um sich selbst kreisen und sich mit Selbstoptimierung beschäftigen. Sobald Beziehungsprobleme auftauchten, kämen sie ins Schleudern, meint zum Beispiel Michael Nast, Autor des Bestsellers Generation beziehungsunfähig. Der Zwang zur Perfektion mache dann auch nicht vor dem Partner halt. Denn schließlich sei man sich ja bewusst, »dass es irgendwo noch jemanden gibt, der das eigene Leben sinnvoller ergänzt«.

Diese Diagnose ist nicht falsch. Alle genannten Aspekte können dazu beitragen, dass eine Paarbeziehung in Schieflage gerät. Deshalb ist es für ein Paar durchaus sinnvoll, an diesen Problemen zu arbeiten und sich deren Auswirkungen auf die Liebe bewusst zu machen. Aber reicht das aus? Verbessert sich die eigene Beziehungssituation nachhaltig, wenn man die Liebe nicht mehr romantisch verklärt und seine Erwartungen herunterschraubt? Ändert sich grundlegend etwas an der Beziehungszufriedenheit, wenn man aufhört, nach dem perfekten Partner oder der perfekten Partnerin zu suchen, und sich zufriedengibt mit einem Menschen, der »gut genug« ist?

Wer oder was ist schuld?

Seit vielen Jahren habe ich das große Privileg, als Psychologin und Paartherapeutin Menschen in Lebens- und Beziehungskrisen ein Stück auf ihrem Weg begleiten zu dürfen: Junge Frauen und Männer, die gerade in die Arbeitswelt starten, Partnerschaften eingehen und Familien gründen; Paare in der Rushhour des Lebens, die fürchten, dass ihnen vor lauter Alltagsstress die Liebe abhandenkommt; ältere Männer und Frauen, die sich nach vielen Jahren der Zweisamkeit fragen, ob das jetzt schon alles war.

Manche Ratsuchende sind hetero-, manche homosexuell, manche kommen als Paar, viele suchen für sich allein Rat – weil der Partner, die Partnerin nichts von einer Paarberatung hält, weil eine Beziehung gescheitert ist, oder weil sie Single sind und bisher keinen passenden Lebensbegleiter finden konnten.

All diese Männer und Frauen erzählen mir vertrauensvoll von ihren Begegnungen und Erfahrungen mit der Liebe. Sie berichten von den immer gleichen Konflikten, von ihren Ängsten, nicht (genug) geliebt zu werden, sie zweifeln an sich selbst und fürchten – möglicherweise beeinflusst von der öffentlichen Diskussion des Themas –, beziehungsunfähig zu sein. Sie reden von ihrer Einsamkeit, die sie trotz Partnerschaft empfinden oder unter der sie leiden, weil sie bislang noch niemanden getroffen haben, der mit ihnen durchs Leben gehen will. Sie sprechen von ihrer Enttäuschung über den Partner oder die Partnerin, und gar nicht so selten sprechen sie auch von der Enttäuschung über sich selbst.

»Wir streiten ständig über Kleinkram.« »Meine Frau hat sich in einen Kollegen verliebt.« »Wir reden kaum noch miteinander.« »Ich gerate immer an die falschen Männer (falschen Frauen).« »Manchmal habe ich den Eindruck, ich rede gegen eine Wand.« »Sie akzeptiert meine Kinder aus erster Ehe nicht.« »Er kontrolliert mich ständig, ich habe gar kein Privatleben mehr.« »Er kann eiskalt werden, wenn ich etwas von ihm will.« »Ich kann es nicht leiden, wenn ständig jemand an mir klebt.« »Schon wieder ist eine Beziehung gescheitert, die dritte in zwei Jahren. Was stimmt mit mir nicht?« »Sie hat mich mit meinem besten Freund betrogen.« »Ich habe das Gefühl, ich bin inzwischen für Männer unsichtbar.« »Die Frauen, die ich kennenlerne, haben über kurz oder lang immer was an mir auszusetzen.« »Im Laufe der Zeit habe ich interessante Männer getroffen. Aber ich muss was an mir haben, was sie vertreibt.« »Ich hätte gern mehr Sex mit meiner Frau, aber sie will nicht. Sie sagt, sie liebt mich, aber ich kann es nicht wirklich glauben.« »Ihr Ex-Mann steht zwischen uns. Sie spricht zwar nicht von ihm, aber ich weiß, dass er noch ein Konkurrent ist.« »Ich liebe zwei Männer und weiß nicht, wie ich mich entscheiden soll.« »Sein Kind aus erster Ehe ist ihm wichtiger, als ich es bin.« »Wie sollen wir zusammen alt werden, wenn wir nicht miteinander reden können.«

So unterschiedlich die jeweiligen Probleme und Anliegen auch sind, alle Liebesunglücklichen hoffen, dass sich ihre Situation möglichst kurzfristig zum Besseren verändern lässt. Sie möchten lernen, was Beziehungen im Allgemeinen und ihre Beziehung im Besonderen erfolgreich macht. Sie wollen an sich arbeiten und erfahren, wie sie mehr Leichtigkeit in ihre Zweierbeziehungen bringen können und was ihnen zu einer effektiveren Kommunikation, einem erfüllteren Sexualleben und insgesamt zu einem harmonischeren Zusammenleben verhilft. Sie wünschen sich, dass der Partner, die Partnerin endlich einsichtig ist und Veränderungsschritte einleitet.

Verständliche Wünsche, verständliche Erwartungen. Doch in den meisten Fällen suchen Menschen die Lösung für ihre Liebesprobleme am falschen Ort. Wenn ein Paar nicht miteinander reden kann, wenn körperliche und emotionale Nähe fehlen oder unbefriedigend sind, wenn ständige Auseinandersetzungen um Kleinkram zermürben, wenn Untreue eine Partnerschaft erschüttert, wenn Liebesbeziehungen nicht zustande kommen oder regelmäßig scheitern, dann sind das meist nur Symptome einer tiefer liegenden Ursache.

Wie wir Liebe lernen

Krisen in der Partnerschaft, häufige Trennungen oder unerfüllt bleibende Beziehungswünsche werden von Betroffenen meist auf individuelle Schwächen und Fehler zurückgeführt oder auf die Unfähigkeit des Partners. Doch aktuelle Schwierigkeiten mit der Liebe haben oft gar nicht so viel mit der eigenen Beziehungsfähigkeit oder der des Partners zu tun, als man gemeinhin glaubt. Viele Männer und Frauen, die an der Liebe leiden, wissen nicht, dass sie das möglicherweise bereits seit Anbeginn ihres Lebens tun, weil ihre aktuellen Probleme weniger mit dem aktuellen Partner zusammenhängen als vielmehr mit der ersten Frau oder dem ersten Mann in ihrem Leben. Denn das Verhalten von Mutter und Vater hat uns nicht nur in der Kindheit geprägt; die frühen Erfahrungen mit den ersten und intensivsten Liebespartnern beeinflussen bis heute unser Leben und eben auch unsere Liebesbeziehungen.

Unsere Eltern brachten uns bei, wie Beziehungen funktionieren. Aus der Art und Weise, wie sie sich in den ersten Lebensjahren um uns kümmerten, ob sie uns Zuwendung und Liebe schenkten oder uns streng behandelten und wenig beachteten, lernten wir, was wir von den Menschen, die wir lieben, erwarten können und was nicht. Wir lernten, ob wir einen eigenen Willen haben dürfen oder ob es ratsamer ist, uns unterzuordnen und anzupassen. Wir lernten, wie viel Nähe wir zu anderen zulassen können, ob die Erwachsenen unser Vertrauen verdienen, oder ob es für uns besser ist, auf Abstand zu bleiben. Wir lernten, ob wir uns Liebe erarbeiten müssen, oder ob wir auch geliebt werden, wenn wir nicht immer brav sind. Kurz: Wir lernten, ob unsere erste Liebesbeziehung ein sicherer oder ein unsicherer Ort ist. Diese frühen Lektionen und die Schlussfolgerungen, die wir daraus zogen, haben wir abgespeichert. Sie begleiten uns unser Leben lang. Unser späteres Beziehungsglück beziehungsweise unser späteres Liebesunglück haben in den meisten Fällen mit diesem frühem »Unterricht« und dem damals entstandenen Beziehungswissen zu tun.

Gibt es Probleme in einer Partnerschaft, dann sollten wir uns unbedingt mit unserer ersten Liebesbeziehung befassen. Der Blick zurück kann helfen, immer wiederkehrende Beziehungskonflikte zu verstehen. Denn es gibt inzwischen keinen Zweifel mehr an diesem Zusammenhang: Wie gut Beziehungen im Erwachsenenalter gelingen, hängt zu einem sehr großen Teil von den Erfahrungen in der frühen Kindheit ab. Die Erfahrungen, die wir mit der ersten Liebe unseres Lebens machen mussten oder durften, formten das Modell, wonach wir heute Beziehungen führen. Man kann sagen: Die erste Liebesbeziehung ist der Prototyp, nach dem wir alle folgenden wichtigen Beziehungen in unserem Leben gestalten. Nicht immer ist dieser Prototyp eine Last. Aber manchmal schränkt er unsere Handlungsfähigkeit auf ungute Weise ein.

Spannende Erkenntnisse der Bindungsforschung, die in den 1950er-Jahren von dem englischen Psychiater und Psychoanalytiker John Bowlby begründet wurde, bestätigen diesen Zusammenhang zwischen der frühen Eltern-Kind-Beziehung und der späteren Fähigkeit, stabile Paarbeziehungen einzugehen. Erleben wir als kleines Kind keine sichere Bindung an einen Erwachsenen, dann speichern wir unsere negativen Erfahrungen in einer Art »Beziehungsmodell« ab. Von der Qualität dieses Modells hängt nicht nur unsere physische wie psychische Gesundheit ab, sondern auch unsere Beziehungs- und Bindungsfähigkeit.

Beziehungen im Erwachsenenalter können nicht losgelöst von den Kindheitserfahrungen eines Menschen betrachtet werden. Das Kind, das wir einst waren, beeinflusst mit seinen Erfahrungen das erwachsene Beziehungsgeschehen. Diese bahnbrechende Erkenntnis ermöglicht ein tieferes Verständnis für Paarkonflikte und Paardynamiken und macht – nebenbei bemerkt – auch Paartherapien erfolgreicher.

Tiefer tauchen – eine neue Perspektive finden

Wenn auch Ihre Beziehungsgeschichte alles andere als eine Erfolgsstory ist und alle bisherigen Verbesserungsversuche wenig gefruchtet haben, dann kann es sinnvoll sein, »tiefer zu tauchen« und Ihre Beziehungssituation aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Dieses Buch ermöglicht Ihnen diesen Perspektivwechsel. Es lädt Sie ein, Ihre Aufmerksamkeit nicht nur auf die Gegenwart und Zukunft zu richten, sondern auch auf die Vergangenheit. Je mehr Sie über Ihre Erfahrungen in der frühen »Beziehungsschule« Bescheid wissen, desto besser können Sie sich selbst verstehen. Und das ist die wichtigste Voraussetzung für gelingende Partnerschaften.

Solange Sie aber den Zusammenhang zwischen Ihrer ersten Liebe, der Liebe zu den Eltern, und Ihren heutigen Beziehungsproblemen nicht kennen, bleiben Partnerschaften für Sie unter Umständen ein Rätsel und ein Problem. Sie sind dann dazu »verurteilt«, fatale Fehler immer und immer wieder zu wiederholen:

Sie verlieben sich immer in Menschen, die zu Ihrer Bindungsgeschichte passen. Das aber kann bedeuten: Sie ignorieren Menschen, mit denen Sie gut zusammenleben könnten, die aber leider aufgrund Ihrer frühen Erfahrungen als langweilig und uninteressant wahrgenommen werden.

Sie verlieben sich zu schnell oder auch gar nicht, weil Ihre ersten Bindungserfahrungen Ihnen falsche Ratschläge geben.

Sie verharren in einer Beziehung, die Ihnen nicht guttut, weil Sie glauben, keine andere Wahl zu haben.

Sie inszenieren immer wieder Störungen, um auf Abstand zum Partner, zur Partnerin gehen zu können.

Sie bleiben Single, weil Ihre Angst vor Enttäuschung und Verletzung zu groß ist.

Gleichgültig, ob Sie aktuell in einer schwierigen, konfliktreichen Partnerschaft leben, ob Sie eine Trennung hinter sich haben, immer wieder an falsche Partner geraten oder ungewollt Single sind – die Beschäftigung mit Ihren frühen Bindungserfahrungen ist auf jeden Fall hilfreich. Denn die Wissenschaft von der Bindung im Erwachsenenalter zeigt ganz klar: Am stärksten wirken sich frühe Bindungserfahrungen in Paarbeziehungen aus. Das ist kein Wunder, denn sie sind der Eltern-Kind-Beziehung am ähnlichsten. Deshalb genügt es nicht, wenn Sie an Ihrer Kommunikationsfähigkeit arbeiten oder lernen, negative Verhaltensmuster zu verändern. Vielmehr geht es darum, dass Sie Ihre früh entstandenen Bindungsmuster gut kennenlernen und ihren Einfluss auf Ihre Beziehungen schwächen.

Das Ziel dieses Buches ist es, Sie bei dieser Entdeckungsreise zu unterstützen. Machen Sie Bekanntschaft mit den faszinierenden Fortschritten im Bereich der Erwachsenen-Bindungsforschung. Erfahren Sie, wie Sie die wissenschaftlichen Erkenntnisse für Ihr Liebes- und Beziehungsleben nutzen können. Und vor allem: Lernen Sie das Kind, das Sie waren, besser kennen. Und wenn Sie zusätzlich herausfinden, welche frühkindlichen Erlebnisse Ihren Partner oder Ihre Partnerin prägten – umso besser! Denn die Kinder, die Sie waren, leben mit Ihnen in Ihren Beziehungen und können unter Umständen Ihr Beziehungsglück gehörig stören.

Was Sie schon jetzt auf jeden Fall wissen müssen und was Sie beim Lesen der nächsten Kapitel nicht vergessen sollten: Bindungsmuster sind kein Schicksal, sie sind veränderbar.

Sobald Sie erkennen, welche Bindungsgeschichte Sie haben und warum Sie in engen Beziehungen so agieren, wie Sie es tun, haben Sie eine wichtige Voraussetzung für Veränderung geschaffen.

Was Sie in den Hauptkapiteln dieses Buches erwartet

Kapitel 1 und 2 beschäftigen sich mit den Einflüssen der Kindheit auf Beziehungsmuster und -vorstellungen. Woher stammt Ihr Wissen über Beziehung? Nach welchem Modell gestalten Sie heute Ihre Partnerschaften? Wann und von wem haben Sie gelernt, wie enge zwischenmenschliche Beziehungen funktionieren?

Kapitel 3 stellt Tests vor, mit deren Hilfe Sie Ihrem Bindungsstil auf die Spur kommen können: Sind Sie sicher, ängstlich oder ambivalent gebunden, oder gehören Sie zu der Gruppe der Bindungsvermeider?

Kapitel 4 bis 7 beschreiben die einzelnen Bindungsstile genauer. Welche Auswirkungen haben diese auf das konkrete Verhalten, auf den Umgang mit Gefühlen? Und vor allem: Was sagt Ihr Bindungsstil darüber aus, wie Sie enge Partnerschaften gestalten?

Kapitel 8 und 9 greifen die Frage auf, wer am häufigsten mit wem eine Beziehung eingeht. Interessanterweise finden sich vor allem ängstliche Gebundene mit vermeidend Gebundenen in der sogenannten Verfolger-Vermeider-Beziehung zusammen. Diese Partnerschaften sind oftmals problematisch, aber dennoch meist sehr stabil. Das gilt auch für das narzisstische Paar, das eine Extremform der Verfolger-Vermeider-Beziehung darstellt.

Kapitel 10 wirft einen Blick auf eine Beziehungsherausforderung, die nach wie vor häufig zu Trennungen führt: Untreue. Berücksichtigt man auch bei dieser für Paare extrem schwierigen Situation die Bindungserfahrungen und Bindungsstile der Partner, kann dies zu einem neuen Verständnis von Untreue führen und einen lösungsorientierten Weg aufzeigen.

Kapitel 11 bis 14 schließlich geben Ihnen Hinweise, wie Sie den Einfluss Ihres Bindungsstils verringern und Ihre Beziehungsfähigkeit vergrößern können. Diese Kapitel nehmen Sie mit auf eine Bindungsreise, auf der Sie einen neuen Umgang mit sich selbst und Ihrem Partner, Ihrer Partnerin lernen können.

1 Das Kind, das wir waren

Warum streiten wir uns nur die ganze Zeit? Woher kommen diese ständigen Missverständnisse? Was steht zwischen uns? Es wird Zeit, die richtige Frage zu stellen: Wer denkt, spricht und handelt hier eigentlich?

Wenn Sie mit einem anderen Menschen eine Beziehung eingehen, hängt der Erfolg Ihrer Partnerschaft nicht nur von Ihnen, den beiden Erwachsenen, ab. Denn in Ihr »Beziehungshaus« ziehen zwei weitere Wesen mit ein: ein kleines Mädchen und ein kleiner Junge. Oder wenn Sie in einer homosexuellen Beziehung leben, gehören zwei Mädchen oder eben zwei Jungen zu Ihrer Gemeinschaft. Wer sind die Kleinen? Eigentlich müssten Sie sie kennen. Denn bei den unsichtbaren Mitbewohnern handelt es sich um das Kind, die Sie und Ihr Partner oder Ihre Partnerin früher einmal waren. »Da jeder von uns ein ›Kind von früher‹ in sich beherbergt, müssen sich in der Ehe vier Personen miteinander arrangieren«, schreibt der Autor Whitney Hugh Missildine, »zwei Erwachsene, die sich in der Gegenwart bewegen, und zwei Kinder, die sich in ihrem je eigenen Familienmilieu tummeln.«

Manchmal machen diese Kleinen keinerlei Schwierigkeiten, aber meist sind sie eher Störenfriede. Engagiert und unaufgefordert mischen sie sich munter in Ihre erwachsenen Angelegenheiten ein. Das ist so lange kein Problem, solange diese Kinder eine glückliche Kindheit hatten und in ihrer ersten Liebesbeziehung mit den Eltern positive Bindungserfahrungen sammeln konnten. Ihre Einmischungen ins Leben der Erwachsenen sind daher eher harmlos. Möglicherweise schmollen sie, wenn etwas nicht so läuft, wie sie es erwarten, manchmal haben sie Heißhunger auf mindestens zwei Stück Kuchen, weil der Erwachsene sich über etwas geärgert hat, manchmal kommen sie morgens nicht aus dem Bett, weil sie keinen Bock auf Arbeit haben.

Waren die Erfahrungen der »Kinder« mit ihren frühen Liebespartnern, den Eltern, dagegen negativ und belastend, dann sind die beiden wahrscheinlich eine ernsthafte Herausforderung für die erwachsene Beziehung. Sie melden dann penetrant Wünsche und Bedürfnisse an, möchten Aufmerksamkeit, wollen nicht allein gelassen werden und reagieren eifersüchtig auf Konkurrenz. Die Kinder wollen bestimmen, wie viel Nähe erträglich ist oder wie viel Distanz eingehalten werden muss. Sie fürchten sich vor Einsamkeit oder davor, bevormundet zu werden.

Einig sind sich die beiden dabei selten. Das eine Kind will oft etwas anderes als das andere – und umgekehrt. So gut wie nie haben sie Verständnis für die Anliegen des anderen. Meist kämpfen sie erbittert miteinander um Aufmerksamkeit und Zuwendung. Mit aller Macht wollen sie verhindern, dass das andere Kind die Oberhand gewinnt. Es liegt auf der Hand, dass das Leben mit den Kindern, die sich belastet von frühen negativen Erfahrungen in Ihre Beziehung einmischen, für Sie alles andere als erfreulich ist.

Das chaotische Leben zu viert

Viele Beziehungskonflikte resultieren aus der störenden »Einmischung des ›inneren Kindes‹ von früher«, schreibt Whitney Hugh Missildine. Diese Einmischung »ist vielfach die primäre Ursache von Eheproblemen, auch wenn es dabei vordergründig um Sex, Geld, Eifersucht oder einen ständig nörgelnden Partner geht«. Dieses einflussreiche Wirken des jeweiligen Kindes ist Ihnen, den Erwachsenen in diesem Quartett, in der Regel nicht bewusst. Seine Störsignale sind nicht leicht zu identifizieren. Es fällt schwer, die Aktivitäten des eigenen inneren Kindes zu bemerken, und noch schwerer ist es, das kleine Mädchen, den kleinen Jungen im Partner oder der Partnerin zu entdecken. Denn das Kind, das Sie früher waren, ist ziemlich geschickt. Es kann seine Wünsche so gut tarnen, dass Sie glauben, es seien Ihre eigenen Wünsche. Das führt dann manchmal dazu, dass Sie als erwachsene Frau, als erwachsener Mann sich in Konfliktsituationen »wie ein Kind« verhalten, um auf sich, Ihre Ängste, Bedürfnisse und Wünsche, aufmerksam zu machen. Dann kann es vorkommen, dass Sie heftiger als nötig weinen, hilflos den anderen anschreien, sich stumm in sich zurückziehen, voller Wut etwas an die Wand werfen, sich verzweifelt an den Partner klammern, ärgerlich mit dem Fuß aufstampfen – und damit meist alles nur noch schlimmer machen.

Vielleicht aber empfiehlt Ihr »inneres Kind« auch eine indirekte Methode, wenn es um Aufmerksamkeit und Zuwendung kämpft. Wenn das der Fall ist, bleiben Sie scheinbar erwachsen und verpacken Ihre Bedürfnisse in »vernünftige« Argumente oder »sachliche« Kritik: Sie beklagen sich beim anderen über sein mangelndes Engagement im Haushalt. Sie reagieren gereizt, wenn der Partner zu viel Zeit mit der Arbeit oder seinen Freunden verbringt. Sie kritisieren die Partnerin wegen ihres ständigen Zuspätkommens. Sie werfen dem anderen vor, dass er nie zuhört und immer nur Sex will. Sie bleiben vorgeblich aus Sorge bis spät in die Nacht auf, wenn Ihre Partnerin ohne Sie auf einer Party feiert. Sie rechnen dem anderen vor, dass Sie mehr in die Haushaltskasse einzahlen als er. Sie kritisieren, dass immer Sie sich um die Kontakte zu Freunden und Geburtstagsgeschenke kümmern müssen. Sie werfen der Partnerin vor, dass sie jeden Tag mit ihrer Mutter telefoniert, sich aber nicht genug um Ihre Eltern kümmert.

Ende der Leseprobe