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Die Vergangenheit holt die Gegenwart ein. Gadah erzählt in Rückblenden über seine Anfangszeiten bei den Zauberjägern und muss gleichzeitig den Widerstand gegen den neuen Feind organisieren. Die Dunkelelfen befinden sich auf dem Vormarsch und nichts scheint sie aufhalten zu können. Übermächtig fegen sie über das Land und töten alle Menschen. Selbst die Zauberjäger scheinen ihnen hilflos gegenüberzustehen. Nur mit neuen Verbündeten können die Dunkelelfen besiegt werden. Bei dem Versuch, eine neue Allianz zu schmieden, geraten Atriba und Gadah in eine tödliche Falle. Der vorliegenden Band enthält exklusives Bonusmaterial des Musikers und Booktubers BelletristikBasti alias Sebastian Schierlinger.
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Seitenzahl: 237
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Vorwort von BelletristikBasti
Interview mit T.U. Zwolle
Der Blutlord der Zauberjäger
Exklusive Horrorkurzgeschichte von Sebastian Schierlinger
Nachwort des Autors
Kurz nachdem ich angefangen hatte, meine Buchrezensionen auf YouTube zu veröffentlichen, kontaktierte mich ein Autor. Er teilte mir mit, dass er eine Fantasy-Trilogie geschrieben und veröffentlicht hätte. Er bot an, mir ein Exemplar der Gesamtausgabe zuzuschicken, damit ich es auf meinem Kanal vorstellen könne. Ich hatte natürlich schon davon gehört, dass Kolleginnen aus meiner Booktube-Community so etwas angeboten bekommen. Aber ich… Belletristik Basti mit meiner (zu diesem Zeitpunkt) sehr überschaubaren Anhängerschaft von genau 173 Abonnenten?! Das konnte doch nur ein Irrtum sein!
Letztendlich lernte ich auf diesem Weg nicht nur ein wundervolles neues Fantasy-Universum, sondern auch einen Freund kennen. T.U. Zwolle hat es geschafft, mich ab der ersten Seite in einen Bann zu ziehen, der mich nun definitiv nicht mehr loslassen wird. Erscheint einem die Gesamtausgabe „Die Legende der Zauberjäger“ im ersten Moment wie ein dicker Wälzer, mit dem man es erst mal aufnehmen muss, möchte man es im nächsten Moment gar nicht mehr aus der Hand legen. Es ergießt sich aus diesem Werk ein wahres Füllhorn aus Heldentum, Kampfeslust und Magie. Ein spezielles Augenmerk ist auf jede einzelne Kampfszene zu legen. Ich konnte hier beim Lesen förmlich das Scharren und Kratzen von Schwertern auf Streitäxten spüren. Meine Muskeln spannten und entspannten sich buchstäblich im Laufe der tosenden Gefechte. Nach geschlagener Schlacht kriechen einem dann die kräftigen Gerüche des Festmahls der Zwerge in die Nase und man vernimmt derbe Trinksprüche und wüste Flüche aus deren bärtigen Erscheinungen, die sie genauso unbezähmbar wie auch ursympathisch erscheinen lassen.
Nun befindest du dich also mitten in der zweiten Trilogie. Es erwarten dich noch mehr Abenteuer, schreckliche Bestien, neue Dimensionen und ein exklusiver Einblick in Gadahs Leben vor den Zauberjägern. Also lehne dich zurück und lass dich ein weiteres Mal in die magische Welt der Zauberjäger entführen!
Belletristik Basti November 2021
Zuerst möchte ich mich ganz herzlich bedanken, denn ich sehe es durchaus nicht als Selbstverständlichkeit an, die Möglichkeit zu erhalten, meine eigenen erdachten und geschriebenen Worte in einem Werk abgedruckt zu sehen, das mir so sehr ans Herz gewachsenen ist wie die Reihe um die Zauberjäger. Vielen Dank!
Im Folgenden werde ich dem Autor zehn Interview-Fragen stellen, auf deren Beantwortung ich sehr gespannt bin.
Belletristik Basti Abensberg, November 2021
Lieber Thomas:
Du hast dir einen sehr detailverliebten und bildhaften Schreibstil erarbeitet. Welche Autoren waren auf diesem Weg wichtige Einflüsse oder gar Vorbilder für dich?
Vielen Dank für die Blumen. Ich habe früh in meinem Leben angefangen zu lesen, kam aber erst spät zum Fantasygenre. Ein Schulkamerad brachte mir den kleinen Hobbit mit und dann den Herrn der Ringe. Von da an, war ich mit dem Fantasyvirus infiziert und habe alles gelesen, was mir in die Finger kam. Zu meinen Lieblingsautoren in dem Genre zählen Markus Heitz, Michael Peinkofer, J.R.R Tolkien, Richard Schwartz und Tad Williams. Dies sind alles Autoren, die wunderbare Welten erschaffen haben und eine breite Leserschicht begeistern. Und dies zurecht. Mich der Heroic Fantasy zuzuwenden hat allerdings ein anderer Autor verschuldet: David Gemmell. Leider ist dieser schon viel zu früh verstorben. Seine Helden waren rau, direkt und zwiegespalten. Sein Schreibstil war neu und faszinierend für mich. Ich kann jedem nur ans Herz legen, seine Werke zu lesen und zu entdecken, dass Heroic Fantasy mehr ist als Hack and Slay.
Wann, und warum hast du begonnen eigene Geschichten zu schreiben?
Geschichten habe ich immer schon im Kopf gehabt, allerdings war ich nie dazu gekommen, diese niederzuschreiben. Mal fehlte aufgrund meiner hauptberuflichen Tätigkeit die Zeit, mal standen andere Interessen im Vordergrund. Mit Anfang dreißig habe ich die Inspiration zu den Zauberjägern gehabt und angefangen sie niederzuschreiben. Bislang habe ich es auch nicht bereut.
Welches Genre liest du, wenn du nicht gerade an einem eigenen Buch arbeitest?
Ich lese Bücher aus vielen Genres. Natürlich Fantasy, historische Romane, Thriller aber auch sogenannte Groschenromane oder Comics. Wenn man die Augen offen hält, findet man überall Inspiration und einen literarischen Genuss.
Hast du autobiografische Einflüsse verwendet beim Schreiben der Zauberjäger-Reihe?
Autobiografische Einflüsse habe ich nicht verarbeitet, aber einige meiner Freunde sind als Charaktere eingeflossen oder haben Gastrollen. Zum Beispiel ist Atriba inspiriert durch eine langjährige Freundin und Kollegin. Der irre Priester Mahce wurde durch meinen besten Freund geprägt. Auch Mikos, Huneriks Gefährte ist an einen guten Freund angelehnt, der seither immer Mikos genannt wird. Sorry, Michael…
Ein besonders hervorzuhebendes Merkmal dieser Reihe, sind die Kampfszenen. Jene sind so detailreich beschrieben, dass ich an manchen Stellen förmlich das Kratzen von Stahl auf Stahl vernehmen konnte. Verfügst du über persönliche Erfahrungen oder Interessen in diesem Bereich?
Ich bin keine Reinkarnation eines römischen Feldherren, der mitten in der Schlacht gestanden hat. Aber ich liebe opulente, bildgewaltige Filme, in denen Helden im Mittelpunkt stehen, die ihren Mann bzw. Frau stehen. Ich glaube, das dies auch meine Inspiration ist. Mein Ziel beim Schreiben ist es, beim Leser einen Film ablaufen zu lassen, der greifbar ist. Mich persönlich langweilt es, wenn in Büchern zu viele Nebensächlichkeiten vorkommen und der Autor den Leser über zehn Seiten Landschaftsbeschreibung treibt. Dies kann an den richtigen Stellen funktionieren, aber leider wurde das oftmals überreizt. Ich setze bei meinem Schreibstil auf die Handlung und die handelnden Charaktere, der der Story ihren Stempel aufdrücken. Ich glaube, dies macht das Tempo in meinen Geschichten aus und passt besser zu meinem Stil.
Thom spielte in der ersten Trilogie der Zauberjäger eine sehr wichtige Rolle. Wird er uns im nächsten Band womöglich wieder öfter begegnen?
Thom war eine, wenn nicht sogar die Hauptfigur der ersten Zauberjäger-Trilogie und ich habe ihn sehr gemocht, da er die größte Entwicklung durchgemacht hat. Aber seine Geschichte ist fertig erzählt. Natürlich könnte man ihn jetzt durch Taschenspielertricks wieder in die Story holen, aber das schließe ich aus. Die neue Trilogie hat ihre tragenden Charaktere und diese benötigen Platz sich zu entfalten.
Krok ist einer meiner liebsten Charaktere in diesen Büchern. Seit ich ihn im ersten Band kennengelernt habe, sieht er in meiner Phantasie wie der Schauspieler Jason Momoa aus. Inwieweit trifft das auch auf deine Idee für den Leibwächter des Königs zu?
Das ist das Schöne an Büchern. Jeder hat, trotz Beschreibung der äußerlichen Merkmale, die Freiheit sich ein eigenes Bild zu machen. Man bedenke, wie sehr sich oftmals ein Film von einem Buch und den eigenen Bildern im Kopf unterscheidet. Tatsächlich hatte ich bei Krok eher die Figur des Götz von Berlichingen im Kopf, deswegen auch der eiserne Arm.
Um konkretere Vorstellungen von fiktiven Charakteren zu generieren, bieten Verlage und Autoren oft sogenannte Charakter-Cards an. Könntest du dir dieses Format auch für deine Zauberjäger vorstellen?
Jeder Autor arbeitet anders. Ich kann es mir derzeit nicht vorstellen, mit Charakter-Karten zu arbeiten. Am Anfang habe ich die Charaktere mit ihren grundlegenden Eigenschaften im Kopf. Im Laufe der Geschichte wird der Charakter durch den Ablauf selbst beeinflusst. Für mich hat sich dies im Schreibprozess bewährt, da ich auf spontane Ideen reagieren kann und diese in die Story einfließen lassen kann.
Was wird uns im nächsten Zauberjägerband erwarten? Ist womöglich ein großes Finale der Reihe angedacht?
Meine Absicht war es nie, die Zauberjäger als Endlosreihe zu konzipieren. Ich spiele mit dem Gedanken, die Zauberjäger mit dem nächsten Band zu beenden. Ganz aufgeben möchte ich sie allerdings nicht. Eventuell werden Einzelbände in einer losen Reihenfolge erscheinen. Die Alternative ist, dass es eine dritte Trilogie geben wird, die dann den Abschluss der Geschichte darstellt. Entschieden habe ich mich aber noch nicht.
Arbeitest du bereits an neuen Projekten außerhalb des Zauberjäger-Universums?
Derzeit habe ich ein Soloprojekt im Auge, was in einem Science- Fiction-Setting angesiedelt ist. Und dann natürlich unser gemeinsames Projekt, dem Horror-Kurzgeschichtenband :-)
Mein Rücken brannte von den Peitschenhieben des Optios und meine Muskeln zitterten vor Schmerzen. Die Genugtuung, mich Schreien zu hören, gönnte ich dem Bastard nicht und presste die Lippen, so fest ich es vermochte, zusammen.
Die nächsten Hiebe trafen auf die bereits aufgeplatzten Hautpartien und rissen noch tiefere Wunden in mein Rückenfleisch. Ich konnte nur hoffen, dass der Armeearzt sein Handwerk verstand, sonst wäre ich im Arsch.
„Vierundzwanzig, fünfundzwanzig ...“, hörte ich den Centurio zählen. Dreißig Hiebe musste ich durchhalten, dann hätte ich es geschafft.
Die letzten Schläge wurden härter ausgeführt als die vorherigen. Der Optio, der die Peitsche schwang, hatte wahrscheinlich die Hoffnung, meine Schreie zu hören. Aber ich blieb stumm. Es war der einzige Triumph, den ich heute haben würde. Meine Sinne schwanden und gnadenvolle Dunkelheit senkte sich über mich.
„Junge, du hast Glück gehabt. Hast eine Haut wie Leder.“
Mein Rücken brannte wie Feuer und fühlte sich wie eine einzige große pochende Wunde an. „Wenn das Glück war, will ich kein Pech erleben“, hörte ich mich selbst auf der Pritsche murmeln. Mein Mund fühlte sich trocken an und ein schlechter Geschmack hatte sich in ihm ausgebreitet.
„Hab schon Kerle bei dreißig Peitschenhieben sterben sehen. Du wirst ein paar Tage auf dem Bauch schlafen müssen, dann geht’s wieder.“ Der alte Arzt verpackte seine Instrumente und seinen Salbentiegel in einen Beutel.
Ich drehte den Kopf und versuchte festzustellen, welche Tageszeit herrschte.
„Du hast einen halben Tag geschlafen, Legionär Rochard. Für heute kann ich dich dienstunfähig schreiben, aber morgen wird dich der Optio wieder auf den Exerzierplatz zerren, darauf kannst du einen lassen. Was hast du eigentlich angestellt?“
Einen Moment überlegte ich, ob ich antworten sollte oder nicht. Aber es sprach ja nichts dagegen. „Ich habe Militäreigentum an die Händler verkauft und dann das Geld bei den Huren durchgebracht.“
„Dann sollte ich mir deinen Schwanz anschauen, nicht, dass du dir bei einer der Damen die Seuche geholt hast.“ Der Arzt gluckste vergnügt.
„Danke, aber hau einfach ab und lass mich schlafen.“ Ich versuchte, mich auf die Seite zu drehen, aber die Schmerzen ließen es nicht zu.
„Du solltest heute ruhig liegenbleiben, einige Wunden werden sich wieder öffnen, wir werden uns also bald wiedersehen.“ Mit diesen Worten verschwand der Arzt aus den Unterkünften und ich lag alleine auf meiner strohbedeckten Pritsche. Meine Kameraden waren beim Exerzieren und würden erst bei Einbruch der Dunkelheit zurückkehren. Mir blieb etwas Zeit, um zu schlafen und Kräfte zu sammeln. Ich würde sie benötigen.
Ich wachte auf, als meine Kameraden von ihrem Marsch zurückkehrten und sich für das Abendessen wuschen.
„Meine Fresse, Hunerik hat uns heute ganz schön rangenommen. Meine Füße kannst du als blutiges Stück Fleisch im Gasthaus servieren.“
„Halt die Fresse, Erkilor. Glaubst du, mein Rücken fühlt sich besser an?“ Ich setzte mich auf. Diesmal klappte es ohne allzu große Schmerzen. Ich griff nach einem Wasserkrug und trank gierig.
„Mit dem Unterschied, dass du selbst schuld an deinem Elend bist. Wenn du nicht so geil auf die schwarzhaarige Hure gewesen wärst, die nur den Offizieren vorbehalten ist, hättest du einen Rücken wie ein Babyarsch.“
Ein Grinsen zeigte sich auf meinem Gesicht. „Aber sie war es wert, mein Freund.“ Ich dachte an die Nacht zurück mit ihr. Sie war teuer und nur Offiziere konnten sie sich leisten. Deswegen hatte ich ein paar Rüstungsteile verkauft.
„Keine Frau ist es wert, dass man sich für sie auspeitschen lässt.“ Erkilor warf mir einen Apfel zu, den ich mit Mühe fangen konnte.
„Mensch, sie hat mir fast das Gehirn rausgelutscht, es war göttlich.“ Ich biss herzhaft in den Apfel und kaute hungrig.
„Wenn du dir sowas nochmal erlaubst, wirst du nicht mit ein paar Peitschenhieben davonkommen, das weißt du“, mahnte mich Erkilor. Er war der besonnenere von uns beiden und der einzige Kamerad, der einen regen Kontakt zu mir pflegte. Viele der anderen Legionäre verachteten mich, weil ich das Schwert besser zu führen verstand als sie und ich bekannt dafür war, mich nicht an Regeln zu halten, wenn es nicht unbedingt sein musste.
Ich winkte ab und biss wieder in den Apfel. „Was hat der Schänder mit euch heute angestellt?“, wollte ich wissen.
„Nicht der Rede wert. Dreißig Meilen marschieren bei vollem Gepäck und ohne Pause. Weder zum Pissen noch zum Trinken kamen wir.“ Erkilor trank in kleinen Schlucken aus seiner Feldflasche. Würde er den Inhalt einfach hinunterstürzen, hätte er sich übergeben müssen, das wusste er. Einige der anderen Kameraden wussten es nicht und liefen hektisch hinaus, um sich dort auszukotzen.
Erkilor beugte sich zu mir herüber. „Wie war es denn?“
„Beschissen“, gab ich zu. „Aber ich habe nicht geschrien.“
„Hättest du dich vernünftiger verhalten, wärst du nicht ausgepeitscht worden“, bemerkte Erkilor trocken und drehte sich zu einem Kameraden, der es nicht mehr zum Kotzen aus der Türe geschafft hatte.
„Manchmal hasse ich dich für solche Klugscheißereien. Hilf mir lieber mal auf, damit ich mich etwas strecken kann. Ich glaube nicht, dass Hunerik mich morgen schonen wird, nur weil ich ausgepeitscht worden bin.“
„Der wird dich die Strecke von heute nachholen lassen.“
„Dieser Hurensohn. Er schindet uns ohne Gnade.“ Ich griff nach Erkilors Hand und zog mich hoch. Mein gepeinigter Rücken rebellierte, aber die Wunden platzten nicht wieder auf. Insgeheim graute es mir schon vor dem morgigen Tag, aber diese Nacht würde ich Ruhe haben und mich erholen können.
***
Es war dunkel und die Luft roch nach Regen. Gadah saß mit Atriba in einem kleinen Zelt und zwischen ihnen stand eine Flasche Wein.
„Die Armee ist hart und erbarmungslos.“ Atriba nippte an ihrem Wein und schaute Gadah an.
„Für jemanden, der sich nicht fügt, ja. Wenn man sich einmal angepasst und unterworfen hat, geht es. Hunerik hat mich gelehrt, wie man sich beugt.“
„Aber er hat dich nicht gebrochen.“
„Nein, ein gebrochener Soldat kämpft nicht, sondern läuft davon. Ein Mann, der keinen Mumm mehr in den Knochen hat, wird nicht im Angesicht des Feindes stehenbleiben und kämpfen.
„Du hast immer gekämpft“, bemerkte Atriba und sah Gadah in die Augen.
Gadah lächelte milde. „Immer. Seit ich auf eigenen Beinen stehe, habe ich gekämpft. Zunächst aus Spaß, später weil ich es musste.“
Rochard
Der Jahrmarkt. Es roch nach duftendem Gebäck und gebratenem Fleisch. Ich war ein junger Mann und musste meinen Unterhalt verdienen. Und da ich weder besonders gut im Backen oder Kochen war, fiel mir die Ehre der Unterhaltung zu.
Was man so Ehre nannte.
Ich konnte mich mit Bauerntrottel herumschlagen, die zum ersten Mal eine Klinge in der Hand hielten und dachten, sie könnten vor ihrer Verlobten oder ihren Freunden damit angeben. Mit ihnen konnte man ein wenig spielen und sie leicht entwaffnen. Mehr aufpassen musste ich bei den betrunkenen Soldaten, die zumeist mit ihrer Waffe umzugehen verstanden. Zu ihrem Leidwesen stand ihnen der Alkohol allzu oft im Weg. Hoffentlich waren sie auf dem Schlachtfeld nüchtern, sonst sah ich schwarz für unser Königreich.
Ich erlernte den Schwertkampf bei meinem Vater, der Wert darauf gelegt hatte, dass sein Sohn in die Armee eintreten würde. Kaum, dass er gestorben war, schnappte ich mir sein Schwert und zog in die Welt, um etwas zu erleben. Ich beabsichtigte in Freiheit zu leben und nicht in einer Uniform. Mein jüngerer Bruder blieb bei meiner Mutter und führte die Schweinefarm weiter. Ich hasste die Tiere und meine Mutter hatte immer gewusst, dass ich nur meinem Vater zuliebe geblieben war. Jetzt, mit Mitte zwanzig, hatte ich zehn Jahre Freiheit hinter mir und besaß das gleiche Hab und Gut wie bei meiner Abreise. Das Schwert meines Vaters, ein paar gute Stiefel und die Kleidung, die ich am Leib trug. Arm an materiellen Gütern aber reich an Erfahrung, vor allem mit dem weiblichen Geschlecht, verdiente ich zur Zeit mein Essen mit der Darbietung meiner Schwertkünste. Ich verdiente nicht schlecht aber die Dirnen in den Städten waren teuer. Und den Schnaps bekam ich auch nicht geschenkt.
Wenn mich jemand fragen würde, in welcher Stadt ich mich gerade befand, hätte ich nur die Schultern gezuckt. Jede Stadt sah letztendlich gleich aus. Das einzig beständige in meinem Leben waren einige der Schausteller des Jahrmarktes, die von Stadt zu Stadt zogen und denen ich folgte.
Vor mir stand einer jener Bauerntrottel, die sich vor ihren Freunden hervortun wollten. Feistes Gesicht und starke Muskeln. Das stumpfe Übungsschwert hielt er wie seinen Schwanz in der Hand, den er zum Pissen hervorgeholt hat. Seine Freunde johlten ihm von der Seite des Platzes zu und bewunderten seinen Mut. Da er fünf Kupferstücke gesetzt hatte, beschloss ich, ihn nicht allzu schlecht dastehen zu lassen und parierte seinen ungeschickten Angriff mit einer schnellen Seitwärtsbewegung meiner Klinge. Der Junge, mochte er siebzehn oder achtzehn sein, wurde von seinem eigenen Schwung zur Seite getragen und fing sich leidlich wieder. Ich ließ ihn drei Atemzüge verschnaufen.
„Guter Angriff, junger Mann“, lobte ich ihn. Die Zuschauer applaudierten und feuerten ihn an.
Der Junge hob seine Klinge wieder, hoch erhoben über seinem Kopf, rannte er auf mich zu. Ich wollte jetzt ein Ende machen, damit ich etwas Trinken konnte. Meine Kehle verlangte nach einem Schnaps und mein Schwanz nach einem feuchten Loch. Ich parierte diesmal den Schlag nicht, sondern wich der heruntersausenden Klinge mühelos aus. Meine Schwertspitze stach in den dicken Hintern des Jungen. Er quiekte auf und ließ sein Schwert fallen.
„Tod“, sagte ich und berührte mit meiner Schneide seine Nierengegend.
Betrübt sank der Kopf des Jungen herab.
„Er hat sich gut geschlagen“, rief ich in die Runde, um das Publikum zum Klatschen zu animieren. Innerlich rechnete ich mir aus, wie weit ich mit den fünf Kupferstücken kommen würde an diesem Abend.
Im Gasthaus stand ein großer Krug mit Bier vor mir und ich wartete auf mein Essen. Eintopf mit Fleisch. Angeblich gab es Hammel, aber es war mir egal, ob es Hammel, Rind oder Wild war. Solange es nicht Katze oder Hund war, konnte ich es mir schmecken lassen.
Die vollbusige Bedienung war an die dreißig und sah etwas verlebt aus. Aber aus der Nacht zuvor wusste ich, dass sie ihre Qualitäten besaß. Während sie einen gut gefüllten Teller vor mir platzierte, purzelten zwei der verdienten Kupferstücke in ihren Ausschnitt. „Wenn du hier fertig bist, kannst du mit auf mein Zimmer kommen“, raunte ich ihr zu.
Sie antwortete mit einem hübschen Lächeln und strich mir über die Wange. „Bis später, Liebling.“
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen und begann mir die warme Mahlzeit in den Mund zu schieben. Zum Eintopf wurde frisches Brot serviert. Ich riss ein Stück ab und tunkte es in die Soße. Abzüglich der Bedienung und des Essens verblieben mir vom Tag zwei Kupferstücke. Das Zimmer hatte ich für eine Woche im Voraus bezahlt. Kein schlechter Verdienst.
Eine Gruppe von Musikanten stolzierte in den Gastraum und versuchten mit Trommeln und Flöten Stimmung zu bringen. Die schon halb betrunkenen Zecher klatschten beim ersten Ton des Rhythmus mit und schlugen ihre Krüge auf die Tische.
Ein Schatten fiel auf meinen Tisch und nahm mir die Sicht auf die Musikanten.
„Bist du Rochard, der Schwertkämpfer?“
Ohne aufzusehen, schob ich mir einen weiteren Löffel des Eintopfes in den Mund und kaute. Ich wedelte mit der Hand, um den Mann zu vertreiben. Ich wollte nur meine Ruhe haben und mich satt essen. Mein Interesse an sinnlosen Gesprächen mit irgendwelchen Bewunderern hielt sich in engen Grenzen. Leider bewegte sich der Mann nicht aus meinem Sichtfeld.
„Ich sehe schon, du bist schwer zugänglich.“ Der Mann, dessen Gesicht ich bislang nicht gesehen hatte, kramte in seiner Tasche.
„Kumpel, wenn du dich setzen willst, dann setz dich hin, ich habe kein Interesse daran den ganzen Abend auf deine Eier zu starren.“ Ein weiterer Löffel fand den Weg zu meinem Mund und ich kaute intensiv.
Der Mann zog einen Stuhl heran und setzte sich. Gleichzeitig warf er eine Goldmünze auf den Tisch.
Erstaunt hielt ich inne und schaute dem Mann in die Augen.
„Habe ich jetzt deine Aufmerksamkeit?“, fragte er mich. Ein schwarzer Schnauzbart zierte sein Gesicht.
„Die hast du.“ Ich schob den Eintopf von mir weg und trank einen großen Schluck Bier. Dann nahm ich die Goldmünze in die Hand und betrachtete sie von allen Seiten. „Wen soll ich dafür umlegen?“
„Du gehst mit dem Leben deiner Mitmenschen leichtfertig um. Aber ich beruhige dein Gewissen. Wenn ich jemanden suche, um zu töten, bezahle ich nicht soviel. Ein Messer in der Dunkelheit kostet einen Silbertaler.“
Ich zuckte die Schultern und trank einen weiteren Schluck Bier. Manchmal musste man die Leute reden lassen, dann erfuhr man mehr.
„Mein Name ist Ugur.“
„Ugur, und weiter?“
„Nur Ugur.“ Mein neuer Tischnachbar schnippte mit den Fingern und meine Lieblingsbedienung kam an den Tisch, um die Bestellung aufzunehmen. „Einen Krug Wein für mich und meinen neuen Freund.“
Sie schaute mich kurz an, aber ich erwiderte den Blick nicht. „Rotwein oder Weißwein?“
„Den besten Rotwein, den ihr hier habt.“
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren ging sie mit kokettem Hüftschwung davon und verschwand in der Küche, um dort den Wein zu holen.
„Zur Sache“, nahm Ugur das Gespräch wieder auf. „Ich komme im Auftrag eines Adeligen, der von dir gehört hat und sich gerne mit dir in der Kunst des Schwertkampfes messen würde.“
Applaus brandete für die Musikanten auf und ich wartete einen Augenblick mit der Antwort. „Du meinst, dein Herr will ein Duell mit mir?“
„Ja, das meine ich.“ Er verstummte als die Bedienung mit einem Krug Wein zum Tisch zurückkehrte und dazu zwei Becher auf den Tisch stellte. Sie zwinkerte mir zu und ging zu einem anderen Tisch.
„Deine Freundin?“
„Geht dich nichts an“, erwiderte ich und schenkte mir einen Becher Wein ein. Ich zog Bier zwar dem Rebensaft vor, aber wenn er kostenlos war, würde ich auch damit einen ordentlichen Rausch bekommen können.
„Ich sehe, du trennst Spaß und Geschäft.“ Ugur schenkte sich ebenfalls einen Becher Wein ein und kostete. „Ich bin überrascht, der Laden sieht nicht nach gutem Wein aus.“
„Du warst an der Stelle stehen geblieben, wie viel dein Herr mir für das Duell bezahlen will.“
In Anbetracht meiner Gier nach dem Gold war Ugur genervt. Er war es anscheinend gewohnt, dass man Ewigkeiten über die Dinge lamentierte.
„Mein Herr ist bereit, insgesamt drei Goldtaler zu bezahlen.“
Ich überlegte kurz. „Fünf.“
„Was meinst du?“
„Ich sagte, ich will fünf Goldtaler haben, wenn ich mit deinem Herrn die Klingen kreuze.“
„Das ist unverschämt.“ Entrüstet sah mich Ugur an.
„Du bist zu mir an den Tisch gekommen. Nimm an, oder lass es.“ Ich schnappte den Goldtaler, der auf dem Tisch lag. „Und den behalte ich für meine vergeudete Zeit auf jeden Fall.“
Röte stieg am Hals des Laufburschen auf. „Gut, wenn du morgen zum Duell erscheinst, erhältst du vier weitere Goldstücke. Unabhängig davon, wie der Kampf ausgeht.“
„Wie sind die Regeln?“, fragte ich.
„Bis zum ersten Blut.“
„Dann verlange ich sechs Goldstücke“, forderte ich nach kurzem Zögern.
„Was? Du bist ein ...“
Ich hob die Hand. „Ja oder nein?“
„Ja“, presste Ugur zwischen zusammengepressten Lippen hervor.
„Wann und wo?“
„Morgen früh, bei Sonnenaufgang. Auf dem Friedhof vor der Stadt.“
„Ich werde da sein.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, stand ich auf und ging in mein Zimmer. Ich lehnte mein Schwert neben das Bett und legte mich auf den Rücken. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt, schlummerte ich leicht vor mich hin und wurde von einem zaghaften Klopfen geweckt. Mein Mädchen für die Nacht huschte herein und wollte mir ein paar schöne Stunden bereiten.
Der Morgen war verregnet und ich war schon nach einem Dutzend Schritten bis auf die Haut durchnässt. Meine Stiefelschritte hallten auf dem nassen Pflaster wieder. Ich legte den Kopf in den Nacken und fing die dicken Regentropfen mit meiner Zunge auf. Mein Mund schmeckte nach der salzigen Haut meiner nächtlichen Bettpartnerin.
Ich trug mein Schwert heute auf dem Rücken, und ich spürte das Gewicht der Klinge, was mir ein sicheres Gefühl bescherte. Ich fühlte mich immer sicher, wenn ich mein Schwert bei mir trug.
Der Weg zum Friedhof schlängelte sich einen sanften Hügel hinauf und mündete auf einen großen runden Platz, der mit Pflastersteinen ausgelegt war.
Die Gruppe von drei Gestalten konnte ich schon, trotz des dämmrigen Lichts, von weitem erkennen. Eine der Gestalten vollführte Dehnübungen als ich bei ihnen ankam. Ugur begrüßte.
„Ich wünsche einen schönen guten Morgen, ehrwürdiger Rochard.“ Er umfasste meine Schultern und machte mit einer Hand eine ausladende Handbewegung. „Hier siehst du deinen Kontrahenten, dessen Namen ich dir nicht verraten werde. Aber sei sicher, dass er von edlem Blut ist.“
Der Mann schloss seine Dehnübungen ab und nickte mir zu. „Ich hörte, du bist der beste Schwertkämpfer, den Ugur je gesehen hat. Nach mir ... Ich liebe es, mich mit Gegnern auf Augenhöhe zu messen. Das ständige Üben mit zweitklassigen Gegnern ödet mich an.“
Der Junge fiel mir auf die Nerven. Ich wollte das hier so schnell wie möglich hinter mich bringen. „Ich will das Gold und dann können wir die Klingen kreuzen.“
„Du hattest recht, Ugur. Er ist ein Bauerntrampel, der keinen Sinn für ein ehrenvolles Duell hat. Ich hoffe, seine Fähigkeiten mit der Klinge sind besser als seine Manieren.“ Er nickte Ugur zu und dieser holte einen Beutel mit klimpernden Münzen hervor.
„Hier, nimm dein Geld und kämpfe gut dafür.“ Ugur warf mir den Beutel zu und ich fing ihn aus der Luft auf.
„Wer ist denn er?“ Ich deutete auf den dritten Mann, der mir bislang nicht vorgestellt worden war.
„Er ist mein Leibwächter“, antwortete mein Kontrahent.
Ich warf einen Blick auf seinen Begleiter und steckte das Gold weg. „Nun gut, dann sollten wir es hinter uns bringen.“
„Ugur hat dich über die Regeln informiert. Bis zum ersten Blut. Keine tödlichen Hiebe.“
Ich nickte knapp. Die Regeln kamen mir zugute. Bei den Vorstellungen konnte ich die Bauernburschen, die sich mit mir messen wollten, auch nicht enthaupten, um drei Kupferstücke zu bekommen. Ich schnallte die Scheide von meinem Rücken und zog mein Schwert. Mein Anderthalbhänder fühlte sich wie der verlängerte Teil meines Armes an. Entspannt stellte ich mich dem Jungen gegenüber.
„Dann kann der Kampf beginnen“, sagte Ugur und klatschte in die Hände.
Der junge Adelige verlor keine Zeit und sprang vor. Seine Klinge wirbelte durch die Luft und traf in der Luft auf meine. Hätte ich den Schlag nicht geblockt, hätte er mir das Ohrläppchen abgeschnitten. Ich schob die Klinge beiseite und er machte nicht den Fehler kraftraubend dagegen zu halten. Er ließ es zu und brachte sich mit geschickter Beinarbeit für den nächsten Angriff in Stellung. Ich musste zugeben, dass er kein Anfänger war und trotz seines jungen Alters geschickt mit der Klinge umzugehen wusste.
„Du hattest gute Lehrer“, bemerkte ich.
„Die Besten“, gab er zurück und vollführte seinen nächsten Angriff. Blitzschnell zog er sein Schwert zurück und stach nach meiner Schulter. Ich brachte mit einem Sprung nach hinten Abstand zwischen mich und seiner Schwertspitze und er stach ins Leere. Der Junge war schnell wie eine Schlange und ich musste aufpassen, wenn ich heute Abend gesund im Bett liegen wollte. Ich wechselte die Auslage und schob die linke Schulter vor. Unsere Klingen berührten sich an den Spitzen und jeder lauerte auf den Angriff des anderen. Diesmal wollte ich mein Glück versuchen. Ich täuschte einen Angriff auf seine linke Seite vor. Seine Abwehr schlug ins Leere, sodass seine rechte Rippenseite für einen Wimpernschlag ungedeckt war. Mit einer schnellen Drehung kam ich an ihn heran, stieß ihm meinen Ellenbogen in die Rippen. Hörbar presste der Schlag die Luft aus seiner Lunge und verlangsamte seine Reflexe. Mit dem linken Fuß trat ich in seine rechte Kniekehle und das Bein knickte unter ihm weg. Meine Schwertspitze ritzte seine Wade und ich sah einen kleinen Blutstrom durchsickern.
Ugur atmete erschrocken ein.
Der Junge schrie vor Schreck kurz auf und sank auf die Knie.
Mein Schwert berührte sanft seine Halsbeuge. „Tot“, sagte ich leise und trat zurück. Das erste Blut war geflossen und der Kampf vorbei.
Ich drehte mich zu meinen Sachen um, die ich abgelegt hatte, und hob die Scheide vom Boden auf.
Der Adelige atmete schwer und war sichtlich beschämt ob seiner Niederlage.
„Du hast gut gekämpft, du warst der beste Gegner, der sich mit mir gemessen hat.“ Ich drehte mich um und steckte mein Schwert in die Scheide.
„Warte! Du Bastard hast mich verletzt.“
Ich zuckte mit den Schultern. „Das kann passieren, wenn man sich mit Männern misst und nicht reif genug dafür ist.“ Ich drehte mich um. Ich wollte keinen weiteren Streit, aber ich war bereit, mich meiner Haut zu wehren, wenn es nötig sein würde.
„Erledige ihn“, zischte Ugur dem Leibwächter zu und dieser rückte mir auf die Pelle.
„Ich bin der Lehrer des Jungen“, sagte er mit dunkler Stimme.