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Eine liebevolle Kurzgeschichte von Rosamunde Pilcher aus dem Band "Blumen im Regen". Als der Nachtzug Euston Station verlässt, ahnt Claudia noch nicht, wie sehr sich ihr Leben in den kommenden Tagen verändern wird. Sie weiß nur, dass sie nicht länger in London bleiben kann. Nicht nachdem Giles sie schon wieder versetzt hat. Stattdessen flieht sie. Dorthin, wo sie in ihrer Jugend glücklich war: auf den Hof ihrer Kusine Jennifer in Inverloss, einem kleines Dorf in den schottischen Highlands. Aber es ist nicht Jennifer, die Claudia von Giles' Schatten befreit…
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Seitenzahl: 38
Veröffentlichungsjahr: 2016
Rosamunde Pilcher
Eine liebevolle Kurzgeschichte von Rosamunde Pilcher aus dem Band «Blumen im Regen».
Als der Nachtzug Euston Station verlässt, ahnt Claudia noch nicht, wie sehr sich ihr Leben in den kommenden Tagen verändern wird. Sie weiß nur, dass sie nicht länger in London bleiben kann. Nicht nachdem Giles sie schon wieder versetzt hat.
Stattdessen flieht sie. Dorthin, wo sie in ihrer Jugend glücklich war: auf den Hof ihrer Cousine Jennifer in Inverloss, einem kleinen Dorf in den schottischen Highlands. Aber es ist nicht Jennifer, die Claudia von Gilesʼ Schatten befreit …
Rosamunde Pilcher wurde 1924 in Lelant/Cornwall geboren, arbeitete zunächst beim Foreign Office und trat während des Zweiten Weltkrieges dem Womenʼs Royal Naval Service bei. 1946 heiratete sie Graham Pilcher und zog nach Dundee/Schottland, wo sie seither wohnt. Rosamunde Pilcher schreibt seit ihrem fünfzehnten Lebensjahr. Ihre Romane haben sie zu einer der erfolgreichsten Autorinnen der Gegenwart gemacht.
Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, März 2016
Copyright © 2016 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
Der deutsche Text erschien zuerst unter dem Titel «Blumen im Regen» Copyright © 1992 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
«Flowers in the Rain» Copyright © 1991 by Rosamunde Pilcher
Lektorat Kathrin Blum
Umschlaggestaltung AMMA Kommunikationsdesign, Stuttgart
Umschlagabbildung Masterfile Royalty Free
ISBN 978-3-644-56631-6
Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation
Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp
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Der Brombeertag
Der Nachtzug verließ Euston Station und strebte nach Norden. Claudia, die schon in Nachthemd und Morgenmantel war, schob das Rollo hoch, setzte sich auf die Kante der schmalen Schlafkoje und betrachtete die vorbeigleitende Stadt, Lichter und trübe Straßen und Wohnhochhäuser wichen zurück in die Vergangenheit. Es war ein bedeckter Abend, Millionen Straßenlaternen färbten die Wolken bronzefarben, und während sie so schaute, teilten sich die Wolken ganz kurz, und da kam der Mond angesegelt, ein Vollmond, rund und leuchtend wie ein polierter Silberteller.
Sie knipste das Licht aus, kletterte in ihre Koje mit den frischen, festgestopften Baumwolllaken nach Krankenhausart, lag da, sah den Mond an und ließ sich von dem sanften, zunehmend schnelleren Tempo des Zuges einwiegen. Unweigerlich fielen ihr andere Reisen vor langer, langer Zeit ein, und sie dachte zum ersten Mal an morgen, und zum ersten Mal verspürte sie so etwas wie Aufregung. Endlich hatte sie sich zu etwas aufgerafft, und es war kein fauler Kompromiss. Nicht das Nächstbeste.
Es war Balsam auf ihre Seele, für ihr angeschlagenes Selbstwertgefühl und half, wenigstens die bange Ungewissheit zu verdrängen. Die war zwar immer noch da und würde auch bleiben, würde dicht unter der Oberfläche des Unbewussten lauern, doch hier und heute erlaubte sie sich den Luxus, zu glauben, dass sie sich auf dem richtigen Weg befand.
Sie war unendlich müde. Der Mond schien ihr ins Gesicht. Sie drehte sich auf die andere Seite, weg von seinem beunruhigenden Schein, barg das Gesicht im Kissen und schlief erstaunlicherweise ein.
In Inverness stieg sie aus dem Zug, und schon war das Klima so anders, dass der Nachtzug sie nicht nur nach Norden, sondern ins Ausland gebracht haben könnte. Es war ein Samstag im September, und sie hatte London an einem Abend, so warm wie Juni, verlassen, die Luft hatte gestanden und war muffig gewesen, der Himmel bedeckt. Jetzt kam sie in eine Welt, die im Frühlicht glitzerte, und über ihr wölbte sich ein hoher und wolkenloser Himmel von einem hellen und klaren Blau. Viel kälter war es auch. Frost lag in der Luft, und die Blätter an den Bäumen färbten sich bereits herbstlich golden.
