Der Club der ewigen Junggesellen (Band 1 - 3) - Tina Folsom - E-Book

Der Club der ewigen Junggesellen (Band 1 - 3) E-Book

Tina Folsom

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Beschreibung

Der Club der ewigen Junggesellen (Band 1 – 3): Band 1: Begleiterin für eine Nacht Band 2: Begleiterin für tausend Nächte Band 3: Begleiterin für alle Zeit Begleiterin für eine Nacht Als Daniel nach San Francisco reisen muss und eine professionelle Begleiterin für eine gesellschaftliche Veranstaltung braucht, taucht die schöne Sabrina auf. Allerdings weiß er nicht, dass sie keine Escort-Dame ist. Die Begegnung entwickelt sich schnell erotisch, bis Lügen ihre leidenschaftliche Affäre zu zerstören drohen. Begleiterin für tausend Nächte Nach dem turbulenten Anfang ihrer Beziehung zieht Sabrina zu Daniel nach New York und lässt ihr bisheriges Leben in San Francisco hinter sich. Aber nicht alles ist rosig für das junge Paar, das einander seit kaum zwei Wochen kennt und Schwierigkeiten hat, sich an das Zusammenleben zu gewöhnen. Dunkle Wolken ziehen am Horizont herauf, als ein alter Widersacher aus San Francisco Daniel Schwierigkeiten macht, während Daniels Ex-Freundin Audrey intrigiert, um Sabrina an Daniels Liebe zweifeln zu lassen. Begleiterin für alle Zeit Für Sabrina und Daniel hat sich der bisherige Weg zum Glück als lang und sinnlich – jedoch nicht ohne Hindernisse – erwiesen. Endlich sind sie nun soweit: Sabrina und Daniel heiraten! Ein Sandstrand in den Hamptons ist der idyllisch-romantische Ort, an dem sie sich das Jawort geben werden, aber als ein Zeitungsartikel Sabrina als Callgirl darstellt, sind ihre perfekte Hochzeit und ihre glückliche Zukunft plötzlich in Gefahr. Begleiterin für eine Nacht, Begleiterin für tausend Nächte und Begleiterin für alle Zeit ist eine Trilogie über die Liebesgeschichte von Daniel und Sabrina. Diese Trilogie ist der Auftakt zur Serie Der Club der Ewigen Junggesellen, die mit sieben heißen Junggesellen aus New York weitergeht, von denen einer nach dem anderen die wahre Liebe findet. Der Club der ewigen Junggesellen: Buch 1: Begleiterin für eine Nacht Buch 2: Begleiterin für tausend Nächte Buch 3: Begleiterin für alle Zeit Buch 4: Eine unvergessliche Nacht Buch 5: Eine langsame Verführung Buch 6: Eine hemmungslose Berührung Jenseits des Olymps Band 1 - Ein Grieche für alle Fälle Band 2 - Ein Grieche zum Heiraten Band 3 - Ein Grieche im 7. Himmel Band 4 – Ein Grieche für Immer Hüter der Nacht Band 1 – Geliebter Unsichtbarer Band 2 – Entfesselter Bodyguard Band 3 – Vertrauter Hexer Band 4 – Verbotener Beschützer Band 5 – Verlockender Unsterblicher Band 6 – Übersinnlicher Retter Band 7 – Unwiderstehlicher Dämon Scanguards Vampire Band 1 - Samsons Sterbliche Geliebte Band 2 - Amaurys Hitzköpfige Rebellin Band 3 - Gabriels Gefährtin Band 4 - Yvettes Verzauberung Band 5 - Zanes Erlösung Band 6 - Quinns Unendliche Liebe Band 7 – Olivers Versuchung Band 8 – Thomas' Entscheidung Band 8 1/2 – Ewiger Biss Band 9 – Cains Geheimnis Band 10 – Luthers Rückkehr Band11 – Blakes Versprechen Band 11 1/2 – Schicksalhafter Bund Band 12 – Johns Sehnsucht Novelle – Brennender Wunsch Band 13 – Ryders Rhapsodie (Scanguards Hybriden - Band 1) Band 14 - Damians Eroberung (Scanguards Hybriden - Band 2) Codename Stargate Band 1 - Ace – Auf der Flucht Band 2 - Fox – Unter Feinden Band 3 - Yankee – Untergetaucht Band 4 – Tiger – Auf der Lauer Der Clan der Vampire Der Clan der Vampire (Venedig 1 – 2) Der Clan der Vampire (Venedig 3 – 4) Der Clan der Vampire (Venedig 5)

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DER CLUB DER EWIGEN JUNGGESELLEN

BAND 1 - 3

TINA FOLSOM

INHALT

Begleiterin für eine Nacht

Band 1

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Begleiterin für tausend Nächte

Band 2

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Begleiterin für alle Zeit

Band 3

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Epilog

Auch in dieser Serie

Andere Bücher von Tina

Über die Autorin

BEGLEITERIN FÜR EINE NACHT

BAND 1

KURZBESCHREIBUNG

Für Sabrina und Daniel hat sich der bisherige Weg zum Glück als lang und sinnlich – jedoch nicht ohne Hindernisse – erwiesen. Endlich sind sie nun soweit: Sabrina und Daniel heiraten!

Ein Sandstrand in den Hamptons ist der idyllisch-romantische Ort, an dem sie sich das Jawort geben werden, aber als ein Zeitungsartikel Sabrina als Callgirl darstellt, sind ihre perfekte Hochzeit und ihre glückliche Zukunft plötzlich in Gefahr.

Copyright © 2014 – 2023 Tina Folsom

1

Daniel Sinclair lehnte sich gemütlich in den bequemen Ledersitz seiner Limousine zurück, die ihn für seinen Flug nach San Francisco zum John F. Kennedy Airport bringen würde.

„Wir dürften in fünfundvierzig Minuten am Flughafen sein, Sir”, teilte ihm sein Fahrer Maurice mit.

„Vielen Dank.”

Anstatt einen Privat-Jet zu chartern, wie er es oft bei Inlandsreisen tat, hatte er sich entschieden, bei einer kommerziellen Fluggesellschaft erster Klasse zu fliegen. Da sowohl sein Anwalt als auch seine Freundin erst am nächsten Tag an die Westküste fliegen würden, um ihn dort zu treffen, anstatt gemeinsam mit ihm zu reisen, hatte es keinen Grund gegeben, nur wegen eines einzigen Passagiers einen Flieger zu chartern.

Audrey, die seit fast einem Jahr seine Freundin war, musste eine wichtige Wohltätigkeitsveranstaltung besuchen und hatte versprochen, den ersten Flug am nächsten Morgen zu nehmen, während sein Anwalt Judd Baum noch an letzten Vertragsrevisionen arbeiten musste und es für klüger hielt, diese in New York zu vollenden, wo ihn seine Mitarbeiter unterstützen konnten.

Seit fast einem Jahr arbeitete Daniel an der Übernahme einer in San Francisco ansässigen Finanzdienstleistungsgesellschaft. Trotz der Tatsache, dass die meisten Einzelheiten von seinen Anwälten und seinen Geschäftsführern bearbeitet wurden, zog er es vor, sich selbst ausführlich um jeden Erwerb seiner Firma zu kümmern, besonders wenn es um die letzten Details der Abwicklung ging.

Er bestand immer darauf, mit der Gegenseite am Tisch zu sitzen, wenn die endgültigen Unterschriften ausgetauscht wurden, anstatt den Handel aus der Ferne abzuschließen. Außerdem war ein erneuter Besuch in San Francisco genau das, was er brauchte.

Diese Reise würde ihm die Möglichkeit geben, sich zu entspannen und seinen Freund Tim zu treffen, um wieder auf den neusten Stand zu kommen. Tim war vor fünf Jahren aus New York geflüchtet, weil ihm klar geworden war, dass ein Leben außerhalb Kaliforniens nichts für ihn war. Der gebürtige Kalifornier hatte versucht, sich dem Leben an der Ostküste anzupassen, hatte sich dort aber nie wirklich zuhause gefühlt. Daniel konnte ihm das nicht verübeln.

Das Leben in New York war hektisch.

Daniels Hintergedanke für den Besuch in San Francisco war jedoch, Tim mit Audrey bekannt zu machen, denn dieser besaß ausgezeichnete Menschenkenntnis. In den letzten Monaten war seine Beziehung zu Audrey etwas ins Wanken geraten, weil er sie vernachlässigt hatte. Nun fragte sich , in welche Richtung er die Beziehung lenken sollte. Die Wahrheit war, er brauchte den Rat seines alten Studienfreundes, ob Audrey die Richtige für ihn war.

Da er noch nie einfach nur ruhig dasitzen hatte können, öffnete Daniel seinen Aktenkoffer und fing an, ein paar der Geschäftsdokumente noch einmal durchzusehen. Als er durch die Akten blätterte, stieß er einen unterdrückten Fluch aus. Eine der Akten, die seine Assistentin für ihn zusammengestellt hatte, fehlte. Er erinnerte sich, dass er sie am Vorabend aus dem Aktenkoffer genommen hatte.

Er hatte Audrey von ihrem Apartment abgeholt, aber wie üblich war sie noch nicht soweit gewesen und er hatte warten müssen, bis sie fertig angezogen war. Da Audrey sich dabei wie gewöhnlich Zeit gelassen hatte, hatte er angefangen, die Akte durchzusehen, und diese dann dort prompt vergessen. Und da er Audrey nach dem Abendessen lediglich abgesetzt hatte, anstatt die Nacht mit ihr zu verbringen, hatte er seine Vergesslichkeit nicht einmal bemerkt.

Als er an den vorherigen Abend dachte, hatte er Schwierigkeiten sich zu erinnern, wann er das letzte Mal bei Audrey übernachtet hatte. Das musste vor mehr als ein paar Wochen gewesen sein. Und aus diesem Grund musste es auch schon eine Weile her sein, seit er mit ihr geschlafen hatte. Seltsamerweise war ihm dies nicht einmal aufgefallen. Seine Arbeit war daran schuld.

„Maurice“, rief er seinem Fahrer zu.

„Ja, Sir?“

„Fahren Sie bitte bei Miss Hawkins vorbei! Ich habe dort gestern Abend ein paar Dokumente vergessen.“

„Gewiss, Sir.“

Es wäre kein großer Umweg. Maurice kämpfte sich immer noch durch den Innenstadtverkehr, und Audreys Wohnung war nur ein paar Blocks entfernt. Daniel blickte auf seine Uhr. Sie war mittlerweile schon auf ihrer Wohltätigkeitsveranstaltung, aber er hatte einen Schlüssel und konnte sich selbst hineinlassen. Der Portier kannte ihn gut und würde keine Einwände haben, ihn zu ihrem Apartment hinaufgehen zu lassen.

Minuten später parkte Maurice in zweiter Reihe vor dem Gebäude, und Daniel stieg aus dem Wagen. Audreys Apartment war im obersten Stock eines exklusiven Wohnkomplexes, der um die Jahrhundertwende gebaut worden war. Ungeduldig klopfte er mit dem Fuß auf den Boden, während die mit Holz verkleidete Kabine des ziemlich altmodischen Fahrstuhls langsam Stockwerk für Stockwerk nach oben fuhr.

Es gab nur drei Wohnungen im obersten Stock. Zielsicher ging er auf Audreys zu. Als er den Schlüssel im Schloss umdrehte und sich hineinließ, kam es ihm so vor, als hörte er etwas.

Auf dem Weg zum Schlafzimmer fragte er sich, ob die Haushälterin da war. Er stellte sich darauf ein, Betty einen Schreck einzujagen. Er mochte die ältere Frau, die immer ein Lächeln für ihn bereithielt, wenn er zu Besuch kam, und sie mochte ihn.

Daniel lauschte. Das Geräusch kam definitiv aus dem Schlafzimmer. Wahrscheinlich lief der Fernseher, während Betty aufräumte. Grinsend stellte er sich bereits deren erschrecktes Gesicht vor. Er griff nach der Türklinke, drückte sie langsam nach unten und riss die Tür auf.

„Buh!“ Er erstickte fast, als er nicht das sah, was er erwartet hatte. Das war definitiv nicht Betty, die das Apartment sauber machte.

„Daniel!”

Offensichtlich hatte sich Audrey entschieden, doch nicht auf die Wohltätigkeitsveranstaltung zu gehen. Nackt, mit zerzausten Haaren und einem verschwitzten Körper, der auf einem nackten Männerkörper aufgespießt war, wäre sie nie rechtzeitig fertig geworden. Außerdem schien Wohltätigkeit das Letzte zu sein, woran sie dachte. Die Position, in der sie sich gerade befand, deutete auf alles Andere hin. Natürlich könnte sich Daniel auch irren. Vielleicht fickte Audrey seinen Anwalt ja aus einem wohltätigen Grund.

„Judd! Audrey!”

Audreys lange rote Haare fielen in Wellen über ihre Brüste herab, einzelne Strähnen davon klebten an ihrer glänzenden Haut. Offensichtlich hatte es sie ziemlich ins Schwitzen gebracht, ihn zu reiten. Und die zerwühlten Bettlaken und der Geruch von Sex, der in der Luft lag, ließen vermuten, dass dies eine Zugabe war.

Klar schien auch zu sein, dass Judd gar nicht so sehr mit der Vertragsrevision beschäftigt war, wie er behauptet hatte. Wie sollte er auch sonst die Zeit gefunden haben, die Freundin seines Chefs zu vögeln? Dass er sich damit ins eigene Fleisch schnitt, war ihm offensichtlich noch nicht bewusst geworden.

Merkwürdigerweise fühlte Daniel sich irgendwie distanziert, als er die Szene betrachtet. Und auf seltsame Weise erleichtert. Audreys schockierter Gesichtsausdruck war die erste echte Emotion, die er seit langem von ihr gesehen hatte.

„Ich kann das erklären.“ Judd machte einen kläglichen Versuch, sich von Audrey loszulösen, die immer noch mit gespreizten Beinen auf ihm saß. Zumindest hatte sie den Anstand, damit aufzuhören, sich auf seinem Schwanz auf und ab zu bewegen, eine Handlung, die sie zweifellos wieder aufnehmen würde, sobald Daniel verschwunden war.

Daniel hob seine Hand. „Spar es dir!“ Die Situation erklärte sich von seinem Standpunkt aus gesehen von selbst.

„Audrey, für dich gibt es keinen Grund mehr, nach Kalifornien zu fliegen. Hier ist dein Schlüssel. Mit uns ist es aus.“

Er legte den Wohnungsschlüssel auf die Kommode und nahm seine Akte.

„Daniel, wir müssen darüber reden!“

Er schüttelte den Kopf. Er war niemand, der eine Szene machte. Er war noch nie so emotional wie Andere gewesen. Tim zog ihn immer damit auf, dass er nicht glaubte, dass Daniels italienische Mutter wirklich seine Mutter war, denn mit dem Mangel an Gefühlen, den er an den Tag legte, konnte er keinesfalls Halbitaliener sein.

Als er an der Tür war, drehte er sich noch einmal um. „Und Judd. Du bist gefeuert. Ich schließe den Deal selbst ab.“

„Aber du kannst mich nicht feuern. Du brauchst mich …“

Obwohl Judd ihm eigentlich einen Gefallen getan hatte, indem er ihm Audrey abgenommen hatte, konnte er nicht weiter mit jemandem zusammenarbeiten, der ihn hintergangen hatte, besonders nicht mit einem Anwalt, dem er zu hundert Prozent vertrauen können musste.

„Du bist ersetzbar. Finde dich damit ab!“ Sein Seitenhieb auf Judd bezog sich nicht auf den Job, den dieser gerade verloren hatte, sondern auf die Frau in seinen Armen. Sie würde ihn bald durch jemand Anderen ersetzen. Was für ein Idiot!

Zwei Minuten später verließ Daniel das Gebäude und war aus Audreys Leben verschwunden – für alle Zeiten. Als er zum Auto ging, fühlte es sich an, als wären seine Schritte leichter als zuvor, als ob eine Last von seinen Schultern genommen worden war. Er erkannte, dass der Verlust eines guten Anwalts ihn härter traf als der Verlust von Audrey. Er musste Judd unverzüglich ersetzen. Ohne einen Anwalt an seiner Seite, um die Übernahme abzuschließen, könnte ihm die Sache um die Ohren fliegen.

Daniel zog sein Handy heraus und drückte die Kurzwahltaste, während er in den Wagen stieg und seinem Fahrer befahl, zum Flughafen weiterzufahren.

Es klingelte nur zweimal, bis der Anruf beantwortet wurde. „Tim, ich bin’s Daniel.“

„Oh verdammt, hab’ ich deine Ankunftszeit verpeilt?“ entfuhr es Tim.

„Nein, natürlich nicht. Ich bin noch in New York.“ Er hörte Tim aufatmen, hörbar erleichtert. „Hör zu, du musst mir einen Gefallen tun. Ich brauche die beste Anwaltskanzlei bei euch, um den Deal zu übernehmen.

„Was, sind euch in New York die Anwälte ausgegangen?“

„Ich habe Judd vor fünf Minuten gefeuert.“ Er wollte nicht ins Detail gehen. Sobald er in San Francisco war, würde er genug Zeit haben, die Geschichte nochmals durchzukauen.

„Ist gut, ich mach mich dran. Ich werde jemanden für dich haben, wenn du ankommst. Ich kann’s gar nicht erwarten, dich zu sehen und endlich Audrey kennenzulernen. Ich habe eine Reservierung fürs Abendessen gemacht. Wir können –“

Daniel unterbrach ihn. „Ja, bezüglich Audrey –“

„Was ist mit ihr?“

„Sie kommt nicht. Es ist aus.“ Er gab seinem Freund nicht einmal die Möglichkeit, etwas zu erwidern. „Was mich zu einem anderen Thema bringt. Ich muss morgen Abend wegen der geplanten Übernahme an so einem verdammten Empfang teilnehmen. Ich hatte geplant Audrey dabeizuhaben, um diese aufdringlichen Junggesellinnen abzuwehren, die man mir gewöhnlich bei solchen Veranstaltungen immer auf den Hals hetzt. Ich brauche also eine Vertretung.“

Er war nicht daran interessiert, die Annäherungsversuche aller Frauen unter Vierzig abwehren zu müssen, die sich ihm an den Hals warfen, nur weil er reich und unverheiratet war.

„Eine Vertretung?“, hallte Tims skeptische Stimme durch das Handy.

„Ja, etwas fürs Auge.“

„Ich kann dir ein Blind Date besorgen“, schlug Tim eifrig vor und hatte offensichtlich schon jemanden im Auge. „Das ist sogar perfektes Timing. Die Mitbewohnerin einer guten Freundin ist –“

Daniel konnte förmlich sehen, wie Tim sich die Hände rieb. „Vergiss es! Ich will eine Professionelle. Keine romantischen Verwicklungen, keine Blind Dates.“ Ja wirklich, das brauchte er genauso dringend wie ein Loch im Kopf, ein Blind Date!

„Eine Professionelle?“

„Ja, wie nennt man die? Escort-Damen oder Hostessen.“ Das war’s. Das war die Lösung. Anstatt einer Freundin brauchte er eine Begleitdame, eine, die allen anderen Frauen zeigte, dass er nicht mehr frei war. Das würde all seine Probleme lösen. Und es wäre viel einfacher, eine Begleitdame zufriedenzustellen als eine Freundin oder ein Date. Eine Begleitdame zufriedenzustellen bedeutete nur, ihr genug zu bezahlen.

„Besorg mir so eine! Nicht zu hübsch, aber gut aussehend. Und mit ein bisschen was im Kopf, damit sie mich bei dem Empfang nicht blamiert.“

„Du scherzt!“

„Es ist mir todernst. Also mach eine Reservierung! Ich vermute, die nehmen Kreditkarten?“ Immerhin war Daniel praktisch veranlagt. Deshalb war er auch so ein ausgezeichneter Geschäftsmann.

„Woher soll ich das wissen? Sehe ich so aus, als würde ich mit Begleitdamen rumhängen?“ Tim klang immer weniger beleidigt und immer mehr amüsiert. Daniel konnte sogar etwas hören, das sich wie ein unterdrücktes Lachen anhörte.

„Komm schon, tu das für mich, und ich erzähl dir auch, warum ich mit Audrey Schluss gemacht habe.“

„Jedes schmutzige Detail?“ handelte Tim schnell aus.

„Schmutziger als das geht’s gar nicht.“

„Abgemacht. Irgendwelche Vorlieben? Brünett, blond, rothaarig? Große Brüste? Lange Beine?“

Daniel schüttelte den Kopf und grinste. Es war ja nicht so, dass er mit der Begleitdame schlafen wollte; er wollte nur, dass sie ihn zu diesem langweiligen Empfang begleitete. Es war ihm auch völlig egal, wie sie aussah, solange sie nicht hässlich war und als seine Freundin auftreten konnte.

„Warum überraschst du mich nicht? Wir sehen uns!“ Er wollte schon auflegen, überlegte es sich dann aber anders. „Und danke Tim, für alles.“

„Na klar.“

Daniel machte es sich in dem bequemen Erste-Klasse-Sitz gemütlich und ging die letzten offenen Punkte des Deals noch einmal durch. Er würde seine Assistentin veranlassen, alle aktuellen Vertragsdaten an seine neuen Anwälte zu mailen, die dann da weitermachen könnten, wo Judd aufgehört hatte. Im schlimmsten Fall würde das den Geschäftsabschluss eine Woche verzögern. Aber das machte ihm jetzt auch nichts mehr aus.

Vielleicht könnte er die Wartezeit nutzen, um ins Weingebiet zu fahren und ein paar Tage auszuspannen. Er würde Tim fragen, ob er ihm etwas empfehlen könnte. Als Wein-Snob kannte Tim die besten Örtlichkeiten in der Gegend. Er würde sich mit einer guten Flasche Wein in der einen Hand und einem Buch in der anderen entspannen.

Wem machte er da etwas vor? Seit wann wusste er, wie man sich entspannte? Während des letzten Jahres hatte er sich keinen einzigen Tag frei genommen. Selbst sonntags hatte er gearbeitet, um noch mehr Deals an Land zu ziehen, selbst wenn Audrey ihn angefleht hatte, übers Wochenende mit ihr wegzufahren. Er konnte es ihr wirklich nicht vorwerfen, dass sie Trost in Judds Armen gesucht hatte. Er war nicht gerade der aufmerksamste Freund gewesen. Oder der romantischste. Er war einfach nicht der Typ dafür.

Daniel bedauerte schon die Frau, die sich eines Tages in ihn verliebte. Viel Glück bei dem Versuch, ihn von seiner Arbeit wegzuziehen! Audrey hatte es nicht geschafft, und sie war außerordentlich schön und verführerisch. Aber seine Priorität war schon immer seine Arbeit gewesen. Und das würde sich auch nicht ändern.

Er war nicht so weit gekommen – und das alles ohne Geld von seinem Vater anzunehmen – um seine Ambitionen dann von einer Frau abwürgen zu lassen und sich Schuldgefühle einreden zu lassen, weil er nicht genug Zeit mit ihr verbrachte. Das war der Weg, den andere Männer einschlugen, nicht seiner. Er brauchte die Herausforderung, die Eroberung, die Schlachten – und nicht eine Frau, die zu Hause saß und jammerte, dass er nicht genug Zeit für sie hatte.

Er hatte es schon fast aufgegeben, die richtige Frau zu finden, da er davon überzeugt war, dass die Frau, die es mit ihm aushalten könnte, noch nicht geboren war. Es war nicht so, als hätte er es nicht versucht, aber die Frauen, die er am Ende anzog, waren wie Audrey: teuer im Unterhalt, verwöhnt, egoistisch und letztendlich nur hinter seinem Geld her. Nein danke!

Wann hatte er sich aus dem Spaß liebenden jungen Studenten in den arbeitswütigen Geschäftsmann verwandelt? Frauen hatten sich immer um ihn geschart, hauptsächlich wegen seines guten Aussehens. Er hatte also nie hart dafür arbeiten müssen und hatte es als selbstverständlich angesehen.

Sicherlich war Sex ein Teil seines Lebens, aber kein wichtiger. Er hatte oft spätabendliche Geschäftsmeetings dem Sex mit Audrey vorgezogen. Und es schien so, als ob es ihr nichts ausgemacht hatte, solange er mit ihr zu wichtigen gesellschaftlichen Veranstaltungen gegangen war. Diese Veranstaltungen waren sporadisch gewesen, da sie ihn langweilten.

Daniel tauchte nur selten in den Klatschspalten auf, was Audrey nervte, da sie es liebte, über sich selbst in der Zeitung zu lesen. Er dagegen schätzte seine Privatsphäre und war nicht so aufs Rampenlicht aus, wie sie es gerne gehabt hätte. Rückblickend wusste er jetzt nicht einmal mehr, warum er überhaupt angefangen hatte, sie zu daten. Sie hatten eigentlich ganz und gar nicht zusammengepasst.

2

Wenn Sabrina Palmer nur die andere Stelle, die ihr angeboten worden war, angenommen hätte und nicht diese hier in der Anwaltskanzlei von Brand, Freeman & Merriweather, dann würde sie jetzt sicher nicht aus ihrer Haut fahren wollen. Dann würde sie jetzt mit einem relativ aussichtslosen Job in einem klimatisierten Büro in Stockton sitzen, anstatt dass ihr nun einer der Seniorpartner über die Schulter schaute. Er gab vor, das Dokument auf dem Monitor zu lesen, aber sie wusste, dass er ihr in den Ausschnitt lugte.

Aber nein! Sabrina hatte sich die Stelle bei der renommiertesten Kanzlei in San Francisco aussuchen müssen, in der Hoffnung, die Art von Berufserfahrung als Anwältin zu sammeln, die sie brauchte, um ihre Karriere voranzutreiben. Sie hatte ihre Anwaltszulassungsprüfung mit Leichtigkeit bestanden und gedacht, dass ihr die Welt zu Füßen lag, bis sie mit einem uralten Problem konfrontiert worden war: Sie war eine Frau in einer Männerwelt.

Und nun, anstatt an einem der interessanten Fälle, mit denen die männlichen Juniorpartner beauftragt worden waren, arbeiten zu dürfen, war sie zu alltäglichem Gesellschaftsrecht verdonnert worden, während Jon Hannigan, oder der schleimige Jonny, wie ihn die Sekretärinnen hinter seinem Rücken nannten, ihren Busen anglotzte.

Nicht, dass ihre Brüste übermäßig ausgeprägt waren, aber für ihre zierliche Statur hatte sie einen sehr schön proportionierten Vorbau und eine ziemlich kurvige Figur. Sie war nicht so schlank wie ein Modell und auch nicht besonders groß. Doch sie wäre gerne wenigstens ein paar Zentimeter größer gewesen, damit nicht jeder Mann automatisch in der Lage wäre, bis zu ihrem Bauchnabel hinunterzusehen, wenn sie etwas mit einem tiefen Ausschnitt trug. Aber sie konnte ihre Gene nicht ändern.

Sabrina trug ihre Haare kürzer als während des Jurastudiums. Vor kurzem hatte sie sich ihr Haar so schneiden lassen, dass es jetzt kaum ihre Schultern streifte. Ihr enthusiastischer Friseur bezeichnete ihre Haarfarbe als dunkelstes Braun. Er flehte sie ständig an, es mit ein paar Highlights aufhellen zu dürfen, aber sie weigerte sich immer und hatte ihm nur erlaubt, es stufig zu schneiden, sodass ihr Gesicht sanft umrahmt wurde.

„Sie müssen diesen Absatz umformulieren“, schlug Hannigan vor, als er sich noch näher über sie beugte, um mit dem Finger auf den Bildschirm zu deuten. „Sie müssen Absicht unterstellen.“

„Ich verstehe.“

Sie wusste über Absichten Bescheid. Seine Absichten. An dem Tag, als sie Jon Hannigan vorgestellt worden war, war ihr sofort klar geworden, dass er Ärger bedeutete. Die schmierigen Blicke, die er ihr zugeworfen hatte, hatten ihr alles mitgeteilt, was sie wissen musste: auf jeden Fall wachsam sein. Er hatte ihre Hand viel zu lange mit seinen Wurstfingern gedrückt gehalten, und Sabrina hatte ruhig bleiben müssen, um ihre Hand nicht loszureißen und dadurch eine peinliche Situation zu verursachen.

Sein bleiches Gesicht wurde durch eine oft etwas rötliche Nase akzentuiert, die entweder auf zu viel Sonne oder zu viel Alkoholkonsum schließen ließ. Sie vermutete letzteres. Hannigan war nicht gut aussehend, war aber auch nicht besonders hässlich, obwohl seine Persönlichkeit ihn von innen heraus hässlich machte.

Wenn sie ihn jemandem hätte beschreiben müssen, hätte sie ihn als gewöhnlich beschrieben: ein ganz gewöhnliches Arschloch.

„Sabrina, ich weihe Sie in ein Geheimnis ein. Wenn Sie hier nach oben wollen, halten Sie sich einfach an mich.“

Sabrina lief ein kalter Schauer den Rücken hinab. Nach oben war nicht das, woran er dachte, da war sie sich sicher. Eher nach unten, seinen Körper nach unten. Sie hatte genug von den Sekretärinnen gehört, die von ihm belästigt worden waren. Durch die bloße Erinnerung an das, was sie über ihn gehört hatte, stellten sich ihr die Nackenhaare auf. Der Mann war ein Schwein.

„Ich kann das Schriftstück morgen früh gleich als Erstes überarbeiten. Es wird auf Ihrem Schreibtisch liegen, wenn Sie kommen.“

„Wie wär’s, wenn Sie morgen früh als Erstes auf meinem Schreibtisch liegen?“

Sabrina stockte kurz der Atem. Ja, sie hatte richtig gehört. Hannigan wurde immer dreister. Sie musste hier weg, sofort!

„Ich mache dann besser Schluss für heute“, sagte sie vorsichtig und fuhr ihren Computer herunter. Hannigan bewegte sich nicht, sondern blieb hinter ihrem Stuhl stehen und hinderte sie so daran, diesen zurückzuschieben.

Sie drehte ihren Kopf leicht in seine Richtung und machte einen erneuten Versuch. „Entschuldigung, bitte.“

Er ging nur einen Schritt zurück, genug, damit sie aufstehen konnte. Aber das brachte sie viel zu nahe an seinen Körper heran. Sie hielt die Luft an und versuchte, sich an ihm vorbei zu quetschen. Er hatte ein krankes Grinsen im Gesicht. Dachte er wirklich, er würde auf diese Weise verführerisch aussehen? Der Obdachlose an der Bushaltestelle hatte bessere Chancen, sie rumzukriegen, als Hannigan.

„Warum so in Eile?“

„Arzttermin. Entschuldigung.“

Mit einem weiteren auffälligen Blick auf ihre Brüste trat er zur Seite und ließ sie vorbei. Sabrina wurde von der Mischung aus seinem Aftershave und seinem Körpergeruch übel. Ohne sich umzudrehen, schnappte sie sich ihre Handtasche vom Tisch und eilte in Richtung Tür.

„Bis morgen, Sabrina!“

Seine Stimme so nah hinter sich zu hören ließ sie schneller werden. Sie musste hier raus.

Obwohl es erst vier Uhr nachmittags war und sie normalerweise mindestens bis sechs arbeitete, hielt sie es nicht mehr aus. Der Arzttermin war eine Ausrede gewesen, um vor Hannigan zu flüchten. Noch eine Minute in seiner Gegenwart – und sie hätte sich übergeben oder wäre ohnmächtig geworden.

Sie wusste nicht, wie sie diesen Job mit ihm im Nacken, oder besser gesagt, mit Hannigan in ihrem Dekolleté, noch mindestens ein Jahr durchstehen sollte.

„Schon Schluss für heute?“, fragte Caroline, die Empfangsdame, als Sabrina durch die Lobby ging.

Sabrina antwortete mit einem Blick, der mehr sagte, als sie in einem zehnminütigen Gespräch hätte ausdrücken können.

„Hannigan schon wieder?“

Sie nickte und lehnte sich über den Empfangstisch, um Caroline zuzuflüstern: „Ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalten werde.“

„Du weißt, was mit Amy passiert ist. Wenn du dich beschwerst, finden sie einfach einen Grund, dich loszuwerden.“ Die Empfangsdame warf ihr einen mitleidsvollen Blick zu. Es war die Wahrheit. Offensichtlich schätzten die Partner Hannigans Erfolge so sehr, dass sie über seine Indiskretionen hinwegsahen.

Typisch Altherrenriege! Als ob sie gegen den Strom schwimmen könnte. Die Frage war, wie lange sie noch weiterkämpfen würde, bevor sie den Ring verließ und aufgab.

„Was bleibt mir dann noch übrig? Bis morgen.“

Obwohl es ein warmer Sommertag war, fand Sabrina die Luft erfrischend, als sie das Gebäude verließ. Sie hatte in ihrem Büro überhaupt nicht atmen können – nicht in Hannigans Anwesenheit.

Das Komische war, dass die Sekretärinnen glücklich gewesen waren, dass die Firma endlich eine weibliche Anwältin eingestellt hatte. Jetzt wusste Sabrina auch warum: Hannigan belästigte die Sekretärinnen nun nicht mehr. Sabrina war zum Blitzableiter geworden. So sehr sie auch mit den Sekretärinnen Mitgefühl hatte, musste sie jedoch auf sich selbst schauen und sich entscheiden, was sie tun sollte. Könnte sie es riskieren, eine offizielle Beschwerde einzureichen? Wie würde sich das auf ihre Karriere auswirken?

Als Sabrina an den fast leeren Kühlschrank zu Hause dachte, entschied sie sich, die extra Zeit zu nutzen, um auf dem Heimweg Lebensmittel einzukaufen. Der Supermarkt war ziemlich überlaufen; und nur eine der Kassen war besetzt. Offenbar hatte ein Computerfehler die übrigen Kassen lahmgelegt.

Nachdem sie sichergestellt hatte, dass sie ihren Platz in der Warteschlange nicht verlieren würde, eilte sie zurück zur Tiefkühlabteilung und holte noch einen großen Becher Eiscreme. Sie hoffte, dass Holly, ihre Mitbewohnerin und Freundin seit Kindheitstagen, zu Hause war. Dann könnten sie zusammen den Becher Ben and Jerry’s verschlingen und über Männer generell und Hannigan im Besonderen lästern.

3

Als Sabrina endlich nach Hause in die gemeinsame Wohnung kam, war es bereits nach sechs, die Zeit, zu der sie auch für gewöhnlich nach Hause kam.

„Holly, bist du da?“, rief sie und ging in Richtung Küche, wo sie ihre Einkäufe auf die Küchenablage stellte. Bevor das Eis schmelzen konnte, packte sie es in den Gefrierschrank. Sie drehte sich um, als sie ein Geräusch aus dem Bad am Ende des Flurs kommen hörte.

„Holly, alles okay?“

Die Badezimmertür stand halb offen. Holly kniete vor der Toilette. Sie trug ihren rosa Bademantel und übergab sich.

„Was ist los, Süße? Hast du etwas Falsches gegessen?“

Sabrina hockte sich hin und nahm die langen blonden Haare ihrer Freundin nach hinten. Holly war kreidebleich.

„Ich weiß nicht. Vor ein paar Stunden ging es mir noch gut, aber dann …“

Holly drehte ihren Kopf schnell wieder Richtung Kloschüssel, und sie verlor noch mehr von ihrem Mageninhalt. Sabrina erhob sich, nahm einen Waschlappen aus dem Handtuchschrank und tränkte ihn in kaltem Wasser, bevor sie sich wieder neben ihre Freundin setzte.

„Hier, Süße.“ Sie presste den kalten Lappen an Hollys Nacken, während sie weiter die Haare ihrer Freundin nach hinten hielt. „Lass alles raus.“

„Du siehst gestresst aus. Schlechter Tag?“

Sabrina lächelte sanft. „Aber anscheinend nicht so schlecht wie deiner.“

„Hannigan schon wieder?“ Holly warf ihr einen verständnisvollen Blick zu, während sie ihren Bauch umklammerte und ihren Kopf über die Schüssel hielt.

„Nicht schlimmer als normal“, log Sabrina. Doch es wurde schlimmer. Hannigan hatte angefangen, unmissverständliche sexuelle Andeutungen zu machen, und ihr gingen langsam die Entschuldigungen aus, um ihm aus dem Weg zu gehen. Aber sie wollte Holly damit jetzt nicht belasten.

„Du solltest wirklich etwas dagegen tun“, forderte Holly.

„Gut, aber erst einmal kümmern wir uns um dich, bevor wir planen, was wir mit Hannigan machen. Einverstanden?“

Sie half Holly auf und bemerkte, wie wackelig diese auf den Beinen war. Sabrina stützte sie, während Holly ihr Gesicht wusch und sich den Mund mit Mundwasser ausspülte.

„Willst du dich auf die Couch oder in dein Bett legen?“

„Auf die Couch bitte.“

Während Sabrina ihr ins Wohnzimmer half, klingelte das Telefon.

„Lass den Anrufbeantworter rangehen. Ich kann mir schon denken, wer das ist.“

Sabrina zog eine Augenbraue hoch, fragte aber nicht weiter nach. Da sie selbst kaum Anrufe auf dem Festnetz bekam, war sie sich ziemlich sicher, dass es sowieso für Holly war.

Nach dem Signalton hörte sie eine gereizte Stimme aus dem Anrufbeantworter kommen. „Holly, ich bin’s, Misty. Ich weiß, dass du da bist, also hebe verdammt noch mal ab! Hörst du mich? Wenn du denkst, du kannst mir einfach eine Nachricht hinterlassen, dass du die Buchung heute Abend nicht wahrnimmst, bekommst du Ärger. Nach dem, was letzte Woche mit dem japanischen Kunden passiert ist, habe ich keine Geduld mehr mit dir!“

Sabrina sah Holly fragend an, aber diese blickte nur finster drein und zuckte mit den Schultern.

„Alle anderen Mädchen sind ausgebucht, also habe ich niemanden, um dich zu ersetzen. Du wirst heute Abend arbeiten, egal wie krank du bist, oder du arbeitest gar nicht mehr für mich. Hast du mich verstanden? Und ich werde dafür sorgen, dass dich hier in der Stadt niemand mehr anstellt. Ich hoffe, wir verstehen uns! Du bist heute Abend um sieben Uhr im Mark Hopkins Intercontinental, Zimmer 2307, oder du bist gefeuert!“

Der Anruf endete.

„Alte Hexe!“, krächzte Holly, ihre Stimme heiser vom Übergeben.

„Was war denn da mit dem japanischen Kunden?“ fragte Sabrina.

„Perverser Typ.“ Erst hatte es den Anschein, als ob Holly nicht mehr herausrücken wollte. Aber Sabrina kannte ihre Freundin gut genug und wusste, dass sie ihr schließlich doch alles erzählen würde, was sie wissen wollte. Holly konnte einfach keine Geheimnisse für sich behalten.

„Also, wir waren in seinem Hotelzimmer, und ich denke mir, er will nur das, was die meisten dieser Typen wollen. Aber nein, der Typ musste richtig abartig werden. Er hatte diese kleinen Stahlkugeln an einer Kette dabei. Und du willst wirklich nicht wissen, was ich damit tun sollte …“

Sabrina sah sie angewidert an, um ihrer Freundin mitzuteilen, dass keine Details nötig waren. Sie hatte schon mehr Informationen erhalten, als sie haben wollte.

„Ich habe mich aus dem Staub gemacht, und als Misty das herausfand, setzte sie mich praktisch auf Bewährung. Sie sagte, dass sie mir den Arsch aufreißt, wenn ich nochmals einen Kunden sitzen lasse. Entschuldige die Wortwahl!“

Hollys Ausdrucksweise war noch nie das Problem gewesen. Tatsächlich mochten ihre Kunden sogar ihre schmutzige Wortwahl und auch alles Andere, was sie mit ihrem Mund anstellen konnte. Sabrina schüttelte den Kopf und lachte.

„Ich mache dir einen Kamillentee.“

Während sie in der großen Essküche beschäftigt war und versuchte, ein paar trockene Kekse zum Tee zu finden, fragte sich Sabrina, ob ihre Kollegen es seltsam finden würden, wenn sie wüssten, dass sie sich die Wohnung mit einer professionellen Escort-Dame teilte.

Sie und Holly waren zusammen in einer kleinen Stadt an der East Bay aufgewachsen. Damals waren sie beste Freundinnen gewesen und waren wieder in Kontakt getreten, als sie herausgefunden hatten, dass sie beide nach San Francisco gezogen waren. Nichts war näherliegend gewesen, als sich zusammen eine Wohnung zu nehmen.

Während Sabrina Jura studiert hatte, hatte sich Holly von einem Job zum nächsten gehangelt, bis ihr klar geworden war, dass es einen einfacheren Weg gab, Geld zu verdienen.

Blond und mit strahlend blauen Augen war sie eine ausgesprochene Schönheit. In den richtigen Klamotten war sie eine Wucht. Also warum sollte sie mit Männern ausgehen, die sie nur zum Abendessen einladen würden und dann erwarteten, dass sie mit ihnen schlief, wenn sie sich ja für das, was sie sowieso machen würde, auch bezahlen lassen könnte?

Sicherlich gab es Kunden wie den Japaner von letzter Woche. Aber Holly zufolge waren die meisten dieser Typen normale Männer, meistens auswärtige Geschäftsleute, die sich einsam fühlten.

Anfänglich war Sabrina von Hollys Entscheidung, eine Escort-Dame zu werden, schockiert gewesen. Aber als sie sah, dass Holly Spaß an ihrer Arbeit hatte, zumindest meistens, und dass sie immer noch dieselbe Person wie vor ihrer seltsamen Karrierewahl geblieben war, hatte sie aufgehört zu versuchen, ihre Freundin zu ändern.

Auf jeden Fall war Hollys beträchtliches Einkommen sehr gelegen gekommen, als Sabrina im letzten Studienjahr ihrem Teilzeitjob als Kellnerin aufgrund des Lernaufwands nicht mehr nachgehen hatte können. Holly hatte die ganze Wohnungsmiete übernommen und dafür gesorgt, dass der Kühlschrank immer gefüllt war.

Ihre Freundin hatte sie nie etwas zurückzahlen lassen, nicht einmal jetzt, wo Sabrina eine gut bezahlte Arbeitsstelle hatte und jeden Monat ein paar hundert Dollar auf die Seite bringen konnte. Wofür waren Freunde da, hatte Holly gemeint. Sie war mehr eine Schwester für sie als eine Freundin, und sie wusste, dass Holly genauso fühlte.

Holly war immer noch so blass wie Schneewittchen, als Sabrina ihr den Tee brachte und ihn ihr einflößte. Holly lehnte sich an die Kissen im Rücken.

„Du kannst keinesfalls heute Abend arbeiten. Misty muss das verstehen.“

Holly runzelte die Stirn. „Das habe ich ihr auch gesagt, aber du hast ja gehört, was sie gesagt hat. Wenn ich meinen Arsch nicht dorthin bewege, feuert sie mich. Und dieses Mal ist es ihr Ernst.“

Holly versuchte, sich aufrecht hinzusetzen, fiel aber sofort wieder zurück in die Kissen. „Verdammt, mir ist so schwindlig.“

„Du kannst nicht gehen. Ich werde sie anrufen und es ihr erklären.“ Sabrina erhob sich, wurde aber sofort von Hollys Hand zurückgehalten.

„Du bist nicht meine Mutter, also tu das nicht! Es hat keinen Sinn. Sie ist in etwa genauso verständnisvoll wie Dagobert Duck.“

„Kannst du niemanden finden, der für dich einspringt?“ Es gab sicherlich andere Mädchen, die die Buchung für sie übernehmen könnten. Im Moment waren keine großen Tagungen in der Stadt, also sollte das Geschäft eigentlich ruhig laufen.

„Ich bin keine Lehrerin, Sabrina. Ich arbeite für einen Escortservice. Wir haben keine zentrale Anlaufstelle, die wir anrufen, wenn wir eine Vertretung brauchen.“

„Es muss doch auch Unabhängige geben. Kennst du denn niemanden?“ Sie würde es keinesfalls zulassen, dass Holly heute Abend arbeitete. Holly musste sich ausruhen, damit sie sich von was immer sie sich eingefangen hatte erholte. Was, wenn sie eine Salmonellenvergiftung hatte? Nein, sie würde es nicht zulassen, dass Holly sich heute anstrengte.

„Was? Willst du es etwa machen?“ Holly lachte und starrte sie an.

„Komm schon, ich würde nicht wissen, was ich da tun sollte“, winkte Sabrina sofort ab. Sie und Sex waren momentan nicht gut aufeinander zu sprechen. Sie hatte in den letzten Jahren ja kaum Verabredungen gehabt, geschweige denn … Es war einfach keine Option. Hollys Geschichten über ihre Kunden anzuhören, war das, was in den letzten drei Jahren Sex am nächsten gekommen war.

„Es wäre perfekt. Sieh es einfach als eine Art Date an!“

„Kommt ja gar nicht in Frage!“ War Holly komplett verrückt? Wahrscheinlich hatte sie Fieber. Sabrina sollte ein Thermometer holen und Hollys Temperatur überprüfen. Oder besser, sie ins Krankenhaus fahren, um sicherzustellen, dass sie nicht halluzinierte. Sie legte eine Hand auf Hollys Stirn, um zu sehen, ob sie sich heiß anfühlte.

„Was machst du da?“

„Ich schaue, ob du fiebrig bist.“

„Bin ich nicht. Hör zu, du musst vielleicht gar nicht mit ihm schlafen. Manche dieser Typen wollen nur Gesellschaft.“

„Als ob die so viel Geld zahlen würden, nur um mit jemandem zu reden, bitteeh!“, grollte Sabrina entrüstet. Nicht einmal sie war so naiv. Sie wusste genau, was von einer professionellen Begleiterin erwartet wurde. Zumindest wusste sie durch die Geschichten, die ihr Holly erzählt hatte, genug. Sie musste das nicht auch noch am eigenen Leib erfahren.

„Und abgesehen davon habe ich genug Ärger damit, mir Hannigan jeden Tag vom Hals zu halten.“

„Naja, der Typ ist ein Penner“, merkte Holly an. „Ich weiß nicht, warum du ihm noch nicht in die Eier getreten bist. Ich übernehme das gerne für dich, wenn du mich lässt.“ Hollys Grinsen sah wirklich bösartig aus. Sabrina wusste, ihre Freundin würde sich durchaus darüber freuen, Hannigan zu Brei zu schlagen.

„Vielleicht lasse ich dich das irgendwann doch noch machen. Aber im Moment brauche ich meinen Job noch.“ Sabrina versuchte, nicht daran zu denken, in was für einem Dilemma sie steckte. Sie wollte Karriere machen, aber nicht auf Kosten ihrer Integrität. Hannigan nachzugeben würde bedeuten, interessanten Traumfällen zugeteilt zu werden. Aber nichts ekelte sie mehr als der Gedanke, von Hannigan betatscht zu werden. Da hätte sie lieber Blutegel auf ihrer Haut kleben!

„Und ich brauche meinen. Wir sitzen im selben Boot.“ Holly klang resigniert.

Sabrina sah sie lange an. „Ich kann nicht einfach mit einem Mann schlafen, den ich nicht kenne.“

Holly nahm ihre Hand. „Wann hattest du das letzte Mal Sex?“

„Du meinst Sex mit etwas Anderem als einem batteriebetriebenen Gerät aus China?

„Ja, Sex mit einem Kerl.“

„Das weißt du genauso gut wie ich. Also, was hat das mit dieser Sache zu tun?“

„Wann?“ Obwohl Hollys Stimme immer noch schwach war, gab sie nicht auf.

„Im ersten Jahr an der Uni. Als ob du die Geschichte nicht kennen würdest – verdammt, jeder, der YouTube kennt, hat einen ausgiebigen Blick auf meinen Hintern werfen können.“ Sabrina schauderte bei dem Gedanken daran. Ohne ihr Wissen hatte Brian sie beim Sex gefilmt und das Video dann auf YouTube gepostet, wo es alle sehen konnten.

„Das war ziemlich doof, das gebe ich zu. Trotzdem solltest du dich nicht von einer schlechten Erfahrung bremsen lassen. Du musst loslassen, vorgeben, jemand Anderer zu sein, und dich einfach gehen lassen. Du kannst nicht weiter in schlechten Erinnerungen schwelgen und Angst haben, was der nächste Kerl machen wird. Du musst dein Leben in die Hand nehmen. Wenn du dich in deinem Sexleben behauptest, bekommst du alles, was du willst. Also sitz nicht rum wie ein Mauerblümchen! Du bist hübsch, du bist charmant, und du bist intelligent. Du könntest alles sein. Und du könntest jeden Kerl bekommen, den du willst!“

Sabrina sah ihre Freundin an. Hatte Holly den Verstand verloren? Sie könnte nie tun, was Holly vorschlug. „Ich könnte das niemals durchziehen.“ Sie könnte mit hundert Gründen aufwarten, warum sie das nicht tun könnte. „Ich bin nicht wie du, Holly. Ich steige mit den Kerlen nicht beim ersten Date ins Bett. Verdammt, ich küsse sie ja normalerweise nicht einmal beim ersten Date. Ich bin keine Kandidatin für so was.“

„Schwachsinn! Du hast auf dem College einen Schauspielkurs belegt. Erzähl mir nicht, dass du dich nicht auch ein bisschen verstellen kannst. Gib einfach vor du wärst ich! Naja, das musst du eigentlich sowieso machen, damit uns das Ganze nicht um die Ohren fliegt. Du gehst einfach hin und sagst ihm, dass du Holly Foster bist. Und dann benimmst du dich wie Holly Foster. Stell dir einfach vor, du gehst zu einem Blind Date!“

Komischerweise, je mehr Holly die Idee vermarktete, umso weniger unsinnig klang sie.

„Ein Blind Date? Er lädt mich zum Essen ein und erwartet dann, dass ich mit ihm schlafe. So in etwa?“ In ihren Ohren hörte es sich immer noch seltsam an. „Lächerlich. Dafür bin ich nicht der Typ. Du kennst mich schon mein ganzes Leben. Was aus meiner Vergangenheit lässt dich denken, dass ich das durchziehen könnte? Der Typ wird mich sofort durchschauen.“

„Sei nicht so paranoid. Alles, was er sehen wird, ist dein hübsches Gesicht. Und nichts Anderes wird von Bedeutung sein. Es wird wie eine Verabredung sein, nur dass er im Voraus dafür bezahlt hat. Du weißt genau, was auf dich zukommen wird. Also hast du die Zügel in der Hand. Die meisten Kerle lassen mich die Initiative ergreifen. Sie wollen verführt werden. Da bekommst du wenigstens etwas Übung. Glaub mir, die kannst du brauchen!“

Dieser Seitenhieb tat weh. Sabrina hatte sich nach dem Fiasko mit ihrem Kommilitonen Brian zurückgezogen. Er hatte offensichtlich nur sehen wollen, ob er sie ins Bett bekommen konnte, damit er ein Sexvideo ins Internet stellen konnte. So eine Erniedrigung wollte sie nie wieder erfahren.

Nach dem Vorfall hatte sie sich in ihr Studium vergraben und nur noch selten an den sozialen Aktivitäten ihrer Schule teilgenommen, um ihn nicht öfter zu sehen, als sie unbedingt musste.

„Du musst darüber hinwegkommen. Und wie ginge das besser, als wenn du genau weißt, was auf dich zukommt? Es ist nur für eine Nacht. Er ist nicht von hier. Du wirst ihn nie wieder sehen. Das ist deine Chance, etwas Verrücktes zu tun, Spaß zu haben, großartigen Sex zu haben, dich wohlzufühlen, loszulassen.“

Holly biss behutsam in einen Keks, während sie Sabrina anblickte.

Sabrina war hin- und hergerissen. Sie wollte ihrer Freundin aus der Klemme helfen. Holly hatte ihr in den letzten paar Jahren schon so oft geholfen, und dafür schuldete sie ihr wirklich etwas. Aber das? Wie könnte sie zustimmen, vorzugeben eine Escort-Dame zu sein und zu einem fremden Mann aufs Hotelzimmer zu gehen, um mit ihm zu schlafen?

Wenn ihre Eltern das jemals herausfinden würden, wären sie empört und würden aus Scham über ihre Tochter im Boden versinken. Trotz allem hatte eine Sache, die Holly gesagt hatte, sie tief getroffen. Sie hatte tatsächlich in ihren schlechten Erinnerungen geschwelgt und hatte deswegen niemanden an sich herangelassen. Sie hatte Angst, wieder verletzt zu werden und hatte deshalb auf Sex verzichtet.

Vielleicht wäre es auch wirklich nicht schlimmer als ein Blind Date. Zwei Fremde, ein Abendessen, ein bisschen Sex. War das nicht genau das, was die meisten Männer sowieso erwarteten, wenn sie mit einer Frau ausgingen? Nur, dass sie mit einem läppischen Essen billiger davonkamen. Wieso sollte sie sich nicht teurer verkaufen, eher für so viel, wie sie wirklich wert war?

Und abgesehen davon hatte sie angefangen, Sex und die Berührungen eines Mannes zu vermissen. Mit einem Vibrator konnte man nicht kuscheln. Aber ihre Angst, wieder verletzt zu werden, hielt sie von Verabredungen ab. Sie hatte gedacht, dass sobald sie den richtigen Kerl kennenlernte, sich alles wieder einrenken würde. Aber das war nicht geschehen. Sie hatte niemanden kennengelernt, und sie war noch genauso einsam wie nach dem Debakel während des Jurastudiums.

Vielleicht hatte Holly recht, und es wurde Zeit, loszulassen und eine wilde Nacht mit einem Fremden zu verbringen. Nur eine Nacht. Ohne Reue, ohne den Kerl jemals wiedersehen zu müssen. So konnten keine Peinlichkeiten und kein Schmerz entstehen. Er würde nicht einmal wissen, wer sie war. Anonymität war ein guter Schutzmantel.

„Muss ich vorher Geld von ihm verlangen?“

Holly lächelte. „Nein. Alles ist schon übers Büro bezahlt worden. Keine chaotischen Bargeldgeschäfte. Es wird wie ein Date sein.“

Sabrina nickte langsam. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Sie musste tapfer sein, um ihrer Freundin zu helfen – und damit gleichzeitig sich selbst.

„Okay. Ich mache es. Für heute Abend bin ich Holly Foster.“

4

In dem Moment, als Daniel die Tür seines Hotelzimmers öffnete, verstand er, warum ihm der Escortservice eine so exorbitante Summe dafür berechnet hatte, heute Abend das Vergnügen zu haben, von dieser schwarzhaarigen Frau begleitet zu werden. Sie sah aus, als ob sie einem Märchen entsprungen wäre.

Ihre atemberaubenden grünen Augen blickten ihn voller Überraschung und mit einer lautlosen Frage an. Hatte sie an der falschen Tür geklopft? Hoffentlich nicht.

Wenn das wirklich die Hostess war, die sie ihm geschickt hatten, dann ärgerte er sich jetzt schon darüber, dass er keine Details erfragt hatte, was diese Bezahlung beinhaltete. War sie nur eine reine Begleitung für den Empfang oder würde sie ihm später auch für andere, persönlichere Dienste zur Verfügung stehen?

Unfähig zu sprechen, übernahmen seine Augen das Reden für ihn. Er ließ sie über die weichen Konturen ihres Gesichtes schweifen, über ihren grazilen Hals und die atemberaubenden Kurven, die von ihrem leichten Sommerkleid akzentuiert wurden. Dieses war kurz genug, um ihre wohlgeformten Beine bis hinab zu ihren eleganten Knöcheln zu zeigen. Er bemerkte, wie sich ihre Brust mit jedem Atemzug hob.

Ihre Brüste hatten die perfekte Größe für seine Hände und waren auch ohne Büstenhalter fest. Das verführerische Sommerkleid mit seinen Spaghettiträgern erlaubte keinen BH.

Wie lange er sie angestarrt hatte, konnte Daniel wirklich nicht sagen. Vielleicht eine Sekunde, oder vielleicht auch fünf Minuten. Aber er wusste, warum es ihm plötzlich die Sprache verschlagen hatte. Es war ein klarer Fall von Verlangen. Von überwältigendem Verlangen. Von unkontrollierbarem Verlangen. Da er befürchtete, dass ihm etwas analog zu ich will jetzt mit dir schlafen herausrutschen würde, krampfte er seinen Kiefer zusammen und blickte weiterhin auf ihre Lippen. Sie waren rot, voll und leicht geöffnet, so als ob sie auf seine Berührung warteten. Wunschdenken!

Sein Vorstellungsvermögen führte ihn auf eine wilde Fahrt. Er konnte sich bildlich vorstellen, wie er dieser hinreißenden Frau die Kleider vom Leib riss und sie wie ein Raubtier verschlang. Ihr sanfter Körper würde sich unter seinem winden, und er würde sich so lange in ihr vergraben, bis sie seinen Namen ausrief.

Oh Gott, was sie ihm alleine mit diesen Lippen antun könnte! Jetzt. Sofort. Er war schon mit vielen Frauen ausgegangen und mit vielen von ihnen ins Bett gegangen, aber die Frau, die vor ihm stand, war schöner als jede andere, der er je begegnet war. Sie sah aus, als wäre sie für die Liebe gemacht.

Und dann sprach sie. Wie das sanfte Rieseln einer Bergquelle perlte ihre Stimme von ihren Lippen.

„Ich bin Holly, Holly Foster. Die Agentur hat mich geschickt.“ Immer noch lag etwas Unsicherheit in ihren Augen. Sie war sich offensichtlich nicht sicher, ob sie beim richtigen Zimmer angekommen war.

„Hi Holly, Holly Foster“, begrüßte er sie und ließ ihren Namen von seiner Zunge rollen. „Ich bin Daniel, Daniel Sinclair.“

Sie streckte die Hand aus, und er ergriff sie mit seiner. „Hi Daniel, Daniel Sinclair“, antwortete sie und kicherte nervös. Das Kichern ging ihm durch Mark und Bein und führte dazu, dass er sich wieder wie ein junger Student fühlte. War sie wirklich seine Verabredung für den Abend? Wann genau war er gestorben und im Himmel gelandet? War der Flieger abgestürzt?

„Bitte, komm herein! Ich hole nur schnell mein Jackett und dann können wir gehen.“ Daniel lud sie in seine Suite ein. Dieser verdammte Empfang! Er konnte sich schönere Dinge vorstellen, als sie zu einer langweiligen Geschäftsveranstaltung zu schleifen. Es war ihm mehr danach, sie zu seinem Bett zu schleifen.

* * *

Als Daniel nebenan im Schlafzimmer verschwand, nutzte Sabrina die Zeit, um sich zu beruhigen. Sie hatte die erste Hürde überwunden. Als er sie angestarrt hatte, während sie an seiner Tür gewartet hatte, war sie sich nicht sicher gewesen, ob sie das richtige Zimmer erwischt hatte. Wieso sollte ein Mann, der so gut aussah wie Adonis, eine Hostess brauchen?

Zu seiner imposanten Statur, die in einer dunklen Hose und einem weißen Anzughemd steckte, kam noch seine Ausstrahlung; er sprühte geradezu vor Bildung und Selbstsicherheit. Allein auf diesem Stockwerk hätten wohl mehr als ein Dutzend Frauen wahnsinnig gern ihre Hände durch sein dichtes dunkles Haar gestrichen und sich auf ihn geworfen – oder unter ihn. Warum er eine professionelle Begleiterin anheuern musste, wenn er sicher alles, was er wollte, auch umsonst bekommen könnte, war ihr schleierhaft.

Plötzlich war der Gedanke daran, mit einem Fremden zu schlafen, gar nicht mehr so abschreckend. Sie würde jederzeit mit ihm ins Bett gehen. Ach Gott, sie klang in ihren eigenen Ohren wie ein Flittchen! Was war mit der reservierten und vorsichtigen Frau passiert, die sie normalerweise war? Hatte sie sich schon ganz in Holly verwandelt?

Sabrina war immer noch in Gedanken versunken, als Daniel aus dem Schlafzimmer zurückkam und nun auch ein passendes Jackett trug, das ihn aussehen ließ, als wäre er gerade von einem Mode-Fotoshooting gekommen.

„Ich werde dir auf dem Weg alles erklären.“ Daniel nahm sie am Arm und führte sie zur Tür. Seine Hand auf ihrer nackten Haut zu spüren, schickte ein warmes Kribbeln durch ihren Körper.

„Wohin gehen wir?“

„Zu einem Empfang im Fairmont.“

Während sie sich zum Fairmont Hotel begaben, dem berühmten Hotel, das das große Erdbeben von 1906 überstanden hatte und das genau gegenüber des Mark Hopkins Hotels lag, gab er ihr weitere Informationen.

„Du wirst mich auf einen wichtigen Geschäftsempfang begleiten. Ich werde dich als meine Freundin vorstellen.“ Er blickte sie an und lächelte. Als sie so neben ihm ging, sog sie seinen maskulinen Duft ein. Er roch berauschend.

„Werden die Leute das denn glauben? Sicherlich wissen sie doch, ob du eine Freundin hast oder nicht.“ Ihre Frage nach einer etwaigen Freundin hatte nichts damit zu tun, dass sie skeptisch bezüglich seines Vorhabens war. Stattdessen war es Neugierde, die sie fragen ließ.

„Keine Angst. Niemand weiß etwas über mein Privatleben. Das sind alles nur Geschäftsbekanntschaften. Deine Aufgabe für heute Abend ist die: Bleib an meiner Seite, flirte mit mir und wenn wir wirklich getrennt werden und du mich mit einer Frau unter fünfzig reden siehst, rette mich!“

„Dich retten?“ Sabrina schaute ihn überrascht von der Seite an. Oh Gott, sein Profil war überwältigend!

Daniel lachte leise. „Ja, und das ist deine wichtigste Aufgabe für heute Abend. Ich will nicht, dass irgendeine dieser heiratswütigen Frauen ihre Krallen in mich bohrt und denkt sie kann …“ Er unterbrach sich. „Naja, jedenfalls, wenn mir eine davon zu nahe kommt, musst du dazwischengehen und deinen Anspruch geltend machen. Sorg dafür, dass sie wissen, dass es dir ernst ist!“

Sabrina lachte. „Irgendwelche Vorlieben, wie ich meinen Anspruch geltend machen soll?“

Daniel warf ihr einen glühend heißen Blick zu. Oder war sie komplett verrückt geworden und projizierte das, was sie sehen wollte, auf ihn? „Eine innige Berührung wirkt immer Wunder, glaub mir. Und wenn du ein paar angemessene Kosenamen verlauten lässt, passt das auch.“

„Ich bin sicher, mir fällt etwas ein.“

Ihre Blicke trafen sich. „Daran zweifle ich nicht.“

An der Tür zur Halle, in der der Empfang stattfand, hielten sie an. „Ich sollte deine Hand halten, wenn wir da reingehen.“

Sie schluckte. „Natürlich.“

Als er ihre Hand nahm und seine Finger mit ihren verschränkte, schoss ein Blitz durch ihren Körper. Noch nie hatte eine einfache Berührung eines Mannes eine so tiefgreifende Wirkung auf sie gehabt.

Die Halle war gerammelt voll. Sabrina schätzte, dass über hundert gut angezogene Leute anwesend waren. Kellner servierten Kanapees und Champagner. Obwohl auch eine Menge Frauen anwesend waren, gab es eine Überzahl von Männern in dunklen Anzügen. Manche sahen gelangweilter aus als andere. Sicherlich Anwälte. Sie erkannte diese Gattung.

Daniel zog sie hinter sich her, während sie sich ihren Weg durch die Menschenmenge zum anderen Ende des Raumes bahnten. Er strahlte Sicherheit und Bestimmtheit aus, als ob dies sein Wohnzimmer wäre.

„Ah, da sind Sie ja. Wir haben uns schon gefragt, wo Sie bleiben.“ Ein vornehmer Gentleman Ende Fünfzig hielt sie auf.

„Martin. Schön, Sie zu sehen.“ Daniel streckte seine Hand aus und schüttelte Martins.

„Darf ich Ihnen meine Frau vorstellen? Nancy, das ist Daniel Sinclair, der Mann, der uns aufkauft.“

Die zierliche Frau an Martins Seite lächelte übers ganze Gesicht und schüttelte Daniels ausgestreckte Hand. „Es ist so eine Freude, Sie endlich kennenzulernen“, piepste sie, während sie Sabrina ansah.

„Gleichfalls. Ich denke, Sie werden Martin dann wohl viel öfter sehen, sobald das Geschäft abgeschlossen ist.“

Nancy stupste ihrem Mann in die Rippen und verdrehte die Augen. „Sagen Sie das nicht! Er wird mich verrückt machen, wenn er so viel Zeit zuhause verbringt.“

Ihr Ehemann schenkte ihr ein liebevolles Lächeln. „Sie scherzt nur. In Wirklichkeit kann sie es gar nicht erwarten, dass ich mehr Zeit mit ihr verbringe. Aber genug von uns.“ Martins Augen ruhten auf Sabrina. „Daniel, würden Sie uns Ihrer Begleitung vorstellen?“

„Entschuldigung. Martin, Nancy, das ist Holly, meine Verlobte.“

In dem Moment, als die Worte aus Daniels Mund heraus waren, sah ihn Sabrina überrascht an, wandte sich aber sofort wieder ihren Gastgebern zu und warf ihnen ein charmantes Lächeln zu. Warum war er nicht bei seinem ursprünglichen Plan geblieben? Warum hatte er sie plötzlich zu seiner Verlobten befördert?

Nachdem sie sich die Hände geschüttelt und sich begrüßt hatten, fingen sie an, Small Talk zu betreiben.

„Holly, Sie klingen nicht so, als ob sie aus New York wären“, bemerkte Nancy.

„Ich bin aus der Bay Area.“

Martin warf Daniel einen verschwörerischen Blick zu. „Jetzt verstehe ich. Meine Firma ist also nicht die einzige Errungenschaft, die sie in San Francisco machen.“

Daniel grinste und führte Sabrinas Hand zu seinem Mund, um diese zu küssen. „Schuldig im Sinne der Anklage.“

Der Kuss war unerwartet und ließ Sabrinas Herz schneller schlagen. Sie lächelte ihn kurz an, aber der Kuss hatte ihn scheinbar überhaupt nicht berührt. Es sah so aus, als ob er gewohnt war, Dinge vorzugeben, die nicht wahr waren.

„Was machen Sie beruflich, Holly?“, fragte Nancy.

* * *

Als Daniel Nancys Frage hörte, zuckte er zusammen. Verdammt, sie hatten überhaupt keine Hintergrundgeschichte besprochen. Er sah Holly an und versuchte, aus ihren Augen abzulesen, ob sie improvisieren konnte, aber da fing sie auch schon an zu reden.

„Ich bin Anwältin“, bot sie an.

Daniel schloss für eine Sekunde die Augen, da er erwartete, dass gleich eine Bombe hochging. Verdammt, mit dieser Aussage hatte sie sich selbst ein Bein gestellt. In diesem Raum waren mehr Anwälte anwesend als auf einem Anwaltskongress in Las Vegas. Er hätte sie vor dem Eintreffen instruieren sollen. Nun stand ihnen ein Desaster bevor.

„Lass uns nicht von der Arbeit reden, okay?“, fiel er ihr ins Wort, in dem Versuch die Situation zu retten. „Champagner, Liebling?“ Er hielt einen Kellner an, nahm zwei Gläser von dessen Tablett und gab ihr eines. Zu spät.

Nancy hatte schon einen Mann zu ihnen hergewinkt. Daniel erkannte ihn sofort. Er war einer der Anwälte, die an der Übernahme arbeiteten.

„Bob, Daniel kennst du ja schon, aber lass mich dir seine Verlobte vorstellen, Holly Foster, sie ist auch Anwältin.“

Verdammt! Daniel verschluckte sich fast an seinem Champagner. Wie würde seine hübsche Escort-Dame das handhaben? Bob war kein Typ, der Small Talk machte. Alles worüber dieser schmächtige Anwalt sprach, war seine Arbeit.

„Nett, Sie kennenzulernen, Holly. Auf welcher Uni waren Sie denn?“ Wie Daniel vorhergesagt hatte, redete Bob sogleich über die Arbeit.

„Hastings“, antwortete sie ohne Zögern.

„Wow, welch ein Zufall. Abschlussjahrgang ’99. Unterrichtet Bunburry noch?“

Bob war in seinem Element.

Perfekt, die ganze Charade würde ihm innerhalb der nächsten zwei Minuten um die Ohren fliegen, dessen war Daniel sich sicher. Hätte sie nicht wenigstens eine kleine unbedeutende Universität irgendwo in der Provinz wählen können, anstatt die Jurafakultät von Hastings, von der selbst er als Ortsfremder wusste, dass sie in San Francisco war? Wahrscheinlich kannte sie keine andere Jurafakultät. Jetzt saß er wirklich in der Scheiße.

„Er hat sich letztes Jahr endlich zur Ruhe gesetzt“, antwortete Sabrina selbstsicher.

Bob nickte verständnisvoll. „Das wurde auch Zeit.“

Gut geraten, vermutete Daniel.

Bevor Daniel die Konversation unterbrechen und in eine andere Richtung lenken konnte, unterbrach ihn Martin, um ihm eine schöne rothaarige Frau vorzustellen.

„Sie müssen Grace Anderson kennenlernen. Sie sitzt im Vorstand von so gut wie allen Wohltätigkeitsorganisationen der Stadt. Grace, meine Liebe, das ist Daniel Sinclair.“

Grace hauchte einen Kuss in Martins Richtung und peilte sofort Daniel an. Er kannte diesen Blick gut. Er wurde von Kopf bis Fuß von einer Frau gemustert, die genau wusste, was sie suchte: einen wohlhabenden Ehemann. Aus dem Augenwinkel sah er, dass seine Schein-Verlobte in ein Gespräch mit Bob vertieft war. Schlechtes Timing.

„Nett, Sie kennenzulernen, Miss Anderson.“

Daniel schüttelte ihr die Hand und ließ sie so schnell er konnte wieder los.

„Warum so formell? Bitte nennen Sie mich Grace.“

Ihr zuckersüßes Lächeln war ekelerregend. Genau diese Situation hatte er versucht zu vermeiden. Er fühlte sich wie ein eingesperrter Tiger, nur etwas weniger zahm. Ihr zweideutiges Lächeln sagte ihm unmissverständlich, dass sie ihn anbaggern würde, sobald er unachtsam war.

„Bei welchen Wohltätigkeitsorganisationen sind Sie involviert?“ fragte er, obwohl er keinerlei Interesse hatte, mit dieser Frau zu reden. Sie war eine exakte Kopie von Audrey: oberflächlich, protzig und nur darauf aus, einen reichen Ehemann zu ködern. Komischerweise konnte er jetzt, wo er mit Audrey Schluss gemacht hatte, genau sehen, wie sie wirklich war.

Daniel hörte kaum auf das Gerede der Frau und versuchte indes, etwas von dem Gespräch zwischen Holly und Bob mitzubekommen. Aber sie waren zu weit von ihm entfernt, sodass er aufgrund der dröhnenden Stimmen im Raum nicht einmal Fetzen ihrer Unterhaltung aufschnappen konnte.

Er bemerkte, dass Grace aufgehört hatte zu reden und etwas gefragt hatte, als er plötzlich ihre Hand auf seinem Unterarm spürte.

„Denken Sie nicht auch so?“

Er lächelte unverbindlich und fragte sich, wie er nur ihren Fängen entkommen könnte.

„Liebling!“ Endlich! Die Rettung war da. Er drehte sich dankbar um, als er Hollys Hand auf seinem Rücken spürte. „Bob hat mir gerade die lustigste Geschichte seines Jurastudiums erzählt. Ich glaube, du wirst dich köstlich darüber amüsieren, besonders wo du doch Baseball liebst.“ Sabrina warf Grace einen schroffen Blick zu und schaute dann dorthin, wo deren Hand lag. „Entschuldigen Sie uns. Ich muss meinen Verlobten kurz entführen.“

Grace zog ihre Hand unverzüglich zurück, als hätte sie sich verbrannt.

Sabrina zog ihn außer Hörreichweite der Frau. „War das so richtig?“

Daniel kam einen Schritt näher. „Perfekt“, sagte er und küsste sie kurz auf die Wange. „Das war knapp. Ich weiß nicht, wie diese Frauen sich innerhalb von Sekunden so auf Junggesellen fixieren können. Sie stand kurz davor, ihre Klauen in mich zu schlagen.“

„Eine ihrer Klauen hatte sie schon an dir dran.“ Holly kicherte leise. „Du magst Frauen wohl nicht besonders, oder?“

„Nein, so ist das nicht. Ich mag nur keine Goldgräberinnen. Also, wie hast du es geschafft, Bob zu überleben?“

„Ganz einfach. Mach dir keine Sorgen um mich! Mit Bob kann ich umgehen.“

Er blickte sie bewundernd an. Sie konnte mit Bob bewiesenermaßen umgehen. Er vermutete, dass sie auch mit vielen anderen Dingen umgehen konnte, vielleicht sogar mit ihm. Vielleicht bekam er ja heute Abend noch einen Vorgeschmack darauf, wie genau sie mit ihm umgehen würde.

„Komm! Wir müssen uns noch ein bisschen unters Volk mischen, bevor wir aus diesem Zirkus abhauen können.“ Er nahm wieder ihre Hand, nicht dass es notwendig wäre, sondern weil er es wollte. Er mochte es einfach, sie zu berühren.

5

Sabrina genoss den Abend. Daniel stellte sie vielen Leuten vor, deren Namen sie sofort wieder vergaß, sobald sie zu den nächsten weiterzogen, die ihre Bekanntschaft machen wollten.

Aus all dem Geplauder hatte sie sich zusammengereimt, dass Daniel in der Stadt war, um eine Firmenübernahme abzuschließen. Und angesichts der vielen schönen jungen Frauen, die ihn kennenlernen wollten, begriff sie, dass er einer der begehrtesten Junggesellen war, die sich momentan in der Stadt aufhielten. Kein Wunder, dass er jemanden als Schutzschild brauchte. Sie tat ihr Bestes, um wie von ihm gewünscht alle Frauen zu verscheuchen.

Obwohl dies ihre Pflicht für den Abend war, genoss sie das, was sie tun musste. Sie liebte es, ihn zu berühren, seine Hand zu nehmen, ihn Liebling zu nennen. Er hatte sie nur dieses einzige Mal auf die Wange geküsst, und sie fragte sich, ob er es nochmals tun würde. Seine Lippen hatten sich so warm und zärtlich angefühlt, und sie fing an sich vorzustellen, wie sich seine Lippen auf anderen Teilen ihres Körpers anfühlen würden. Der Gedanke daran machte sie heiß.

Da er sie offensichtlich gebucht hatte, damit sie vorgab, seine Freundin zu sein, und obwohl er sie unerklärlicherweise zu seiner Verlobten befördert hatte, um die anderen Frauen abzuwehren, sah sie wenig Chancen, dass er mit ihr schlafen wollte. Er kam ihr wie ein Mann vor, der seine Sexualpartnerinnen sorgfältig auswählte, und nicht wie einer, der mit einer Hostess ins Bett steigen würde, nicht einmal mit einer Schein-Hostess.

Na gut, immerhin verbrachte sie einen schönen Abend mit einem charmanten und attraktiven Mann. Die neidischen Blicke, die ihr viele der jungen Frauen während des ganzen Abends zuwarfen, bestätigten, dass sie nicht die einzige war, die Daniel zum Anbeißen fand.

Merkwürdigerweise schien ihm die Aufmerksamkeit, die ihm diese Frauen zollten, nicht zu gefallen. Die meisten seiner Unterhaltungen führte er mit einigen der Männer im Raum, und diese Gespräche waren hauptsächlich geschäftlicher Art. Immer wenn er einer Frau vorgestellt wurde, besonders einer Alleinstehenden, entzog er sich so schnell wie möglich dem Gespräch.

Meistens benutzte er sie als Ausrede.

„Holly, Liebling, kann ich dir noch etwas zu trinken bringen?“, sagte er lächelnd, als eine weitere junge Frau versuchte, ihn in ein Gespräch zu verwickeln.

Sabrina reichte ihm ihr leeres Glas, und während er es nahm, führte er ihre Hand zu seinem Mund und küsste ihre Fingerspitzen, sodass es die andere Frau sehen musste, die daraufhin sofort verschwand.

„Du bist schrecklich!“, züchtigte Sabrina ihn lachend, wohl wissend, dass er absichtlich Zuneigung vorgespielt hatte, um die andere Frau loszuwerden.

„Ich kann nichts dafür.“ Daniel zwinkerte ihr zu. Was auch immer er damit meinte, fragte sie nicht nach.

„Schon einmal von Selbstkontrolle gehört?“, neckte sie ihn.

„Das ist in Anwesenheit einer schönen Frau einfach unmöglich zu schaffen.“

„Welcher denn?“

Er antwortete nicht, sondern schleifte sie weiter, um sie noch mehr Leuten vorzustellen.

Etwas später standen sie und Daniel an einem Ende des Raumes neben einem wunderschönen Arrangement von farbenfrohen Blumen. Als ein Kellner vorbeiging, schnappte sich Sabrina noch ein Kanapee von seinem Servierteller und verschlang es. Sie hatte aufgehört zu zählen, und es war ihr auch egal, wie viele dieser leckeren kleinen Häppchen sie schon verschlungen hatte. Was machte es schon aus, wenn sie noch ein Pfund zunahm? Es war ja nicht so, als ob jemand sie in nächster Zeit nackt sehen würde.

Daniel lächelte kurz und führte seine Unterhaltung mit Martin fort, während dessen Frau ihr erzählte, welche Reisen sie und ihr Mann für die Zeit nach dem Geschäftsabschluss geplant hatten.

Sabrina hörte höflich zu und stellte Fragen, wann immer sich die Gelegenheit bot, bis plötzlich ihre Nase unangenehm zu jucken anfing. Sie versuchte, ein Niesen zurückzuhalten, aber es war zu spät.