Geliebter Unsichtbarer (Hüter der Nacht - Buch 1) - Tina Folsom - E-Book

Geliebter Unsichtbarer (Hüter der Nacht - Buch 1) E-Book

Tina Folsom

0,0

Beschreibung

Die unsterblichen Hüter der Nacht, die die Gabe haben, sich unsichtbar zu machen, beschützen die Menschen schon seit Jahrhunderten vor den zerstörerischen Einflüssen der Dämonen der Angst. Bald jedoch werden die Dämonen in den Besitz eines mächtigen Instrumentes gelangen, das ihnen helfen wird, die Menschen zum Bösen zu verführen. Diejenige, die ungewollt dieses Elixier liefern wird, ist die menschliche Wissenschaftlerin Leila. Sie hat ein Medikament gegen Alzheimer entwickelt, das als unerwartete Nebenwirkung den Geist der Menschen so sehr schwächt, dass diese den Dämonen nicht widerstehen können. Als Aiden, ein Hüter der Nacht, den Auftrag annimmt, Leila zu beschützen, entfacht eine verbotene Begierde zwischen ihnen. Schon bald sind sie gezwungen, sich auf die einzigen Menschen zu verlassen, denen sie vertrauen können: einander. Aber selbst wenn Aiden Leila vor den Dämonen retten kann, könnte eine Verbindung zwischen ihnen eine noch größere Gefahr darstellen. Lara Adrian, New York Times Bestseller Autorin der Midnight Breed Serie: "Bereiten Sie sich auf eine wilde Fahrt vor! Die Hüter der Nacht sind die Einzigen, die zwischen der Menschheit und der Dämonen stehen, die versuchen, die Welt zu beherrschen. Für rasante paranormale Liebesromane, bei denen viel auf dem Spiel steht, sollten Sie unbedingt Tina Folsom zu Ihrer Pflichtlektüre hinzufügen!" Über die Serie Die unsterblichen Hüter der Nacht können sich unsichtbar machen und schützen die Menschen seit Jahrhunderten vor der dunklen Macht der Dämonen der Angst. Die Hüter leben in Komplexen, die für Menschen und Dämonen gleichermaßen unsichtbar sind, aber die Gefahr ist nie weit entfernt. Nur die Hüter der Nacht stehen zwischen der Menschheit und den bösen Plänen der Dämonen, die Menschheit zu unterwerfen. Während sie die Menschen vor den Dämonen und ihrem bösen Anführer Zoltan, dem Großmächtigen, beschützen, müssen die Hüter ihr eigenes Leben riskieren, um ihre Mission zu erfüllen, ohne dass die Menschen herausfinden, wer sie sind. Doch nicht alles läuft nach Plan. Und selbst unsterbliche Hüter können sich verlieben. Hüter der Nacht Band 1 – Geliebter Unsichtbarer Band 2 – Entfesselter Bodyguard Band 3 – Vertrauter Hexer Band 4 – Verbotener Beschützer Band 5 – Verlockender Unsterblicher Band 6 – Übersinnlicher Retter Band 7 – Unwiderstehlicher Dämon Scanguards Vampire Band 1 - Samsons Sterbliche Geliebte Band 2 - Amaurys Hitzköpfige Rebellin Band 3 - Gabriels Gefährtin Band 4 - Yvettes Verzauberung Band 5 - Zanes Erlösung Band 6 - Quinns Unendliche Liebe Band 7 – Olivers Versuchung Band 8 – Thomas' Entscheidung Band 8 1/2 – Ewiger Biss Band 9 – Cains Geheimnis Band 10 – Luthers Rückkehr Band11 – Blakes Versprechen Band 11 1/2 – Schicksalhafter Bund Band 12 – Johns Sehnsucht Novelle – Brennender Wunsch Band 13 – Ryders Rhapsodie (Scanguards Hybriden - Band 1) Band 14 - Damians Eroberung (Scanguards Hybriden - Band 2) Band 15 - Graysons Herausforderung (Scanguards Hybriden - Band 3) Codename Stargate Band 1 - Ace – Auf der Flucht Band 2 - Fox – Unter Feinden Band 3 - Yankee – Untergetaucht Band 4 – Tiger – Auf der Lauer Der Clan der Vampire Der Clan der Vampire (Venedig 1 – 2) Der Clan der Vampire (Venedig 3 – 4) Der Clan der Vampire (Venedig 5) Die Hüter der Nacht Serie hat alles: Liebe auf den ersten Blick, von Feinden zum Liebespaar, Alpha-Helden, Leibwächter, Brüderschaft, Jungfrau in Not, Frau in Gefahr, verborgene Identität, Unsichtbarkeit, Seelenverwandte, gequälter Held , Altersunterschied, zweite Liebeschance, trauernder Geliebter, Rückkehr von Totgeglaubten, heimliches Baby, Entführungen, von Freundschaft zu Liebschaft, heimlicher Verehrer, unerwiderte Liebe, verbotene Liebe, Partner bei der Verbrechensbekämpfung.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 469

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



GELIEBTER UNSICHTBARER

HÜTER DER NACHT - BAND 1

TINA FOLSOM

INHALT

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Epilog

Lesereihenfolge

Auch in dieser Serie

Andere Bücher von Tina

Über die Autorin

KURZBESCHREIBUNG

Die unsterblichen Hüter der Nacht, die die Gabe haben, sich unsichtbar zu machen, beschützen die Menschen schon seit Jahrhunderten vor den zerstörerischen Einflüssen der Dämonen der Angst. Bald jedoch werden die Dämonen in den Besitz eines mächtigen Instrumentes gelangen, das ihnen helfen wird, die Menschen zum Bösen zu verführen. Diejenige, die ungewollt dieses Elixier liefern wird, ist die menschliche Wissenschaftlerin Leila. Sie hat ein Medikament gegen Alzheimer entwickelt, das als unerwartete Nebenwirkung den Geist der Menschen so sehr schwächt, dass diese den Dämonen nicht widerstehen können.

Als Aiden, ein Hüter der Nacht, den Auftrag annimmt, Leila zu beschützen, entfacht eine verbotene Begierde zwischen ihnen. Schon bald sind sie gezwungen, sich auf die einzigen Menschen zu verlassen, denen sie vertrauen können: einander. Aber selbst wenn Aiden Leila vor den Dämonen retten kann, könnte eine Verbindung zwischen ihnen eine noch größere Gefahr darstellen.

* * *

Copyright © 2013 – 2023 Tina Folsom

1

Aiden zielte mit seinem Dolch auf die Stirn des Dämons, aber als der Hundesohn sich mit übermenschlicher Geschwindigkeit um seine eigene Achse drehte, verfehlte die Waffe ihr Ziel. Indem er nach links auswich, vermied Aiden, was als nächstes auf ihn zukam: ein altertümlicher Dolch, den der Dämon genauso schnell aus seinem geschickten Handgelenk fliegen ließ, wie das Unterweltungeziefer auf seinen Fersen kehrt gemacht hatte. Die scharfe Kante des Messers flog nur einen Zentimeter entfernt an ihm vorbei. Geschmiedet in der Dunklen Epoche, hatte die Waffe die Macht, selbst ihn, einen unsterblichen Hüter der Nacht, zu töten. Und er war nicht hierhergekommen, um zu sterben. Er war hier, um das Böse zu bekämpfen und seinen Schützling Sarah, die menschliche Frau, die ihm zugewiesen worden war, vor dem Einfluss der Dämonen der Angst, der größten Feinde der Menschheit, zu retten.

Aiden sah mit Entsetzen zu, wie die drei Dämonen ihre Kräfte sammelten und einen Wirbel aus schwarzem Nebel projizierten, der den Eingang zu einem heruntergekommenen Mietshaus verschlang. Seine Ranken erreichten die Füße seines Schützlings, als sie einen weiteren Schritt vorwärts machte, als ob sie von unsichtbaren Fäden gezogen würde.

Ein Lärm ähnlich dem eines Tornados betäubte seine Ohren und seine Rufe wurden ebenso davon verschlungen, wie Sarah in dessen Tiefe gesogen werden würde. Verführt von Versprechungen von Macht und Reichtum, die die Dämonen ihr machten, näherte sie sich dem dunklen Portal, das sie in deren Welt bringen und sie in eine von ihnen verwandeln würde.

„Sarah! Neiiiiiinnnn!“

Sie drehte den Kopf, als hätte sie ihn über den Lärm in der Gasse gehört. Aber ihre Augen blieben ausdruckslos. Als ob sie ihn nicht einmal sehen könnte.

Er wusste, der einzige Weg, sie zu stoppen, war, das Portal zu zerstören und das bedeutete, die Dämonen zu töten, die es erschaffen hatten. Blitzschnell wandte er sich um und ergriff das Messer, das einer der Dämonen auf ihn gerichtet hatte. Genauso wie eine solche Waffe ihn töten konnte, konnte sie auch einen Dämonen töten. Sie waren genauso verwundbar durch Waffen, die in der Dunklen Epoche geschmiedet worden waren, wie die Hüter der Nacht.

Aiden blickte zur Kreuzung am Ende der schmalen Gasse, aber keiner seiner Brüder kam ihm zu Hilfe. Als er erkannt hatte, dass er den Dämonen unterlegen war, hatte er sofort seinen Sekundanten, Hamish, benachrichtigt. Aber der Hüter der Nacht war nirgends zu finden. Als hätte er sich in Luft aufgelöst.

Der Ehrenkodex der Hüter der Nacht diktierte, dass sich der Sekundant jederzeit in der Nähe aufhalten musste, damit er in Situationen wie diesen schnell reagieren konnte – Situationen, in denen es um Leben und Tod ging. Aiden war oft Hamishs Sekundant gewesen, und obwohl der Begriff auf den jeweiligen Rang hindeutete, wechselten sie die Rollen von Sekundant und Sentinel von Auftrag zu Auftrag. Dies gewährleistete, dass ihre Fähigkeiten ständig geschärft blieben und dass jeder Hüter der Nacht sowohl Befehle erteilen, als sie auch ohne Frage ausführen konnte.

Sie waren Brüder, nicht blutsverwandt, doch durch ein gemeinsames Ziel verbunden: die menschliche Rasse vor dem Einfluss der Dämonen der Angst zu schützen und das Gute in dieser Welt zu fördern.

Aus dem Augenwinkel bemerkte er eine Bewegung und erkannte sofort, dass zwei der Dämonen den Schutz des Wirbels verlassen hatten, vermutlich, um den Nahkampf anzutreten.

Aiden stieß ein bitteres Lachen aus. Sie würden eine Überraschung erleben. Im Nahkampf zu töten war seine Spezialität.

„Kommt und holt mich!“, verspottete er sie und öffnete einladend seine Arme. Ein Windstoß blies durch seinen Mantel, was diesen wild zum Flattern brachte.

Das höhnende Gelächter der Dämonen dröhnte über den Lärm, und für einen Moment war das alles, was Aiden hörte. Sein flehender Blick zu Sarah versank in deren unnachgiebigen Augen. Sie bewegte den Kopf langsam von einer Seite zur anderen, während sie einen weiteren Schritt nach vorne machte. Sie war nur ein schwacher Mensch, und der Einfluss, den die Dämonen über sie hatten, war zu stark, um zu widerstehen.

Er biss die Zähne zusammen und mit der altertümlichen Klinge fest in seiner Faust sprang Aiden auf den ersten Dämon, eine menschlich aussehende Kreatur mit leuchtend grünen Augen. Diese waren das verräterische Zeichen der Bösartigkeit, die in ihrem Inneren lag. Er stieß gegen seinen Gegner, der massiv wie ein Panzer gebaut war. Diese Tatsache brachte Aiden nicht im Geringsten von seinem Vorhaben ab. War er auch nicht so stark wie der Dämon, so war er doch agiler und schneller, was sich im Nahkampf als Vorteil herausstellte.

Knurrend wie ein Tier stach der Dämon einen Dolch nach seiner Brust, aber Aiden wich ihm blitzschnell aus und sprang hinter dessen Rücken. Mit einem einzigen Zug glitt sein Messer entlang des Halses des Dämons und schnitt diesen von links nach rechts auf. Inmitten des überraschten Gurgelns der sterbenden Kreatur spritzte grünes Blut auf die Straße. Aiden stieß sein Knie in den sterbenden Dämon und warf ihn zu Boden.

Aber er bekam keine Gelegenheit aufzuatmen. Mit einem wilden Grunzen sprang der zweite Dämon auf ihn zu und zerrte ihn zu Boden. Der Aufprall drückte alle Luft aus seiner Lunge und machte ihn für einen Moment bewegungsunfähig.

Auf der feuchten Straße liegend, wo der massive Kerl ihn festnagelte, warf er einen raschen Blick auf den Wirbel. Sarah hatte ihn fast erreicht. Ihre Schritte waren jetzt weniger zögerlich. Aiden konnte fast das verführerische Flüstern des dritten Dämons hören, der ihr zuredete, zu ihm zu kommen. Und schwach wie sie war, gehorchte sie ihm.

Doch Aiden durfte das nicht erlauben. All seine Kraft sammelnd, befreite er ein Bein und stieß es hart zwischen die Oberschenkel des Dämons. Glücklicherweise hatten Dämonen auch Eier. Und den Klängen nach zu schließen, die dieser Hundesohn jetzt von sich gab, waren sie genauso empfindlich wie die eines Menschen.

Mit einem Schub stieß Aiden den jammernden Dämon von seiner Brust. Seine Augen suchten nach dem Dolch, den er hatte fallen lassen, als der Schweinehund ihn zu Boden gezwungen hatte. Währenddessen gewann der Dämon seine Kräfte zurück und sprang hoch. Seine Hand umklammerte den Dolch, mit dem er auf Aidens Hals zielte. Dieser rollte sich blitzschnell zur Seite, und entkam somit der tödlichen Klinge um den Bruchteil einer Sekunde. Im selben Augenblick schoss Aiden wieder hoch.

Aber der Dämon war genauso schnell und schlug sein Bein gegen Aiden und katapultierte ihn brutal gegen eine Mauer.

Eine Rippe brach, aber die Macht, die durch Aidens Körper pulsierte, sorgte dafür, dass er keinen Schmerz verspürte. Als ein Unsterblicher war seine Schmerztoleranz um ein Vielfaches höher als die eines Menschen, selbst wenn sein Körper völlig menschlich aussah. Unter der Haut und den Muskeln lagen jedoch die kollektiven Erfahrungen aller Hüter der Nacht, die jemals auf dieser Erde gewandelt waren. Virta nannten sie es, und es verlieh ihnen die Macht, Dämonen zu bekämpfen und sich und andere vor deren Blicken zu verhüllen, als ob sie eine Tarnkappe über sich geworfen hätten. Sie besaßen Fähigkeiten, die den Naturgesetzen widersprachen und die Menschen als übernatürlich bezeichnen würden – wenn sie wüssten, dass die Hüter der Nacht existierten. Aber deren Existenz lag seit Jahrhunderten im Verborgenen. Seit ihren Anfängen in der Dunklen Epoche.

Gerade als Aiden sich aufrappelte, ertastete seine Hand den Dolch, den er zuvor nach der Stirn des ersten Dämons geworfen hatte. Er packte ihn und stürzte sich wieder nach vorne, rammte seinen Angreifer und stach das Messer in den Bauch des Abschaums.

Als sich die Augen des Dämons der Angst ungläubig weiteten, zog Aiden den Dolch nach oben und schlitzte ihn auf, als ob er ein Schwein schlachtete. Eingeweide und grünes Blut quoll hervor und der Gestank füllte die frische Nachtluft, bevor der Dämon zusammenbrach.

Ohne eine Sekunde zu verlieren, wandte sich Aiden um und rannte auf seinen Schützling zu. In einem verzweifelten Versuch, Sarah aufzuhalten, verspannte sich sein Körper und sein langer, schwarzer Trenchcoat flatterte durch die Kraft der wirbelnden Luft und des Nebels, der ihm entgegen blies. Die Hände nach vorne gestreckt, versuchte er, sie zu sich zu ziehen und konzentrierte all seine Energie auf einen einzigen Gedanken: diesen Menschen aus den Fängen des Bösen zu retten.

Wut kochte in ihm hoch wie in einem überlaufenden Kessel. Er konnte den Dämonen nicht erlauben, Sarah zu holen. Jede Seele, die sie auf ihre Seite brachten, machte sie stärker. Bald würden sie wieder aus ihren Höhlen tief in der Unterwelt heraufsteigen und sich die Menschheit unterwerfen. Die Trostlosigkeit dieser Aussicht ließ ihn bis ins Knochenmark erschaudern.

Ein Schrei hinter sich ließ ihn herumwirbeln, wobei er einen Moment lang seine Konzentration verlor. Er entdeckte eine Frau mit einem Kleinkind auf dem Arm, die hektisch eine Türklingel an einem der Wohnhäuser betätigte, ihre Augen vor Entsetzen und Angst geweitet.

Scheiße! Er brauchte keine Zeugen für das, was sich hier abspielte. Aber es gab keine Möglichkeit, dies jetzt zu verhindern. Seine oberste Priorität war, Sarah zu retten.

Er sammelte die uralte Macht, die in jedem einzelnen Hüter der Nacht lebte, und ließ sie durch seinen Körper ziehen und seine Zellen aufladen. Er sprang nach vorne, elektrische Ladungen auf seinen Handflächen wie kleine Flammen tanzend, und griff nach ihr.

Mit zornig funkelnden Augen schob sie ihn zurück. Hinter ihr sah er die Hand des dritten Dämons aus dem Wirbel hervorstrecken, einen Dolch auf seiner Handfläche. Er flüsterte ihr etwas zu und zwang ihr die altertümliche Waffe in die Hand.

Mit Entsetzen bemerkte Aiden, wie sie sie akzeptierte und ihr Handgelenk schnippte, als ob sie dies schon tausende Male getan hätte. Der Dämon hatte jetzt Kontrolle über sie.

Alles was Aiden tun konnte, war, sich zur Seite zu drehen, um der Klinge auszuweichen.

Sarahs Augen färbten sich grün. Indem sie dem Wunsch des Dämons nachgegeben hatte, war sie eine von ihnen geworden.

Ein weiterer Schrei zog seine Aufmerksamkeit auf die Frau hinter sich. Was er sah, drehte ihm den Magen um. Sarahs Dolch hatte das Kleinkind in den Kopf getroffen. Blut sickerte aus der Wunde auf den kleinen weißen Pullover und auf die Hände der Mutter, die verzweifelt versuchte, ihr Baby zu retten.

Verdammt! Er hätte Sarah in dem Moment töten sollen, als er erkannt hatte, dass sie nicht mehr gerettet werden konnte. Jetzt hatte sie einen Unschuldigen getötet. Und er war schuld daran, weil er nicht schnell genug gehandelt hatte. In der Hoffnung, sie retten zu können, hatte er sie leben lassen.

Wieder hatte er versagt. Er spürte, wie seine Vergangenheit nach ihm griff und verdrängte die schmerzhaften Erinnerungen an seinen ersten und bisher einzigen Fehler. Stattdessen konzentrierte er seine Energie auf seinen einstigen Schützling. Ohne zu zögern, zielte er auf sie. Der alte Dolch landete in Sarahs Hals und ließ sie in ihrer Bewegung erstarren. Blut spritzte aus der tödlichen Wunde, als sie in den Wirbel fiel.

Die frustrierten Schreie des Dämons erfüllten die Gasse und Lichtblitze erleuchteten die dunkle Nacht. Einen Augenblick später legten sich Luft und Nebel, und alles wurde ruhig, alles, außer dem Schluchzen der Frau, deren Kind tot in ihren Armen lag.

Aiden blickte zu ihr. Seine Augen füllten sich mit Tränen, als er ihren Schmerz verspürte. „Es tut mir leid“, flüsterte er, sein Herz voller Mitgefühl.

Als er die Stelle erreichte, wo Sarah gefallen war, fand er sie leer vor. Der Wirbel hatte sie verschlungen. Nur sein blutiger Dolch lag am Boden, Beweis dafür, dass er sie getötet hatte. Er hatte keine andere Wahl gehabt. Es war besser, als zuzulassen, dass die Dämonen sie für ihre Zwecke benutzten. Besser für sie und diese Welt. Deshalb konnte er sein Handeln nicht bereuen. Er bedauerte nur, dass er das Unvermeidliche hinausgezögert und nicht früher gehandelt hatte.

In Zukunft würde er nie wieder zögern, einen Menschen zu töten, von dem er annehmen musste, dass er bereits kompromittiert war. Es war besser, es starb ein einziger Mensch, als dass die Dämonen eine weitere Seele erlangten oder ein Unschuldiger leiden musste, wie dieses Kind und seine Mutter leiden mussten. Beim nächsten Mal würde sein Dolch sein Ziel finden, sobald er den Verdacht hatte, dass ein Dämon seinen Schützling beeinflusste. Er würde niemals wieder zögern.

Menschen waren zu schwach. Sie sollten beseitigt werden, sobald sie eine Gefahr darstellten. Der Rat der Hüter hatte Unrecht, zu versuchen, Menschen zu beschützen, wenn sie sich so einfach gegen ihre Beschützer wenden konnten, gegen dieselben Hüter der Nacht, die nur ihr Bestes wollten. Sarah war nicht die Erste, die ihm das bewiesen hatte.

Alte Erinnerungen, die frisch wie eh und je schienen, mahnten ihn nochmals, nie wieder in seiner Entschlossenheit zu wanken. Sein Zögern hatte ihn vor vielen Jahren zu viel gekostet. Als Folge daraus hatte seine ganze Familie gelitten, denn sie hatte jemanden verloren, den sie liebte, und es war seine Schuld gewesen. Sein Herz verkrampfte sich schmerzhaft, als Schuld über den Fehler in seiner Vergangenheit in ihm aufkam. Er durfte nie wieder den gleichen Fehler machen. Das Böse musste unverzüglich beseitigt werden, egal in welcher Form es sich präsentierte: als Dämon oder als Mensch.

2

Als Leila ein dringendes Klopfen an der Tür zu ihrem Labor hörte, hob sie den Kopf von ihrem Mikroskop.

„Dr. Cruickshank? Sind Sie noch da?“

Sie strich ihren Laborkittel glatt und fing ihr Spiegelbild in der Vitrine über der Werkbank, über die sie gebeugt saß, auf. Ihr Pferdeschwanz hielt ihr langes, braunes Haar noch immer zurück, aber mehrere Strähnen waren herausgerutscht und ringelten sich jetzt um ihr Gesicht. Es sah fast so aus, als hätte sich ihr Friseur große Mühe gegeben, ihr Haar so zu legen. Natürlich war das nicht der Fall. Sie hatte schon seit Monaten keinen Friseursalon mehr von innen gesehen. Wie könnte sie es rechtfertigen, kostbare Zeit an ihr Aussehen zu verschwenden, wenn so viel wichtigere Arbeit auf sie wartete?

In den letzten Monaten hatte sie große Fortschritte gemacht. Die klinischen Studien waren vielversprechend, und es schien so, als wäre nur ein wenig mehr Feintuning nötig, bis das Medikament genau das tun würde, was sie wollte: Alzheimer, eine Krankheit, an der ihre Eltern litten, zu stoppen. Das Medikament zeigte sogar Anzeichen, einige Auswirkungen der Krankheit rückgängig machen zu können, obwohl die Chancen, alle bereits durch Alzheimer verursachte Schäden wieder zu beheben, gering waren.

Für ihre Eltern war es ein Wettlauf gegen die Zeit. Es gab Momente, in denen sie gesund erschienen, doch oft wurden ihre Gedächtnislücken enorm, und sie konnte sehen, wie sie immer weiter der Krankheit verfielen. Wenn sie ihre Forschung nicht bald erfolgreich beendete, wären die Schäden, die die Neuronen in ihren Gehirnen verursachten, zu schwerwiegend, als dass ihr neues Medikament sie ausmerzen könnte. Je früher das Medikament verabreicht wurde, desto höher standen die Chancen, dass alle Gehirnfunktionen sich wieder erholen konnten. Obwohl sie wusste, dass ihre Eltern vielleicht nie vollständig geheilt werden würden, klammerte sie sich an die Hoffnung, dass zumindest einige ihrer Gehirnfunktionen wieder ihre früheren Fähigkeiten erlangen könnten.

Mit sechsunddreißig sollte sie Kinder und eine eigene Familie haben, aber für Leila hatte es nie etwas anderes als ihre Arbeit gegeben. Angezogen von dem hohen Einkommen, hatte sie nach dem Abschluss ihres Medizinstudiums in die plastische Chirurgie gehen wollen. Als jedoch zuerst ihr Vater und dann ihre Mutter frühe Anzeichen von Alzheimer gezeigt hatten, hatte sie sofort die Fachrichtung gewechselt.

Leila war plötzlich klar geworden, dass all das Geld ihrer Eltern nichts bedeutete, wenn sie verlieren würden, was sie am meisten liebten: einander. Nachdem sie ihren Facharzt abgelegt hatte, hatte Inter Pharma Interesse an ihrer Forschung gezeigt und ihr einen Job angeboten. Jetzt überwachte sie in ihrem eigenen Labor drei Laboranten und zwei junge Forscher.

Sie liebte es, ein eigenes Labor zu leiten, und die Reglementierung ihrer Arbeit lag ihr. Alles hatte seine Zeit und seinen Platz. So schaffte sie es, mit Krisen umzugehen: indem alle Dinge geordnet waren und sie immer wusste, was als nächstes kam. Sie hatte immer einen Plan. Es gab ihr die Sicherheit, nach der sie sich sehnte, seit ihre Eltern erkrankt waren. Und das Bedürfnis nach Sicherheit spiegelte sich auch in ihrer Arbeit wider.

Während ihr Laborteam viele verschiedene Teile ihrer Forschung ausführte, war Leila die Einzige, die Zugriff auf die kompletten Daten hatte und die Formel des Medikaments kannte. Ihre Daten in Sicherheit zu wissen, war von äußerster Wichtigkeit.

Es war einer der Gründe, warum sie nicht den vernetzten Computer von Inter Pharma, sondern ihren eigenen verschlüsselten Laptop benutzte, dessen Daten sie auf einem Memory Stick sicherte. Diesen versteckte sie in einem mit Diamanten besetzten Anhänger, der an einer Kette um ihren Hals hing. Sie trug diesen Anhänger überall.

Es hatte einen Vorfall gegeben, bei dem ein Mitarbeiter einem anderen Forscher Daten gestohlen hatte, die dann später bei einem anderen Pharma-Unternehmen aufgetaucht waren, welches dann die neue Entdeckung früher auf den Markt gebracht hatte. Ein neues Medikament bedeutete große Mengen an Geld für Inter Pharma. Für Leila jedoch hatte es eine viel größere Bedeutung: ihre Eltern wiederzubekommen und ihre Augen aufleuchten zu sehen, wenn sie ihre Tochter wiedererkannten, bevor es zu spät und ihr Verstand für immer verloren war.

„Dr. Cruickshank?“

Leila schoss von ihrem Stuhl hoch und eilte zur Tür, um sie aufzusperren. Sie hatte sich angewöhnt, ihre Tür zu verschließen, wenn sie alleine im Labor war. Als sie sie jetzt öffnete, sah sie das gerötete Gesicht von Jane, der persönlichen Assistentin des Vorstandsvorsitzenden.

„Oh, gut, Sie sind noch hier. Ich war mir nicht sicher“, plapperte diese.

Leila nickte abwesend. Ihre Mitarbeiter waren bereits gegangen, aber obwohl es schon nach acht Uhr abends war, war sie noch nicht bereit, nach Hause zu gehen. Es gab noch so viele Daten, die sie analysieren musste.

„Jane, brauchen Sie was von mir?“, fragte sie in der Hoffnung, dass die schusselige Sekretärin sich nur ein paar Tütchen Süßstoff oder einen Teebeutel borgen wollte, weil sie wieder einmal vergessen hatte, Nachschub für die Chefetage zu bestellen.

„Mr. Patten hat mich geschickt. Er fragte, ob Sie eine Minute erübrigen könnten, um mit ihm zu reden.“

„Jetzt? Ich dachte, er ist schon längst nach Hause gegangen.“ Es war selten, dass jemand außer ihr und dem Nachtwächter noch so spät arbeitete.

„Schön wär’s! Aber er hatte noch eine späte Besprechung, die gerade erst endete. Natürlich bestand er darauf, dass ich bleibe.“ Jane ließ einen genervten Atemzug von sich. „Also ... könnten Sie? Ich meine, zu ihm ins Büro kommen?“

Leila nickte gedankenverloren, obwohl sie die Unterbrechung hasste.

„Oh, und hätten Sie etwas Süßstoff übrig? Mir ist er ausgegangen.“

Das erklärte nun auch, warum Jane sie nicht einfach angerufen hatte, um sie zum Büro ihres Chefs zu rufen.

Leila drehte sich schnell um, packte eine Handvoll Tütchen mit Süßstoff aus der Schüssel auf dem Kühlschrank und drückte sie in Janes ausgestreckte Hände. Sie verriegelte die Tür hinter sich, dann ging sie flankiert von Pattens Assistentin den langen Flur entlang.

Der Schlüssel, den sie an einer Kette um ihren Hals trug, klimperte gegen ihren Diamantanhänger und verursachte einen fast unheimlichen Klang in dem leeren Flur.

„Ich bewundere schon immer Ihre Halskette“, meinte Jane. „Wissen Sie noch, wo Sie sie gekauft haben?“

„Das war eine Maßarbeit“, antwortete Leila und ignorierte das plötzliche Kribbeln an ihrem Nacken. Hastig warf sie einen Blick über ihre Schulter, sah jedoch nichts außer dem glänzenden Linoleumboden und den sterilen weißen Wänden.

„Maßarbeit?“

Sie nickte Jane zu. „Ja, ein Juwelier hat sie extra für mich angefertigt.“ Um den 64 GB Memory Stick zu verbergen und ihre Forschungsdaten buchstäblich an ihrem Herzen zu tragen. Aber niemand wusste davon. Vielleicht war es Paranoia, vielleicht war es einfach gesunder Menschenverstand, aber sie wollte dafür sorgen, dass ihre Daten niemals verloren gehen würden.

„Sie ist wunderschön. Wo ist sein Geschäft? Ich würde mir gerne etwas Ähnliches machen lassen.“

„Er hat es leider aufgegeben“, log Leila und versuchte, ein bedauerndes Lächeln auf ihre Lippen zu zwingen.

Sie konnte den Namen des Juweliers natürlich nicht verraten. Die Gefahr, dass diesem herausrutschen würde, dass ihr Anhänger innen hohl war und die perfekte Größe für einen Memory Stick hatte, war zu groß. Niemand durfte wissen, dass sie ihre Daten mit sich herumtrug. Allein die Tatsache, dass sie diese nicht auf dem Netzwerk der Firma speicherte, war ein rotes Tuch und hatte ihr ein Treffen mit dem obersten Chef eingehandelt. Zum Glück hatte Patten eingelenkt, als sie ihm klargemacht hatte, dass sie Sorge hatte, ihre Forschungsarbeit könnte gestohlen werden. Patten hatte ihr einen Kompromiss angeboten: Jede Nacht, nach Beendigung ihrer Arbeit, würde sie eine Sicherungskopie der Daten auf einem externen Laufwerk speichern, das sie dann in einen Safe einschloss. Nur ihr eigener Daumenabdruck sowie der von Patten war der Schlüssel für den speziell angefertigten Safe. Damit wurde sichergestellt, dass niemand Unberechtigter darauf Zugriff hatte.

Es schien, als ob ihr Chef annähernd so paranoid war wie sie selbst. Und warum auch nicht? Pharmazeutische Forschung war ein hartes Geschäft. Die erste Firma, die ein neues Medikament entwickelte, hatte einen enormen Vorsprung, mit dem kein anderes Unternehmen konkurrieren konnte. Der Erste zu sein hatte in diesem Geschäft oberste Priorität.

Ihr Laptop war mit einer speziellen Software ausgestattet, die alle Daten auf der Festplatte zerstören würde, sollte jemand versuchen, sich mit einem falschen Passwort einzuloggen. Diese Sicherheitsvorkehrung konnte nicht umgangen werden.

„… also habe ich mich stattdessen für rot entschieden. Was halten Sie davon?“ Jane deutete auf ihre Fingernägel, die in einer grässlichen orangen Farbe lackiert waren. Offenbar war die junge Frau farbenblind, obwohl diese Eigenschaft nur Männern vorbehalten war.

„Nett“, schaffte Leila zu sagen, während sie sich fragte, worüber Jane geplappert hatte, während sie ihren Tagträumen nachgehangen hatte. Es passierte in letzter Zeit so oft: Sie versank einfach in ihren Gedanken und bemerkte nicht einmal die Menschen um sich herum, die sich mit ihr unterhalten wollten.

Der Korridor machte eine Biegung nach links und sie erreichten die Aufzüge. Leila drückte auf den Knopf. Die Türen öffneten sich sofort, und sie trat gefolgt von Jane ein. Ihre Kollegin drückte den Knopf für die Chefetage und die Türen begannen, sich zu schließen. Gerade als sie halbwegs geschlossen waren, piepste etwas und die Türen öffneten sich nochmals.

„Was zum Teufel ist da wieder los?“, fluchte Jane und drückte erneut auf den Knopf. „Diese doofen Aufzüge. Die halbe Woche funktionieren sie nicht und werden angeblich repariert, und den Rest der Woche sind sie schon wieder kaputt.“

Leila schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung. Ich nehme normalerweise die Treppe.“

„Für Sie ist das ja einfach. Sie sind auf der dritten Etage. Versuchen Sie das mal mit der achten, dann geraten Sie in kürzester Zeit außer Atem.“

Leila konnte nicht umhin, einen Blick auf Janes sechs Zentimeter hohe Absätze zu werfen.

Ja, oder Sie brechen sich einen Knöchel.

Aber sie verzichtete darauf, einen Kommentar abzugeben. Es ging sie nichts an, dass Jane nicht in Form war. Leila selbst joggte mindestens vier Mal pro Woche, um gesund und fit zu bleiben. Sowie schlank. Es war ihr aufgefallen, wie viel ihre Mutter zugenommen hatte, als sie sich vor ein paar Jahren ein Bein gebrochen hatte und nicht in der Lage gewesen war, sich viel zu bewegen. Leila wusste, dass sie die Körperstruktur ihrer Mutter geerbt hatte – klein und solide, anstatt groß und schlank – und sie wusste, dass sie, wenn sie sich gehen ließe, eines Tages wie ein Walross aufgehen würde. Daher joggte sie und nahm die Treppe, wann immer sich die Gelegenheit bot.

Als sie in der achten Etage ankamen, wandte sich Jane in Richtung Küche, während sie Leila anwies: „Gehen Sie gleich rein. Er erwartet Sie.“

Leila zog ihren Laborkittel gerade und strich ein paar Haare von dem weißen Stoff. Sich räuspernd hob sie ihre Hand und klopfte an die Tür.

„Herein!“ Der Befehl kam unverzüglich und mit unverwechselbarer Autorität.

Sie verlor keine Zeit, öffnete die Tür und trat in Pattens Büro. Das Zimmer lag im Halbdunkel. Patten, ein Mann Ende Fünfzig mit ergrauten Schläfen und einer sich immer weiter ausbildenden Glatze, saß hinter einem mächtigen Schreibtisch, der von einem großen Halogenlicht beleuchtet wurde. Die fluoreszierenden Lampen an der Decke jedoch waren ausgeschaltet.

„Kommen Sie herein, Dr. Cruickshank. Entschuldigen Sie den Mangel an Licht, aber die Lampen sind gerade durchgebrannt, als ich einen Besucher hatte. Verdammt peinlich. Der Hausmeister muss sich gleich darum kümmern.“

„Guten Abend, Mr. Patten“, antwortete sie und wusste, dass er keine Antwort auf seine Beschwerde über die Beleuchtung erwartete. „Sie wollten mich sehen?“

„Ah, ja. Das stimmt.“ Er strich sich eine Strähne grauen Haares hinters Ohr und machte ihr damit bewusst, dass er, genau wie sie, für einen Friseurbesuch fällig war. Er schien etwas zerzaust zu sein.

Jetzt, wo sie ihn genauer ansah, als sie sich näherte und in dem Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz nahm, bemerkte sie, dass sein Gesicht grau und müde aussah. Als ob er nur wenig schliefe, genau wie jemand anders, den sie kannte: sie selbst. Er war nicht der Einzige, der bei Inter Pharma Überstunden machte. Niemand erreichte die Spitze, ohne etwas dafür aufzugeben.

„Setzen Sie sich ... Ah, Sie sitzen ... Gut, gut …“

Leilas Stirn legte sich besorgt in Falten. Sie hatte ihren Chef noch nie so nervös gesehen. Sie hoffte, dass er keinen Schlaganfall hatte, denn trotz ihrer medizinischen Ausbildung war sie nicht darauf vorbereitet, sich um einen Notfall zu kümmern. Das letzte Mal, als sie einen Patienten behandelt hatte, war sie mitten in ihrer Facharztausbildung beim Massachusetts General Hospital gewesen und das schien Ewigkeiten her zu sein.

„Geht es Ihnen gut?“, fühlte sie sich gezwungen zu fragen, als sich ihre mütterliche Seite regte.

Seine Augen verschärften sich plötzlich und er erschien wieder so klar wie eh und je. „Natürlich, warum auch nicht? Also, ich wollte etwas mit Ihnen besprechen, denn ich hatte Besuch von einem Aktionär.“

Leila beugte sich in ihrem Stuhl nach vorne und brachte ihre überschlagenen Beine wieder parallel. Warum sollte Patten mit ihr über einen Aktionär sprechen wollen? Sie war nicht in die Finanzen des Unternehmens eingeweiht. Abgesehen davon, dass sie Verantwortung für ihr eigenes Laborbudget hatte, war alles andere, was sie tat, reine Forschung.

Adrenalin schoss plötzlich durch sie hindurch. Sie wusste, dass der Aktienpreis vor kurzem eine Talfahrt gemacht hatte. Bedeutete dies, dass die Aktionäre unzufrieden waren und deshalb Programme kürzen wollten? Möglicherweise ihre Forschungsarbeit eliminieren?

„Mein Budget ist bereits sehr knapp.“ Die Worte waren heraus, bevor sie weiter nachdenken konnte. Verdammt! So wie sie sich benahm, hätte sie es nie in den diplomatischen Dienst geschafft. Und wenn sie weiterhin mit solchen Aussagen herausplatzte, würde ihre Karriere als Forscherin mit eigenem Labor bald auf Glatteis landen.

Patten warf ihr einen verwirrten Blick zu. „Was?“

„Entschuldigung, Sie sagten, ein Aktionär besuchte Sie?“

„Ja. Es scheint, dass Mr. Zoltan eine große Menge unserer Aktien gekauft hat, als der Aktienmarkt niedrig lag. Er besitzt nun 36% unserer Aktien, und obwohl ihm das nicht die absolute Kontrolle über das Unternehmen gibt, macht es ihn doch zu unserem größten Einzelaktionär!“

Leila hob ihre Hand von ihrem Schoß. „Ah, Herr Patten, wie Sie wissen, kenne ich mich mit dieser Seite des Unternehmens nicht aus. Meine Forschung –“

„Ich komme schon noch dazu, Dr. Cruickshank.“

Sie nickte schnell, denn sie wollte ihn nicht weiter unterbrechen. Offensichtlich hatte ihn heute etwas aufgerüttelt, und sie hatte kein Interesse daran, ins Kreuzfeuer zu geraten. Es war besser, den Mund zu halten und ihn reden zu lassen. Vielleicht brauchte er nur jemanden, bei dem er seine Sorgen abladen konnte, und abgesehen von Jane und dem Nachtwächter im Foyer war sie die einzige im Gebäude.

Leila seufzte innerlich. Super! Jetzt lud ihr Chef nutzloses Zeug auf sie, wenn sie die Zeit viel besser nutzen könnte, indem sie die Analyse der Daten beendete, zu denen sie noch nicht gekommen war.

„Wie ich schon sagte, Mr. Zoltan besitzt nun einen großen Anteil dieses Unternehmens und das gibt ihm bestimmte Befugnisse. Sie verstehen bestimmt, dass es unklug wäre, so einen Mann zu verärgern und ihm etwas zu verweigern.“ Mr. Patten wischte sich eine Schweißperle von der Stirn, bevor er fortfuhr: „Er könnte eine Wahl erzwingen und praktisch den Vorstandsrat umkrempeln, mich feuern ... äh, wie Sie sehen, habe ich wirklich keine Wahl in der Angelegenheit.“

Er sah sie nervös an. Im Gegenzug breitete sich die gleiche Nervosität in ihr aus, sodass ihre Haut mit Unbehagen zu prickeln begann und ihre Handflächen feucht wurden. Sie rutschte auf ihrem Stuhl bis zum Rand vor, hielt sich jedoch davon ab, etwas zu sagen, da ihr klar war, dass Mr. Patten noch nicht fertig war.

„Er will sich nur versichern, dass seine Investition sicher ist, wissen Sie. Es ist nicht anders, als wenn ein neuer Eigentümer seine Fabrik inspiziert und den Produktionsprozess überprüft. So müssen wir das betrachten.“

Die Produktion überprüfen? Wollte er ihr damit sagen, was sie dachte, dass er da sagte? Er konnte doch unmöglich zulassen ... nein, das würde nie passieren.

„Mr. Patten, ich … ich“, stammelte sie, ihre Gedanken zu aufgewühlt, als dass sie einen zusammenhängenden Satz bilden konnte.

„Mr. Zoltan wird am Montag zurückkehren, um Ihnen über die Schulter zu schauen.“

„Mir über die Schulter schauen?“

Patten nickte, wich jedoch ihrem Blick aus, und starrte stattdessen in die Dunkelheit jenseits des Fensters. „Er möchte mehr über Ihre Forschung erfahren. Scheinbar hat er einen Doktortitel und möchte die Rentabilität des Produktes, an dem Sie gerade arbeiten, beurteilen.“

Leila sprang auf. „Das dürfen Sie nicht zulassen. Meine Forschung … sie ist geheim. Kein Außenstehender darf –”

„Mr. Zoltan ist kein Außenstehender. Ihm gehört praktisch dieses Unternehmen.“

Unglaube wallte in ihr auf, sodass ihre Knie plötzlich wackelten. „Aber Sie haben doch gerade gesagt, dass ihm nur 36% der Aktien gehören, das heißt doch nicht, dass er uns besitzt.“

„In der Unternehmenswelt gibt ihm das genügend Macht über uns, um praktisch alles, was er will, zu erzwingen. Außerdem wissen wir nicht einmal, was für andere Mittel er noch zur Verfügung hat. Wer weiß, vielleicht kann er noch fünfzehn Prozent dazu kaufen, was ihm die absolute Kontrolle über uns geben würde.“

Leila beugte sich über den Schreibtisch. „Bitte, Mr. Patten, das können Sie nicht zulassen. Ich kann keinen Fremden über meine Schulter schauen lassen. Dies ist sensible Arbeit. Wenn jemand meine Formel in die Hände bekommt, kann sie gestohlen werden. Es ist nicht sicher, jemanden im Labor zu haben, der vielleicht –“

„Ich verstehe Ihre Aufregung, Dr. Cruickshank, aber ich habe keine Wahl. Mir sind die Hände gebunden. Ihre Forschung gehört der Firma. Sie ist nicht Ihr Eigentum. Wenn ich Ihnen befehle, jemand anderem Zugriff darauf zu ermöglichen, dann werden Sie dies zulassen müssen“, fügte er mit zusammengebissenen Zähnen hinzu. „Verstehen wir uns?“

Leila wich zurück. Enttäuschung durchlief ihre Adern. „Ich verstehe vollkommen.“ Ihr Kiefer versteifte sich. „Ist das alles für heute Abend?“

Er nickte, und ein müder Ausdruck legte sich über sein Gesicht. „Gehen Sie nach Hause, Dr. Cruickshank. Sie werden sehen, die Sache ist nicht so schlimm, wie Sie im Moment glauben.“

Ohne ein weiteres Wort wandte sie sich um und ging zurück zu ihrem Labor. Sie hielt die Tränen der Frustration zurück, bis sie die Tür hinter sich verriegelt hatte. Dann ließ sie sich in ihren Stuhl fallen, bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen und ließ den Tränen freien Lauf.

Es war nicht fair.

Sie hatte so lange hart dafür gearbeitet, und jetzt kam ein reicher Aktionär mit einem Medizinabschluss, um in ihrer Arbeit herumzuschnüffeln. Was, wenn das nicht alles war, was er wollte? Was, wenn er vorhatte, ihre Forschung an sich zu reißen und den Ruhm für sich beanspruchte? Sie hatte Dinge wie diese schon einmal mit angesehen, als ein Forscher mitten im Projekt gefeuert worden war und ein Neuling den Ruhm für den Erfolg an sich gerissen hatte.

Oder was würde passieren, wenn er nicht kompetent war und die Fortschritte zerstörte, die sie bereits gemacht hatte? Wenn das passierte, würden ihre Eltern nie wieder gesund werden.

Sie konnte nicht zulassen, dass dies geschah. Niemand durfte jemals genug über ihre Forschung herausfinden, um in der Lage zu sein, zu übernehmen. Das war ihr Lebenswerk!

„Sie können mir das nicht wegnehmen, Patten“, murmelte sie und wischte sich die Tränen von ihren Wangen.

Als sie den Stuhl zurückschob, kratzte dieser gegen den Boden und das Geräusch hallte in dem leeren Labor wider. Ihre Beine trugen sie zu dem Wandsafe. Sie drückte ihren Daumen auf den Sensor, der einen Scanner aktivierte. Sie hörte einen Mechanismus klicken. Ein Signalton begleitete das grüne Licht, das ihr bedeutete, dass sie Zugang hatte.

Leila zog die dicke Tür auf und spähte in das dunkle Innere. Sie musste tun, was getan werden musste.

3

Aiden stürmte durch die Tür des Komplexes. Er musste sie nicht öffnen. Sein Körper dematerialisierte sich einfach, damit er das Material durchdringen konnte und materialisierte sich dahinter wieder. Der Prozess ging zu schnell vor sich, als dass das menschliche Auge es aufnehmen hätte können. Alles, was ein Mensch sehen würde, war, dass ein Mann durch eine Tür oder eine Wand ging, das Wie blieb ein Rätsel. Es war eine Fähigkeit, die einzig die Hüter der Nacht besaßen; kein Dämon hatte ein ähnliches Geschick.

Er eilte den Flur entlang. Das riesige Gebäude bestand aus drei oberirdischen Etagen und zwei unterirdischen. Die Wände waren dick, wie dies bei einem alten englischen Schloss der Fall wäre. Es war so erbaut worden, wie seine Vorfahren ihre Festungen gebaut hatten. Deren Vergangenheit war in das Gebäude eingeprägt: Uralte Runen verzierten die Wände und Böden, und Amulette, die das Böse abwehrten, hingen über jeder Tür und jedem Fenster.

Es gab viele Komplexe der Hüter der Nacht, die auf der ganzen Welt verstreut waren, Orte, an denen die Brüder und die wenigen Schwestern zusammen lebten. Alle Komplexe waren durch die kollektive Macht der Hüter der Nacht, ihrem Virta, geschützt und könnten genauso gut unsichtbar sein. Ein alter hypnotisierender Zauberspruch sorgte dafür, dass die Gebäude von Menschen nicht bemerkt wurden.

Im Inneren waren keine Menschen erlaubt. Nicht einmal den Schützlingen der Hüter der Nacht konnte vertraut werden, den Standort geheim zu halten. Es gab immer die Möglichkeit, dass einer von ihnen sich gegen sie wenden und sie schließlich an die Dämonen verraten würde.

Innerhalb der Mauern des Komplexes konnten die Hüter der Nacht ihre Energie nach jeder Mission wieder aufladen, Energie, die sie verbraucht hatten, während sie ihre Schützlinge vor den Dämonen tarnten.

Längst vergessene Waffen wurden in den riesigen unterirdischen Gewölben aufbewahrt, Waffen, die sogar einen unsterblichen Hüter der Nacht töten konnten. Während keine menschliche Waffe wie eine Pistole oder ein Messer Aiden und seine Brüder und Schwestern dauerhaft verletzen konnte, hatten die in der Dunklen Epoche geschmiedeten Waffen die Macht, sowohl die Hüter der Nacht als auch die Dämonen der Angst zu töten.

Als Aiden in die große Küche stürmte, die das Zentrum des Hauses darstellte, scannten seine Augen schnell die dort Versammelten. Manus war damit beschäftigt, den Kühlschrank zu plündern. Er war nur mit einer eng anliegenden Lederhose bekleidet, seine vernarbte Brust entblößt, während Logan sich einen Drink einschenkte. Er sah aus, als ob er gerade erst aufgewacht wäre.

Enya, die einzige Frau in ihrem Komplex, lümmelte in einer Ecke der großen Couch im angrenzenden Wohnzimmer. Ihr langes blondes Haar war geflochten und in Kreisen auf ihrem Kopf hochgesteckt. Sie trug es selten offen und Aiden konnte nur vermuten, dass es mittlerweile bis zu ihrer Taille reichte. Anstatt das Fußballspiel, das auf dem riesigen an der Wand montierten Fernseher lief, anzuschauen, steckte ihr Kopf in einem Buch.

Aiden fluchte. „Wo zum Teufel ist er?“

Alle Köpfe drehten sich zu ihm um. Manus knallte die Kühlschranktür zu und legte in Plastik verpackte Wurst auf die Kücheninsel.

„Ich befürchte, dass ich mich im Gedankenlesen arg schwertue, also wie wär’s mit einem Namen?“ Manus wechselte einen Blick mit Logan, der seinen Drink in einem Zug hinunterkippte.

„Jemand ist aber heute schlecht drauf“, fügte Logan hinzu, als wolle er ihn provozieren.

Aiden spürte, wie er wütend wurde und straffte seine Haltung.

„Manus hat schon recht“, warf Enya plötzlich ein, ohne von ihrem Buch aufzuschauen.

„Ich will Hamish!“ Aiden spürte, wie der Atem aus seiner Lunge wich. Die Wut darüber, dass sein Sekundant ihm nicht zu Hilfe gekommen war, stieg mit jeder Sekunde.

Logan grinste und hob die Whiskyflasche noch einmal. „Hatte keine Ahnung, dass ihr Jungs euch so nahe seid! Aber na gut, wenn du Hamish willst, dann –“

Aiden packte Logan an der Kehle, bevor dieser seinen Satz beenden konnte, und schleuderte ihn gegen die Ofentür. „Ich bin nicht in der Stimmung für deine verdammten Witze. Ich frage nochmals: Wo zum Teufel steckt Hamish?“

Sein Gefangener stieß ihn weg und schüttelte seine Hände mit mehr Anmut ab, als ein so massiv gebauter Mann in der Lage sein dürfte. Während Logan sorgfältig sein T-Shirt gerade richtete und seine Schultern lockerte, warf er Aiden einen wütenden Blick zu.

„Ich habe Hamish seit zwei Tagen nicht gesehen. Er war doch mit dir zusammen. Also verpiss dich und lass mich mein Fußballspiel anschauen.“

Logan drehte sich um und ging zur Couch, wo er sich in die Ecke gegenüber Enya fallen ließ. Die Wucht, mit der er sich hinsetzte, erschütterte die Kissen so, dass Enya fast ihr Buch fallen gelassen hätte. Jedoch hob sie nur eine Augenbraue.

„Testosteron“, murmelte sie vor sich hin.

Logan kniff die Augen zusammen. „Als ob du darüber Bescheid wüsstest!“

„Halt die Klappe!“, kam Manus’ Antwort, bevor Enya nach ihrem Dolch greifen konnte, der immer an ihrer Hüfte saß, selbst wenn sie sich entspannte.

„Arschloch“, zischte sie.

Manus sah Aiden an. „Und wenn’s um Hamish geht: Wenn er nicht mit dir zusammen ist, dann ist er vielleicht in einen Hinterhalt geraten.“

„Dann sollten wir sein Handy anpeilen, um ihn zu finden“, vervollständigte eine Stimme von der Tür Manus’ Aussage.

Aiden wirbelte seinen Kopf dem Neuankömmling entgegen: Pearce.

„Er vernachlässigt doch normalerweise seine Aufgaben nicht“, fuhr Pearce fort, als er den Raum betrat.

Aiden nickte. Pearce hatte recht.

„Ich war in der Unterzahl.“

Eine weiche Hand berührte seinen Arm. Sein Kopf wirbelte nach rechts. Enya hatte sich genähert, ohne dass er es bemerkt hatte. „Was ist heute passiert?“

Aiden stützte sich mit einer Hand an der Küchentheke ab. Er kniff die Augen zusammen. „Ich rief Hamish an, aber er ist nicht gekommen. Ich konnte sie nicht länger in Schach halten. Ich tötete zwei von ihnen, aber der dritte blieb innerhalb der Schutzzone des Wirbels. Er war zu stark. Er hatte vollkommene Macht über sie.“ So sehr, dass sie versucht hatte, ihn zu töten, und stattdessen … „Mein Schützling hat ein unschuldiges Kind getötet. Ich musste sie eliminieren.“

„Fuck!“, fluchte Manus.

„Nicht schon wieder eine!“, fügte Logan an.

„Verdammt noch mal, was zum Teufel hast du gemacht, Aiden, bei deiner Aufgabe gepennt? Warum war sie nicht getarnt?“, presste Manus zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Aiden erlaubte der Wut, aus seinen Augen zu lodern, als er Manus konfrontierte. „Ich habe sie beschützt so gut ich konnte!“

„Wenn du sie vollständig getarnt hättest, wäre sie jetzt nicht tot!“

„Was unterstellst du mir?“, fauchte Aiden.

„Du weißt genau, was ich damit meine!“, konterte Manus und kam näher. „Wenn du wolltest, dass sie richtig getarnt wäre, dann hättest du sie verdammt noch mal die ganze Zeit berühren sollen!“

Aiden wusste genau, worauf Manus anspielte. Er und alle Hüter der Nacht hatten zwei Möglichkeiten, Menschen zu tarnen: entweder durch Gedankenkraft oder durch Berührung. Die erste benötigte mehr Energie, aber ebenso wie ein Handy-Signal abgefangen oder unterbrochen werden konnte, war es möglich, auch hier die Verbindung zu unterbrechen und den Schützling versehentlich zu enttarnen. Die zweite Möglichkeit brachte andere Probleme mit sich. Die Berührung eines Hüters der Nacht konnte als intim empfunden werden, selbst wenn sie nicht so gedacht war.

„So wie du sie berührst? So wie du vorgibst, etwas für sie zu empfinden, damit sie dir vertrauen? Das nenne ich nicht beschützen! Das verstößt gegen jede einzelne Regel!“, brummte Aiden.

„Ich scheiß auf die verdammten Regeln. Regeln sind für Menschen, die nicht für sich selbst denken können.“

„Und du brichst jede einzelne.“ Aiden fühlte, wie sich seine Brust hob. Er konnte nicht wie Manus sein, der vorgab, jede Frau, die unter seinem Schutz stand, zu lieben, damit er eine todsichere Methode hatte, die Frau jederzeit zu tarnen. Er auf der anderen Seite bevorzugte es, Menschen nicht zu berühren, wenn er es vermeiden konnte. Außer für einen gelegentlichen One-Night-Stand mit einer menschlichen Frau, war er nicht an Menschen interessiert. Nicht mehr. Nicht nach dem, was ein Mensch seiner Familie angetan hatte.

„Du fickst sie, damit du keine zusätzliche Energie aufwenden musst!“

Der Vorwurf brachte ihm nur ein Grinsen von Manus ein.

„Das würde ich nicht sagen. Ich verbrauche dabei genügend Energie.“

Bevor Manus sich abwenden konnte, landete Aiden einen Schlag in dessen Gesicht und wischte ihm damit das Grinsen von den Lippen.

Verdammt, es fühlte sich gut an, jemanden zu schlagen! Jemanden zu verprügeln, und seine Wut und Frustration an jemandem auszulassen. Vielleicht würde ihn das abstumpfen.

Ein Aufwärtshaken zu seinem Kinn peitschte Aidens Kopf zurück. Einen Augenblick später schmeckte er Blut, ignorierte es jedoch, um Manus den Schlag zurückzuzahlen. Sich mit seinem rechten Bein gegen die Küchentheke stützend, stieß Aiden den Barhocker zu Boden und stürzte sich auf seinen Kollegen. Die Wucht schleuderte Manus gegen den Kühlschrank, der unter dem Aufprall ächzte.

„Schweinekerl!“, spuckte Manus heraus. „Es geht dir doch nicht darum, welche Regeln ich gebrochen habe. Tu nicht so, als hättest du nie selbst daran gedacht, wie schön es wäre, ab und zu mal eine Regel zu brechen.“ Er warf ihm ein teuflisches Grinsen zu.

„Fick dich!“ Es gab genug willige Frauen in den Bars, die Aiden frequentierte. Er musste seine Schützlinge nicht vögeln. Sex war Sex – und solange die Frau heiß war, was es ihm egal, wer sie war, solange sie nicht sein Schützling war. Er hielt Abstand zu seinen Schützlingen, sowohl emotional als auch physisch, wohl wissend, dass der Tag kommen könnte, wo er so wie heute Abend eine von ihnen töten müsste. Er konnte nicht zulassen, dass ihm seine Gefühle in die Quere kamen.

„Und hör auf, mir die Schuld an deinem Versagen zu geben! Ich spiele heute nicht Sündenbock“, knurrte Manus und unterbrach Aidens Gedanken. Damit brachte er ihn zurück zur Hauptsache.

Er konnte nur sich selbst die Schuld dafür geben, was heute passiert war. Sich und Hamish. Und sobald er seinen Sekundanten aufgespürt hatte, würde dieser dafür bezahlen.

Manus zu Brei zu schlagen würde seinen Schützling nicht zurückbringen und das Geschehene nicht ungeschehen machen.

„Ach, Scheiße!“, fluchte Aiden und senkte seine Faust. „Ich habe versagt.“ Er hob seine Augen und traf auf Manus’ Blick, aber statt des spöttischen Glanzes, den er dort erwartet hatte, begegnete ihm Mitgefühl.

Manus schob sich vom Kühlschrank weg und ging an ihm vorbei. „Gewöhn dich daran.“

Aiden packte seine Schulter und drehte ihn herum. „Was meinst du damit?“

„Hast du die Berichte von den anderen Komplexen nicht gelesen?“

„Und wann glaubst du, hätte ich die Zeit gehabt, dumme Berichte zu lesen?“ Er war schon seit mehreren Wochen mit diesem Auftrag beschäftigt gewesen und hatte kaum Zeit gehabt, ab und zu zurück zum Komplex zu eilen, um die nötigsten Dinge zu erledigen.

Aiden wischte sich das Blut vom Mund und blickte die anderen im Raum an.

Pearce räusperte sich. „Die Dämonen werden immer stärker. Die anderen Komplexe berichten von mehr und mehr Verlusten.“

Aiden schüttelte ungläubig den Kopf. „Wie?“

„Sie scheinen irgendwie zu wissen, wo sich unsere Schützlinge aufhalten. Obwohl sie getarnt sind, spüren sie sie auf.“

„Das ist unmöglich“, protestierte Aiden und sah Logan und Enya an. „Sie haben solche Fähigkeiten nicht. Sie können unsere Schützlinge nicht spüren, wenn sie getarnt sind.“

Enya nickte ernst. „Das stimmt schon, aber was ist, wenn sie diese Sinne nicht brauchen? Was, wenn sie auf andere Weise herausfinden, wo unsere Schützlinge sind?“

Aiden wollte Enyas Gedankengang nicht folgen und holte Luft. „Das kannst du doch nicht meinen.“

Logan schnaubte. „Warum nicht? Unsere Gefühle sind gar nicht so anders als die der Menschen, die wir beschützen. Warum glaubst du also, dass wir alle der Versuchung widerstehen können?“

„Aber dafür sind wir trainiert worden.“ Aidens Stimme erstarb. Er schluckte trotz seiner trockenen Kehle. Sein nächster Gedanke kam wie aus dem Nichts. „Aber Hamish. Du kannst doch nicht meinen, dass er und die Dämonen …“

„Er war nicht da, um dir Rückendeckung zu geben. Und wie haben die Dämonen überhaupt deinen Schützling gefunden, wenn du sagst, dass du sie getarnt hast?“, fragte Logan.

„Wer würde besser wissen, wo du dich mit deinem Schützling aufhältst als dein Sekundant?“, fragte Manus.

„Ein Verräter? Du denkst, Hamish hat mich an die Dämonen verraten?“

Als die Worte seine Lippen verließen, krampfte sich sein Herz schmerzhaft zusammen. Aiden lehnte sich gegen die Küchentheke, damit seine Knie nicht unter der Belastung einknickten. Es war unmöglich. Hamish war wie ein Bruder für ihn. Ein Bruder, mit dem er gelegentlich zusammenstieß, aber trotz allem ein Bruder.

„Wir müssen ihn finden.“ Aiden sah Pearce an. „Peile sein Handy an. Vielleicht liegt er irgendwo und ist verletzt.“

Er legte all seine Hoffnungen in seine letzten Worte. Es war besser, dass der Grund, warum Hamish ihm nicht zu Hilfe gekommen war, war, weil er verletzt war. Dass er sich den Dämonen angeschlossen hatte, war ein Gedanke, der zu schrecklich war, um ihn zu Ende zu führen.

4

Barclay klopfte mit dem Hammer und forderte damit Ordnung im Ratssaal. Das Gemurmel der Ratsmitglieder wurde langsam leiser. Als schließlich alle verstummten, blickte er in die Gesichter der Männer und Frauen, die um den Tisch, der einen Halbkreis bildete, versammelt waren. Alle waren erfahrene Hüter der Nacht, sieben Männer und zwei Frauen mit großem Wissen und außergewöhnlichen Fähigkeiten, die ihrem Volk seit vielen Jahrhunderten dienten. Sie waren für den Rat der Neun, der Regierung ihrer altertümlichen Rasse, von Hand ausgewählt worden. Als Richter, Geschworene und Henker in einem, trug der Rat eine schwere Bürde. Doch jedes Mitglied trug seine Pflicht mit Stolz.

Umgeben von alten Runen, die in die Steinmauern der Kammer eingraviert waren, und geschützt durch die kollektiven Kräfte der Hüter der Nacht, war dies ihr inneres Heiligtum, ein Ort, wohin nur wenige andere Hüter je einen Fuß setzen durften. Wichtige Entscheidungen wurden innerhalb dieser Mauern getroffen, Entscheidungen, die Leben oder Tod für die Menschen ebenso wie für die Hüter der Nacht bedeuteten.

Während Barclay als Primus Inter Pares, der Erste unter Gleichen, in der Mitte des Tisches saß, spürte er das Gewicht der Verantwortung auf seiner Brust. Er verspürte den Wind des Wandels und wusste, dass ihre Welt am Rande von etwas Neuem stand, etwas, das das Leben zum Schlechteren verändern könnte, wenn er und die Hüter der Nacht es nicht aufhalten konnten. Wenn er nur wüsste, was ihnen bevorstand.

Barclay räusperte sich und wandte sich dem großen Mann zu, dessen braune Augen besorgter als üblich dreinblickten und dessen dunkelbraune Haare noch zerzauster wirkten.

„Geoffrey, du hast diese Sitzung einberufen. Der Rat ist begierig, deinen Bericht zu hören.“

Geoffrey stand auf. „Brüder, Schwestern, Primus.“ Er nickte Barclay zu. „Ich habe beunruhigende Berichte von unseren Emisarii erhalten. Informationen sind aufgetaucht, die Dämonen hätten ein Serum entdeckt, das die Menschen anfälliger für ihre Einflüsse machen könnte.“

Ein kollektives Keuchen ging durch die Versammelten. Barclay holte tief Luft, denn der Gedanke, dass so etwas möglich war, schockierte ihn bis ins Knochenmark. War das der Wechsel, den er seit einiger Zeit verspürte?

„Dämonen sind nicht der Hexerei fähig!“, protestierte Finlay lautstark.

„Von so etwas habe ich noch nie gehört!“ Riona, eine der beiden weiblichen Ratsmitglieder, warf ihre Hände in einer dramatischen Geste in die Luft. „Außerdem sind die Hexen unsere Verbündeten, nicht die der Dämonen.“

Barclay schlug den Hammer auf den Tisch. „Ruhe!“

Die Ratsmitglieder verstummten, als er einen tadelnden Blick auf sie richtete. Dann wandte er sich wieder Geoffrey zu. „Setze deinen Bericht fort.“

Geoffrey warf Finlay einen spitzen Blick zu und öffnete seinen Mund. „Keine Hexerei. Da sind wir uns einig, mein Freund.“

Barclay war sich bewusst, dass Geoffrey und Finlay selten übereinstimmten. Er hatte schon genügend Streitereien zwischen den beiden sturen Hütern schlichten müssen. Dieses Mal hoffte er, dass kein solcher Kampf ausbrach. Die Umstände waren zu ernst, um Zeit für eine sinnlose Zurschaustellung überschüssigen Testosterons zu verschwenden, als ob die beiden grüne Jugendliche wären und nicht die harten Männer, die seit Jahrhunderten an seiner Seite kämpften.

„Aber ich spreche nicht von Hexerei. Ich spreche von Wissenschaft.“

„Wissenschaft?“, wiederholte Finlay fassungslos.

Ein grimmiges Nicken unterstrich Geoffreys Antwort. „Pharmazeutische Forschung. Dr. Leila Cruickshank –“ Er reichte ein Foto herum. „– ist eine talentierte Forscherin für Inter Pharma. In den letzten Jahren hat sie ihr Leben der Suche nach einem Heilmittel für Alzheimer gewidmet.“

„Sehr bewundernswert. Aber was hat das mit uns zu tun?“, unterbrach Wade und strich sich mit den Fingern durch seine dunkelblonden Haare. „Außerdem haben dies viele andere vor ihr versucht, und niemandem ist es bisher gelungen.“

„Hat diese Frau Dr. Cruickshank es geschafft?“, fragte Finlay und wies auf das Bild, das Barclay in diesem Moment bekam.

Barclays Blick fiel auf das Gesicht der jungen Frau. Das Bild war aus großer Entfernung durch ein Fenster aufgenommen worden. Trotz dieser Tatsache hatte das Objektiv das Wesentliche eingefangen: Ihre angenehmen, aber entschlossenen Züge, ihre gerade Nase und ihre stechenden Augen unterstrichen, was Geoffrey gesagt hatte. Sie trug einen weißen Kittel und saß vor einem Computer, den Blick voller Faszination auf den Bildschirm gerichtet. Ihre langen dunklen Haare waren in einem lässigen Pferdeschwanz zusammengebunden, aus dem einige Strähnen heraushingen, die nun ihre klassischen Züge umrahmten und ihr Gesicht damit erweichten.

„Unser Emissarius berichtet, dass sie am Rande eines Durchbruchs steht. Den Laborberichten nach, zu denen er Zugang bekommen konnte, zeigen frühe klinische Studien: Das Serum kann scheinbar ... den Geist öffnen.“

„Öffnen?“, wiederholte Barclay. „Erkläre, was du damit meinst.“

„Bei Alzheimer werden Neuronen und Synapsen im Gehirn zerstört und schalten damit das Gehirn ab, sperren Erinnerungen und Erfahrungen weg, sodass sich die Menschen nicht einmal mehr an ihre Familien erinnern können. Wenn dieses Serum das tut, was wir vermuten, dann kann es einige dieser Schäden rückgängig machen.“

„Das ist ja dann eine gute Sache“, meinte Deirdre und strich ihr langes Haar über ihre Schultern zurück. „Also nehme ich an, du willst, dass wir sie schützen?“

Geoffrey schüttelte den Kopf und blickte mit ernster Miene in die Runde. „Ganz im Gegenteil. Ich will, dass sie beseitigt wird.“

Finlay schoss von seinem Stuhl hoch. „Was?“

„Wir haben geschworen, die Menschen zu beschützen und das Gute in der Welt zu fördern“, fügte Deidre hinzu und legte eine Hand auf Finlays Arm, um ihn zu drängen, sich wieder zu setzen. „Und du willst das Gegenteil tun?“

„Dafür solltest du aber besser einen verdammt guten Grund haben“, biss Wade heraus.

Als Norton, Ian und Cinead, die drei Ratsmitglieder, die bisher ruhig geblieben waren, sich räusperten, stand Barclay auf und bedeutete allen zu schweigen. Dann wandte er sich Geoffrey zu.

„Ich möchte auch gerne deinen Gedankengang nachvollziehen können. Alzheimer plagt schon seit vielen Jahren die Menschheit und ihnen eine Heilung für diese Krankheit vorzuenthalten …“ Er schüttelte den Kopf. „Sprich weiter!“

Geoffreys Wangen sahen erhitzt aus, als er fortfuhr. Offensichtlich lag ihm dieses Thema am Herzen. „Genauso wie dieses Serum Alzheimer stoppen und einige der hinterlassenen Schäden wieder reparieren kann, sodass die Neuronen und damit die Erinnerungen wieder frei fließen können, kann dieses Medikament den Geist eines Menschen öffnen, um Dämonen einfachen Zugang zu gewähren. Die natürliche Resistenz, die die Menschen besitzen, um dem Einfluss der Dämonen der Angst zu widerstehen, wäre wie weggeschmolzen. Es gäbe keine Blockierung mehr, kein Tor. Der menschliche Geist würde offen sein wie ein Schultor am Abschlusstag. Und wenn Inter Pharma dieses Medikament nicht nur zur Behandlung von akuten Alzheimer-Patienten benutzt, sondern es auch als Impfstoff einsetzt …“

Geoffrey musste seinen Satz nicht beenden. Jedem im Raum war klar, was das bedeutete. Von jung an würden alle Menschen die Dämonen praktisch dazu einladen, in ihren Verstand einzudringen und sich von ihnen manipulieren lassen.

„Niemand würde ihnen widerstehen können“, meinte Cinead mit besorgter Stimme und stand auf. Er nickte in Richtung Barclay. „Darf ich mich äußern?“

Mit einer Handbewegung zeigte Barclay seine Zustimmung. Cinead, der Schotte, der schon länger als alle anderen ein Ratsmitglied war, aber noch nie eine Nominierung als Primus akzeptiert hatte, war der weiseste unter ihnen. Er wägte stets alle Seiten eines Problems ab, bevor er eine Entscheidung traf.

„Geoffrey, du sagtest, dein Emissarius hat Laborberichte eingesehen. Sind diese für uns zur Begutachtung verfügbar?“

„Ich kann sie beschaffen, wenn du mir nicht glauben willst.“ Cineads Wunsch schien ihn zu verärgern.

„Ich würde sie gerne sehen und die Daten selbst studieren. Wir können nicht kaltschnäuzig einen Menschen aufgrund eines Berichts eines Emissarius’ beseitigen, der möglicherweise nicht über die entsprechenden Kenntnisse verfügt, um dieses Problem beurteilen zu können. Wir haben noch nie aufgrund von Gerüchten oder Vermutungen gehandelt. Und damit sollten wir jetzt auch nicht anfangen.“

Geoffrey schnaubte. „Ich besorge dir die verdammten Berichte, aber ich sage dir, wir dürfen keine Zeit verlieren. Wenn wir nicht verhindern, dass das Medikament auf den Markt gebracht wird, hat es das Potenzial, die menschliche Rasse und als Folge uns alle zu vernichten.“

„Ich stimme Geoffrey zu“, sagte Riona. „Zumindest muss der Zugriff auf das Medikament beschränkt werden, bis wir mehr wissen. Wenn die Dämonen es in die Hände bekommen, werden sie in der Lage sein, es zu reproduzieren und unter der menschlichen Bevölkerung zu verteilen.“

„Ich nehme an, es muss durch eine Injektion verabreicht werden, oder nicht?“, wollte Norton wissen. Seine Augenbrauen zogen sich zu einem tiefen Stirnrunzeln zusammen.

Geoffrey zuckte mit den Schultern. „Nicht jeder Impfstoff wird mit einer Nadel verabreicht. Sollten die Dämonen ihn in die Hände bekommen, was würde sie davon abhalten, ihn in die menschliche Nahrungskette oder die Wasserversorgung einzuschleusen? Sie müssen davon abgehalten werden, bevor es so weit kommt. Wir müssen alle Spuren von Dr. Cruickshanks Forschung sowie alle Proben des Medikaments zerstören.“

„Wenn das Medikament wirklich das tut, was du sagst“, räumte Norton ein, „dann stimme ich mit Cinead überein: Wir werden nicht eingreifen, bis der Sachverhalt bestätigt worden ist.“

„Die Fakten erscheinen ziemlich klar“, meinte Ian. „Dr. Cruickshanks Forschung ist gefährlich. Wir müssen uns darum kümmern. Jede Minute, die wir hier sitzen und mit Diskussionen verschwenden, bringt die Dämonen näher ihrem Ziel entgegen, wenn sie die Forscherin nicht schon gefunden haben.“

„So viel ist dir also ein menschliches Leben wert“, sagte Riona. „Was, wenn es dein Leben wäre?“

„Ich bin unsterblich“, knurrte Ian.

„Auch du kannst getötet werden“, presste Riona hervor. „Mit den richtigen Waffen.“

Barclay knirschte mit den Zähnen. Er hatte keine Lust, Zeuge eines Streits zwischen den beiden zu werden. „Entweder bleibt ihr bei euren Anmerkungen beim Thema, oder ihr könnt eure Meinungsverschiedenheiten draußen austragen. Für was entscheidet ihr euch?“

Als er sie mit einem strengen Blick ansah, drückten beide ihre Lippen zusammen.

Wade warf einen Blick auf die zwei, dann richtete er sich auf seinem Stuhl auf. „Wenn das, was Geoffrey sagt, wahr ist, wähne ich die Menschheit in großer Gefahr. Und es gibt wirklich nur einen Weg, eine Bedrohung wie diese zu handhaben. Wir sind nicht nur Hüter, wir sind auch Krieger; Kollateralschäden sind zu erwarten.“