Der Club der toten Monster - Larry Correia - E-Book
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Der Club der toten Monster E-Book

Larry Correia

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Beschreibung

Monster jagen macht Spaß - es sei denn, sie schießen zurück!

Owen Pitt liebt seinen Job. Denn was könnte schöner sein, als sich tagtäglich mit Vampiren, Werwölfen oder alten Göttern anzulegen? Leider gehört es in diesem Berufsfeld auch zum guten Ton, sich stets neue und übermächtige Feinde anzuschaffen. Diesmal bekommt es Owen mit einem Totenkult zu tun, der von einem fanatischen Nekromanten angeführt wird. Und der hat es ganz speziell auf Owen abgesehen ...

Die Monster Hunter - spannende Urban Fantasy von Bestsellerautor Larry Correia:

Band 1: Die Monster, die ich rief
Band 2: Der Club der toten Monster
Band 3: Ein Monster kommt selten allein
Band 4: Monster sehen und sterben
Band 5: Ein Monster sieht rot
Band 6: Monsterzähmen leicht gemacht

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.


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Inhalt

Cover

Grußwort

Über dieses Buch

Titel

Widmung

Danksagung

Zitat

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Epilog

Über den Autor

Weitere Titel des Autors

Impressum

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Über dieses Buch

Owen Pitt liebt seinen Job. Denn was könnte schöner sein, als sich tagtäglich mit Vampiren, Werwölfen oder alten Göttern anzulegen? Leider gehört es in diesem Berufsfeld auch zum guten Ton, sich stets neue und übermächtige Feinde anzuschaffen. Diesmal bekommt es Owen mit einem Totenkult zu tun, der von einem fanatischen Nekromanten angeführt wird. Und der hat es ganz speziell auf Owen abgesehen …

LARRY CORREIA

DER CLUB DER TOTEN MONSTER

Aus dem amerikanischen Englisch von Michael Krug

Dieser Roman ist Diamantine gewidmet.

Danksagung

Danke an die Mitglieder von Reader Force Alpha für die Rückmeldungen und Korrekturen. Leute, ihr wisst einfach alles. Mein besonderer Dank gilt Kathy Jackson und Bob Westover fürs Korrekturlesen, Rabbit Boyett für die künstlerische Gestaltung, Toni Weisskopf und ihrem tollen Team bei Baen sowie dem Koffein von etwa tausend Vanilla Cokes.

»Wenn Monster Albträume haben,dann träumen sie von uns.«

MHI-Firmenhandbuch

Kapitel 1

Vor weniger als einem Jahr waren meine Illusionen zerbrochen, und die wahre Welt hatte mich in Empfang genommen. Bis dahin hatte ich mich als vollkommen durchschnittlich betrachtet und ein normales Leben mit einer gewöhnlichen Karriere geführt. All das änderte sich in der Nacht, als sich mein Vorgesetzter in der Buchhaltungskanzlei in einen Werwolf verwandelte und mich fressen wollte.

Also, es gibt im Wesentlichen zwei Arten, wie man sich verhalten kann, wenn man mit einem solchen Problem konfrontiert wird. Die meisten Menschen nehmen bei etwas so abscheulich Unmöglichem Embryonalstellung ein und sterben. Diejenigen hingegen, die dazu bestimmt sind, Monsterjäger zu werden, krempeln die Ärmel hoch und kümmern sich um die Sache. Um ein Haar hätte der Wolf mir das Licht ausgepustet, aber ich hab ihn aus einem Fenster im vierzehnten Stock geworfen. Er ist gestorben, nicht ich. Das macht mich zum Sieger.

Nach jener ersten Begegnung wurde mir ein Jobangebot unterbreitet. Anscheinend sind Überlebende wie ich nicht allzu verbreitet, weshalb es sich für diese spezielle Branche ziemlich gut im Lebenslauf macht, ein Monster erledigt zu haben. Ich wurde von Monster Hunter International eingestellt, dem führenden Unternehmen für die Monsterbeseitigung, das die Branche zu bieten hat. Wir beschützen die Menschheit vor übernatürlichen Kräften, die aus unseren finstersten Albträumen hervorgekrochen kommen, und im Gegenzug bezahlt man uns richtig dicke Knete.

Kurz nachdem ich meinen neuen Job angetreten hatte, bekam es MHI mit etwas unaussprechlich Bösem aus der Vergangenheit zu tun. Wir mussten alles in die Waagschale werfen, was wir hatten, um zu überleben. Doch letzten Endes wurde der Verfluchte besiegt, und ich hatte buchstäblich die Welt gerettet.

Ich wurde zum Mitarbeiter des Monats gekürt.

*

Der größte Chupacabra des Rudels ragte gerade mal einen Meter zwanzig über den Boden, doch was den kleinen Scheißern an Masse fehlte, machten sie durch schiere Wildheit wett. Dass sie nicht an ihr Abendessen gelangen konnten, ließ sie noch unleidlicher als sonst auftreten. Die Landpomeranze hatte gerade vergeblich am Motor ihres liegen gebliebenen Chevy Vega herumgefingert, als der erste Chupacabra schnuppernd auf der Dschungelstraße aufgetaucht war. Ihre Schreie, als sie sah, wie die kleine Kreuzung aus Dämon, Echse und Insekt gleich einem bizarren Miniaturkänguru den Trampelpfad entlang auf sie zugehopst kam, hatten die Kreatur zu Raserei angestachelt. Es war der Frau nur mit Müh und Not gelungen, vor den zuschnappenden Kiefern ihres Verfolgers ins Auto zu hechten. Ihr unablässiges Kreischen, das hinter den verriegelten Türen der alten Rostschüssel hervordrang, hatte dann den Rest des Rudels angelockt. Mittlerweile krabbelte ein gutes Dutzend der Kreaturen auf dem Fahrzeug herum.

Normalerweise greifen Chupacabras keine Menschen an. Die Stechröhrchen, die aus ihren Mäulern schießen, können einen menschlichen Schädel zwar so mühelos durchdringen wie ein Schraubenzieher eine Milchverpackung, trotzdem halten sie sich in der Regel instinktiv an kleine Tiere. Aber hat ein Chupacabra-Rudel erst Menschenblut geschmeckt, gibt es kein Halten mehr, und die Todesfälle mehren sich. Soweit ich es nach meiner bisherigen Erfahrung in dieser Branche beurteilen kann, müssen Menschen entweder extrem schmackhaft sein, oder sie machen süchtig, so eine Art Monster-Crack.

Die Kreaturen kratzten und krallten an den Fenstern und am Dach des Autos. Die junge Frau schrie einfach weiter vor sich hin. Sie besaß für diesen Zweck bemerkenswert gut geeignete Lungenflügel, weshalb wir sie ausgewählt hatten. Ihr Gebrüll spornte die Monster an, und sie begannen allesamt, ebenfalls zu kreischen. Der Lärm hallte kilometerweit über den dunklen Baldachin des Dschungels.

Der eins zwanzig große Chupacabra, der auf der Motorhaube des Vega auf und ab hüpfte, wirkte stinksauer. Es musste sich um das Alphamännchen des Rudels handeln, und es konnte anscheinend nicht begreifen, weshalb die Windschutzscheibe nicht zerbrach. Aufmerksam beobachtete ich die Kreatur durch das Nachtsichtfernrohr.

»Ich glaube, der hat ’nen Verdacht«, flüsterte Trip Jones.

Ich nickte. Für Kreaturen mit Gehirnen in der Größe von Mandarinen mochten sie clever sein, aber den Ziegenblutsaugern war zuvor noch nie kugelsicheres Glas untergekommen. Schließlich hüpfte das Alphamännchen vom Auto und wieselte hinüber zum Straßenrand. Beinah hätte ich die Sprechtaste meiner Funkeinheit gedrückt, doch dann hielt das Monster inne. Es suchte kurz nach etwas und kehrte mit einem Stein zurück. Es kletterte wieder auf die Motorhaube, holte mit seinem Stein aus und begann, damit auf die Windschutzscheibe einzudreschen. Die anderen Kreaturen johlten und feuerten ihren Anführer an.

»He, mir war gar nicht klar, dass die Scheißer wissen, wie man Werkzeuge benutzt«, merkte Milo Anderson über Funk an. Er hatte auf der anderen Straßenseite Position bezogen. Wir alle trugen Tarnanzüge über unserer Körperpanzerung, lagen seit Stunden im Unterholz auf der Lauer und wurden dabei von Insekten regelrecht aufgefressen. Die übelriechende Schmiere, mit der wir uns eingerieben hatten, um unseren Geruch vor den empfindlichen Nasen der Chupacabras zu verbergen, schien den Stechmücken der Region als leckere Würze zu munden.

Mein Funkgerät knisterte. »Wir müssen die Datenbank aktualisieren«, kommentierte Julie Shackleford Milos Meldung. Im Hintergrund ihrer Stimme konnte man das Dröhnen des Hubschraubermotors hören. »Verwendung von Werkzeugen … Das ist faszinierend.«

Anscheinend fand es unsere falsche Landpomeranze Holly Newcastle in ihrer Position als Lockvogel auf dem Vordersitz des Vega nicht annähernd so faszinierend. Das theatralische Geschrei verstummte einen Augenblick. »Äh, Leute …« Wir anderen konnten hören, wie im Hintergrund Glas zerbrach. »Leute?«

Wir hatten drei Mitglieder von Monster Hunter International, die sich im Gebüsch versteckten, eines im Köderauto, zwei weitere im sich rasch nähernden Kampfhelikopter. Dazu sorgsam entlang der Straße platzierte Claymore-Minen, ein Haufen Kanonen, tausende Schuss Munition, topmoderne Nachtsicht- und Wärmebildausrüstung, eine Menge Streitlust und eine allgemeine Abneigung gegen bösartiges Getier.

Ich drückte auf meine Mikrofontaste.

»Zugriff.«

Mein Name ist Owen Zastava Pitt, und ich verdiene meine Brötchen, indem ich Monster kille.

*

»Hier Harbinger«, ertönte die vertraute Stimme über das Telefon. Er klang ein wenig schlaftrunken. Ich musste ihn wohl geweckt haben. »Wie spät ist es?«

»Hier haben wir fast Mitternacht«, antwortete ich. Das bedeutete, es musste in Alabama ein oder zwei Uhr morgens sein. Ich war noch nie gut darin gewesen, mir Zeitzonen zu merken.

Eine kurze Pause entstand. »Also ist entweder jemand gefressen worden, oder ihr habt den Auftrag abgeschlossen.«

»Mission erfüllt, Boss. Julie liefert gerade die Beweise im Büro des Bürgermeisters ab und trifft Vorkehrungen für die Überweisung.« Die Beweise bestanden aus einem Jutesack voll abgetrennter Chupacabra-Köpfe. »Es war ein großes Rudel. Wir haben sie alle in der Pfeife geraucht.«

»Prima.« Es war ein lukrativer Auftrag gewesen. Der mexikanische Ferienort war vom Tourismus abhängig. Als plötzlich Leichen mit verflüssigten Organen und ausgesaugten Körpern auftauchten, war das denkbar schlecht fürs Geschäft gewesen. Dazu kam, dass dies während der Saison geschah. Immerhin waren gerade Frühjahrsferien. »Sind alle unversehrt?«

»Es geht allen gut.« Laute Musik drang durch das offene Fenster in mein Hotelzimmer. Rings um den olympiatauglichen Pool war eine ausgelassene Party im Gange, an der vorwiegend amerikanische Collegestudenten teilnahmen, die sich allerlei betrunkenen Ausschweifungen hingaben. »Ich wette, du freust dich schon auf den Zahltag.«

»Eilaufträge werden immer gut bezahlt. Wie hat sich das Team geschlagen?«, wollte Earl wissen. Mir war klar, dass er eigentlich wissen wollte, wie sich sein Team ohne ihn anstellte. Bei dieser Mission hatte es zeitlich einfach nicht gepasst. Bei Vollmond gab es nämlich nur sehr wenige Orte, die man als sicher für ihn betrachten konnte.

»Spitzenmäßig. War wunderbar.« Explodierende Chupacabras entsprachen zwar nicht dem, was die meisten Menschen als künstlerisch wertvoll empfinden würden, aber ich wusste, dass Earl mich verstand. Immerhin war er der Betriebsleiter eines Unternehmens, dessen Leitbild lautete: Wo das Böse lauert, kneifen wir den Arsch zusammen, töten es und werden bezahlt.

»Ich wünschte, ich hätte dabei sein können, aber du weißt ja, wie es ist. Gute Arbeit, Z.«

Die Äußerung ließ meine Brust vor Stolz anschwellen. Mein Boss war nicht gerade bekannt dafür, mit Komplimenten um sich zu werfen. Das war die erste Mission gewesen, die ich vollständig hatte planen dürfen, und sie war erfolgreich verlaufen. Na ja, ich hatte zwar die richtig erfahrenen Monsterjäger Julie und Milo dabei, die dafür sorgen sollten, dass ich es nicht vermasselte, trotzdem hatte ich mich verdammt gut angestellt. »Danke, Earl. Wir sehen uns morgen.«

»Gute Nacht, Junge. Sag Julie, dass ich sie lieb habe – und nächstes Mal rufst du am Morgen statt mitten in der Nacht an.«

Ich warf das Satellitentelefon aufs Bett neben meinen Panzeranzug und die Waffen. Ich musste meine Schießeisen erst noch reinigen, bevor ich sie für den Rückflug verpacken konnte. Im Regenwald hatte reichlich Luftfeuchtigkeit geherrscht, und Rost betrachtete ich als Todfeind. Allerdings war mir im Moment nicht nach Arbeit zumute, ich wollte mich einfach darüber freuen, was ich vollbracht hatte. Ich ergriff meinen schweren Kevlar-Anzug, dann hielt ich inne, um Chupacabra-Flüssigkeiten von dem Abzeichen am Arm abzuwischen. Es handelte sich um einen kleinen grünen Smiley mit Teufelshörnern. Nur ein schlichtes Symbol, aber für mich stand es für eine Menge harter Arbeit. Es diente als inoffizielles Logo von MHI, und die einzigen Monsterjäger, die es tragen durften, waren jene, die man für Harbingers persönliches Team auserkoren hatte. Grinsend ließ ich den Panzeranzug zurück aufs Bett fallen. Das Abzeichen hatte ich mir mehrfach redlich verdient.

Das auf Firmenkosten angemietete Hotelzimmer war ausgesprochen schön, viel besser als die verlausten Motels, in denen MHI für gewöhnlich abzusteigen schien, doch ich war noch zu aufgekratzt von der Mission an jenem Tag, um abschalten zu können. Ich öffnete die Glastüren und trat hinaus auf den Balkon. Das Hip-Hop-Gedudel wurde lauter, und die vom Poolbereich aufsteigende Wolke hätte gereicht, um einem Hund der Drogenfahndung einen Schlaganfall zu bescheren. Mein Zimmer lag im ersten Stock. Dort unten mussten sich mehrere Hundert Leute tummeln, die meisten davon junge Amerikaner. Um den DJ-Tisch hatte sich eine ausgelassene Menschenmenge geschart, und ein Filmteam drehte ein Interview mit irgendeinem Rapper, der wohl gleich als Moderator eines Wet-T-Shirt-Contests fungieren sollte. Eine sturzbetrunkene junge Frau kreischte, hob ihr T-Shirt an und ließ ihren nackten Busen in meine Richtung aufblitzen. Ich winkte albern. Gute alte Frühjahrsferien.

Das Leben war schön. Monster Hunter International galt als das beste private Monsterjägerunternehmen auf dem Planeten. Ich war noch nicht einmal ein Jahr dabei, trotzdem plante und leitete ich bereits Operationen im Ausland und hatte soeben ein Kompliment vom erfahrensten Jäger der Welt erhalten. Nicht schlecht für einen Kerl, der im Grunde genommen nichts als ein Buchhalter war, der zufällig auch mit Schusswaffen umgehen konnte.

Der Holzboden fühlte sich kalt unter meinen nackten Füßen an. Ich lehnte mich auf das Balkongeländer – unmittelbar über einem Schild, das sowohl auf Englisch als auch auf Spanisch davor warnte, dass es nicht sicher sei, sich auf das Balkongeländer zu lehnen – und ließ den Blick suchend über die in Badekleidung tanzenden Menschen wandern. Von meinem Team konnte ich niemanden ausmachen. Was mich allerdings nicht wirklich überraschte.

Milo und Skippy überprüften wahrscheinlich den Helikopter für den Heimflug am nächsten Tag. Keiner der beiden würde auf diese Szene abfahren, schon gar nicht Skippy, denn er war kein Mensch und fühlte sich in der Nähe großer Ansammlungen von Leuten äußerst unwohl. Milos Frau war hochschwanger und konnte jeden Tag entbinden, deshalb wollte er nur noch schleunigst nach Hause. Trip gehörte definitiv nicht zu den Partytypen. Er hatte sich den einzigen im Souvenirshop des Hotels erhältlichen Fantasyroman gekrallt, irgendein lächerliches Werk von L.H. Franzibald, und hatte sich vermutlich in seinem Zimmer verschanzt, um wie üblich zu lesen. Er ist so ein Spießer – und das von mir als Buchhalter. Holly schließlich machte zwar entschieden den Eindruck eines Partygirls, aber wer konnte das schon genau wissen? Man könnte mir erzählen, dass Holly gerade ehrenamtlich den Nonnen im örtlichen Waisenhaus half oder dass sie in einer Kneipe für Trinkgeld tanzte, und beide Geschichten würden sich für mich gleich plausibel anhören.

Julie würde schnurstracks ins Hotel zurückkommen, sobald sie damit fertig war, den Gemeindevorständen unser Geld aus den Taschen zu leiern. Ich hatte eigentlich vorgehabt, sie zu begleiten, aber da es mir zugefallen war, den Ziegenblutsaugern die Köpfe abzusägen, hatte Julie mir befohlen, ins Hotel zurückzukehren und zu duschen. Chupacabras sind ziemlich widerliche kleine Scheißer. Meine Freundin – Korrektur, meine Verlobte – würde schon bald zurück sein. Ich musste mich erst noch an die Vorstellung gewöhnen, verlobt zu sein. Die Party würden wir auslassen. Ich persönlich hatte zu viele Jahre als Rausschmeißer verbracht, der randalierende Trunkenbolde vor die Tür setzen musste, um je selbst ein randalierender Trunkenbold sein zu wollen.

Zu wissen, dass meine Freunde und ich verhindert hatten, dass irgendeiner der Touristen dort unten getötet werden würde, fühlte sich befriedigend an. Zweifellos würden bis zum nächsten Morgen einige an Alkoholvergiftung gestorben sein, aber das zählte ich eher zu den persönlichen Problemen der Betroffenen. Solange niemand von Chupacabras gefressen wurde, lag es nicht in meinen Händen.

Meine Selbstbeweihräucherung wurde von einem lauten Klopfen an der Tür unterbrochen. Offenbar hatte Julie unsere Bezahlung eingetrieben und war zurück. Ich freute mich darauf, ein wenig Zeit mit ihr allein zu verbringen. Hätte ich mitgedacht, hätte ich Kerzen angezündet und romantische Musik eingeschaltet oder so, um unseren kostenlosen Pseudourlaub zu nützen. Aber ich war noch nie gut darin gewesen, mir solche Dinge im Voraus zu überlegen. Ich verließ den Balkon, schloss die Doppeltür, zog die dicken Vorhänge fast ganz zu und setzte mich in Bewegung, um die Tür zu öffnen. Die Bässe von draußen wummerten nach wie vor durch das Glas. »Wer ist da?«, rief ich.

»Bin ich hier richtig bei Owen Zastava Pitt?«, lautete die gedämpfte Erwiderung.

Kacke. Doch nicht Julie. Die Stimme kannte ich nicht. Stirnrunzelnd blieb ich am Bett stehen, ergriff eine meiner STI-Pistolen, die .45er mit dem langen Schlitten, und hielt sie neben meinem Bein nach unten. Schon als Buchhalter war ich paranoid gewesen. Durch meine Tätigkeit als Monsterjäger war mein Verfolgungswahn in neue Sphären geklettert. Wir hatten unter dem Namen Shackleford eingecheckt, und die Verhandlungen mit den Gemeindevertretern des Ferienorts hatte Julie geführt. Abgesehen von meinen Teamkameraden fiel mir niemand ein, der hier in Mexiko meinen Namen kennen mochte. »Ja. Was gibt’s?«

»Mr Pitt, ich bin weit gereist, um Sie zu treffen.« In der Stimme schwang ein britischer Akzent mit, allerdings kein vornehmer distinguierter, wie man ihn von Theateraufführungen kennt. Er klang eher nach jemandem, der im üblen Viertel einer englischen Industriestadt aufgewachsen war. »Darf ich reinkommen?«

Wenn ich bei diesem Job etwas gelernt hatte, dann, dass man Unbekannten gegenüber niemals eine Einladung ausspricht. »Pass auf, Kumpel, was immer du verkaufst, ich bin nicht daran interessiert.« So leise wie möglich trat ich an den Türspion. Das Gesicht des geheimnisvollen Mannes zeichnete sich durch die kleine Linse verzerrt ab. Im Flur mussten die Lichter ausgegangen sein, denn er präsentierte sich in Schatten gehüllt. Ich konnte nur Augen und die Umrisse eines Gesichts erkennen. Insgesamt sah er nicht nach einem umgänglichen Typen aus, andererseits konnte man dasselbe von mir behaupten.

Er musste bemerkt haben, dass sich der Türspion verdunkelte, denn er schaute unwillkürlich auf. Seine Züge verkniffen sich, als dächte er angestrengt über etwas nach. Eigentlich konnte er mich unmöglich sehen, dennoch spürte ich, wie mir ein kalter Schauder über den Rücken lief. Ich wusste einfach, dass er mich direkt anstarrte. »Ah ja. Du bist es.«

Die Tür erzitterte im Rahmen.

Erschrocken sprang ich zurück und hob die Pistole an. Das Zittern verstärkte sich und drohte, die Tür unter den Schwingungen bersten zu lassen. Ein Riss erschien, als das Holz zu brechen begann. Mit einem Ruck riss ich die STI hoch und legte an. »Zurückbleiben. Ich warne dich!«

Jede Glühbirne im Zimmer zerplatzte. Funken stoben von den Wandleuchten, und der Raum wurde in Dunkelheit getaucht. Ein splitterndes Geräusch ertönte, als der Türrahmen nachgab. Mittlerweile ziemlich von den Socken drückte ich den Abzug und feuerte in rascher Abfolge zwei Kugeln mitten durch die Tür. Ich wusste, dass die robuste Hotelzimmertür die fünfzehn Gramm schweren, mit einem Silber-Blei-Gemisch bestückten Projektile kaum bremsen würde, und wer immer meine Tür aus den Angeln riss, musste zweifellos getroffen worden sein. Die Tür hörte auf zu zittern.

Instinktiv wich ich weiter zurück. An diesem Punkt meines Lebens hatte ich bereits mit genug übernatürlichem Mist zu tun gehabt, dass mir das einfach vernünftig erschien. Als ich mich hinter das Bett kauerte, wünschte ich, meine Panzerung statt einer kurzen Hose und eines T-Shirts zu tragen. Die Musik vom Pool dröhnte weiter, so absurd laut, dass die anderen Gäste die Schüsse wahrscheinlich gar nicht gehört hatten.

Während meine Augen heftig blinzelten, um sich an die plötzliche Düsternis zu gewöhnen, hielt ich die Pistole auf die Tür gerichtet und wartete. Am Dustcover meiner .45er war eine M3-Leuchte montiert. Ich legte den Finger auf den Schalter, der sie aktivierte. Was immer durch die Tür käme, würde erfasst werden, sowohl von blendend grellem Licht als auch von Kugeln, vielleicht sogar in dieser Reihenfolge. »Komm schon …«, murmelte ich bei mir.

Ein schreckliches Krachen ertönte, dann flog die Tür aus den Angeln und landete geräuschvoll auf dem Boden. Ein riesiger Schemen wogte ins Zimmer, so groß und hoch, dass er den Eindruck vermittelte, sich unter dem Rahmen hindurchducken zu müssen. Als er sich aufrichtete, überragte er mich formlos und furchteinflößend mit der Konsistenz von Rauch; ein pechschwarzer, bedrohlicher Klecks. Etwas Vergleichbares hatte ich noch nie zuvor gesehen.

Ich schaltete die Leuchte ein und flutete das Zimmer mit gleißendem, weißem Licht. Überrascht blinzelte ich. Der gewaltige Schatten war verschwunden. Vor mir stand ein gewöhnlicher Mann, der mich mit finsterer Miene anstarrte. Er war dürr, vermutlich Mitte dreißig, wirkte hart und hatte einen beinah rasierten Schädel und einen fiesen Gesichtsausdruck. Die schwarze Jeans und das graue Kapuzen-Sweatshirt, die er trug, waren leger genug, um unter den Leuten draußen nicht aufzufallen. Er hob eine Hand, um die Augen vor dem grellen Licht zu schützen.

»Keine Bewegung!«, befahl ich tief hinter das Bett geduckt, die leuchtende Tritium-Visierung auf die Mitte seiner Brust gerichtet.

»Das also ist der große Jäger«, sagte er seelenruhig. »Für jemanden, der so außerordentlich wichtig sein soll, kommst du mir ziemlich unbeeindruckend vor.« Jäh ließ er die Hand nach unten sausen. Das Lämpchen in meiner Leuchte explodierte.

»Netter Trick«, kommentierte ich, als ich den Abzug drückte.

Aber er war bereits verschwunden. Riesige Hände legten sich um meinen Bizeps, hievten mich mit einem Ruck auf die Beine und schleuderten mich gegen die Wand. Eine brutale Kälte strömte durch meinen Arm, als der Typ mir die Pistole aus der Hand fegte und dabei fast meinen Abzugsfinger ausriss. Ich stieß mit dem Ellbogen zu, berührte jedoch nichts. Dafür traf er mich erneut tief an der Seite, und der Aufprall erschütterte mich. Der Hieb erwies sich als eiskalt und hammerhart. Ich keuchte vor Schmerzen.

Es ist nicht übertrieben, wenn ich behaupte, dass ich bei Faustkämpfen ein fieser Drecksack bin. Ich kann mit den Besten mithalten und habe auch schon im Dunklen gekämpft. Zum Nachdenken blieb keine Zeit, nur zum Handeln. Ich erholte mich rasch und schlug dort zu, wo sich mein Gegner eigentlich befinden sollte. Allerdings stolperte ich nur gegen das Bett. Ich nahm ein Zischen von Luft war, als er sich um mich herumbewegte. Ansatzlos schlug ich mit der Faust nach hinten, verfehlte ihn und wurde mit einem mächtigen Treffer auf meine Schultern bestraft. Ich trat aus, was lediglich bewirkte, dass etwas Kaltes und schier unmöglich Großes mein Bein packte. Mein Gegner zog kräftig daran. Aus dem Gleichgewicht geraten stürzte ich zu Boden und grunzte beim Aufprall. Dieses Hotel besaß ziemlich solide Böden.

Dann packte er mich vorne am T-Shirt und hob mich mühelos hoch. Ich wollte seine Hände umklammern, um einen Schmerzpunkte an seinen Gelenken unter Druck zu setzen, doch da war schlichtweg nichts. Er rammte mich mit solcher Wucht gegen die Wand, dass er mich geradewegs durch eine der Rigipsplatten stieß.

»Ich nehme dich mit, Jäger, ob es dir passt oder nicht.« Die Stimme des Engländers schien rings um mich zu ertönen. Ein frostiges Gewicht drückte gegen meine Brust, als ich vergeblich den Unterarm schwang. Die Dunkelheit wirbelte wie Rauch um meinen Arm herum, und der Druck auf meine Lungen verstärkte sich so weit, dass ich nicht mehr zu atmen vermochte. Ich rutschte mit dem Rücken die Wand entlang in die Höhe, bis ich keinen Boden mehr unter den Füßen verspürte. Panik übermannte mich, und ich schlug und trat mit den Füßen, den Knien, den Ellbogen und den Fäusten wild um mich. Doch es fühlte sich an, als bewegte ich mich durch Wasser. Was immer mich gefangen hielt, besaß keinen festen Körper, und mir wurde allmählich schwarz vor Augen.

»Das ist sinnlos«, verriet mir der Unbekannte mit einem Kichern, während ich wild umherfuchtelte. »Ich kann nicht glauben, dass du derjenige bist. Das ist so jämmerlich. Ich hätte zumindest mit einem Kampf gerechnet. Ist es wirklich möglich, dass du derjenige bist, der Lord Machado besiegt hat?«

Dieser Name. Nicht schon wieder.Nein, bloß nicht noch mal. Plötzlich hatte ich den üblen, chemischen Geschmack von Angst im Mund.

Mein Körper wurde mühelos höher in die Luft gehoben und dann geradezu beiläufig quer durch das Zimmer geworfen. In der Nähe der Badezimmertür krachte ich gegen die Wand und landete als schlaffer Haufen auf dem Teppich. Vor meinen Augen verschwamm alles, trotzdem kroch ich sofort in Richtung des Waffenvorrats auf dem Bett. Aus einigen Metern Entfernung konnte ich beobachten, wie sich der riesige Schatten durch den Raum bewegte, als liefe er fahrig auf und ab. Mein Gegner ergriff wieder das Wort. »Du musst trotz allem wichtig sein. Es hat einige Zeit gedauert, bis mich die Nachricht erreicht hat. Ich war verblüfft, etwas von der anderen Seite zu erhalten. Du hast ja keine Ahnung, wie selten sich die Alten die Zeit nehmen, mit dieser Welt zu kommunizieren. Oh, der Schreckliche Oberherrscher wird glücklich sein, wenn ich dich abliefere. Keine Ahnung, wie du es geschafft hast, bei ihm in Ungnade zu fallen, aber du bist ziemlich im Arsch.«

Als sich der große Schemen bewegte, passierte er den schmalen Lichtstreifen, der durch die Balkonvorhänge hereinfiel. An dieser Stelle verschwand der Schatten und wurde wieder zu einem Mann. Doch kaum hatte er das Licht wieder verlassen, schien sich sein Körper zu Rauch aufzublähen, und der Schatten kehrte zurück.

Licht. Ich brauche Licht. Was immer er sein mochte, er schien nur im Licht einen Körper zu besitzen. »Die Alten können mich am Arsch lecken … Dämliche Weichtiere.« Ich erreichte das Bett, doch der Schatten war schlagartig bei mir. Eisige Ranken schlossen sich um meine Handgelenke. Mein Angreifer wirbelte mich herum und schleifte mich über den Boden auf den Ausgang zu.

»Zeit zu gehen. Der Oberherrscher wartet.«

Ich schlug um mich und kämpfte, schaffte es jedoch nur, mir garstige Verbrennungen zuzuziehen, als ich über den Teppich geschleift wurde.

Dann flackerte plötzlich grünes Licht durch das Zimmer. Die schwarze Kraft um mein Handgelenk verdichtete sich zu gewöhnlichen, menschlichen Fingern. Der Fremde bestand wieder aus Fleisch und Blut. Schattenmann runzelte die Stirn.

Ein Feuerwerk. Auf der Party wurde ein Feuerwerk gezündet.

Meine nackten Füße krachten gegen die Rippen meines Gegners. Der brutale Tritt ließ ihn zurücktaumeln, wobei er durch die Badezimmertür stürzte. Ohne zu zögern, sprang ich auf, hechtete zum Bett und suchte in der Düsternis nach einer Waffe. Meine Hand schloss sich um den mit Leder umwickelten Griff meines Ganga Ram, eines Kukris aus dem Himalajagebiet. Ansatzlos zog ich das große Messer aus der Scheide.

Ein metallisches Kreischen drang aus den Schatten des Badezimmers, als dort etwas losgerissen wurde. Der nächste Feuerwerkskörper explodierte mit rotem Licht. Die Helligkeit reichte gerade aus, um das Aufblitzen eines großen, weißen Gegenstands zu erkennen, der auf mich zuraste. Ich warf mich zu Boden und konnte den Luftzug spüren, als die Toilettenschüssel nur knapp meinen Kopf verfehlte. Sie fetzte durch die Vorhänge, zerschmetterte die Balkontüren und flog hinaus in die Nacht.

Weiteres Licht von der Party flutete ins Zimmer. Der schwarze Schemen wogte aus dem Badezimmer auf mich zu, schrumpfte jedoch zur Gestalt des Engländers, als er die Schatten verließ. Mit einem Aufschrei griff er mich an. »So, jetzt geht’s aber rund«, brummte ich, als ich mich auf die Beine rappelte und mein Messer nach vorn stieß. Schock trat in seine Züge, als sich die gekrümmte Klinge des Ganga Ram durch seine Rippen bohrte und auf seinem Rücken wieder austrat. Überrascht blickte er an sich hinab. Ich drehte die Klinge mit aller Kraft herum und schnitt durch seinen Rumpf nach oben.

Im Verlauf des vergangenen Jahres war es mir mit diesem Messer gelungen, so manche Kreatur zu Tode zu hacken. Eigentlich hätte mich Blut bespritzen sollen, doch da war nichts, keinerlei Flüssigkeit; es fühlte sich an, als sägte ich durch einen entbeinten Schinken. Sein finsterer Blick hob sich wieder, und seine Augenbrauen zogen sich wutentbrannt zusammen, als draußen weitere Feuerwerkskörper explodierten. Eine Hand schloss sich brutal um meine Kehle. Die Luftzufuhr zum Gehirn wurde mir abgeschnitten, als er mich vom Boden hob.

Mit dreißig Zentimetern Stahl in den Eingeweiden brüllte er mir ins Gesicht. »Ich habe versucht, höflich zu sein, aber nein, du musst mich ja zwingen, es auf die harte Tour zu tun. Eigentlich wollte ich dich den Alten mit unversehrtem Verstand übergeben, aber nein, du musst ja unbedingt schwierig sein …« Ich sägte mit der Klinge weiter vor und zurück, suchte nach seinem Herzen. Allerdings schien er das nicht einmal zu bemerken. »Na schön. Verschlingen wir eben dein Gehirn und liefern den Alten ein Stück geistloses Gemüse. Sie respektieren Menschen ohnehin nicht genug, um den Unterschied zu bemerken.« Kurz verstummte er, als sich sein Hals plötzlich blähte wie ein Kugelfisch. »Zeit für einen Imbiss, mein kleiner Freund …« Er öffnete den Mund weit, hob den Kopf in den Nacken, und irgendetwas kam durch seinen Hals heraufgekrochen. Schwarze Klauen schoben sich an seinen Lippen vorbei, winzige rote Augen tauchten blinzelnd über einem runden Maul voller widerhakenbewehrter Zähne auf. Kriechend kämpfte sich das Ding nach oben, steuerte geradewegs auf mein Gesicht zu, und so seltsam es klingen mag, irgendwie ahnte ich, dass es hungrig war.

Nichts da!

Ich riss das Kukri aus der Brust des Engländers, holte hoch über dem Kopf damit aus, schwang es nach unten und hackte ihm die Hand am Gelenk ab.

Ich fiel zu Boden und sog japsend die Luft ein, als der Druck um meine Kehle verschwand. Sein Laufschuh grub sich in meinen Magen, als er mich quer durch das Zimmer trat. Ich rollte über den Boden, kam gequält vor dem Balkon zum Liegen. Da spürte ich, dass seine abgetrennte Hand immer noch versuchte, sich an meinem Hals festzuklammern, und riss sie mir vom Leib. Das kleine Schattenmonster, das aus dem Mund des Engländers gekrochen war, kreischte in schier irre hoher Tonlage, als er es wieder hinunterzuwürgen schien. Nach einem kräftigen Schlucken verschwand es. Er hob den Stumpf seines verstümmelten Arms an. Ein sich windender Schatten schnellte aus dem Ende hervor, krümmte sich und bildete schlagartig eine neue Hand aus. Er ballte die frisch entstandenen Finger zur Faust, senkte den Kopf und setzte sich in meine Richtung in Bewegung.

Ein Mann sollte immer seine Grenzen kennen, und dieser Gegner erwies sich als eine Nummer zu groß für mich. Ich sprang auf die Beine und rannte auf den Balkon. Meine nackten Füße knirschten über Glasscherben. »Aua! Autsch!« Ungeachtet der Gefahr sprang ich mit einer Fechterflanke über das Geländer und stürzte in das Partygeschehen unten hinab.

Die brutal harte Landung jagte mir schmerzhafte Blitze die Beine hoch, als ich durch einen Rosenstrauch krachte und auf die Porzellanscherben der zerbrochenen Kloschüssel fiel. Einen Moment lang blieb ich auf dem Boden liegen und rang nach Luft. Da ich ein ziemlich massiger Kerl bin, sind Turnübungen nicht gerade meine Spezialität. Schließlich kämpfte ich mich durch die Pflanzen rings um mich und fiel auf die Fliesen am Pool, wo ich Collegestudenten auseinandersprengte wie eine Bowlingkugel, die zwischen den Kegeln landet. Mein linker Knöchel pulsierte schmerzhaft von der Wucht der Landung, dennoch stand ich auf, humpelte los und hob mein Kukri. Irgendwie war es mir gelungen, mich im Fallen nicht selbst damit zu durchbohren.

Ich brüllte zu meinem Zimmer hinauf: »Komm doch und hol mich!« Der Schattentyp lehnte am Geländer und starrte mit finsterer Miene zu mir herab, während weitere Feuerwerkskörper explodierten. Unten bei mir herrschte genug Licht, dass ich sicher war, er würde mir nicht folgen. Mehrere Feiernde stimmten schrille Schreie an, verschütteten ihr Bier und ergriffen die Flucht, während ich mit einer Hand mein Kukri schwenkte und dem Engländer mit der anderen den Stinkefinger zeigte. »Ja, das dachte ich mir schon, du Warmduscher!«

»Das ist noch nicht vorbei«, brüllte der Engländer über die Musik. Kurz löste er die Aufmerksamkeit von mir und nickte jemandem zu, der sich auf der anderen Seite der Party befand. Ich hatte keine Ahnung, wem oder was er da ein Zeichen gab, aber höchstwahrscheinlich bezog es sich nicht auf den Wet-T-Shirt-Contest. Schließlich richtete er den Blick wieder auf mich und lächelte. »Gut gemacht. Vorläufig … aber tot oder lebendig, letzten Endes werde ich dich dem Schrecklichen Oberherrscher ausliefern.«

»Das haben schon bessere Kreaturen als du versucht.«

»Bis dann, Jäger. Wir sehen uns wieder … sofern du die nächsten Minuten überlebst.« Damit wich er in die Schatten zurück und verschwand.

Wenn es mir gelänge, an meine Funkausrüstung heranzukommen, könnte ich das Team kontaktieren, damit wir uns diesen Kotzbrocken gemeinsam schnappen konnten. Ich trat einen Schritt vor und zuckte heftig zusammen, als sich infolge des Drucks eine Glasscherbe in meine Ferse bohrte. Fluchend hielt ich inne, um den winzigen Splitter herauszuziehen und ins Gebüsch zu werfen.

»Oh Mann, Kumpel, alles in Ordnung?«, fragte einer der Umstehenden ziemlich dämlich. »Du bist ja so was von aus dem Fenster gefallen!«

Ich knurrte. Er schrak vor mir zurück. Die Feiernden beschrieben einen weiten Bogen um mich. Ich schleuderte wütende Blicke rings um mich, und jeder, der auch nur ansatzweise mit dem Gedanken gespielt hatte, etwas zu sagen, wich noch ein paar Schritte zurück. Dann richtete ich mein Augenmerk darauf, Verstärkung zu holen.

Ich wollte gerade auf den Hoteleingang zuhumpeln, als ich einen Aufruhr auf der anderen Seite des Pools wahrnahm. Mittlerweile brüllten einige der Feiernden – aber jetzt handelte es sich um unverfälschte Angstschreie, die ich sogar über das Dröhnen der Tanzmusik hören konnte. Bluttriefend und mit einem riesigen Messer in der Hand drehte ich mich zurück zur Menschenmenge und rief: »Was ist denn jetzt schon wieder?«

Zombies. Jede Menge Zombies.

Die Party war offiziell zu Ende.

Jemand hatte den Transporter eines Paketdienstes rückwärts in den Eingang des Poolbereichs gefahren. Die Hecktüren standen offen, und Leichen im Zustand fortgeschrittener Verwesung purzelten heraus. Das Gewebe der Untoten war so verrottet, dass es förmlich von ihnen troff. Etlichen fehlten Augen, Nasen und Ohren. Es waren so viele, dass sie sich im Laderaum des Wagens buchstäblich übereinander gestapelt hatten.

Es gibt eine Menge verschiedener Arten von Untoten, wobei der schlichte Zombie ihre einfachste Form darstellt. Ein Zombie ist nicht mehr als eine wiederbelebte Leiche, die umherstreunt und nur eines sucht: Fleisch. Das große Problem mit Zombies ist, dass sie sich vermehren wie die Karnickel. Ihre Bisse enden letztlich immer tödlich, und die Gebissenen erstehen selbst als Zombies wieder auf. Ihr Gift breitet sich schlagartig durch das Nervensystem aus, und nicht einmal eine Amputation des gebissenen Glieds ist imstande, die Verwandlung zu verhindern. Unter dem Strich sind sie unheimlich lästig, das Pendant von Kakerlaken für einen Monsterjäger. Da Zombies in der Regel dumm und langsam sind, verkörpern sie für einen erfahrenen Jäger keine große Herausforderung, solange man ein anständiges Schießeisen und Freunde mit Schießeisen hat. Ich war ziemlich allein und gerade heftig aufgemischt worden und nur mit einem Messer bewaffnet. Auch wenn das Kukri ein verteufelt großes Messer darstellte, war es letzten Endes trotzdem nur ein Messer. Keine guten Erfolgsaussichten.

Ich hätte wegrennen können. Obwohl mein Knöchel bereits anschwoll, hätten sie mich nie und nimmer eingeholt. Dann hätte ich mein Team zusammengetrommelt und wäre mit richtiger Bewaffnung zum Pool zurückgekehrt. Das wäre am sichersten gewesen. Aber als ich hinsah, wurde einer der Touristen, ein gerade erst der Pubertät entwachsener Bursche, von den wandelnden Leichen zu Boden gezerrt. Sie fielen über ihn her wie ein Rudel ausgehungerter Hunde, und sein Geschrei und sein Gezappel endeten nach wenigen Atemzügen.

Die aus dem Heck des Wagens purzelnden Zombies fielen auf einen wirren Haufen, doch angestachelt von der Nähe frischen Fleisches rappelten sie sich auf die Beine und torkelten in die Menschenmenge hinein. Die Touristen gerieten in Panik, als sie sahen, wie ihre Freunde direkt vor ihren Augen ausgeweidet wurden. Hunderte begannen, durcheinanderzulaufen und aufeinanderzuprallen, als sie versuchten, sich in Sicherheit zu bringen. Die Kleineren und Schwächeren wurden niedergetrampelt und endeten als weiteres Zombiefutter.

Der Geruch von Verwesung stieg mir in die Nase.

MHI stellte ein Privatunternehmen dar. Wir waren nicht die Bullen. Wir waren nicht das Amt für Monsterkontrolle der Bundesregierung. Wir verkörperten Auftragnehmer, Söldner. Wir waren nicht verpflichtet, Unschuldige zu beschützen, es sei denn, man bezahlte uns dafür. Sich ins Getümmel zu stürzen kam Selbstmord gleich.

»Ach … drauf geschissen.« Ich hob mein Ganga Ram und stürmte auf den Wagen mit den Untoten zu. Mit den Ellbogen voraus drängte ich mich durch die flüchtenden Partygäste. Es waren schier unzählige Leiber, aber ich bin ein großer Kerl, und wenn ich mich erst für eine Richtung entschieden habe, ist es schwierig, mich aufzuhalten. Meine nackten Füße rutschten über das Wasser, das auf die Fliesen spritzte, als Menschen von der Menge in den Pool gestoßen wurden. Auf der Terrasse herrschte ein dichtes Gedränge, die Panik der Leute schwappte um mich her.

Den Nüchternsten gelang es zu fliehen, doch diejenigen, die sich im Wasser befanden, stellten leichte Beute dar. Eine junge Frau wollte aus dem Pool klettern, aber einer der Zombies hatte sie an den Haaren gepackt und zog sie unerbittlich auf seinen zerklüfteten Mund zu. Maden wanden sich in seinem Gesicht. Ich hieb der Kreatur den Arm am Ellbogen ab. Die junge Frau fiel platschend zurück ins Wasser. Der Zombie drehte sich automatisch zu mir um, und ich durchschlug die Schädeldecke unmittelbar über den Augenhöhlen. Der Untote sackte in sich zusammen. Es lohnt sich, über Monster Bescheid zu wissen. Zerstört man bei Zombies das Gehirn, sind sie auf der Stelle erledigt.

Eine weitere wandelnde Leiche sah mich. Ihr Blick blieb an mir hängen, und sie griff mich an. Diese war früher einmal eine alte Frau gewesen. »Oha!« Ich sprang zurück, als ihr Arm auf mich zuschnellte. Diese Sorte der Untoten erwies sich als schnell. Ich hatte schon mit gewöhnlichen Zombies zu tun gehabt, über die schnellen hatte ich bislang nur Gerüchte gehört. Die Kreatur griff mich weiter an. Mit gesenktem Kopf kam sie auf mich zu, der lippenlose Mund schnappte nach mir. Falls diese Zähne meine Haut durchdrangen, war ich schlimmer dran als ein Toter. Mit meiner blutigen Ferse zertrümmerte ich ein Knie der untoten Vettel zu Staub, und sie stürzte seitwärts in den Pool.

Ich hackte, ich stach, ich schlitzte – Zombies vor mir, Zombies rings um mich. Ich muss diese Kids beschützen. Ein ironischer Gedanke, wenn man berücksichtigte, dass die meisten etwa in meinem Alter zu sein schienen. Ein Mann ging zu Boden, auf seinem Rücken hockte ein Untoter, der sich in seinen Hals verbissen hatte. Die beiden befanden sich zu weit weg; das konnte ich nicht rechtzeitig schaffen. Dann erblickte ich eine umgekippte, halb leere Bierflasche, schnappte sie mir und warf sie auf die Kreatur. Die Flasche zerbarst am Schädel des Zombies, doch er war zu sehr auf seine Beute fixiert, um sich davon ablenken zu lassen. Der Mann schrie kurz gellend auf, als der Zombie die Zähne in seine Kehle schlug, dann war nur mehr ein kraftloses Gurgeln zu vernehmen.

Ich senkte die Schulter und stürmte los, krachte wie ein Rammbock in den Untoten und spürte, wie seine Knochen unter papierdünner Haut brachen. Wesentlich schneller als er rollte ich mich auf die Knie, und mit einem kräftigen Hieb des Messers ließ ich den Kopf des Zombies von den Schultern fliegen. Auf meiner Klinge blieben Spinnweben und eine schwarze Flüssigkeit von schlammiger Konsistenz zurück. Diese Zombies bestanden nicht einmal mehr aus Fleisch. Der Gestank brachte mich zum Würgen.

Die Kreaturen waren jetzt überall. In dem Wagen mussten um die fünfzig gewesen sein, und sie vermehrten sich, da einige der Touristenleichen bereits wieder zu zucken begannen. Die Musik dröhnte immer noch, und weiterhin explodierten Feuerwerkskörper über unseren Köpfen. Die Szene glich einem tosenden Chaos. Wenn es uns nicht gelang, diese Kreaturen sofort aufzuhalten, würden wir es mit einem vollwertigen Ausbruch mitten in einem Ballungsgebiet zu tun bekommen, und so etwas ist ein Albtraum. Eine junge Frau in der Nähe, unübersehbar völlig zugekifft, fing zu kichern an und zeigte auf einige der eher albern aussehenden Zombies, ohne einen weiteren Untoten zu bemerken, der geradewegs auf sie zusteuerte. Verflixte Kiffer. Ich setzte mich in ihre Richtung in Bewegung.

Eine Hand schloss sich mit einem Griff wie ein Schraubstock um meinen verletzten Knöchel. Als ich nach unten schaute, erblickte ich den Mann, der in den Hals gebissen worden war. Mit offenem Mund zog er mich zu sich heran. Sein Gehirn war bereits tot, der Körper wurde nur noch von einem einzigen Impuls angetrieben: Er wollte Nahrung … mich.

Das kam einer fast sofortigen Wiederauferstehung nach dem Tod gleich, und das ist das Zeichen für einen besonders üblen Erregerstamm. »Tut mir leid, Kumpel.« Ich beugte mich vor und schlug ihm den Schädel ein. Sofort spritzte Gehirnmasse auf mich. Nach zwei weiteren Hieben hörte er auf, sich zu bewegen. Die Frischen sind immer am schwierigsten zu erledigen. Der Zwischenfall hatte mich lange genug abgelenkt, dass der Kifferin die Nase fehlte, als ich fertig wurde. »Verdammt!«

Ein Schuss ertönte. Ein Sicherheitsmitarbeiter hatte sich aus dem Hotel gewagt, um nachzusehen, was all der Aufruhr sollte. Seine Augen weiteten sich, als die Kreaturen ungeachtet der Kugeln, die in sie einschlugen, auf ihn zuhielten. Einer seiner Schüsse ging daneben und setzte dankenswerterweise die dröhnende Stereoanlage außer Betrieb. Schlagartig kehrte Ruhe auf der Terrasse ein … abgesehen vom Stöhnen der unlängst Verstorbenen und dem Geschrei der Flüchtenden.

»Schieß ihnen in den Kopf! Cabeza!«, brüllte ich, sprang über tote und zuckende Körper hinweg und rannte auf den glücklosen Schützen zu. »Despidalos en las cabezas!« Ich griff den nächsten Zombie von hinten an, trieb ihm meine Klinge durch den staubigen Hals und ließ den Kopf mit einem Ruck von den Schultern purzeln. Der Sicherheitsmitarbeiter fiel auf die Knie und streckte die Hände vor sich, als ein Zombie in einem vergilbten Hochzeitskleid auf ihn zuwankte. Zu weit weg. Mein Ganga Ram war nicht als Wurfmesser gedacht, trotzdem schleuderte ich es, in dem verzweifelten Versuch, den Zombie in den Kopf zu treffen.

Leider prallte es mit dem Griff voraus auf den Schädel. Trotzdem lenkte es die Kreatur wenigstens für einen Moment ab. Ich erreichte sie, als sie sich gerade wieder dem Sicherheitsmitarbeiter zuwenden wollte, packte sie gleichzeitig am verrotteten Unterkiefer und oben am Kopf und drehte den Schädel herum, bis die Wirbelsäule brach und leere Augenhöhlen mich anstarrten. Der Zombie sackte auf dem Boden zusammen. Anscheinend funktioniert das auch.

Schwer atmend hob ich mein Messer auf. Der Pool, der mittlerweile einen entschieden rosa Farbton angenommen hatte, erwies sich als geräumt, abgesehen von einigen wenigen Zombies, die am Beckenboden umherschlurften, und ein paar zerfetzten Körpern, die an der Oberfläche trieben. Alles, was noch lebte, war geflohen. Die verbliebenen ursprünglichen Zombies stießen in die Hotelanlage vor. Sie jagten der auseinanderdriftenden Menschenmenge nach und breiteten ihren Fluch weiter aus. Die unlängst Verstorbenen begannen gerade, sich zu erheben, und würden ihnen in Kürze folgen. Die Ferienanlage befand sich unmittelbar am Rand einer Ortschaft, wo gerade rund fünfzigtausend Menschen schliefen. Das hier konnte sehr schnell in eine äußerst hässliche Geschichte ausarten.

Der Sicherheitsmitarbeiter bekreuzigte sich, als er den Blick über die in Blut getränkte Terrasse wandern ließ. »Madre de Dios!« Ich musste mir vor Augen halten, dass es gewöhnliche Menschen in der Regel schockierte, wie schnell sich ein solches Blutbad vollzog. Ich selbst hatte mich mittlerweile wohl irgendwie daran gewöhnt.

»Also, weiß du, wenn du das Ding nicht mehr benutzt …« Ich griff mir seine Waffe. Es handelte sich um einen geradezu antiken Militär- und Polizeirevolver von Smith & Wesson in unübersehbar verwahrlostem Zustand. Ich klappte die rostige Trommel auf und warf die leeren Hülsen aus. »Äh … cartuchos?« Der Sicherheitsmitarbeiter griff mit zittriger Hand in seine Tasche und ließ sechs beschlagene .38er Spezialpatronen auf den Boden fallen. Dann rappelte er sich auf und rannte zum Ausgang. Ich kann nicht behaupten, dass ich ihm einen Vorwurf daraus machte. Rasch kniete ich mich hin und sammelte die Patronen ein.

»Z! Pass auf!« Das scharfe Krachen eines Schusses ertönte, und etwas Warmes spritzte mir großflächig auf den Rücken. Der frische Untote fiel mit weit aufgerissenem Schädel auf die Terrasse. »Zombies? Wieso zum Teufel sind hier Zombies?«

»Holly. Was bin ich froh, dich zu sehen«, erwiderte ich und klappte die Trommel des alten Revolvers zu. Holly Newcastle kam über die Fliesen gerannt, in der Hand ein Gewehr. Etwa die Hälfte ihres Panzeranzugs flatterte aufgeschnürt um ihren Rumpf. »Wir haben ein Problem.«

»Ach echt?«, rief sie, drehte sich um und feuerte gnadenlos auf die sich erhebenden, untoten Touristen. Holly hatte im Verlauf des letzten Jahres definitiv große Fortschritte als Schützin gemacht. Ich steckte mir die Finger in die Ohren, um den fürchterlichen Lärm zu dämpfen. Sie trug ihre elektronischen Ohrenstöpsel, aber meine befanden sich noch in meinem Zimmer. Und ihre Vepr Kaliber .308 war eine reichlich laute Büchse. »Ich war unten am Strand und sah, dass ein Haufen Leute schreiend rausgerannt kamen, also hab ich mir mein Zeug geschnappt. Was zum Geier ist hier los? Wo sind die anderen?« Mir fiel auf, dass sie unter der hastig angelegten kugelsicheren Weste nur einen gelben Bikini und an den Füßen Flipflops trug.

»Keine Ahnung.« Ich vernahm ein Flattergeräusch von der Straße auf der anderen Seite des geparkten Paketdienstwagens, eine schallgedämpfte Maschinenpistole. »Also, da wäre schon mal Trip. Sieht so aus, als hätte er die Seite dort drüben im Griff.« Ich ließ den Blick über die Umgebung wandern. Zwei weitere Wege führten zwischen den Gebäuden aus dem Poolbereich. »Du übernimmst die da, ich geh hier entlang. Ich hab meine Funkausrüstung nicht dabei, also versuch du, die anderen zu erreichen. Wir müssen alle Untoten erwischen, bevor sie sich ausbreiten und die Lage völlig außer Kontrolle gerät.«

»Verstanden«, gab sie zurück und legte ein neues Magazin ein. »Wie sagt man zu den Einheimischen ›Geht rein, schließt die Türen ab, es sind Zombies unterwegs‹? Ich wusste, ich hätte Spanisch lernen sollen.«

»Vaya adentro.Cierren sus puertas. Äh … Das haben wir in der Schule nicht wirklich durchgenommen.« Ich beherrsche fünf Sprachen fließend – Spanisch gehört nicht dazu. »Hay muertos andandos afuera. Und noch etwas: Halt die Augen auf nach einem Engländer: blond, kurze Haare, fiese Fresse, dunkle Kleidung«, forderte ich Holly auf. »Falls du ihn siehst, schieß auf ihn, und zwar reichlich. Und benutz deine Lampe.«

»Hä?« Ich wusste, dass Holly keine moralischen Bedenken hatte, jemanden zu töten, aber für gewöhnlich brauchte sogar sie einen Grund.

»Ich erklär’s dir später, aber das hier sind seine Zombies.«

»Verstanden.« Damit wandte sie sich ab und rannte in Richtung der neuesten Schreie los.

Ich schlug die andere Richtung ein und hastete die Stufen hinauf zurück ins Hotel. Das Gebäude war schön, neu, modern und bis vor wenigen Minuten auch sehr sauber gewesen. Inzwischen besudelten Spritzer verschiedener Flüssigkeiten, frisches Blut und abgefallenes Gewebe der Untoten den Teppich. Ich hielt die Smith & Wesson in der Rechten und mein Kukri in der Linken, als ich der unübersehbaren Spur folgte. In Gedanken versetzte ich mir einen Arschtritt, weil ich vergessen hatte, Holly zu fragen, ob sie vielleicht eine Reservekanone für mich gehabt hätte. Mein Herzschlag pulsierte durch meinen Kopf, und ich bemühte mich, jeden Winkel im Blick zu behalten, um gewappnet zu sein, sollte von irgendwo etwas hervorkommen.

Vor mir hörte ich eine Abfolge lauter Schüsse, die aus der Richtung der Rezeption kamen. Da hatte jemand eine Schrotflinte. Ich rannte schneller. Bei jedem Schritt pochten Schmerzen durch meinen verstauchten Knöchel. Ich vernahm das bezeichnende hungrige Stöhnen. Sie befanden sich knapp vor mir.

Die Untoten versuchten dicht gedrängt, sich gewaltsam den Weg durch den Haupteingang und hinaus auf die stark frequentierten Straßen zu bahnen. Es waren mindestens zwölf; einige alt, einige neu, allesamt potthässlich. Ein einziger Federale stand ihnen im Weg und feuerte mit einer Pumpgun auf sie. Ihre Körper fielen einer nach dem anderen und ließen am Eingang einen Engpass entstehen. Dann gab die Flinte des Polizisten nur noch ein leeres Klicken von sich, doch der Mann war so in Panik, dass er es nicht bemerkte. Er lud weiter durch und feuerte trocken.

Ich griff die Untoten von hinten an. Da ich keine Ahnung hatte, wie verstellt das Visier der Smith & Wesson sein mochte, benutzte ich den Revolver als Kontaktwaffe. Mündung am Zombiekopf ansetzen. Abzug drücken. Vorgang wiederholen. Eine der sechs korrodierten Patronen feuerte nicht, aber ein weiteres Drücken des Abzugs jagte die letzte Kugel durch die Stirnhöhlen des glücklichen Monsters. Ich schleuderte den leeren Revolver gegen den Kopf eines weiteren Zombies, stieg über die gefallenen Kadaver hinweg und begann, mit meinem Messer um mich zu schwingen.

Die hintersten Kreaturen bewegten sich mir entgegen, streckten die Arme nach mir aus und schnappten mit Gier in den Augen nach mir. Sie waren neu und waren noch vor wenigen Minuten Gäste der Anlage gewesen – glückliche, sorgenfreie junge Leute mit einem gewöhnlichen Leben. Ich verdrängte solche Gedanken und ging meiner grausigen Arbeit nach. Mein schweres Messer besaß eine schwere gekrümmte Klinge. Es war dafür geschaffen, Gliedmaßen abzuhacken, und ich setzte es seinem Zweck entsprechend ein.

Zähne. Nur Zentimeter von meinen Armen entfernt klackten sie aufeinander. Ich drehte die Klinge um und hieb einem Zombie mit einem Chico-State-T-Shirt den Unterkiefer ab. Mir wurde bewusst, dass ich irgendetwas Unverständliches brüllte. Der Bulle hatte die Fassung ausreichend zurückerlangt, um seine Flinte nachzuladen. Er feuerte, und ich wurde heftig mit Hirnmasse bespritzt. In der Sorge, eine verirrte Schrotkugel abzubekommen, trat ich beiseite, und die letzten Zombies folgten mir, angezogen vom Geruch meines Fleisches.

Es waren drei, die sich darum drängten, mich zu erreichen. Ich wich zurück und hieb auf alles ein, was sich mir darbot. Finger und auch die eine oder andere Hand prasselten zu Boden. Die Zombies schienen es nicht zu bemerken. Meine Füße rutschten auf dem mittlerweile triefnassen Teppich aus, und ich schlitterte gegen den Rezeptionsschalter. Ich stürmte vor, rammte die Spitze meines Messers in eine Nasenhöhle und sprang rasch zurück, als mich die letzten zwei packten. Der Griff meines Messers, glitschig vor Blut, rutschte mir aus den Fingern und blieb im Schädel des fallenden Zombies stecken. Damit war ich so richtig im Arsch.

Ich stützte mich am Rezeptionsschalter auf und hechtete darüber, landete schmerzhaft auf der anderen Seite. Die Zombies schleuderten sich gegen den Schalter und machten sich daran, darüber hinwegzukriechen. Ihre Finger und Stümpfe fuchtelten mir entgegen. Auf dem Rücken liegend trat ich einer der Kreaturen kräftig ins Gesicht – kräftig genug, um ihr Knochensplitter durchs Gehirn zu treiben und sie über den Schalter zurückzustoßen. Ich beugte mich vor, schlug den Arm des letzten Zombies beiseite, wich den schnappenden Zähnen aus, packte ihn seitlich am Kopf und drehte. Der blutüberströmte Schädel erwies sich als zu schlüpfrig, um festen Halt daran zu finden, also presste ich die Daumen in die matschigen Augenhöhlen und riss den Kopf mit einem Ruck herum. Ein grausiges Knirschen ertönte, und der letzte Untote ging zuckend zu Boden.

»Ich … hasse … Zombies …«

Ich lag auf dem Boden in einer sich rasch vergrößernden Lache, als die Schwerkraft das Blut aus dem letzten Kadaver entweichen ließ. In der Lobby herrschte plötzlich Stille. Die Uhr an der Wand zeigte 00:21 Uhr. Langsam stemmte ich mich hoch und spähte über den Schalter. Sah alles in Ordnung aus. Am Eingang türmte sich zwar ein Stapel von Leichen, aber keiner der Zombies hatte es hinaus auf die Straße geschafft. Aus mehreren Richtungen ertönten Schüsse, was mich hoffen ließ, dass mein Team den Ausbruch rasch genug bekämpfte, um ihn einzudämmen. Als Nächstes stand der echt unangenehme Teil an, die Gebissenen aus den Überlebenden herauszufiltern. Ich musste zu meiner Funkausrüstung.

Der mexikanische Cop stieg behutsam durch das zerbrochene Fenster. Seine Mossberg zitterte, und er selbst hyperventilierte. Ich kannte das Gefühl – das Gefühl, das einen gewöhnlichen Menschen nun mal ereilt, wenn er unverhofft herausfindet, dass die Welt, in der er lebt, in Wirklichkeit ganz anders ist, als sie sein sollte. Das kann einen auf ´nen echten Horrortrip schicken. Ich ging langsam um den Schalter herum, die triefenden Hände vor mir ausgestreckt. Ich wusste, dass ich zweifellos fürchterlich aussah, zumal mich allerlei ekliges Zeug bedeckte, und ich wollte nicht, dass er mich irrtümlich für einen weiteren Zombie hielt.

»Hey, amigo. Ich bin ein Freund«, sagte ich mit ruhiger Stimme.

Erschrocken sah er mich an, schwenkte die Mündung auf meine Brust und drückte den Abzug. Das Klicken des Schlagbolzens, der auf dem leeren Patronenlager landete, hörte sich für meine Ohren extrem laut an. Ich hatte das Gefühl, etwa einen halben Meter kerzengerade in die Luft zu springen.

»Sachte! Ich bin menschlich! Nur die Ruhe!«, brüllte ich und streckte die Hände hoch. »Ich bin einer der Guten. Soy un hombre bueno.«

Langsam nickte er, und sein verstörter Gesichtsausdruck zeigte Spuren aufkeimenden Begreifens. Ich nickte zurück. Sirenengeheul kam näher. Ein grüner Van mit dem Schriftzug Policia auf der Seite kam mit quietschenden Reifen vor dem Hotel zum Stehen, und Männer mit M-16-Gewehren sprangen hinten heraus. Ich drehte mich zurück zu dem Cop und wollte ihn zu seiner guten Arbeit beglückwünschen, doch das Letzte, was ich sah, war der Kolben seiner Flinte, wie er auf meine Stirn zuraste.

Kapitel 2

»Wissen Sie, welche Strafe auf den unerlaubten Besitz von Schusswaffen in Mexiko steht, Señor Pitt?«

»Eine Million Jahre pro Kugel?«, gab ich zurück. Der Verhörleiter schüttelte traurig den Kopf, nickte seinem Untergebenen zu, und meine Birne schnellte zurück, als der junge Polizeibeamte zuschlug. Er trug so etwas wie einen beschwerten Lederhandschuh, weshalb es ziemlich übel wehtat. Ich beugte den Kopf vor und spuckte Blut auf den Plastiktisch. Irgendwie hatte ich es geschafft, mir eine Art Hobby daraus zu machen, mich von Gesetzeshütern vermöbeln zu lassen. Positiv schlug hingegen zu Buche, dass dieser Kerl im Vergleich zu meinem alten Kumpel Special Agent Franks ein Federgewicht war. Also, der wusste wirklich, wie man ein Geständnis aus jemandem herausprügelt.

»Sie werden wegen Mordverdacht festgehalten, Señor Pitt. Ich habe über siebzig Leichen zu erklären, und irgendjemand wird dafür zur Rechenschaft gezogen werden. Ich kann Ihnen versichern, dass unser Rechtssystem nicht so lasch wie das Ihre ist.« Ich glaubte nicht, dass so viele Touristen gebissen worden waren, also wollte man mir wohl auch die ursprünglichen Zombies zur Last legen. Der Umstand, dass sie ganz offensichtlich bereits seit mehreren Monaten tot waren, würde mir vermutlich nicht allzu sehr helfen.

Ich hatte keine Ahnung, wo ich mich befand oder wie lange ich weggetreten gewesen war, zumal ich auf der Ladefläche eines Vans mit einem Sack über dem Kopf aufgewacht war. Da die Luft nach brennenden Reifen roch, vermutete ich, dass man mich ins Landesinnere gebracht hatte. Falls ich lang genug bewusstlos gewesen war, konnte ich sogar in Mexico City sein. Das Englisch des Verhörleiters war ausgezeichnet. Er war klein, pummelig und hatte eine echt üble Resthaarfrisur, doch sein Auftreten ließ erahnen, dass man sich besser nicht mit ihm anlegte. »Warum hatten Sie mehrere Schusswaffen und illegale militärische Ausrüstung in Ihrem Zimmer?«

»Ach ja, was das angeht – besteht irgendeine Chance, dass ich ein paar der Kanonen zurückhaben kann? Die Schrotflinte und das zueinander passende Set der .45er? Die haben einen emotionalen Wert für mich …« Ich kehrte zu der mir gestellten Frage zurück, bevor er Gelegenheit hatte, dem anderen Bullen zu bedeuten, mich noch mal zu schlagen. »Nein ehrlich, wie ich schon sagte, wenden Sie sich an das Konsulat. Wir haben eine schriftliche Genehmigung Ihrer Regierung. Ich bin als unabhängiger Sicherheitsberater hier. Unsere Waffen waren gemäß den Vertragsbedingungen gestattet.«

»Und worin genau bestand Ihre Aufgabe in Mexiko?«

»Ich habe Ihnen doch schon erklärt, dass ich das nicht preisgeben darf.« Die mexikanische Regierung vertrat offiziell eine ähnliche Haltung wie die der Vereinigten Staaten: Monster existieren nicht. Die Regeln sind idiotisch, aber diejenigen von uns, die sich den Lebensunterhalt damit verdienten, die Regierungsprämien für unnatürliche Kreaturen abzustauben, mussten gegenüber der Öffentlichkeit immer einen behutsamen Bogen um die Wahrheit beschreiben. Das mochte boshaft sein, das mochte dämlich sein, aber so lauteten nun einmal die Richtlinien. Und die Leute, die diese Richtlinien durchsetzten, hatten kein Problem damit, Leute wie mich abzuknallen, wenn wir zu viel plauderten. »Rufen Sie einfach Ihre Vorgesetzten an. Das ist alles ein Missverständnis.«

Er nickte dem anderen Polizeibeamten zu, und ich wappnete mich für den Schlag. Diesmal traf er mich knapp oberhalb der Niere. Ich grunzte. Es tat zwar weh, aber er trieb mir die Faust nicht wirklich in den Leib. Wenn man jemanden auf den Körper schlägt, muss man es darauf anlegen, durch das Ziel zu dreschen, nicht darauf. Amateur.

»Wir haben sie bereits kontaktiert.« Der Verhörleiter holte ein Päckchen Zigaretten hervor, schüttelte eine Kippe heraus und zündete sie sich mit einem vergoldeten Zippo-Feuerzeug an. »Bedauerlicherweise hat man uns gesagt, sie hätten keinerlei Kenntnis von Ihnen, Ihrer Organisation oder von den Gründen, aus denen Sie hier sind.«

Das klang ganz so, als sei MHI soeben offiziell verleugnet worden. Nicht gut. »Tja … dann liegt ein Fehler vor.«

»Bestimmt nur ein … wie würden Sie dazu sagen? Verwaltungsfehler?« Wieder nickte er, und diesmal bekam ich eine auf den Hinterkopf verpasst. Wenigstens hatte der Kerl, der mich schlug, ein wenig Abwechslung drauf.

Das war übel, sehr übel. Die mexikanische Regierung hatte auf keinen Fall ein Team amerikanischer Monsterjäger einfach vergessen. Vielmehr wollte man leugnen, dass man sich je mit uns in Verbindung gesetzt hatte. Sah sicherlich besser aus, als zugeben zu müssen, dass sich übernatürliche Kreaturen in ihrem Land herumtrieben. Wahrscheinlich arbeitete man bereits an irgendeinem Märchen, um den Zombieausbruch zu vertuschen, und ich hätte zu wetten gewagt, dass mein Team nicht in die offizielle Version der Ereignisse passte.

»Ich kann Ihnen unsere Kopie des Vertrags zeigen, unterschrieben vom Gouverneur Ihres Bundesstaats. Alles, was ich dafür brauche, ist ein Anruf.«

»Ich denke nicht. Meine Vorgesetzten und das Büro des Gouverneurs haben bereits bestätigt, dass sie nichts unterzeichnet haben. Sie sind ein Lügner, und ich habe dieses Spielchen allmählich satt.«

Und mir gingen allmählich die Möglichkeiten aus. Ich hatte keine Lust, den Rest meines Lebens in einem mexikanischen Knast zu verbringen. Das bedeutete dann wohl, dass es an der Zeit war, herauszufinden, ob der Verhörleiter die Wahrheit verkraften konnte. »Na schön, dann packe ich eben aus.«

»Ich warte.«

Ich deutete mit dem Kopf in Richtung des anderen Bullen. Mehr konnte ich nicht tun, da meine Unterarme und Fußgelenke mit Kabelbindern an den robusten Stuhl gefesselt waren. »Spricht der Typ Englisch?«

Der Verhörleiter hob den Daumen und Zeigefinger an. »Un poco. Ein bisschen.«

Mein gesamter Körper schmerzte. Wenn ich Cop Nummer zwei loswerden konnte, würden sie mich wenigstens eine Zeit lang nicht schlagen. »Dann wollen Sie vielleicht, dass er draußen wartet. Was ich Ihnen gleich erzählen werde, möchten Sie bestimmt nicht nach außen dringen lassen, wenn Sie verstehen, was ich meine.«

Langsam blies der Verhörleiter eine dichte Rauchwolke aus. Wir drei befanden uns in einem kleinen, schlichten Raum. Die einzige Einrichtung bestand aus meinem Stuhl, seinem Stuhl und einem billigen Kunststofftisch. In einer Ecke bemerkte ich außerdem ein blutiges Telefonbuch, eine Spitzzange und einen Zwanzig-Liter-Eimer Wasser. Ich wollte mir lieber nicht ausmalen, wofür diese Gegenstände gedacht waren. Schließlich bedeutete er dem jüngeren Beamten hinauszugehen. Ich hörte das Geräusch eines zackigen Saluts, dann das Öffnen und Schließen der Tür hinter mir.

»Irgendeine Chance, dass wir diese Sache mit guter, alter Bestechung aus der Welt schaffen können?«, erkundigte ich mich. »Meine Firma ist sehr großzügig.«

»Mordida? Vielleicht, wenn ich nur ein, zwei Leichen hätte. Aber bei so vielen? Und die Hälfte davon Amerikaner? Ich fürchte nicht. Wissen Sie, irgendjemand muss dafür hingerichtet werden. Sagen Sie mir, was ich wissen will, dann werden es vielleicht nicht Sie sein.«

»Alles klar. Dachte ich mir irgendwie schon, aber man weiß ja nie genau, ehe man nicht gefragt hat. Übrigens wusste ich gar nicht, dass ihr hier noch die Todesstrafe habt.«

Er zuckte mit den Schultern. »Es gibt die inoffizielle Todesstrafe. Also, lassen Sie uns fortfahren, Señor Pitt. Wer sind Sie?«

»Ich arbeite für ein Unternehmen namens Monster Hunter International. Wir haben unsere Zentrale in Alabama. Wir sind darauf spezialisiert, monsterbezogene Probleme diskret zu lösen.« Er starrte mich mit ausdrucksloser Miene an. »Ja, Monster … Zum Beispiel wurden wir dafür bezahlt, hierher zu kommen und ein Rudel Ziegenblutsauger zu beseitigen.«

»Chupacabras?«, fragte er langsam.

»Richtig. Vor ein paar Wochen wurden in dem Ferienort ein paar Wanderer getötet, und wenn diese Kreaturen erst einmal Menschenfleisch gekostet haben, gibt es für sie kein Zurück mehr. Man hat uns angeheuert, weil man der Meinung war, weitere Todesfälle würden sich verheerend auf den Tourismus auswirken.« Ich schätze, nach einem massiven Zombieausbruch ist dieser Punkt irgendwie hinfällig geworden. »Das Unternehmen, für das ich arbeite, gilt als das weltweit beste, wenn es um solche Dinge geht.«

»Ich verstehe … Und der Grund, warum ich noch nie davon gehört habe, ist …« Sein Tonfall verriet keinerlei Emotionen.

»Von der Regierung verordnete Geheimhaltung. Wer eine Monstererfahrung macht, wird in der Regel von den Behörden davor gewarnt, den Mund aufzumachen. So wird das schon ewig gehandhabt. Wüsste die Durchschnittsbevölkerung, dass all die Dinge aus Mythen und Märchen und schlechten Filmen echt sind … Tja, Sie können sich wohl vorstellen, was für Panik und Schwierigkeiten das verursachen würde.«

»Und Sie glauben das?«

Zunächst schwieg ich, denn ich wusste nicht recht, was er damit meinte. Wollte er wissen, ob ich die Richtlinien der Regierung für begründet hielt oder ob ich selber glaubte, was ich ihm gerade erzählte? Ich beschloss, mein Glück mit der ersten Möglichkeit zu versuchen. »Nein, ich finde die Richtlinien dumm. Die Menschen sollten die Wahrheit kennen. Aber stattdessen unterhalten die meisten Regierungen ein System, um die Populationen übernatürlicher Wesen gering zu halten und das Problem so einzudämmen. In meinem Land gibt es beispielsweise ein Prämiensystem, das vom Finanzministerium verwaltet wird. Es nennt sich SUMF.«

»SUMF?«