Monster sehen und sterben - Larry Correia - E-Book

Monster sehen und sterben E-Book

Larry Correia

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Beschreibung

Die Prämie: 10 Millionen Dollar.
Die Konkurrenz: Gnadenlos.
Das Monster: Absolut tödlich.

In Las Vegas findet ein Symposium der besonderen Art statt: Monsterjäger aus der ganzen Welt sind eingeladen. Doch schon bald erreicht sie eine erschreckende Nachricht. An einem Truckstop in Nevada wurde ein blutrünstiges Massaker verübt - von einer nicht klassifizierten Kreatur. Da meldet sich der Sprecher einer Geheimorganisation und macht ein lukratives Angebot: 10 Millionen Dollar soll die Truppe erhalten, die das Monster zur Strecke bringt. Owen Pitt und sein Team nehmen die Fährte auf. Der Wettkampf ist eröffnet ...

Die Monster Hunter - spannende Urban Fantasy von Bestsellerautor Larry Correia:

Band 1: Die Monster, die ich rief
Band 2: Der Club der toten Monster
Band 3: Ein Monster kommt selten allein
Band 4: Monster sehen und sterben
Band 5: Ein Monster sieht rot
Band 6: Monsterzähmen leicht gemacht

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung.


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Seitenzahl: 758

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Inhalt

Cover

Grußwort

Über dieses Buch

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Epilog

Über den Autor

Weitere Titel des Autors

Impressum

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Über dieses Buch

In Las Vegas findet ein Symposium der besonderen Art statt: Monsterjäger aus der ganzen Welt sind eingeladen. Doch schon bald erreicht sie eine erschreckende Nachricht. An einem Truckstop in Nevada wurde ein blutrünstiges Massaker verübt – von einer nicht klassifizierten Kreatur. Da meldet sich der Sprecher einer Geheimorganisation und macht ein lukratives Angebot: 10 Millionen Dollar soll die Truppe erhalten, die das Monster zur Strecke bringt. Owen Pitt und sein Team nehmen die Fährte auf. Der Wettkampf ist eröffnet …

LARRY CORREIA

MONSTER SEHEN UND STERBEN

Aus dem amerikanischen Englisch von Michael Krug

Kapitel 1

Die meisten Dinge, die Las Vegas den Heerscharen von Touristen zu bieten hat, sprechen mich nicht sonderlich an. Als ehemaliger Buchhalter bin ich entschieden zu gut in Mathematik, um Freude am Spielen zu finden. Als ehemaliger Rausschmeißer halte ich grundsätzlich wenig von der Partyszene. Und die Striplokale? Ich bin glücklich mit einer total heißen Braut verheiratet, die mich mit ihrem Scharfschützengewehr aus anderthalb Kilometer Entfernung abknallen könnte, von daher: Nein, danke. Natürlich gibt es eine Menge anderer Dinge, die man in Vegas unternehmen kann. Zum Beispiel kann man sich überteuerte Shows ansehen oder sich mit Elvis fotografieren lassen und dergleichen. Aber als professioneller Monsterjäger bin ich etwas abgebrüht, wenn es um den Begriff aufregend geht.

Allerdings gibt es eine Sache in Las Vegas’ umfangreichem, schillerndem Arsenal von Waffen, die Touristen das Geld aus der Tasche leiern sollen, der ich absolut nicht widerstehen kann, und das ist ein geiles Buffet.

Der Flug in die Stadt hatte eine Ewigkeit gedauert, und ich war dabei zu verhungern. Daher hatte ich gleich nach der Ankunft in unserem Hotel jedes andere hungrige Mitglied von Monster Hunter International zusammengetrommelt, das ich finden konnte, und wir waren losgezogen, um das ahnungslose Hotelbuffet zu erobern.

Wir befanden uns auf Geschäftsreise. Normalerweise bedeutete Geschäft für uns, dass irgendein grauenhaftes, übernatürliches Wesen dringend anständig um die Ecke gebracht werden musste, aber diesmal nicht. Las Vegas diente als Veranstaltungsort der ersten jährlichen Internationalen Konferenz professioneller Monsterjäger.

Die Konferenz war ein dickes Ding. Die von einem wohlhabenden Veranstalter gesponserte, ultrageheime IKPMJ 1 war als Gelegenheit angepriesen worden, Kontakte zu anderen informierten Personen zu knüpfen oder zu pflegen, sich über die neueste Ausrüstung kundig zu machen und sich Vorträge von Experten anhören zu können. Eine solche Veranstaltung hatte noch nie zuvor stattgefunden. Jedes Mitglied von MHI, das sich von der Arbeit loseisen konnte, war gekommen, und obwohl wir das größte Unternehmen der Branche darstellten, waren wir den Vertretern all der anderen Monsterjagdbetriebe weltweit zahlenmäßig fünf zu eins unterlegen. Zusätzlich hatten sich Gesandte von allen legitimen Organisationen und Regierungsbehörden eingefunden, die sich mit dem Übernatürlichen befassten. Alle waren hier, um voneinander zu lernen. Und da wir sämtlich vor Professionalität strotzten, hatten wir uns angewöhnt, die Veranstaltung kurz Ikprom zu nennen.

Die Konferenz sollte am nächsten Vormittag beginnen, was für die meisten Monsterjäger bedeutete, dass sie noch Gelegenheit hatten, die Nacht durchzufeiern oder durchzuzocken. Aber für mich verhieß das Zeit am Buffet. Als ziemlich großer und massiger Kerl, der einem außerordentlich intensiven Lebensstil frönt, verbrenne ich eine Menge Kalorien. Am Spieltisch mag ich verlieren, am Esstisch hingegen nie. Darüber hinaus war das Essen in den gehobenen Etablissements in der Regel überdurchschnittlich gut, und da Monsterjäger satt verdienten, waren die Tage gezählt, in denen ich mir den Bauch in billigen Absteigen vollschlagen musste. Abgesehen davon übernachteten alle IKPMJ-Gäste im neuen, ultra-mondänen, noch nicht einmal vollständig für die Öffentlichkeit geöffneten Last Dragon Hotel. Das Buffet im Last Dragon wurde von Meisterköchen aus aller Welt bestückt und galt angeblich als eine der besten neuen Futterstellen in der Stadt. Das ging aus dem Internet hervor, und wer war ich denn, dass ich an der Zagat Survey zweifelte?

Mein Team war gerade von einer mörderischen Mission zurückgekehrt, weshalb sich die meisten einfach nur aufs Ohr hauen wollten. Lediglich bei Trip Jones und Holly Newcastle war es mir mit sanftem Nachdruck gelungen, sie zum Mitkommen zu bewegen, wenngleich Holly geklagt hatte, sie müsse auf ihre Figur achten und werde sich zurückhalten. Wenn es ums Essen ging, kannte ich keine Zurückhaltung. Trotz seiner Aversion dagegen, sich in der Gesellschaft von Menschen aufzuhalten, hätte sich Edward tatsächlich durch meine ausschweifenden Schilderungen der endlosen laufenden Meter herrlicher Fleischspezialitäten verführen lassen, die man obendrein nicht zuerst jagen und erstechen musste. Allerdings hatte es ihm Skippy, sein älterer Bruder und Häuptling, verboten. Wahrscheinlich wäre es auch wirklich zu schwierig gewesen, in der Öffentlichkeit mit einer Gesichtsmaske zu essen. Ist schon hart, ein Ork zu sein.

Demnächst sollte ein weiterer Flieger mit einigen Frischlingen an Bord ankommen, und Milo Anderson hatte sich freiwillig dafür gemeldet, am Flughafen zu bleiben und sie zum Hotel zu fahren. Earl Harbinger hatte diese speziellen Rekruten als besonders talentiert beschrieben, deshalb hatten sie sich den Ausflug verdient. Die Glückspilze. Mein erster Ausflug als Frischling hatte darin bestanden, an Bord der Antoine-Henri zu stürmen und gegen Unholde zu kämpfen.

Von meinem Team hatte zu guter Letzt meine bezaubernde Frau Julie erklärt, sie sei müde, und mich aufgefordert, das Essen nach Möglichkeit unverletzt zu überstehen – sie weiß, dass ich bisweilen überenthusiastisch bei Dingen sein kann, die in Portionen größer als mein Kopf serviert werden. Nach den guten Worten war sie früh zu Bett gegangen, da sie sich schon während der Anreise ein wenig angeschlagen gefühlt hatte.

Nachdem wir unser Gepäck abgeladen hatten, das größtenteils aus Panzeranzügen und Kanonen bestand, hatten wir ein paar der anderen Monsterjäger dazu geholt, die in unserem Stockwerk übernachteten. Die meisten Etagen im Last Dragon Hotel lagen noch in den letzten Zügen der Fertigstellung, aber die feierliche Eröffnung des Gebäudes stand kurz bevor. Offiziell war das Hotel nicht fertiggestellt, aber da die IKPMJ ohnehin als geheim galt, schien es das perfekte Quartier für mehrere hundert Monsterjäger zu sein, und die Veranstalter der IKPMJ hatten obendrein noch einen spitzenmäßigen Preisnachlass für uns ausgehandelt. Die IKPMJ würde das allererste Event im Konferenzzentrum des Hotels werden, doch zum Glück hatten das Kasino, die Geschäfte und – am wichtigsten – die Restaurants bereits eröffnet.

»Wow …« Trip stieß einen leisen Pfiff aus, als er die schier endlosen Tabletts voller Essen dieses wahrscheinlich besten All-You-Can-Eat-Buffets der Welt entlangblickte. »Das ist schon ein beeindruckendes Angebot.« War es wirklich. Von allem reichlich, Kulinarik aus dutzenden Kulturkreisen, alles wunderschön angerichtet, und erst die Aromen … Bei den Wohlgerüchen lief einem das Wasser im Mund zusammen, ob man wollte oder nicht, und das lag keineswegs bloß daran, dass ich den Großteil des Tages eingezwängt in einen Helikopter Flugbenzindämpfe und Pulverrauch eingeatmet hatte. Dieser Ort war schlichtweg spitze. »So speisen die Wikinger im Wikingerhimmel.«

»Walhalla«, korrigierte Holly. »Der Wikingerhimmel heißt Walhalla.«

»Weiß ich doch«, gab Trip zurück. »Überrascht mich allerdings, dass du es weißt.« Es war ein lahmer Versuch, sie aufzuziehen, weil jeder der Anwesenden wusste, dass Holly das dumme Blondchen bloß spielte. Damit manipulierte sie Leute, die sie nicht gut genug kannten, um zu wissen, dass sie in Wirklichkeit eine wandelnde Enzyklopädie ausgekochter Monsterbeseitigungstechniken verkörperte.

»Klar weiß ich das. Einmal habe ich zu Halloween dieses wirklich heiße Walkürenkostüm getragen«, antwortete Holly trocken. »Der Kettenbikini war ja so was von sexy … Allerdings hat er ganz schön an der Haut geschabt.« Und dann fing sie an, das Teil plastisch und in allen Einzelheiten zu beschreiben. Zu beobachten, wie der ewige Gentleman und beinah schon prüde zu nennende Trip zu verlegen wurde, um zusammenhängend zu antworten, war für das gesamte Team immer lustig, aber zu seinem Glück rief die Tischdame die Reservierung für Owen Pitt mit zehn Personen auf und führte uns zu unseren Plätzen, bevor es zu schlimm für Trip werden konnte.

Es war mir gelungen, mehrere andere Jäger einzusammeln, die nicht zu abgelenkt von den hübschen Glitzerlichtern und den Versprechen der Spielautomaten gewesen waren, um darüber das Abendessen zu vergessen. Die Gebrüder Haight gehörten zum Team Haven, das von Colorado aus arbeitete, und wenngleich Sam inzwischen tot war und man Priest zum Teamleiter befördert hatte, würden sie immer Team Haven heißen. Cooper und mein Schwager Nate Shackleford waren in Paxtons Team aus Seattle. Gregorius stammte aus Atlanta, und seit ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte, schien er entschieden zu haben, seine alten, militärischen Körperpflegestandards über Bord zu werfen. Ich musste ihn einfach zur außerordentlichen Qualität seines Holzfällerbarts beglückwünschen. Mein alter Kumpel Albert Lee war in der Zentrale in Alabama stationiert, und mit ihm abzuhängen machte immer Spaß. VanZant war ein Teamleiter aus Kalifornien, und Green gehörte zu seinen Jungs. Ich hatte mit ihnen allen schon das eine oder andere Mal zusammengearbeitet, entweder bei der Frischlingsausbildung, beim Gefecht gegen Lord Machados Schergen in den DeSoya-Höhlen oder beim Kampf gegen die außerirdischen Insektenäste des Arbmunep.

Das Buffet des Last Dragon Hotels hatte man in einem großen, runden, verglasten Raum innerhalb des Einkaufszentrums des Kasinos aufgebaut. Das gesamte Ding drehte sich langsam, sodass die Aussicht durch die Fenster ständig zwischen Wandgemälden, Gärten und Springbrunnen wechselte. Als Buffetgast konnte man beobachten, wie ein Stockwerk unter uns Hunderte Konsumenten ihr Geld für hoffnungslos überteuerte Waren rauswarfen. War irgendwie cool, wenn man so gerne Leute beobachtete, wie ich es tat. Im Restaurant selbst gab es sogar Eis-Skulpturen und fünf verschiedene Schokobrunnen.

Nachdem wir uns das Essen auf die Teller geladen hatten, nahmen wir am Tisch Platz. Es lag eine Weile zurück, dass ich diese speziellen Kollegen zuletzt gesehen hatte, und binnen kürzester Zeit wurde ich genötigt, von dem Fall zu erzählen, den wir erst an jenem Morgen abgeschlossen hatten. Tatsächlich hatte mein Team schon nicht mehr geglaubt, dass wir überhaupt an der IKPMJ teilnehmen könnten, weil wir auf der Suche nach unserem Monster zwei ergebnislose Wochen durch die schäbigsten Gegenden von Jackson, Mississippi, gestrolcht waren. Da wir Januar hatten, waren wir zudem die ganze Zeit über triefnass geregnet worden. Dass wir jenen Aswang in letzter Minute doch noch einsacken konnten, war ein Glückstreffer gewesen, der es uns ermöglicht hatte, rasch zusammenzupacken und nach Las Vegas zu eilen. Hier würden wir es für ein Weilchen wesentlich wärmer und trockener haben. Ich erzähle gern Geschichten, aber jedes Mal, wenn ich anfing zu übertreiben, um das Monster noch widerlicher als in der Realität darzustellen, korrigierte mich Trip. Er war schon immer gut darin gewesen, dafür zu sorgen, dass ich ehrlich blieb. Außerdem bedurfte es gar keiner großartigen Übertreibungen, die Kreatur so richtig eklig erscheinen zu lassen, da es sich um einen mutierten philippinischen Vampir mit einem Saugrüssel gehandelt hatte. Nicht die Art von Tischgespräch, die man in vornehmer Gesellschaft führen würde.

Die Leute von MHI neigten aber sowieso dazu, sich als eher lauter, ausgelassener, lebenslustiger Haufen zu präsentieren, und wenn man sie mit gutem Futter und Drinks abfüllte, wurden sie nur noch lauter. Schon bald rissen alle Witze und erzählten ebenfalls Geschichten, die nur von den wiederholten Nachschubgängen zum Buffet unterbrochen wurden. Green war spindeldürr, und VanZant hatte den Spitznamen »Hobbit«, weil er vielleicht gerade mal stämmige eins zweiundsechzig hoch aufragte, aber selbst unsere kleinen Monsterjäger hatten einen Mordsappetit, ganz zu schweigen von Gregorius, der ungefähr meine Größe aufwies. Das Buffet spürte unsere Anwesenheit daher durchaus. Aber wie Nate schon gemeint hatte: Für siebzig Mäuse pro Kopf und Nase würden wir verdammt sicherstellen, dass wir das Geld nicht zum Fenster hinausgeworfen hatten. Zum Glück hatte man uns so abgelegen auf einer Seite des Restaurants platziert, dass wir die anderen, normaleren Gäste nicht belästigten.

Man hatte für uns mehrere Tische zu einem langen Rechteck zusammengeschoben. Ich saß an einem Ende gegenüber von Green und neben VanZant. Green war ein hyperaktiver Glatzkopf, der als Polizist in San Diego gearbeitet hatte, bevor er von MHI rekrutiert worden war. Damals bei der Frischlingsausbildung hatte ich ihm versehentlich das Schlüsselbein gebrochen, doch er hatte nie den Eindruck gemacht, dass er mir was nachtrug. Green war ein Haudegen, einer jener Männer, die sich vor nichts fürchteten, daher hatte er es als keine große Sache betrachtet, bei der Ausbildung ernsthaft verletzt worden zu sein. Ich hatte den Überblick darüber verloren, wie viele Biere er inzwischen gehabt hatte, und anscheinend hatte er zuvor schon an der Minibar in seinem Zimmer getankt. Die Kellnerin sorgte für steten Nachschub. Da man beim Verlassen des Restaurants zwangsläufig an den Glücksspielautomaten vorbeimusste, wollte die Geschäftsführung des Ladens wahrscheinlich, dass die Gäste zu dem Zeitpunkt so unfähig wie möglich waren, vernünftige Entscheidungen zu treffen. Greens Boss VanZant runzelte nur die Stirn, als Green mit dem Bombenexperten Cooper in eine lautstarke Diskussion über den korrekten Einsatz von Handgranaten geriet.

VanZant war ein Mann mit Taktgefühl, daher wartete er, bis sich mehrere verschiedene Unterhaltungen entwickelt hatten, bevor er sich zu mir beugte und leise fragte: »Und wie geht’s Julie?«

Ich konnte nachvollziehen, weshalb er sich erkundigte. VanZant war bei Julie gewesen, als sie während Hoods Angriff auf unsere Zentrale verletzt worden war. Er gehörte zu den Wenigen, die etwas darüber wussten, wie sie überlebt hatte. Ihre Schnitte hatten sich nämlich dank der immer noch anhaltenden Magie des Hüters geschlossen und dort, wo tödliche Wunden geprangt hatten, nur schwarze Linien zurückgelassen. »Ziemlich gut. Die meiste Zeit denken wir einfach nicht daran.« Was überhaupt nicht stimmte. Das Wissen, dass sie physisch von der Magie der Alten verändert worden war, begleitete uns ständig und nagte an unserem Seelenfrieden, doch es gab nichts, was wir dagegen tun konnten.

VanZants Besorgnis war unübersehbar. »Hat sich irgendeine … Veränderung eingestellt?«

Er spielte damit auf die übernatürlichen Male am Hals und Bauch meiner Frau an, Erinnerungen an etwas, das sie eigentlich hätte umbringen müssen. »Alles noch wie zuvor.« Die Male hatten Julie bereits dreimal das Leben gerettet, einmal vor Korinihas Messer, einmal vor den Klauen eines fliegenden Untoten und einmal sogar vor den Fängen ihrer Vampirmutter … Allerdings gibt es so etwas wie Geschenke nicht, sobald die Alten die Hand im Spiel haben. Alles, was von ihnen kommt, hat einen Preis. Wir wussten nur noch nicht, worin der Preis bestehen würde. »Wir versuchen laufend, weitere Informationen über den Hüter zu finden. Wer er war, woher die Magie stammt und so weiter. Vielleicht sogar, wie man sie loswerden kann. Alles bisher ohne Erfolg.«

Einer der Gebrüder Haight erzählte gerade, wie er seinen Truck auf einem Blutdämon geparkt hatte, als die Tischdame eine weitere große Gruppe in unseren Bereich des Restaurants führte. Sie bestand aus einem Dutzend Personen, alle männlich und identisch gekleidet in hellbraune Cargohosen und enge schwarze Poloshirts, die deutlich zeigten, dass sie alle mächtig darauf standen, Gewichte zu stemmen. Jeder Einzelne der Neuankömmlinge hielt im Saal prüfend nach Bedrohungen Ausschau. Es ließ sich nicht übersehen, dass jene Hälfte von ihnen, die nicht mit dem Rücken zur Wand sitzen könnte, darüber ein wenig beunruhigt sein würde.

Das waren eindeutig Monsterjäger. Jeder in unserer Profession strahlt bestimmte Schwingungen aus, und auf diese Männer traf das voll und ganz zu. Wachsamkeit, etwas Arroganz und Härte. Definitiv Monsterjäger, sie waren bloß nicht so cool wie wir. VanZants Miene verfinsterte sich beim Anblick des goldenen Schriftzugs PT Consulting, der auf die Brust jedes Poloshirts gestickt war. »Oh nein …«, brummte er. »Nicht diese Arschlöcher.«

»Freunde von dir?«, flüsterte ich, als die Tischdame die Männer einige Meter von uns entfernt platzierte. Mir fiel auf, dass die meisten von ihnen uns auf dieselbe Weise musterten wie wir sie. Anscheinend strahlte auch mein Tisch jene Monsterjägerschwingungen aus. Auf beiden Seiten zeigte sich ein klein wenig berufliche Neugier, als wir uns gegenseitig anglotzten.

VanZant schien nicht allzu erfreut darüber zu sein, die andere Gruppe zu sehen. »Die sind ein neu gegründetes Unternehmen mit Sitz in Los Angeles. Mischen seit ungefähr einem Jahr auf dem Markt mit. Jede Menge Kohle, nur das neueste Spielzeug. Die sind schon durchaus professionell, aber …«

Dem Ausdruck in Greens Gesicht nach konnte auch er PT Consulting nicht leiden. Er sprach etwas lauter, als vielleicht nötig gewesen wäre. »Ihr Boss ist ein echter Arsch. Die haben sich klammheimlich in einige unserer Aufträge reingegaunert. Wenn man nicht aufpasst, schnappen die einem die SUMF-Prämien direkt vor der Nase weg.«

Ein paar der Männer am anderen Tisch schienen die Äußerung gehört zu haben. Eine gedämpfte Unterhaltung entbrannte unter ihnen, als sie ihre Getränkebestellung aufgaben. »Sachte, Green«, mahnte VanZant seinen hitzköpfigen Freund, bevor er sich wieder mir zuwandte. »Die Leute von PT Consulting sind leicht reizbar. Die haben diesen modernen Bushido-Kodex der Kriegerkultur am Start. Nehmen sich selbst verdammt ernst. Der Besitzer der Firma ist ein Colonel im Ruhestand, der als Anbieter von privaten Sicherheitsleistungen im Irak stinkreich geworden ist. Als ihm zu Ohren gekommen ist, dass die richtige Kohle im SUMF steckt, hat sein Unternehmen die Branche gewechselt. Haben auch ein paar Agenten vom Amt für Monsterkontrolle mit dem Versprechen besserer Bezahlung abgeworben und sich direkt in meinem Hinterhof angesiedelt.«

»Du klingst nicht gerade wie ein Fan …«

»Deren Boss zieht den Begriff Söldner in den Dreck, und wir von MHI sind Söldner und stolz darauf. Ich würde ihn ja als Piraten bezeichnen, nur wäre das eine Beleidigung für jeden Piraten.«

»Arsch passt schon«, mischte sich Green hilfsbereit ein. »Diebische Ärsche, alle miteinander.«

Mir fielen einige ehemalige Agenten des Amts für Monsterkontrolle auf, die jetzt PT-Shirts trugen und wütende Blicke in unsere Richtung warfen. Ah ja, sie erkennen uns also auch. Wahrscheinlich war es nicht besonders hilfreich, dass ich ein T-Shirt mit einem großen MHI-Smiley trug. Ach, was soll’s, ist ja nicht mein Problem. Ich wollte nur meinen zweiten Teller mit Steak, Sushi und sechs verschiedenen Arten von Shrimps genießen.

Der Älteste der PT-Männer stand auf und näherte sich meinem Ende unseres Tisches. Er war vermutlich Anfang fünfzig, aber gebaut wie ein Marathonläufer, und hatte einen blonden Bürstenhaarschnitt sowie um die Augen Bräunungsstreifen, die vom andauernden Tragen einer Sonnenbrille herrührten. Sein Mund lächelte, seine Augen taten es nicht. »Na, wenn das nicht Monster Hunter International ist. Was für ein unerwartetes Vergnügen, eurer Truppe hier über den Weg zu laufen. Abend, John.«

VanZant nickte höflich. »Armstrong.«

Armstrong ließ den Blick prüfend über unseren Tisch wandern, musterte uns. Im Gegensatz zu seiner Gruppe präsentierten sich meine Leute willkürlich und leger gekleidet, abgesehen von Cooper und Nate – die beiden jungen Burschen hatten sich herausgeputzt, um später eventuell noch Frauen aufzureißen – und den Gebrüdern Haight, die aussahen, als wären sie unterwegs zu einem Rodeo. Armstrong bemerkte Gregorius, der ungefähr in der Mitte des Tisches saß, und nickte ihm knapp zu. »He, Sie kenne ich doch aus Fort Bragg … Sergeant Gregorius, richtig? Ich wusste gar nicht, dass Sie sich diesem Haufen angeschlossen haben.«

Wir hatten Gregorius nach der Schlacht in den DeSoya-Höhlen rekrutiert, wo er mit nur einer Einheit der Nationalgarde eine Straßensperre bemannt hatte. Anscheinend kannte er Armstrong in einer anderen Funktion, aber nach dem unbehaglichen Ausdruck in Gregorius’ Gesicht zu urteilen, teilte er VanZants Meinung über den Mann. »Abend, Colonel. Meine Frau wollte nicht, dass ich in den Ruhestand gehe, zu Hause rumhocke und mich langweile. Das hier hat sich nach Spaß angehört.«

Armstrongs Kichern klang durch und durch herablassend. »Mit dem Bart hätte ich Sie beinah nicht erkannt. Sie sehen aus wie Barry White. Immer gut zu tun, hoffe ich«, meinte er, als er den Blick prüfend über den Rest von uns wandern ließ. Als er zu mir gelangte, hielt er inne. Ich war mir ziemlich sicher, ihm noch nie zuvor begegnet zu sein. Aber ich besitze ein recht markantes Aussehen und in professionellen Monsterjägerkreisen hatte ich mir einen gewissen Ruf erarbeitet, der teilweise sogar auf Fakten beruhte. Deshalb überraschte es mich nicht allzu sehr, erkannt zu werden. »Sie sind Owen Zastava Pitt, nicht wahr?«

»In Fleisch und Blut.«

»Ich bin Rick Armstrong.« Er sagte es so, als hätte das etwas zu bedeuten. Rick Armstrong. Klang für mich nach einem coolen Namen für die Geheimidentität eines Superhelden. »Ich bin der CEO von PT Consulting.« Mit ausdrucksloser Miene starrte ich ihn an. Ich schaute zu Trip, aber mein Freund zuckte nur mit den Schultern. »PT Consulting …«

»Plump und Tumb?«, riet ich ins Blaue.

»Nein. Es steht für …«

»Pampig und Trampelig?«

»Paranormal-taktisch«, berichtigte er, bevor ich mir noch etwas einfallen lassen konnte.

»Nee, nie von gehört.« Ich zuckte mit den Schultern. Armstrong wirkte enttäuscht, versuchte jedoch, es sich nicht anmerken zu lassen. Was hatte er denn erwartet? Ich war zu beschäftigt damit, gegen die Kräfte des Bösen zu kämpfen, um auf jeden neuen Mitbewerber auf dem Markt zu achten. Um das Marketing kümmerte sich Julie, ich mich um die Buchhaltung. »Da klingelt bei mir nichts.«

»Oh, das kommt noch.« Er setzte wieder dieses verhaltene, falsche Lächeln auf. »Ich bin sicher, in Zukunft werden sich Gelegenheiten zur Zusammenarbeit ergeben.«

Ich kannte diesen Armstrong nicht, aber irgendetwas an ihm behagte mir nicht. Zudem war VanZants Meinung absolut verlässlich, und wenn einer unserer Teamleiter sagte, dass diese Leute Arschlöcher waren, dann reichte mir das. »Sie sollten mir Ihre Visitenkarte hierlassen, falls wir mal wieder zu beschäftigt sind mit den wichtigen Fällen und sich was Kleines auftut, für das wir keine Zeit haben.« Wenn ich in Scheiß-drauf-Stimmung bin, kann ich ein ziemlich unhöflicher Mensch sein.

»Nun, MHI ist alteingesessen …«, sagte Armstrong und meinte in Wirklichkeit lediglich alt. Darauf also lief es hinaus. »Wir hingegen sind das am schnellsten wachsende Monsterjägerunternehmen der Welt. Wir haben erfahrene Leute, einen soliden Geschäftsplan, finanziellen Rückhalt, die beste Ausrüstung und erstklassige Führungspersönlichkeiten.«

»Hammer. Vielleicht sollte ich mir Aktien zulegen.«

»Apropos Führungskräfte, es kursiert ein Gerücht über die von MHI.« Er sprach das mit ziemlich schneidendem Ton aus.

»Ach ja?« Ich zog eine Augenbraue hoch. Diese Unterhaltung raubte mir kostbare Shrimpszeit. »Was ist denn mit unseren Führungskräften?«

»Es heißt, Earl Harbinger sei angeschlagen. Ich habe gehört, er sei mehrere Monate lang verschwunden gewesen und ganz deprimiert zurückgekehrt. Mit einem fehlenden Finger. Man munkelt, er hätte etwas mit dem Zwischenfall oben in Michigan zu tun gehabt. Sie wissen schon, dieser Bergwerksbrand« – er machte mit den Fingern Anführungszeichen –, »bei dem die Hälfte der Bewohner einer Ortschaft im Schlaf getötet worden ist. Behauptet zumindest das Amt für Monsterkontrolle. Würde mir zutiefst leidtun, sollte das einer seiner Fälle gewesen sein, der schiefgegangen ist.«

Es stimmte zwar, dass Earl seit Copper Lake nicht mehr derselbe wie früher war, nur ging das diesen Armstrong nicht das Geringste an. Ich kannte nicht alle Einzelheiten über das, was sich in Michigan ereignet hatte, aber ich hatte genug erfahren, um zu wissen, dass Earl nicht angeschlagen, sondern bloß stinksauer war.Eine Regierungsbehörde, deren Namen er nicht nennen wollte, hatte seine Freundin zum Zwangsdienst vergattert.

»Trägt sich Harbinger etwa mit dem Gedanken, den Job an den Nagel zu hängen? Das wäre wirklich jammerschade. Ein echter Verlust für die gesamte Branche.«

»Ich werde ihm Ihre Besorgnis ausrichten. Die ich übrigens voll verstehen kann. Denn echt jetzt – sollte sich Earl Harbinger zur Ruhe setzen, zu wem würden Männer wie Sie dann zwecks Inspiration aufschauen?« Das höfliche Nicken in seine Richtung, das ich darauf folgen ließ, sollte zum Ausdruck bringen: Und jetzt verpiss dich, Drecksack. »Wir sehen uns bei der Konferenz.«

»Also morgen. Freue mich schon darauf. Ich habe noch Arbeit zu erledigen. Meine Herren, genießen Sie Ihr Abendessen.« Damit kehrte er zu seinem Tisch zurück und verabschiedete sich auch von seinen Leuten. Ich schwöre, der Hälfte der Männer sah man an, dass sie dem Drang widerstehen mussten, zu salutieren.

»Ich hasse ihn so sehr«, murmelte Gregorius, führte aber nicht weiter aus, weshalb.

»Na ja, ein bisschen siehst du schon wie Barry White aus«, meinte Cooper zu ihm. Er zuckte zusammen, als Gregorius ihn in den Arm knuffte.

Nach kurzer Zeit hatten unsere Unterhaltungen wieder eingesetzt, noch lauter als zuvor, so unmöglich das auch scheinen mochte. Milo rief mich auf dem Handy an, um mir mitzuteilen, dass er bald eintreffen würde und beim Abendessen mit einigen der Frischlinge, die er vom Flughafen abgeholt hatte, zu uns stoßen würde. Die verrückte junge Elfin Tanya hatte ich schon kennengelernt, als sie sich als Elfenfährtensucherin ausgegeben hatte, um bei einem unserer Aufträge mitkommen zu dürfen. Sie und Edward hatten einige Kids gerettet, die in eine Taschendimension voll telepathischer, magischer Monster gestolpert waren. Tanya war das erste Elfenwesen, das MHI je eingestellt hatte, und ich war immer noch nicht davon überzeugt, dass es ein gänzlich kluger Schachzug gewesen war, aber Milo hatte mir mehrfach versichert, sie würde in der Öffentlichkeit problemlos als menschlich durchgehen. Der andere Frischling hieß Jason Lacoco, den ich vom Namen her als einen Monsterjäger von Briarwood kannte, den Earl bei dem von Armstrong erwähnten Zwischenfall in Copper Lake angeworben hatte. Ich war ihm allerdings noch nicht persönlich begegnet. Ich teilte Milo mit, dass ich die Tischdame bitten würde, einen weiteren Tisch dazuschieben zu lassen.

Als ich das Telefon wegsteckte, erzählte Green gerade angeregt eine völlig unangemessene Geschichte und benutzte dazu einen Windbeutel als Spezialeffekt. Die meisten meiner Gruppe lachten lauthals über ihn. Die PT-Leute kauten stoisch vor sich hin und warfen vereinzelte Blicke in seine Richtung. Anscheinend schrieb der Kodex des modernen Kriegers vor, sich in der Öffentlichkeit nicht so zu verhalten, wie wir es taten.

Ich füllte mir gerade Teller Nummer drei mit Nachos, Jiaozi und Mozzarellasticks, als Nate an meiner Seite auftauchte. Er hatte am gegenüberliegenden Ende des Tisches gesessen, deshalb hatte er meine Unterhaltung mit dem Obermacker von PT verpasst. »He, Z. Ich brauche deine Hilfe bei den Schwarzhemden.«

»Wie meinst du das?«

»Die glotzen uns dauernd an.«

»Das liegt daran, dass wir so verflucht gut aussehen, Nate. Die können einfach nicht anders.«

»Das sagst du so, aber sie scheinen wütend zu sein.«

Ich schaute zu Green hinüber, der ein weiteres Bier hinunterstürzte, laut rülpste und sich anschließend mit dem Handrücken den Mund abwischte. Was gesagt wurde, konnte ich nicht hören, aber Trip wirkte gequält, während sich alle anderen belustigt zeigten. Trip, allzeit die Stimme der Vernunft, schien mit dem Versuch beschäftigt, Green dazu zu bewegen, ein wenig leiser zu sein. VanZants Sitz präsentierte sich verwaist. Wahrscheinlich war er zur Toilette gegangen und hatte unseren betrunkenen ehemaligen Cop von der Sitte vorübergehend unbeaufsichtigt zurückgelassen. Ein paar der Typen von PT wirkten mittlerweile ziemlich streitlustig. »Versucht Green, eine Schlägerei anzuzetteln?«

Nate seufzte. »Er ist immer noch stinksauer wegen eines Auftrags, bei dem sein Team die ganze gefährliche Arbeit erledigt hat, bevor PT in letzter Minute dazwischengefahren ist und die SUMF-Prämie abstaubte. Green persönlich hat dabei zwanzig Riesen verloren, und ein Mitglied des Teams wäre beinah von einem Riesentintenfisch ertränkt worden.«

»Also brauchst du meine Hilfe nicht bei den Typen von Paranoid-Tabu Consulting oder wie auch immer die heißen. Du brauchst vielmehr Hilfe dabei, einen unserer Männer unter Kontrolle zu halten. Sag mal, warum forderst du Green nicht einfach auf, cool zu bleiben? Du bist ein Shackleford. Das ist die Firma deiner Familie.« Ich wusste, dass Earl viel von Nate erwartete, zumal man davon ausging, dass er den Namen der Shacklefords weiterführen würde. Das bedeutete für ihn eine Menge Druck, vor allem, da seine ältere Schwester einen Großteil des Betriebs bereits leitete. Nate war tough und enthusiastisch, aber noch damit beschäftigt, seinen Platz im Unternehmen zu finden. Verlegen blickte der groß gewachsene junge Mann auf seine Schuhe hinab. »Aber das wirst du nicht tun … Weil du nicht den Enkel vom Boss raushängen lassen und die Spaßbremse sein willst, während sich alle amüsieren …«

»Umgekehrte Vetternwirtschaft ist verflucht knifflig. Ich steh noch ganz unten am Totempfahl. Wenn ich etwas sage, komme ich bloß als Nörgler rüber, der versucht, Julies Gewicht in die Waagschale zu werfen.«

»Wenn du damit andeuten willst, dass Julie übergewichtig ist, knallt sie dich ab.« Natürlich wusste ich, dass er das nicht damit meinte. Außerdem war Julie in hervorragender Form. Meine Frau war nichts weniger als eine eins achtzig große Amazonenkriegerin, Südstaatenschönheit, Kunstkennerin und Scharfschützin in Personalunion. »Und dir dürfte bekannt sein, dass sie nicht oft danebenschießt.«

»Du weißt schon, was ich meine«, bohrte Nate weiter.

»Frag doch Holly. Mit der legt sich niemand freiwillig an.«

»Soll das ein Witz sein? Ich glaube, sie findet die Sache eher unterhaltsam. Bitte, Z. Ich kenne die Burschen nicht besonders gut, aber dich respektieren sie.«

»Ich bin kein Teamleiter.« Manche von uns hatten abgesehen davon, dass sie in Monsterjägerteams arbeiteten, zusätzliche Funktionen in der Zentrale, doch ich bekleidete im Organigramm von MHI lediglich den Posten des Finanzheinis. Damit stand ich ungefähr auf derselben Stufe wie unsere Rezeptionistin, nur war Dorcas schon länger dabei und eindeutig furchteinflößender als ich.

»Aber du bist der Gottbezwinger.«

Gutes Argument. In eine andere Dimension zu reisen und einen der Großen Alten in die Luft zu jagen, brachte einem bei diesem Menschenschlag einige Coolnesspunkte ein. »Manchmal ist es beschissen, die Verantwortung einer Führungspersönlichkeit zu tragen, Nate. Daran wirst du dich gewöhnen müssen.« Seine ältere Schwester hätte einfach alle mit ein paar Arschtritten zur Ordnung gerufen, aber der jüngste Spross der Shacklefords hatte seinen Stil noch nicht gefunden. Er mochte schon länger ein Monsterjäger sein als ich, doch ich konnte nachvollziehen, dass es hart sein musste, im Schatten von Legenden aufzuwachsen. »Na schön, in Ordnung. Ich hole mir nur eben noch ein paar Fischstäbchen.«

Als ich zurück zu meinem Platz steuerte, fiel mir auf, dass Green die zwei uns am nächsten sitzenden PT-Jäger mächtig aufgestachelt hatte und es die beiden jetzt heftig juckte, sich mit uns anzulegen. Green besaß unbestreitbar eine Gabe dafür. Ich konnte spüren, dass hässliche Szenen in der Luft lagen. Normalerweise hätte mir das kein allzu großes Kopfzerbrechen bereitet, aber wir sollten uns wie Profis benehmen, wir waren in der Unterzahl, und ich war mir ziemlich sicher, einen der PT-Männer aus der Ultimate Fighting Championship im Fernsehen zu kennen.

»Z, der eine Kerl da glotzt dauernd zu mir rüber!«, grölte Green lallend. »Muss mich wohl für ziemlich sexy halten!« Dabei schaute er zu dem Mixed-Martial-Arts-Kämpfer von der UFC hinüber und leckte lasziv über einen Windbeutel.

Der Kampfsportler stand jäh auf, und Green, der sich längst dumme Furchtlosigkeit angetrunken hatte, tat es ihm gleich. Trip hielt Green zurück, und einer der anderen PT-Jäger packte den UFC-Typen am Arm. Ich trat mitsamt meinem Teller voll Köstlichkeiten zwischen die zwei Seiten und versuchte mich als Friedensstifter. »Holla! Sachte, Mann.«

Der Mixed-Martial-Arts-Kämpfer rempelte mich. Ich bekam Erdnusssoße auf mein Hemd, und der Großteil meines Essens landete auf dem Boden. Dass ich ihn für die Verschwendung meiner kostbaren Fracht nicht ansatzlos aus dem Hemd schlug, sagt eine Menge darüber aus, wie sehr ich in den letzten Jahren gereift bin. Etwa die Hälfte der PT-Jäger erhob sich jäh vom Tisch. Auf meiner Seite sprangen die Gebrüder Haight und Gregorius auf und wirkten streitlustig, während der Rest meiner Leute eher jenen resignierten Blick aufsetzte, aus dem sprach: Verflucht, ich sollte wohl besser meinen idiotischen Freunden helfen. Man kann über Monsterjäger sagen, was man will, aber sie decken einem immer den Rücken. »Entspannt euch mal alle. Nichts für ungut. Mein Freund hat bloß ein paar zu viel gekippt.«

Trip schleifte den schimpfenden Green zurück zu seinem Stuhl. Zum Glück war Trip der Stärkere der beiden.

Ich versuchte, die Lage zu entschärfen. »Dich kenne ich doch aus dem Fernsehen, oder? Halbschwergewicht. Du warst toll. Ich steh auf den Kram …«

»Haltet euren Idioten gefälligst an der Leine«, stieß der UFC-Kämpfer knurrend hervor, als er ebenfalls zurück zu seinem Platz geführt wurde. »Unzivilisierte Alabama-Rednecks.«

Soweit ich wusste, stammte Green aus Kalifornien, nur wäre es wahrscheinlich nicht hilfreich gewesen, das zu erwähnen. Tatsächlich glaube ich sogar, dass Nate als Einziger an unserem Tisch in Alabama geboren war, und er war wortgewandt und trug eine Krawatte. Ich setzte mich hin. »Green, du Hornochse. Jetzt krieg dich endlich ein, oder ich schwör dir, ich brech dir noch einen Knochen.«

»Tut mir leid, Z. Ist nicht meine Schuld, dass die solche Arschgeigen sind. Ich hab bloß allen erzählt, dass die von PT ein Haufen nutzloser, hinterfotziger, verlogener Penner sind, und dieser Armstrong ist ein diebischer …«

»Alter, benutz deine innere Stimme«, riet Trip, der im Auge behielt, wie uns der Nebentisch voll Muskelmasse und Testosteron entgegenknurrte. »Ich hab keine Lust drauf, aufgemischt zu werden.«

Green kicherte. »Ich mach mir da keine Sorgen. Immerhin haben wir Z. Versteck dich einfach hinter ihm. Das war auch mein Plan. Er ist riesig.«

»Schönen Dank auch«, gab ich brummend zurück. »Ich werd dran denken, wenn mir die Zähne eingeschlagen werden.«

Eine Kellnerin kam vorbei. Ich entschuldigte mich rasch für die Sauerei auf dem Boden und steckte ihr einen Zwanziger zu. Zum Glück rief niemand den Sicherheitsdienst, und es sah danach aus, als würde sich alles wieder beruhigen. VanZant kam zurück, sah, dass Personal des Restaurants das von mir verschüttete Essen aufwischte und alle angespannt wirkten, und erkundigte sich, was er verpasst habe. Ich deutete mit dem Daumen auf Green. »Ich glaube, er sollte lieber seinen Rausch ausschlafen gehen.«

VanZant schüttelte traurig den Kopf. »Manchmal schlägt er ein bisschen über die Stränge. Ich kümmere mich um ihn. Komm mit, Mann. Lass uns ein wenig Wasser in dein Gesicht spritzen oder so.« Er zerrte Green am Kragen hoch.

»Aber ich bin mit meinen Windbeuteln noch nicht fertig!«

»Entschuldige, Z. Er ist ein wirklich guter Jäger, wenn er nüchtern ist.«

Da die Krise somit abgewendet war, zockelte ich los, um mir Ersatzessen zu holen, während VanZant unseren besoffensten Monsterjäger wegführte. Ich erblickte einen kleinen Burschen mit einem gewaltigen roten Bart, der mir vom Eingang zuwinkte, und wies Milo die Richtung zu unserem Tisch. Die letzten Teilnehmer der MHI-Gruppe waren eingetroffen.

Da ich meinen Teller erst teilweise gefüllt hatte, war ich damit beschäftigt, die Zange zu benutzen, um mir einige Krabbenbeine zu schnappen, als jemand gegen meinen Arm rempelte. Ein anderer kräftiger Bursche hatte gleichzeitig mit mir unter dem Hustenschutz hindurchgefasst. »Verzeihung«, entschuldigte er sich höflich.

»Tut mir leid«, erwiderte ich und rückte ein Stück beiseite. »Hab Sie nicht gesehen. Wissen Sie, Krabbenbeine lenken mich immer ab.«

»Danke.« Er griff sich eine üppige Menge der Krustenstiere und lud sie auf seinen Teller. Selbst in geduckter Haltung gelang es ihm nur mit Müh und Not, unter dem Hustenschutz hindurchzulangen. Als er sich wieder aufrichtete, überragte er mich. Ich bin eins fünfundneunzig und trug Kampfstiefel mit dicken Sohlen, trotzdem schlug er mich um mehrere Zentimeter.

»Ich hab mal ’ne Sendung darüber gesehen, wie schwer die zu fangen sind. Dadurch schmecken sie nur noch besser, finde …« Mitten im Satz verstummte ich. Der Mann kam mir merkwürdig bekannt vor. Vermutlich um die dreißig, stämmig, mit Bizeps wie Schinken unter dem schwarzen T-Shirt. Auf seinem gewaltigen Schädel sprossen dunkle Stoppelhaare, und über die Mitte verlief eine Narbe, als hätte er eine schwere Kopfverletzung oder vielleicht eine Gehirnoperation gehabt. Seine Knopfaugen verengten sich zu Schlitzen, als er ebenfalls einen genaueren Blick auf mich warf. Eines seiner Augen wies nicht ganz in dieselbe Richtung wie das andere. Ein Ausdruck von Verwirrung huschte über seine breiten, flachen Züge.

Woher kommt mir der Typ bloß bekannt vor?

Natürlich erkannte ich ihn nicht auf Anhieb. Er war gealtert. Immerhin lag es mehrere Jahre zurück, und damals hatte er weder die Narbe am Kopf noch die Augenverletzung gehabt. Zudem hatte ich bei unserer letzten Begegnung auf seinem Brustkorb gekniet und Ellbogenstöße auf sein blutiges, bewusstloses Auge einprasseln lassen, bis es herausgesprungen und sein Schädel in der Mitte aufgebrochen war.

»Du!«, stießen wir gleichzeitig hervor.

Sein Tablett landete laut klirrend auf dem Boden. Die anderen Gäste im Bereich der Meeresfrüchte verstummten schlagartig. Der Mund des Hünen verzog sich zum Ausdruck eines Knurrens, seine Hände ballten sich zu Fäusten wie Keulen. »Dreckschwein!«

Bei meinem letzten illegalen Preiskampf für Geld war ich gegen dieses Monster angetreten. Damals hatte ich nur gewusst, dass er als Killer galt, als im Knast abgehärtete, brutale Maschine von einem Kämpfer. Er hatte mich windelweich geprügelt, bis ich ihn letztlich irgendwie zu Fall brachte, die Kontrolle über mich verlor und ihn beinahe totgeprügelt hätte. Seinen Namen hatte ich nie erfahren.

Ich wich einen Schritt zurück. Er hatte allen Grund, wütend zu sein. Damals war ich übergeschnappt. Es war das Schlimmste gewesen, was ich je getan hatte. »Es war ein Unf…«

»Ein Unfall?« Dicke Adern traten an seinem Hals hervor. »Ich war bewusstlos, und du hast nicht aufgehört, auf mich einzudreschen, bis sie dich von mir runtergezerrt hatten! Du hast mir mein Auge ausgeschlagen!«

»Tut mir leid.« Mann, das hat jetzt echt lahm geklungen.

»Du hast mein Leben ruiniert!« Und mit einem Aufschrei griff der Koloss an.

Ich riss das Metalltablett wie einen Schild hoch – gerade noch rechtzeitig, bevor es von seiner Faust in der Mitte verbogen wurde. Das Tablett flog in hohem Bogen davon, eine Kellnerin kreischte. Als ich zurückwich, prallte ich heftig gegen den Tisch mit dem Schwan aus Eis. Da ich mich instinktiv duckte, blieb mein Kopf am Rumpf, als der Hüne mit einem gewaltigen linken Haken den Schwan enthauptete. Dann senkte er die Schulter und rammte mich damit, beförderte uns beide auf den Tisch. Der Rest des Eisschwanes kippte, fiel zu Boden und explodierte in überall hin spritzende Splitter. Der Tisch brach unter unserem vereinten Gewicht zusammen, und wir rollten in unterschiedliche Richtungen davon.

Einige Sekunden lang herrschte geschockte Stille, dann setzte bei allen rings um das Buffet die Kampf-oder-Flucht-Reaktion ein. Bei den gewöhnlichen Gästen fiel die Entscheidung spontan zugunsten der Flucht vor den zwei überaus großen Kerlen, die sich da balgten. Bedauerlicherweise stellt Flucht bei einem Monsterjäger nicht die normale erste Reaktion dar. Aus der Nähe des Ausgangs ertönte ein Schlachtruf. »Der PT-Typ hat Z geschlagen!«, brüllte Green und bahnte sich rempelnd einen Weg durch die Leute. Der Mann, der mich angegriffen hat, trägt ein schwarzes T-Shirt … Green preschte quer durchs Restaurant und schrie: »Kampf! Kampf!« Dann hechtete er los und stürzte sich auf einen willkürlichen PT-Mitarbeiter, der sich gerade ein Stück Kuchen vom Dessertbuffet holte.

»Nein! Das sind nicht die.« Ich rappelte mich auf, aber der Koloss brandete bereits wieder auf mich zu, und dann war ich zu beschäftigt damit, meine lebenswichtigen Organe vor seinen Vorschlaghammerfäusten zu schützen, um weiter zu kommunizieren.

Alle am MHI-Tisch waren aufgestanden, um nachzusehen, was vor sich ging, genau wie die Kerle von PT Consulting. Die beiden Seiten sahen sich einen Atemzug lang gegenseitig an … und dann ging es drunter und drüber. Das Letzte, was ich noch mitbekam, war, wie einer der Haight-Brüder einem Monsterjäger von PT einen Kinnhaken verpasste, denn dann musste ich mich ganz auf meine eigenen Probleme konzentrieren.

Der Hüne kam auf mich zu, die Hände erhoben und locker, um sein Gesicht zu schützen. Sogar wutentbrannt bewegte er sich wie ein Profi. Bei unserem letzten Aufeinandertreffen war es eine denkbar knappe Angelegenheit gewesen. Das war der härteste Mensch, gegen den ich je gekämpft hatte; zumindest jetzt, da ich wusste, dass Agent Franks nicht als menschlich zählte.

»Ich will nicht gegen dich kämpfen«, warnte ich ihn.

»Daran hättest du denken sollen, bevor du versucht hast, mich zu ermorden.«

Er stürmte rasant auf mich zu, aber wir befanden uns nicht im Ring, und ich kämpfte nicht fair. Ich trat gegen einen Eisbrocken, und er zuckte instinktiv zusammen, als er an ihm vorbeisauste. Blitzschnell schnappte ich mir ein Tischtuch und warf es ihm über den Kopf wie ein Netz. Ich würde ja gern behaupten, ich hätte das auf geradezu magische Weise so geschafft, dass alle Teller und Krüge auf dem Tisch stehen blieben, nur taten sie das nicht – die meisten zerbrachen auf dem Boden. Da der Koloss vorübergehend in das Tischtuch verheddert war, konnte er sich nicht besonders gut verteidigen, also griff ich mit wilden Schwingern an. Ich schlug ihm zweimal in den Bauch, und als er die Hände senkte, schwenkte ich nach oben und verpasste ihm einen Treffer auf den Mund.

Dann jedoch warf er das Tischtuch auf mich zurück, und ich glaube, es war ein Ellbogen, der mich seitlich am Kopf erwischte. Jedenfalls sah ich Sternchen, als er mich herumwirbelte und in den Fleischbereich schleuderte. Schinken bremste meinen Fall. Das Personal, das am Buffet die Wurst aufschnitt, rannte um sein Leben. Ich rappelte mich auf und schleuderte dem Hünen einen Schmorbraten entgegen, den er mit einem gezielten Schlag quer durch den Saal abwehrte.

Wir prallten aufeinander. Finesse gab es dabei keine, es wurde ein brutaler Schlagabtausch. Wir wogten hin und her, tauschten wilde Hiebe aus. Da ich zu sehr damit beschäftigt war, mein Gesicht zu schützen, wurde ich in die Rippen getroffen, was ich ziemlich scheiße fand. Dann erwischte er mich mit einem Hieb in den Bauch, was ich erst recht scheiße fand, denn ich bedauerte schlagartig, mehrere Kilo Essen in mich hineingestopft zu haben. Sein Schuh landete auf einem Stück Eis, und als er ins Rutschen und aus dem Gleichgewicht geriet, trat ich ihm hart in den Oberschenkel seines Standbeins.

Er ging auf die Hände und Knie. »Bleib unten!«, forderte ich ihn auf.

Die Gäste verließen fluchtartig das Restaurant. Green hatte jemanden im Würgegriff und einen weiteren PT-Mann auf dem Rücken. Ich hatte vergessen gehabt, dass VanZant früher Weltschwergewichtschampion gewesen war – er prügelte gerade einem doppelt so massigen PT-Mitarbeiter den Rotz aus der Nase. Die Haights schienen einen Heidenspaß zu haben, bis einer von ihnen mit einem Stuhl getroffen wurde. Gregorius rang neben der Getränkeanlage mit einem Jäger von PT Consulting. Der UFC-Kämpfer hatte Cooper mit einem Armhebel fixiert. Albert war trotz seines Stocks und seiner Beinstütze ein verblüffend zäher Fighter und nahm es mit zwei PT-Leuten gleichzeitig auf, was Trip anscheinend nicht besonders sportlich fand, denn er schlug einen der beiden durch einen Ecktisch. Sogar Holly hatte sich ins Gefecht gestürzt. Ein PT-Mann zögerte, weil er offenbar keine Frau schlagen wollte, was sie ihm dankte, indem sie ihn wuchtig in die Eier trat, als kicke sie einen Football quer übers Feld.

Als ich mich wieder dem Koloss zuwandte, bemerkte ich zu spät, dass seine Hände ein weiteres Tablett gefunden hatten, das er mir prompt über die Schläfe zog. Der Treffer erschütterte meine Welt. Ich landete flach auf dem Rücken. Mein Gegner kam auf mich zu, um mich in Grund und Boden zu stampfen, aber Nate beförderte ihn mit einem Bodycheck in die Eiscrememaschine. Jammerschade, dass die Shacklefords aus dem heißen Alabama stammten, denn der Junge zeigte vielversprechende Ansätze für einen Eishockeyspieler.

Der Zapfhahn für Vanilleeis brach ab, und die köstliche weiche Masse ergoss sich in den Saal. »Mit dir hab ich kein Problem«, presste der Riese zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Nur mit ihm. Geh mir aus dem Weg.«

»Wenn du dich mit jemandem von MHI anlegst, dann legst du dich mit uns allen an!«

Der Koloss legte den entstellten Schädel schief. »Was? MHI?«

Nate wollte ihn schlagen, aber obwohl er schnell und relativ geschickt war, spielte der Koloss schlichtweg in einer anderen Liga. Mühelos wehrte er Nates Fäuste ab und packte meinen Schwager an der Krawatte, um ihn fixieren, dann schlug er ihn. Ein, zwei, drei solide Treffer schlugen ein, bevor Nates Gehirn auch nur den ersten davon registrierte. Mein Schwager ging bewusstlos zu Boden.

Das machte mich stinksauer, und ich rappelte mich vom Boden hoch, bereit, tüchtig Keile auszuteilen.

Sicherheitsmitarbeiter des Hotels bahnten sich den Weg ins Lokal. Da sich das Restaurant auf einer Plattform drehte, vibrierte der gesamte Saal heftig unter der Stampede. Die andere Eisskulptur fiel zu Boden und zerbrach, und irgendwie gelang es irgendjemandem, etwas so kräftig zu werfen, dass einer der Kronleuchter ebenfalls zu Bruch ging. Es gab ein wenig Geschrei, als Green eine Ladung Pfefferspray abbekam, dann noch etwas mehr, als Lee einen der gegnerischen Jäger in den Schokobrunnen stieß.

Einer der PT-Männer stellte sich mir in den Weg, und ich nahm ihn auseinander. Ich hatte keine Zeit, mit diesen Klotzköpfen herumzualbern, da ich einen echten Feind zu bekämpfen hatte. Ich trat mitten in seinen unbeholfenen Schwinger hinein und brachte meinen Unterarm mit meiner gesamten Masse dahinter so hart zum Einsatz, dass er rotierend über einen Tisch flog. Ein weiterer der Monsterjäger mit den schwarzen Polohemden war zwischen uns geraten. Der Koloss hob ihn einfach hoch, warf ihn über die Sushi-Bar. Er wurde dabei nicht einmal langsamer. Wir begegneten uns in der Mitte und fuhren damit fort, uns gegenseitig die Scheiße aus dem Leib zu prügeln.

Für einen so großen, massigen Kerl war er schnell, was aber auch für mich galt. Er besaß allerdings den Reichweitenvorteil, weshalb ich ständig in Bewegung bleiben musste. Ich war nicht daran gewöhnt, der kleinere und leichtere Kämpfer zu sein. Als wir das gegenüberliegende Ende des Buffets erreichten, gingen wir in den Infight und droschen mit Knien und Ellbogen aufeinander ein. Zusammen brachten wir beide wahrscheinlich über dreihundert Kilo auf die Waage, weshalb die Möbel rings um uns zu Bruch gingen, als hätte jemand eine Herde wutentbrannter Gnus losgelassen. Mir war nicht klar, dass wir zu weit gegangen waren, bis meine Schulter gegen das kalte Glas der blasenartigen Fassade des Restaurants krachte. Ein Sprung tauchte dort auf.

Ich fing mein Gewicht mit einem Stiefel am Geländer ab, stemmte den Hünen zurück und schaffte es, ihn mit einem unsteten rechten Schwinger zu treffen. Das bremste ihn ein wenig.

»Lacoco! Aufhören! Z! Owen! Was zum Teufel soll denn das? Hör auf, den Frischling zu hauen!« Milo kam in unsere Richtung gerannt, knapp vor einem Rudel Sicherheitsmitarbeiter des Kasinos und einem Polizeibeamten aus Las Vegas. »Ihr seid im selben Team!«

Der Riese hatte Milos Worte wohl nicht gehört, denn er brüllte auf, hechtete mir entgegen, packte mich um die Hüfte, und wir prallten zusammen gegen das innere Fenster. Die Scheibe zerbarst rings um uns, und wir fielen, wenngleich nur kurz. Wir landeten in Wasser, das sich jedoch als ziemlich seicht erwies, und unter dem Wasser lagen Fliesen. Verdammt harte Fliesen.

Stöhnend, nach Luft japsend, lag ich flach auf dem Rücken in dreißig Zentimeter tiefem Wasser, bedeckt von funkelnden Scherben, während ich nach oben zu dem Loch in der Glaswand des Restaurants ein Stockwerk höher starrte und kaltes Wasser aus einem Springbrunnen mit Drachenkopf auf mich plätscherte. Der Koloss lag neben mir auf der Seite. Sein Gesicht und seine Arme hatten vom Glas einige üble Schnitte abbekommen. Ich selbst sah wahrscheinlich kaum besser aus. Mir wurde klar, dass jenes seiner Augen, das nicht ganz in dieselbe Richtung wie das andere geglotzt hatte, unecht war, denn es war herausgeploppt und lag am Grund des Beckens zwischen uns.

Eine gewaltige Schar von Spielern und Einkaufsbummlern hatte sich um uns eingefunden und gaffte. Viele fingen an, mit ihren Handys Fotos zu schießen.

Wenigstens hatte der Sturz dem Hünen endlich den Kampfgeist genommen. Mit dem heilen Auge betrachtete er den MHI-Smiley an meinem zerfetzten Hemd und stöhnte.

»Jason Lacoco?«, presste ich mühsam hervor.

»M-hm …«

»Owen Zastava Pitt.« Ich hüstelte. »Freut mich, dich kennenzulernen. Willkommen bei Monster Hunter International.«

Dann näherten sich mehrere Polizeibeamte dem Springbrunnen, um uns zu verhaften.

Kapitel 2

»Das ist echt scheiße«, raunte Trip, während er den Betonboden unserer Zelle betrachtete. Ich hatte aufgehört, mitzuzählen, wie oft er das nun schon wiederholte.

Nicht allzu lange, nachdem man unsere Verbrecherfotos aufgenommen hatte, waren wir zwei von den anderen getrennt worden. Ich schätze, es ist durchaus vernünftig, nicht zu viele Teilnehmer derselben Schlägerei in dieselbe Zelle zu stecken. Klar, es war ein hässlicher Ort, an dem es nach Kotze roch und der vor Losern strotzte, trotzdem war es nicht so schlimm. »Ach, hör doch auf, Kumpel. Ist viel schöner hier als im letzten Knast, in dem ich war.« Ich klopfte auf meine Pritsche. »Siehst du das? Weit und breit kein einziger Skorpion in Sicht.«

»Wir sind hier nicht in Mexiko, und deine Schwiegermutter wird wahrscheinlich auch nicht auftauchen, um sämtliche Wachen zu ermorden.«

Stimmt. In Anbetracht aller Umstände waren wir beide relativ unbeschadet davongekommen, obwohl wir in eine ziemlich heftige Schlägerei verwickelt gewesen waren. Meine Bauchmuskeln schmerzten zwar, und Lacoco hatte mich ein paar Mal recht heftig erwischt, außerdem hatte ich entsetzliche Kopfschmerzen von der Landung im Springbrunnen, aber insgesamt ging es mir gut. »Ich versuch doch nur, die Dinge in die richtige Perspektive zu rücken, mehr nicht.«

»Ist nicht hilfreich.« Trip senkte die Stimme, damit der Bodensatz der Gesellschaft, mit dem wir uns den Haftbereich teilten, nicht mithören konnte. Nervös sah er sich um. »Ich bin vorher noch nie verhaftet worden. Hab nie auch nur ’nen Strafzettel gekriegt! Ich habe eine tadellos weiße Weste.«

»Hatte«, korrigierte ich ihn. »Spielt das eine Rolle? Alles Gutmenschentum der Welt hat die Bundesärsche damals nicht davon abgehalten, auf dich einzukloppen wie auf eine Piñata … Und sieh doch mal die positive Seite: Bei den Zwergen bist du ab sofort viel besser angeschrieben.«

Soweit wir uns zusammenreimen konnten, was nach den Ereignissen beim Buffet im Last Dragon geschehen war, hatte man wohl den Großteil meiner Gruppe ins Kittchen verfrachtet. Einige waren direkt ins Krankenhaus gebracht worden, aber Trip hatte gesagt, er sei ziemlich sicher, gesehen zu haben, wie Tanya durch die Küche entkommen war. Elfen konnten ziemlich raffiniert sein. Die Dinge waren noch mal deutlich komplizierter geworden, als die zu Hilfe gerufenen Cops festgestellt hatten, dass so gut wie jeder von uns mindestens eine Kanone trug. In manchen Fällen waren es auch zwei oder mehr. Der Polizist, der Cooper abgeklopft hatte, bekam beinah einen Herzinfarkt, als er die erste Handgranate fand.

Wie es bei PT Consulting aussah, wusste ich nicht, aber auf unserer Seite waren die versteckten Waffen vollkommen legal. Wir besaßen dafür alle erforderlichen Dokumente und hatten sämtliche Gebühren bezahlt. Wenn ein Monsterjäger irgendwohin reiste, stellte er immer sicher, dass er ausreichend bewaffnet war, und die sehr speziellen Gesetzmäßigkeiten unserer Branche gestatteten eine recht großzügige Interpretation dessen, was als bewaffnet galt.

Obwohl die Polizei von Las Vegas sechsunddreißig Handfeuerwaffen, zweiunddreißig Messer, vier Holzpflöcke, drei Teleskopschlagstöcke, zwei Splittergranaten, einen Block C4, Lees Schwertstock und einen Würgedraht von uns sichergestellt hatte, war von keiner der beiden Streitparteien während der Schlägerei auch nur eine einzige Waffe ins Spiel gebracht worden. Es sei denn, man zählte den Stuhl, den irgendjemand Shawn Haight über den Kopf gezogen hatte. Das gute Zeug hatten wir für Monster dabei, nicht für Menschen … Obwohl mir trotzdem jeder arme Tropf leidtat, der sich für den Versuch entschied, einen Monsterjäger zu überfallen.

Ein Gefängniswärter blieb vor unserer Zelle stehen. »Jones und Pitt.« Ein Summen ertönte, gefolgt von einem lauten Klicken, dann öffnete sich unsere Zellentür ratternd. »Ihr seid entlassen.«

Das war ja schnell gegangen. Wir hatten nur wenige Stunden an dem Ort verbracht und waren noch nicht mal verhört worden, geschweige denn einem Richter vorgeführt. »Echt?« Die verschiedenen Strolche, Drogendealer, betrunkenen Fahrer und Freier, die sich den Untersuchungshaftbereich mit uns teilten, schauten uns ziemlich neidisch an. »Jetzt schon?«

»Ist euer Glückstag. Hier lang.«

*

Earl Harbinger empfing uns im Wartebereich. Seine Hände steckten tief in den Taschen seiner Lederjacke. Das tat er immer dann, wenn er die Hände beschäftigen musste, weil er sich an einem Ort befand, an dem er nicht rauchen durfte. Ich würde ja gern behaupten, dass Earl erleichtert darüber wirkte, uns zu sehen, allerdings traf eher das Gegenteil zu. Mein Boss zeigte sich ziemlich verstört.

»Hi, Earl. Danke für …«

Sofort schnitt er mir das Wort ab. »Habt ihr eigentlich eine Ahnung, wie viele geschuldete Gefälligkeiten ich abrufen musste, um zu verhindern, dass irgendjemand Anklage gegen euch Idioten erhebt?« Je verärgerter Earl war, desto stärker drang sein Südstaatenakzent durch, und in dem Moment klang er, als wäre er drauf und dran, sich einen Wels zu braten und NASCAR-Rennen anzusehen.

Ich sah Trip an, der mit den Schultern zuckte. »Eine ganze Menge?«

»Eine ganze Menge? Komisch, genau dieselben Worte haben die Anwälte des Kasinos benutzt, als ich sie gefragt habe, wie viel Schaden entstanden ist.«

»So schlimm?«

»Warte, bis du die Rechnung siehst. Hat den Umfang eines Telefonbuchs.« Earl verdrehte die Augen. »Dass sie uns eine Eisskulptur berechnen, die ohnehin geschmolzen wäre, fand ich allerdings ein bisschen übertrieben. Aber rechtlich können sie nichts unternehmen. MHI hat schon mal für die Stadt gearbeitet. Man schuldet uns noch etwas, weil wir Vegas vor einigen Jahren von einem üblen Vampirbefall befreit haben, einem der schlimmsten aller Zeiten. Deshalb nimmt man uns auch nicht allzu hart ran, aber wenn uns Las Vegas das nächste Mal braucht, arbeiten wir praktisch umsonst. Kannst du dir vorstellen, wie sehr das gegen meine Prinzipien verstößt? Die haben hier echt harte Verhandler. Ich lasse Julie und Eddings gerade den neuen Vertrag ausarbeiten.«

Eddings war unser Teamleiter in Las Vegas, und nach allem, was ich über ihn gehört hatte, würde es ihm auch nicht schmecken, kostenlos zu arbeiten. »Tut mir wirklich leid, Earl.«

»Und dabei hatte ich noch Glück, mich so einfach rauswinden zu können. Habe ich dir je erzählt, wie sehr ich Nevadas Volltrottel von einem Senator hasse? Kaum hatte er gehört, dass Monsterjäger am Haken hängen, ist er angetrabt gekommen, weil er einen Deal gewittert hat. Über ein Budget macht er sich nur dann Gedanken, wenn es darum geht, Monsterjäger über den Tisch zu ziehen. Hinterhältiger, gieriger Mistkerl. Ich glaube, wir sind noch mal mit einem blauen Auge davongekommen. Zu unserem Glück will das Kasinomanagement unbedingt, dass die Ikprom ein Erfolg wird, was schwierig werden könnte, wenn zwei Dutzend der Teilnehmer im Knast hocken.«

»Ich bin dir echt dankbar, dass du uns rausgeholt hast.«

Earl schnaubte. »Glaub bloß nicht, dass ich dich aus Herzensgüte rausgeholt habe, Z. Und auch nicht, weil wir verwandt sind. Ich schätze, so hübsch wie Julie ist, könnte sie innerhalb von ein paar Tagen – höchstens ein paar Wochen – locker einen Ersatzehemann finden.«

Manchmal kann es schwierig sein, den härtesten Monsterjäger aller Zeiten zum Schwiegerurgroßvater zu haben, aber ich hatte ihm mal geholfen, gegen einen Dämon in seinem Kopf zu kämpfen, daher verbindet uns etwas. »Ich hab dich auch lieb, Earl.«

»Klugscheißer.« Earl schaute zum Hauptgang. Der Rest von uns wurde herausgebracht, und Earl nickte VanZant zu, als er eintraf. »Scheiße, wenn nicht die Gefahr bestünde, dass ich euch alle demnächst brauche, und wenn ich es mir leisten könnte, auf ein Viertel meiner Teams zu verzichten, hätte ich dem System ja zu gern seinen Lauf gelassen und die Kaution dann hinterlegt, wenn das Gericht irgendwann Zeit gefunden hätte, sie festzusetzen. Aber mir ist zu Ohren gekommen, dass die von PT Consulting hinterrücks versuchen, sich einen Deal mit meinen Kunden zu sichern, und das dulde ich nicht.«

VanZant kam herüber. »Gib’s doch zu, alter Mann. Du bist bloß sauer, weil wir eine Keilerei hatten und du nicht eingeladen warst. Ich meine, mich noch an eine Begebenheit zu erinnern, bei der du, Sam und ich eine Kneipe in Wyoming umgestaltet haben.«

»Das war das erste Mal, dass ich einen Mann mit einem ausgestopften Elchkopf geschlagen habe.« Earl kannte VanZant schon ewig, und schließlich setzte er ein Grinsen auf. »Na schön, hast mich erwischt.« Die zwei überaus erfahrenen Monsterjäger schüttelten einander die Hände. »Wo ist dein Junge? Und ich meine den, der dem Vernehmen nach den ganzen Schlamassel angezettelt hat.« Green kam hinter seinem Teamleiter hervor, übersät von blauen Flecken und abgehärmt. Er sah aus, als wäre ihm speiübel, und er wirkte ziemlich betreten. »Mit dir bin ich noch nicht fertig … Und wag es bloß nicht, in den Mietwagen zu kotzen.«

Schließlich waren alle anwesend, die man nicht ins Krankenhaus eingeliefert hatte. Holly war es gelungen, der Verhaftung zu entgehen, was ich nicht besonders überraschend fand. »Ich glaube, ich hab mir einen Zahn angeknackst«, klagte Lee, als er mit der Zunge in seinem Mund herumtastete. »Ach, was soll’s? Das war’s wert.«

»War spitze, wie du den Kerl in den Schokobrunnen befördert hast«, meinte Trip zu ihm. »Ich wette, das hat ganz schön gebrannt.«

»Nicht so spitze wie dein Bodyslam bei dem einen Typen.« Lee und Trip klatschten mit den Fäusten ab.

Harbinger schleuderte ihnen einen finsteren Blick zu, und die beiden verstummten. »Nicht, dass ich grundsätzlich etwas gegen das Geschäftsmodell hätte, unsere Mitbewerber handfest aufzumischen, aber mir gefällt nicht, dass es mich in der Realität so verflucht viel kostet. Ihr solltet besser alle beten, dass bald die Zombieapokalypse einsetzt, denn ihr werdet jede Menge SUMF-Kohle brauchen. Die Rechnung für dieses Fiasko geht nämlich von eurem Lohn ab.« Darüber wurde kollektiv gestöhnt. »Sammelt euren Krempel ein, und dann nichts wie zurück zum Hotel.«

Ich wartete, bis sich alle anderen zum Ausgabeschalter verzogen hatten. Dort gab es eine große Beweismittelkiste mit unseren Waffen zum Durchwühlen. Green, der so vernünftig gewesen war, seine Knarre im Zimmer zu lassen, nachdem er die Minibar geplündert hatte, war der einzige Unbewaffnete unter uns gewesen. Ich sicherte mir mit einer Handbewegung die Aufmerksamkeit meines Bosses. »Warte mal kurz, Earl. Wir müssen reden.«

»Sollten besser gute Neuigkeiten sein, ich bin nämlich alles andere als glücklich über diesen ausgesprochen unrühmlichen Beginn der Konferenz.«

»Wir haben ein Problem mit einem der Frischlinge.« Ich kannte nicht alle Einzelheiten darüber, was sich in Michigan zugetragen hatte, Earl hatte nie Genaueres darüber preisgeben wollen, aber ich wusste, dass Jason Lacoco in jenen Zwischenfall verstrickt gewesen war. Irgendwie hatte er Earls Respekt erlangt, was kein einfaches Unterfangen ist.

»Wir gehen davon aus, dass sich die Elfin noch irgendwo im Kasino versteckt. Tanya wird rauskommen, wenn sie glaubt, dass die Luft rein ist. Das ist so eine Eigenart von Elfen aus Wohnwagenparks.«

»Nicht sie. Lacoco. Er hat den Kampf angezettelt. Nicht Green.«

»Der ist im Krankenhaus.« Earl bedachte mich mit einem eigenartigen Blick. »Musste genäht werden, weil er mit dem Gesicht ein Fenster öffnen wollte. Inwiefern hat Jason damit angefangen?«

»Ich wusste nicht, wer er ist, weil ich seinen Namen nie erfahren hab, aber …« Ich deutete auf eines meiner Augen. »Das aus Glas …« Mit dem Daumen zeigte ich auf meine Brust. »Na ja, das hat er von mir. Von einem illegalen Kampf, der übel geendet hat. Wie sich herausstellt, ist er deswegen immer noch sauer.«

»Was? Wieso um alles in der Welt …«

»Ich wusste es nicht. Das war vor langer Zeit. Als mich Lacoco erkannt hat, ist er übergeschnappt und hat versucht, mich zu schlagen. Green dachte, dass er zu den anderen Jungs gehört, und PT hat sich nicht lange bitten lassen, mitzumachen. Von da an ging’s drunter und drüber.«

»Verflucht noch eins.« Earl rieb sich mit den Händen übers Gesicht. »Wär mächtig fein gewesen, das vorher zu wissen. Wahrscheinlich hätte ich eine gegenseitige Vorstellung arrangieren können, die nicht ganz so zerstörungswütig ausgefallen wäre. Tja, damit haben wir ein weiteres Mahnmal dafür, warum wir dringend einen Personalchef einstellen müssen.«

»Das wäre mal ein interessanter Fragebogen. ›Kreuzen Sie dieses Kästchen an, wenn Sie Vergeltungsgedanken gegen ein Mitglied von MHI hegen.‹«

»Jason ist ein guter Mann, Z. Solide.«

»Er ist ein Killer.«

»Und du bist das nicht?«

Damit hatte mich Earl erwischt. Seit ich diesem Job nachging, hatte ich nicht nur Monster getötet. Wegen der Mitglieder der Kirche der vorübergehenden Sterblichkeit, die verheerende Bekanntschaft mit meinem Spezialschießprügel Graus gemacht hatten, hatte ich allerdings nicht unter schlaflosen Nächten gelitten. »Lacoco hat schon im Knast gesessen.«

»Ist mir bekannt. Außerdem hat er sein Leben riskiert, um eine Kleinstadt vor einer Armee untoter Werwölfe zu retten, und er hatte den Mumm, mich mit einer Feuerwehraxt zu schlagen. Du wirst ihm denselben Respekt wie jedem anderen Jäger entgegenbringen, und von ihm verlange ich dir gegenüber dasselbe. Ich dulde keinen unnötigen Bullshit. Verstanden?«