Der Digitalschock - Jörg Schieb - E-Book

Der Digitalschock E-Book

Jörg Schieb

0,0
18,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Künstliche Intelligenz ist in unser aller Leben getreten – und wird dieses massiv verändern. Auch wenn es für viele noch eine Spielerei ist, die Schülern und Studenten zu Aufsätzen verhilft, Kurztexte verfasst oder Bilder nach Anweisung »malt« – die Aufregung um ChatGPT, Bart, LLaMa und andere KI ist begründet. Noch nie ließ sich mit einem KI-Tool so einfach, ohne Vorkenntnisse und in einfacher Sprache kommunizieren. ChatBots machen zudem allen schlagartig ein Füllhorn an Wissensdiensten zugänglich. Jörg Schieb, Digitalexperte der ARD, und Peter N. Posch, als Professor mit den Themen Big Data und KI befasst, erläutern die umwälzenden Veränderungen, die auf uns, unseren Alltag und unsere Arbeitswelt zukommen werden. Wie kann man noch Aufsätze und Texte beurteilen, wenn niemand sagen kann, ob der Urheber ein Mensch oder die KI war? Welche Berufe werden davon profitieren, welche gar überflüssig? Und welche neue Regeln brauchen wir dazu? Wo liegen die Risiken? Und wie funktionieren diese ChatBots überhaupt? Das Buch der Experten hilft, diesen Gutenberg-Moment der KI zu verstehen, die Folgen einzuschätzen – und erklärt nicht zuletzt, wie wir davon sogar profititeren können.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 195

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Jörg Schieb Peter N. Posch

DER DIGITAL SCHOCK

Jörg Schieb Peter N. Posch

DER DIGITAL SCHOCK

Was vom Hype bleiben wird – so verändern ChatGPT, Bard & Co.unseren Alltag

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

Wichtiger Hinweis

Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.

1. Auflage 2023

© 2023 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Türkenstraße 89

D-80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Monika Spinner-Schuch

Umschlaggestaltung: Marc-Torben Fischer

Umschlagabbildung: Jörg Schieb/erstellt mit Midjourney

Satz: abavo GmbH, Buchloe

eBook: ePUBoo.com

ISBN Print 978-3-86881-947-2

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96267-540-0

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96267-541-7

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.redline-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Inhalt

Vorwort

Kapitel 1KI macht jetzt unsere Arbeit

ChatGPT: Ein Allrounder, der alle verblüfft

Selbst Macher von ChatGPT erstaunt über Interesse

Was macht den Erfolg von ChatGPT aus?

Kurzfristig überschätzt, langfristig unterschätzt

»Alarmstufe Rot« bei Google

Fehlstart für Googles Chatbot Bard

Microsoft startet mit ChatGPT durch

ChatGPT im Messenger Snapchat

Das Wettrüsten hat begonnen

Kapitel 2So funktionieren Chatbots

Was ist ein Chatbot?

Mensch oder Maschine? Der berühmte Turing-Test

Die Geschichte der Chatbots

Entwicklung von (Chat-)Bots

Wettlauf in der Branche: Jagd auf KI-Talente

Wie Maschinen lernen

So entwickelt sich ChatGPT

Was können Chatbots wie GPT und was nicht?

Wo muss ChatGPT passen, was kann der Chatbot nicht?

Chatbot versus Highlander

Ist ChatGPT also so intelligent wie wir?

Viele KI-Systeme wie ChatGPT

Kapitel 3Chancen und Risiken von Chatbots

ChatGPT hat den Tipping Point überschritten

ChatGPT »versteht« Inhalte, merkt sie sich aber nicht

Alignment: Clevere KI macht Dinge für uns einfacher

KI-Systeme aus Deutschland

KI für alle – oder neue Monopolbildung?

Mehr Freizeit durch KI

Kapitel 4Bedeutung für Schule, Beruf und Arbeitswelt

Auch die Einführung des PCs hat Angst ausgelöst

Künstliche Intelligenz betrifft vor allem Denkarbeit

ChatGPT in Alltag und Beruf

Veränderung in Schule und Hochschule

Warum KI keine Massenarbeitslosigkeit verursacht

4-Tage-Woche ohne Lohnverzicht – finanziert durch KI

Kapitel 5Die Realität verschwindet: wahr und unwahr, echt – und von KI generiert

Funktionaler und dysfunktionaler Einsatz

Hase und Igel: KI erkennt durch KI erstellte Inhalte

Deep Fakes: Wenn KI komplette Bilder und Videos erstellt

Chatbots: ein Turbo für Fake News

Historical Figures: KI erweckt verstorbene Prominente zum Leben

Das Ende der Wahrheit

Kapitel 6Diese Spielregeln brauchen wir

KI und Ethik: Was soll künstliche Intelligenz dürfen – und wem dient sie?

Es braucht eine Ethikkommission für KI

Es braucht Regulierung von KI

Vertrauenswürdige KI

Gesellschaftliche Debatte

Kapitel 7Und jetzt? Ein Blick in die nahe und ferne Zukunft

Chatbots entwickeln sich rasant

Trainingsaufwand wird geringer, Leistung höher

Alternativen zu ChatGPT

Wo geht die Reise hin?

KI hilft jetzt auch in Software wie Office

Nachwort

Über die Autoren

Anmerkungen

Vorwort

Es gibt Moden. Es gibt Eintagsfliegen. Und es gibt diese einschneidenden Ereignisse, die alles für immer verändern – und die Zeitrechnung unwiderruflich unterteilen in eine Zeit davor und eine danach. Der Moment, als der Mensch lernte, das Feuer zu beherrschen, ist so einer. Oder als Thomas Alva Edison zum ersten Mal eine Glühbirne dazu brachte, dank Elektrizität jederzeit Licht zu spenden. Als Johannes Gutenberg die Druckpresse erfand – und sich Wissen plötzlich viel schneller verbreiten konnte.

Wir erleben gerade wieder so einen Moment. Chatbots wie ChatGPT von OpenAI oder Bard von Google verändern einfach alles. Der Wandel ist radikal – die Welt wird nie wieder so sein wie vorher. Das liegt nicht mal an ChatGPT an sich, sondern an künstlicher Intelligenz (KI) im Allgemeinen. Ohne KI kein ChatGPT. Aber ChatGPT ist der endgültige »Proof of concept«, der Beweis, dass es funktioniert, dass KI nützlich sein und in unseren Alltag einziehen kann.

Wir essen Fleisch nicht mehr roh, es gibt auch keine schönschreibenden Mönche mehr – und Gaslampen sind auch aus unserem Haushalt verschwunden. Schon bald werden wir glauben, KI-Systeme wären ebenso selbstverständlich und schon immer da gewesen. Denn KI wird wortwörtlich überall sein: am Arbeitsplatz, in der Schule, im Alltag, zu Hause, auf der Straße, im Internet. Überall. Jederzeit. Omnipräsent.

Schon lange ziehen Computersysteme im Hintergrund die Fäden. Sie entscheiden, was in unserer Timeline auf dem Smartphone erscheint oder ob wir einen Kredit genehmigt bekommen. Doch mit ChatGPT gelingt der endgültige Durchbruch: Jeder kann mit der KI kostenlos experimentieren – und innerhalb von nur zwei Monaten wollten das auch mehr als 100 Millionen Menschen weltweit. Die am schnellsten wachsende Anwendung aller Zeiten. Und den meisten erschließt sich der Nutzen einer KI, die Texte versteht, Anweisungen ausführt und Texte schreibt.

Schon gibt es Dutzende Apps, die ChatGPT und andere Chatbots nutzen. Microsoft und Google haben ihre Office-Anwendungen, mit denen Millionen Menschen auf der Welt ständig arbeiten, nahezu zeitgleich mit KI-Funktionen ausgestattet. Plötzlich hilft uns eine fremde, unsichtbare Macht, fasst auf Wunsch Texte zusammen, korrigiert den Schreibstil, beantwortet automatisch E-Mails, organisiert Tabellen, fertigt Präsentationen an oder erstellt Protokolle von Videomeetings. Alles auf Zuruf – kein Herumklicken mehr in verschachtelten Untermenüs. Kein Nervenzusammenbruch mehr, weil nichts klappt.

Die Menschen werden sich sehr schnell an diesen Komfort gewöhnen – und KI in anderen Lebensbereichen zulassen. Der Damm ist gebrochen. KI kann jetzt überall »rein«. Auch, weil KI-Systeme heute unfassbar leistungsfähig und trotzdem schnell sind. Und so effizient, dass sie Millionen Menschen gleichzeitig in Echtzeit angeboten werden können.

Wir sind sicher und fest davon überzeugt: ChatGPT ist nicht der Urknall (es gab auch vorher schon KI-Systeme), aber auf jeden Fall der Tipping Point: Ab jetzt gibt es keine Welt, keinen Alltag mehr ohne künstliche Intelligenz. Chatbots wie ChatGPT machen da nur den Anfang. Sie werden rasant ausgebaut, können bereits Bilder »verstehen« – und sicher auch bald sprechen, zuhören, Bilder, Musik und Videos erzeugen. Jetzt gibt es kein Halten mehr.

Unser Service für unsere Leser: kostenlose Updates

Wir sind uns bewusst, dass ein Buch – gedruckt auf Papier – zwar eine wunderbare Sache ist, aber unbestreitbar einen Nachteil hat: Es kann einfach nicht mit dem Tempo mithalten, in dem sich die Welt der Digitalisierung weiterdreht. Und das gilt ganz besonders für den Bereich der künstlichen Intelligenz. Bedeutet: Zwischen der Abgabe des Manuskripts, der Drucklegung und dem Augenblick, in dem diese Zeilen gelesen werden, ist der eine oder andere Inhalt überholt.

Aber wir haben uns dafür etwas einfallen lassen: Wir haben eine Website eingerichtet, auf der Sie als Leserin oder Leser Aktualisierungen finden. Unter folgender Adresse finden Sie Updates, was sich im Bereich der KI und vor allem der Chatbots wie ChatGPT getan hat:

www.digitalschock.de

Für Sie als geschätzte Leserin oder geschätzter Leser des Buches gibt es noch etwas Besonderes. Wenn Sie sich mit dem Gutschein-Code »DigitalSchock2023« registrieren, erhalten Sie ein kostenloses Extra: Wir haben eine ausführliche Anleitung erstellt, wie sich ChatGPT bedienen lässt – und auch ein paar interessante Hacks reingepackt, wie man aus ChatGPT mehr herausholen kann.

Viel Spaß damit, mit dem Buch, der Website – und natürlich mit ChatGPT und Co.

Jörg Schieb,

Peter N. Posch

Kapitel 1

KI macht jetzt unsere Arbeit

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen allein vor Ihrem Computer und tippen eine Frage in die Suchmaschine. Innerhalb von Sekunden gibt es unzählige Antworten – gut, aber welche ist die richtige? Sie scannen die Ergebnisse und hoffen, dass das, was Sie lesen, wahr und zuverlässig ist. Aber wie können Sie sicher sein, dass es nicht einfach nur falsche Informationen oder persönliche Meinungen sind?

Nun, was wäre, wenn Sie sich nicht auf das verlassen müssten, was Sie online finden, sondern stattdessen eine künstliche Intelligenz fragen könnten – und zuverlässige konkrete Antworten bekommen? Klingt gut, oder?

Aber Vorsicht, es könnte Ihnen einen Schock versetzen, wenn Sie herausfinden, wie schnell und präzise diese Technologie heute bereits ist.

So ziemlich genau das verspricht ChatGPT – eine der zweifellos fortschrittlichsten KI-Anwendungen, die es derzeit gibt und über die gerade »alle« reden.

Technisch weniger Versierte könnten sich ChatGPT wie ein Superhirn vorstellen, das mit riesigen Datenmengen gefüttert wurde, daraus gelernt hat und nun in der Lage ist, Antworten auf fast jede Frage zu geben, die Sie dem System stellen. Von der einfachsten mathematischen Gleichung bis hin zu komplexen philosophischen Konzepten. ChatGPT hat alles drauf.

Aber ChatGPT ist nicht nur ein Informations-Guru. Es hat auch eine Persönlichkeit. Ja, Sie haben richtig gehört. ChatGPT verhält sich wie ein virtueller Mensch, der in der Lage ist, Gespräche wie ein realer Mensch zu führen. Sie können ChatGPT fragen, wie es ihm geht oder ob es einen Sinn im Leben gibt, und es wird Ihnen tatsächlich antworten.

Nicht nur das. Wenn Sie möchten, können Sie ChatGPT auch seltsame oder lustige Fragen stellen. Probieren Sie es aus! Fragen Sie es, was seine Lieblingsfarbe ist oder ob es jemals in einer Bar war. Es wird Ihnen vielleicht überraschende oder witzige Antworten geben, die Sie zum Lachen bringen.

Aber hinter all dem Spaß steckt eine ernsthafte Technologie, die unser Leben in vielen Bereichen verändern wird. ChatGPT und andere KI-Systeme haben das Potenzial, unsere Welt zu revolutionieren, aber auch Fragen der Privatsphäre, Sicherheit und Ethik aufzuwerfen.

In diesem Buch, das wir mit größtem Vergnügen zu Papier gebracht haben, werden wir uns mit ChatGPT, seinen Möglichkeiten und Risiken, aber auch mit den Auswirkungen auf die Gesellschaft befassen. Wir werden tief in die Technologie eintauchen und uns mit den möglichen Vor- und Nachteilen auseinandersetzen.

Sind Sie bereit, den ChatGPT-Schock zu erleben? Lassen Sie uns loslegen!

ChatGPT: Ein Allrounder, der alle verblüfft

Was haben Sie gedacht, als Sie die ersten zwei Seiten gelesen haben? Ein guter Einstieg? Einer, der neugierig macht, ein wenig humorvoll ist und sich als wortgewandter Aufschlag für ein Sachbuch über ChatGPT eignet?

Dann kommt jetzt auch schon der erste Wow-Effekt: Diesen Einstieg haben nicht wir geschrieben, die Autoren des Buches, sondern ChatGPT. Wir haben den vielseitigen Chatbot einfach gebeten, uns zu helfen, den schwierigen Einstieg zu bewältigen. Dazu reichte folgende Aufforderung aus:

Erstelle einen genau 1900 Zeichen langen Einstieg in ein allgemein verständliches Sachbuch über ChatGPT. Der Einstieg soll humorvoll sein und neugierig machen.

Wir haben nur minimale Korrekturen an dem Sekunden später vorliegenden Textabschnitt vorgenommen, um den Text noch ein bisschen zu individualisieren. Das Beispiel zeigt aber wohl eindrucksvoll, was jetzt schon mit der – immerhin derzeit noch kostenlos zugänglichen – KI namens ChatGPT möglich ist. Erstaunlich. Das war noch vor einem Jahr völlig undenkbar.

Aber keine Sorge: Der Rest des Buches ist wirklich von uns. Von menschlicher Intelligenz erdacht und geschrieben. Manufaktur, sozusagen. (Ginge auch gar nicht anders, denn der Trainingsstand von ChatGPT ist April 2021. Alles, was danach passiert ist, davon weiß der Chatbot bislang nichts. Aber das ist ein anderes Thema.)

Mit ChatGPT einfach und schnell ganze Texte verfassen lassen

Seit November 2022 ist ChatGPT für die Allgemeinheit zugänglich und hat quasi aus dem Stand für Furore gesorgt: Die Menschen haben sich auf das Angebot gestürzt, haben ausprobiert, was damit geht, haben gestaunt, gelacht – und vor allem: Sie haben darüber gesprochen. Auf Social Media. In Blogs. Und schon schwappte die Welle des Erstaunens und der Begeisterung auch in die traditionellen Medien.

Keine zwei Monate hat es gedauert, bis ChatGPT 100 Millionen User hatte.1 Das macht ChatGPT zur am schnellsten wachsenden Internet-App aller Zeiten. Damit hat ChatGPT TikTok vom Thron gestoßen. Die vor allem bei jungen Menschen beliebte Video-App hatte neun Monate gebraucht, um diese Marke zu knacken – und das war schon unfassbar schnell. Instagram brauchte dafür zwei Jahre.

Selbst Macher von ChatGPT erstaunt über Interesse

Ein Erfolg und ein Wachstum, mit dem die Macher selbst nicht gerechnet haben. »Ganz ehrlich, es ist überwältigend«, beschreibt Jan Leike dem Branchen-Magazin MIT Technology Review2 das Gefühl, das der unerwartete Run ausgelöst hat. Leike führt das Alignment-Team bei OpenAI an, jenes Unternehmen also, dem mit dem KI-Chatbot ChatGPT offensichtlich der große Wurf gelungen ist.

»Ich würde gern besser verstehen, was das alles antreibt«, sagte der Entwickler. Denn ChatGPT war nicht als Produkt für den Massenmarkt gedacht, sondern als Experiment: Was kann künstliche Intelligenz (KI) – und was kann sie nicht? Doch jetzt ist der Chatbot ohne jeden Zweifel ein Produkt: OpenAI wird den Service »Text-AI« erfolgreich verkaufen.

Auch wenn die Macher selbst überrascht sind: Die tsunamiartige Verbreitung der neuen Technologie in die Köpfe der Menschen – und eben nicht nur in die Köpfe von Ingenieuren, Entwicklern, Techies und Experten – lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Nun ist der Welt klar: Da ist eine neue Technologie, die uns alle betrifft. Sie kann uns nützen, sie kann uns schaden. Sie wird aber nicht mehr verschwinden.

Und was für ChatGPT gilt, das gilt genauso für alle anderen vergleichbaren KI-Systeme.

Was macht den Erfolg von ChatGPT aus?

Bevor wir weiter hinten im Buch einen näheren Blick auf mögliche und wahrscheinliche Auswirkungen der neuen Technologie werfen, versuchen wir erst einmal, den Erfolg und das Interesse an ChatGPT zu erklären.

Vielfach einsetzbar – und mit einfacher Sprache zu benutzen

Wer ChatGPT benutzt – und jeder sollte es mal kostenlos ausprobieren unter chat.open.ai –, der wird unweigerlich in den Bann gezogen. Erst stellt man einfache Fragen. Dann komplexere. Dann kommen vielleicht Anweisungen wie »Mache ein paar Vorschläge, wie ein neuer Laden für Schokolade und Süßigkeiten heißen könnte« ... und Sekunden später kommen Vorschläge.

ChatGPT kann aber auch Texte übersetzen, Geschriebenes zusammenfassen, Witze erzählen oder gepflegt Konversation betreiben – so, als wäre es die einfachste Sache der Welt und nie anders gewesen. Am einfachsten ist es, ChatGPT selbst zu fragen, was es alles kann. Die Antwort kommt prompt:

Beantwortung von Fragen zu einer breiten Palette von Themen, darunter Wissenschaft, Technologie, Kunst, Geschichte, Politik und mehr.

Übersetzung von Texten von einer Sprache in eine andere.

Erstellung von Texten zu verschiedenen Themen und Zwecken, einschließlich Essays, Berichten, Artikeln und mehr.

Generierung von kreativen Inhalten wie Gedichten, Geschichten, Liedtexten und mehr.

Durchführung von Berechnungen und mathematischen Operationen.

Analyse von Daten und Erstellung von Diagrammen und Grafiken.

Erkennung von Mustern und Zusammenhängen in Daten.

Erstellen oder Korrigieren von Computerprogrammen oder HTML-Code für Websites.

Analyse von Bildern und Erkennung von Objekten, Gesichtern und mehr.

Eine lange Liste. Kein Wunder, dass ChatGPT und vergleichbaren Systemen von Google oder Facebook, die durchaus einen ähnlichen Leistungskatalog haben, bereits eine ganze Menge zugetraut wird. ChatGPT ist nur der Anfang: Google und Microsoft streiten um die Vorherrschaft im Silicon Valley, China und den USA um die Technologieführerschaft in der Welt.

Einfache Bedienbarkeit macht ChatGPT alltagstauglich

Gleichzeitig verändert sich unser kompletter Alltag – früher oder später. Die Art, wie wir lernen, die Art, wie wir lesen, schreiben, kommunizieren. Im Beruf, in Schule und Hochschule – und auch zu Hause. Möglich macht das die künstliche Intelligenz (KI). Die gibt es durchaus schon länger, wie wir in Kapitel 2 sehen werden – aber mit ChatGPT scheint endgültig der Durchbruch gelungen, sowohl was die technischen Möglichkeiten anbelangt als auch in Sachen Verfügbarkeit.

Sprachassistenten wie Siri, Alexa oder Cortana jedenfalls haben nicht denselben Boom ausgelöst – obwohl sie auf den ersten Blick ähnliche Features bieten. Man kann mit ihnen sprechen. Sie verstehen zumindest einigermaßen zuverlässig, was wir von ihnen wollen (wenn auch in sehr engen Grenzen), und sie können den Menschen Arbeit abnehmen.

Aber: Sie kosten durchaus eine Menge Geld (erst recht, wenn man sie in mehreren Räumen haben will), sind bei näherer Betrachtung immer noch vergleichsweise »dumm«, zumindest aber begriffsstutzig, und erzeugen nun mal längst nicht denselben Wow-Effekt wie die Interaktion mit ChatGPT.

Das macht aber zweifellos den Charme und Erfolg von ChatGPT aus: Jeder kann es ausprobieren – ohne technische Hürden oder Vorkenntnisse. Und das auch noch kostenlos. Ein Turbo für die KI.

KI wird durch ChatGPT zur Popkultur

Experten und Fachleute empfinden die neue Euphorie dennoch als etwas bizarr. Das zeigt auch die Tatsache, dass die Macher selbst vom Erfolg überrascht sind. Insider in der Branche predigen seit Jahren: Künstliche Intelligenz sei die neue Schlüsseltechnologie, die geeignet erscheint, die Welt ähnlich grundlegend zu verändern wie einst das Internet.

Alles Mögliche wurde schon über KI gesagt: das Coolste seit Einführung des iPhones, umwälzender als das Internet oder die Druckerpresse, aber auch: »gefährlicher als die Atombombe«. Das zumindest war die Einschätzung von Elon Musk, nachdem er sich einige Jahre mit KI beschäftigt hatte. Und irgendwie haben alle Recht.

ChatGPT ist es gelungen, künstliche Intelligenz für jeden erfahrbar zu machen. Die wenigsten können programmieren oder verstehen Algorithmen, noch weniger haben eine Vorstellung davon, wie sich KI überhaupt »bauen« lässt. Doch reden und zuhören – das können wir alle. Wir benutzen den ganzen Tag Texte. Wir sprechen, hören zu, lesen Anleitungen oder Texte. Sprache ist unser Ding. Und deshalb ist es am Ende auch kein Wunder, dass eine Maschine, die unsere Sprache spricht – im wahrsten Sinne des Wortes! –, uns alle auch erreicht.

Urplötzlich ist KI ein Thema, über das alle reden. Die Komplexität der Technologie dahinter verschwindet. Niemand weiß, wie aufreibend es ist, ein KI-System zu füttern und aufzubauen (das ist Thema im nächsten Kapitel) – oder wie viel Energie das alles kostet. Warum auch, wenn man mit dem freundlichen Chatbot doch so angenehm plauschen kann, fast so wie mit der freundlichen Kassiererin im türkischen Gemüsegeschäft oder dem Kioskbesitzer um die Ecke. Oder, oder, oder ...

Zudem ist ein Chatbot wie ChatGPT stets bereit. 24/7. Und die Menschen probieren aus, wie sich dieses neue Werkzeug, das sich die Gattung Mensch da ausgedacht hat, sinnvoll nutzen lässt. Richtig so, denn auch das will gelernt sein.

Chatbots berechnen Wahrscheinlichkeiten

OpenAI heißt das Unternehmen, das diesen unglaublichen Hype ausgelöst hat. Zuerst gab es ChatGPT nur auf der Website des Unternehmens. Mittlerweile hat Microsoft den Dienst in seine Suchmaschine Bing integriert.

Aber auch, wenn bei Benutzung ein anderer Eindruck entstehen könnte: ChatGPT hat keine eigene Persönlichkeit. Empfindet nichts. Wird auch niemals müde (höchstens sind schon mal die Server überlastet, angesichts des Ansturms).

Chatbots »denken« nicht und nichts. KI-Modelle wie ChatGPT rechnen und berechnen – und das die ganze Zeit. Erst berechnen sie, was wir meinen oder wollen könnten. Und dann berechnen sie, was wir als Antwort sehen wollen. Ob es mit dem Verstehen und dem Präsentieren von Ergebnissen klappt, ist alles eine Frage von Wahrscheinlichkeiten. ChatGPT versucht zu zeigen, was »wahrscheinlich« die beste Antwort ist.

ChatGPT »weiß« es nicht. Es berechnet nur, was passen müsste – und formuliert es geschmeidig. (Jedenfalls so die aktuelle Meinung der Forscher, sicher ist man sich hierbei nicht).

Chatbots generieren Antworten aus dem Gelernten und mit dem, womit sie gefüttert wurden. Aber das machen sie heute schon sehr gut – und werden ohne jeden Zweifel immer besser.

Das Unternehmen Nvidia, das hervorragende und sehr begehrte Grafikkarten baut, die von Unternehmen wie OpenAI oder Google aufgrund ihrer überragenden Rechenkünste zum Berechnen von KI-Modellen verwendet werden, prognostiziert ein enormes Wachstum der Leistung. In zehn Jahren, so die Ingenieure, wird KI eine Million Mal leistungsfähiger sein als heute.3

Experten sagen KI-Fabriken voraus. Da werden Tausende von Rechnern in Rechenzentren stehen, alle bis an die Zähne bewaffnet mit leistungsfähigen Prozessoren – und sie werden rechnen, rechnen, rechnen. Am Ende, um KI-Systeme zu erzeugen und/oder am Laufen zu halten. Es wird kleine, mittlere und große Fabriken geben. »Mega Factories«, die keine physischen Waren herstellen, sondern ausschließlich virtuelle.

Wissen ist Macht. Und ein schneller Zugriff auf Wissen macht noch mächtiger.

Kurzfristig überschätzt, langfristig unterschätzt

Auswirkungen neuer Technologien werden kurzfristig überschätzt, langfristig aber unterschätzt.

Wir Menschen neigen oft dazu, die Bedeutung und Auswirkungen neuer Technologien zu Beginn ihres Auftretens zu überschätzen, aber später, wenn sie in unser Leben integriert sind, ihre tatsächliche Wirkung zu unterschätzen.

In der Anfangsphase einer neuen Technologie, wie beispielsweise dem Internet, sind Menschen oft begeistert und glauben, dass sie alle Probleme lösen und unser Leben dramatisch verbessern wird. Unternehmen haben oft hohe Erwartungen an die neuen Technologien und investieren in Entwicklung und Vermarktung.

Doch in der Praxis zeigt sich häufig, dass die neuen Technologien nicht so schnell und dramatisch wirken wie ursprünglich erwartet. Es können unvorhergesehene Probleme oder Schwierigkeiten auftreten, die die Anpassung und Nutzung der Technologie erschweren. Auch die Konkurrenz kann die Entwicklung behindern, und die Auswirkungen auf die Gesellschaft und Wirtschaft können nicht immer vorhergesehen werden.

Andererseits wird die langfristige Auswirkung von Technologie auch unterschätzt, weil uns die Abstraktionsfähigkeiten fehlen: Wie sieht eine Gesellschaft aus, wenn sich eine neue Technologie flächendeckend etabliert hat? Was verändert sich durch die neue Technologie, im Guten wie im Schlechten? Die umwälzenden Prozesse und langfristigen Auswirkungen einer neuen Technologie vorherzusagen, ist sehr schwierig bis unmöglich.

Die Väter des Internets haben an ein unzerstörbares Datennetzwerk gedacht, später an schnelle Informationsvermittlung und Verfügbarkeit von Wissen. Das war die Motivation, das Internet zu erschaffen und zu bauen. Doch Big Data, Überwachung, kommerzielle Ausschlachtung oder den Hype von Katzenvideos hatte niemand im Blick – wie auch? Keiner hatte eine mögliche kommerzielle Ausschlachtung oder auch den Missbrauch der neuen Macht im Blick.

Gerade deshalb ist es ungeheuer wichtig, neue Technologien kritisch zu betrachten und ihre langfristigen Auswirkungen zu bedenken, um eine realistische Einschätzung ihrer Bedeutung und Chancen zu erhalten, aber auch die Risiken zu minimieren.

»Alarmstufe Rot« bei Google

Der Start von ChatGPT im November 2022 hat nicht nur die Öffentlichkeit neugierig gemacht, sondern bei Wettbewerbern eine regelrechte Panik ausgelöst. Von Google weiß man, dass durch den plötzlichen Erfolg von ChatGPT intern »Code Red« ausgerufen wurde. »Alarmstufe Rot«.

Die (begründete) Sorge: Wer fragt in Zukunft noch eine Suchmaschine, auf welchen Websites er oder sie nachschlagen soll, wenn ein Chatbot sehr viel schneller die gewünschten Antworten ganz konkret liefert? Das stellt in der Tat eine existenzielle Bedrohung für eine Suchmaschine dar. Das Bessere ist der Feind des Guten.

Deshalb hat Google bereits im Dezember 2022 – also wenige Tage nach dem öffentlichen Start von OpenAIs ChatGPT – gleich mehrere wichtige Meetings abgehalten und die Gründer Larry Page und Sergey Brin auf Anweisung des aktuellen CEO Sundar Pichai hinzugezogen. Eine Krisensitzung auf höchstem Niveau, denn der erfolgsverwöhnte US-Konzern befürchtet nichts weniger als den Bedeutungsverlust seiner Suchmaschine Google. Das Schlüsselprodukt und die Cashcow des Konzerns. Allein mit der Suchmaschine verdient Google rund 150 Milliarden Dollar pro Jahr.

Der weiße Elefant im Raum: Durch einen Chatbot wie ChatGPT könnte ein signifikanter Rückgang an Marktanteilen drohen. Obwohl längst nicht mehr im Alltagsgeschäft eingebunden, wurden laut New York Times4 die beiden Gründer des Unternehmens deshalb in die Debatte über die Zukunft des Unternehmens hinzugezogen.

Die einzige mögliche Antwort: Googles Topmanager bringen einen eigenen Chatbot in der Suchmaschine auf den Weg, der schon bald in Googles Suchmaschine integriert sein soll. Eine Maßnahme, die nicht zuletzt deswegen zwingend erscheint, weil Konkurrent Microsoft seiner Suchmaschine Bing bereits eine vollständige Integration von ChatGPT spendiert hat – und diese Funktion noch weiter ausbauen will. Hier wurde bereits testweise ChatGPT in den Suchdienst integriert.

Wenn klassische Suchmaschine und Chatbot intelligent kombiniert werden, hätten Nutzer das Beste aus beiden Welten: Direkte Antworten vom Chatbot, wo es sinnvoll ist – und die Möglichkeit, in den Untiefen des Internet zu suchen, wenn das vernünftiger erscheint. Außerdem wird KI auch bei der Suchmaschine selbst eine größere Rolle spielen. Bislang ist der endgültige Startschuss für KI in Googles Benutzeroberfläche noch nicht gefallen. Es wird aber unweigerlich so kommen, dass auch Google den traditionellen Suchdienst und den Chat miteinander kombiniert, so wie es Microsoft in Bing bereits gemacht hat.

Fehlstart für Googles Chatbot Bard