Der Faszien-Code - Robert Schleip - E-Book

Der Faszien-Code E-Book

Robert Schleip

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  • Herausgeber: Riva
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Deine Faszie, dein Training Kommst du bei Vorbeugen mit den Fingerspitzen problemlos bis zum Boden oder erreichst du gerade mal deine Knie? Fühlst du dich bei Bewegungen wie Drehungen oder Dehnungen steif und ungelenk oder neigst du eher dazu, Haltungen zu überstrecken? Egal, welcher Typ du bist – du hast dich vermutlich schon oft gefragt, woher diese Unterschiede kommen. Neueste bahnbrechende Erkenntnisse aus der Faszienforschung liefern dir die Antwort und gleichzeitig die Lösung: Wie flexibel du bist und zu welchen Schwachstellen und Beschwerden das führen kann, ist eng verknüpft mit der Genetik deines Bindegewebes. Erst wenn du deinen Faszientyp entschlüsselst und entsprechend trainierst, kannst du dein volles Potenzial ausschöpfen. Geballte Faszienkompetenz für deine Gesundheit Robert Schleip, Heike Oellerich und Miriam Wessels, Deutschlands Faszienexperten Nummer eins, zeigen dir, wie du dieses Wissen für eine gesunde Beweglichkeit und ein gesteigertes Wohlbefinden nutzen kannst. Anhand von Selbsttests kannst du deinen Gewebetyp ermitteln und so herausfinden, auf welche Übungen du zurückgreifen solltest, um deinen Körper bestmöglich fit und geschmeidig zu halten. Dabei lernst du auch, auf physiologische Besonderheiten wie Hypo- oder Hypermobilität und Beschwerden wie Fibromyalgie oder Skoliose zu reagieren. Spezifische Programme und Alltagstipps helfen zusätzlich, Muskeln und Gelenke zu stärken sowie Kraft und Elastizität zu verbessern. Diese Form des Faszientrainings geht so gezielt wie keine andere auf deine individuellen Bedürfnisse ein und garantiert eine hohe Lebensqualität in jedem Alter!

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Seitenzahl: 256

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Robert Schleip · Heike Oellerich · Miriam Wessels

Der Faszien Code

Robert Schleip · Heike Oellerich · Miriam Wessels

Der Faszien Code

Wie die Genetik des Bindegewebes deine Gesundheit beeinflusst und du typgerecht trainierst, um Beweglichkeit und Fitness zu optimieren

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Wichtige Hinweise

Dieses Buch ist für Lernzwecke gedacht. Es stellt keinen Ersatz für eine individuelle medizinische Beratung dar und sollte auch nicht als solcher benutzt werden. Wenn Sie medizinischen Rat einholen wollen, konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Arzt. Der Verlag und die Autoren haften für keine nachteiligen Auswirkungen, die in einem direkten oder indirekten Zusammenhang mit den Informationen stehen, die in diesem Buch enthalten sind.

Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.

Originalausgabe

1. Auflage 2024

© 2024 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Redaktion: Sarah Holzwarth

Umschlaggestaltung: Maria Verdorfer

Umschlagabbildung: Marco Grundt Fotografie

Fotos: alle Fotos von Marco Grundt Fotografie, außer: FASZIO®: 9, 15, 16, 18, 32, 33, 34, 36, 38, 40, 42, 49, 52, 55, 56, 66, 71, 72, 75, 77, 92, 93, 95, 99–102, 116, 152o–250o, 272; Dr. Jean-Claude Guimberteau: 21; Fascia Research Society. Fotografiert von Thomas Stephan: 28, 30; Tom Flemons © Intension Designs: 31; BellaBambi®: 108; TOGU®: 112

Illustrationen: alle Illustrationen von FASZIO®

Models: Heike Oellerich, Lena Schönteich, Carsten Peckmann, Gustavo Paulo Silva

Layout: Katja Muggli

Satz: Daniel Förster, Belgern

eBook: ePUBoo.com

ISBN Print 978-3-7423-2513-6

ISBN E-Book (PDF) 978-3-7453-2299-6

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-2298-9

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.rivaverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter: www.m-vg.de

Inhalt

Vorwort von Tom Myers

Vorwort der Autoren

Einführung

1 KLEINE BINDEGEWEBSKUNDE FÜR GROSSE WIRKUNG

Entdecke das Bindegewebe in dir

Faszieneinblicke: Vielfalt in Struktur und Funktion

Die fünf Leitbahnen

2 Elfe oder Wikinger – DIE ZWEI BINDEGEWEBSTYPEN UND IHRE MERKMALE

Die Evolution macht es möglich

Der große Selbstcheck

Prägt der Bindegewebstyp den Charakter?

Fasziales Stressmanagement

Alltagsfit durch gesunde Ernährung und viel Bewegung

Gut für alle: Konkrete Umsetzungsideen zur Faszien-Integration in den Alltag

3 Körperliche Besonderheiten und Beschwerdebilder

Typbedingte Schwachstellen erkennen und diesen gezielt entgegentreten

Was kann natürliche Festigkeit für Folgen haben?

Was kann natürliche Überbeweglichkeit für Folgen haben?

4 FASZIENFIT FÜR KRAFTVOLLE BEWEGLICHKEIT UND AGILE STÄRKE

Talent plus Herausforderung ergibt ganzheitliches Training

Die Übungen für die fünf Leitbahnen

Trainingsprogramme

ANHANG

Glossar und Faszienwörterbuch

Übungsübersicht

Equipment und Bezugsquellen

Verwendete Literatur

Dank

Über die Autoren

Vorwortvon Tom Myers

Dieses Buch nimmt sich – mit allem Drum und Dran – eines der interessantesten Ergebnisse der aktuellen Faszienforschung vor: den genetischen Unterschied zwischen Menschen mit »festerem« und »lockerem« Fasziengewebe. Welch ein Vergnügen! Es ist erfreulich, ein Buch darüber zu lesen, wie das Wissen über unser Fasziensystem direkt zum Training und zur Behandlung von uns selbst, aber auch von Patienten beitragen kann. Um aus Kapitel 1 zu zitieren: »Die Faszie ist weder eine leblose, träge Hülle noch ein magisches Heilmittel. Sie ist vielmehr ein dynamisches Netzwerk, in das alle weiteren Körperbestandteile eingewebt sind und über das wir großen Einfluss auf unsere Gesundheit nehmen können.« Dem stimme ich zu.

Faszienviskosität, Elastizität, Plastizität und die Fähigkeit des Remodellierens – jede dieser Eigenschaften hat immense Anwendungsmöglichkeiten in Training, Medizin, Rehabilitation und Sport, von denen die meisten leider noch nicht umgesetzt werden. Dieses Buch vermittelt dir Kenntnisse über die spezifischen Eigenschaften des Spektrums von einem festen zu einem lockeren Fasziengewebe und zeigt, wie man gewebespezifische Übungen, Behandlungen und Trainingseinheiten zu Hause anwenden kann. Es richtet sich darüber hinaus auch an medizinische und therapeutische Berufsgruppen, die Patienten faszial in Bewegung bringen wollen. Auch für mich persönlich ist es eine Freude, die Theorie der myofaszialen Leitbahnen aus meinem Werk Anatomy Trains so deutlich in den Übungssequenzen eingesetzt zu sehen – danke!

Und schließlich ist es sehr beeindruckend, dass dieses aufstrebende Thema so gründlich behandelt wird. In Kapitel 1 lernen wir viel über das, was wir bisher über die Faszie im Allgemeinen wissen, aber das wahrlich Entscheidende erfahren wir ab Kapitel 2. Neigen unsere Faszien eher zur fest gewebten, härteren Seite (genetisch angepasst an nördliche Klimazonen) oder eher zum weicheren, lockeren Ende des Spektrums (genetisch angepasst an heißere Klimazonen)? Jede Tendenz birgt sowohl Vorteile als auch Herausforderungen – mit unmittelbaren Auswirkungen auf Training und Gesundheit und mit zahlreichen Aha-Erlebnissen.

Die Genetik scheint die Geschwindigkeit des Umbaus unseres Fasziennetzes zu bestimmen. Wenn wir es zu schnell und zu stark aufbauen, neigen wir dazu, steif zu werden wie der »Tin Man« aus Der Zauberer von Oz – ich gehöre zu diesem Typ: Ich bin robust, aber nicht biegsam. Wenn wir es zu langsam aufbauen, wird es locker, die Gelenke und das Zentrum werden instabil – diese Menschen sind sehr biegsam, aber oft nicht so stabil. Die meisten von uns befinden sich irgendwo in der Mitte dieses Spektrums, weit entfernt von Extremen und Krankheiten wie das Ehlers-Danlos-Syndrom oder Morbus Bechterew. Selbst innerhalb der Norm gibt die Seite, auf der man sich befindet, Aufschluss darüber, wie man seinen Körper trainieren sollte, um ein Maximum an Gesundheit zu erreichen. Es gibt nicht das eine Training für alle. Wirklich lockere Menschen – »Elfen« genannt in diesem Buch – brauchen in ihrer sportlichen Praxis etwas anderes als Dehnung, um den Mangel an Stabilität auszugleichen. »Wikinger« müssen beharrlich ihre Mobilität trainieren und der Tendenz ihres Körpers widerstehen, die Übungen nicht ordentlich auszuführen. Die Rehabilitation nach einer Verletzung muss bei den Elfen langsamer vonstattengehen, Wikinger hingegen verlieren ihre yogischen Fortschritte innerhalb weniger Tage nach der letzten Stunde – und so weiter: Die Auswirkungen dieses einen Faktors – des Zustands der Faszien – sind unzählig. Hier erfährst du, wie du dich selbst und andere einschätzen kannst, um zu sehen, wo du auf dieser Skala stehst. Dann kannst du die richtigen praktischen Übungen wählen, um bessere Ergebnisse in deinem Training oder deiner Körperarbeitspraxis zu erzielen.

Und von wem kannst du über diesen ganz neuen Aspekt des Trainings etwas lernen? An dieser Stelle darf ich dir die Autoren vorstellen, die das Thema Faszien mit Begeisterung und Freude füllen. Ich habe Heike und Miriam in der Anfangsphase eines neu gedachten Faszientrainings kennengelernt und schätze sie als Expertinnen. Mit ihrem lockeren und spielerischen Ton erläutern sie wissenschaftliche Zusammenhänge leicht verständlich. Gleichzeitig solltest du die vielen Forschungsreferenzen nicht mit »Wissenschaftlichkeit« verwechseln – sowohl Heike als auch Miriam sind erfahrene Praktikerinnen, die jeden Tag instinktiv und erfinderisch Probleme lösen. Mit anderen Worten: In diesem Buch gibt es neben der evidenzbasierten Praxis auch jede Menge »praxisbasierte Evidenz«.

Während Heike und Miriam uns eine Vielfalt an praktischen Anwendungen bescheren, ist gut zu wissen, dass die Umsetzungen auf den Forschungsergebnissen meines Freundes und langjährigen Weggefährten Dr. Robert Schleip, den ich sehr bewundere, basieren. Niemand hat mehr dazu beigetragen, die Praktiker mit den reinen Forschern der Biomechanik zu verbinden, als Robert. Er hat über die verfügbaren Forschungsergebnisse auf dem faszinierenden Gebiet der Faszien und ihrer klinischen Bedeutung berichtet, sie ergänzt und unermüdlich zusammengefasst, und das mit sehr gutem Erfolg. Danke, Robert, dass du für uns alle – auch für Heike und Miriam – die Weichen gestellt hast.

Wir stehen noch ganz am Anfang, wenn es darum geht, die gesundheitlichen Auswirkungen des »Fasziensystems« und unserer »biomechanischen Autoregulation« bis hin zu den zellulären und epigenetischen Auswirkungen von Haltung und Bewegung zu verstehen. Dieses Buch bietet ein direkt nutzbares Anwendungsprotokoll für einen Faktor, der weder muskulär noch neural ist, sondern sich direkt aus der Funktionsweise unserer biologischen Struktur ergibt. Bravo!

Thomas Myers

praktiziert seit 50 Jahren integrative Manualtherapie in unterschiedlichen klinischen und kulturellen Umgebungen. Er hält Vorträge und unterrichtet über das Fasziensystem, strukturelle Integration und die Zukunft der Bewegungslehre. Tom ist der Autor des revolutionären Standardwerks Anatomy Trains.

Vorwortder Autoren

Wir, Heike und Miriam, arbeiten seit 25 Jahren zusammen als Autorinnen, Konzeptentwicklerinnen und Ausbilderinnen im Bewegungs- und Therapiebereich. Von Anfang an war unser Antrieb, bestehende Gesetzmäßigkeiten im Training sowie Therapiekontext kritisch zu hinterfragen und die daraus resultierenden Erkenntnisse für alle verständlich aufzubereiten und in innovative Bewegungen umzusetzen. Dies ist bis heute unsere gemeinsame Passion. Während der Entwicklung von Übungen mit bestimmten Wirkungszielen kam es bei dem intensiven Experimentieren immer wieder zu Konflikten: Die eine erlebte den Effekt als dehnend, die andere als kräftigend, Übungen schienen der anderen mühelos, während sich die eine in Ausgangspositionen zwängte und so weiter. Wir fanden dafür gute Kompromisse, aber das Thema beschäftigte uns.

Vor rund zehn Jahren hörten wir bei einem Faszienlehrgang von Robert zum ersten Mal etwas von genetisch verschiedenen Konstitutionstypen. Diese wurden vom Faszienexperten als »Wikinger« und »Tempeltänzer« bezeichnet. Auch wenn dies nur eine Information von vielen war, ahnten wir sofort, dass dort der Schlüssel zu unserer unterschiedlichen Bewegungswahrnehmung steckte: Wir sind physiologisch eine Wikinger- und eine Tempeltänzer-(beziehungsweise Elfen-)Frau!

Für mich – Heike – war diese Erkenntnis ein großes Aha-Erlebnis, das sich einschneidend auf mein Selbstbild auswirkte. Ich, die immer zu trampelig, zu laut, zu ungelenk gewesen war, konnte dies nun als Potenzial werten, in zielgerichtete Bahnen lenken und Stärken entwickeln. Jetzt bin ich glücklich, ein Wikingertyp zu sein, und habe großen Spaß daran, meine Kompetenzen zu nutzen und in meinem Training auch »die Elfe in mir« auszuleben.

Ganz typgerecht arbeitet in mir – Miriam – seitdem dieses Wissen und ich hinterfrage mich: Bin ich zu emotional für die derzeitige Welt? Brauche ich mehr Stabilität, um entspannter, leichter und fröhlicher als »Elfe« zu bestehen? Wo kann die Welt mich brauchen und ich mir trotzdem ehrlich, wahrhaftig und ressourcenschonend treu bleiben? Ich passe meine Bewegungsroutine immer wieder an, um mich zu fordern, aber nicht zu überfordern. Und die Effekte benötigen Zeit für ihre Integration.

Durch diese Auseinandersetzungen haben wir die These der genetischen Tendenz zu nordischen und tropischen Gewebetypen weiterverfolgt, ausgeweitet und überall wiedergefunden: körperlich, emotional, im Handeln, in der Pathologie, der Therapie und vielem mehr. Das lässt auf einen Transfer in andere Lebenssituationen schließen. Diese ganzheitliche Betrachtungsweise haben wir fest in unser Menschenbild, unsere Trainingskonzepte und unsere therapeutischen Ansätze integriert. Durch unsere persönliche und berufliche Erfahrung über die Jahre wuchs der Wunsch, diese Erkenntnisse auch durch ein Buch zu verbreiten. Denn das Wissen über den eigenen Gewebetypen kann nicht nur Trainingsprogramme, sondern auch die Selbstwahrnehmung, Selbstakzeptanz und Selbstliebe positiv ändern.

Dadurch sind wir auch zu der Erkenntnis gelangt, dass für uns die Bezeichnung »Tempeltänzer« nicht optimal ist. Das Wort ist im Deutschen nicht so gängig und die Eigenschaften, die mit diesem Bild dargestellt werden sollen, tauchen nicht sofort in den Köpfen der Europäer auf. Zudem geht es uns um eine ganzheitliche Betrachtung, die über Bewegungseigenschaften hinausgeht.

Deshalb haben wir die Bezeichnung »Elfen« gewählt. Auch wenn diese formal ebenfalls im Norden »beheimatet« sind, bilden sie perfekt den Gegenpol zu den festen, robusten Wikingern. Denn man assoziiert nach unserer Erfahrung damit sofort leichte, flinke, zarte, elegante, bewegliche und sensible Wesen. Diese Verknüpfung hat auch Robert gefallen, sodass wir uns schnell auf eine Verwendung des Begriffs »Elfen« einigen konnten. Und so schließt sich ein Kreis: Der Mann, der uns vor einem Jahrzehnt mit einem Funken inspiriert hat, ist nun unser Mitautor bei dem ersten Buch, das diese These ausgiebig beleuchtet. Welch glückliche Fügung!

Auch von meiner Seite – Robert – eine freudige Bewunderung der exzellenten Publikation, die vor allem meine beiden Mitautorinnen mit viel Kreativität, Cleverness und Elan geschaffen haben. Die gemeinsame Zusammenarbeit hat mich selbst sehr bereichert und bezüglich der multiplen Talente der beiden Pionierinnen mehr als beeindruckt. Du darfst dich gefasst machen auf eine geballte Ladung an inspirierenden Anregungen, Einsichten, humorvollen Einlagen und jede Menge praktischer Anregungen für den eigenen Alltag.

Einführung

Der zunehmende Zivilisationsreichtum und maschinengestützte Alltag des 21. Jahrhunderts haben dazu geführt, dass sich in den Industrieländern eine zunehmende Bewegungsarmut eingeschlichen hat. Der heutige Wohlstandsgewinn geht mit Bewegungsverlust einher. Das schafft auf der einen Seite den Boden für Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht, Arthrose, Bluthochdruck oder Diabetes und auf der anderen Seite eine Sportindustrie, die mit Körperkult ein leistungsorientiertes Training in den Fokus setzt. In beiden Fällen werden die gesundheitsorientierten Aspekte wenig berücksichtigt. Die Lücke, die ein bewegungsmonotoner Alltag als etablierte Schonhaltung der Gesellschaft öffnet, führt zur Verkümmerung der körperlichen Funktionen und Strukturen. Geschlossen werden kann sie durch die Integration vielseitiger und lebhafter Bewegungsfreude sowie gezielte Übungen, die das auffangen.

Unsere Vorfahren hatten keine andere Wahl

Funktionelle Bewegungen gehörten automatisch zum täglichen Überlebens-(Fitness-)Training unserer Vorfahren. Diese sogenannten Urbewegungen, wie Gehen, Laufen, Rennen, Springen, Klettern, Heben, Tragen, Werfen, Ziehen, Schieben, Schlagen und dergleichen, prägten einen gesunden, straffen und leistungsstarken Körper. Dennoch gab es genetische Veranlagungen, die Einfluss auf die Bewegungsfähigkeit, Kraftgenerierung, Konstitution, Nahrungsverwertung und psychische Stabilität hatten und durch deren Ausprägung sich entweder arktische oder tropische Gewebetypen herauskristallisierten. Beide Typen haben sich mit ihren Kompetenzen perfekt an die jeweilige Lebensumgebung angepasst. Diese werden von uns als »Elfen« und »Wikinger« bezeichnet.

Perspektivwechsel

In diesem Buch fokussieren wir uns auf diese beiden Konstitutionstypen, um dir mithilfe von zwei Selbsttests einen Perspektivwechsel zu ermöglichen und dich selbst und deine Mitmenschen darin wiederzukennen.

Nach einem kurzen, einfach verständlichen Blick in fasziale Zusammenhänge folgen Erläuterungen individueller Ausprägungen der unterschiedlichen Gewebetypen. Auf dieser Grundlage lassen sich spezifische Potenziale, Defizite und Krankheitsbilder logisch erklären und nachvollziehen. Dazu gibt es Anwendungsbeispiele zur Selbsthilfe mit geeigneten Tools sowie Lösungsansätze zum Umgang mit Stressoren.

Dieses Wissen ist sowohl wertvoll für die eigene Lebensgestaltung, den Umgang mit Ernährung und Umweltfaktoren als auch in der Anwendung in Training oder Therapie, wenn es darum geht, unentdeckte Stellschrauben zu finden, schneller zu diagnostizieren und klüger zu therapieren.

Vorteil des typgerechten Trainings

Das Einzige, was uns langfristig gesund hält und jederzeit eine hohe Lebensqualität sichert, ist ausreichend Aktivität. Da sind sich Ärzte, Therapeuten und Wissenschaftler inzwischen sehr einig.

Aktivität bedeutet ein Training, das einen Wachstumsreiz im Gewebe auslöst und eine strukturelle und funktionale Anpassung des Körpers erfordert. So individuell ein Mensch veranlagt ist und sich an seine Lebensumstände angepasst hat, sollte sein Training gestaltet werden. In diesem Buch werden viele Übungen aus den Bereichen Alltag, Fitness, Yoga und Atmung vorgestellt sowie deren Reiz auf das jeweilige Gewebe beschrieben. Denn auch bei gleicher Ausführungsintention entstehen typgerechte Anforderungen. Die genetischen Unterschiede der beiden Gewebetypen ermöglichen ihnen unterschiedliche Vorteile in der Bewegungsausführung. Während genetische »Elfen« mit ihrer Beweglichkeit glänzen (du siehst sie im Folgenden auf allen Übungsbildern links), können »Wikinger« durch ihre Stabilität punkten (auf den Bildern rechts). Es wird Zeit, die Potenziale beider Typen optimal zu nutzen. Mit der faszial ausgerichteten Perspektive und der Integration des Leitbahnenmodells für eine ausgeglichene Bewegungshaltung wird das Training neu aufgerollt und sowohl arktische als auch tropische Gentypen auf bevorstehende Anforderungen vorbereitet, sodass eine Verletzungsgefahr minimiert wird.

Zukunftsweisende Denkmodelle

In der Vorbereitung für dieses Buch hatten wir im Autorenteam begeisternde Diskussionen und gemeinsame Lernerfahrungen in Bezug auf die hier vorgestellten Unterscheidungsmerkmale der beiden Konstitutionstypen. Es gab mitunter lebhafte Gespräche im Sinne eines gemeinsamen Voneinander-Lernens zwischen der eher erfahrungsorientierten Perspektive der beiden trainings- und therapieorientierten Autorinnen, Heike Oellerich und Miriam Wessels, und der primär wissenschaftlichen Ausrichtung des Faszienforschers Dr. Robert Schleip. Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass einige der in diesem Buch vorgeschlagenen Verhaltensmerkmale der beiden Konstitutionstypen plausible Denkmodelle sind, die zwar durch ernstzunehmende Hinweise gestützt, aber aktuell noch nicht evidenzbasiert bewiesen sind.

Jetzt tauche ein in deine gewebegenetischen Ursprünge, lerne deine faszialen Wurzeln kennen, habe Spaß beim Entdecken, erfahre, welchem Bindegewebstyp du eher entsprichst und wie du Bewegung optimal typgerecht gestalten kannst.

1

KLEINE BINDEGEWEBSKUNDE FÜR GROSSE WIRKUNG

Entdecke das Bindegewebe in dir

Die Faszie ist das vielseitigste Gewebe im menschlichen Körper, das in den letzten Jahren verstärkte Aufmerksamkeit erfahren hat. Intensive Forschung hat das Verständnis über die Funktionsweise des faszialen Gewebes erweitert und seine Wichtigkeit für die Gesundheit und das Wohlbefinden besser beleuchtet. Die Faszie hat mittlerweile so an Bedeutung gewonnen, dass ihr zahlreiche Experten den Status eines eigenen Organs zuschreiben. Wir verwenden die Bezeichnung »Faszie« im Singular, um zu verdeutlichen, dass jeder Mensch nur eine Faszie hat, die sich vielseitig differenziert, unter anderem in Struktur, Konsistenz und Funktion.

Lange Zeit in den stillen Hintergrund des schulmedizinischen Interesses gerückt, ist die Faszie heute das lebhafte Zentrum eines regelrechten Gesundheitsphänomens. Mediziner, Trainer, Therapeuten und »Beweger« (also Menschen, die sich gerne bewegen) machen sich das Wissen um die Komplexität dieses Organs zunutze. Während man vor Jahrzehnten annahm, dass es lediglich ein Füllgewebe im Körper sei, weiß man heute, dass es mit seiner Omnipräsenz an unzähligen Stoffwechselprozessen, Reizweiterleitungen, Muskel- und Organtätigkeiten sowie am Immunsystem beteiligt ist und so eine wesentliche Grundlage für Gesundheit, Wohlbefinden und Funktionalität bildet. Die Faszie umschließt, durchzieht und verbindet einzelne Strukturen, wodurch sie eine innere Balance schafft.

Jedes Lebewesen hat nur eine Faszie, die facetten- und funktionsreich alles durchzieht, verbindet und versorgt.

Der Faszien-Hype

Die letzten Jahre haben einen bemerkenswerten Wandel in der Wahrnehmung der Faszie mit sich gebracht. Ursprünglich war dies angetrieben von einem kurzzeitigen Faszien-Hype in der Fitnessszene, der sie zu einem fast schon magischen Element des Körpers stilisierte, sich dabei aber auf das sogenannte Ausrollen fokussierte. In dieser Phase bezog sich Faszien-»Training« sehr häufig auf den mehr oder minder kompetenten Umgang mit der aus einem therapeutischen Kontext stammenden Intervention auf Hartschaumgegenständen. Fitnesscoaches, Yoga- und Pilatesenthusiasten sowie Anhänger anderer Bewegungsdisziplinen begannen vermehrt oder mit neuer Begeisterung, die Faszie als Schlüssel zu besserer Flexibilität, Schmerzlinderung und als Allzweckwaffe zur Steigerung der körperlichen Fitness und Gesundheit zu betrachten. Es ist wahr, dass diese Strukturen eine entscheidende Rolle bei der Körperbewegung und -stabilität spielen, jedoch wurde die Bewertung ihrer Funktion in dieser Euphorie oft übertrieben beziehungsweise einseitig dargestellt. Es mangelte an Hintergrundwissen und individualisierter Anwendungsempfehlung. Statt sich eingehend mit der Wirkung zu befassen, wurden zeitweise medienwirksame Konzepte nahezu unreflektiert weitergegeben.

Die moderne Faszie

Diese Sicht auf die Funktion der Faszie hat sich stark weiterentwickelt. Sie wird heute als ein komplexes Spannungsnetzwerk gesehen, das den gesamten Körper durchzieht und verbindet. Sie reagiert auf Belastungen, beeinflusst die Haltung und trägt zur Schockabsorption bei. Als Teil des großen Ganzen ist sie aus einer ganzheitlichen Sichtweise auf den Körper nicht mehr wegzudenken. Ursprünge von Schmerzen und Funktionsstörungen sind in ihr verankert. Hintergründe des Erfolgs von Dehnen, Kräftigen und Wahrnehmen lassen sich über dieses Organ erklären. Ein geschmeidiges und elastisch-resilientes Fasziennetz kann die freie Beweglichkeit fördern und Verletzungen vorbeugen. Sie ist nicht die alleinige Antwort auf alle gesundheitlichen Fragen, aber sie kann neue Perspektiven schaffen und wird inzwischen als starke Einflussgröße berücksichtigt.

Die Medizin des 21. Jahrhunderts ist ein Raumschaffen für innere und äußere Bewegungsfreiheit.

Aktuelle Faszienforschung

Die Faszienforschung ist weiter im Fluss und liefert in vielen Bereichen neue Erkenntnisse für einen verändernden Blickwinkel.

Vernetzung und Kommunikation

Moderne Untersuchungen haben gezeigt, dass die Faszie ein omnipräsentes Gewebenetzwerk ist. Sie durchdringt den gesamten Körper und umgibt nicht nur alle Muskelbereiche, sondern auch Organe, Nerven und Gefäße. Diese Vernetzung macht sie zu einem eigenständigen Organ, das sich funktionsbedingt differenziert und mit dem gesamten Organismus interagiert. Auch hat die Faszie eine wichtige mechanische Funktion. Sie ist mit einer Vielzahl an Rezeptoren ausgestattet, die Informationen über Spannung, Dehnung und Druck im Körper senden. Diese sensorische Funktion ist wichtig für die Körperwahrnehmung und die Koordination von Bewegungen. Die Faszie hilft bei der Übertragung von Kräften zwischen verschiedenen Gewebekonstruktionen und kann Spannung aufnehmen, speichern und sie bei Bedarf wieder freigeben.

Schmerzen und Verletzungen

Faszien sind dicht besiedelt mit sensorischen Nervenendigungen, die potenzielle Gewebeschädigungen an das Gehirn signalisieren und dort eine Schmerzempfindung auslösen können. Verklebungen oder Verhärtungen können die Kommunikationswege einschränken oder Fehlinformationen senden. Neurologische Erkrankungen und Verletzungen hängen folglich sehr häufig eng mit der Faszie zusammen. Entstehen Gewebeblockaden, zum Beispiel durch Bewegungsmangel oder Fehlhaltungen, können zusätzliche Schmerzen hervorgerufen werden. Die Blockade kann aber auch die Ursache für die Schmerzen sein. Da an sämtlichen Verletzungen immer auch Bindegewebe beteiligt ist, sind Schädigungen damit automatisch faszialer Natur und haben körperweite Auswirkungen.

Bewegung als Anforderung ist der Schlüssel für Gesundheit und der wichtigste Aspekt für Prävention und Reha. Deshalb verschwimmen in der Faszienbehandlung die Grenzen zwischen Therapie und Training.

Faszienrolle (Foam Rolling)

Das Rollen auf einer Hartschaumrolle soll meist als Selbstmassage zur Lockerung der Faszie dienen. Es ist eine populäre Technik, um Muskelverspannungen zu reduzieren und Verklebungen zu lösen. Inzwischen haben unsere Erfahrungen allerdings ergeben, dass ein anschmiegsameres Material in den meisten Fällen bevorzugt werden sollte, da es organischer in das Gewebe eindringen und von diesem nachgebender aufgenommen werden kann. Eine weitere Technik, um mit der Faszie und nicht gegen diese zu arbeiten, ist das Liften mit flexiblen Saugnäpfen. Dabei werden durch Unterdruck die faszialen Schichten abgehoben, um mehr Raum zwischen ihnen zu schaffen, damit die einzelnen Strukturen besser gegeneinander verschieblich werden (Releasing und Cupping, siehe ab Seite 108).

Faszie und Bewegung

Das Verständnis der faszialen Anatomie hat auch die Art und Weise beeinflusst, wie wir Bewegung und Training betrachten. Sie spielt eine wichtige Rolle im Sport und in der Leistungsoptimierung von Athleten. Moderne Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass dieses Gewebe eine entscheidende Wirkung auf Beweglichkeit, Flexibilität, Kraftübertragung und Verletzungsprävention hat. Die Faszie ist die Basis für eine funktionale Kraftübertragung entlang körperweiter Leitbahnen innerhalb einer Bewegung. Ein optimales, langkettiges Faszie-Muskel-Konstrukt kann also die Leistungsfähigkeit steigern und spielt eine wichtige Rolle bei der Speicherung und Freisetzung von Bewegungsenergie.

Angewandtes Faszienwissen

In der Medizin und Therapie findet das Fasziensystem immer mehr Beachtung und wird zunehmend in die Behandlung einbezogen.

Die moderne Medizin

Die Bedeutung der Faszie und ihre Rolle in verschiedenen medizinischen Disziplinen hat stark zugenommen. Faszienforschung und -praxis entwickeln sich weiter und es werden kontinuierlich neue Erkenntnisse und Techniken gefunden, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen zu verbessern. Dieses Hintergrundwissen ist über die Jahre Teil des Alltags von Ärzten und Therapeuten geworden. Bei Operationen werden die faszialen Zusammenhänge im Körper wesentlich detaillierter berücksichtigt und in der Nachsorge beachtet. Rehamaßnahmen werden systemischer gestaltet und beziehen alltagsnahe Kraftübertragungswege mit ein. Therapiebereiche wie Osteopathie und Rolfing® erfahren deutlich mehr Anerkennung und Therapeuten der Physiotherapie finden Ursprünge von Schmerzen an unerwarteten Orten im Körper. Die allgemeine Sichtweise des Körpers hat sich von einer isolierten Betrachtung einzelner Bereiche zu einem ganzheitlichen Ansatz entwickelt, der nun das Fundament für nachhaltige Gesundheit darstellt.

Medizinischer Alltag

In der Medizin findet allgemein ein Umdenken statt. Zwischen Erkrankungen und Faszie wird immer mehr ein Zusammenhang gesehen, unter anderem in Bezug auf den Stoffwechsel, aber auch die Interaktion verschiedener Strukturen miteinander wird zunehmend stärker berücksichtigt. Die Faszie hat auch in der inneren Medizin an Bedeutung gewonnen, da sich Reaktionen von Krankheiten und Verletzungen im faszialen Gewebe auch negativ auf die Organtätigkeit auswirken können. Chirurgen berücksichtigen zum Beispiel die Faszienstruktur während operativer Eingriffe. Auch in der ästhetischen Medizin gibt es Techniken wie das Lifting, bei dem die Faszie zur Straffung und Verjüngung der Haut genutzt wird.

Therapeutische Ansätze

Die Faszie spielt eine wichtige Rolle in der Orthopädie und Rehabilitation von Verletzungen und muskulären Problemen. Faszientraining und -dehnung sowie spezielle manuelle Techniken sind erfolgreiche Therapieansätze zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes. Physiotherapeuten, Osteopathen, Rolfer und Sportmediziner nutzen Techniken wie Faszienrelease und -training, um Verklebungen und Spannungen zu lösen und die Beweglichkeit zu verbessern. Bei Sportverletzungen wie Sehnenentzündungen oder Muskelzerrungen bestimmt die Faszie den Erfolg des Heilungsprozesses und der Rehabilitation maßgeblich.

Für die verschiedenen Ausprägungen der Faszienstrukturen eignen sich unterschiedliche Therapieformen. Zum Beispiel profitiert die oberflächliche Faszie besonders von einer lösenden Technik.

Blick in die Zukunft

Das wachsende Interesse am faszialen Gewebe hat dazu beigetragen, das Verständnis von der Funktionsweise des menschlichen Körpers zu vertiefen und neue Ansätze für die Gesundheitsversorgung und das Wohlbefinden zu entwickeln. Die Faszie ist ein komplexes Gewebe mit vielen Facetten und ihre Rolle im Körper wird weiterhin erforscht. Die Fascia Research Society führt regelmäßig weltweit die vielen Fäden der Erkenntnisse zusammen und agiert als interdisziplinäre Austauschplattform. Die Faszie ist weder eine leblose, träge Hülle noch ein magisches Heilmittel. Sie ist vielmehr ein dynamisches Netzwerk, in das alle weiteren Körperbestandteile eingewebt sind und über das du großen Einfluss auf deine Gesundheit nehmen kannst. Die Faszienforschung schreitet weiterhin voran und es gibt noch viel zu entdecken und zu verstehen.

Faszieneinblicke: Vielfalt in Struktur und Funktion

Die Faszie zu verstehen bedeutet, eine andere Perspektive einzunehmen und den eigenen Körper und seine Funktionen neu zu betrachten. Das Grundwissen dieses Organs verschafft Einblicke hinter die Kulissen der natürlichen Motorik und geht weit über den Bewegungsapparat hinaus. Der Organismus funktioniert wie ein sich anpassendes Uhrwerk. Zug und Druck sind die Motoren für das Antreiben der Zahnräder. Das beginnt mit der automatischen Herz- und Atemtätigkeit, geht über die unwillkürliche Kontraktionsfähigkeit von Darm, Gefäßen und Organen bis zur willkürlichen Aktivität des Bewegungsapparates bestehend aus Muskeln, Sehnen, Knochen und Gelenken. Mit letzterem können wir bewusst Einfluss nehmen auf die beiden unbewussteren Systeme. Denn die Faszie agiert als verbindendes Metaorgan, das interaktiv Impulse weiterleitet, ein dreidimensionales Transportwegenetz bildet und das Leitmilieu für Austausch und Prozessaktivität bereitstellt. Im Gegensatz zu einem typischen Uhrwerk spielen jedoch flüssige Prinzipien und hydraulische Eigenschaften in der faszialen Dynamik eine zusätzliche wesentliche Beitragsrolle. Über die Faszie kannst du zu einem selbstbestimmten Gestalter deiner Befindlichkeit, Fitness, Leistungsstärke und Widerstandsfähigkeit werden. Sie ist die Basis für das Entfalten des eigenen Potenzials auf allen Ebenen, macht die funktionale Komplexität des Körpers verständlicher und stellt die Verbindung zwischen Gewebe und Organsystem her.

7 Strategien für ganzheitliche Gesundheit

Um gesund und fit zu bleiben, ist Bewegung der Werkzeugkasten, in dem du verschiedene Tools für unterschiedliche Bedürfnisse der körpereigenen Strukturen zur Verfügung hast. Das schafft die Impulse, dein Fasziennetz kompetent zu konstruieren, instand zu halten und zu reparieren.

Die sieben Bewegungsstrategien eines ganzheitlichen Faszientrainings

Dementsprechend benötigen die weitgefächerten Mechanismen in deinem Körper Vielseitigkeit in deiner Mobilität. Diese kann man in sieben Kernqualitäten bündeln, mit denen das fasziale Netz stimuliert, gekräftigt, geweitet und geschmeidig gemacht wird, um seine zahlreichen Aufgaben bestmöglich bewältigen zu können. Körperstrukturen benötigen Dehnfähigkeit für freie Beweglichkeit und Aufrichtung. Bänder und Sehnen erhalten durch Elastizität mehr Zug- und Rückstellkraft. Lockeres Bindegewebe gewährleistet durch Geschmeidigkeit die Versorgung des Organismus. Funktionaler Muskelaufbau bildet Kraft in den Übertragungswegen. Körperliche Durchlässigkeit wird durch das Lösen von Blockaden erreicht. Zellen brauchen Zeiten der Regeneration für eine optimale Funktionsfähigkeit. Informationsverarbeitung und -weiterleitung werden durch Wahrnehmung stimuliert.

Durch diese Bewegungsqualitäten werden alle direkten und weiterführenden Funktionen im faszialen Netzwerk unterstützt und damit die allgemeine Gesundheit gestärkt.

Wisse, was du tust, dann kannst du machen, was du willst

Dabei steht eines immer im Vordergrund: Es gibt kein Richtig oder Falsch. Es kommt auf die Natürlichkeit in der Ausführung an. Löst du die »Handbremse« der Verkopfung und folgst der Funktionalität, unterstützt dies häufig ein zielführendes, intuitives Handeln, das noch mehr deinem Selbst entspricht. Um in diese Selbstverständlichkeit von Bewegungsabläufen zurückzufinden, benötigst du Vertrauen in dich selbst und ein fundiertes Hintergrundwissen. Im Folgenden werden die wichtigsten theoretischen Zusammenhänge erklärt und anhand von Grafiken in einer verständlichen und zugänglichen Weise dargestellt.

Wunderwerk Faszie

Wie du gelernt hast, ist die Faszie das verbindende Gewebe im Körper. Sie durchzieht und umgibt dich in Form eines faszialen Netzwerks ohne Anfang und Ende. Sie prägt dein äußeres Erscheinungsbild, hält Körper und Geist gesund, macht straff und beweglich, ist Struktur und Substanz zwischen und in den Zellen. Sie ist deine »Ursuppe«, in die sich Gewebe, Organe, Knochen und Muskeln hinein entwickelt haben. Die Faszie stabilisiert, reagiert auf Impulse, ist zugleich fest und geschmeidig und modelliert sich immer wieder neu.

Wissenschaftler erkannten dies vor etwa 20 Jahren. Sie fanden heraus, dass alle faserigen Strukturen Teil eines körperweiten faszialen Netzwerkes sind. Über dieses Netzwerk ist alles im Organismus miteinander verflochten. So werden Prozesse gesteuert und über darüber weitergeleitete Reize interagiert der ganze Körper. In einigen Abschnitten fungiert die Faszie in Form von Fasern als Sehnen oder Bänder, in anderen sind Faszienkonstrukte mit Muskelmasse, Knochen- oder Organzellen gefüllt oder sie dient mit ihrer speziellen Vakuolenstruktur für gebundenes Wasser und Fett als Puffer- und Speicherzone. Das fasziale Netzwerk ist ein lebendiges Organ mit Stoffwechselvorgängen, Immunabwehr, Aufbauzellen und Rezeptoren. Durch ihre Konsistenz hat sie die Gabe, eine geschmeidige Stabilität zu bieten und sich somit immer wieder den Gegebenheiten anpassen zu können.

Lockeres fasziales Gewebe

Fasziale Kontinuität der Funktionsebenen

Durch die fasziale Strukturvielfalt und Kontinuität agiert jeder Funktionsbereich eigenständig und bleibt zugleich Teil des dreidimensionalen Fasziennetzwerks mit körperweiter Interaktion. Das lockere Fasziengewebe (LCT – loose connective tissue) lässt Strukturen gegeneinander gleiten und ermöglicht so Zusammenspiel, Transfer und Beweglichkeit innerhalb und zwischen den Ebenen. Bindegewebsstränge (Retinacula cutis) verankern tiefer gelegene festere Strukturen (Knochenhaut, Myofaszie) mit der Oberhaut und begrenzen dadurch den Verschieblichkeitsradius. Ihre Fasern verlaufen erst leicht diagonal durch das tiefe Fettgewebe (DAT – deep adipose tissue), treffen dann auf die oberflächliche Faszie und ziehen von dort in gerader Linie durch das oberflächliche Fettgewebe (SAT – subcutaneous adipose tissue) zur Dermis. Die Adipozyten, also Fettzellen, sind ebenfalls ein wichtiger Baustein im faszialen, lockeren Bindegewebe. Sie haben nicht nur eine wichtige Speicherfunktion für Nahrungsmittelenergie in Form von Lipiden, sondern haben auch Einfluss auf Temperaturregulation, Hormonsteuerung, Immunantwort und Entzündungsreaktionen im Gewebe. Alle Funktionsebenen schaffen gemeinsam eine dynamische Symbiose aus Flexibilität und Stabilität.

Fasziale Kontinuität in den unterschiedlichen Funktionsebenen des Körpergewebes

Darstellung der faszialen Kontinuität ohne Gewebeinhalte wie Muskelproteine, Fett und Organzellen

Entfernt man Hautschuppen, Fettmoleküle, Muskelfasern, kalkhaltige Knochensubstanz und Organzellen, bleibt eine funktional differenzierte Faszienarchitektur, deren Kontinuität den gesamten Körper bildet, auskleidet und gestaltet. Ein Perspektivwechsel in der Betrachtung von Körper und Bewegung erscheint klar und notwendig: Du bist eine Faszie und alles andere ist darin eingelagert.

Bestandteile des faszialen Netzwerkes

Die Faszie enthält hauptsächlich kollagene Fasern für Festigkeit und Stabilität (diese sind zug- und reißfest und können katapultartig zurückfedern), elastine Fasern für Dehnfähigkeit und Geschmeidigkeit (ein lockerer Verbund, der sich bis zu 150 Prozent reversibel verlängern kann) sowie verschiedene Zucker-Eiweiß-Verbindungen (Verbindungsproteine sind unter anderem Glycosaminoglykane und Hyaluronanketten), die Wasser in der Faszie binden und speichern.

Die so entstehende Grundsubstanz aus gebundenem Wasser und Verbindungsproteinen dient als Zirkulationsmilieu und Transportweg, stabilisiert das Gewebe und schützt es vor Überbelastung und unerwünschten Einwirkungen. Zugleich ermöglicht sie ein Gleiten der Fasern, die Verteilung von Nährstoffen und den Abbau von Abfallprodukten.

Alle Bestandteile der Faszie

Grundsubstanz mit Verbindungsproteinen, die Kollagenfasern zusammenführen

Die Faszie als Ganzes ist wie ein Flusssystem zu sehen. Nur wenn dieses innere Ökosystem intakt und ausbalanciert ist, kann die Grundsubstanz ungehindert fließen und den Organismus in Schwung und gesund halten.