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Mit dem Pionier der Epigenetik die richtigen Gene für ein langes und gesundes Leben aktivieren!
Ob wir an Krebs, Diabetes oder Depressionen erkranken, ein hohes Alter erreichen, extrovertiert oder schüchtern sind – ist uns all das vorbestimmt, weil es in unseren Genen liegt? Die noch junge Forschung zur Epigenetik hat Revolutionäres herausgefunden: Gene sind kein Schicksal, wir können sie steuern und damit selbst über unser Leben bestimmen.
Bestsellerautor Dr. med. Ulrich Strunz, ein Pionier der Epigenetik, zeigt, wie wir den Gen-Schalter umlegen: Mit der richtigen Ernährung, regelmäßiger Bewegung, ausreichend Schlaf und dem Abbau von Stress lassen sich bestimmte Gene an- und abschalten. Durch gezielte Veränderungen im Lebensstil können wir so ganz einfach unsere Selbstheilungskräfte mobilisieren und unser genetisches Potenzial voll ausschöpfen.
Mit einleuchtenden Fakten, Praxistipps und Selbst-Checks: Mit Dr. Strunz die richtigen Gene für ein langes und gesundes Leben aktivieren!
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Seitenzahl: 219
Veröffentlichungsjahr: 2025
Ob wir an Krebs, Diabetes oder Depressionen erkranken, ein hohes Alter erreichen, extrovertiert oder schüchtern sind – ist uns all das vorbestimmt, weil es in unseren Genen liegt? Die noch junge Forschung zur Epigenetik hat Revolutionäres herausgefunden: Gene sind kein Schicksal, wir können sie steuern und damit selbst über unser Leben bestimmen.
Bestsellerautor Dr. med. Ulrich Strunz, ein Pionier der Epigenetik, zeigt, wie wir den Genschalter umlegen: Mit der richtigen Ernährung, regelmäßiger Bewegung, ausreichend Schlaf und dem Abbau von Stress lassen sich bestimmte Gene an- und abschalten. Durch gezielte Veränderungen im Lebensstil können wir so ganz einfach unsere Selbstheilungskräfte mobilisieren und unser genetisches Potenzial voll ausschöpfen.
Mit einleuchtenden Fakten, Praxistipps und Selbst-Checks: mit Dr. Strunz die richtigen Gene für ein langes und gesundes Leben aktivieren!
Dr. med. Ulrich Strunz ist Internist, Molekularmediziner und Gastroenterologe. Schwerpunkt seiner ärztlichen und publizistischen Tätigkeit ist die präventive Medizin. In Vorträgen, Seminaren und TV-Auftritten begeisterte er viele Jahre lang Zehntausende von Menschen – und führte sie in ein neues, gesundes Leben.
dr. med. ulrich
strunz
Das Geheimnis der Epigenetik
Gute Gene einschalten, Krankheiten vorbeugen und heilen, lange und gesund leben – das Geheimnis der Epigenetik
Originalausgabe
Copyright © 2025 by Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Straße 28, 81673 München
www.heyne.de
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Redaktion: Evelyn Boos-Körner
Bildredaktion: Tanja Zielezniak
Coverdesign: Eisele Grafik-Design, München
Layout/Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling/Kim Winzen
ISBN 978-3-641-33235-8V002
Dank
Ich danke Anne Jacoby und Dr. Kristina Jacoby für ihre großartige Unterstützung.
Haftungsausschluss
Die Ratschläge in diesem Buch sind sorgfältig erwogen und geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für kompetenten medizinischen Rat. Alle Angaben in diesem Buch erfolgen daher ohne jegliche Gewährleistung oder Garantie seitens des Autors und des Verlages. Eine Haftung des Autors bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
Bildnachweis
Covermotiv: Shutterstock (Starline)
Grafiken und Schmuckvignetten: Buch-Werkstatt GmbH/Kim Winzen
Übrige Bilder sind am Bild ausgezeichnet.
Vorwort: Gene steuern Sie … nicht!
Das Geheimnis des zweiten Gen-Codes
Eine heiße Spur
Epigenetik … Was ist das überhaupt?
Was Gene sind und was sie können
Willkommen in der Welt der Genschalter
Auf die Aktivität der verschiedenen Gene kommt es an
Wir erben viel mehr als nur Gene
Zu Fuß nach Bayern
Eltern im Stress – Kinder mit psychischen Problemen
Wie Alkohol und Drogen den Genen der Kinder schaden
Sind Arthritis, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Übergewicht »geerbt«?
Gene forever young: eine Frage der Ernährung
Was mit der Epigenetik passiert, wenn Sie (nichts) essen
Gesund ohne Nudeln – oder das Geheimnis der Ketone
Butyrat und Co.: Genaktivität vom Darm aus steuern
Proteinreiche Ernährung wirkt epigenetisch
Achtung, giftig!
Turboschalter Sport
»Ich war um Jahre jünger«
Power on! Sport aktiviert Gene zur Energieherstellung
Epigenetische Sprints und Marathonläufe: von schnellen, kurzfristigen Veränderungen und lebenslangen Umprogrammierungen
Vom Krafttraining zu mehr Muskeln für ein langes und gesundes Leben
Epigenetik für gute Gefühle
Fliegen auf Knopfdruck
Epigenetische Schalter der Stressregulation normalisieren
Meditation und Achtsamkeit zur Erneuerung des Gehirns
Blick in die Zukunft der Epigenetik
Heilung wird möglich
Länger gut leben
Outro
Die wichtigsten Nährstoffe für eine optimale Epigenetik
Cholin, Methionin, SAM und Biotin für eine ausreichende Methylierung
B-Vitamine und ihre Rolle in der DNA-Methylierung
Mit Arginin und Lysin eine gesunde Histonmodifikation ermöglichen
Vitamin D vermindert epigenetisches Altern
Antioxidantien gegen oxidativen Stress und für epigenetische Stabilität
Mineralstoffe wirken als Cofaktoren
Omega 3 beeinflusst vor allem epigenetische Schalter der Gene des Immunsystems
Stichwortverzeichnis
Quellen
Wie wissen die Zellen auf Ihrer Nasenspitze, dass sie Nasenspitzenhautzellen sind und nicht etwa Leberzellen? Warum ist das eine Zwillingskind anfälliger für bestimmte Krankheiten, während das andere gesund bleibt, obwohl ihre Gene identisch sind? Wie kann sich eine Raupe in einen Schmetterling verwandeln, obwohl sie vorher und nachher die gleichen Gene hat? Und warum wird aus einer normalen Babybiene eine Königin, nur weil sie spezielles Futter bekommt? Die Antwort auf all diese Fragen heißt: Epigenetik.
Das Präfix »epi« in Epigenetik kommt aus dem Griechischen und bedeutet »auf« oder »über« – es ist der Code, der auf den Genen sitzt und darüber entscheidet, welche Gene in einer Zelle »an-« oder »aus-geschaltet« werden, ohne dabei die Gene selbst zu verändern. Epigenetik ist der Grund, warum unsere Zellen genau wissen, welche Aufgabe sie haben – oder warum eine Biene plötzlich zur Königin wird. Gene sind nur die Bauanleitung für unseren Körper: Nasenform, Haarfarbe, Schuhgröße, welches Organ wo hingehört und was wie repariert werden soll – all das steht im genetischen Code. Einen Teil dieses Codes erben wir, der andere Teil entsteht durch unseren Lebensstil: wie wir essen, wie wir arbeiten, wie wir uns bewegen, wie viel Stress wir haben. Das ist die Welt der Epigenetik. Und jetzt wird’s spannend: Ihre Gene können Sie nicht ändern – aber Ihre Epigenetik sehr wohl!
Das macht die Epigenetik zu einem so faszinierenden und vielversprechenden Forschungsgebiet. Sie bietet uns wunderbare neue Möglichkeiten, unser Leben gesünder und glücklicher zu gestalten. Messbar! Epigenetik hilft uns zu verstehen, wie sich Prozesse in unseren Zellen verändern, wenn wir Sport treiben, gesünder essen, besser schlafen oder mehr meditieren – und dadurch entspannter werden.
Veränderungen, die früher unerklärlich schienen, sind heute wissenschaftlich erklärbar: Unsere Lebensweise wirkt klar auf unsere Epigenetik, und diese hat einen direkten Einfluss darauf, wie gesund unser Körper ist, unser Gehirn und damit auch unsere Psyche.
Fakt ist: Sogar bei chronischen Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielt die Epigenetik eine entscheidende Rolle. Sie hilft uns zu verstehen, wie solche Erkrankungen entstehen und wie wir sie vielleicht sogar beeinflussen können. Fakt ist aber auch: Die vielfältigen Mechanismen, über welche die individuelle Lebensweise die Expressionsmuster unserer Gene beeinflusst, beginnen wir gerade erst in Ansätzen zu verstehen. Umso wichtiger und spannender ist es für mich, dieses neue Wissen für Sie und mit Ihnen gemeinsam zu entdecken. Im Mittelpunkt stehen dabei die kleinen Änderungen im Alltag – etwas mehr Bewegung, häufiger mal eine gesunde Mahlzeit, besserer Schlaf –, die große Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben können. Mit diesem Buch möchte ich Sie auf diesem Weg begleiten – hin zu einem gesünderen, einem glücklicheren Leben.
Viel Freude dabei!
Ihr
© Privatarchiv Dr. med. Ulrich Strunz
Gene, davon hat fast jeder schon einmal gehört, aber Epigenetik? Was sich dahinter verbirgt, ist noch viel zu wenig bekannt. Dabei ist die Epigenetik so wichtig, um zu verstehen, wie und warum sich viele Prozesse im Körper verändern, wenn man Sport treibt, die Ernährung umstellt, mehr schläft oder meditiert und dadurch entspannter wird. Also genau die Erklärungen für die Veränderungen, die ich bei Sportlern und bei mir selbst gesehen habe, bevor die Forschung erklären konnte, was da im Körper passiert. Die Epigenetik ist aber auch wichtig, um zu verstehen, wie chronische Krankheiten entstehen und wie man sie heilen kann.
© Shutterstock.com (baranq)
Die Gene liefern den Plan, die Epigenetik bestimmt die Umsetzung – was in der Theorie ein wenig trocken klingt, kann in der Praxis ein ganzes Leben umkrempeln. Meines zum Beispiel. Vor dem 4. Dezember 1988 war ich genetisch der gleiche Mensch wie ein Jahr später – faktisch aber war ich ein ganz anderer. Was war passiert?
Nichts weiter als eine kleine Begegnung. Eine kleine Routineuntersuchung in meiner Praxis – nur dass der Routinetermin von einem Patienten vereinbart worden war, der eigentlich kein Patient war, sondern ein Extremsportler: Hubert Schwarz. Zufällig genau der Hubert, der später mit dem Fahrrad um die ganze Welt gefahren ist, in 80 Tagen. Jedenfalls ließ sich dieser Hubert nicht in aller Ruhe untersuchen, sondern schleppte mich spontan vor die Tür.
»Hopp, Doc, jetzt wird gelaufen!« Na gut. Wenn’s unbedingt sein muss, dachte ich. Stolperte los. Rannte weiter. Atmete auf. Grinste breit. Nach acht Kilometern wollte ich nie wieder aufhören. Laufrausch pur. Am nächsten Tag wieder. Und wieder. Und wieder … Woher ich die Zeit nahm? Den Tag planen, Probleme lösen, über Diagnosen nachdenken – all das habe ich beim Laufen erledigt. Völlig entspannt. Das Laufen schenkte mir Zeit!
22 Wochen nach den ersten Laufschritten der erste Marathon, dann Triathlon, Ironman Europe, der Ultraman Hawaii. Die Siegertreppchen? Klar ist man stolz. Aber viel wichtiger: die Lebensfreude! 1989 hatte sich für mich unverhofft eine neue Dimension geöffnet. Diese Dimension war ganz anders als die, über die ich an einem frühen Morgen des Jahres 1975 unvermittelt in Los Angeles gestolpert war.
Ich arbeitete als Forscher im Labor des »Hormonpapstes« Professor Morton Grossman. Hatte gerade gelesen, dass sich im menschlichen Körper Aminosäuren schnurstracks in Antriebs- und Glückshormone verwandeln. Wusste das also. Glaubte es aber nicht. Und steckte mir einen Löffel Phenylalanin in den Mund. Die Wirkung kam einer Explosion gleich. In meinem Kopf. Werde ich nie vergessen.
Ich komme später darauf zurück, was da eigentlich im Detail im Kopf passiert. Habe es oft schon aufgeschrieben: Leistung braucht Proteine. Proteine sind aus Aminosäuren gebaut. Ohne Aminos keine Leistung … Das ist entscheidendes Wissen. Der Hebel für alle, die Siegertreppchen lieben, aber dafür nicht endlos trainieren wollen, sondern effektiv. Die meisten Mechanismen, über die Aminosäuren unsere Leistungsfähigkeit beeinflussen – mehr Tempo, schnellere Regeneration, bessere Laune – sind metabolische oder neurochemische Prozesse. Stoffwechsel!
Weil dieser Hebel so wundersam effektiv wirkte, habe ich mich im Labor, in der Praxis und auf den Laufstrecken dieser Welt lange mit diesem Stoffwechsel beschäftigt und mit dem richtigen »Treibstoff«: Wie bringen Aminosäuren, Fettsäuren, Mineralstoffe und Vitamine unseren menschlichen Körper zu Hochleistungen? Mehr noch: zu einem bestens gelaunten Menschen mit Hochleistungskörper?
Was ich damals nicht ahnte: Ich hatte mit meiner Idee, den Menschen mit optimiertem »Treibstoff« leistungsfähiger und fröhlicher zu machen, nicht nur den Stoffwechsel seines Körpers verändert, sondern den Menschen selbst. Die Programmierung seiner Gene.
»Wenn eine Idee nicht zuerst absurd erscheint, taugt sie nichts«, soll Einstein gesagt haben. So war es auch mit meinem Konzept »Frohmedizin« (2001), das anfangs sicher nicht alle überzeugend fanden, das später aber weitgehend von der epigenetischen Forschung bestätigt wurde. Mit der völlig überraschenden Einsicht, dass Gene ein- und ausgeschaltet werden können. Abhängig vom Lebensstil. Also von einem Bewegungsprogramm, einem Ernährungsprogramm, einem Denkprogramm. Und eben nicht ausschließlich von Medikamenten der Pharmaindustrie, dem grandiosen Irrweg der Universitätsmedizin. Frohmedizin ist Epigenetik! Die Sache hat nur einen Haken: Frohmedizin macht Spaß. Epigenetik klingt nach Arbeit.
Höchste Zeit, genau das freizulegen, was Epigenetik so faszinierend macht. Nicht nur für die Medizin, sondern für Sie: Epigenetik ist einfach, sie ist wirksam, sie macht das Leben leichter. Lässt Sie leichter lächeln. Das möchte dieses Buch zeigen. Das möchte ich für Sie. Denn es ist meine persönliche Erfahrung:
Mein Leben war bis zum 45. Lebensjahr keineswegs leicht, locker, lächelnd. Im Gegenteil. Es war angespannt, angestrengt, verbissen – wenn Sie so wollen: normal. Normal für jeden Menschen, der für seine Profession, für sein Unternehmen, für seinen Erfolg brennt. Niemals hätte ich damit gerechnet, dass sich plötzlich eine neue Welt öffnet. Nur, weil ich zu trippeln begann. Vor der Praxis. Ganz langsam über die Schwelle der Peinlichkeit. Und hinein in eine neue Erfahrung. Und niemals hätte ich damit gerechnet, dass sich eine Arztpraxis auch mit dieser Haltung erfolgreich führen lässt: mit einem Strahlen statt mit Sorgenfalten.
Das alles hat eben nicht nur mit dem »Treibstoff« – mit Vitalstoffen im weitesten Sinne – zu tun. Sondern auch damit, dass unsere Gene eben nicht fest programmiert sind. Dass sie nicht unveränderbar sind. Sondern beeinflussbar. Umschaltbar. Durch uns selbst.
Grob gesagt (zu den Details kommen wir später) gibt es zwei Möglichkeiten, wie sich die winzig kleinen, in sich verschlungenen Bauplanarchive in Ihren Zellkernen, Ihre Gene, an- oder abschalten:
Das Schloss-Prinzip: Bei diesem Prinzip werden Methylgruppen an die Genstränge, also an die DNA, angehängt. Dadurch werden bestimmte Gene stumm geschaltet – ganz einfach, weil sie von den körpereigenen Reparatur- und Bautrupps nicht mehr abgelesen werden können. Im Fachjargon: DNA-Methylierung.
Das Schlüssel-Prinzip: Unsere Genstränge sind in der Zelle sicher auf Spulen gewickelt. (Wer einmal versucht hat, zu stricken oder aufzuräumen, weiß: Fäden oder Kabel straff aufwickeln, statt wild zu verheddern, ist eine gute Idee.) Diese Spulen bestehen aus Eiweißmolekülen und heißen Histonproteine. In diese Spulen kann der Körper bestimmte Schlüssel stecken: Acetylgruppen, Methylgruppen, Phosphatgruppen, Ubiquitinmoleküle (Fachsprache: Histonmodifikationen). Die Schlüssel lockern die aufgewickelte DNA, die in der DNA gespeicherten Baupläne können von den Bau- und Reparaturtrupps in den Zellen leichter abgelesen werden und schon steigt die Produktion bestimmter Botenstoffe, Entzündungsstoffe und Co. Werden die Schlüssel wieder entfernt, zieht sich die DNA enger um die Spulen, kann nicht mehr so leicht abgelesen werden und schon sinkt die Produktion bestimmter Stoffe.
Welche Gene an- oder abgeschaltet werden, hängt zum Teil von der Arbeitsteilung im Körper ab: In einer Leberzelle sind eben andere Gene aktiv als in einer Hautzelle. Es hängt auch davon ab, was man epigenetisch geerbt hat: Entspannte, gesunde, sportliche Mütter und Väter vererben andere epigenetische Marker als traumatisierte, suchtkranke oder adipöse Eltern (dazu später mehr). Außerdem – und das ist die gute Nachricht für Sie – haben Sie die Konfiguration Ihres genetischen Schaltplans ein Stück weit selbst in der Hand. Denn die Schalter reagieren auf Ihren Lebensstil: wie viel Sie sich bewegen, wie gut Sie schlafen, wie viel Stress Sie im Beruf oder in der Familie haben, wie viel und was Sie essen. Vor allem: was Sie essen. Denn es sind nicht zuletzt eine Handvoll Nährstoffe, die auf den DNA-Schalterkasten einwirken. Wie immens die Wirkung ist? Lesen Sie selbst:
Power für das Kinderhirn: Vitalstoffe wie Cholin, Methionin und Folsäure können die Funktion der Nervenzellen und die kognitiven Fähigkeiten – also unser Denken und Erinnern – positiv beeinflussen. Vor allem Cholin wurde in den letzten Jahren als entscheidend für die gesunde Entwicklung des Gehirns erkannt. Es kann die Struktur und Funktion von Zellmembranen aufrechterhalten und spielt eine Schlüsselrolle bei der Signalübertragung im Gehirn. Dabei beeinflusst Cholin epigenetische Prozesse, das heißt, es steuert mit, welche Gene aktiv sind und wie sie arbeiten. Methionin und Folsäure sind ebenfalls essenzielle Nährstoffe, die eine wichtige Rolle in den epigenetischen Prozessen spielen. Beide sind an der DNA-Methylierung beteiligt. Ein Mangel an diesen Nährstoffen während der Schwangerschaft kann das Risiko für spätere Entwicklungs- und Lernschwierigkeiten des Kindes erhöhen. Das heißt für Sie: Eine ausreichende Zufuhr von Folsäure, Methionin und Cholin in der Nahrung kann eine gesunde kognitive Entwicklung unterstützen und das Gehirn stärken.[1] Perfekt für die Versorgung mit allen drei Nährstoffen sind Eier, Leber und Soja.
Entzündungen abschalten: Ob in unserem Körper viele Entzündungen aufflammen oder nicht, ist ebenfalls eine Frage der Epigenetik. Als epigenetische Entzündungsabschalter wirken Omega-3-Fettsäuren (die bspw. in Fisch wie Lachs oder Makrele enthalten sind, aber auch in Nüssen), Vitamin D (das wir aus Sonnenlicht oder Nahrungsergänzungsmitteln bekommen), Polyphenole (die etwa in Beeren, grünem Tee oder Kurkuma vorkommen), bestimmte B-Vitamine wie Folsäure und Spurenelemente wie Zink. Diese Nährstoffe helfen dabei, Gene zu aktivieren oder stumm zu schalten, die für die Entzündungsreaktion im Körper verantwortlich sind.[2]
Muskeln aufbauen: Aminosäuren wie Leucin, Valin und Prolin wirken über metabolische Effekte und nicht vor allem durch epigenetische Veränderungen. Es gibt Hinweise, dass ein Stoffwechselprodukt von Leucin, bekannt als HMB (β-Hydroxy-β-Methylbutyrat), epigenetische Eigenschaften besitzt. Es könnte durch Histonmodifikationen den Muskelaufbau fördern. Aus diesem Grund ist HMB bei Sportlern häufig als Nahrungsergänzungsmittel im Einsatz. Zu Recht: Studien zeigen, dass HMB hilft, den Muskelabbau zu verhindern, der bei schweren Krankheiten wie Krebs oder chronischen Lungenerkrankungen sowie im Alter auftreten kann – aber auch bei starker körperlicher Belastung oder beim Fasten.[3]
Krebs zurückdrängen: Eine aktuelle Laborstudie zeigt, dass die Aminosäuren Methionin, Glutamin und Leucin das Wachstum von Leberkrebszellen (HCC) beeinflussen und somit eine unterstützende Rolle in der Krebstherapie spielen könnten. Insbesondere die Kombination von Aminosäuren mit epigenetischen Medikamenten könnte die Wirksamkeit der Behandlung erhöhen: im Labor konnte so das Zellwachstum gehemmt und der Zelltod in den Tumorzellen gefördert werden.[4] Hört, hört! Aminosäuren könnten eines Tages auch in der Schulmedizin als Teil einer kombinierten Therapie gegen Krebs eingesetzt werden. In meiner Praxis ist das schon lange Standard …[5] Dies ist nur ein kleiner Vorgeschmack, ein erster Einblick, der zeigt: Epigenetik hat die Macht, Leben zu verändern.
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Krebs macht Angst. Natürlich. Die Schulmedizin setzt noch eins drauf: Sie macht vor »Krebsgenen« Angst. Ich erinnere mich sehr gut an das Resultat, das mir in der Praxis eines Tages gegenübersaß: Eine Patientin, die zuerst Brustkrebs auf der linken Seite hatte, dann Brustkrebs rechts, dann erneut Brustkrebs links, dann Unterleibskrebs. Verzweifelt.
Verzweifelt deshalb, weil man ihr genau erklärt hat, welche Krebsgene sie in ihrem Körper mit sich herumtrage, diesen Befund aber nicht kommentiert hat. Und so glaubte sich die Patientin, völlig verständlich, verloren. Sie glaubte, ihren Genen ausgeliefert zu sein. Und las sich ihre Krankheitsgeschichte nicht tatsächlich wie der eindrucksvolle Beweis?
Unsere Genmedizin: Drohmedizin pur. Was könnte die Frohmedizin dagegenhalten? Ganz einfach: die Epigenetik. Man kann »Krebsgene« auch anders interpretieren. Als möglicher »Bug«, als Programmfehler in der DNA, den man aber durchaus entschärfen kann. Sogar sehr einfach: mit einem gesunden Lebensstil.
Das wollten die Forscherteams natürlich nicht hören, die viele Jahre einem Phantom nachgerannt waren: der Idee, es gebe Abschnitte im Erbgut, in die bestimmte Krebsarten quasi einprogrammiert seien. Schöne Idee. Doch: Von Ausnahmen wie den Brustkrebsgenen BRCA1 und BRCA2 abgesehen, haben die Forscher keine Risikogene entdeckt. Es gibt keine! Die oft zitierte genetische Anfälligkeit für Krebs wurde lange überschätzt. Mittlerweile wissen wir, dass Umweltfaktoren eine viel größere Rolle spielen. Für die Wissenschaft vielleicht: peinlich! Aber auch für den ein oder anderen Patienten erst mal unangenehm. Der Gedanke, dass man gegen »Krebsgene« nichts ausrichten kann, hatte ja auch etwas Entlastendes, oder? Er nahm einem das Gefühl, die Krankheit selbst angestoßen zu haben (mit zu viel Sofa, Rausch und Stress).
Schon lange weiß die medizinische Forschung, dass Bewegung, Ernährung, Entspannung – kurz: Epigenetik – gegen Krebs wirken. Trotzdem wurde noch viele Jahre lang, und es wird auch noch heute an den Kliniken die Angst geschürt – und die kommt bei den von Krebs betroffenen Menschen an, setzt sich in ihren Köpfen fest. »Sie sind Ihren Genen ausgeliefert.« Die Folge: Patientin verzweifelt, hat keine Hoffnung, Trostlosigkeit überfällt ihre Seele, das Immunsystem fährt in den Keller und … das Resultat ist absehbar.
Drohmedizin. Man kann ein solches System kaum bekämpfen und schon gar nicht beseitigen. Und doch: Es ist an jedem Einzelnen von uns, ob wir »ausbrechen«, auf die Natur hören, Eigenverantwortung übernehmen – und nachfragen: Wie funktioniert die Epigenetik eigentlich?
Gene enthalten alle Informationen, die der Körper braucht. Das reicht von der Information für die Herstellung des Glückshormons bis zu Informationen für das Haarwachstum. Die Vielfalt an benötigten Informationen ist riesig und bis heute nicht eindeutig geklärt. Doch wie schafft es die Natur, die Informationen zur Herstellung so vieler verschiedener Stoffe zu speichern? Sie verwendet dazu nur vier verschiedene Stoffe: vier »Nukleinbasen« mit den schönen Namen Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin. Die vier Basen werden in einer ganz bestimmten Reihenfolge aneinandergereiht. Das Prinzip ist dem eines Software-Programmcodes, der nur aus Nullen und Einsen besteht, sehr ähnlich. Daher wird auch von einem genetischen Code gesprochen – wir schauen gleich im Detail drauf.
Dieser Code enthält alles! Informationen, die nur in den ersten Wochen der Entwicklung eines Embryos benötigt werden, Informationen für die Bildung der vielen verschiedenen Zelltypen, Informationen für alle möglichen Eventualitäten, denen ein Körper ausgesetzt sein kann.
Man kann sich das wie einen Computer vorstellen, auf dem viele verschiedene Softwareprogramme installiert sind, die wiederum viele verschiedene Funktionen enthalten. Je nachdem, was man mit dem Computer machen will, setzt man bestimmte Programme ein. Genauso ist es mit den Genen. Würden alle Programme gleichzeitig laufen, gäbe es ein Chaos. Genauso ist es im menschlichen Körper: Würden alle Informationen aller Gene gleichzeitig abgerufen, wäre Leben nicht möglich. Absolutes Durcheinander.
Deshalb gibt es verschiedene Mechanismen, mit denen Gene an- und abgeschaltet werden. Diese Mechanismen nennt man Epigenetik. Wie gesagt: Die Mechanismen sind vergleichbar mit der gezielten Auswahl verschiedener Computerprogramme, je nachdem, was man tun möchte. So verwendet man für die Bildbearbeitung ein bestimmtes Bildbearbeitungsprogramm, für die Textbearbeitung ein Textverarbeitungsprogramm und so weiter. Es wird nur der Programmcode für das jeweilige Programm verwendet. Genauso werden in bestimmten Zellen nur bestimmte Teile des genetischen Codes abgelesen, in Leberzellen zum Beispiel nur der Leberzellcode.
Seitdem die Forschung das herausgefunden hat, wird untersucht, wie und warum die Informationen bestimmter Gene abgelesen werden und andere nicht – und wie wir die Mechanismen der Epigenetik nutzen können: in der Medizin, um die Heilung zu unterstützen; im Sport, um die Leistung zu steigern; im Alltag, um die täglichen Strapazen nicht nur zu überstehen, sondern zu leben: mit besserer Laune, mehr Leichtigkeit und viel mehr Lachen.
Der erste genetische Code (die Abfolge der Nukleinbasen der DNA) ist der in einem Gen enthaltene Plan, der der Zelle sagt, wie sie bestimmte Proteine herstellen soll – also welche Bausteine in welcher Reihenfolge zusammenkommen. Dieser Code enthält alle Programme, die der Körper braucht.
Der zweite genetische Code (die epigenetischen Marker) ist ein Set an Informationen, die an ein Gen »angehängt« sind. Diese sagen der Zelle, wieviele Proteine produziert werden sollen. Die epigenetischen Marker schalten das einzelne Programm ein, das für diese spezifische Proteinproduktion gebraucht wird: Melatonin zum Beispiel, damit wir am Abend einschlafen. Oder Cortisol, damit wir am Morgen aufwachen.
Wir schlafen, wir wachen auf, wir sind im Laufe des Tages mit verschiedenen Aktivitäten beschäftigt und wir gehen wieder schlafen. Damit das funktioniert, müssen im Körper verschiedene Programme an- und ausgeschaltet werden. Dafür ist die Epigenetik verantwortlich.
Zum Beispiel steigt morgens vor dem Aufwachen der Cortisolspiegel an. Cortisol wird auch Stresshormon genannt. Wir brauchen aber eine gewisse Grundmenge an Cortisol, einfach um wach zu werden, das hat nichts mit Stress zu tun. Die Cortisolkonzentration steigt, weil Gene, die die Information für die Produktion und die Freisetzung von Cortisol enthalten, vermehrt abgelesen werden. Dies geschieht durch das Anschalten der Gene, durch sogenannte epigenetische Modifikation. Das Gleiche passiert abends, wenn das Schlafhormon Melatonin vermehrt produziert und ausgeschüttet wird. Auch hier wirken epigenetische Veränderungen. Etwa 10 bis 20 Prozent der Gene einer Zelle werden je nach Tageszeit häufiger oder seltener abgelesen. Gene werden an- oder abgeschaltet oder einfach reduziert oder verstärkt. Epigenetische Veränderungen finden ständig in jeder Zelle statt.
Die Epigenetik verändert sich nicht nur im Laufe des Tages, sondern passt sich auch an Aktivitäten an. Beim Sport werden beispielsweise viele Gene, die Informationen für die Energiegewinnung und Muskelfunktion enthalten, verstärkt abgelesen. Aber auch geistige Konzentration führt zu epigenetischen Veränderungen, vor allem im Gehirn. Gene, die Informationen für die Produktion von Neurotransmittern enthalten, werden verstärkt abgelesen. Dies sind nur zwei von unzähligen Beispielen. So kann sich der Körper immer wieder an unterschiedliche Situationen anpassen. Leider auch an einen ungesunden Lebensstil – oder an ein Leben mit mehr Lärm, Staub und Stress, als er eigentlich ertragen kann.
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Alle chronischen Erkrankungen gehen mit epigenetischen Veränderungen einher. Entscheidend sind nicht die Gene selbst, wie zum Beispiel die Brustkrebs- oder Alzheimer-Gene, sondern ob diese Gene an- oder abgeschaltet sind, und das kann durch den Lebensstil gesteuert werden.
Typisch für chronische Krankheiten sind gesundheitsschädliche epigenetische Veränderungen. Gene, deren Information eigentlich benötigt wird, werden nicht mehr in ausreichender Menge abgelesen. Genau das passiert zum Beispiel bei der Insulinresistenz, der Vorstufe von Diabetes Typ 2: Gene, die Informationen für die Weiterleitung von Insulinsignalen enthalten, werden ebenso zu selten abgelesen wie Gene, die Informationen für den Glukosestoffwechsel tragen. Dies führt zu weitreichenden und problematischen Veränderungen im gesamten Körper. Auch Autoimmunerkrankungen sind durch epigenetische Veränderungen gekennzeichnet. Meist werden Gene, die Informationen für die Produktion von entzündungsfördernden Botenstoffen tragen, zu häufig und Gene, die Informationen für die Synthese von entzündungshemmenden Botenstoffen tragen, zu selten abgelesen. Viele weitere epigenetische Veränderungen kommen hinzu.
Problematische epigenetische Veränderungen bei chronischen Erkrankungen sind in vielen, aber nicht allen, Fällen reversibel. Der Lebensstil entscheidet, welche Gene an- und welche abgeschaltet werden. Low Carb, Intervallfasten, Sport und psychische Entspannung schalten die Epigenetik auf gesund. Bewegungsmangel, Alkohol, ständiges Snacken, der Verzehr vieler einfach aufgebauter Kohlenhydrate und psychischer Stress schalten die Epigenetik auf krank.
Was viele nicht wissen: Das passiert nicht nur in meinem eigenen Körper, sondern auch in dem meiner Kinder. Und meiner Enkel. Und meiner Urenkel …
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Ihre Gene? Die kriegen Sie von Ihren Eltern, klar. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Was Sie wirklich von Ihren Eltern mitbekommen, ist viel mehr: Es sind epigenetische Schalter. Und die entscheiden, ob Ihre Gene auf »gesund« oder »krank« gestellt werden. Konkret heißt das: Epigenetische Veränderungen sind nicht nur für tageszeitliche, kurz- und langfristige Anpassungen notwendig, einige epigenetische Schalter werden auch vererbt. Dies ermöglicht schnellere Anpassungen als durch genetische Veränderungen – sogenannte Mutationen –, die hauptsächlich für die Evolution verantwortlich sind.
Einige epigenetische Schalter verfestigen sich im Laufe des Lebens. So passt sich der Körper optimal an seine Umwelt an. Beispielsweise können sich epigenetische Schalter, die für das Immunsystem wichtig sind, verändern und an die nächste Generation weitergegeben werden. Aber auch epigenetische Veränderungen, die durch intensive körperliche Aktivität entstehen, werden an die nächste Generation weitergegeben. Die Nachkommen von Sportlern sind daher meistens von Geburt an besser auf Sport eingestellt, als die Nachkommen von Menschen, die viel sitzen. Die Anpassungen der Eltern an ihre Lebensumstände werden also direkt an die Kinder weitergegeben, die dadurch bereits besser angepasst auf die Welt kommen.
Problematisch ist dieser schnelle epigenetische Anpassungsmechanismus bei einem gesundheitsschädlichen Lebensstil, da auch diese epigenetischen Veränderungen an die Nachkommen weitergegeben werden. Epigenetische Mechanismen spielen nicht nur bei der Anpassung körperlicher Prozesse eine Rolle, sondern auch bei emotionalen Reaktionen. So führen beispielsweise auch psychische Traumata zu epigenetischen Veränderungen. Kinder traumatisierter Eltern kommen mit anderen epigenetischen Schaltern zur Welt als Kinder nicht traumatisierter Eltern. Wir kommen später darauf zurück. Vorher noch eine viel grundsätzlichere Frage: Wie kommt es eigentlich, dass aus einer befruchteten Eizelle ein kompletter Mensch wächst – bei dem jede Zelle genau das macht, was sie soll?