Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
In den beinahe 70 Jahren meines Lebens habe ich Unglaubliches erlebt. Beruflich hat es, bis auf ein paar Ausnahmen, immer geklappt. Ich habe ein Leben auf der Sonnenseite geführt, finanziell war ich gut abgesichert. Schwindelerregenden Höhen folgten trotzdem scheussliche Abstürze.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 77
Veröffentlichungsjahr: 2025
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Die Lebensgeschichte von Rolf Sallenbach, aufgezeichnet von Hanspeter Gsell
«Früher sammelte ich schöne Frauen und schnelle Autos.
Heute sammle ich Uhren und Kugelschreiber.»
(Rolf 2023)
Vorwort Rolf Sallenbach
Das Buch
ERSTE DEKADE 1957 – 1966
Äis
Zwöi
ZWEITE DEKADE 1967 – 1976
Drüü
Vier
DRITTE DEKADE 1977 – 1986
Foif
Sächs
Sibe
Acht
Nüün
Zäh
Elf
Zwölf
Drizäh
Vierzäh
Füfzäh
VIERTE DEKADE 1987 - 1996
Sachzäh
Sibezäh
Achzäh
FÜNFTE DEKADE 1997 - 2006
Nünzäh
Zwanzg
SECHSTE DEKADE 2007 -2016
Äinewanzg
Zwöiezwanzg
Drüezwanzg
Vierezwanzg
SIEBTE DEKADE 2017 BIS
Foifezwanzg
In den beinahe siebzig Jahren meines Lebens habe ich Unglaubliches erlebt. Beruflich hat es, bis auf ein paar wenige Ausnahmen, immer gut geklappt.
Ich habe ein Leben auf der Sonnenseite geführt, finanziell war ich dank eines Startgeldes meines Vaters gut abgesichert. Schwindelerregenden Höhen sollten jedoch trotzdem scheussliche Abgründe folgen.
Leider habe ich in einem anderen Bereich alles in den Sand gesetzt. Ich war unfähig, Zweisamkeit zu leben. Ich war unfähig zu lieben, Liebe zu erwidern. Ob meine Mutter damit zu tun hatte?
«Alle Männer sind Schweine.» Diese Zitat aus dem gleichnamigen Film warf sie meinem Vater während ihrer Scheidung an den Kopf. Erst viel später wurde mir bewusst, dass wohl auch ich dieser Spezies angehörte. Dass Sie ebenfalls dieser Art entsprach, bewies sie später mit der Tatsache, dass sie bei meiner ersten Scheidung den Anwalt meiner Ex bezahlte.
Getreu einem meiner Mottos, immer transparent und beleidigend ehrlich zu sein, habe ich mich entschieden, die Personen in diesem Buch mit ihrem richtigen Namen zu benennen.
Einige wenige werden entsetzt, gekränkt oder zumindest unzufrieden sein. Andere wiederum werden enttäuscht sein, weil sie nicht erwähnt wurden.
Da ich jedoch ohnehin als Egoist und Egomane, vielleicht sogar als Egozentriker, bekannt bin, interessiert mich dies keinen Deut. Um noch deutlicher zu werden: Es geht mir am Arsch vorbei.
Rolf Sallenbach
Ich dachte eigentlich, dass ich Rolf schon lange kennen würde.
Sie wissen das sicher aus eigener Erfahrung. Sie meinen, jemanden zu kennen. Aber eigentlich ist dem nicht so. Sie haben nie hinter seine Fassade geschaut, Sie wussten nicht viel von seinem wirklichen Leben. Vielleicht hat er es vor Ihnen versteckt? Oder Sie wollten es gar nicht kennen?
Eher per Zufall habe ich den Menschen hinter Rolf kennengelernt. Was ich über ihn gehört habe, aus seinen Erzählungen erfuhr, hat mich dazu gebracht, seine Geschichte in dieses Buch zu packen.
Rolf war, und ist es immer noch, ein Lebenskünstler. Eines seiner Lebensmottos lautet: Jeder bekommt, was er verdient.
Ich könnte diesen Ausspruch noch ergänzen: Er kannte immer jemanden, der jemanden kannte, der etwas konnte.
Rolf hat nicht auf mich gewartet. Er meinte einmal, seine Lebensgeschichte würde ohnehin niemanden interessieren. Demzufolge würde auch niemand dieses Buch kaufen.
Ich war und bin anderer Meinung. Als ich ihm auf einer karibischen Insel nicht ganz zufällig wieder begegnete, konnte ich ihn davon überzeugen, mir sein Leben zu erzählen. Aus diesen Gesprächen ist ein lehrreiches, spannendes und interessantes Buch entstanden.
Es erzählt von einem Leben in schwindelerregenden Höhen, gefolgt von scheusslichen Abgründen.
Hanspeter Gsell
Ich tat meinen ersten Schrei an einem Freitagmorgen um 10.50 Uhr. Es war der 8. März 1957, ich wurde somit im Zeichen des Fisches geboren. Laut Sterndeutern würde ich zu einem einfühlsamen, empfindsamen, feinfühligen, fröhlichen und geheimnisvollen Menschen heranwachsen. Wollen Sie noch mehr hören?
In alphabetischer Reihenfolge sollte ich zudem geduldig, gesellig, grosszügig, hilfsbereit, hingabefähig, inspirierend, intuitiv, mitfühlend und auch mitleidend, fantasievoll, romantisch, schillernd, seelenvoll, selbstlos, sensibel, sentimental und verträumt werden.
Schwächen hatte ich laut Horoskop keine. Vielleicht war ich ein wenig beeinflussbar, hin und wieder chaotisch und disziplinlos, mitunter gehemmt und prinzipienlos, manchmal umständlich, unfassbar und unzuverlässig.
Das Resultat dieses Ausfluges in die Welt der Sterne: Jeder Psychiater würde ein solches Kind direkt auf den Misthaufen der Geschichte werfen.
Die endgültige Beurteilung überlasse ich jedoch weder den Sterndeutern noch den Hobby-Psychologen, sondern den Lesern. Ich selbst habe nie etwas von Wahrsagungen gehalten.
Nicht nur ich wurde 1957 geboren. Mir folgten im August Harald Schmidt, im November Matthias Reim. Im Radio trällerte Harry Belafonte den Banana Boat Song, Elvis rockte das Jailhouse und Paul Anka betete Diana an.
Ob ich mit einem goldenen Löffel im Mund zur Welt gekommen sei, fragte man mich vor geraumer Zeit. Nein, hoffentlich nicht. Denn genau betrachtet, ist dieser Spruch völliger Blödsinn.
Man kann nicht mit einem Löffel im Mund geboren werden. Wenn es so etwas gäbe, würde man nämlich von einer Löffelgeburt sprechen. Ein solches Wort jedoch habe ich noch nie gehört.
Trotzdem suchte ich in den Niederungen des Internets nach goldenen Löffeln. Dabei traten eigenartige Weisheiten zutage. So sollen goldene Löffel den Geschmack verderben. Ich kann jedoch jedem, der es auch nicht hören will, versichern, dass dem nicht so ist.
Ganz im Gegenteil. Goldene Löffel können zwar dazu beitragen, gewisse Lebensabschnitte besser zu meistern. Aber sie verhindern nicht, dass das Leben manchmal ziemlich unvorhersehbar und brutal sein kann.
Mein Vater war Beleuchtungstechniker und schon bald einmal Inhaber eines florierenden Unternehmens am Pelikanplatz in Zürich. Er kaufte die Firma Lenzlinger und Schärer. Diese würde, trotz des zweifelhaften Rufs von Lenzlinger, auch weiterhin so heissen.
Und bevor Sie jetzt googeln. Ja, genau der war’s. Lenzlinger war nicht nur Fluchthelfer, Lebemann und Abenteurer. Er unterhielt ausserdem, bis zu seiner Ermordung, ein als Massagesalon getarntes Bordell.
Neben einem durchaus bemerkenswerten Frauenverschleiss hatte Lenzlinger ein Faible für schnelle Autos und wilde Tiere. Er besass nicht nur Kragenbären, Geparden und Löwen, sondern auch einen Puma sowie einen Leoparden.
Lenzlinger lebte vom schnellen Geld und handelte mit verbotenen Waren. Laut Polizeiakten war er auch an illegalen Waffengeschäften beteiligt. Diese Straftaten brachten ihm mehrjährige Haftstrafen ein. Diese Umstände hielten ihn jedoch keineswegs davon ab, auch weiterhin krummen Geschäften nachzugehen.
Böse Zungen behaupteten später, ich hätte auch ein Sohn von Lenzlinger sein können. Diese Zungen bezogen sich dabei hauptsächlich auf dessen Tätigkeiten und Hobbys. Ich aber war nie Fluchthelfer gewesen und hatte in meinem Leben nie wilde Tiere besessen. Ausser zahme Katzen.
Im Laufe der Zeit geriet Lenzlinger in den Fokus der Geheimdienste mehrerer Länder. Er hatte sich näm lich auf die Fluchthilfe zwischen dem damaligen Ostdeutschland und der Bundesrepublik Deutschland spezialisiert.
Lenzlinger hatte sich auf Arbeitskräfte wie Ärzte und medizinisches Personal spezialisiert. Er kassierte im Erfolgsfall fünfzigtausend D-Mark. Ein damals stolzer Betrag.
Er selbst brüstete sich mit bis zu hundert Fluchten. Am 5. Februar 1979 wurden auf ihn fünf Schüsse abgefeuert. Zwei davon waren tödlich. Man hat bis heute nicht herausgefunden, wer die Täter waren.
Die Zeit hatte es ausgezeichnet gemeint mit meinem Vater. Die Schweiz wurde im wahrsten Sinne des Wortes zugebaut. Auf jeder noch so kleinen Parzelle wurden ganze Siedlungen gebaut. Jemand prägte den Begriff der Hüüsli-Schwiiz.
Zu jedem Haus, zu jeder Villa gehörten ausgeklügelte Beleuchtungskonzepte. Kronleuchter mussten aus Venedig, wenn möglich aus Murano sein. Ein gutes Dutzend Techniker war damit beschäftigt, ganze Beleuchtungswelten zu gestalten.
Seine Aufträge fand mein Vater vorwiegend im geheimnisvollen Donnerstag-Club. Es handelte sich dabei um einen exklusiven Gönner-Verein rund um den Fussballclub GC, dem Grasshoppers-Club, und dessen grauer Eminenz, Werner Spross, auch als ‘Gärtner der Nation’ bekannt.
Obwohl die Mitglieder dieses Zirkels somit dem Fussball nahe standen, war man nicht bereit, mir Einlass in die Welt des Leders zu gewähren. Sie würde mir für immer und ewig verschlossen bleiben. Flanken und Tore schoss ich später nur gerade im Firmenfussball und bei Grümpelturnieren.
Ich wohnte, zusammen mit meinen Eltern und einer Schwester, in einem mehrstöckigen Anwesen an der Goldküste, am Zürichsee. Einer der Nachbarn hiess Sepp Blatter, der später in Ungnade gefallene FIFA-Chef.
Meine Erinnerungen an die Eltern bleiben blass. Mutter war mit Sicherheit eine schlechte Köchin. Nicht nur deshalb nannte ich sie auch ‘Beutelschneiderin’. Als Chefsekretärin von Bührle hatte sie wohl andere Prioritäten. Dieser war nämlich Waffenschmied und Kanonenbauer.
Mein Vater interessierte sich einen Dreck um seinen Nachwuchs.
Etwelche Probleme in meinem Leben räumte er nicht mit weisen Ratschlägen, sondern ausschliesslich mit Geld weg. Oder aber, er schickte mich zu meinem Götti, zu meinem Paten. Dieser betrieb in Zürich am Hirschengraben ein Schneideratelier. Dort kaufte ich jeweils zwei Paar Jeans und liess die Rechnung meinem Vater schicken.
Die Kochkünste meiner Mutter fanden ihren Höhepunkt im sonntäglichen Curry-Gericht. Gut, es war mein ausdrücklicher Wunsch gewesen, jeden Sonntag ein Curry zu essen. Oder ein Rahmschnitzel. Aber doch nicht so!
In jenen Zeiten gab es nur eine Sorte Curry: das senfgelbe Pulver von Knorr. Es gelang meiner Mutter gut, die Beutel aufzuschneiden. Damit erarbeitete sie sich einen guten Ruf als Beutelschneiderin. Die Resultate ihrer Kochkünste waren und blieben jedoch äusserst bescheiden.
Denn sie kannte leider nur gerade zwei Zubereitungsarten: Aus dem gelben Pulver rührte sie entweder eine dicke oder eine dünne Sauce an. War es einmal eine kleistrige, dickliche Gummimasse, die zwischen den Zähnen kleben blieb, war es das andere Mal eine dünne, wässrige Lösung, die sich in die Untiefen des Reises verflüchtigte.
Auch die Rahmsauce zum Schnitzel kam aus dem Beutel. Man könnte deshalb beinahe vermuten, dass ihre Kocherei den Ausschlag für meine spätere Karriere in der Gastronomie gab.
Oder waren es vielleicht die immer gleichen täglichen ‘Café Complets’, mit Käse, Joghurt und Wurstwaren, die mich veranlassten, in das Gastgewerbe einzusteigen?