Der Herr des Totenreichs - Sabine Dau - E-Book

Der Herr des Totenreichs E-Book

Sabine Dau

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Beschreibung

"Öffne dein Herz für Mitgefühl und Liebe zu allen Wesen. Trennst du dich dann vom Körper, wirst unvergänglich du sein." Hierokles, die goldenen Sprüche des Pythagoras. Vor dem geschichtlichen Hintergrund der Perserkriege im antiken Griechenland wird eine spannungsreiche Geschichte erzählt, deren tiefe Wahrheit die Fantasie anregt. Der Reichtum an Gedanken berührt sowohl die Philosophie Platos als auch die Mystik des alten Ägypten. Und stellt Fragen, die auch in der heutigen Zeit wichtig sind: Wodurch wird ein Mensch menschlich? Und wann hört er auf, ein Mensch zu sein? Ein philosophischer Fantasy-Roman. Die Yama-Chroniken zweiter Teil- abgeschlossener Roman.

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Erster Teil: Der Fuchs

Der Gott des Chaos

Niedertracht

Hades

Verachtung

Drei Nächte in der Unterwelt

Kommt ein Gott zum Arzt

Glaukon

Spielen

Einen Pfirsich essen

Symposion

Harkandas

Marathon

Die Lanze

Zweiter Teil: Der Gott in Binden

Frevel

Kokon

Das Königsgrab

Horus

Indras Reich

Die Nachtbarke

Erste Stunde: Der westliche Torweg

Zweite Stunde: Die Wächter, die den Herrn schützen

Dritte Stunde: Gefilde der Uferbewohner

Vierte Stunde: Die Große, die im Duat ist

Fünfte Stunde: Haltepunkt der Götter

Sechste Stunde: Die auf den rechten Weg führt

Siebte Stunde: Das Tor des Osiris

Achte Stunde: Die Herrin der tiefen Nacht

Neunte Stunde: Jene, die die Flut hüten

Zehnte Stunde: Tiefe Wasser und hohe Ufer

Elfte Stunde: Die Halle der Wahrheit

Zwölfte Stunde: Das, was die Götter erhöht

Feindesland

Annäherung

Dritter Teil: Alepou

Diplomatie

Temenos

Salamis

Sonnenaufgang

Quellennachweis

Prolog

Friedlich und lockend lag die weite, ergreifend schöne Landschaft des Himmels vor Yamas Augen. Ein sanfter Wind trug ihm betörende Düfte zu. Sein Blick war fest auf den gewaltigen Berg Meru gerichtet, den Wohnsitz der Götter.

Indras Palast konnte er selbst aus der Ferne gut erkennen. Golden glitzerten die Dächer und perlmuttfarben schimmerten dessen Wände. Doch Yama1 wusste genau, dass er seiner Neugier nicht nachgeben durfte. Er war nicht willkommen.

Unsichtbar näherte er sich den Eingangstoren, bis er die Devas2 erkennen konnte, die den Zugang zur Götterstadt bewachten. Nur durch diese Tore gelangte man hinein, denn die Stadt wurde von einem undurchdringlichen Energiefeld geschützt.

Neugier quälte ihn seit Langem, und vieles hatte er gesehen, doch die Welt der Devas war ihm nach wie vor verschlossen. Seit seinem Zerwürfnis mit Indra, ignorierten die Götter ihn hartnäckig. Er gehörte nicht zu ihnen! Er war der Herr der Unterwelt und Richter über die verstorbenen Seelen. Ihm waren alle Dämonen unterstellt und ihm mussten sie gehorchen.

Ein Dämon war er, in den Augen der Devas, kein Gott, so wie sie. Yamas Reich war die untere Welt, das Totenreich und dort – weit entfernt von aller Schönheit des Himmels – sollte er bleiben.

Vorsichtig schwebte er näher an einen der Wächter heran, der ihn nicht bemerkte. Dadurch ermutigt verharrte er, direkt vor dem Eingangstor. So nah hatte er sich noch nie zuvor herangewagt. Zögernd und mit sich selbst im Krieg, hielt er seinen Blick weiter auf den Palast gerichtet. Welche Geheimnisse liegen dort vor mir verborgen?, fragte er sich zum wiederholten Male.

Unerträglich wuchs seine Neugier. Selbst jetzt, wo ich so nah bei ihnen stehe, sehen sie mich nicht. Was kann mir schon passieren? Wenn sie mich bemerken, kann ich doch jederzeit zurückspringen in die Sicherheit meines Hauses.

Beherzt schritt er durch das Tor und spürte dabei ein leichtes, kaum wahrnehmbares Kribbeln in seiner Substanz. Die Wächter schienen sein Eindringen dennoch nicht wahrzunehmen. Deshalb flog er entschlossen abseits des Weges weiter.

Doch offenbar hatten sie sein Eindringen bemerkt, denn ohne dass Yama wusste, wie ihnen das möglich war, kamen sie auf ihn zu. Noch bevor er aus ihrem Einflussbereich fliehen konnte, schleuderte eine Wächterin ein hauchdünnes beinahe unsichtbares Netz in seine Richtung. Yama erstarrte mitten in der Bewegung, als es sich um ihn legte. Das Netz entzog ihm Kraft und schwächte ihn. Und so kamen die Wächter näher, ohne dass er noch in der Lage war, sich zu rühren.

Verzweifelt versuchte er sich von der Betäubung des Netzes zu befreien, während die Devas ihn einkreisten. Es gelang ihm nicht.

„Der Eindringling muss hier in der Nähe sein, das Paralysenetz hat ihn gefangen", sagte eine Devi.

„Ich kann nichts erkennen. Was auch immer da ist, es ist unsichtbar“, stellte ein anderer fest.

Einer zog eine Waffe, sie glich einer gewaltigen Axt. An ihrem bläulichen Schimmer konnte Yama ihre magische Natur erkennen. Wenn ich mich nicht befreien kann, werden sie IHN verletzen, erkannte er panisch und kämpfte mit aller Kraft gegen die Lähmung an.

„Tretet zurück! Wir können den Eindringling zwar nicht sehen, aber er ist jetzt unbeweglich. Mal sehen, ob ich ihn treffen kann.“ Kraftvoll schlug der Wächter zu, die ersten drei Schläge durchschnitten mit einem hörbaren Sirren die Luft und zeigten so an, dass sie ins Leere gingen. Der vierte Schlag jedoch traf und durchdrang die schützende Substanz. Sie schnitt tief in den darunter verborgenen Körper ein und dann geschah alles sehr schnell. Erfreut über seinen Treffer rief der Wächter aus: „Hah! Ich hab was erwischt.“

Zeitgleich verschwand die paralysierende Wirkung des Netzes. Yama wurde sichtbar, vollführte eine kreiselnde Bewegung um sich selbst, durch die er alle Devas in seiner Reichweite von sich stieß. Dabei gab er ein ohrenbetäubendes Kreischen von sich und sprang sofort darauf instinktiv zurück in die Sicherheit seines Hauses.

Erleichtert, der Gefahr entkommen zu sein, stand er da. Etwas stimmt nicht!, stellte er fest, nachdem die Anspannung sich gelegt hatte.

Die Verbindung war zerbrochen, Yama war fort, genau wie sein Freund. Varun war allein. Panik und Grauen ergriffen langsam von ihm Besitz. Er spürte, wie seine Substanz rasch an Kraft verlor. Suchend tastete er in sich selbst nach dem Geist seines Freundes und fand ihn nicht. Verzweifelt lauschte er in sich hinein, hörte jedoch weder das vertraute Pochen des Herzens, noch das sanfte Wogen der Luft, die die Lungen füllte.

War sein Freund tot? Hatte seine Seele ihn verlassen? In größter Sorge versuchte Varun die Schwere der Verletzung herauszufinden, doch die Wahrnehmung unter seiner Substanz war begrenzt.

Um die Verletzung von außen betrachten zu können, rief er deshalb seinen Kundschafter herbei, in Gestalt eines Vogels. Anschließend zog er sich in das Innere des Menschenkörpers zurück, den er unter sich verbarg. Ein Schwall von Blut floss aus ihm heraus und breitete sich auf dem schwarzen Steinboden aus. Der Vogel flog auf und betrachtete den Körper genau. Die Klinge der Axt hatte den Leib auf der linken Seite an der Taille getroffen und eine tiefe Wunde hinterlassen. Varun wusste, dass eine solche Verletzung für einen Menschen tödlich war. Doch er war unsterblich!? Oder war es möglich, das eine Verletzung, erlitten durch die magische Waffe eines Gottes den Tod seines Freundes zur Folge hatte? Die Ungewissheit quälte ihn, noch einmal tastete er in seinem Geist nach dem des Anderen. Ohne Erfolg. Sollte ich irgendjemanden bitten, mir zu helfen? Aber wen? Niemanden gab es, dem Varun vertraute. Er war ein Dämon! Unvorstellbar war es für ihn, um Hilfe zu bitten. Einen Menschen vielleicht, einen Deva niemals. Zurzeit gab es jedoch keinen, den Jeng einen Freund nennen würde. Zwar hatte er sich darum bemüht, neue Beziehungen anzuknüpfen, doch die waren alle nur oberflächlich geblieben.

Nein, er war auf sich selbst gestellt und konnte nur darauf hoffen, dass die Wunde bald heilte und der Geist seines Freundes zu ihm zurückkehrte. Varun überlegte: Er wird Wasser brauchen, wenn er erwacht.

Er wollte zur Küche gehen, um einen Krug zu füllen, aber die Beine gehorchten ihm nicht mehr. Die Substanz war inzwischen zu schwach, um den Körper noch fortzubewegen.

Wenn er nicht mehr erwacht, oder aber zu schwach ist, um zum Wasser zu gelangen, wird dieses Haus unser Grab werden. Niemand kann hier eindringen, um uns zu helfen. Varun schauderte. Es war bereits zu spät, sich darüber Gedanken zu machen, er konnte nicht mehr hinaus. Er konnte sich nicht einmal mehr bewegen.

Die immer weiter fortschreitende Schwäche drängte ihn, auch seinen Kundschafter in den Körper zurückzuziehen. Die Leere wartete, doch diesmal würden nicht einmal die Träume seines Freundes das Nichts durchbrechen und auch nicht sein gelegentlicher Herzschlag die Zeit zählen. Angst ergriff von ihm Besitz und ließ ihn nicht wieder los. Wach doch auf, Jeng, dachte er verzweifelt.

Grabesstille umgab ihn, als er den Körper sanft zu Boden gleiten ließ und so seine Kontrolle aufgab. Nur den Kundschafter zog er nicht zurück, denn er wollte seinen Freund, solange es ihm möglich war, von außen betrachten können.

Der kleine schwarze Vogel hüpfte um ihn herum, flatterte auf seine Brust, pickte an seiner Wange und zog an seinem Haar; in der Hoffnung, Jeng würde davon erwachen. Da dies nicht geschah, setzte er sich schließlich auf ihn und schloss erschöpft die Augen.

Durch leere Räume flog ein Vogel auf der Suche nach seinem verschwundenen Freund. Immer wenn er einen Raum durchquerte, befand sich auf der anderen Seite eine Tür, die sich von selbst öffnete, sobald er sie erreichte, doch hinter jeder neuen Tür, befand sich stets nur ein weiterer leerer lichtloser Raum.

Manche Räume waren so groß wie Städte, sodass man die gegenüberliegenden Wände nicht erkennen konnte. Er flog von Tür zu Tür, von Raum zu Raum, bis er schließlich in einen Raum gelangte, der nicht leer war. Keine Farbe gab es an diesem Ort. Die gesamte Landschaft war schwarz in schwarz. Doch das machte nichts, seine Augen konnten die Dunkelheit durchdringen. Es war totenstill, nur der Wind pfiff durch die Zweige entlaubter Bäume.

Überall auf dem Feld lagen tote Körper von gefallenen Kriegern. In Sorge, seinen Freund unter ihnen zu finden, flog er von einem zum anderen, doch waren es nur die Gesichter von Fremden, in die er schaute. Im Todeskampf verzerrte Fratzen starrten ihm entgegen.

Donnerhall erklang. Wind kam auf und steigerte sich rasch zum Sturm, der über das Schlachtfeld blies und Bäume, Landschaft und die gefallenen Toten mit sich fortriss. Wieder schwebte der Vogel allein im Nichts. „Gebt ihn mir zurück!", flehte er, doch er wusste nicht, an wen seine Bitte gerichtet war.

Bald sog der Sturm auch an ihm. Verzweifelt kämpfte er dagegen an, schlug immer schneller mit seinen Flügeln, um dem Nichts zu entkommen, bis er plötzlich eine vertraute Stimme vernahm: „Varun, lass los, lass dich fallen. Du wirst mich finden. Ich bin da.“ Daraufhin gab der Vogel seinen Versuch auf, dem Sog entkommen zu wollen und stürzte dem Nichts entgegen.

Ein lautes Piepen riss Varun aus seinem Albtraum. Noch nie zuvor hatte er geschlafen, noch nie geträumt. Im ersten Moment wusste er nicht, was geschehen war und wo er sich befand. Nur langsam gelang es ihm, diese für ihn so erschreckende Erfahrung zu begreifen. Wie lange habe ich geschlafen? fragte er sich. Waren es nur einige Minuten? Stunden, oder gar Tage? Der Kundschafter saß noch immer auf Jengs Brust und sein Freund lag noch genauso leblos da wie zuvor. Die Tafel, die ihn aus seinem Traum gerissen hatte, piepte laut. Mühsam flog der Vogel auf, um zu ihr zu gelangen. Sie lag auf dem Schrank, dort angekommen las Varun die kurze Nachricht:

An Yama!

Ich verlange augenblicklich eine Audienz.

Gezeichnet: Indra, König der Devas,

Gott der Krieger, Herr des Sturms.

„ER verlangt augenblicklich!“ Zornig sträubte der Vogel sein Gefieder. Dann tippte er mit dem Schnabel seine wütende Antwort ein. Abgelehnt! Anschließend stieß er die Tafel vom Schrank. Hart schlug sie auf dem Steinboden auf, ohne jedoch Schaden zu nehmen. Auf dem Schrank sitzend betrachtete er sie zornig. Der Zorn gab ihm Kraft, er flog zu ihr hinab und schob sie Stück für Stück in Richtung der Sitzkissen, um sie darunter zu schieben. Zufrieden mit seiner Tat hüpfte er anschließend zu seinem Freund zurück.

Wenn Indra gegen seine Einwilligung zu ihm vordringen wollte, um ihn zur Rede zu stellen, musste er nun mit Gewalt in die Unterwelt eindringen. Er glaubte nicht, dass Indra so weit gehen würde. Schließlich standen tausende Asuras zur Verteidigung bereit und ein erneuter Krieg wäre sicher nicht in seinem Sinn.

Die Zeit verging, so zäh wie Pech, dann endlich setzte der Herzschlag wieder ein und schnitt die Zeit in kleine Scheiben. Varun fühlte, wie Jengs Geist zurückkehrte und sich mit dem seinen verband. Unendlich erleichtert wartete er sehnsüchtig darauf, dass Jeng erwachte und zu ihm sprach.

1 Herr der Unterwelt und Totenrichter, im Hinduismus und im Buddhismus

2 Himmlische Wesen, Götter

Und wieder zielt Eros mit seinem Pfeil auf mich,

lockt mich mit süßen Klängen zum Fuchs

und reizt mich, mit ihm zu spielen.

Doch ihm missfällt mein Haar

(weiß nämlich ist's); er hofft und harrt,

träumend von jemand anderem.

(Frei nach Anakreon 570 v. CHR)

Der Fuchs

Es war schon später Nachmittag, als Alepou die Agora betrat. Der Marktplatz war das Zentrum und Herz Athens. Hier spielte sich das öffentliche Leben der Bürger ab. Hier befanden sich die Verwaltungsgebäude, das Gericht, der Senat und die Bank. Die Agora selbst war ein offener Platz mit Schatten spendenden Bäumen, umgeben von Säulenhallen, in denen sich die Verkaufsstände der Händler befanden. Doch der Platz diente nicht nur als Markt, hier feierten die Bürger auch Feste und es fanden Sportveranstaltungen und politische Versammlungen statt.

Wie immer war der Platz sehr belebt. Alepou überquerte ihn, nahm seine Lyra von der Schulter und setzte sich in den Schatten eines Baumes. Eine kleine Holzschale stellte er vor sich auf den Boden. Sein Ohr dicht an die Saiten haltend, prüfte er danach den Klang des Instrumentes mit den Fingern, zog einen der Schildpattwirbel nach und begann zu spielen. Er sang nie, während er spielte, denn er hatte keine schöne Stimme, aber seine Lyra beherrschte er im Schlaf. Selbst mit verbundenen Augen spielte er fehlerfrei.

Er war siebzehn und stolz darauf, ein freier Bürger der Stadt Athen zu sein. Alepou war nicht sein richtiger Name, doch niemand außer ihm wusste das. Er hatte ihn sich selbst gegeben, als er mit dreizehn von zu Hause fortlief, um sein altes Leben hinter sich zu lassen. Seitdem sicherte ihm sein Instrument das Überleben in der Stadt.

Die reichen Athener waren großzügig. In den wenigen Stunden, die er täglich spielte, verdiente er ein bis drei Drachmen am Tag und er brauchte das Geld dringend für sein Studium.

Xenokrates, der bekannteste Arzt Athens, hatte ihn vor einem Jahr als seinen Schüler aufgenommen.

Nur seiner Hartnäckigkeit war das zu verdanken gewesen. Als er mit dreizehn von Zuhause floh, wollte er schon Arzt werden und er verfolgte dieses Ziel seither hartnäckig.

Es war nicht schwer gewesen, herauszubekommen, welcher Heiler in der Stadt den besten Ruf genoss, viel schwerer war es, von ihm als Schüler anerkannt zu werden.

Da waren zum einen die hohen Studiengebühren, die der Arzt verlangte; im ersten Jahr bereits 200 Silberdrachmen. Darüber hinaus musste Alepou ihn auch noch von seiner Befähigung überzeugen. Doch der Junge war klug und stellte es geschickt an, in die Nähe des Arztes zu gelangen, denn er wusste, das Xenokrates ihn nicht ohne weiteres akzeptieren würde. Er konnte weder Familie noch Bürgen vorweisen. Also erkundigte er sich, welche Heilkräuter der Arzt für seine Behandlungen benötigte und sammelte diese in den nahe gelegenen Bergen, um sie ihm anschließend für einen günstigen Preis anzubieten. So lernte der Arzt Alepou kennen. Mit der Zeit sammelte er nicht nur Kräuter für ihn, sondern besorgte ihm auch Blutegel und Vipern, die für die Behandlung von Kranken häufig gebraucht wurden.

Mit dem Wissen, das er auf diese Weise über die Heilmittel gewann, gelang es ihm, den Arzt zu beeindrucken, sodass er ihn schließlich als Schüler aufnahm.

Die Studiengebühren für das erste Jahr hatte er in den drei Jahren zuvor, durch sein Lyraspiel und dem Verkauf der Heilpflanzen, zusammensparen können. Sogar für die ersten drei Monate des nächsten Jahres reichte sein Erspartes noch aus, doch nun war Alepou besorgt. Es blieb nur noch wenig Zeit, genügend Geld zu sammeln, um die Gebühren für die kommenden drei Monate zu entrichten. Im zweiten Lehrjahr verlangte Xenokrates bereits den doppelten Betrag von seinen Schülern. Und die 100 Silberdrachmen pro Quartal waren nicht so leicht zu verdienen.

An diesem Abend waren seine Einnahmen enttäuschend, nicht einmal eine Drachme hatte er nach dreistündigem Spiel erhalten. Als sich der Platz langsam leerte, packte Alepou seine Sachen zusammen und ging durch die engen Gassen Athens zurück, in die Villa des Arztes. Zusammen mit einem weiteren Schüler schlief er dort in einem kleinen Raum. Ihm knurrte der Magen. Außer dem Gerstenbrei am Morgen hatte er nichts mehr gegessen. Zum Abendessen erwarteten ihn eine Schüssel Linsensuppe und ein Stück Brot, so wie immer. Linsen und Gerste waren das Grundnahrungsmittel der Athener und wer so arm war wie er, aß selten etwas anderes.

Die Villa betrat er durch einen Nebeneingang, denn der Haupteingang war nur für Familie und Freunde des Hauses bestimmt. Er ging an den Sklavenunterkünften vorbei und betrat den schlichten Raum, in dem er schlief. Dion saß bereits am Tisch und löffelte seine Suppe. Nur Dion und er schliefen im Haus des Arztes. Ariston der älteste Schüler, wohnte ganz in der Nähe, im Haus seiner Eltern.

„Du bist spät dran, ich habe schon überlegt, deine Suppe zu essen", begrüßte ihn Dion. Alepou lächelte und setzte sich zu ihm. Genau wie er war Dion im zweiten Studienjahr, und seit Beginn ihres Studiums waren sie Freunde.

„Danke, dass du's nicht getan hast, ich hab einen mordsmäßigen Hunger.“ Er zog die Schüssel zu sich heran und begann zu essen.

„Wie immer. Wenn du mich fragst, das, was sie uns geben, ist einfach nicht genug. Xenokrates ist ein alter Geizhals, der spart, wo er nur kann.“ Alepou kommentierte die Aussage seines Freundes nur mit einem Achselzucken und aß weiter.

„Hast du heute auf der Agora gespielt?"

„Hmhm“, nickte er.

„Und? Hast du gut verdient?" fragte Dion.

Alepou schluckte, bevor er antwortete: „Nein nicht einmal eine Drachme. Morgen versuch ich's auf dem Burgberg, vor einem Tempel.“

„Bekommst du die 100 Drachmen für das nächste Quartal zusammen?"

„Nicht wenn das so weitergeht. Ich habe erst dreißig, also muss ich in den nächsten zwei Monaten noch siebzig dazuverdienen, das wird nicht einfach werden.“

„Vielleicht solltest du es am Sportplatz oder am Gymnasion versuchen, wäre doch möglich, dass dort ein reicher Gönner auf dich aufmerksam wird.“

Alepou seufzte: „Ich bin siebzehn, es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass ich noch einen Erastes3 finde. Außerdem weiß ich nicht einmal genau, ob ich einen will. Ich möchte Arzt werden und bin aus eigener Kraft weit gekommen. Da hoffe ich doch, dass ich meine Ausbildung auch selber zu Ende bringen kann, ohne auf die Geschenke eines reichen Adeligen angewiesen zu sein.“

Dion blickte ihn von der Seite an. „Du bist viel zu stolz. Sieh dir Ariston an, er ist aus einem reichen Elternhaus. Sie bezahlen sein Studium und er hat außerdem noch Isokrates als Freund. Ein Erastes ist für einen jungen Menschen immer von Vorteil. Gerade du könntest davon profitieren.“

„Du hast doch auch keinen."

„Ja, aber das heißt nicht, dass ich nicht gerne einen hätte. Du sagst, du siehst nicht gut genug dafür aus? Dann schau doch mich an, gegen dich ich sehe aus wie ein Bauerntölpel.“

Alepou sah nachdenklich seinen Freund an, sagte aber nichts zu ihm. Dion war von gedrungener Statur, sein kräftiger Körperbau und die groben, aber freundlichen Gesichtszüge erweckten in einem Betrachter den Eindruck, ein sehr schlichtes Gemüt vor sich zu haben, doch das täuschte. Dion war alles andere als dumm. Er war der jüngste von fünf Brüdern. Seine Eltern besaßen ein Weingut weit außerhalb von Athen. Sie kamen für die Gebühren auf, die der Arzt verlangte.

Alepou dagegen war dürr, seine Arme und Beine schienen viel zu lang zu sein. Die dunkelroten Haare leuchteten feuerrot, wenn die Sonne darauf schien. Hässlich war er nicht, jedoch war er auch nicht schön.

Nachdem er aufgegessen hatte, stand er auf und brachte die Holzschüsseln zu Lamia, die am Herdfeuer ihren Dienst versah, sie war die älteste Sklavin im Haus. Danach kehrte er in sein Zimmer zurück und legte sich auf sein Bett. Es war nicht mehr als ein erhöhter Schlafplatz aus Stein, auf dem eine dünne Matte aus Gerstenstroh und ein Laken lagen. „Ich bin müde, Dion, gute Nacht.“

Dion blies das kleine Öllämpchen aus, das auf dem Tisch stand und den Raum spärlich beleuchtete, dann legte er sich ebenfalls schlafen.

Wie immer wurden beide am Morgen vom lauten Krähen der Hähne geweckt. Es dämmerte bereits. Alepou stand auf und ging zur Zisterne, um sich zu waschen. Dann zog er seinen knielangen Chiton an. Es war die übliche Tracht der Athener und bestand aus nicht mehr als zwei rechteckigen Stoffbahnen, die mit Spangen, den Chlamis an den Schultern zusammengehalten wurden. Dazu trug man einen Gürtel. Nachdem er sich gewaschen hatte, ging er zurück in sein Zimmer und wartete auf das Frühstück.

Kurz darauf trat Lamia durch die Tür, um den noch dampfenden Gerstenbrei auf den Tisch zu stellen. „Guten Morgen, Ihr Herren", sagte sie gut gelaunt. „Ich hoffe, Ihr hattet eine angenehme Nacht.“ Lamia verließ nicht wie sonst sofort das Zimmer, nachdem sie den Brei gebracht hatte, sondern zog aus einer Tasche noch getrocknete Feigen hervor und legte jeweils drei neben die Schüsseln. „Die schickt Euch die Herrin.“

„Dann richte ihr bitte unseren Dank dafür aus", sagte Dion, erfreut über die willkommene Abwechslung ihres Speiseplans.

„Das werde ich tun", sagte sie beim Hinausgehen. „Ich wünsche einen schönen Tag.“

„Sie hätte uns ruhig noch mehr da lassen können", beschwerte sich Dion, während er seinen Brei aß.

Alepou zuckte mit dem Achseln: „Diotima hätte uns auch keine zu schicken brauchen. Wenigstens hat sie an uns gedacht. Du brauchst dich doch nicht zu beschweren, schließlich kannst du dir von dem Geld, das dir deine Eltern für die Ausbildung geben, ab und zu etwas kaufen. Ich dagegen muss jeden Oboli sparen, also jammre nicht.“

„Viel ist es auch nicht, was nach Abzug der Gebühren übrig bleibt.“

„Mag sein, aber zumindest kannst du das ausgeben, für was du willst.“

Nach Beendigung des Frühstücks stand Alepou auf. Die Feigen verwahrte er sich für den Nachmittag.

Inzwischen war es hell geworden. Sie überquerten den Hof und gingen in die Behandlungsräume.

Gleich hinter dem Eingang stand in einer Nische die Statue von Asklepios, dem Gott der Heilkunst. Jeden Morgen vor Arbeitsantritt verbrannten sie für ihn dort einen getrockneten Rosmarinzweig und sprachen ein kurzes Gebet.

Anschließend durchquerten sie den Vorratsraum, in dem Kräuter, Salben und Tinkturen aufbewahrt wurden und gingen in das größte Behandlungszimmer des Hauses. Wie üblich waren Dion und Alepou die ersten. Also warteten sie darauf, dass Xenokrates und Ariston eintrafen.

In der Mitte des Raumes stand eine Liege und zwei Stühle befanden sich an der linken Wand. Dem gegenüber war ein Regal mit den Krankenakten und allen Buchrollen der Heilkunde, die Xenokrates besaß. Bücher waren teuer, deshalb durften seine Studenten sie nicht lesen.

Sie brauchten nicht lange zu warten, da trat der Arzt mit gewichtigen Schritten ein.

„Guten Morgen", dröhnte seine kräftige Stimme. Alepou und Dion erwiderten den Gruß.

„Ist Ariston noch nicht da?“, fragte er, als er sich im Raum umsah.

„Nein", antworteten Dion und Alepou gleichzeitig.

Xenokrates verzog missbilligend das Gesicht. „Mir scheint, er kommt jedes Mal etwas später zum Dienst. Wie dem auch sei, Dion du bereitest heute neue Salben und Tinkturen zu.“

„In Ordnung.“

„Vorher musst du zur Agora gehen. Ich gebe dir eine Liste mit. Wir haben kaum noch Schlafmohn vorrätig, versuche möglichst viel davon zu bekommen. Aber kauf nicht, wenn sie mehr als drei Oboli für zehn Kapseln verlangen, hörst du?"

„Ja, ich hab's verstanden.“ Dion nahm die Liste entgegen.

„Wo bleibt Ariston? Bald stehen die ersten Patienten vor der Tür und er ist immer noch nicht da.“

Xenokrates’ ältester Schüler war unzuverlässig, dennoch sollte er in diesem Jahr seinen Eid als Arzt ablegen. Aristons Eltern gehörten zu den wohlhabendsten Bürgern Athens und waren enge Freunde des Arztes, das war wohl auch der Grund, warum er seine Ausbildung nicht ganz so ernst nahm.

„Kann ich Euch heute vielleicht assistieren?“, fragte Alepou hoffnungsvoll.

„Nein, Alepou, du kümmerst dich um das Wechseln der Verbände und die Herausgabe der Heilmittel. Das schaffst du doch, oder? Dion kann dir später helfen, wenn er mit seinen Aufgaben fertig ist.“

Enttäuscht nickte Alepou und verließ das Behandlungszimmer. Im Empfangsraum informierte er den Sklaven, der die eintretenden Patienten empfing und auch die Kasse verwaltete, darüber, welche Patienten heute zu ihm geschickt werden sollten. Dann wartete er in einem kleineren Behandlungszimmer.

Als Ariston eintraf, wies Xenokrates seinen Schüler sofort laut zurecht, sodass Alepou zusammenzuckte. „Was fällt dir ein, erst so spät zum Dienst zu erscheinen, Ariston? Warst du schon wieder auf einem Symposion und hast dich sinnlos betrunken?"

„Es geht Euch nichts an, was ich außerhalb meiner Dienstzeit mache. Brüllt mich nicht so an, ich habe Kopfschmerzen. So spät bin ich außerdem nicht, es sind noch nicht mal Patienten da.“

Alepou blickte neugierig in den Raum hinein, achtete aber darauf, nicht gesehen zu werden. Xenokrates stand zornig mit hochrotem Kopf mitten im Behandlungszimmer, während Ariston ihn unverschämt ansah.

„Ich warne dich! Ich werde dich den Eid nicht ablegen lassen, wenn das so weiter geht.“

„Bitte, dann erklärt das meinen Eltern. War's das, kann ich jetzt gehen?“, fragte er, während er seine Schläfen rieb.

Xenokrates verschlug es bei so viel Dreistigkeit die Sprache, aufgeregt begann er, hin und her zu laufen.

„Verstehst du denn nicht, dass du ein wenig mehr Ernst in deine Ausbildung legen musst, Junge? Deine Eltern bezahlen eine Menge Geld dafür.“

„Dann gib ihnen, wofür sie bezahlen, alter Mann. Dann seid Ihr mich los", erwiderte Ariston mit einem gelangweilten Unterton.

Xenokrates reichte das. „Raus mit dir, verschwinde. Ich will dich heute nicht mehr sehen! Am Abend werde ich mit deinen Eltern über diesen Vorfall sprechen und hören, was sie dazu sagen.“

„Von mir aus.“ Ariston zuckte gleichgültig mit den Schultern und ging.

Kurz nach dem Streit betrat der erste Patient den Vorraum. Der Arzt kam mit würdevollen Schritten und vollkommen ruhig auf ihn zu, um ihn aufs Freundlichste zu begrüßen und persönlich in sein Behandlungszimmer zu führen.

Alepou wunderte sich immer wieder darüber, wie schnell Xenokrates die Haltung einnehmen konnte, die für einen kompetenten Arzt angemessen war, ohne dass ein Patient auch nur zu erahnen vermochte, was sich zuvor abgespielt hatte. – Im Umgang mit den Patienten sei man stehts auf die Art der Haltung bedacht, genauso wie auf den sittlichen Ernst, knappe Sprache, ruhiges Handeln, Gewissenhaftigkeit und Fürsorge für die Kranken4 – das waren seine Worte. Diese Regeln waren ihm scheinbar in Fleisch und Blut übergegangen.

Die Tür im Empfangsraum wurde geöffnet und herein trat eine ältere Frau, die sich schwer auf ihren Sklaven stützte. Dabei stöhnte sie und verzog ihr Gesicht vor Schmerzen. Alepou erkannte die recht beleibte Frau, Periktione war eine reiche Kaufmannswitwe. Sie hatte sich vor einer Woche ihr Bein verletzt, als sie unglücklich von den Stufen des Verwaltungsgebäudes gefallen war. Die Wunde war von Xenokrates versorgt worden und nun kam sie zum Verbandswechsel, was am heutigen Tag Alepous Aufgabe war. Er ging ihr entgegen, begrüßte sie freundlich und führte sie in seinen Behandlungsraum.

„Sind die Schmerzen nicht besser geworden, verehrte Frau Periktione?“, fragte Alepou, nachdem er ihr auf einen Stuhl half.

„Nein, Jungchen, es schmerzt mich mehr als zuvor und es pocht", beklagte sich die Witwe.

Alepou löste den Verband und betrachtete die Wunde. Sie hatte sich entzündet. „Habt Ihr daran gekratzt?"

„Natürlich, es hat ganz schrecklich gejuckt, das war nicht auszuhalten.“

Alepou erwiderte daraufhin nichts, goss einen kräftigen Rotwein in eine Schale, tunkte einen kleinen Schwamm in die Flüssigkeit und begann damit, die Wunde zu reinigen. „Ihr solltet nicht daran kratzen, auch wenn es noch so sehr juckt. Ich werde Euch einen Honigverband anlegen.“

Periktione schaute skeptisch bei der Behandlung zu. „Sollte Xenokrates nicht vorsichtshalber das Bein noch einmal ansehen?"

Alepou sah zu der Witwe auf. „Natürlich, wenn Ihr es wünscht. Ich werde nachsehen, ob er Zeit für euch hat.“

„Ich wünsche es." Die Witwe hatte Glück, denn der Patient des Arztes war bereits gegangen, sodass Alepou gleich darauf mit ihm zurückkam.

„Verehrte Frau Periktione, Alepou sagte mir, Euer Zustand hätte sich trotz meiner Bemühungen verschlechtert? Es tut mir leid, das zu hören. Sie haben natürlich vollkommen recht. Es ist immer besser mich zurate zu ziehen, als sich auf die Künste meiner Schüler zu verlassen.“ Der Arzt ging auf die Knie, um das Bein seiner Patientin genau zu betrachten.

„Das dachte ich auch. Der da ist ja fast noch ein Kind.“ Die Witwe schaute zu Alepou herüber. Xenokrates lachte: „Alepou ist siebzehn, er sieht jünger aus, als er ist. Sie dürfen nicht an der Wunde kratzen, verehrte Periktione. Alepou wird Ihnen einen Honigverband anlegen. Kommen sie morgen wieder, um ihn sich wechseln zu lassen, dann wird die Entzündung hoffentlich bald überstanden sein und das Bein heilen.“ Der Arzt stand auf: „Es kann sicher auch nicht schaden, dem Asklepios ein Votiv zu opfern und für die Gesundung des Beines zu beten, denn Heilung erfolgt bekanntlich nur durch den Segen der Götter.“

Die alte Frau stöhnte entrüstet: „Wie soll ich in meinem Zustand zum Tempel des Asklepios kommen?"

„Natürlich, verständlicherweise ist das sehr beschwerlich für sie. Ich bin gerne bereit, gegen einen geringen Aufpreis, an Ihrer Stelle für Sie zu beten. Die Gebete eines Arztes für seine Patienten werden vom Gott der Heilkunst wohlwollend aufgenommen, das ist allgemein bekannt.“

Alepou, der damit beschäftigt war den Honigverband anzulegen, schaute verwundert über das Angebot des Arztes zu ihm auf.

„Wenn Ihr so freundlich sein wollt, das zu tun", sagte die Witwe und stimmte dem Vorschlag zu. „Bist du fertig damit, mich zu verbinden Junge?" fragte sie anschließend ungeduldig Alepou.

„Ja", antwortete er schnell und stand auf. Periktione erhob sich mühsam aus dem Stuhl und nahm dabei erneut die Hilfe ihres Sklaven in Anspruch. „Gut, habt vielen Dank und bis morgen", verabschiedete sie sich von Xenokrates.

Kaum hatte die Frau das Haus verlassen, da wandte sich der Arzt ihm zu. „Alepou, du gehst nach Dienstschluss zum Tempel, um für die Gesundung der alten Vettel zu beten und ein Votiv für ihr Bein zu opfern.“

„Aber sagtet Ihr nicht, dass Ihr selbst ..." Alepou brach mitten im Satz ab.

„Ich weiß, was ich sagte. Ihr Bein wird schon wieder heilen, ob nun du oder ich dort beten oder auch keiner von uns beiden", sagte Xenokrates forsch, dann verließ er ohne ein weiteres Wort den Raum.

Alepou waren solche Schummeleien bereits bekannt. Die Behandlungskosten, die sein Lehrer verlangte, waren die höchsten in ganz Athen und doch scheute er nicht davor zurück, seinen Patienten zusätzliche, unnötige Kosten aufzubürden oder sie, wie in diesem Fall, zu betrügen. Den Arzt darauf hinzuweisen, wäre aber ausgesprochen unklug gewesen, also war es besser, darüber zu schweigen.

Der Vormittag verging in gewohnter Routine. Anstelle von Ariston durfte nun Dion dem Arzt assistieren, nachdem er vom Markt zurückkehrte.

Kurz vor Dienstschluss trat eine Frau mit ihrer Tochter ein, die unentwegt hustete. Alepou hörte, wie sie sich mit dem Sklaven am Empfang unterhielt.

„Wenn Euch die Kosten zu hoch erscheinen, könnt Ihr sie auch von seinen Schülern behandeln lassen, werte Dame. Eine solche Behandlung kostet nur ein Drittel.“

„Sind die Schüler genauso gut wie Xenokrates?“, fragte die Frau besorgt.

„Natürlich nicht, aber in Eurem Fall würde ich dazu raten. Nur wirklich schwere Fälle erfordern unbedingt den Arzt selbst.“

„Worum geht es denn, Kodros?“, fragte Alepou, als er aus dem Behandlungsraum heraustrat. Die Frau und das ununterbrochen hustende, junge Mädchen sahen ihm entgegen. „Ah, ich höre das Problem. Wie lange hast du den Husten schon?"

„Eine Woche und es wird nicht besser", antwortete statt des Mädchens ihre Mutter.

„Komm mit mir, junge Dame.“ Das Mädchen sah fragend die Mutter an, während diese unschlüssig ihren Blick zwischen Kodros und Alepou hin und her schweifen ließ, doch dann folgte sie kurz entschlossen.

„Hab keine Angst, die Untersuchung tut nicht weh. Ich werde prüfen, ob deine Lungen gesund sind“, erklärte er dem Mädchen freundlich und bat anschließend die Mutter: „Könnt Ihr bitte die Spangen des Kleides öffnen und ihren Rücken freimachen?"

„Natürlich, Moment.“

Nachdem der Rücken vom Kleid befreit worden war, legte er sein Ohr an und horchte sie ab. „Danke das war's schon. Deine Lunge hört sich gesund an. Darf ich deinen Namen erfahren?"

Das Mädchen antwortete nicht, sie blickte wieder zu ihrer Mutter.

„Anteia", antwortete sie anstelle der Tochter.

„Einen sehr schönen Namen hast du, Anteia. Öffne bitte einmal deinen Mund, damit ich hineinschauen kann.“ Anteia gehorchte. Nach einem prüfenden Blick auf die Mandeln sagte er: „Es ist nur eine Rötung des Rachens zu sehen, keine Vereiterung. Und die Lungen sind frei. Sie hat ein Übermaß an gelber Galle. Gebt Ihr nur warme Speisen und Getränke. Hühnersuppe wäre gut, um das Blut zu mehren, außerdem sollte sie viel Thymiantee trinken und damit auch Dampfbäder machen, dann wird sich der Husten bald bessern. Wenn Ihr wollt, gebe ich Euch auch noch einen Saft mit, damit sie besser schlafen kann.“

„Ja bitte, nicht nur sie kann nicht schlafen. Sie hält die ganze Familie wach.“

„In Ordnung, ich gehe ihn holen, wendet Euch inzwischen wegen der Bezahlung an Kodros.“ Alepou wies ihr den Weg und ging danach in den Vorratsraum, um das Medikament zu holen. Als er es ihr überreichte und Anweisungen zur Einnahme gab, kam Xenokrates gerade mit einem Patienten aus seinem Raum heraus.

Der Arzt musterte die Frau mit ihrer Tochter nur kurz, als sie bereits dabei waren, das Haus zu verlassen, dann wandte er sich wieder seinem Patienten zu, um mit ihm die Bezahlung zu regeln.

Erst danach kam er zu Alepou. „Was war mit der Frau und dem Mädchen?“, verlangte er von ihm zu wissen.

Alepou erläuterte ihm bereitwillig ihre Symptome, seine Diagnose und seine Anweisungen zur Behandlung des Hustens.

Daraufhin starrte Xenokrates ihn recht lange auf unangenehme Weise scharf an. „Merk dir Alepou, dass ich grundsätzlich alle neuen Patienten, die mein Haus betreten, sehen will.“

Noch bevor Alepou darauf antworten konnte, mischte sich Kodros ein: „Erlaubt mir bitte, dazu etwas zu sagen, Herr. Die Frau konnte sich eine Behandlung bei Euch nicht leisten. Sie wäre wieder gegangen, hätte ich sie nicht zu Eurem Schüler geschickt. Ich denke, dieses Vorgehen war in Eurem Sinne?"

Xenokrates musterte seinen Sklaven ebenso scharf wie zuvor seinen Schüler, dann sagte er: „Nun gut, lassen wir das auf sich beruhen. Alepou, dein Dienst ist für heute beendet. Vergiss nicht, den Tempel aufzusuchen, um wie versprochen für die Genesung des Beins zu beten.“

„Für das Votiv des Beines werde ich Geld benötigen", sagte Alepou schnell.

„Das mag sein, du bekommst es morgen.“ Xenokrates drehte sich um und ging zurück in seinen Raum.

„Na klar, nichts werd‘ ich bekommen", sagte er so leise, dass nur Kodros ihn hören konnte. Der Sklave grinste breit, enthielt sich aber jeglichen Kommentars, er wusste, dass ihm das nicht zustand.

Alepou überquerte den Innenhof und suchte seinen Schlafraum auf. Dort aß er die Feigen, die ihm Lamia beim Frühstück gegeben hatte, schulterte danach seine Lyra und verließ das Haus. Die Villa des Arztes lag nahe der Stadtmauer. Er lief dicht daran entlang und schlug kurz darauf den Weg ein, der zur Akropolis hinaufführte. Da Alepou sich vorgenommen hatte, am heutigen Tage im Tempelbezirk zu spielen, brauchte er keinen Umweg machen, um für Periktione ein Gebet zu sprechen.

Im Eingangsbereich der Akropolis, nahm er seine Lyra von der Schulter, setzte sich auf eine freie Bank und begann zu spielen. Es waren viele Menschen unterwegs, die zu den Tempeln wollten oder von dort kamen. Der Geruch von Weihrauch lag in der Luft. Viele Bürger schlenderten aber auch nur einfach müßig umher. Hier war die Spendenfreude gut und schon nach einer Stunde hatte Alepou eine Drachme eingenommen.

Schräg gegenüber nahm ein Mann Platz, um seinem Lyraspiel zu lauschen. Offensichtlich war er Ausländer. Sein Äußeres war so ungewöhnlich, das Alepou immer wieder neugierig zu ihm hinüberschaute. Der Mann mittleren Alters hatte schneeweißes Haar und war schwarz gekleidet. Während er seinem Spiel lauschte, hielt er die Augen geschlossen, doch nach einer Weile öffnete er sie unvermittelt und blickte in seine Richtung.

Es war ein Gefühl, das Alepou nur schwer beschreiben konnte, als ihn diese Augen trafen. Seine Finger verloren für kurze Zeit den Takt, die Zeit schien still zu stehen. Es war, als hätte das Universum selbst ihm in diesem kurzen Moment seine Geheimnisse offenbart, nur um sie ihm gleich darauf wieder zu entreißen. Mit Gewalt riss er sich vom Blick des Fremden los und nahm sein Spiel erneut auf, nun sehr darauf bedacht, nicht noch einmal in diese so sonderbaren, fremden Augen zu sehen.

Deshalb bemerkte Alepou auch nicht, dass der Mann aufstand und auf ihn zukam. Im Vorübergehen ließ er beiläufig drei Silberdrachmen in seine Holzschüssel fallen. Ungläubig starrte Alepou die Münzen an.

Als er sich endlich fing und sich für die großzügige Gabe bedanken wollte, war der Fremde im Gedränge bereits verschwunden.

Schnell verstaute er Geld und Schale, schulterte sein Instrument und folgte ihm in Richtung der Tempel, doch er konnte ihn nirgends entdecken. So auffällig sein Äußeres auch war, es schien, als hätte er sich in Luft aufgelöst.

Da er nun den Tempelbereich betreten hatte, beschloss er, seiner Verpflichtung nachzukommen, ein Votiv des Beines zu erwerben und wie versprochen für Periktione zu beten. Vor dem Tempel verkauften mehrere Händler Votivbilder von Körperteilen aus Stein. Alepou trat an einen Stand heran. „Ich brauche ein Votiv von einem rechten Bein.“

„Drei Oboli.“

„Einen." Alepou hielt ihm die Münze hin.

„Also gut Junge, nimm's", sagte der Händler und griff nach der Münze.

Zufrieden drehte Alepou sich nach dem erfolgreichen Handel um, dabei rempelte er versehentlich den Mann an, der hinter ihm stand. Sofort entschuldigte er sich, noch ehe er erkannte, dass es der Fremde war, der sich unbemerkt hinter ihn gestellt hatte.

„Das macht doch nichts", entgegnete der Mann freundlich in perfektem Griechisch. „Darf ich fragen, wozu das dient, was du da eben gekauft hast?"

Überrascht brachte Alepou zunächst kein Wort heraus, dann antwortete er: „Das ist ein Votivopfer für Asklepios, den Gott der Heilkunst. Man betet um die Heilung des entsprechenden Körperteils und opfert dem Gott eine Nachbildung aus Stein.“

„Aha! Dann ist Asklepios also schwer von Begriff?" In den Augen des Fremden funkelte es amüsiert.

„Was?", fragte Alepou verwirrt.

„Nun ja, du sagtest, dass du für die Heilung eines erkrankten Körperteils zu dem Gott der Heilkunst betest. Ich nehme an, dass in diesem Gebet das Leiden des Kranken ausführlich geschildert wird. Wozu dann noch das Votiv? Ist der Gott vielleicht vergesslich, dass er eine Erinnerung braucht? Oder ist er zu dumm, um dein Gebet zu verstehen, und das Votiv dient nur als Übersetzung? Und nun die allerwichtigste Frage: Glaubst du wirklich, dass das Opfern eines Steins den Gott beeinflusst und die Heilung begünstigt?"

Alepou atmete vor Schreck ein und sah sich um. Der Händler, der die Unterhaltung mitgehört hatte, runzelte verärgert die Stirn. Alepou entfernte sich schnell von dem Stand, woraufhin ihm der Fremde folgte. Nachdem er so viel Abstand gewonnen hatte, dass er sicher war, dass niemand mehr mithörte, erklärte er: „Ihr solltet so etwas nicht sagen, nicht hier in Athen, noch sonst irgendwo in Griechenland. Erst recht nicht vor den Tempeln. Ich will Euch nur warnen, denn auf Gotteslästerung steht hier die Todesstrafe.“

„Ich habe nicht über die Gottheit gelästert, ich habe nur deine Überzeugung hinterfragt. Also noch einmal, jetzt wo niemand mithört, glaubst du persönlich an den Nutzen eines Votivs?"

Alepou schluckte und schaute auf den Boden. „Nein", sagte er so leise, dass es kaum zu hören war, dabei wusste er nicht genau, warum er dem Fremden auf diese Frage überhaupt antwortete.

„Warum handelst du dann gegen deine Überzeugung?"

Alepou zuckte mit den Schultern. „Es wurde der Patientin versprochen. Es kann doch nicht schaden, zu Asklepios zu beten und ein Votiv zu opfern.“

„Nein, schaden kann es nicht, aber wir sind gerade übereingekommen, dass es auch nichts nützt. Es ist die Angst vor Strafe, die jene, die das wissen, schweigen lässt. Aber ich habe dich in Verlegenheit gebracht, das tut mir leid. Dein Lyraspiel hat mir sehr gefallen. Darf ich mich vorstellen, mein Name ist, unter anderem, Jeng.“

Erleichtert darüber, dass der Fremde das Thema wechselte, stellte er sich ebenfalls vor. „Ich heiße Alepou. Ich habe mich noch gar nicht für die drei Drachmen bedankt, die Ihr mir gegeben habt.“

„Oh, das! Keine Ursache. Es freut mich, dich kennenzulernen.“

Alepou schaute in Richtung des Tempels. „Ich muss jetzt mein Versprechen einlösen gehen.“

„Natürlich, lass dich durch mich nicht aufhalten. Darf ich dich noch etwas fragen, wenn du wieder herauskommst?"

Alepou musterte den Fremden noch einmal genau, nickte dann kurz und ging in den Tempel hinein.

Nachdem er das Bittgebet gesprochen hatte, fand er den Fremden noch immer wartend an der gleichen Stelle vor. Zögernd ging er auf ihn zu.

„Ah, da bist du ja wieder", begrüßte der Mann ihn.

„Was wolltet Ihr mich noch fragen?" Wieder stellte sich ein unbestimmtes Gefühl der Bedrohung bei ihm ein. Alepou konnte nicht sagen, was das war, denn der Fremde wirkte auf ihn sehr freundlich und umringt von so vielen Bürgern war es auch sicher. Es war ein Gefühl, dass irgendwas an dem Mann nicht stimmte, und das bezog sich nicht auf sein ungewöhnliches Aussehen.

„Ich bin hungrig, kenne mich aber in Athen nicht aus. Wo finde ich ein Gasthaus, in dem man richtig gut essen kann?"

Erleichtert, dass die Frage so banal war, antwortete er bereitwillig: „Da wäre die Nymphe, das Gasthaus liegt an der Agora.“

„Wärest du so freundlich, mir zu zeigen, wo das ist?"

„Ja, folgt mir."

Der Fremde folgte. Schweigend gingen sie nebeneinander her, bis er sagte: „Du kannst mich begleiten, ich lade dich zum Essen ein, wenn du möchtest.“

Alepou blieb wie angewurzelt stehen. Wenn ein älterer Mann in Athen einem Jüngeren ein solches Angebot machte, gab es nur einen Grund dafür. Allerdings, so dachte er, war dieser Mann kein Athener. „Haltet Ihr mich für einen Flötenjungen?" fragte er deshalb.

„Ich weiß nicht, was du damit meinst. Ich halte dich für einen jungen Mann, der vielleicht hungrig ist und mir beim Essen Gesellschaft leisten möchte.“

Natürlich war Alepou hungrig; das war er eigentlich immer und die Aussicht in der Nymphe essen zu können, war verlockend. Er überlegte: „Ich gehe mit Euch nicht in einen privaten Raum.“

„Oh! Gibt es dort so eine Möglichkeit?" Der Mann musterte ihn und begann dann laut zu lachen.

„Mein Lieber, ich spreche darüber, mit dir zu essen und von nichts anderem. Keine Sorge, nichts von dem, was du fürchtest, ist zutreffend.“

Alepou wurde rot, während der Mann ihn amüsiert musterte.

„Es tut mir leid, ich wollte Euch nicht beleidigen", sagte Alepou und schaute verlegen auf den Boden.

„Da gibt es nichts zu entschuldigen. Es ist sehr klug, zuvor alle Unklarheiten beseitigen zu wollen. Mir tut es leid, dass ich dich ein zweites Mal in Verlegenheit gebracht habe. Weißt du, ich bin allein in dieser Stadt und kenne niemanden hier. Aber ich habe nicht bedacht, dass du noch so jung bist und dass meine Einladung deshalb unangebracht war, ja sogar von dir als anstößig empfunden wird. Bitte verzeih mir, Alepou. Du musst mich nicht aus Freundlichkeit begleiten, ich finde das Gasthaus sicher auch selbst. Dort entlang nicht wahr?" Er zeigte in die Richtung, wo sich die Agora befand. Alepou nickte, woraufhin der Fremde seinen Weg fortsetzte.

Zuerst blickte Alepou ihm nur hinterher, doch dann rannte er ihm nach, um ihn einzuholen.

Als er bei ihm ankam, war er leicht außer Atem. Der Mann blieb stehen und musterte ihn.

„Hunger hätt’ ich schon", erklärte er ihm daraufhin.

Der Fremde lachte herzlich: „Na, dann komm mit mir. Einen schönen Namen hast du dir gegeben. Alepou, das bedeutet Fuchs, nicht wahr?"

Erschreckt starrte er den Mann an: „Ein Name, den ich mir gegeben habe? Wie meint Ihr das?"

„Möglicherweise habe ich mich nicht richtig ausgedrückt. Alepou ist doch der Name für einen Fuchs, in deiner Sprache?"

„Ja, das ist richtig.“ Er war erleichtert, dass der Mann sich offenbar nur falsch ausgedrückt hatte. Sie setzten ihren Weg fort und betraten bald darauf die Agora. „Die Nymphe befindet sich dort drüben“, sagte Alepou und deutete in die Richtung. Er schlängelte sich durch die Menschenmenge, dabei sah er sich immer wieder nach seinem Begleiter um, darauf bedacht, dass der ihm auch folgte.

Vor dem Gasthaus blieb er stehen. „Das ist es.“

Der Fremde trat näher an ihn heran. „Aha! Kannst du mir vorlesen, was auf dieser Tafel hier steht?"

„Ihr könnt nicht lesen?“, fragte Alepou erstaunt.

„Oh doch, nur eben kein Griechisch. Aber vielleicht sollte ich es lernen, was meinst du?"

„Auf jeden Fall. In Athen können die meisten Bürger lesen und schreiben.“

Der Mann nickte, „Davon habe ich schon gehört. Das ist recht ungewöhnlich. In vielen anderen Ländern können, wenn überhaupt, nur die wenigsten schreiben. Was steht denn nun auf der Tafel?"

„Nun ja, was es heute zu essen gibt.“ Alepou las vor: „Lammragout, gefüllte Tintenfischtuben, Weißkohlsalat, pürierter Sellerie, Schafskäse, Oliven und ein Gebäck aus Sesam und Nüssen.“

Ihm floss bereits beim Vorlesen das Wasser im Mund zusammen, sein Magen begann zu knurren. Er konnte kaum glauben, dass er schon bald etwas von den angebotenen Speisen essen würde.

„Gibt es denn keine Beilagen?"

„Oh doch, dazu reicht man hier immer Gerstenbrot.“

„Das hört sich doch gut an. Lass uns reingehen und etwas bestellen.“ Der Fremde stieg die drei Stufen hinauf, suchte sich einen Tisch im Freien und setzte sich. „Ich denke, es ist ein gutes Zeichen, dass es so voll ist.“

Alepou setzte sich ihm gegenüber. „Ja, die Nymphe hat einen guten Ruf", bestätigte er.

„Kommst du öfter hierher?"

„Ich? Nein. Ich hab hier noch nie gegessen.“

„Ach so. Dann finden wir beide jetzt heraus, ob die Nymphe ihrem Ruf gerecht wird.“

Alepou nickte und rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Wieder musterte ihn sein Gegenüber und erneut wurde ihm unbehaglich.

„Spielst du jeden Tag in der Stadt? Verdienst du damit dein Geld?"

„Na ja, eigentlich studiere ich Medizin bei Xenokrates. Ich spiele jeden Tag auf der Straße, damit ich ihm die Studiengebühren bezahlen kann.“

„So, dann willst du also Arzt werden? Ein sehr ehrbarer Beruf, in dem du vielen Menschen helfen kannst.“

„Ja, wenn ich meine Ausbildung beendet habe, werde ich selbst Patienten behandeln. In einer eigenen Praxis, und dann werde ich auch bald in einer Villa wohnen, wie mein Lehrherr. Und Schüler haben, so wie er. Und mehrere Sklaven und eine schöne Frau ..." Er verstummte augenblicklich, als er in die Augen seines Gegenübers sah. Ihm war, als hätte er etwas Falsches gesagt, er wusste jedoch nicht genau was.

„Weißt du Alepou, es ist nichts Falsches daran, davon zu träumen, reich zu sein. Aber du solltest dir darüber im Klaren sein, dass ein reicher Arzt nicht unbedingt ein guter Arzt sein muss, denn sein Vermögen spiegelt nicht unbedingt sein Können wieder. Ich denke, es sollte dir wichtiger sein, die Menschen gesund zu machen.“

„Das ist mir doch wichtig. Ich glaube aber, wenn ich ein guter Arzt bin, werde ich auch gut verdienen, oder nicht?"

„Nicht unbedingt.“ Ihr Gespräch wurde unterbrochen, als die Bedienung an ihren Tisch trat und nach den Bestellungen fragte.

„Ich hätte gerne einmal alles, was Ihr auf der Tafel anbietet und etwas zu trinken. Trinkst du Wein, Alepou?“ Er nickte. „Also einen Krug Wein, für uns beide.“

Nachdem die Bedienung gegangen war, setzte der Fremde das Gespräch fort: „Welche Art von Verletzungen kannst du als Arzt heilen?"

Nicht die Frage war der Grund, warum Alepou ganz plötzlich schauderte, es waren die vollkommen veränderte Stimme und der unheimliche und kalte Blick, mit dem ihn der Fremde ansah. „Ich ... ich habe doch gerade erst das zweite Jahr angefangen", stotterte er. Er bekam eine Gänsehaut.

„Ich meine, das allgemein. Könnte ein guter Arzt eine tiefe Schnitt- oder Stichverletzung heilen?"

Alepou rutschte nervös auf seinen Stuhl herum. „Nun, das kommt auf die Verletzung an. Einen glatten Schnitt kann man wieder zusammennähen. Wenn größere Blutgefäße durchschnitten wurden, ist es schwierig. Meist verblutet der Verletzte dabei und stirbt. Ich habe so etwas aber noch nie gemacht.“

„Man näht die Wunde zusammen wie ein Kleidungsstück?" Die Stimme des Fremden, die zuvor so freundlich und farbig geklungen hatte, war nun dunkel und emotionslos.

„Nicht ganz so, aber man kann es durchaus damit vergleichen.“ Die Bedienung kam und brachte den Wein, damit unterbrach sie erneut die Unterhaltung. Nach dem sie fort war, griff der Fremde nach dem Krug und goss sich selbst und Alepou ein. „Na, die Schnellsten sind sie hier nicht", sagte er und schob ihm den Becher über den Tisch. Seine Stimme klang wie zuvor.

„Danke.“ Die Wärme floss in seinen Körper genauso schnell zurück, wie sie ihn zuvor verlassen hatte. Er nippte an seinen Becher. Sein Gastgeber nahm einen kräftigen Schluck, verzog das Gesicht und stellte seinen Becher verärgert ab. „Sie haben den Wein mit Wasser gestreckt", stellte er empört fest. „Ich werde mich darüber beschweren.“ Er machte Anstalten aufzustehen.

„Nein, nein, das ist kein Betrug. Es ist hier üblich, den Wein gemischt mit Wasser zu servieren", erklärte ihm Alepou schnell.

„Wirklich?" Der Fremde setzte sich wieder hin.

„Ja, und bei einem Symposion werden noch Kräuter hineingetan.“

„Symposion? Was ist das?"

„Das ist ein Trinkgelage, eine große Feier mit Freunden.“

„Aha, und was für Kräuter tut ihr in den Wein hinein?"

„Das ist unterschiedlich. Schlafmohn, blauer Lotos, Tollkirsche, oder Hanfblüten. Manche schwören auch auf Kombinationen davon.“

Der Fremde begann, aus vollem Hals zu lachen. „Ich dachte ihr vermengt den Wein mit Wasser, damit er euch nicht so schnell zu Kopf steigt. Aber da habe ich mich wohl getäuscht, denn anschließend würzt ihr ihn mit Drogen.“

„Doch nicht immer, nur bei Trinkgelagen.“

Der Mann grinste ihn breit an: „Und hast du dabei schon mitgemacht?"

Alepou sah zur Seite, als er ihm antwortete: „Nein."

Als das Essen kam, war er froh, das Gespräch beenden zu können. Der Wirt stellte so viele dampfende Schüsseln auf den Tisch, das für die Teller kaum noch Platz war. Es war schon lange her, dass er vor so einem reich gedeckten Tisch gesessen hatte.

Der Mann begann sofort zu essen, doch Alepou wagte es nicht, einfach zuzugreifen.

Als der Mann das bemerkte, fragte er: „Was ist los, willst du jetzt doch nichts essen?"

„Doch schon, darf ich mir etwas von dem Lamm nehmen?"

„Junge, dafür steht es doch auf dem Tisch. Du darfst dir von allem nehmen.“

Erst jetzt tat er sich etwas auf seinen Teller, brach ein Stück Brot ab und begann zu essen. Das Lammragout war köstlich und genauso, wie er es in Erinnerung hatte. Der Fremde jedoch schien da anderer Meinung zu sein.

„Das Lammgericht schmeckt seltsam. Weißt du, was die Soße so dickflüssig macht?"

„Ja, das Lamm wird geschmort, zusammen mit den Innereien. Zum Schluss wird die Soße mit dem Blut des Tieres angedickt", erklärte er mit vollem Mund.

„Ah! Deshalb schmeckt es so nach Eisen. Ich glaube, das ist nichts für mich, du kannst gerne alles davon essen. Da halte ich mich lieber an den gefüllten Tintenfisch.“

Einige Zeit aßen sie schweigend. Alepou konzentrierte sich so sehr darauf, dass er alles andere um sich herum vergaß. Erst als sich sein Magen langsam füllte, klang seine Gier ab und er wurde sich bewusst, dass er seinen Gastgeber schon lange nicht mehr beachtet hatte. Er schaute auf. Der Fremde sah ihn amüsiert an. „Hast du heute noch nichts gegessen? Wenn man dir zuschaut, könnte man glauben, dass du halb verhungert bist.“

„Doch, ich hatte heute Morgen Gerstenbrei zum Frühstück. Und am Nachmittag drei Feigen.“

„Das hört sich nicht nach viel an.“

„Für die Studiengebühren, die ich zahle, lässt Xenokrates mich in seinem Haus schlafen und ich bekomme außerdem zwei Mahlzeiten am Tag. In zwei Monaten muss ich für das nächste Quartal bezahlen, deshalb spare ich und kaufe mir nebenbei nichts dazu.“

„Wie viel verlangt dein Arzt für drei Monate?"

„100 Drachmen.“ Alepou griff nach dem Gebäck, um seine Verlegenheit zu überspielen.

„Und wie viel hast du in diesem Monat gespart?"

„34, wenn ich in den nächsten beiden Monaten eben so viel einnehme, werde ich bezahlen können.“

„Und wenn du die Summe nicht zusammenbekommst? Könnte Xenokrates dir nicht etwas davon erlassen, da du ja offensichtlich keine Unterstützung durch eine Familie hast? Du solltest vielleicht einfach mit ihm sprechen.“

„Das habe ich bereits. Er hat gesagt, dass er auch bei mir keine Ausnahme machen wird und ich ja schon einen Nachlass erhalte, da er Unterkunft und Verpflegung stellt. Er sagte auch, dass viele andere nur darauf warten, von ihm unterrichtet zu werden. Schüler, die keine Schwierigkeiten damit haben, die Gebühren zu bezahlen. Außerdem sagte er noch, ich könne ja jederzeit zu einem anderen Arzt wechseln und bei dem lernen.“

Alepou verstummte. Der Fremde zog einen freien Stuhl zu sich heran und legte seine Beine darauf, dann griff er ebenfalls nach dem süßen Gebäck und begann es nachdenklich zu essen. „Weißt du, ich würde wirklich sehr gerne ein Musikinstrument so gut beherrschen wie du. Meinst du, ich könnte das lernen?"

„Warum denn nicht? Nun ja, wenn man schon alt ist, wird es länger brauchen, bis man gut spielen kann. Aber wenn Ihr viel übt, lernt Ihr es bestimmt.“

Der Mann verzog sein Gesicht zu einem schiefen Lächeln. „Nun ja, alt bin ich natürlich, da hast du vollkommen recht. Würdest du es mir beibringen? Ich würde dir pro Lektion sechs Drachmen zahlen.“

Verwundert starrte Alepou den Fremden an. „Dafür würden Euch die besten Musiker der Stadt Unterricht geben.“

„Das mag schon sein, aber für mich spielst du gut genug und mir scheint, du kannst das Geld gut gebrauchen.“

„Wie oft und wo soll ich Euch denn unterrichten?“, fragte er vorsichtig.

„Nun ja, ich habe nicht immer Zeit ... Du sagst, du spielst jeden Nachmittag auf den öffentlichen Plätzen, das habe ich doch richtig verstanden?" Alepou nickte. „Gut, wenn ich Zeit habe, werde ich dich dort bestimmt finden. Der Ort, an dem du mich unterrichtest, ist mir egal. Entscheide du das. Wärest du damit einverstanden?"

„Ja, Herr.“ Die Aussicht sechs Drachmen zu verdienen, war einfach zu verlockend, um das Angebot abzulehnen, auch wenn der Fremde ihm unheimlich war.

„Nenn mich nicht Herr. Mein Name ist Jeng. Bitte nenn mich so. Zuerst einmal brauche ich wohl eine Lyra. Wo kann ich hier eine erwerben?"

„Ich werde Euch das Geschäft zeigen.“

Der Mann winkte die Bedienung heran, um zu bezahlen. Alepou schaute auf die nicht verzehrten Speisen. „Wenn Ihr die Reste nicht mehr wollt, kann ich sie dann haben?"

„Sicher, nimm mit, was du möchtest.“

Daraufhin packte er das Brot und das Sesamgebäck in seine Tasche. „Vielen Dank.“

Der Mann nickte nur, bezahlte und stand auf. Alepou erhob sich ebenfalls von seinem Stuhl und merkte erst jetzt, dass er zu viel gegessen hatte.

„So, dann zeig mir mal den Weg", forderte der Fremde ihn auf.

„Hier entlang, es ist nicht sehr weit.“ Er überquerte die Agora und schlug eine Seitenstraße ein. Es dauerte nicht lange, bis sie das Geschäft des Instrumentenbauers erreichten. „Hier ist es schon", erklärte er, dabei drehte er sich zu ihm um.

„Gut, dann mal rein", sagte Jeng fröhlich. Alepou musste schmunzeln, denn der Mann verhielt sich so gar nicht wie ein Athener, was einerseits irritierend, andererseits auch faszinierend war. Sie betraten den Laden, woraufhin der Besitzer ihnen entgegenkam. „Womit kann ich den Herren dienen?" Jeng erklärte ihm seine Wünsche. Der Verkäufer zeigte ihm sofort die drei Instrumente, die im Verkaufsraum standen, und pries besonders eine Lyra mit aufwendigen Schnitzarbeiten und Goldverzierungen an. Anschließend erklärte er, dass er noch weitere im Lager hätte, und ging sie holen. Als sie allein im Verkaufsraum waren, fragte Jeng: „Was meinst du, Alepou, welche soll ich nehmen?"

Alepou prüfte den Klang der Instrumente.

„Diese hier, sie hat den besten Klang.“ Er deutete auf ein einfaches, unverziertes Instrument.

„Also ist auch bei einer Lyra der verborgene Wert wichtiger, als das äußere Erscheinungsbild.“ Jeng sah Alepou von der Seite an und zwinkerte. Als der Verkäufer aus seinem Lager mit zwei weiteren Instrumenten zurückkam, sagte er: „Danke für Eure Bemühungen, aber ich habe mich für diese hier entschieden.“ Er hielt die schlichte Lyra hoch.

„Das ist ein sehr gutes Instrument, Ihr werdet damit zufrieden sein. 300 Drachmen bekomme ich dann von Euch.“

„150", sagte Jeng und sah den Verkäufer an. „Mein Herr, das Instrument ist seinen Preis wert, sagen wir 250?"

Jeng schüttelte den Kopf. „Ich glaube, das ist mir zu teuer. Wie wär's mit 175?"

„240, mein letztes Wort. Diese Lyra ist von hoher Qualität und hat einen exzellenten Klang. Ihr findet kein besseres Instrument in Athen.“

„Alepou, gibt es noch weitere Instrumentenbauer in der Stadt?" fragte er laut.

„Ja, an der Stadtmauer.“

„Gut, lass uns dort hingehen.“ Jeng drehte sich um und machte Anstalten, den Laden zu verlassen.

„Die Instrumente von Timajos sind längst nicht so gut wie meine. Ihr könnt dieses für 200 haben, mehr kann ich Euch wirklich nicht erlassen.“ Jeng wandte sich wieder dem Verkäufer zu. „In Ordnung, 200 also.“

Nachdem der Fremde bezahlt und sie das Geschäft verlassen hatten, zeigte sein Grinsen an, wie zufrieden er mit diesem Handel war. Alepou musste ebenfalls grinsen. „Ihr habt wirklich einen sehr guten Preis ausgehandelt.“

„Für einen Athener wäre der Eröffnungspreis 250 gewesen und er hätte sich bis 170 herunterhandeln lassen. Aber was soll's, so kann sich auch der Verkäufer über ein gutes Geschäft freuen.“

„Woher wollt Ihr denn wissen, dass er für einen Athener so weit mit dem Preis heruntergegangen wäre?“, fragte Alepou neugierig.

„Sagen wir, ich weiß es einfach.“ Der fremde Mann wandte sich ihm zu. „Es ist schon spät, ich werde mich von dir verabschieden, Alepou. Hab vielen Dank für deine Begleitung. Es hat mir sehr viel Freude gemacht, dich kennengelernt zu haben und ich freue mich schon auf deinen Unterricht.“

Überrascht von der plötzlichen Verabschiedung, fehlten ihm im ersten Moment die Worte. Der Fremde musterte ihn kurz, wandte sich dann von ihm ab, um seinen Weg fortzusetzen. Als Alepou sich endlich gefangen hatte, rief er ihm hinterher. „Auf Wiedersehen und habt nochmals vielen Dank für alles.“ Daraufhin winkte der Mann ihm noch kurz zu, bog in eine Seitenstraße ein und verschwand aus seiner Sicht.

3 Älterer Liebhaber

4 Hippokrates

Der Gott des Chaos

Schon seit einigen Stunden inspizierte Varun die durch Rangkämpfe entstandenen Schäden an Mauern und Gebäuden in der Unterwelt und gab den Asuras gelegentlich Anweisungen zu deren Behebung. Bis Jeng sich schließlich zu Wort meldete: „Ich frage mich, ob sich die ständigen Auseinandersetzungen zwischen ihnen nicht verringern lassen.“

„Sich um Titel und Rang zu streiten liegt in ihrer Natur", erwiderte Varun schlicht.

„Ja, das weiß ich. Doch mir scheint, sie tun es auch, weil sie zu wenig Zerstreuung haben. Asuras sind keinesfalls dumm, doch die meisten Beschäftigungen, die sie verrichten, sind eintönig.“

„Das stimmt, auch ich habe vor unserer Verbindung viele langweilige Arbeiten verrichtet. Wachdienste, zum Beispiel, sind nicht gerade beliebt, doch ist eine solche Aufgabe immer noch besser als keine. Ein Asura ohne Aufgabe ist nichts wert. Deshalb streiten sie sich auch um die eintönigeren Arbeiten.“

Jeng dachte darüber nach. „Oft, wenn ich unseren Palast betrachte und die beeindruckenden Staturen sehe, die Ornamentik auf dem Boden und all die anderen kunstvollen Details, frage ich mich, ob es deinen Brüdern wohl Freude bereitet hat, all das zu bauen.“

„Sie befolgten nur Anweisungen.“

„Heißt das, es kann ihnen keine Freude gemacht haben?", fragte Jeng nach.

Zögernd antwortete Varun: „Nun ja, sie waren allein deshalb über den Bau des Palastes erfreut, weil sie sich zuvor sehr nach einer Aufgabe gesehnt haben. Ohne Identität und Erinnerung in der Unterwelt zu existieren, war für jeden eine Qual. Ich weiß das, denn ich war einer von ihnen.“

„Sag mir Varun, könnte jeder Dämon solche Statuen erschaffen, wie sie in meinem Gerichtsgebäude stehen? Oder brauchen sie dafür ein Talent, genau, wie auch ein Mensch die Befähigung dazu braucht?"

„Seltsame Fragen stellst du manchmal.“ Varun schaute zum Palast hinüber, das helle Licht des Turms war noch gut zu erkennen. „Ich habe darüber noch nie nachgedacht, und mich auch noch nie für das Erschaffen solcher Kunstwerke interessiert. Doch ich glaube, dass ein Asura tatsächlich eine Befähigung dazu braucht, aber sicher bin ich mir nicht.“

„Es wäre also möglich, dass sich um bestimmte Aufgaben nur solche streiten, die sich dazu auch befähigt fühlen?"

„Ja, das ist durchaus möglich", bestätigte Varun. „Worauf willst du hinaus?“

„Könnte man einem Asura, der Freude daran hat Kunstwerke zu erschaffen, nicht einfach erlauben, das zu tun? Ich meine, könnte man ihnen solche Freiheiten einräumen?"

„Weshalb sollte ich das erlauben?" Jeng fühlte ein intensives Kreisen in seinem Kopf. Varun lachte amüsiert.

„Als ihr Herr sollte dir ihre Zufriedenheit und ihr Wohlergehen am Herzen liegen.“

Das Kreisen verstärkte sich noch. „Ich habe kein Herz.“