Die Sonne in meiner Hand - Sabine Dau - E-Book

Die Sonne in meiner Hand E-Book

Sabine Dau

0,0

Beschreibung

Mit der Rückkehr der Asura nach Nirva muss das als Dämonen verachtete Volk erst lernen, friedlich mit anderen Völkern zusammen zu leben. Es liegt ein langer und schwieriger Weg vor ihnen, weil die Taten von dem Kriegsgott Skanda nachhallen, der die Asura um ein Haar vernichtet hätte. Niemand ahnt, welche Gefahren er heraufbeschwor, als er gewaltsam in die Unterwelt eindrang. Denn die mysteriöse Waffe, die Skanda für seinen Feldzug benutzte, birgt in ihrem Inneren einen gefangenen Gott, der schreckliche Qualen leidet und der in seiner Not einen Feind herbeiruft, dessen Gier die Welt zu vernichten droht. Die Gefahren für die Völker Nirvas sind nur dann abzuwenden, wenn es gelingt, alte Feindschaften beizulegen und in einem Bündnis gegen die Übermacht des Feindes vorzugehen. Ein fesselnder Fantasyroman, der unsere Wirklichkeit widerspiegelt und europäische Tradition mit der Mythenwelt Asiens verbindet. Fünfter Band der Yama-Chroniken

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 568

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Brahmanda Avhē

Ich war, bin und werde sein, seit Anbeginn der Zeit,

Brahmanda Avhē-der Allrufer.

Einst durchdrang ich die Unendlichkeit und

mein Licht verband sich mit allem, was ist.

Ich stand still und doch war ich frei.

Strahlend, überall zugleich, niemals einsam.

Ich war erfüllt von ewig währendem Glück.

Bis das Chaos nach mir griff.

Es zerrte mich fort von meinen Geschwistern.

Es zwang mich in die Enge und presste mich in ein Gefängnis aus Pein.

Ich fiel, ich taumelte, ich schrie.

Und es ergriff mich ein nie zuvor gekannter Schmerz.

Seither rufe ich.

Durch die Narben der Schwere dringt mein Ruf nach außen.

»Helft Geschwister!

Befreit mich von meiner Qual!«

Inhaltsverzeichnis

Yama

Indra

Skanda

Valin

Yama

Valin

Harkandas

Indra

Valin

Harkandas

Valin

Yama

Orb Ria

Valin

Valin hinter dem Schleier

Surya im Zwielicht

Indra

Valin

Yama

Harkandas

Matali

Indra

Orb Ria

Yama

Naga

Harkandas

Surya

Yama

Harkandas

Surya

Indra

Orb Ria

Manassa

Indra

Orb Ria

Valin

Harkandas

Indra

Yama

Indra

Harkandas

Yama

Hell und klar sprudelte Wasser als kraftvoller Strahl aus dem Felsgestein. Yama beugte sich zu der Quelle hinab und tauchte die Hände in das Wasser ein, um es zu kosten. Es schmeckte so frisch und so süß, dass er unwillkürlich die Augen schloss. Der Geschmack erinnerte ihn an Heimat und an eine Zeit, die längst vergangen war. Nach einer Weile erhob er sich und blickte sich um. Rings um die Quelle herum wuchsen mehrere Büsche, die mit kleinen weißen Blüten förmlich übersät waren. Yama berührte eine, brachte das Gesicht näher heran und schnupperte. Die Blüte verströmte einen intensiven Wohlgeruch. Ein Duft der Bilder von entschwundenen Träumen in ihm weckte. Es war der Geruch von unbändigem Leben, von dem er auf der Insel Khavāpa überall umgeben war. Um ihn her reckten sich imposante Baumriesen der Sonne entgegen.

Grün. Wohin er auch sah, war es grün in unterschiedlichsten Schattierungen. Dazu kamen die Töne des Waldes, das Rascheln der Blätter, das Summen der Insekten und die unzähligen Laute der Tiere. All das verband sich zu einem Konzert von unfassbarer Schönheit. Vom blauen Himmel hoch über dem Grün war kaum etwas zu sehen, doch als es plötzlich dunkler wurde und ein Schatten durch das Blätterdach brach, sah Yama auf. Sein Blick richtete sich gespannt auf das Schattengeschöpf, das mit ausgebreiteten Schwingen rasch tiefer sank und schließlich nicht weit von ihm entfernt landete. Das Wesen, dessen lederartige Flügel langsam in seinem Körper verschwanden, war vollkommen schwarz. Vage erinnerte die Gestalt an einen Menschenkörper. Es besaß Arme und Beine, doch damit hörte jede Ähnlichkeit auch schon auf, denn darüber saß ein nur entfernt an einen Schakal erinnernder Kopf mit spitz zulaufenden Ohren. Das Gesicht des Asura, denn um einen solchen handelte es sich, wirkte, als hätte ihm jemand die Haut vom Schädel gezogen. Die Erscheinung war von dem Wesen bewusst so gewählt und sollte auf andere möglichst abschreckend wirken. Denn Angst war es, von dem sich ein Asura ernährte.

»Und was bin ich?«, dachte Yama bei sich, während sich die eigene Substanz langsam über das des Menschengesichts legte, um es darunter zu verbergen. Jetzt zeigte er selbst der Welt das Bild eines schrecklichen Ungetüms, dessen Haupt gewaltige Stierhörner zierten. Er sah seinem Stellvertreter gelassen entgegen. »Was gibt es so dringendes Harkandas?«

Der Asura kam geradewegs auf ihn zu. Als er Yama antwortete, öffnete sich eine Schnauze voller scharfer schwarzer Zähne: »Herr, da ist ein Schiff auf dem Meer. Es steuert direkt auf unseren Hafen zu.«

»Ist es ein Himmelsschiff der Devas?«

»Das glaube ich nicht. Es schwebt nicht über dem Wasser, so wie es ein Schiff der Götter tun würde.«

»Nun gut, ich werde es mir ansehen, doch zuvor habe ich noch einen Auftrag für dich.« Yama deutete auf die Quelle. »Sobald die Hafenanlage fertiggestellt ist, werden ankommende Besucher frisches Wasser benötigen. Darum möchte ich, dass die Asura eine Leitung von dieser Quelle bis hinunter in den Hafen legen. Veranlasse das bitte.«

Harkandas sah seinen Herrn irritiert an. »Aber…«, begann er, brach den Satz jedoch sofort wieder ab. Offenbar wagte er es nicht, seinem Herrn zu widersprechen.

»Ja?« Yamas Nachfrage ermutigte ihn.

»Herr, wozu dieser Umstand, wo doch die Insel rundum vom Wasser umgeben ist?«

»Es gibt einen großen Unterschied zwischen diesem Wasser und dem des Meeres. Für einen Asura ist dies allerdings nicht sofort ersichtlich«, erklärte Yama sachlich, innerlich musste er jedoch schmunzeln. »Meerwasser enthält ein Mineral, das es für die meisten Völker Nirvas ungenießbar macht. Das Wasser dieser Quelle ist jedoch frei davon.«

»Woher wollt Ihr das wissen?«, fragte Harkandas und blickte skeptisch auf die sprudelnde Quelle herab.

»Der menschliche Teil meines Selbst kann den Unterschied durch einen Sinn wahrnehmen, der den Asura fehlt.« Yama konnte seinem Stellvertreter ansehen, dass er an seinen Worten zweifelte, doch wagte er es nicht, ihm noch einmal zu widersprechen. Stattdessen sagte er pflichtbewusst: »Ich werde Eure Wünsche weiterleiten.« Er entfaltete seine Flügel, um seinen Anweisungen sofort nachzukommen.

Sein Herr hielt ihn auf. »Das hat keine Eile Harkandas«, sagte er. »Zunächst lass uns herausfinden, wer uns besuchen kommt und was man von uns will.«

Daraufhin erhob sich der Herr des Totenreichs schwerelos und vollkommen senkrecht in die Luft, bis er hoch über dem Grün des Dschungels schwebte, um dann zielstrebig auf den Hafen zuzufliegen. Harkandas folgte seinem Herrn, so schnell er konnte.

Von Weitem konnte Yama bereits die kleine Nussschale erkennen, die eher ein Boot als ein Schiff zu sein schien und das von einem weißen Segel vorangetrieben wurde.

Als er am Kai eintraf, wandten sich alle dort arbeitenden Asura ihm zu. Der Bau an der Hafenanlage schritt unter der Aufsicht seines Stellvertreters erstaunlich rasch voran, stellte er zufrieden fest, während er sich in Ruhe umsah. Die Kaimauer war bereits bis zur Hälfte ausgebaut worden und für das geplante Handelshaus hatten die Asura schon das Fundament gelegt. Doch jetzt hielten die Arbeiter in ihrem Tun inne. Ihre Aufmerksamkeit galt allein ihm und es war Yama durchaus bewusst, dass sie Anweisungen von ihm erwarteten. »Verlasst den Hafen! Harkandas wird euch rufen, sobald ihr die Arbeiten wieder aufnehmen könnt.« Wie immer folgten die Asura seinem Befehl widerspruchslos. Während Yama aufs Meer hinaus sah, traf auch Harkandas am Hafen ein.

»Das ist eher ein Boot als ein Schiff«, bemerkte er, als sein Stellvertreter neben ihn trat.

»Wie unterscheidet man das?«, erkundigte der sich.

»Der Unterschied besteht allein in der Größe. Dieses da ist klein, es bietet höchstens fünf Personen Platz, ein Schiff dagegen ist sehr viel größer.«

Harkandas stieß einen zufriedenen Knurrlaut aus. »Dann können uns die Eindringlinge wohl kaum gefährlich werden. Soll ich sie vertreiben, Herr?«

Alle Fremden als Feind zu betrachten, war typisch für die Art der Asura, genau dies machte Yama Sorgen. »Natürlich nicht«, erwiderte er. »Ich möchte wissen, was sie von uns wollen.« Er wandte sich seinem Stellvertreter zu. Die starren Augen des Asura senkten sich sofort demütig zu Boden. »Hör zu Harkandas! Du musst begreifen, dass bald viele Fremde zu uns kommen werden. Du und alle anderen Asura müssen lernen, mit dieser neuen Situation umzugehen. Jeder, der friedlich mit uns Handel treiben möchte, wird unser Gast sein. Verstehst du, was ich dir damit sagen will?«

»Natürlich, Herr. Die ankommenden Händler genießen Gastrecht und dürfen nicht angegriffen werden.«

»Richtig. Du wirst feststellen, dass sich die Bewohner Nirvas nicht immer so verhalten werden, wie wir es erwarten. Unser Volk lebte so lange in der Unterwelt isoliert, dass es uns schwerfallen wird, uns an diese neue Situation anzupassen. Doch wenn wir Teil dieser Welt bleiben wollen, müssen wir uns diesen Herausforderungen stellen.« Seine Worte schienen Harkandas nicht besonders zu gefallen. Yama kannte die Asura nur zu gut, deshalb wusste er, wie schwer es jedem Einzelnen von ihnen fallen musste, ihre gewohnt aggressive Art gegen alles und jeden abzulegen. Seine Bedenken hielt Harkandas jedoch lieber für sich. Es war selbst für Yama schwer zu erkennen, was in dem Asura vorging. Genau wie er selbst starrte Harkandas dem Boot entgegen, das jetzt direkt auf sie zusteuerte. An Bord der kleinen Nussschale war nur eine einzige Person zu erkennen. Dass dieses Geschöpf ganz allein den Weg über das Meer gewagt hatte, war schon allein beeindruckend, doch dass es jetzt ohne das geringste Zögern auf sie zusteuerte, verblüffte ihn geradezu. Der Leib des Wesens war ganz mit einem ockerfarbenen Fell bedeckt, der Körper wirkte zierlich wie der einer Frau. Als das Boot näher kam, holte es die Segel ein, um gleich darauf behände den Mast zu erklimmen. Dabei benutzte es den langen Schwanz, um sich daran festzuhalten. Yama kannte solche Wesen nur vom Hörensagen. »Das ist ein Affenmensch«, rief er mit ungläubigem Staunen aus.

»Ja«, bestätigte Harkandas. »Ich habe bereits einige dieser Art gesehen. Sie kämpften an der Seite der Devas im vergangenen Krieg. Dieses Exemplar wirkt aber recht klein, wie mir scheint.«

»Vielleicht haben im Krieg nur die Männer der Affenmenschen gegen uns gekämpft«, vermutete Yama. »Das dort ist aber eine Frau.«

»Kann man allein an der Größe erkennen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt? Oder gibt es noch andere Unterscheidungsmerkmale?«, fragte der Asura und sah seinen Herrn neugierig an.

Yama lachte. Wie sollte er das auch einem Volk erklären, das keinerlei Geschlechtsunterschiede kannte. »Deine Fragen diesbezüglich werde ich dir bei anderer Gelegenheit beantworten. Lass uns zunächst unseren Gast begrüßen.«

Er ließ Harkandas stehen und ging auf die Kaimauer zu. In der Zwischenzeit war die Affenfrau den Mast wieder hinab geklettert und griff an Deck nach einem Seil. »Hey, ihr da!«, rief sie. »Fangt auf!«

Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte Yama, wie Harkandas Substanz sich drohend vergrößerte. Ein Befehl von einem Geschöpf, das ihm so eindeutig unterlegen war, war für ihn nichts anderes als eine Provokation. Yama jedoch blieb gelassen. Wie selbstverständlich fing er das Seil auf und befestigte es an einem Poller, so als hätte die Affenfrau jedes Recht, ihm zu befehlen. Nachdem sie das Boot befestigt hatte, sprang sie behände an Land. Sie sah Yama und Harkandas an, legte beide Hände aneinander und verbeugte sich respektvoll vor ihnen. »Ich sehe und achte euch«, sagte sie.

Yama überging die Begrüßung. »Falls du wegen dem Soma hergekommen bist, muss ich dich leider enttäuschen«, erklärte er.

Die Affenfrau winkte ab. »Ne, ich bin nich wegen dem Soma hier. Bin hier, weil ich mit eurem Chef sprechen möchte. Ich hab ihm nämlich einen Vorschlag zu unterbreiten.«

»Ist das so? Nun, dann bist du bei mir an der richtigen Stelle. Ich bin Yama, Herr dieser Insel und Herr des Totenreichs. Und an meiner Seite steht Harkandas, mein Stellvertreter.«

Die Affenfrau sah zuerst ihn, dann Harkandas an, bevor sie sich noch einmal verbeugte. »Hab mir schon gedacht, dass ihr beiden was zu sagen habt, wo doch alle Arbeiter ganz plötzlich den Hafen verlassen haben, als ihr aufgetaucht seid.« Sie schlug sich mit der Faust gegen die Brust. »Ich bin Uma vom Clan der Kapi«

»Freut mich sehr, dich kennenzulernen Frau Kapi. Bisher bin ich noch keinem von deiner Art begegnet. Du bist vom Volk der Affenmenschen, nicht wahr?«

Missbilligend presste die Frau Luft durch die Zähne, wobei ein deutlicher Zischlaut entstand. »Ahrg, Chef! Das Wort Affenmensch is ne Beleidigung. Is fast genauso schlimm, als wenn man einen von uns als Affe bezeichnen würde. Mein Volk nennt sich selbst die Manusya Nara.« Die braunen Augen der Frau sahen Yama selbstbewusst an, und er war beeindruckt von ihrem Mut, denn sie ließ sich ihre Angst kaum anmerken.

»Verzeih meine Unwissenheit«, sagte er und deutete eine leichte Verbeugung an. »Ich wollte dich keineswegs kränken.«

Uma winkte ab. »Schon gut. Hab’s bereits vergessen.«

»Darf ich jetzt erfahren, warum du einen so weiten Weg über das Meer auf dich genommen hast, um zu uns zu gelangen?«, fragte der Herr des Totenreichs und war auf die Antwort äußerst gespannt.

»Klar, Chef.« Uma zog ein Papier aus ihrem Rock hervor, der wie eine Schürze hinten offen war, sodass sich ihr langer Schwanz frei bewegen konnte. Dann sah sie zu ihm auf und deutete auf einen goldenen Ring, der eines ihrer Ohren zierte. »Siehst du das da? Das ist das Zeichen der Kadyagilde. Der Ohrring weist mich als eine anerkannte Versorgerin aus und genau aus diesem Grund bin ich hier.«

»Leider verstehe ich nicht, was du mir damit sagen willst, gute Frau.«

Die Manusya Nara Frau seufzte und kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Es hat sich unter uns sehr schnell herumgesprochen, dass die Devas diese Insel an die Asura abgetreten haben. Als mir zu Ohren kam, dass hier ein neuer Handelsposten errichtet wird, wollte ich die erste Versorgerin sein, die bei euch vorspricht. Ich hab Pläne für ein Gasthaus dabei. Wenn du mir dafür ein Grundstück in der Nähe des Hafens verkaufst, verspreche ich, dass du‘s nich bereuen wirst, Chef.«

»Nur damit ich es richtig verstehe, du möchtest ein Grundstück von mir erwerben, um darauf ein Gasthaus zu errichten?«, wiederholte Yama.

»Klar, Chef. Wo ein Handelsposten ist, kommen Händler von überallher, die wollen versorgt und unterhalten werden.«

»Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber ich verkaufe an niemanden den Grund und Boden dieser Insel.«

»Aber Chef, wer soll sich denn um die eintreffenden Gäste kümmern, einer von euch etwa? Du solltest bedenken, dass nich alle so schicke Schiffe besitzen wie die Devas sie haben, deren Schiffe über das Wasser fliegen können. Die meisten werden mit Booten herkommen, genau wie ich. Ne Fahrt über das Meer is gefährlich und anstrengend, besonders wo diese Insel so abgelegen liegt. Da …«

Yama hob die Hände und unterbrach so den Redefluss der Frau. »Ich sehe schon, dass du nicht leicht von deinem Vorhaben abzubringen bist. Es ist schon wahr, was du sagst, und Asura sind nicht gerade für ihre Gastfreundschaft bekannt.«

»Sag ich doch, Chef. Ihr braucht jemanden wie mich, der sich um die Bedürfnisse der Gäste kümmern kann, einen Versorger eben.«

»Du willst das Gasthaus doch nicht etwa ganz alleine unterhalten?«

»Natürlich nich, Chef. Ich bin gekommen, um als Oberhaupt meines Clans mit dir zu verhandeln.«

»Verstehe. Und wie viele Personen würdest du hierher mitbringen wollen?«

»Mit mir kämen mein Mann, mein Sohn, meine Schwester, ihre zwei Töchter und ihr Ehemann.«

»Du willst Kinder mit hierherbringen? Hältst du das für eine gute Idee?«

»Wieso denn nich, Chef? Es müssen sich hier doch alle sicher fühlen können, wenn sie herkommen sollen. Is doch so oder? Warum sollte ich da um die Sicherheit der Kinder besorgt sein?«

Der arglose Blick der Manusya Nara Frau war Yama nicht entgangen. Uma mochte eine überaus geschäftstüchtige Frau sein, doch von der Natur der Asura und von den Gefahren, die von ihnen ausgehen konnten, wusste sie wenig. Andererseits hatte sie aber vollkommen recht, ein Gasthaus an diesem Ort wäre für alle ankommenden Gäste von Vorteil. Während er noch überlegte, stand Uma schweigend daneben, solange bis Yama zu einer Entscheidung gelangte. »Sind das die Pläne für das Gasthaus, die du da in der Hand hältst?«, fragte er.

»Ja, Chef.«

»Darf ich sie sehen?«

Frau Kapi reichte das Papier, das sie die ganze Zeit wie einen Schatz in der Hand gehalten hatte, an ihn weiter. »Das is ein gut ausgearbeiteter Bauplan. Er wurde nach meinen Wünschen von einem Architekten mit tadellosem Ruf entworfen. Wenn ich hier ein Grundstück erwerben dürfte, könnten die Bauarbeiten schon im nächsten Frühjahr beginnen. Alle notwendigen Materialien für den Bau würden per Schiff angeliefert werden, ebenso die Arbeiter. Ich habe alles genaustens geplant und …«

Yama hob seine Hand und brachte die Manusya Nara Frau erneut zum Schweigen. »Wie ich bereits sagte, ich verkaufe das Land an niemanden, auch nicht an dich. Aber ich bin bereit, dir einen Gegenvorschlag zu unterbreiten. Überlass diese Pläne mir. Meine Asura werden nach dieser Vorgabe ein Gasthaus errichten. Sie arbeiten schnell. Ich garantiere, dass das Gebäude bereits im kommenden Frühjahr fertiggestellt sein wird.«

»In nur vier Monaten?«, fragte Uma überrascht.

Yama nickte. »Du hast mein Wort darauf. Sobald das Gebäude fertiggestellt ist, kannst du und dein Clan es bewirtschaften. Im ersten Jahr verlange ich nichts für dessen Nutzung. Sollte aber die Bewirtschaftung im darauffolgenden Jahr einen Gewinn erzielen, erhebe ich einen Anteil an dem Gewinn von zwanzig Prozent.«

»Hm!« Uma kratzte sich am Kopf, während sie über das Angebot nachdachte. »Ihr schlagt also einen Pachtvertrag vor, anstelle des Kaufs?«

»Richtig und dieses Angebot ist nicht verhandelbar. Auf diese Weise wäre auch das Risiko für dich sehr viel geringer oder bist du da anderer Meinung? Falls die Geschäfte im ersten Jahr nicht so wie erwartet für dich laufen, könnte dein Clan ohne größere Verluste sein Glück an einem anderen Ort versuchen.«

»Klingt fair, Chef. Ich bin einverstanden. Schlag ein.« Die Frau hielt Yama die offene Hand entgegen, er ergriff und schüttelte sie ohne Zögern. »Und ich kann mich darauf verlassen, dass die Pläne von deinen Arbeitern korrekt umgesetzt werden?«

»Du kannst dich darauf verlassen.«

* * *

Als sich das Boot am nächsten Morgen vom Hafen entfernte, sah Yama ihm noch lange nach. »Ich mache mir Sorgen«, sagte er nach einiger Zeit und wandte sich dabei seinem Stellvertreter zu.

Harkandas sah ihn verständnislos an. »Sorgen, Herr?«

»Die Völker Nirvas haben die Asura vergessen. Außer den Devas kann sich niemand mehr an die Zeit erinnern, als wir frei über dieses Land gezogen sind. Nur deshalb ist Uma uns gegenüber so arglos. Dennoch hat sie recht, wenn sie sagt, dass wir für all jene Sorge tragen müssen, die zu uns kommen werden. Keinesfalls dürfen sie verletzt oder gar getötet werden. Doch ich weiß nicht, ob ich für diese Sicherheit garantieren kann.«

»Wieso wäre es so schlimm, wenn einige von ihnen zu Schaden kommen?«

»Kannst du dir diese Frage nicht selbst beantworten Harkandas? Die Devas haben uns diese Insel übereignet, aber nicht ohne daran einige Bedingungen zu knüpfen. Es gibt viele Feinde in ihren Reihen. Wir dürfen ihnen nicht den geringsten Anlass bieten, der ihnen einen Grund liefert, den eingegangenen Vertrag für ungültig zu erklären und uns die Insel wieder zu entreißen.«

»Könnte das geschehen, wenn einer dieser Affen durch uns verletzt würde?«

»Durchaus. Erkennst du jetzt mein Problem?«

»Ja Herr«, sagte Harkandas und blickte kurz zu Yama auf, der ihn noch um einiges an Größe überragte. »Wir könnten den Zugang zum Hafen für die Asura beschränken«, schlug er vor.

»Das ist eine gute Idee. Aber einige von ihnen müssen sich um die Abwicklung des Handels kümmern. Zudem brauchen wir ein oder besser zwei Hafenmeister vor Ort, die sich um die Bedürfnisse und um die Sicherheit am Hafen kümmern müssen. Für diese Aufgabe eignen sich nur sehr wenige Asura. Sie sollten nicht so leicht in Zorn geraten und ihr Naturell eher gemäßigt sein. Du kannst die Asura besser einschätzen als ich, deshalb möchte ich, dass du dich um die Auswahl geeigneter Kandidaten kümmerst.«

»Gut.« Harkandas wandte den Kopf ab, drehte sich um, er spannte seine Flügel auf und erhob sich mit einer einzigen kraftvollen Bewegung in die Luft. Schon bald darauf war er aus Yamas Blick verschwunden. Der Gott des Totenreichs blieb jedoch, wo er war. Allein stand er am Rand des Hafenbeckens und sah zu, wie das Boot der Manusya Nara Frau langsam am Horizont verschwand.

Indra

Karana Sachi beugte sich über die handtellergroße Silberscheibe, um sie mit einem Schallprisma näher untersuchen zu können. Dabei war sie so auf ihre Arbeit konzentriert, dass sie Indra, der sich ihr von hinten genähert hatte, erst dann bemerkte, als er das Wort an sie richtete: »Konntest du bereits etwas herausfinden?«

Abrupt richtete sie sich auf und streifte sich verärgert das Prisma vom Kopf, um es auf dem Tisch abzulegen. »Du schon wieder? Kannst du nicht einfach abwarten, bis ich meine Untersuchungen abgeschlossen habe?«

Der Devakönig winkte ab. Er setzte sich lässig auf die Tischkante und entgegnete: »Die Zeit drängt. Wenn du etwas über dieses Ding erfahren hast, möchte ich das sofort wissen.«

»Dieses Ding hat Hunderte von Jahren in einer Vitrine Staub angesetzt«, fauchte Karana. »Kaum jemand hat es beachtet. Wieso drängt da ausgerechnet jetzt die Zeit? Wird Nirva etwa untergehen, wenn ich nicht schnell etwas darüber herausfinde?«

»Dein Zynismus ist unangebracht«, meinte Indra ruhig. »Es stimmt zwar, dass das Artefakt lange Zeit unbrauchbar und in drei Teilen zerfallen im Artefaktenraum lag, doch dann hat es jemand wieder zusammengefügt, und ich will wissen, wer das war, denn Skanda hat das sicher nicht getan.«

Karana Sachi zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Warum befragst du ihn nicht selbst dazu? Er müsste es doch wissen.«

Bedauernd schüttelte Indra den Kopf. »Skanda liegt noch immer schwer verletzt auf der Krankenstation. Er ist derzeit nicht in der Lage, mir auf meine Fragen zu antworten. Sag mir bitte einfach, was du bisher herausgefunden hast.«

Die Wissenschaftlerin seufzte, dann winkte sie ab. »Bis jetzt weiß ich nicht viel über das Ding. Es widersetzt sich allen üblichen Untersuchungsverfahren.«

Der Devakönig konnte es Karana Sachi ansehen, dass ihr wilde Spekulationen zuwider waren. Sie war ein Kind der Wissenschaft, deren Aussagen auf fundierten Beweisen und harten Fakten gründeten. Daher fiel es ihr schwer, reine Vermutungen anzustellen.

»Komm schon«, ermutigte er sie, »sag mir einfach, was du bisher herausfinden konntest, und erkläre mir, auf was das hindeuten könnte.«

Karana runzelte die Stirn. Es war offensichtlich, dass sie mit sich selbst haderte, während ihr Blick auf dem handtellergroßen Gebilde ruhte. Schließlich fuhr sie sich durch das zitronengelbe Haar, so, als ob sie sich selbst beruhigen müsste. Sie seufzte schwer, bevor sie ihrem König widerwillig Antwort gab: »Die äußere Hülle der Waffe oder was immer das auch ist, besteht aus einem mir unbekannten Material. Es scheint unzerstörbar zu sein, jedenfalls für uns Devas.« Karana fing an, nervös hin und her zulaufen, während sie weitersprach: »Ich habe das Ding hochenergetischer Strahlung ausgesetzt und das Wenige, das die Hülle durchdrang, zeigte eine unerwartet starke Richtungsabweichung. Dies weist darauf hin, dass die Massendichte im Inneren gewaltig sein muss. Keiner von uns wäre in der Lage, Materie auf diese Weise zu verändern.« Sie sah Indra fest an. Der Götterkönig erwiderte ihren Blick, sagte jedoch nichts. »Du willst, dass ich Vermutungen anstelle? Das kann ich nicht. Das Einzige, was ich bisher sicher sagen kann, ist, dass dieses Ding, unseren Wissensstand bei Weitem übersteigt. Es könnte sich alles darin befinden, sogar ein schwarzes Loch.« Die von Karana erwartete Reaktion blieb aus.

Indra schüttelte den Kopf und winkte ab. »Ein schwarzes Loch würde Masse anziehen, sicher würde es auch die hochenergetische Strahlung verschlucken, mit der du es untersucht hast, nicht wahr?«

Spontan musste Karana über Indras Frage lächeln. »Das war nicht mehr als eine wilde Spekulation. Du wolltest doch, dass ich Vermutungen anstelle.«

Der König ging nicht auf ihre spitze Bemerkung ein. »Yama erzählte mir, wie Skanda das Ding benutzt hat, als er die Asura damit angriff. Es trat eine Energie daraus hervor, die er nach Belieben, mal zum Angriff, mal zur eigenen Verteidigung verwenden konnte.«

»Du vertraust auf Yamas Wort?«

»Das tue ich«, bestätigte Indra ohne Zögern. »Mit dieser Waffe hat der Gott des Krieges mit Leichtigkeit hunderte Asura niedergestreckt, bevor Yama sich ihm in den Weg stellte und ihn aufhalten konnte.«

Karana hob skeptisch eine Augenbraue. »Wenn dieses Ding so mächtig ist, wie du sagst, wie konnte der Gott des Totenreichs Skanda dann bezwingen?«

»Das weiß ich nicht und kann deshalb gar nichts dazu sagen.«

»Also gut. Sicher befindet sich kein schwarzes Loch im Inneren dieser Scheibe, aber es muss etwas ganz Ähnliches sein, etwas, das eine große Masse besitzt und dazu noch eine enorme Energie ausstrahlt.«

»Da bleibt nicht viel übrig.«

»Nein.«

»Also was?«

Karana biss sich auf die Unterlippe. »Es mag sich vielleicht verrückt anhören, aber da käme höchstens noch eine Sonne infrage. Doch das ist mindestens genauso unwahrscheinlich, wie die Annahme, dass ein schwarzes Loch sich im Inneren dieser Scheibe verbirgt.« Sie nahm die silbrig glänzende Scheibe aus der Halterung heraus und betrachtete sie für einige Zeit, bevor sie sich wieder Indra zuwandte. »Eine Macht, die dazu fähig wäre, eine Sonne in ein solches Ding zu pressen, wäre unvorstellbar.«

»Unvorstellbar? Für uns vielleicht, doch nicht für die Hochgötter. Skanda hat mit Dingen gespielt, die weit über unsere Erfahrungswelt hinausgehen. Und vielleicht werden wir alle die Folgen seiner Tat noch zu spüren bekommen.«

Skanda

Die Uhr an der Wand tickte unablässig. Tick, … Tock, Tick, … Tock. Unbarmherzig langsam verging die Zeit, floss träge dahin, zähflüssig wie Blei.

Skanda lag regungslos auf einer medizinischen Liege. Sein verbranntes Fleisch hatte man mit Fischhäuten bedeckt, die die Heilung der Haut beschleunigen sollten.

Über ihm hing eine Infusionsflasche, die ihm kontinuierlich Flüssigkeit, Elektrolyte und ein Schmerzmittel über einen Schlauch in die Armvene zuführte. Schmerzen hatte er dennoch, brennende, stechende, quälende Schmerzen, die auch das Schmerzmittel nicht zu unterdrücken vermochte, und die den Körper in einer monströsen Umklammerung aus Pein gefangen hielt.

Unbeweglich lag er da, war nicht fähig zu sprechen. Von Zeit zu Zeit betrat jemand den Raum, um nach ihm zu sehen, Dhan, der Gott der Heilkunst oder irgendein anderer Arzt. Sie wechselten seine Verbände, säuberten ihn und ersetzten die leeren Infusionen durch neue. Er hasste ihre Berührungen. Sie riefen in ihm eine tiefgehende Abscheu hervor, die im Widerspruch stand zu den Gefühlen der Anteilnahme, die ihm die pflegenden Devas entgegenbrachten. Dieses Mitleid war unerträglich für ihn, genauso unerträglich wie seine eigene Hilflosigkeit.

Zu keiner Bewegung fähig starrte Skanda mal an die Decke, mal zu der Fliege an der Wand, die sich in sein Krankenzimmer verirrt hatte. Gelegentlich blickte er auch zu der Uhr hinüber, die ihm mitteilte, wie unbarmherzig die Zeit verstrich.

Das Ticken war bedrückend, wirkte geradezu bedrohlich auf ihn, sodass Skanda sich beinahe wünschte, dass jemand käme, um die Uhr aus seinem Zimmer zu entfernen.

Dann plötzlich durchbrach eine vertraute Stimme seine Agonie aus Schmerz, Hass und Angst. Sie war sanft und löste eine Flut von Gefühlen in ihm aus. »Darf ich zu ihm gehen?«

»Natürlich darfst du, geh nur hinein Orb«, antwortete Dhan. »Aber bitte denke daran, dass es Skanda noch sehr schlecht geht und er nicht sprechen kann. In seiner Gegenwart solltest du über keine Dinge reden, die ihn unnötig aufregen könnten.«

»Das werde ich nicht, versprochen.«

Die Tür zu seinem Krankenzimmer öffnete sich. Orb trat herein und kam auf ihn zu. Sie lächelte und sein Herz begann, schneller zu schlagen. Auf ihren rotgoldenen Locken brach sich das Sonnenlicht, das durch das geöffnete Fenster in sein Zimmer schien. Es fing sich in ihrem Haar und sprühte dort Funken.

Die Devi hielt einen Glasdom in Händen, eine in sich abgeschlossene Biosphäre, in dessen Innerem sich ein eigenes kleines Ökosystem befand. »Das habe ich für dich gemacht«, sagte sie. »Ich hoffe, dass es dir gefällt.« Sie stellte den Glasdom auf dem Tisch neben seinem Bett ab, dann zog sie einen Stuhl zu sich heran und setzte sich an seine Bettstatt.

Sie sagte kein Wort, saß einfach stumm da, während ihre Augen über seinen bandagierten Körper glitten, bis sich schließlich ihre Blicke trafen. Erschreckt sah sie zu Boden, in ihren Augen glitzerten Tränen, die kurz darauf über ihre Wangen rannen. Vorsichtig nahm sie seine Hand und drückte sie sacht. Der Schmerz war für ihn unerträglich, trotzdem erwiderte er ihre Geste. Orb sah ihn nicht noch einmal an, doch die Tränen rannen nun ungehemmt über ihre Wangen.

»Sieh her!«, dachte er und versuchte sie durch reine Willenskraft dazu zu bringen, ihn anzusehen. »Sieh genau hin! Das hat Yama mir angetan. Glaubst du noch immer, dass dieses Monster freundlich und gut ist? Oder kannst du jetzt endlich seine wahre Natur erkennen?«

Irgendwann stand Orb auf. Als sie sich von Skanda verabschiedete, blickte sie an ihm vorbei, doch sie versprach ihm, wiederzukommen bevor sie die Tür hinter sich zuzog.

Tick, … Tock, … Tick, …Tock, hallte es durch den Raum, als die Stille zurückkehrte, wie ein Dieb, der sich auf leisen Sohlen an ihn heranschlich.

Skanda wandte mit Mühe seinen Kopf dem Glasdom zu, den Orb neben seinem Bett abgestellt hatte. Die blühenden Pflanzen darin waren von ihrer eigenen Hand modifiziert worden. Vor seinen Augen blühten filigrane Blumengebilde im Zeitraffer auf, die schon kurz darauf Samen bildeten, die zu Boden fielen und sofort zu keimen begannen. Es war ein Blühen und Vergehen im endlosen Wechsel. Eine eigene kleine Welt, in sich abgeschlossen, wie Botaniker sie gerne verschenkten. Skanda hatte dieser Kunst zuvor noch nie große Beachtung geschenkt. Doch jetzt sah er genau hin, sah zu, wie das Leben in der Glaskuppel aufblühte, um bald darauf zu vergehen. Ein Kreislauf, der niemals endete.

Valin

Er war den Hauptmast hinaufgeklettert, ganz nach oben über die vom Wind aufgeblähten Segel des Dreimasters. Mit einer Hand und einem Fuß hielt er sich fest. Für besseren Halt hatte er zusätzlich seinen langen Schwanz um den Mast gewickelt. Die andere Hand hielt er schützend vor das Gesicht, um nicht von der Sonne geblendet zu werden. Sogar so hoch oben roch die Luft noch salzig. Der stetige Wind zerrte an ihm, sodass er trotz seines Fells fröstelte.

Sein Blick war starr auf die Insel Khavāpa gerichtet, auf die sich das Schiff langsam zubewegte und die künftig die Heimat seines Clans werden sollte.

»Valin komm da runter! Sofort!«

Er gab vor, den Ruf der Mutter nicht zu hören, denn er war furchtbar wütend auf sie. Als Clanoberhaupt seiner Familie war sie es gewesen, die beschlossen hatte, aus der vertrauten Heimat fortzuziehen, um an diesem von den Göttern verlassenen Ort von zu leben. Ihre Gründe für diese Entscheidung kannte er nicht, doch wenn Valin eine Wahl gehabt hätte, wäre er niemals mit ihr gegangen.

»Valin du kommst sofort da runter oder muss ich erst raufkommen, um dich zu holen?«

Diesmal war es der Vater, der rief. Seine kräftige Stimme hallte laut vernehmlich zu ihm herauf. Es war nicht klug, auch ihn zu ignorieren, denn er wusste, dass sein Vater sehr böse werden konnte. Er beeilte sich deshalb, seiner Aufforderung nachzukommen. Behände kletterte er den Mast hinunter, um dann unten angekommen geschickt auf das Deck zu springen.

Sein Vater gab einen zufriedenen Laut von sich und musterte seinen Sohn, ohne das Wort an ihn zu richten. Er war von großer, kräftiger Gestalt. Wortgewandt war Alok jedoch nicht, darum überließ er das Reden wie fast alle anderen wichtigen Dinge seiner Frau Uma.

»Von da oben konnte ich die Insel bereits sehen«, verkündete Valin, als er zu ihm trat.

»Sind bald da. Weiß ich schon vom Kapitän. Der hat sich übrigens geärgert, dass mein Sohn in der Takelage des Schiffes herumklettert und sich bei mir darüber beschwert.« Die wachen Augen seiner Mutter, schwarz wie Ebenholz, musterten ihn. Uma war von schlanker, beinahe zierlicher Gestalt, ihre Haltung zeugte jedoch von der Stärke, die sie als Oberhaupt ihres Clans benötigte. Valin senkte den Blick, hob einen Arm und hielt ihr den Handrücken entgegen, was bei seinem Volk als eine allgemeine Geste der Entschuldigung galt.

»Ich wollte dir keinen Ärger machen Mutter«, murmelte er dabei kaum vernehmlich.

»Is gut.« Zärtlich strich Uma ihrem Sohn über die dargebotene Hand als Zeichen ihrer Vergebung. »Bleib jetzt auf Deck und steh den Seeleuten nich im Weg rum.« Gehorsam nickte Valin, dann wandte er sich ab, um zum Bug des Schiffes zu laufen, vorbei an den geschäftig wirkenden Matrosen und dem missmutig dreinblickenden Kapitän, der ihn nicht weiter beachtete. »Holt das Hauptsegel ein!«, dröhnte dessen donnernder Befehl über das Deck und die Mannschaft beeilte sich, dem nachzukommen.

Valin ignorierte das geschäftige Treiben und die lauten Rufe der Matrosen in seinem Rücken. Wie schon zuvor waren seine Augen fest auf die Insel gerichtet, auf die das Schiff zusteuerte. Warum brachte seine Mutter den Clan an diesen von allen Göttern verlassenen Ort? Er fragte sich das zum wiederholten Male.

Je näher sie der Insel Khavāpa kamen, umso unruhiger wurde er, denn sie erschien ihm beinahe so furchtbar wie einem zum Tode Verurteilten der Richtplatz. Womöglich würde er seine vertraute Heimat und die dort zurückgebliebenen Freunde niemals mehr wiedersehen. Erst jetzt, während er dem Ziel der Reise immer näherkam, wurde er sich dessen voll bewusst. Dort gab es nichts, auf das er sich hätte freuen können, doch seiner Mutter war das vollkommen egal. Plötzlich, ohne dass er es verhindern konnte, begannen Tränen über seine Wangen zu fließen. Seine Hände krallten sich an der Reling fest, während er stur weiter geradeaus sah und hemmungslos zu weinen begann.

Niedergeschlagen stand Valin so für lange Zeit da, bis der Hafen der Insel langsam in Sicht kam. Schon jetzt konnte er einige Gestalten erkennen, die dort offenbar Arbeiten verrichteten. Obwohl der Hafen noch weit entfernt lag, wirkten die Wesen am Ufer riesig, schwarz und groß wie gewaltige Ungetüme. Das müssen Asura sein, schoss es ihm durch den Kopf. Seine Mutter hatte von den Bewohnern der Insel erzählt, als sie von ihrer Reise zu ihnen zurückgekehrt war. Doch Valin hatte ihr nicht geglaubt. Bisher waren Asura nicht mehr als Fabelwesen für ihn gewesen, die er einzig aus den Geschichten seines Großvaters kannte. Großvater hatte sehr oft über den Krieg erzählt, auch wenn das die Mutter nicht gern hörte. Jetzt erinnerte sich Valin an seine Worte: »Eine ganze Armee von Manusya Nara war nötig gewesen, um auch nur einen einzigen von ihnen zu Fall zu bringen. Asura sind stark und beinahe so mächtig wie Götter, doch anders als Götter sind es grausame Monster ohne jedes Mitgefühl.« Valin hatte die Erzählungen immer für Schauermärchen gehalten, doch jetzt lief ihm ein eiskalter Schauder den Rücken hinab. Während er die Bewegungen der Wesen am Hafen verfolgte, begann sein Schwanzende nervös hin und her zu zucken. Auch die Asura hatten inzwischen das herannahende Schiff bemerkt. Sie hielten mit ihren Arbeiten inne und blickten in seine Richtung.

»Seht doch, dort!«, hörte er hinter sich plötzlich einen der Matrosen rufen, als dieser die Asura auf der Insel ebenfalls entdeckte. Gemurmel und ängstliches Raunen erklang in seinem Rücken. Die Mannschaft erschien mit einem Mal wie erstarrt.

Doch die kraftvolle Stimme des Kapitäns riss die Matrosen aus der Erstarrung heraus: »Holt die Segel ein und werft Anker! Wir machen hier Halt.«

Kurz darauf hörte Valin seine Mutter fragen: »Was soll denn das, Kapitän? Warum halten wir hier?«

Valin wandte sich nicht zu ihr um, aber er hörte aufmerksam zu, als der Kapitän ihr antwortete: »Werte Frau Kapi, seht doch selbst.« Es entstand eine kurze Pause und Valin vermutete, dass der Kapitän währenddessen zum Hafen deutete. »Ich habe nicht vor, meine Mannschaft einer solchen Gefahr auszusetzen. Solange ich nicht davon überzeugt bin, dass es dort sicher ist, werde ich nicht in den Hafen einlaufen. Dort sind Asura Frau Kapi. Schon einer von denen würde ausreichen, um mein Schiff zu Kleinholz zu verarbeiten.«

»Natürlich sind dort Asura«, entgegnete Uma ungehalten. »Hab’s dir doch schon zuvor gesagt. Die erwarten mich und meine Familie. Willst du jetzt, da du sie mit eigenen Augen siehst, etwa mit unserer Vereinbarung brechen und zurückfahren?«

»Ne«, sagte der Kapitän kleinlaut. »Ich möchte nur eine Garantie, dass ich dort gefahrlos anlanden kann.« Valin hörte seine Mutter hinter sich seufzen.

»Na gut Kapitän, lass mein Boot zu Wasser, dann werde ich zur Insel segeln und mit ihnen reden. Du kannst mich gerne begleiten, wenn du willst, um dir ein eigenes Bild von ihnen machen zu können.«

Plötzlich spürte Valin Angst, die wie viele kleine Nadelstiche seinen Rücken hinaufschlich. Die Hände verkrampften sich um die Reling und der Zorn auf seine Mutter war schlagartig verflogen. Er wandte sich zu ihr um. »Geh nicht!«, rief er. »Das darfst du nich. Bitte Mama, lass uns heimkehren.«

Uma wandte ihre Aufmerksamkeit ihrem Sohn zu. Ein beruhigendes Lächeln trat auf ihr Gesicht. »Musst keine Angst haben, Junge«, sagte sie, »ich weiß schon, was ich tue.« Sie ging auf ihn zu und wollte ihm zur Beruhigung eine Hand auf die Schulter legen. Valin schüttelte sie ab. »Lass mich in Ruhe!«, schrie er und trat einen Schritt vor ihr zurück. »Asura sind Monster. Jeder weiß das, nur du nich.« Hilfesuchend drehte Valin sich zu seinem Vater um, der neben Onkel Udai und seiner Tante Prem stand. »Bitte Pa, sag ihr, dass wir umkehren müssen.«

Alok blickte seinen Sohn ruhig an. Er schüttelte leicht den Kopf und sagte dann mit ernster Miene: »Deine Ma weiß, was sie tut. Sie war bereits auf dieser Insel und hat mit den Monstern verhandelt. Hab Vertrauen, Sohn.«

Ein Wirrwarr von Gedanken schoss Valin durch den Kopf. Ihm war klar, dass er seinen Vater nicht umstimmen konnte. Mit vager Hoffnung sah er deshalb Tante Prem an, die sich, sobald sich ihre Augen trafen, abwandte, um ihre Tochter Lali hochzuheben, die sich an sie klammerte und zu weinen begann.

Ich möchte nach Hause, hörte er sich in Gedanken schreien, während er gleichzeitig begriff, dass nichts, was er hätte sagen können, an dem Entschluss der Mutter etwas ändern würde.

Resigniert sah er zu Boden, drehte sich um und kehrte zum Bug des Schiffes zurück. Ohne sich noch einmal umzusehen, begann er erneut zu weinen.

Bald darauf ließ der Kapitän den Anker wieder einholen und das Focksegel setzen. Offenbar hatte seine Mutter ihn doch noch überreden können, wie zuvor vereinbart, den Hafen anzulaufen. Der Dreimaster segelte daraufhin langsam auf die Insel zu.

Als die Hafeneinfahrt näherkam, hämmerte sein Herz hart gegen die schmale Brust. Die Asura sahen ab und zu zum Schiff herüber, während sie weiter ihren Arbeiten nachgingen. Dann plötzlich erklang ein Geräusch, dissonant und schrill, woraufhin die Schreckensgestalten in Aufregung gerieten. Sie ließen ihre Arbeiten ruhen und starrten dem Schiff entgegen, drohend wie eine düstere Unwetterfront. Ihm war, als würde er von Weitem durch die Schwärze ihrer Leiber in die Tiefen der Hölle gesogen. Hoch über der Insel Khavāpa tauchte plötzlich ein seltsamer Vogel auf, der von den Bergen herzukommen schien und geradewegs auf den Hafen zuflog.

Doch was zunächst nur wie der schwarze Umriss eines Vogels aussah, wurde größer. Valin kniff die Augen zusammen, um die Erscheinung besser fixieren zu können. Das war kein Vogel, erkannte er. Das Wesen war groß, viel größer als jeder Vogel den er kannte, aber was war es sonst? Ein Drache vielleicht?

»Da soll mich doch Hanuman mit seiner Keule treffen. Können diese Ungetüme etwa fliegen?« Es war der Kapitän, der von ihm unbemerkt an die Reling getreten war.

»Ihr glaubt, das ist auch ein Asura?«, fragte Valin.

»Es muss einer sein«, meinte der Kapitän. »Das Ding ist genauso schwarz wie diese Ungetüme und scheint mindestens so groß zu sein. Verdammt. Ich hätte mich nich auf den Handel mit deiner Mutter einlassen sollen.«

»Warum weigert Ihr Euch nich einfach, den Hafen anzufahren?«, fragte Valin und sah den besorgt dreinschauenden Mann hoffnungsvoll an.

Der warf ihm einen Seitenblick zu. »Vertrag is Vertrag, das hat mir deine Mutter nachdrücklich klar gemacht. Is ne taffe Frau, deine Mutter. Was die sich einmal in den Kopf gesetzt hat, redet ihr so schnell keiner aus. Sie sagt, sie wäre ganz alleine nach Khavāpa gesegelt, um dort persönlich mit den Asura zu verhandeln. Is das wahr?«

Valin nickte.

Der Kapitän pfiff durch die Lippen. »Bei allen Göttern, was für einen Schneid diese Frau hat!«, sagte er anerkennend. Dann schwieg er und stand still neben ihm. Gemeinsam beobachteten sie, wie der geflügelte Asura näher kam und bald zwischen all den anderen Asura am Hafen landete. Kurz darauf verließen die meisten der Ungetüme die Hafenanlage. Einzig der Geflügelte und zwei Weitere blieben zurück. Hatte er die anderen weggeschickt? Dann plötzlich, praktisch aus dem Nichts erschien noch ein Weiterer, größer als alle anderen; gewaltige Stierhörner zierten sein Haupt.

»Das is der Chef. Mit dem hab ich verhandelt!« Die Stimme seiner Mutter klang aufgeregt, doch keinesfalls ängstlich. Als das Schiff in den Hafen einfuhr, ließ der Kapitän auch das Focksegel einholen, denn um das Landemanöver einzuleiten, reichte die Fahrgeschwindigkeit allein aus. Die Matrosen verfielen in geschäftige Routine, und als sie den Asura am Hafen die Schiffstaue zuwarfen, wurden diese anstandslos an den Pollern festgemacht. Der Landungssteg wurde ausgefahren, alles war vorbereitet, um von Bord zu gehen, doch keiner wagte den Schritt an Land. Niemand bis auf eine.

Ohne zu zögern, betrat Uma den Steg und ging zielstrebig auf den Größten der Asura zu. Dort angekommen verbeugte sie sich ehrerbietig vor ihm.

Als der Asura seine Mutter begrüßte, klang seine Stimme erstaunlich freundlich: »Uma vom Clan der Kapi, es ist mir eine Freude dich und all deine Lieben auf der Insel Khavāpa willkommen zu heißen.«

»Großer Yama, Chef der Asura, ich sehe und achte dich.« Uma verbeugte sich ein weiteres Mal. »Darf ich dir meine Familie vorstellen, Chef?« Sie wandte sich zum Schiff um und winkte sie zu sich.

Zögernd kam Valin der Aufforderung nach, als sein Vater voranschritt und ihm ein Zeichen gab, dass er ihm folgen sollte. Tante Prem hielt ihre jüngste Tochter fest in den Armen, sie krallte sie beinahe an sich, während ihr Mann die ältere Tochter an der Hand führte. Während sie den Steg betraten und zu Uma aufschlossen, wirkte jeder von ihnen genauso nervös und angespannt wie er selbst. Sobald Valin bei seiner Mutter ankam, fasste sie ihn am Handgelenk und schob ihn nach vorne, um ihn vorzustellen. »Dies is mein Sohn Valin, er is neun Jahre alt.«. Sie stupste ihn in die Seite, woraufhin sich der Junge hölzern verbeugte. »Ich sehe und ich achte dich«, nuschelte er hastig.

Zufrieden wandte sich Uma den anderen zu. »Und dies hier ist Alok, mein Ehemann, meine Schwester Prem, ihr Gatte Udai und ihre Töchter Nadi und Lali.«

Der Asura mit den imposanten Stierhörnern beugte sich zu Nadi hinab, dabei zogen sich seine Mundwinkel nach oben, wobei er ein furchteinflößendes Gebiss entblößte. »Und wie alt bist du, meine Kleine?« Die offenbar freundlich gemeinte Frage hatte nicht die erhoffte Wirkung. Ängstlich wich Nadi vor ihm zurück, sie wandte sich um und schrie. In ihrer Angst suchte sie Schutz bei ihrer Mutter, deren Bein sie panisch umklammerte. Prem beugte sich zu dem Mädchen hinab, streichelte über ihren Kopf und redete beruhigend auf sie ein, das Mädchen beruhigte sich jedoch nicht, im Gegenteil, bald stimmte auch Lali in das angstvolle Weinen mit ein.

»Du musst das entschuldigen, Chef«, sagte Uma. »Die Kinder haben nie zuvor einen von euch gesehen. Sie haben Angst.«

»Da gibt es nichts zu entschuldigen, Frau Kapi. Ich verstehe das«, sagte der Asura und wechselte das Thema. »Sind das alle, die zu deinem Clan gehören?«

»Ne Chef, sind nur die, die bereit waren, mich hierher zu begleiten. Der engste Familienkreis sozusagen.«

»Verstehe.« Das unheimliche Wesen musterte jeden Einzelnen von ihnen eindringlich, bevor er weitersprach. »Ich möchte jedem von euch versichern, dass es an diesem Ort nichts zu befürchten gibt. Ihr genießt Gastrecht auf der Insel Khavāpa. Jeder von uns wird dieses Recht achten. Für die meisten Asura ist der Hafen zur Zeit gesperrt. Nur diejenigen, die hier noch Arbeiten zu verrichten haben, dürfen sich hier aufhalten.« Er wandte sich um und winkte zwei weitere Ungetüme heran, die in respektvoller Entfernung zu ihm gewartet hatten. »Ich möchte euch nun die Hafenmeister vorstellen. Sie werden zusätzlich zu einigen weiteren Aufgaben für die Sicherheit aller Gäste Sorge tragen und euch gegebenenfalls behilflich sein. Sollte es Probleme geben, egal welcher Art, wendet euch bitte an sie.«

Die Angesprochenen traten näher. Beide waren deutlich kleiner als Yama oder sein geflügelter Stellvertreter, der neben ihm stand, dennoch überragten die Hafenmeister selbst seinen Vater um einige Längen. Der erste wurde ihnen als Kardun vorgestellt. Es war eine abstoßende, entfernt menschlich wirkende Kreatur mit langen, viel zu langen Klauen und Zähnen.

Hagun, der zweite Hafenmeister, besaß ebenfalls einen zahnbewehrten Kiefer, dazu ein breites, hässliches Gesicht, dessen schwarze Haut über und über mit Warzen bedeckt war. Valin schauderte. Wie konnte seine Mutter zwischen diesen Abscheulichkeiten nur die Ruhe bewahren? Wie mit ihnen reden, als wären sie einer von ihnen? Valin fragte sich das fassungslos, dabei fuhr er sich fahrig über die Stirn. Ihm war, als würde er träumen. Er senkte seinen Blick und hielt ihn starr auf den Boden gerichtet, auf keinen Fall wollte er noch einmal in die Augen dieser Monster sehen. Erst als sich Uma von Yama abwandte und ihren Sohn musterte, blickte er auf.

»Auf geht‘s, Kinder!«, sagte sie und wirkte dabei voller Tatendrang. »Wir könn jetzt unsere Habe entladen. Die Hafenmeister werden uns dabei helfen.«

Valin blieb kaum Zeit, um über seine missliche Situation nachzudenken. Das Entladen ihres Hab und Guts dauerte den halben Tag, obwohl die Asura und auch die Matrosen beim Löschen der Ladung mit anpackten. Die mitgebrachten Haustiere gingen als erste von Bord. Da es schon seit einer ganzen Weile seine Aufgabe war, sich um sie zu kümmern, sie zu füttern und zu versorgen, erwartete sein Vater auch jetzt von ihm, sich um die Tiere zu kümmern.

Das Gasthaus war solide gebaut. Das dunkle Gestein wirkte jedoch auf ihn düster und beinahe wie aus einem Guss. Doch die Augen seiner Mutter glänzten vor Begeisterung, als sie zum ersten Mal das Gebäude betrat. »Is alles genauso geworden, wie ich‘s mir vorgestellt habe«, rief sie entzückt, während sie das Haus besichtigte und durch die leeren Räume wanderte. Doch niemand anderer aus seiner Familie konnte ihre Begeisterung teilen.

In den kommenden Tagen gab es viel zu tun. Kisten wurden ausgepackt und die mitgebrachten Möbel wurden aufgebaut.

Sie richteten sich an dem fremden Ort ein, so gut sie konnten. Heimisch fühlte sich Valin jedoch nicht. Er vermied es, hinauszugehen. Nur wenn er die Tiere versorgen musste, wagte er sich ins Freie.

Den übrigen Familienmitgliedern schien es ähnlich zu gehen wie ihm, einzig seine Mutter wirkte unbekümmert.

Als Valin am Morgen des fünften Tages zur Küche hinunter ging, um wie üblich mit seiner Familie zu frühstücken, hörte er seine Tante schon von Weitem mit seiner Mutter streiten. Mitten im Gastraum blieb er stehen und lauschte. »Wir ham Angst, verstehst du das nich?«

»Ne, versteh ich nich. Du warst einverstanden herzukommen und du hast‘s Vater versprochen, mich bei allem zu unterstützen. «

Die Stimme seiner Tante wurde leiser. »Hätt ich gewusst …, wenn ich mit eigenen Augen gesehen hätte, was uns hier erwartet, wäre ich niemals damit einverstanden gewesen.«

Valin hörte ein ersticktes Schluchzen.

»Hach, stell dich nich so an, Schwester!« Umas, Stimme klang ungehalten. »Asura sehn nich schön aus, das mag sein, aber sie werden uns nich gefährlich werden. Du hast Yama doch gehört, er gab uns sein Wort, dass wir hier sicher sind.«

Krachend zerschellte etwas an der Wand. Valin zuckte bei dem unerwarteten Geräusch erschreckt zusammen.

Prem schrie: »Es is das Wort eines Dämons, diesen Monstern kann man nich trauen.«

»Gott Indra selbst schenkte den Asura diese Insel und erlaubte ihnen, nach Nirva zurückzukehren. Glaubst du im ernst, er hätte das getan, wenn er Yama nich vertrauen würde?«

»Was versteh‘n wir von den Wegen der Götter?« Wieder hörte Valin die Tante weinen.

»Du hast mir ein Jahr versprochen, Schwester«, entgegnete Uma in einem versöhnlichen Tonfall. »Halte dich an dieses Versprechen. Wenn die Situation nach einem Jahr für dich immer noch so unerträglich is, wie jetzt, werde ich dich ziehn lassen.«

Zum Frühstück gab es einen einfachen Getreidebrei, den Valin missmutig verschlang.

Uma musterte ihren Sohn während er aß. »Was hast du heute vor?«, fragte sie ihn.

Er zuckte mit den Schultern.

»Da du offenbar nichts vorhast, habe ich eine Aufgabe für dich.« Valin blickte auf. »In der Nähe des Hafens is `n‘ langer Sandstrand, das habe ich vom Schiff aus gesehen. Da muss es Seidenmuscheln geben. Geh, nimm dir einen Korb und sammle welche fürs Mittagessen.«

»Ich will nich da rausgehen!«, rief der Junge und sprang auf.

»Wird Zeit, dass du `n‘ bisschen an die frische Luft kommst. Das wird dir guttun und Muscheln isst du doch gerne.« Uma drehte sich um, nahm eine Kiepe, die in einer Ecke stand und stellte sie vor ihm auf dem Tisch ab. »Keine Widerrede. Geh und komm erst zurück, wenn dieser Korb voll ist!«

Valin nahm wütend die Kiepe vom Tisch, warf sich einen der Tragriemen über die Schulter und schrie: »Na gut, solln die Viecher mich doch kriegen, is dir ja egal.« Dann drehte er sich um, marschierte aus der Küche, durchquerte eilig den Gastraum und ging zur Tür. Dabei fiel sein Blick auf einen kleinen blauen Ball aus Gummi, den seine Cousine am Tag zuvor achtlos liegengelassen hatte. Er nahm ihn mit und steckte ihn ein, bevor er das Haus verließ, doch nicht ohne die Tür hinter sich so laut zuzuknallen, wie er nur konnte.

Zornig ließ er den Ball auf das harte Steinpflaster aufprallen und fing ihn geschickt immer wieder auf. Die Asura am Hafen drehten sich nach ihm um. Valin ignorierte sie, so gut er konnte, bis er zum Ende der befestigten Hafenanlage kam. Erst dann blickte er vorsichtig zurück. Die Asura beachteten ihn nicht weiter, sie gingen ihren Arbeiten nach und ignorierten ihn dabei vollständig. Ein seltsames Gefühl machte sich in ihm breit, es war eine Mischung aus Erleichterung und Enttäuschung, dann setzte seinen Weg entlang der unbefestigten Küste fort. Währen er ging, warf der den Ball hoch in die Luft und fing ihn wieder und wieder auf.

»BALL!«

Valin erstarrte.

Aus dem dichten Blättergewirr des Dschungels kam ein schwarzes Etwas geradewegs auf ihm zu gerannt. Es war klein, viel kleiner als die Asura am Hafen. Und dabei war es abstoßend hässlich. Das Ding, das Valin gerade mal bis zum Nabel reichte, lief auf allen vieren. »Ball!«, wiederholte es, dabei ließ es das Objekt der Begierde keinen einzigen Moment aus den Augen.

»Den willst du?« Seine Hand verkrampfte sich um die Kugel aus Gummi, bevor er sie mit aller Kraft weit von sich schleuderte. »Hol ihn dir!«

Das Wesen jagte dem Ball mit erstaunlicher Geschwindigkeit nach, dabei stieß es einen freudig klingenden Ton aus. Valin sah ihm unschlüssig nach und fragte sich, was jetzt zu tun war. Der kleine Asura, denn ein solcher musste es sein, hatte den Ball bald gefangen und kehrte zu ihm zurück. Es legte den Ball im respektvollem Abstand vor ihm ab und sah erwartungsvoll zu ihm auf. Vorsichtig hob Valin den Ball auf, behielt das Wesen dabei genau im Auge und warf ihn erneut. Freudig hechtete es ihm nach und kam bald darauf zu ihm zurück.

»Hast du einen Namen? Ich heiße Valin, wie heißt du?«

Das abstoßende Wesen legte seinen Kopf schief, als es antwortete: »Snippy!«

Unwillkürlich musste Valin grinsen. Konnte das wirklich der Name eines Asura sein? Snippy? Ernsthaft? Das klang absurd.

Er nahm den Ball, den Snippy vor ihm abgelegt hatte, auf und erklärte: »Ich muss dort zum Strand hinüber. Siehst du dort drüben. Ich soll für Mutter `n‘ paar Seidenmuscheln sammeln. Magst du mitkommen? Du kannst mir helfen, wenn du willst.«

„Snippy helft!“, versicherte der kleine Asura, während seine Augen noch immer auf den Ball fixiert waren.

Valin seufzte. Er warf ihn erneut und setzte dann seinen Weg fort. Er überquerte den breiten Sandstrand und ging zielstrebig auf das Wasser zu. Die Sonne brannte ihm auf dem Rücken, es wehte kaum ein Lüftchen und so begrüßte er das kalte Wasser, das ihm in sanften Wellen die Beine umspülte. Hinter ihm hörte er den kleinen Asura herankommen. Er drehte sich zu ihm um und sah wie Snippy plötzlich abbremste und erschrocken vor einer heranrollenden Welle zurückwich. Dabei krümmte er seinen Rücken wie ein in die Enge getriebenes Raubtier und fauchte.

»Hast du davor etwa Angst?«, fragte Valin. »Das ist doch nur Wasser. Das tut dir nichts.« Er wandte ihm wieder den Rücken zu. »Sieh her!«, rief er und sprang über eine Welle hinweg. »Platsch!«, kommentierte er dabei und noch einmal: »Platsch!« Dann drehte sich der Junge wieder zu seinem Begleiter um und grinste dabei breit. »Siehst du? Man braucht sich davor nich zu fürchten.«

Langsam schlich Snippy auf das Wasser zu, hob eine Pfote und schlug nach einer heranrollenden Welle. Tropfen spritzte nach allen Seiten fort, er hob die Tatze und schüttelte sie. Der Körper des kleinen Asura entspannte sich. Über die nächste Welle sprang er hinweg, so wie Valin es ihm vorgemacht hatte, dabei rief er laut vernehmlich: »Platsch!« und noch einmal, »platsch … platsch… platsch!« Begeistert von dem neu entdeckten Spiel schlug Snippy übermütig Pirouetten.

Valin lachte.

Snippy drehte sich zu ihm um und ahmte auch dieses Geräusch nach. Es war das Lachen eines Wesens, das die Bedeutung von Lachen nicht verstand. Es klang schrecklich falsch in seinen Ohren. Der Junge war sich dessen nicht bewusst, aber er spürte, dass etwas daran nicht stimmte und wurde ernst. »Ich muss jetzt Muscheln sammeln.« Er nahm die Kiepe von der Schulter und setzte sie am Ufer in den Sand. Im Korb entdeckte er einen Grabstock, den seine Mutter offenbar vorsorglich hineingetan hatte. Er nahm ihn heraus und ging damit zum Wasser. »Sieh her Snippy!«, forderte er den kleinen Asura auf. So angesprochen, kam Snippy näher. »Siehst du die feinen Fäden im Wasser? Sie zeigen an, dass unter dem Sand eine Seidenmuschel verborgen ist.« Er stieß den Grabstock in den Sand hinein und hob damit eine Muschel heraus. »Da ist sie!« Er wusch den Sand ab und legte sie in den Korb. »Die Kiepe muss voll werden. Wenn du mir hilfst, wird es schneller gehn.« Der kleine Asura wandte sich daraufhin von ihm ab und flitzte davon, ohne das Valin erkennen konnte, ob er seine Erklärung überhaupt verstanden hatte. Dabei sprang er über die Wellen hinweg und kommentierte das mit weiteren, laut vernehmlichen »Platsch« Rufen.

Valin seufzte und wandte er sich seiner Aufgabe zu. Eine Zeit lang sammelte er Muscheln und sah sich dabei gelegentlich um, den kleine Asura konnte er aber nirgends entdecken. Ein wenig enttäuscht konzentrierte er sich auf seine Arbeit, bis er plötzlich das Geräusch von Pfoten vernahm, die über Wellen hinwegsprangen.

Valin sah auf. Snippy kam auf ihn zu gerannt und blieb erst kurz vor ihm stehen.

»Da bist du ja. Ich dachte schon, du wärst fortgelaufen.« Snippy erwiderte nichts darauf, doch während ihn Valin musterte, schien plötzlich aus dem schwarzen Leib des Asura eine Seidenmuschel herauszuwachsen, sie fiel in den Sand, es folgte eine weitere. »Was?«, rief Valin verblüfft, während die Zahl der Muscheln langsam zunahm. Bald lagen mehr als zwei Dutzend vor ihm im Sand. »Wie machst du das?«

»Snippy helft«, antwortete Snippy. So als wäre damit alles gesagt und sah zu ihm auf.

»Das ist ja toll. Du bist mir wirklich eine große Hilfe. Kannst du die Muscheln in den Korb hineinlegen?«

So aufgefordert trat der kleine Asura vorsichtig an die Kiepe heran. Er beäugte den Inhalt misstrauisch, bevor er eine Muschel aufnahm und in den Korb fallen ließ. Weitere folgten.

»Gut so«, lobte Valin, »wir brauchen nur noch ‘n paar mehr, bis die Kiepe voll ist.« Snippy drehte sich um und flitzte wieder davon. Der Junge sah ihm nach, bis er nicht mehr zu sehen war, erst dann watete er wieder ins Wasser, um nach den feinen Seidenfäden Ausschau zu halten, die ihm anzeigten, dass eine Muschel dicht unter dem Sand verborgen lag. So sammelte er schweigend, während das Wasser sanft seine Beine umspülte. Über ihm sangen Seevögel ihre Lieder, es roch nach Meer und nach Tang. Und während ihm die Sonne auf den Rücken schien, fiel alle Anspannung der vergangenen Tage von ihm ab.

»Vielleicht ist dieser Ort doch nicht so schlimm, wie ich dachte.« Mit neuer Zuversicht widmete er sich seiner Aufgabe, bis er das Geplatsche von herannahenden Pfoten vernahm, die am Ufer entlang auf ihn zu gerannt kamen. Snippy stoppte kurz vor der Kiepe und beförderte weitere Muscheln in den Korb.

»Gut gemacht«, lobte ihn Valin erneut. „Das ist genug, der Korb ist voll. Möchtest du mitkommen und mich zum Hafen begleiten?“

Snippy legte den Kopf schief. »Ball?«, fragte er.

Valin lächelte, »Also gut, ich werf auch den Ball für dich.«

So hässlich der kleine Asura auch war, man konnte ihm trotzdem eine gewisse Niedlichkeit nicht absprechen.

Er lud sich die schwer mit Muscheln beladene Kiepe auf den Rücken, nahm den Ball auf und schleuderte ihn von sich, soweit er konnte. Begeistert jagte ihm der kleine Asura nach und kehrte kurz darauf zurück, damit Valin ihn erneut werfen konnte.

So traten sie gemeinsam den Rückweg an. Sie ließen den Strand hinter sich und folgten dem Pfad, der zurück zum Hafen führte. Als gerade die befestigte Mole in Sicht kam, schoss plötzlich ein weiterer Asura aus dem undurchdringlichen Blätterdickicht am Rande des Dschungels hervor, nicht größer als Snippy. Er sprang geradewegs auf den Ball zu, den Valin gerade geworfen hatte, und fing ihn geschickt auf. Ein Geräusch erklang so entsetzlich, dass sich jedes einzelne Haar seines Körpers sträubte. Snippy stürzte sich mit solcher Wut auf den fremden Asura, dass Valin unwillkürlich vor ihnen zurückwich. Der Kampf zwischen den beiden Wesen war brutal und wurde mit unerbittlicher Härte geführt. Staub und Sand wirbelte auf und stob nach allen Seiten davon. Erbostes Kreischen, Zischen und Grollen war zu hören. Nun erst bemerkte Valin, was ihm bisher entgangen war; Asura besaßen keinen festen Körper, so wie er einen besaß. Erstaunt sah er zu, wie sich Form und Gestalt der beiden Wesen während ihres Streites unablässig veränderten. Eine dunkle Wolke schien um die Körper herum zu wabern und sich immer wieder neu zusammenzufügen. Valin war es nicht mehr möglich, die beiden Kontrahenten während des Kampfes auseinanderzuhalten.

»Hört auf!«, schrie er so laut er konnte dazwischen, sein Ruf ging im Gekreisch der beiden Asura unter. Dann plötzlich, für ihn überraschend, war der Kampf mit einem Mal vorbei. Eines der beiden Wesen flüchtete, suchte Schutz im Zwielicht des Dschungels, aus dem es gekommen war. Der andere blieb zurück, ein kleiner blauer Ball aus Gummi erschien in seinem Maul. Snippy wandte sich zu ihm um und kam mit einer geschmeidig anmutenden Eleganz auf ihn zu. Mit der Haltung eines Siegers, der seinen triumphalen Sieg zu genießen verstand, kehrte Snippy zu ihm zurück. Der Ball kullerte aus seinem Maul, Valin vor die Füße. Erwartungsvoll sah der kleine Asura zu ihm auf.

»Wer war das?«, fragte Valin, »konntest du den nicht leiden?«

»Ball!«

»Er hätte doch mitspielen können.«

»BALL!« Diesmal klang das Wort wie ein Befehl.

Valin zögerte, würde Snippy sich auf ihn stürzen und ihn mit der gleichen Härte angreifen wie seinen Artgenossen, wenn er ihm nicht gehorchte?

»Ball…BALL…Ball!«, klang es ungeduldig.

»Ja doch.« Valin drehte sich um und warf den Ball den Pfad hinab, der zum Strand hinunterführte, dann setzte er eilig seinen Weg in die entgegengesetzte Richtung fort. Erst als er den Hafen schon beinahe erreicht hatte, hörte er hinter sich den kleinen Asura näherkommen.

Zugleich sah er aus der anderen Richtung einen der Hafenmeister auf sie zukommen. Bei seinem Anblick lief Valin ein kalter Schauder über den Rücken, doch es half nichts, er musste an dem Geschöpf vorbeigehen, wenn er zurück in das Gasthaus wollte. Dort, wo der Hafen endete und der schmale Pfad zum Strand begann, blieb der Hafenmeister stehen. Er stand da, unbeweglich wie eine Statue aus schwarzem Obsidian und wartete auf ihn. Zumindest vermutete Valin das.

Als er bei ihm ankam, hörte er hinter sich, wie Snippy abrupt stehen blieb. Er drehte sich zu ihm um. Den Körper dicht an den Boden gepresst, ließ er den Hafenmeister nicht einen Moment aus den Augen. Seine Haltung wirkte angespannt und brauchte keine Erklärung. Es war offensichtlich, dass Snippy Angst vor ihm hatte. Außer den Arbeitern durfte kein Asura den Hafen betreten, das hatte Yama zu ihnen gesagt, als sie vor fünf Tagen hier eintrafen. Das Verbot galt sicher auch für Snippy, vermutete Valin. Er nahm all seinen Mut zusammen und sagte: »Ich habe Snippy eingeladen, sich den Hafen und das Gasthaus anzusehen.«

Der Hafenmeister reagierte nicht auf seine Erklärung. Er stand weiter unbeweglich da und ließ nicht erkennen, ob er seine Worte überhaupt verstanden hatte. Valins Angst legte sich. Das Geschöpf mochte furchteinflößend und dazu abstoßend hässlich sein, doch in Gefahr befand sich Valin nicht. Er fasste Mut und betrachtete den Hafenmeister genauer. Die Haut war über und über mit Warzen bedeckt, dazu hatte er breites, hässliches Gesicht, das nicht einmal entfernt menschlich wirkte. Plötzlich fiel Valin der Name des Asura wieder ein. »Du bist Hagun, nicht wahr?«

So angesprochen wandte der Hafenmeister sich zu ihm um. Er sah ihn an, als würde er ihn gerade erst bemerken.