Der Kämpfer ohne Namen - John F. Beck - E-Book

Der Kämpfer ohne Namen E-Book

John F. Beck

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Beschreibung

Bonny Wayne, eine junge Frau auf der Durchreise, findet einen jungen Mann, der dem Tode nahe niedergeschossen auf der Straße liegt und lässt ihn auf ihr Zimmer bringen. Nachdem der Doc die Kugeln entfernt und sie sich im Anschluss mit dessen Hilfe aufopferungsvoll um die weitere Genesung des Verletzten gekümmert hat, erwacht dieser zum Erstaunen der beiden nach etwa zwei Wochen. Doch die Kugeln, die ihn töten sollten, haben sein Gedächtnis ausgelöscht. Er weiß weder wer er ist, noch woher er kommt oder warum sein Weg ihn gerade hierherführte, und man gibt ihm den Namen Nevada, weil er aus dieser Richtung geritten kam.
Sein 45er Frontier Colt ist ihm sehr vertraut, doch vermag auch er nicht, ihm seine Erinnerung zurückzubringen. Unablässig beschäftigt ihn die Frage, warum die Banditen ihn töten wollten, und er macht sich auf die Suche nach seinen Todfeinden, um die Antwort darauf zu finden …

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John F. Beck

 

 

Der Kämpfer ohne Namen 

 

 

 

 

Western

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

 

 

Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv 

Cover: © by Edward Martin mit Bärenklau Exklusiv, 2023

Korrektorat: Marlies Linnemann

 

Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang

 

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

 

Alle Rechte vorbehalten

 

 

Inhaltsverzeichnis

Impressum 

Das Buch 

1. Kapitel 

2. Kapitel 

3. Kapitel 

4. Kapitel 

5. Kapitel 

6. Kapitel 

7. Kapitel 

8. Kapitel 

9. Kapitel 

10. Kapitel 

11. Kapitel 

12. Kapitel 

13. Kapitel 

14. Kapitel 

Der Autor John F. Beck 

Eine kleine Auswahl der bereits veröffentlichten Western-Romane des Autors John F. Beck 

 

Das Buch

 

 

 

Bonny Wayne, eine junge Frau auf der Durchreise, findet einen jungen Mann, der dem Tode nahe niedergeschossen auf der Straße liegt und lässt ihn auf ihr Zimmer bringen. Nachdem der Doc die Kugeln entfernt und sie sich im Anschluss mit dessen Hilfe aufopferungsvoll um die weitere Genesung des Verletzten gekümmert hat, erwacht dieser zum Erstaunen der beiden nach etwa zwei Wochen. Doch die Kugeln, die ihn töten sollten, haben sein Gedächtnis ausgelöscht. Er weiß weder wer er ist, noch woher er kommt oder warum sein Weg ihn gerade hierherführte, und man gibt ihm den Namen Nevada, weil er aus dieser Richtung geritten kam. 

Sein 45er Frontier Colt ist ihm sehr vertraut, doch vermag auch er nicht, ihm seine Erinnerung zurückzubringen. Unablässig beschäftigt ihn die Frage, warum die Banditen ihn töten wollten, und er macht sich auf die Suche nach seinen Todfeinden, um die Antwort darauf zu finden … 

 

 

***

 

 

1. Kapitel

 

Die Kugel, die ihn töten sollte, löschte sein Gedächtnis aus. Er wusste nur noch, dass er schnell mit dem Revolver war und dass es Männer gab, die gnadenlos seinen Tod wünschten. Einsam und ruhelos brach er auf, um seine gefährlichen Gegner aufzuspüren und nach seiner Vergangenheit zu forschen. Hier ist die Geschichte dieses Mannes, aufgezeichnet nach seinen eigenen Worten …

Vier Männer lauerten in Chugwater auf mich. Sie wollten meinen Tod. Ich ritt völlig ahnungslos in die kleine staubige Rinderstadt im Süden Wyomings ein. Leer und still lag die breite Main Street vor mir in der Mittagshitze. Ich lenkte meinen müden Gaul zur Front des nächsten Saloons. Und da drang eine wilde, heisere Stimme durch das monotone Schaufeln der Hufe.

»Da ist er!«

Alles ging jetzt sehr schnell.

Vor mir sprang ein großer rothaariger Mann aus dem Schatten einer Hausecke. Er hatte einen schussbereiten Revolver in seiner erhobenen Faust. Gleichzeitig drang Stiefelgepolter vom gegenüberliegenden Gehsteig. Ein sehniger Bursche flankte über ein Haltegeländer auf die Straße. Hinter mir waren ebenfalls Geräusche. Jemand schrie triumphierend: »Wir haben ihn fest!«

Mir blieb keine Zeit zum Zurückschauen. Sie waren entschlossen, mir keine Chance zu lassen. Also griff ich, so schnell wie nur möglich zum Colt und zerrte gleichzeitig mit aller Kraft an den Zügeln. Das Pferd bäumte sich auf. Aus der Waffe des Rothaarigen stach ein Feuerstrahl. Die Kugel fuhr meinem Gaul mitten in die Brust. Schrill wiehernd wirbelte das Tier halb herum und wurde zum zweiten Mal von der Kugel vom gegenüberliegenden Fahrbahnrand getroffen. Ich hatte den Colt herausbekommen und wollte mich aus dem Sattel schleudern. Da erwischte es mich bereits von hinten.

Der Schmerz durchzuckte mich glühend heiß. Ich flog durch die Luft und landete in einer dichten Staubwolke. Stimmen und Stiefelgeknirsch drangen wie aus weiter Ferne zu mir. Ich merkte, dass ich noch immer meinen Colt krampfhaft umklammerte. Die Zähne zusammengebissen, wälzte ich mich herum. Das Pferd lag schlaff und still vor der Saloon-Veranda. Der Staub zerflatterte. Ich sah Männer mit feuerspeienden Revolvern auf mich zulaufen.

Ich hatte diese Burschen noch nie zuvor gesehen. Aber sie waren versessen darauf, mich zu töten. Wut und Verzweiflung in mir waren schlimmer als der brennende Schmerz. Ich hatte begriffen, dass ich verloren war. Trotzdem bot ich alle restliche Energie auf, um meinen 45er in die Höhe zu bringen. Die Ellbogen in den Staub gestützt, umklammerte ich den schweren Colt mit beiden Fäusten und zielte sorgfältig.

Gerade als ich abdrückte, wurde ich wieder getroffen. Der eine Mann vor mir blieb plötzlich stocksteif stehen. Seine Faust mit dem Revolver sank herab. Er starrte mich mit einem Ausdruck tiefster Verwunderung an. Dann brach er zusammen. Mir fiel der Colt aus den Fingern. Blut war überall an meinem Hemd und an meiner Jacke. Das Mahlen der Stiefel klang überlaut in meinen Ohren. Von der Seite näherte sich der Rothaarige und der Kerl mit den flatternden Chaps. Der Bandit vor mir hob den Revolver in Augenhöhe und zielte auf meinen Kopf, eiskalt und völlig erbarmungslos.

Der Schweiß stand mir auf der Stirn. Ich hatte nur noch den einen Wunsch, von der offenen heißen Straße wegzukommen. Ich krallte die Finger in den Sand, um zum Saloon zu kriechen. Von der Straßenseite schrie einer heiser: »Zum Teufel, Wade gib’s ihm endlich!«

Zwei Schüsse krachten gleichzeitig. Ich erhielt einen Hieb wie mit einer Eisenstange gegen den Kopf. Von einem Augenblick zum anderen war alles ausgelöscht, die sonnengleißende Main Street, die wilden Gesichter über den Revolvern, das scharfe Peitschen der Detonationen. Dunkelheit stürzte auf mich nieder. Ich wusste von nichts mehr.

 

 

2. Kapitel

 

Weiße Schleier wogten vor meinen Augen. Daraus schälte sich ein Frauengesicht und kam näher und näher. Ernste Augen blickten mich an, Augen, die groß und von einem sanften Grün waren. Die fein geschwungenen Lippen bewegten sich, aber ich konnte kein Wort hören.

Etwas Hartes drückte gegen meinen Mund. Dann rieselte kühle Flüssigkeit durch meine Kehle. Langsam entfernte sich das fremde Frauengesicht wieder. Die wallenden Nebel schienen es zu verschlucken.

Ich wusste nicht, ob ich wachte oder träumte. Aber in mir bäumte sich plötzlich alles dagegen auf, allein in diesem seltsamen unwirklichen Zustand zurückzubleiben. Ich streckte die Hände aus. Und da war wieder der Schmerz, wild und erbarmungslos. Ich hörte einen heiseren Aufschrei. Erst Augenblicke später begriff ich, dass er aus meinem eigenen Mund gekommen war.

Ich wusste nicht, wie viel Stimmen zu mir drangen. Zuerst war es ein verschwommenes Gemurmel. Dann hörte ich einen Mann sagen: »Ja, ich denke, er ist über den Berg. Eine Natur, zäh wie ein Wildkater. Vor ein paar Tagen hätte ich keinen Cent mehr für sein Leben gegeben.« Und dann tönte die hellere Stimme einer Frau: »Sehen Sie nur, Doc. Ich glaube, er kommt wieder zu sich.«

Ich schlug die Augen auf. Das Erste, was ich sah, war wieder dieses schmale Gesicht mit den klaren grünen Augen. Kupferfarbenes Haar glänzte im Sonnenlicht. Diesmal sah ich alles ganz klar, nicht von diesen milchigen Nebeln verwischt. Es war kein Traum. Ich lag in einem weichen Bett und die Frau beugte sich lächelnd über mich.

»Hallo, Mister! Haben Ihnen die zwei Wochen zum Ausschlafen gereicht?«

»Zwei Wochen?« Meine Stimme war ein verzerrtes Krächzen.

»Großer Himmel! Wo bin ich? Was ist passiert?« In meinem Gehirn begann alles zu wirbeln. Ich wollte mich aufsetzen. Sofort begannen die Schmerzen in mir zu pulsen. Die Frau drückte mich sanft, aber entschieden auf die Kissen zurück.

»Ganz ruhig liegen. Sie brauchen noch eine Menge Ruhe. Nicht wahr, Doc?«

Der Mann trat neben die Frau, grauhaarig, schnurrbärtig, mit einem dick umrandeten Kneifer auf der Nase. »Richtig, richtig, mein Lieber! Immer langsam. Sie sind hier gut aufgehoben, keine Sorge. Miss Wayne kümmert sich schon um Sie.«

»Ich verstehe nicht …«

»Sie sind überfallen worden«, sagte die junge grünäugige Frau ernst. »Direkt vor dem Saloon. Die Banditen haben Sie für tot gehalten.«

»Kein Wunder!«, brummte der Doc und betrachtete mich blinzelnd durch seinen Kneifer. »Ich hab’ drei Kugeln aus Ihnen rausgefischt. Und ein viertes Stück Blei hat Sie ziemlich arg am Kopf erwischt. Ein anderer Mann würde wahrscheinlich längst sechs Fuß tief unter der Erde liegen. Miss Wayne versteht was von Krankenpflege. Sie hat Sie auf ihr Zimmer hier im Cattlemen Hotel bringen lassen. Ich weiß wirklich nicht, wie ich es ohne Miss Wayne geschafft hätte.« Er nickte der jungen Frau respektvoll zu. 

»Tut mir leid!«, krächzte ich matt. »Muss Ihnen ’ne Menge Arbeit gemacht haben? Vielleicht können Sie mich jetzt woanders …«

»Reden Sie keinen Unsinn, junger Mann!«, unterbrach mich der Doc schroff. »Seien Sie froh, dass sich die Lady um Sie kümmert. Ich wüsste wirklich nicht, wo ich Sie unterbringen sollte. Sie werden schon noch ’ne Weile hierbleiben müssen.«

»Aber …«

»Es macht mir nichts aus«, sagte die junge Frau rasch. »Ich hab’ im Bürgerkrieg in einem Lazarett in Alabama gearbeitet. Sie brauchen bestimmt nicht zu fürchten, dass Sie mir irgendwie zur Last fallen.« Ihre weiche Stimme und ihr Lächeln beruhigten mich. Das Unbehagen, hilflos wie ein Wickelkind im Zimmer einer wildfremden Frau zu liegen, schwand.

Miss Wayne sagte: »Sie sollten jetzt ein bisschen Suppe zu sich nehmen. In den vergangenen Wochen haben Sie nur gelegentlich in halber Bewusstlosigkeit ein wenig Brühe getrunken.« Sie ging durchs Zimmer und kam mit einer Schüssel voll würzig duftender Suppe zurück. Ich war zu schwach, um nach dem Löffel zu greifen. Sie fütterte mich wie ein kleines Kind. Der Doc stützte die Arme auf den Bettpfosten.

»Ich will nicht neugierig sein. Aber interessieren würde mich schon, warum diese vier Kerle Sie in Stücke schießen wollten.«

Ich hatte wieder das Krachen der Revolver in den Ohren und sah die Banditen auf mich zulaufen. Der Appetit verging mir plötzlich. Ich ließ den Kopf ins Kissen zurücksinken.

»Ich wollte, ich wüsste es selber.«

Der Doc kam näher, während Miss Wayne von der Bettkante aufstand und die Schüssel wegtrug. »Irgendeinen Grund muss es doch geben, Mister … Well, ich weiß noch nicht mal Ihren Namen …«

Ich grinste müde. »Hatte auch reichlich wenig Gelegenheit in den letzten Wochen, mich vorzustellen, was? Ich bin …« Ich stockte und hatte das Gefühl, eine eiskalte Faust greife nach meinem Herzen.

Der Doc beugte sich schnell und besorgt zu mir herab, die Veränderung auf meinem Gesicht musste ganz deutlich sein. »Was haben Sie denn?«

Ich krallte die Finger in die Bettdecke, schloss die Augen und versuchte krampfhaft, mich zu erinnern. Da war die Stadt Chugwater, die Main Street, der Saloon, dann die Banditen und die Mündungsfeuer — alles ganz deutlich. Aber davor? Ich starrte den Doc an.

»Ich weiß nicht! Doc, ich weiß es nicht mehr!«

Er furchte die Brauen. Miss Wayne stand wieder neben ihm. Sie schauten sich an, und ich versuchte wieder verbissen, die Dunkelheit in meinem Gehirn zu durchdringen. Der Kopf schmerzte wieder. Meine Müdigkeit nahm zu. Der Doc räusperte sich.

»Sie sind noch längst nicht auf der Höhe. Legen Sie sich hin und schlafen Sie ’ne bessere Medizin gibts jetzt gar nicht mehr für Sie. Morgen komm ich wieder. Dann unterhalten wir uns weiter. All right?« Er nahm seinen Hut, grüßte und verließ das Zimmer.

Die junge Frau schaute ernst auf mich herab. Ich atmete schwer. »Es ist alles wie ausgelöscht. Ich kann mich nur noch an den Kampf erinnern. Aber was davor …«

»Sie sollten sich nicht aufregen. Schlafen Sie, wie es der Doc gesagt hat. Sie müssen gesund werden.«

»Schlafen? Ich kann nicht schlafen, bevor ich nicht weiß …«

»Doch, doch!« Sie lächelte. »Sie müssen nur wollen.« Sie holte einen Stuhl heran, setzte sich neben mich ans Bett und begann in einem Buch zu lesen. Ihre Nähe tat mir gut. Ich musterte sie verstohlen von der Seite und vergaß dabei meine Sorge. Sie war nicht nur schön, sie hatte auch ein warmes sanftes Wesen. Eine Spur von Bitterkeit lag um ihre Mundwinkel. Sie musste meinen Blick gefühlt haben und schaute plötzlich auf. Sie sagte nichts, blickte mich ganz ruhig an. Ich drehte verlegen ein wenig den Kopf und schloss die Augen, als sei ich am Einschlafen. Und dann wurde ich mir wieder meiner bleiernen Erschöpfung bewusst. Ich fiel in tiefen

Schlummer.

Der Doc kam wie versprochen am nächsten Tag, wechselte meinen Kopfverband und besah die Wunden in Schulter, Bein und Hüfte. Er war zufrieden. Als es jedoch Zeit für ihn zum Gehen war, blieb er den Hut in der Hand, neben meinem Bett stehen, rückte seinen Kneifer zurecht, räusperte sich und fragte knapp und leise: »Nun?«

Ich wusste, was er meinte, und schüttelte den Kopf.

»Nichts, Doc! Meine Erinnerung reicht nur bis zum Kampf. Alles andere ist wie weggewischt. Ich weiß nicht mal meinen Namen.«

Er nickte.

»Lassen Sie sich Zeit. Sie dürfen sich nicht aufregen. Denken Sie ganz ruhig nach. Sie sind am 15. Juni hier in Chugwater eingeritten. Sie kamen aus Osten, also aus Nebraska. Denken Sie mal nicht an die Banditen. Versuchen Sie sich zu erinnern, woher Sie genau kamen und wohin Sie wollten.«

Ich strengte mich an. Der Doc ließ eine Minute um die andere verstreichen. Panik regte sich in mir. Ich sagte mir immer wieder, dass ich ruhig bleiben musste, ruhig und konzentriert. Trotz

dem liefen mir Schweißtropfen über die Stirn.

»Nein!«, flüsterte ich schließlich heiser. »Nein, es geht nicht!«

»Doc«, sagte Miss Wayne schnell, »vielleicht ist es zu früh. Vielleicht sollten Sie ihm mehr Zeit lassen.«

Er sagte nichts, schaute mich nur an, und in seinen Augen las ich, dass es nicht zu früh war. Ich vergaß meine Schwäche und setzte mich keuchend im Bett auf.

»Doc! Sie meinen, dass es immer so bleiben wird?« Mir wurde schwindlig. Übelkeit stieg mir in die Kehle. Ich wankte und sank auf die Kissen zurück.

»Warten Sie!«, sagte er rau. »Wir haben noch nicht alles versucht.« Seine Schritte pochten durchs Zimmer. Er kam mit einem dunklen patronenbespickten Revolvergurt zurück, an dem in einem rindsledernen Holster ein schwerer 45er Frontier Colt baumelte.

»Ihr Eisen!« Er warf Gurt und Colt vor mir auf die Bettdecke. »Das Eisen eines schnellen Revolverkämpfers, wie? Einen Ihrer vier Feinde haben Sie damit mitten ins Herz geschossen, obwohl Sie da bereits getroffen im Staub lagen.«

Ich betastete den Gurt und zog den Colt heraus. Kühl und glatt ruhte der Kolben in meiner Faust. Die Waffe war mir vertraut. Ich klappte die Trommel auf. In einer Kammer steckte eine leere Hülse. Ich nahm sie heraus und lud sie mit einer frischen Patrone aus den Gurtschlaufen nach. Dann ließ ich die Trommel einrasten und rotieren.

»Ich sehe, Sie haben nicht vergessen, wie man mit so ’nem Ding umgeht!«, sagte der Doc zufrieden. »Seit wann besitzen Sie den Colt?«

»Seit …« Ich brach ab, ließ den Frontier sinken und starrte in das falten gezeichnete Gesicht des Arztes hoch. »Ich weiß es nicht.«

Enttäuschung malte sich auf seiner Miene. »Sie wissen auch nicht, wann Sie außer dem Kampf hier in Chugwater zuletzt daraus geschossen haben?«

»Nein!«

»Sehen Sie sich das Eisen genau an.«

»Sinnlos, Doc!« Ich schob den 45er in das Holster zurück und reichte dem Doc den Gurt. Er versuchte es noch mit ein paar anderen Sachen, fragte mich zum Beispiel nach meinem Pferd. Ich wusste, dass ich auf einem Braunen in die Stadt gekommen war, erinnerte mich, wie das Tier unter den Banditenkugeln zusammengebrochen war. Aber woher ich den Gaul hatte, wo ich ihn zuletzt gefüttert hatte und so weiter, das alles existierte für mich nicht mehr. Sogar als er mir das Brandzeichen genau beschrieb, wusste ich damit nichts anzufangen. Die ganze Zeit stand Miss Wayne stumm am Fußende des Bettes und hatte die schmalen Hände um den einen geschnitzten Pfosten gekrampft.

Schließlich brummte der Doc: »Na schön, versuchen wir es lieber ein andermal. Wird Zeit, dass ich verschwinde. Die Frau des Storebesitzers erwartet ein Baby.«

»Doc!« Meine Stimme holte ihn an der Tür ein. Er blieb stehen, seine Schultern zogen sich etwas hoch. »Sie haben keine Hoffnung mehr Doc, oder? Sagen Sie es ehrlich!«

Er starrte auf seine Füße. Ich wartete mit zusammengepressten Lippen. Er fingerte nervös an seinem Kneifer. Es dauerte eine Weile, bis er mit heiserer Stimme sprach.

»Alle Anzeichen deuten auf Amnesie.«

»Was ist das?«

»Bewusstseinsstörung, Gedächtnisverlust, häufig durch Unfall verursacht. In Ihrem Fall durch die Kugel, die Sie am Kopf traf.« 

»Wie lange hält das an?«

»Weiß nicht verschieden. Man sollte meinen, nach über drei Wochen …« Er zuckte die Achseln und legte die Hand auf die Türklinke.

»Sie fürchten, es kann für immer sein, wie?«, fragte ich rau.

Er schluckte. Sein Adamsapfel ruckte auf und ab. »Nehmen Sie’s nicht zu tragisch, Nebraska.« Er gab mir einfach den Namen des Staates, aus dem ich anscheinend nach Chugwater gekommen war.

»Immerhin sind Sie mit dem Leben davongekommen. Das allein ist wichtig.« Er nickte mir zu und gleich darauf fiel schon die Tür hinter ihm ins Schloss. 

Es war totenstill im Zimmer. Ich lag reglos da und starrte zur weiß getünchten Decke hoch. Ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Die Frau setzte sich neben mich.

»Er hat recht. Sie leben. Das allein zählt.«

Ich schüttelte den Kopf. »Vielleicht wäre der Tod besser gewesen als das. Ein Mann ohne Namen, ohne Vergangenheit. Ein Mann, der von sich nur weiß, dass er gut mit einem Revolver umgehen kann und dass es Leute gibt, die ihn tot sehen wollen. Was ist das für ein Leben! Ich muss die Burschen finden, die mich überfielen. Sie allein können mich weiterbringen.«

Der Gedanke spornte mich an. Ich wollte aufstehen. Aber ich fühlte mich wie ausgehöhlt. Schweiß brach mir aus allen Poren. Sie sagte dunkel: »Überstürzen Sie nichts! Mancher Mann wäre froh, ganz von vorn beginnen zu können.«

»Mag sein. Ich weiß, was Sie meinen. Vielleicht ist meine Vergangenheit nicht wert, dass ich ihr nachjage. Vielleicht stoße ich auf Dinge, die ich besser vergessen sollte. Aber irgendwo kann es Freunde geben, die auf mich warten. Angehörige … Nein, man bricht nicht so leicht alle Brücken hinter sich ab. Wenn ich wieder auf den Beinen stehen kann, werde ich mir ein Pferd kaufen und die Männer suchen, die ihre Revolver auf mich abschossen. Ich muss das tun. Verstehen Sie das nicht, Miss Wayne?«

»Doch!«, erwiderte sie leise. »Ich verstehe. Aber nennen Sie mich nicht mehr Miss Wayne. Sagen Sie Bonny zu mir, das ist mein Vorname. Einverstanden, Nebraska?«

 

 

---ENDE DER LESEPROBE---