6,99 €
Robert Walsers wunderbare Tiergeschichten sind ebenso eigenartig wie einzigartig. Seine Katzen und Mäuschen, Spatzen und Stachelschweine sind mal tierisch ernst, mal überraschend menschlich. Walser zeigt sich fasziniert von ihrer durch Zähmung erlangten Dienstfertigkeit ebenso wie von ihrem unerreichbaren Sich-selbst-Sein. In der »Andersartigkeit« des Tiers erkennen wir nicht zuletzt das Verhältnis des Individuums zu Kultur und Gesellschaft, etwa wenn ein Schriftsteller sich »zum Affen macht« oder »für die Katz schreibt«. Der vorliegende Band versammelt Robert Walsers unzählige Geschichten über Tiere erstmals zu einem kleinen »Bestiarium«.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 159
Veröffentlichungsjahr: 2014
Robert Walsers wunderbare Tiergeschichten sind ebenso eigenartig wie einzigartig. Seine Katzen und Mäuschen, Spatzen und Stachelschweine sind mal tierisch ernst, mal überraschend menschlich. Walser zeigt sich fasziniert von ihrer durch Zähmung erlangten Dienstfertigkeit ebenso wie von ihrem unerreichbaren Sie-selbst-Sein. In der ›Andersartigkeit‹ des Tiers erkennen wir nicht zuletzt das Verhältnis des Individuums zu Kultur und Gesellschaft, etwa wenn ein Schriftsteller sich ›zum Affen macht‹ oder ›für die Katz‹ schreibt. Der vorliegende Band versammelt Robert Walsers schönste Geschichten über Tiere erstmals zu einem kleinen ›Bestiarium‹.
Robert Walser wurde am 15. April 1878 in Biel in der Schweiz geboren. 1904 erschienen Fritz Kocher's Aufsätze, an die sich in rascher Folge die drei Romane Geschwister Tanner (1907), Der Gehülfe (1908) und Jakob von Gunten (1909) anschlossen. In den zwanziger Jahren druckten die großen deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften seine Feuilletons. 1929 wurde er in eine psychiatrische Heilanstalt aufgenommen. Er starb am 25. Dezember 1956 auf einem Spaziergang im Schnee.
Robert WalserDer kleine Tierpark
Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen vonLucas Marco Gisi und Reto Sorg
eBook Insel Verlag Berlin 2014
Der vorliegende Text folgt der 1. Auflage der Ausgabe des insel taschenbuchs 4294.
Originalausgabe
© Insel Verlag Berlin 2014
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.
Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr.
Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar.
Textnachweise und Anmerkungen zu dieser Ausgabe am Schluß des Bandes
Umschlagabbildung: Hans Traxler, Frankfurt am Main.
Abbildung Frontispiz: Robert Walser mit Karl Walsers Hund Lola. Postkarte mit aufgeklebter Fotografie, ca. 1906, Fotograf unbekannt. © Keystone/Robert Walser-Stiftung Bern.
Umschlaggestaltung: hißmann, heilmann, Hamburg
Satz: Satz-Offizin Hümmer GmbH, Waldbüttelbrunn
eISBN 978-3-458-73624-0
www.insel-verlag.de
Der Schwan
Katzentheater
Lebendes Bild
Ein Schauspieler (I)
Der Knabe (I)
Das Kätzchen (I)
Der Mann
Das Pferd und die Frau
Der Jagdhund
»Geschwister Tanner«
Die Schäfchen
Ich habe nichts
Helbling
Liebe kleine Schwalbe
Mäuschen
Das Kätzchen (II)
Die Eule
Die grüne Spinne
Der Elefant
Die märchenhafte Stadt
Storch und Stachelschwein
Katze und Maus
Rodja
Der Lerche, so fröhlich sie ist, kann doch der Vorwurf der Liederlichkeit nicht erspart werden
Ich altes Kalb bällelete mit einem Kind
Wie kann man Stimmung machen?
Aufsatz über Löwenbändigung
Der Löwe und die Christin
Pferd und Bär
Der Affe
Vorkommen kann, daß z. B. Pferde über Gebühr in Arbeitsanspruch genommen werden
Das unsterbliche Schwein
Die, die ihn bewohnen, die ihm seine Bezeichnung geben, haben etwas Zottiges
Minotauros
Tiger und Theaterstücke gibt's
Ferrante
Was ist gesund, was krank?
Daniel in der Löwengrube
Katze und Schlange
Bei den nach wie vor verhältnismäßig Unentwickelten war's
Frau Rundlich besaß eine prächtige Postur
Herrin und Schoßhündchen
Eine feiste Sau
Der Kanarienvogel
Für die Katz
Ich war ein Spatz
Schwein
Der gestiefelte Kater
Der Roman
Die abenteuerliche Maus
Der Rabe
Nachwort
Textnachweise
In einer kleinen Stadt mit reizender, naturreicher Umgebung wächst ein schöner, zarter Knabe unter liebevoller Obhut auf, den jedermann, wenn er ihn an der Hand der Mutter, des Vaters oder des Erziehers spazieren sieht, liebkosen möchte. Man nimmt an, daß er vermöglicher, gebildeter Eltern Kind sei, daß er eine fast nur zu feine, zu sorgsame und zu zarte Erziehung erhalte und daß Spielsachen aller Art, kindlicher Komfort, hübsche Kleider ihn umgeben. Mit seinen weichen blonden Locken spielen die Hände zärtlich gesinnter Erwachsener, und es mag sein, daß Tanten den jungen Burschen verhätscheln. Hinter dem von den Eltern bewohnten Landhaus breitet sich, so darf man sich wohl einbilden, ein schöner alter Garten aus, worin sich unter hochherabhängenden Zweigen und Ästen ein kleiner Teich befindet, den zwei bis drei Schwäne auf die anmutigste Art beleben. Natürlich liebt der Knabe diese Schwäne, und er geht öfters an den ziervollen Rand des Wassers, um kindlich über die vermeintliche Tiefe desselben nachzudenken. Sein eigenes Sinnen und Erwägen kommt dem Kinde bezaubernd vor, und indem er sich diesem Zauber überläßt, ist er bereits reifer als er selber ahnt, und älter als er scheint. Das schwärzlich-grünliche Wasser macht ihm den Eindruck des Unergründlichen, und er empfindet einen ebenso unbegreiflichen wie angenehmen und zarten Schauder davor. Er lockt die Schwäne mit irgend etwas Eßbarem in seine Nähe. Vorübergehend ist zu erwähnen, daß der Maler seine Figuren in das Kostüm vom Jahr 1830 eingekleidet hat, wodurch die Bilderfolge etwas besonders Graziöses erhält. Dunkel und fern fühlt und sieht der Knabe die Schönheit der Schwäne, er bemerkt und sieht aber immerhin mehr nur den Gegenstand als dessen Schönheit. Jenen sieht und diese fühlt er mehr. Ebenso muß ihm die Schönheit der Landschaft eigentlich noch fremd sein. Wohl genießt er das Land und den elterlichen Garten, aber wohl einstweilen nur auf Knabenart. Sein Auge sieht Verstecke und Plätze, Licht und Schatten. Er geht zur Schule und befreundet sich mit gleichaltrigen Kameraden. Er wird nach und nach anders, geht nicht mehr zu den Schwänen; andere Dinge locken und fesseln ihn, er kritisiert, liest Bücher, lernt fremde Sprachen. Er treibt sich als jugendlicher Elegant in den Gassen der Stadt herum, lernt heimlich das Treiben und Leben in dunkeln Kneipen kennen, die die aufblühende Phantasie seltsam reizen. Er mißt seine Körperkräfte in Spiel und Händel an denen der Mitschüler, und bei Gelegenheit lernt er Sympathie und Abneigung voneinander unterscheiden. In der Schule hat er Erfolg, er zeigt sich jedoch mehr talentiert als fleißig, verläßt sich großenteils auf seinen guten lebhaften Kopf, findet an einer gewissen großzügigen Liederlichkeit Geschmack, glaubt den Fleiß als hausbackene Ängstlichkeit verächtlich machen zu dürfen. Elterliche Einwendungen zu mißachten, hält er für keineswegs unschön und unklug, Übermut und Waghalsigkeit kommen ihm als schön, vorsichtige Aufführung und emsiges Streben als das Gegenteil vom Schönen vor.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!