Der Körper als Spiegel der Seele - Dr. med. Ruediger Dahlke - E-Book

Der Körper als Spiegel der Seele E-Book

Dr. med. Ruediger Dahlke

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Beschreibung

Wer sind wir in körperlicher Hinsicht? Welche Herausforderungen liegen darin, dass wir so sind, wie wir sind? Welche Chancen haben wir dadurch? Ruediger Dahlke beschreitet viel Neuland. Es geht um Gestalt, Merkmale und Aussehen, nicht um den kranken Körper. Hier werden grundlegende Informationen zur ganzheitlichen Körperdeutung gegeben. Der praktische Lebensbezug kommt dabei nicht zu kurz. Der Blick auf kollektive Phänomene wie Fastfood-Ernährung, die Polarisierung in Fett- und Magersucht, der Trend zu aufwändigeren Schönheitsoperationen oder die Unterdrückung der weichen, runden weiblichen Form macht zudem klar, wie stark der Einzelne durch Mode und Zeitgeist geprägt ist. So neigt man schnell dazu, sich selbst zu verurteilen und unglücklich zu sein, wenn man nicht dem angesagten Figurideal entspricht. Dass man von diesen Wertungen wegkommt und wieder seine individuellen Gaben sieht und nutzt, das ist ein zentrales Anliegen dieses gut verständlichen, locker geschriebenen Buches.

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Seitenzahl: 280

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Körperformen als Ausdruck der Seele

Wer sind wir in körperlicher Hinsicht? Welche Aufgaben und Herausforderungen liegen darin, dass wir so sind, wie wir sind – und welche Chancen bieten sich uns dadurch? Die Antworten auf diese Fragen finden wir in unserem Körper selbst, in seiner äußeren Form und Gestalt.

Unser Körper spricht eine eigene Sprache. Wir beachten sie noch zu wenig, obwohl sie die meistgesprochene Sprache auf Erden ist und sie uns viel über uns selbst mitzuteilen hätte: die Körpersprache. In unserem Zusammenhang ist damit jedoch nicht die ebenfalls bedeutsame Sprache unserer Gesten und Gebärden gemeint. Vielmehr will ich in diesem Buch darstellen, wie unser individueller physischer Körper bereits durch sein Aussehen mehr oder weniger deutlich zeigt, was uns ausmacht und was uns als Aufgabe gestellt wurde. Jeder Spiegel, in dem wir uns betrachten, kann uns verraten, wofür unser Körper (wie) geschaffen ist.

Wenn wir das Spiegelbild deuten, berühren wir tiefere Ebenen unseres Seins und können Aufgaben und Chancen wahr- und wichtig nehmen, die in uns liegen und nur darauf warten, ergriffen und verwirklicht zu werden. Dabei wird uns natürlich auch gezeigt, wer wir nicht sind und welche Möglichkeiten wir folglich gar nicht haben – und welche Ziele wir besser auch nicht anstreben sollten. Erst auf der Grundlage dieser Erkenntnis kann es für uns sinnvoll sein, damit zu beginnen, unseren Körper durch äußere Maßnahmen (wie etwa Training) zu verändern. Wer klar erkennt, was er niemals erreichen wird, spart sich somit viel Mühe und vermeidet Enttäuschungen.

Wenn wir dagegen die Möglichkeiten nutzen, die in Figur und Aussehen deutlich werden, lassen sich der eigene Typ und die eigene Art erkennen und weiterentwickeln. Der individuell passende und vorgesehene Lebensweg zeichnet sich klar ab. Hilfen tauchen umso rascher und leichter auf, je mehr wir im Einklang mit uns selbst und unseren Anlagen leben. Um all diese Chancen nutzen zu können, muss man sich um sich selbst kümmern. Unsere Eigenliebe ist gefragt. Gleichzeitig sind wir aufgefordert, um mit den Worten der Bibel zu sprechen, auch unseren Nächsten wie uns selbst zu lieben – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Der Psychoanalytiker Erich Fromm hat diesbezüglich einen Vers aus dem Talmud abgewandelt, den ich ebenfalls noch ein wenig umformuliert habe und diesem Buch als Motto voranstellen möchte:

Wenn ich nicht auf mich schaue, wer dann?

Wenn ich nur auf mich schaue, wer bin ich dann?

Wenn nicht jetzt – wann?

Beginnen wir also, uns selbst anzuschauen und zu erkennen und für uns zu sorgen, bevor es andere tun (müssen). Wir erfahren dadurch auch, warum andere in einer bestimmten Weise auf uns reagieren.

Selbsterkenntnis

Im griechischen Tempel der Antike stand über dem Eingang »Erkenne dich selbst«, und im Innern soll die Fortsetzung gelautet haben: »damit du Gott erkennst.« Was auf den ersten Blick wie Hybris wirken mag, Gott in sich selbst zu sehen, wird uns auch im Christentum nahegelegt, wenn es in der Bibel heißt, das Himmelreich Gottes liege in uns. Die Aufgabe des Anfangs lautet also, sich selbst in aller Ehrlichkeit zu betrachten und sich bereitwillig zu akzeptieren, um dann Gottes (oder des Schicksals) Wirken in der eigenen Gestalt zu erkennen.

Anders ausgedrückt können wir aus unserem Aussehen die Aufgaben Gottes an uns ablesen und darin Bedeutung und Sinn finden. Sobald dies gelungen ist, besteht der nächste Schritt darin, auch andere Menschen in ihrem Aussehen zu erkennen und Gottes Anspruch an sie zu verstehen. Dann könnten wir ihnen und uns besser gerecht werden und damit harmonischer und zugleich liebevoller auf Erden leben. Das Wort Anspruch ist hier durchaus in seiner Doppelbedeutung gemeint. Gott spricht uns an und hat dadurch auch einen (mehr oder weniger großen) Anspruch an uns. Ihm gerecht zu werden ist die Aufgabe jedes in irgendeiner Weise spirituell oder religiös orientierten Menschen.

Diese Anschauung ist keineswegs auf unseren Kulturkreis beschränkt, denn Buddhisten sehen den Körper ebenfalls als ein großes Geschenk an, dem sie durch ein ethisches, am großen kosmischen Gesetz (Dharma) orientiertes Leben gerecht zu werden suchen. Mit dieser Einstellung ergeben sich von Anfang an weder Wertungen noch Beurteilungen, jene hässlichen Vorstufen von Vorurteilen und Verurteilungen.

Bei einer Annäherung auf solch respektvoll leisen Sohlen wird unsere Deutungsweise heilend wirken, statt verletzend zu sein, ja sie kann dann sogar Verletzungen heilen. Dies sei das höchste Ziel. Wer am Ende der Reise durch dieses Buch glücklicher und zufriedener in seinem Körper lebt und klarer spürt, wofür er (wie) geschaffen ist, hat es erreicht und sich ein weiteres Stück verwirklicht.

»Erkenne dich selbst« – das ist der einfache, aber wirkungsvolle Weg zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden und die Grundlage von Weisheit und Lebensglück.

Aber wichtiger noch als der Körper ist die Seele, denn wichtiger als das Haus ist dessen Bewohner, dessen Bewohnerin. Dem physischen Körper gebührt unsere Achtung, aber er wird nicht bleiben. Das Vorrecht der Unsterblichkeit kommt nur der Seele zu. Wenn wir aber den Körper als Chance begreifen, mehr über unsere Seele und ihre Aufgaben zu erfahren, werden wir unserer seelischen Entwicklung und nebenbei auch noch dem Körper nutzen, denn wir nehmen ihn wichtig, ohne ihn überzubewerten. Wenn der Körper dieser besondere Körper sein darf, wenn er seinen Stellenwert und die ihm gebührende Achtung erfährt – im Sinne der großen Chance, die er hier auf der Erde darstellt –, ist ihm wundervoll gedient.

Mit den Augen der Liebe sehen

Wem es gelingt, die Entwicklungsmöglichkeiten zu erkennen, die im eigenen Körperhaus wohnen, wird Schönheit selbst dort sehen können, wo etwas auf den ersten Blick problematisch erscheint. Dann kann die eigene Aufgabe mit Liebe akzeptiert werden. Selbst »Problemzonen« bekommen die Chance, angenommen, wenn nicht sogar liebgewonnen zu werden.

Diese Sichtweise mag schwerfallen, wenn Wirklichkeit, Möglichkeit und Wunschdenken weit auseinanderklaffen. Auch in diesem Fall besteht die beste Chance darin, selbst große, schwierige Aufgaben mit Liebe anzunehmen. Lieben heißt immer, sich zu öffnen und das andere, Fremde hereinzulassen.

Ein Problem des deutenden Ansatzes dieses Buches ist die an die Polarität gebundene Sprache. Sie wirkt rasch verletzend, besonders wenn sie Symptome und Krankheitsbilder treffend beschreibt. In unserem Zusammenhang sollen die Deutungen den Leser durchaus berühren und in Bewegung bringen. Wo eigene Betroffenheit im Spiel ist, werden sie aber auch empfindlich treffen und betroffen machen. Dies wird manchmal notwendig sein, um aus eingefahrenen Bahnen herauszukommen und den eigenen Weg zu finden. Der Schmerz, den manche Wortspiele und Sprachbilder auslösen können, ist deshalb am besten als eine Art Heilschmerz zu deuten: im Sinne einer homöopathischen Erstreaktion. Sie dient dazu, einen neuen Entwicklungsprozess einzuleiten, die Lebenskraft zu aktivieren und etwas zu verändern. In diesem Sinne sind selbst die von den Deutungen ausgelösten Schmerzen ebenfalls liebenswert und von Nutzen. Es ist wichtig, sich von Anfang an darauf einzustellen, in Liebe der ehrlichen Wahrheit den Vorzug vor der schonenden Lüge zu geben.

Sobald ein Mensch ehrlich mit sich ist, kommt er zu sich und wird eins mit sich. Er findet zu sich und seinem Rhythmus, was wir dann als berührend und schön empfinden – und so sind ehrliche Menschen tatsächlich attraktiv, ganz unabhängig von ihrer äußeren Gestalt. Christian Morgenstern drückt dies mit den Worten aus: »Schönheit ist empfundener Rhythmus. Rhythmus der Wellen, durch die uns alles Außen vermittelt wird.« Und weiter: »Schön ist eigentlich alles, was man mit Liebe betrachtet. Je mehr jemand die Welt liebt, desto schöner wird er sie finden.« Und desto schöner wird er auch selbst werden, denn die äußere Welt und die eigene Körperwelt zu lieben macht schön. Dafür braucht man an beidem gar nichts zu verändern, aber selbst wenn man es wollte, wird es viel leichter gelingen.

Lieben heißt, sich zu öffnen – in unserem Fall für die eigenen Aufgaben, die sich im Körperhaus spiegeln.

Wahre Schönheit kommt von innen. Der erste Schritt dorthin besteht darin, ehrlich anzuerkennen, was ist, es anzunehmen, sich dafür zu öffnen und es mit den Augen der Liebe zu betrachten. Diese werden immer für die Chancen der Situation offen sein. Was auf den ersten Blick schön ist, kann sofort genossen werden, was auf den ersten Blick unschön erscheint, könnte auf den zweiten als Chance erkannt und durch den Lernprozess, den es auslöst, doch noch als schön empfunden und (bedingungslos) angenommen werden. Vor diesem Hintergrund ist es für unsere Entwicklung noch viel wertvoller. Vergleichbar mit der Liebe zu einem schwierigen oder behinderten Kind, die von einer Mutter zwar viel mehr fordert, aber bei ihr auch mehr Entwicklung in Gang setzt.

Den eigenen Weg finden

Der Aufbruch in dieses Neuland der Körperbetrachtung fällt umso leichter, wenn es gelingt, die Deutungen mit etwas Selbstironie und Humor zu nehmen. Neben der Liebe ist Humor ein bewährtes Rezept, denn das Wort selbst steht für das Fließende. Erinnert sei hier an die alte Humoralpathologie oder Säftelehre, die davon ausging, dass Krankheitsbilder auf ein fehlerhaftes Misch- und Fließverhalten der Körpersäfte zurückgehen.

Abgesehen davon, dass manche Aufgaben so schwer sind, dass sie überhaupt nur mit einer Haltung fließender Leichtigkeit zu ertragen und erst recht zu lösen sind, sollte jeder versuchen, über seine mitgebrachten oder angenommenen Probleme ein wenig zu lächeln. Wenn dies gelingt, werden sich einem Lösungen für die eigenen Probleme nicht nur schneller anbieten, sondern die Bewältigung der sich hinter den Deutungen abzeichnenden Aufgaben fällt auch spürbar leichter.

Hilfreich für unser Unterfangen ist ein wesentlicher, verschiedene östliche Philosophien verbindender Gedanke. Danach sucht sich jede Seele, die sich inkarnieren will, ihre Eltern selbst und mit ihnen den Körper sowie ein passendes Umfeld, um die vorgesehenen Lebensaufgaben optimal zu lösen. Dabei müssen weder die Eltern noch der Körper, noch die Lebensumstände besonders schön oder auch nur angenehm sein. Vorrangig ist, dass alles seinen Zweck erfüllt und ideale Voraussetzungen für den anstehenden Lernstoff bietet. Wer diesen Gedanken – vorerst nur als Hypothese – weiterverfolgt, wird im Laufe der Arbeit an sich selbst erkennen, wie tröstlich und stimmig diese Anschauung ist, von der immerhin mehr als die Hälfte der Menschheit ganz selbstverständlich ausgeht.

Wenn also die Seele sich die passenden Eltern sucht und sich selbst einen Körper formt, der im Einklang mit dem Lehrplan ihres Lebens steht, wird der Körper sowohl zum Ausdruck der Seele als auch zum Werkzeug für ihren Entwicklungsweg. Dann hören alle Schuldzuweisungen und Projektionen wie von selbst auf.

Vor diesem Hintergrund macht es gar keinen Sinn, den Körper oder die Lebensaufgaben auf- oder abzuwerten. Sie sind uns gegeben, und deshalb stehen sie auf dem Programm. Kinder werden ihre Prüfungsaufgaben in der Schule auch nicht immer angenehm finden, aber sie gehören nun einmal zum Lehrplan, und Protest führt eher zu Nachteilen, jedenfalls nicht zu einer Vereinfachung der Aufgaben. Wenn jemand beispielsweise lange Beine mitbekommen hat, soll er offenbar lernen, große Schritte zu machen und schneller im Leben voranzukommen und möglicherweise dabei größeren Fortschritt zu erzielen. Hat jemand dagegen kurze Beine auf seinen Lebensweg mitbekommen, ist daraus die Aufforderung zu lesen, sich mit kleinen, bewussten Schritten zu bewegen.

Glück und Zufriedenheit

In meinem Fastenseminar »Körper – Tempel der Seele« erfahre ich zusammen mit der Gruppe regelmäßig, wie durch Fasten und eine Stimmung heiterer Gelassenheit die Umwandlung des Körper(bilde)s vom Haus zum Tempel der Seele möglich ist und heilend wirkt. Tag für Tag beschäftigen wir uns meditativ und kontemplativ mit den Bedeutungen der verschiedenen Organe und Regionen unseres Organismus und der dahinterliegenden seelischen Ebene. Auf diese Weise verbessert sich das eigene Körperbild und -verständnis, und die darin zutage tretenden Lern- und Wachstumsaufgaben werden deutlicher und akzeptabler.

Während das Fasten den Organismus auf sanfte Art entschlackt und reinigt und in überschaubarem Rahmen den Körper verändert, indem es ihn der ursprünglich angelegten Form und Figur wieder näher bringt, wird zugleich das Bewusstsein weiter und offener. Dies ermöglicht einerseits Klärung und andererseits Akzeptanz dessen, was da Konturen und Formen gewinnt. Das Entscheidende ist dabei aber nicht das objektiv bessere Aussehen durch den Verlust überflüssiger Kilos, sondern das Annehmen der eigenen Gestalt, so wie sie gedacht war und einem geschenkt wurde.

Viele eindrucksvolle Menschen zeigen uns beispielhaft, dass es möglich ist, in jedem Körper Erfüllung zu finden. Man braucht nur an die taubstumme und blinde Helen Keller zu denken, die so vielen Menschen zum Vorbild wurde. Mich selbst hat in dieser Hinsicht Schwester Alberta, eine katholische Nonne, sehr beeindruckt. Man hatte sie sehr jung für das Klosterleben bestimmt, weil ihr Rücken einen großen Buckel zeigte und obendrein seitlich verkrümmt war. Die winzig kleine Person besaß scheinbar eine nur minimale Lebenserwartung. Aber Alberta stellte sich ein Leben lang ihrem Schicksal und ist auch ihr Leben lang gewachsen, geistig-seelisch vor allem, sogar auch ein wenig körperlich. Zentimeter für Zentimeter hat sie sich bis ins hohe Alter von über achtzig Jahren aufgerichtet und ist aufrecht und gerade ihren Weg gegangen. Obwohl sie klein und krumm von Gestalt blieb, war sie einer der beeindruckendsten, glücklichsten und aufrichtigsten Menschen, den ich kennenlernen durfte – ausgesöhnt mit Gott und der Welt und mit sich und ihrer Erscheinung. Ihr Beispiel hilft uns zu erkennen, dass Glück und Zufriedenheit und selbst Erfolg keinesfalls direkt abhängig vom Aussehen sind, sondern viel eher davon, was wir aus dem eigenen Typ und seinen mitgebrachten Anlagen machen. Wenn wir (auch mit dem eigenen Aussehen) einverstanden und in Einklang mit uns und unserer Welt sind, fühlen wir uns glücklich. Sobald wir dagegen im Widerstand leben, werden wir uns unglücklich und unzufrieden fühlen. Widerstand führt zu Leid. Einverstandensein und Akzeptanz sind dagegen wundervolle Steigbügelhalter zu Gipfel- und Glückserlebnissen. In jedem Fall ist das Akzeptieren der eigenen Ausgangssituation immer der erste Schritt in die richtige Richtung. Selbst wenn es einem Menschen mit an sich massiger Statur gelingen sollte, durch funktionale äußere Maßnahmen zarte Anmut zu erreichen und zu demonstrieren, liegen doch immer anstrengender Aufwand und durchschaubare Absicht darin, was auf Dauer ermüdet und ein ganzes Leben lang kaum durchzuhalten ist.

Die Praxis der Körperdeutung

Wir werden uns in diesem Buch zuerst mit verschiedenen Konstitutionen, dem mitgebrachten Potenzial und den sich daraus ergebenden Figurtypen beschäftigen und sie deuten. Danach wenden wir uns den einzelnen Regionen und speziellen Aspekten des Körpers zu, zum Beispiel dem Thema Doppelkinn oder große Füße. Wir folgen dabei der Krankheitsbilderdeutung, was möglicherweise ungewohnt ist, da diese Vorgehensweise nicht der immer noch vertrauteren Reparatur- oder Schulmedizin entspricht. Was »Krankheit als Weg« für die Welt der Körpersymptome war, strebt dieses Buch für die Welt der Körperformen und -figuren an.

Nach der möglichst ehrlichen Bestandsaufnahme – dem Annehmen und Sicheingestehen der Ausgangslage – folgt das Deuten, um die verschiedenen Be-Deutungen und die verborgenen Lebensaufgaben zu entdecken. Dabei sind Fragen hilfreich wie: Warum habe gerade ich gerade diese Figur oder Symptomatik? Warum passiert das gerade jetzt in meinem Leben, bzw. seit wann geschieht es? Wie komme ich zu dieser Körperform? Vor welchem kollektiven und sozialen Hintergrund ist mein Aussehen zu verstehen?

Selbst wenn es sich um geerbte Symptome und Familienthemen handelt oder um solche, die der Zeitgeist heraufbeschwört wie die aktuelle Polarisierung in Fett- und Magersucht, sind solche Fragestellungen sinnvoll. Auch mitgebrachte oder die ganze Gesellschaft betreffende Aufgaben sind individuelle Herausforderungen und können gedeutet werden.

Bei der Beschäftigung mit Symptomen ergeben sich neben Deutungen des unerlösten Ausgangszustands auch Einlösungen, auf denen die Hoffnungen ruhen, denn hier liegen die besten Entwicklungsmöglichkeiten. Ein Beispiel mag dies illustrieren: Wenn ich übergewichtig bin, geht es nicht vordringlich darum, in den Gegenpol zu springen und abzunehmen, sondern erst einmal darum, nach der erlösten Seite dieser Art von Übergewicht zu fahnden. Dabei kann die Archetypen- oder Urprinzipienlehre sehr hilfreich sein. Übergewicht und Fettgewebe gehören genauso wie Fülle und Erfüllung zum jovischen Urprinzip (Jupiter-Prinzip), bei dem es um Wachstum und Expansion geht. Übergewicht ist eine unerlöste Spielart dieses Prinzips, während Fülle verschiedene Möglichkeiten beinhaltet. Auf der Ebene des Glücks oder des Geldes wird sie begrüßt, auf der des Körpergewichts bedauert. Erfüllung ist in jedem Fall eine erlöste Form – sei es, dass Wünsche in Erfüllung gehen oder dass wir Erfüllung in der Liebe, bei der Arbeit oder im Leben finden.

Bevor wir also auf den Gegenpol zur schlanken Figur schielen, müssen wir dem jovischen Thema gerecht werden. Auf irgendeiner wichtigen Ebene unseres Lebens sollen wir offenbar Fülle und Erfüllung finden. Dann können wir die körperliche Fülle nicht nur erfolgreich, sondern auch nachhaltig loslassen – wenn es denn notwendig ist. Das jovische Prinzip wird damit nicht aus dem Leben hinausgedrängt, sondern vielmehr erfüllt, allerdings auf einer anderen Ebene, die weniger oder keine Nachteile mit sich bringt und bestenfalls sogar nutzt.

Wer versteht, warum er ist, wie er ist, was er mitbekommen hat und was er selbst daraus machen kann, hat beste Chancen, sich zu verwirklichen. Wer aber ständig sich und der Welt ein X für ein U vormacht, wird davon weder schlank noch glücklich.

Wenn wir auf den folgenden Seiten den ganzen Menschen von Kopf bis Fuß betrachten, wird es jeweils darum gehen, die erlöste Aufgabe oder Chance der entsprechenden Region auf der Grundlage der Urprinzipienlehre zu erkennen und aus den dort auftretenden Problemen zu lernen. Bei der individuellen Suche nach Lösungsschritten ist dann ein wenig Realismus anzuraten, um die eigenen Möglichkeiten nicht zu überschätzen und sich nicht zu überfordern. Am wichtigsten ist, sich klarzumachen, dass jede Körperform, mit der wir weder einverstanden noch ausgesöhnt sind, eine Chance in sich trägt und Aufgaben stellt. Gerade an dem Punkt, wo wir unzufrieden sind, liegt die größte Herausforderung, Frieden zu schließen. Symptome und Formen sind jedoch niemals als Strafe zu verstehen – und schon gar nicht als die Gottes –, sondern als wichtige Herausforderung, zu wachsen und sich weiterzuentwickeln. Das sollten wir immer berücksichtigen, wenn wir uns selbst oder andere betrachten.

Deuten statt werten und verurteilen

Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie zufrieden oder ausgesöhnt er mit sich und der Welt seiner äußeren Formen ist. Außerdem vermag kaum jemand, anderen Menschen den Grad ihrer Aussöhnung, zum Beispiel mit ihrer Figur, sofort anzusehen. Aus diesem Grund verbieten sich Wertungen von selbst. Ein Beispiel: Bei einem sehr kleinen, drei Zentner schweren Mann könnte man versucht sein, wertend zu deuten nach dem Motto »Äußere Fülle statt innerer Erfüllung«, und damit ein typisches Kompensationsmuster meinen. Das heißt, wir unterstellen, dass mangelnde innere Erfüllung durch äußere Fülle kompensiert wird. Nun könnte es sich aber um einen spirituell erwachten Menschen wie Buddha handeln. Wir müssten dann wohl sagen: »Äußere Fülle spiegelt innere Erfüllung wider« oder »Wie außen, so innen«. Zwar ist die erste Variante, die Kompensation, heute die weitaus häufigere, aber es kann vorkommen, dass wir einem erwachten Menschen begegnen, der uns seine innere Fülle auch sehr plastisch äußerlich vor Augen führt.

Grundsätzlich sind wir demnach gut beraten, uns nicht unaufgefordert mit anderen deutend zu beschäftigen. Wir sollten lieber bei uns selbst beginnen. Nur der Einzelne kann ermessen, ob er sich zum Beispiel wegen seiner krummen Nase schämt oder nicht, ob er sein Thema in der Kompensation lebt oder ganz direkt.

Wichtig ist, ob die Betroffenen tatsächlich unter ihrer Körperform leiden. Bei Symptomen können wir meist davon ausgehen, dass es sich um Kompensationen handelt, während »gesunde« Strukturen häufig ein direkter Spiegel sind. Allerdings ist dies nicht zwingend, denn natürlich verbirgt sich nicht hinter jedem schönen Gesicht ein guter Mensch. Und ebenmäßige Zähne müssen nicht unbedingt auf einen harmonischen Umgang mit den vitalen Energien der Aggression hindeuten, sondern es könnte sich um Jacketkronen handeln, die als Prothesen etwas vortäuschen.

Es wäre gut, sich ständig bewusst zu sein, wie sehr wir dazu neigen, andere über Deutungen zu beurteilen und nicht selten auch gleich zu verurteilen. Gute Lösungen für jeden liegen dagegen im liebevollen Annehmen. Alles, was es befördert, ist hilfreich, alles, was Widerstand auslöst, ist hinderlich. Aber wir könnten für Widerstände wach werden. Wo immer wir Widerstand auslösen, sind wir Teil des Problems; wo immer wir Akzeptanz fördern, sind wir Teil der Lösung. Wo wir selbst in Widerstand geraten, liegt unsere Chance, uns zu öffnen und daran zu wachsen.

Haben wir also Respekt vor der Macht des Deutens von Körperbildern. Wir sollten dieses Werkzeug vorsichtig und liebevoll einsetzen, um uns und anderen zu helfen, mehr aus den eigenen Möglichkeiten zu machen.

Außen wie innen

Wir können davon ausgehen, dass alles, was Form hat, auch Inhalt ausdrückt. Folglich wird auch unsere äußere Form, die Figur, einiges über uns aussagen – über unsere Situation und mögliche Rolle im Leben. Der Mechanismus der Körperdeutung ist somit einfach: Die Grundlage ist, dass Seelisches körperliche Gestalt annimmt. Beim Deuten schließen wir folglich vom körperlichen Aspekt zurück auf den seelischen Hintergrund. Wir gehen davon aus, dass der Körper jeweils zur Bühne wird für Themen, die im Bewusstsein nicht mehr gelebt und oft auch nicht akzeptiert wurden.

Ein weit verbreitetes Krankheitsbild mag diese Zusammenhänge beispielhaft erläutern: Wer sich in der Lebensmitte weigert, Ballast abzuwerfen, um sich den Rückweg zu erleichtern, wird erleben, wie ihm sein Körper diese Aufgabe abnimmt und stellvertretend die Knochen entkalkt (Symptom Osteoporose). In der zweiten Lebenshälfte ist Ballast das Letzte, was wir für den Heimweg der Seele zwingend brauchen. Wir müssen also überflüssig Gewordenes loswerden, entweder in seelischer Hinsicht oder konkret körperlich, und dann eben auch symptomträchtig.

Krankheitsbilder können vieles über seelische Aufgaben aussagen, wenn man sie entsprechend deutet. Genauso viel verraten die Formen des Körpers – ob sie nun Symptomcharakter haben oder nicht.

Nach demselben Deutungsprinzip können auch gesunde Organe und Körperteile Auskunft über ihren Sinn geben. Umgangssprachliche Wendungen enthüllen, dass beispielsweise die Ellbogen mit Durchsetzung zu tun haben. Damit verbundene Probleme können sich im Arm- und Ellbogenbereich zeigen, dem man vielleicht solche Bedeutungstiefe gar nicht sofort ansieht. Und so wie wir unseren eigenen Körper mit seinen Formen deuten können, um zu individuellen Ergebnissen zu gelangen, die unsere Sicht von uns selbst verändern mögen, lassen sich auch Probleme deuten und einordnen, die die Gesellschaft als Ganze betreffen, wie die rapide zunehmenden Gewichts- und Figurprobleme.

Statt im individuellen Fall mit funktionalen Maßnahmen einzugreifen und den Körper an seiner Darstellungsaufgabe zu hindern, wie es die Schulmedizin mit der Schönheitschirurgie versucht, ist es naheliegender, der Körperbühne die Darstellungsaufgabe (wieder) abzunehmen und sie stattdessen auf seelischer Ebene anzupacken. Wer beispielsweise sein Herz seelisch öffnet und weitet, entlastet sein physisches Herz von dieser Aufgabe und erspart sich eine Herzinsuffizienz. Wer freiwillig seelischen Ballast abwirft, kann seinem Körper die entsprechende Problemdarstellung mittels Knochenentkalkung ersparen. Wer sich mit seinem Konstitutionstyp aussöhnt, vermag sich in seiner Haut rundum wohl zu fühlen.

Figurtypen – ihre Bedeutung und Erlösung

Proportion und Schönheitsempfinden

Der Eindruck von körperlicher Schönheit ergibt sich am ehesten aus der stimmigen Proportion der Formen. Wenn eine Frau sogenannte Traummaße vorweisen kann, was an Hüft-, Taillen- und Brustumfang festgemacht wird, geht es genau darum. Diese Art der Bewertung mag primitiv sein; sie verrät jedoch die Wichtigkeit der Proportionen. Ein jeweils großer Umfang von Brust und Hüfte bekommt seinen Wert erst durch eine vergleichsweise schmale Taille. Sobald dieser mittlere Wert wächst, verlieren die beiden Rahmendaten ihre Bedeutung, und die Figur büßt an Attraktivität ein.

Falls ein hoher unterer Wert, das heißt ein breites Becken, von einem geringen mittleren Wert, einer Wespentaille, betont wird, war dieses Verhältnis früher schon ein ausreichender Grund für Attraktivität, egal, was oben noch nachkam, denn diese Frau hatte erfahrungsgemäß alle körperlichen Voraussetzungen für das sichere Gebären. Hier wird aber auch deutlich, dass äußere Traummaße innere Einstellungen nicht ersetzen und keine Garantie dafür sind, dass sich hinter einer überaus weiblichen Silhouette auch eine liebevolle Mutter und Ehefrau verbirgt.

Der moderne Zeitgeist hat das alte Ideal in deprimierend unerreichbarer Weise verändert und die Bedingungen verschärft, denn er nimmt die hinzukommende große Oberweite mindestens genauso wichtig. Wer heute bei einem breiten Becken und einer schmalen Taille oben wenig zu bieten hat, gilt als nicht attraktiv. Gebären wird sowieso immer unmoderner und »uncooler«, außerdem gibt es für die moderne Wohlstandsfrau längst den Kaiserschnitt auf Wunsch. So zeigt sich ein deutlicher Wandel in den bevorzugten Proportionen, aber es geht doch immer noch um Proportion.

Ähnlich müsste ein Mann mit einem eindrucksvollen Oberkörper auch einen schlanken, aber kräftigen Unterbau vorweisen, um gut auszusehen. Wenn auf einem wohlgestalteten, kräftigen Unterbau ein zu vernachlässigender Oberkörper sitzt, ist der Eindruck unbefriedigend. Diese Variante kommt auch insofern schlecht an, als wir heute insgesamt den unteren Bereich immer mehr vernachlässigen und den oberen immer wichtiger nehmen.

Wir wenden außerdem viel mehr Zeit für unser Gesicht als für den restlichen Körper auf und für die obere Körperhälfte mehr als für den Unterleib. Wie viel mehr werden beispielsweise unsere obersten Waffen, die Zähne, gepflegt als unsere mittleren, die Reste der Krallen an den Händen, wenn auch die Ergebnisse trotzdem schlecht sind, wie der Mundgeruch zeigt. Den Fingernägeln aber geht es wiederum noch gut im Vergleich zu den unteren Krallen in Gestalt der Fußnägel. Hier spielt allerdings auch die Devise »Außen hui – innen pfui« hinein, nach der alles Sichtbare ungleich mehr Aufmerksamkeit bekommt. Danach sind die Schneidezähne oft in einem besseren Zustand als die Backenzähne und bekommen manche Fußnägel nur im Sommer Aufmerksamkeit. Auch dies ist wieder Ausdruck unserer Gewohnheit, die oberen Bereiche lieber zu zeigen als die unteren.

Beim Gesicht, unserer Visitenkarte und Fassade, ist es für die Attraktivität sehr wichtig, dass es bei Frauen besonders weiblich und bei Männern betont männlich aussieht. Insofern ist ein markantes Kinn für einen Mann von Vorteil, für eine Frau aber nachteilig. Männer profitieren von einer gewissen als männlich empfundenen Härte, wohingegen Frauen damit verlieren. Bei ihnen spielt das Kindchenschema eine entscheidende Rolle. In der Urprinzipienlehre gehören das Weibliche und das Kindliche zum selben Archetyp des Mondes. Je kindlicher der Eindruck, desto attraktiver wird ihr Gesicht wahrgenommen. Zum Kindchenschema, das in der Natur offenbar dazu dient, Mitgefühl und Schutzreflexe auszulösen, gehört typischerweise eine kleine Nase, eine hohe Stirn, ein zierliches Kinn und die sprichwörtlich makellose Babyhaut. Volle Lippen gehören eigentlich nicht dazu, sind aber typisch weiblich und damit ebenfalls vorteilhaft. Ganz entscheidend ist bei den Lippen, dass sie sich häufig zu einem Lächeln öffnen. Lächelnde Gesichter wirken bei beiden Geschlechtern wesentlich gewinnender. Symmetrie spielt eine weitere entscheidende Rolle für den Grad an Attraktivität. Deutliche Asymmetrie empfinden wir als unattraktiv.

Wenn jemand äußerlich sehr aus der Balance geraten ist, verbirgt sich darin offenbar eine zu deutliche innere Aufgabe, was als nicht besonders anziehend erscheint. Die Evolution hat immer die ausbalancierte Mitte angestrebt, und das zeigt sich in einem weiteren wichtigen Punkt, der über Attraktivität entscheidet: Wir haben eine beweisbare Vorliebe für das durchschnittliche Antlitz. Je mehr ein Gesicht dem mathematischen Mittel der jeweiligen Bevölkerung entspricht, als desto anziehender wird es empfunden. Wer wie der Durchschnitt aussieht, hat von allen (vererbten Genen) etwas, und das ist im Sinne der Evolution vorteilhaft.

Ein dritter Punkt relativiert das Gesagte jedoch wieder. Am schönsten finden wir die Gesichter, die dem Durchschnitt ähneln, aber ihre davon abweichenden speziellen Merkmale haben. Zum Beispiel ist beim US-Supermodel Cindy Crawford das Muttermal im Mundwinkel eigentlich ein Schönheitsfleck. Es ist jene Abweichung oder jener kleine Fehler, der – nach östlicher Auffassung – in keinem Kunstwerk fehlen darf.

Schönheit liegt ganz allein im Auge des Betrachters. Doch wird erfahrungsgemäß als attraktiv eingeschätzt, wer wie der Durchschnitt aussieht. Auch hier ist die goldene Mitte das beste Rezept.

Die Harmonie der Erscheinung ist für den Gesamteindruck, den wir machen, letztlich am wichtigsten. Denn fast alle Menschen schließen automatisch von äußerer auf innere Harmonie, wie auch von äußerer auf innere Schönheit, aber auch von Disharmonie und Hässlichkeit in der äußeren Erscheinung auf entsprechende innere Charakterprobleme.

Die Aufgabe eines äußerlich harmonisch gebauten Menschen liegt darin, sein Inneres in Übereinstimmung mit dem Außen zu bringen. In östlichen, mit dem Gedanken an Wiedergeburt lebenden Gesellschaften würde man ein wohlgestaltetes Äußeres als ein Geschenk betrachten, das man sich einstmals verdient und dem man sich in Zukunft als würdig zu erweisen hat.

Bei einer disharmonischen Erscheinung liegt die primäre Aufgabe darin, sich mit diesem Bild auseinanderzusetzen, um es schließlich anzunehmen und sich damit auszusöhnen, nachdem die Lernaufgaben und -chancen verstanden sind. Die aus der Harmonie fallenden Bereiche und die dadurch dargestellten Aufgaben wollen innerlich verwirklicht werden. Zum Beispiel betont eine übergroße Brust das Nährende, Versorgende oder eine dominante untere Körperpartie die Verwurzelungs- und Erdungsaufgabe. Danach erst ist es sinnvoll, auch äußere Veränderungen anzustreben. Werden diese sofort – operativ – erzwungen, ist die krankmachende Diskrepanz zwischen innerem Bild und äußerer Erscheinung zu beachten.

Die Körpergröße

Die Menschen haben sich während der Evolution offenbar von kleinen Anfängen zu immer mehr Größe aufgeschwungen, die allein schon wegen der besseren Reichweite und Hebelkraft ein Gewinn ist. So erleben Kinder, wie vorteilhaft es ist, bei Sportfesten zu den Größeren zu gehören. Dies gilt aber für alle Ebenen unseres Seins. Große Menschen gelten einfach mehr.

Die Aufgabe großer Menschen lautet ganz klar, innerlich zu ihrer Größe aufzuschließen und Außen und Innen in Harmonie zu bringen. Dies ist jedenfalls ungleich befriedigender als der Versuch, sich kleiner zu machen, als man ist, und sich damit zugleich herabzusetzen. Im Gegenteil gilt es herauszuragen, andere zu überragen und hervorragend zu sein, auch auf der Ebene eigener Leistungen. Allerdings sollte man sich dabei der Gefahr der Arroganz bewusst sein, von oben herabzublicken und damit andere herabzusetzen und zu verachten. Wenn man andere herablassend behandelt, wird man sie (und im Sinne der meisten Religionen auch Gott) gegen sich aufbringen. Ein hervorragender, großer Körper erlaubt seinem Besitzer, in der Oberliga zu spielen und so auch zu erleben, wie dünn die Luft dort oben ist.

Kleine Menschen haben dagegen die Aufgabe, sich zuerst einmal ihre Kleinheit einzugestehen und sich mit ihrer Statur anzufreunden. Sie sollen offenbar Demut lernen und zu anderen aufschauen. Oft fühlen sie sich herabgesetzt und gedemütigt, was nur die andere Seite derselben Medaille ist. Sie können sich entscheiden, wie viel Wachstum sie in geistig-seelischer Hinsicht anstreben wollen und wo sie ihre wahre Größe vermuten, zu der sie dann versuchen innerlich aufzuschließen. Inneres Wachstum allerdings, das weit über die körperliche Statur hinausgeht, könnte zu einer Diskrepanz führen. Das muss aber in der Lebenspraxis kein großes Problem darstellen, wenn die wahre Größe innerlich akzeptiert und mit den sich selbst gestellten Aufgaben vereinbar ist.

Hinter Körpergröße wird stets auch innere Größe vermutet. Zu seiner Kleinheit zu stehen verlangt Mut.

Größe zeigt auch, wie jemand im Leben steht, wie sicher er sich fühlen kann, wie viel Selbstvertrauen und Eigenständigkeit er hat. Kleine Menschen und besonders kleine Männer neigen dazu, ihre Situation durch Kompensation zu verbessern. Beim Blick in die Geschichte fällt der hohe Anteil von kleinen Menschen in Spitzenpositionen auf. Napoleon ist der Prototyp des kleinen Erfolgreichen. Auf der anderen Seite gibt es sehr Große, wahre Giganten, die offenbar solche Probleme haben, zu dieser eindrucksvollen Statur innerlich aufzuschließen, dass sie sich lieber künstlich klein machen, um so der Norm näherzukommen. Dies geschieht vor allem über die gebückte Haltung oder das Schieflegen des Kopfes, als würden sie um Nachsicht für ihre Überlänge ersuchen und um Verzeihung bitten, dass sie sich so über den Rest erheben.

Der Wechsel des Zeitgeistes und Modegeschmacks zeigt sich wie bei den Proportionen auch bei der weiblichen Körpergröße. Während Männer früher gern eine kleine Partnerin hatten, die sie auch schmeichelnd als »meine kleine Frau« vorstellen konnten, sind heute große Frauen begehrt. Früher durfte die Frau auch deswegen klein sein, weil sie sich bei der Größe ihres Mannes bedienen konnte, ganz ähnlich wie sie – durchaus nicht nur in Österreich – Frau Direktor oder Frau Doktor werden konnte, ohne auch nur eine Chefetage oder Universität von innen gesehen zu haben. Selbst wenn sie nicht überall so angesprochen wurde, konnte sie vom Status des Mannes zehren. Die moderne eigenständige Frau dagegen braucht – obendrein in Zeiten wenig verlässlicher Beziehungen – ihre eigene Größe, die zudem körperlich auf langen Beinen daherkommen darf.

Insgesamt zeichnet sich ab, dass auch hier wie schon bei Figur und Proportion der Durchschnitt das angenehme Maß ist und das entspannteste Leben ermöglicht. Wer nicht zu sehr von ihm abweicht, hat offenbar am wenigsten zu befürchten. Er braucht keine Angst zu haben, einen Kopf kürzer gemacht zu werden oder nach unten durchzufallen.

Archetypisch männliche und weibliche Figurmuster

Polarität prägt unser Leben. Auch auf der Figurebene erkennen wir eine Auseinandersetzung zwischen zwei Polen, genauer gesagt zwischen männlichen und weiblichen Tendenzen. Während der männliche Pol typischerweise den Körper auf das Nötigste reduziert, will der weibliche ihn mit weichen, fließenden Formen abrunden und ausschmücken.

Wenn der Körper eines Mannes von opulenten weiblichen Formen und fließender Überfülle geprägt wird, ist dies als Aufforderung zu verstehen, den weiblichen Pol mehr zu leben – jedoch nicht auf körperlicher Ebene, sondern auf anspruchsvolleren seelischen Ebenen in Gestalt der inneren Frau, der Anima. Oder der Betroffene sucht und findet im Außen eine Partnerin, die eine Animagestalt bietet und ein entsprechendes (Er-)Leben möglich macht. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Mutter ist ein erster Schritt, der – wenn er gelingt – in anerkennender Befreiung endet und die Möglichkeit schafft, nun wirklich aus sich heraus den Schritt zu einer Partnerin zu schaffen, die ihm Gegenpol ist im Sinne von Herausforderung und Erfüllung zugleich.

Eine weitere Möglichkeit für Männer, ihre innere Frau zu leben, besteht zum Beispiel darin, sich mit der eigenen Seele zu beschäftigen und die unerledigten psychischen Geschäfte anzugehen und sich schließlich sogar ins eigene Schattenreich zu wagen. Auf profanerer Ebene könnte man sich sehr bewusst (mehr) mit Poesie und Lyrik beschäftigen, das Tanzen und Mitschwingen lernen sowie mehr zuhören und sich einfühlen.

Wenn dagegen eine Frau in harte männliche Muster rutscht, wie im Extrem der Magersucht oder eines übertriebenen Bodybuilding- oder Marathontrainings, ist ihr zu raten, mehr Männliches in ihr Leben zu integrieren. Dabei empfiehlt es sich aber, erlöste männliche Muster der Durchsetzung zu wählen und sich mehr dem inneren Mann, dem Animus, zu widmen. Auch hier gibt es natürlich die Möglichkeit, sich im Außen einen Partner zu suchen, der dieses Thema darzustellen vermag und der es ihr leichter macht, sich mit der Animusthematik auszusöhnen.