Heilsame Tugenden - Dr. med. Ruediger Dahlke - E-Book
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Heilsame Tugenden E-Book

Dr. med. Ruediger Dahlke

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Beschreibung

Tugenden wirken heilsam. Gesundheit von Körper und Seele durch ein tugendhaftes Leben. Rückbesinung auf alte und neue Werte. Erfüllung und Glück erlangen. Bestsellerautor Ruediger Dahlke erklärt, wie man durch ein tugendhaftes Leben Körper und Seele positiv beeinflusst. Die Rückbesinnung auf Tugenden wie etwa Fleiß, Tapferkeit, Weisheit, Gerechtigkeit, Glaube und Liebe führt zu mehr Glück und Erfüllung.

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Impressum

© eBook: 2022 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2022 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

Gräfe und Unzer ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, www.gu.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Bild, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Projektleitung: Claudia Bruckmann

Lektorat: Dorothea Steinbacher

Korrektorat: Cornelia Klaeger

Covergestaltung: Independent Medien-Design, Horst Moser, München

eBook-Herstellung: Viktoriia Kaznovetska

ISBN 978-3-8338-7923-4

1. Auflage 2022

Syndication: www.seasons.agency

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VORWORT

Die Wertschätzung von Tugenden wandelt sich mit der Zeit. Erstaunt stellte ich irgendwann fest, wie der mir von Eltern und Lehrern immer wärmstens empfohlene Fleiß, eine alte deutsche Tugend, überhaupt nicht gut ankam und statt „in“ längst „mega-out“ war. Inzwischen muss ich mich geradezu entschuldigen für viel-und-70 Bücher, denn das riecht nach Fleiß. Ähnliches war schon in der Schule zur Entschuldigung guter Noten nötig, um nicht als Streber zu gelten. Bei den Büchern wird manchmal vermutet, ich schriebe sie gar nicht selbst. Kaum steht jemand anderer mit auf dem Cover, gilt er als Ghostwriter. Soll ich mich verteidigen, den Fleiß erklären oder mich dafür entschuldigen? Das ist für mich einfach, aber was sagt es über die alte Tugend des Fleißes? Schreiben hat mir immer Freude bereitet – es geschah nicht aus Fleiß, aber doch mit Absicht. Wenn ich sehr oft dasselbe gefragt wurde, habe ich lieber ein Buch geschrieben, als immer wieder dasselbe zu wiederholen. Irgendwann habe ich aufgehört, die Bücher zu zählen. Das ist eher ein Understatement und hat weniger mit der Tugend der Bescheidenheit zu tun. Zum Understatement bin ich erzogen, zum heute üblichen US-amerikanischen Selbstlob bräuchte ich eher die Tugend des Mutes, aber das Gefühl der Peinlichkeit funkt dazwischen.

Klar faste ich seit 50 Jahren und begleite 40 Jahre große Fasten-Gruppen, und wir waren in der LebensWandelSchule die ersten mit Online-Fasten und haben inzwischen auch die größte Fragensammlung auf Video dazu. Aber das zu sagen oder jetzt zu schreiben, kollidiert mit alten Erziehungsmustern. Auch den „Dr.“ auf Buchcovern zu vermeiden, kann ich nicht dazurechnen, es ist mehr Tradition als Bescheidenheit, damit sich nicht der eine oder andere aus der Familie im Grab umdreht. Dort galt von jeher: einen Doktor hat man, erwähnt ihn aber nicht. Da schwingt eher Arroganz als Bescheidenheit mit. Im Übrigen gehören sowohl Understatement als auch Bescheidenheit zu den ausgemusterten Tugenden. Aber beide bekommen Organen wie dem Knochensystem, die auch zum 10. Lebensprinzip gehören, weiterhin sehr gut, unabhängig vom Zeitgeist.

Wir können tatsächlich durch bewusste Entwicklung der 12 zentralen Tugenden, der 12 Ur- oder Lebensprinzipien, die wichtigsten Organe und Themen unseres Lebens positiv beeinflussen und ihren Krankheitsbildern vorbeugen. Umgekehrt geschieht das im negativen Sinn auch ständig. Kaum ignorieren wir ein großes Thema und damit ein Ur- oder Lebensprinzip, schlägt sich das am zugehörigen Organ nieder. All unsere Organe gehören zu einem dieser 12 Prinzipien, das Blut zum 1., der Magen zum 4., das Herz zum 5., die Nieren zum 7. und so weiter.

Davon handeln Bücher von Krankheit als Weg bis Krankheit als Symbol. Bewusste Entwicklung der zentralen Tugenden ist folglich eine besonders nachhaltige Art von Organ- und Körpertherapie. Ein zusätzlicher Ansatz von entscheidender Kraft und eine wundervolle Möglichkeit, vorsorgend für Gesundheit zu sorgen unter Auslassung von Krankheit, also echte Vorbeugung.

Die Entwicklung von Tugenden kann folglich viel Leid ersparen und andererseits viel Lebensfreude schenken. Um nicht erst konkrete Leberprobleme wie Hepatitis, Leberentzündung, eine Fettleber oder gar Leberzirrhose zu bekommen, kann ich mich von vornherein um eine zu mir passende Lebensphilosophie kümmern, um Lebenssinn, der mich trägt, um die Tugend der Toleranz. Ich kann Herausforderungen als Übungen nutzen, die mir das Schicksal anbietet, etwa durch Kennenlernen ganz anderer Menschen mit anderen kulturellen Hintergründen. Ich wachse auf Bewusstseinsebene und expandiere im Geist mit dem Ziel, mit allem eins zu werden, an allem Anteil zu spüren, Allverbundenheit zu verwirklichen, bevor meine Zellen das Thema als Krebs angehen (müssen).

So kann ich Übungen anpacken, die auf der Sinnsuche helfen, die Tugend der Toleranz kultivieren, das ganz Andere, Fremde kennen und schätzen lernen, auf große Reisen gehen mit offenen Augen und Herzen für andere Lebensstile und Philosophien. Auf diese Weise macht Toleranz üben Freude, ich verwirkliche diese Tugend und beuge ganz nebenbei etwaigen Leberproblemen vor. Wenn die in meiner Familie liegen, umso wichtiger, dass endlich jemand von uns das Thema angeht.

Ob der Zeitgeist sie schätzt oder nicht, die 12 wesentlichen Tugenden können das Leben in ein einziges großes (Freuden-)Fest voller Zufriedenheit und Erfüllung verwandeln und nebenbei Krankheit vermeiden.

Gesundheit der Organe wird andererseits so zu einem Anzeigeinstrument des Entwicklungsstandes der Seele und der zugehörigen Tugend. Wir können also die Organverfassung als Test nutzen für unseren geistig-seelischen Entwicklungsbedarf. So lässt etwa der Zustand unserer Muskeln und Zähne auf den ersten Blick erkennen, wie es um die Tugend der Tapferkeit in unserem Leben steht. Die Verfassung unseres Darmes zeigt an, wie weit wir mit der Tugend der Dankbarkeit sind usw. Die Organ- und Gewebe-Gesundheit verrät so viel über unsere geistig-seelische Verfassung und Entwicklung, die sich wiederum in der Entfaltung der großen Tugenden spiegelt. Diese gilt es herauszufinden und zu verwirklichen.

TUGENDEN IM WANDEL DER ZEITEN

Der Weg über die alten deutschen Tugenden ist offenbar nicht so verlässlich, da sie so sehr dem Zeitgeist unterworfen und von ihm gleichsam in die Ecke der Geschichte gestellt wurden. Um sie wirklich klar zu erfassen, brauchen wir den Rückgriff auf ihren Ursprung und letztlich – in meinen Augen – auf die Ur- oder Lebensprinzipien, die Archetypen oder Lebensbühnen.

Aber holen wir uns ab, wo wir heute stehen, in der Industriegesellschaft des 21. Jahrhunderts hoffentlich am Ende des Corona-Komas. Alte Tugenden wie Fleiß und Bescheidenheit, seinerzeit hoch geschätzt und angesehen, sind inzwischen nicht nur aus der Mode, sondern verdächtig und sogar (zurecht?) mit Mangel an Erfolg assoziiert. Wie haben sie so an Wertschätzung verloren?

Wenn ich zurückdenke, begann das unter uns Schülern schon zu Gymnasiumszeiten. Für das kindliche und später jugendliche Ansehen war es verheerend, als Streber zu gelten, weil Fleiß dahinter vermutet wurde. Wer beim Sport glänzte und nie beim Hausaufgabenmachen erwischt wurde, konnte sich gerade noch so von diesem Makel reinwaschen. Witzige Streiche und Frechheiten gegenüber Lehrern waren ebenfalls hilfreich, den Verdacht zu zerstreuen, den gute Noten weckten. Beste Noten zu haben, wurde nur verziehen, wenn man anderen half, ihre schlechten aufzubessern. Ein guter Kumpel, früher Kamerad, konnte kein Streber sein und sich so vom Verdacht des Fleißes befreien.

60 Jahre später sind Fleiß und harte Arbeit noch verpönter. Smart statt hart ist angesagt und damit ein ganz anderer Archetyp. Auch der Nazi-Spruch „Arbeit macht frei“ am Eingang von KZs hat den Ruf der Arbeit beschädigt, aber ist das der Grund, wenn Jugendliche, nach ihrem Berufswunsch befragt, „Hartz IV“ antworten?

Wer würde heute noch gern als arbeitsam eingestuft? Das käme gleich nach fleißig. Und das ist andererseits wiederum gar nicht so neu. Für die Bürger der griechischen Polis waren harte Arbeit und emsiger Fleiß etwas für Sklaven. Sie selbst philosophierten und genossen die schönen Künste und das Leben. All die großen Geister, die wir bis heute verehren und zitieren, Heraklit und Demokrit, Sokrates, Platon und Aristoteles, Pythagoras, sie haben wahrscheinlich nie gearbeitet. Außer Epiktet, der als hart arbeitender Sklave begann und, von seinem Besitzer zum Krüppel geschlagen, schließlich zum Stoiker wurde, aber der gehört auch schon in die römische Zeit.

Ähnliches galt bei uns seit alters für den Adel. Inzwischen wollen fast alle wie Adlige, ja Fürsten, leben und diese haben dafür teilweise angefangen zu arbeiten. Was für ein Ereignis, wenn ein Pärchen aus dem englischen Königshaus arbeiten und eigenes Geld verdienen will! Ich kannte eine Adlige, die sehr arbeitsam, fleißig und auch stolz darauf war. Mit der Nivellierung der Unterschiede haben sich offenbar die Werte und Tugenden verschoben. Wir essen und verhalten uns inzwischen wie Fürsten, warum sollten wir noch schuften wie Sklaven? Oder fleißig sein wie Emporkömmlinge?

Zur Zeit der Bauhütten, die die Kathedralen der Gotik errichteten, waren in deren Fensterrosen die 12 Felder der Tugenden und die 12 Gegenpole der Laster noch klar und unumstritten festgelegt, und Fleiß und Bescheidenheit waren mit dabei, aber eben nur für die vielen „Gemeinen“. Die ungemein Besonderen waren und lebten eher ungemein faul und unbescheiden. Wie es zu den 12 ursprünglichen Tugenden kam, ist noch zu klären, denn wir wollen sie hier verwenden.

Arbeit und Fleiß haben jedenfalls enorme Wandlungen durchgemacht. Das wird in Zukunft weitergehen, wenn Arbeit immer knapper und insofern kostbarer wird und – etwa in Zeiten von Arbeitslosigkeit – auch wieder wertvoller.

TUGENDEN IN VERSCHIEDENEN KULTUREN UND ZEITEN

Wovon hängt die Definition der Tugenden, der guten Eigenschaften, neben der Zeitqualität und der Gesellschaft sonst noch ab? Die jeweilige Kultur spielt sicher mit herein und bis heute eine große Rolle. Wie verschieden selbst Regionen derselben Kultur mit Fleiß umgehen, durfte ich selbst erleben. Als ich vor Jahrzehnten (m)einen ersten Artikel über Fasten für eine der damals noch angesehenen großen Illustrierten schrieb, kam ein Scheck mit einem für unsere Verhältnisse unglaublichen Betrag zurück. Die Sekretärin reichte ihn nach einer zögerlichen Zeit des Abwartens zaghaft ein. Er war in Ordnung und offenbar ernst gemeint. Von derselben Chefredakteurin Monate später dringend zu einem Artikel über Partnerschaft angefragt, war ich höchst motiviert, obwohl der (felsen)festen Überzeugung, nicht wegen des Geldes zu arbeiten. Schon Großvater, ebenfalls Arzt, hatte das nie getan, so jedenfalls die Legende. Den Artikel musste ich sofort schreiben, weil die Zeit so drängte und faxte ihn kaum zwei Stunden später. Es kam ein Scheck mit einem immer noch fürstlichen, aber gemessen am ersten doch nur halb so hohen Honorar. Selbstverständlich akzeptierten wir ihn. Monate später traf ich die Redakteurin auf der Buchmesse und fragte sie, ob der Partnerschaftsartikel zu frech gewesen sei. Keinesfalls, meinte sie und fragte, wie ich darauf käme. „Weil Sie nur die Hälfte bezahlt haben.“ Darauf sie: „Aber Sie haben doch nicht mal zwei Stunden geschrieben.“ Ich wiederum: „Ja, genau wie beim ersten Artikel.“ Sie stutzte und nun sinnierten wir, ob ich denn nicht beim ersten Mal deutlich zu viel bekommen hätte. In Deutschland gehörte damals zu einem guten Honorar noch lange, harte Arbeit. Wer etwas gleichsam mit links aus dem Ärmel schüttelte, durfte nicht die gleiche Anerkennung und Honorierung erwarten wie jemand, der sich im Schweiße seines Angesichts lange plagte.

Ich lernte daraus eine andere Eigenschaft, aber war das noch eine Tugend? Wenn ich wieder in solch eine Situation kam, spielte ich auf Zeit, erinnerte daran, wie anspruchsvoll das Thema sei und tat erstaunt, dass man den Artikel noch in diesem Monat wollte, wo doch schon der 12. war. Wir einigten uns dann vielleicht auf den 25. Da ich leicht und entspannt schreibe und sehr gern und meditativ, ging ich es wieder rasch an und mit links, wobei ich natürlich die Finger beider Hände über die Tastatur des Laptops tanzen lasse. Das geht einerseits schnell und macht mir andererseits Freude. Den Artikel maile ich dann termingerecht, kurz vor Redaktionsschluss. Was ist da mit der Tugend der Ehrlichkeit passiert? Zahlt die sich einfach nicht mehr aus?

Früher haben Tennisspieler wie Christian Kuhnke und Wilhelm Bungert Schiedsrichterfehlentscheidungen auch zu ihren Ungunsten korrigiert. Heute aber ist die „Schwalbe“ eine Lieblingsdarbietung von Fußballmillionären und Foul- und Falschspiel wird als taktische Maßnahme angewandt und kommentiert. „Der Ehrliche ist der Dumme“ betitelte Ulrich Wickert ein ganzes, dickes Buch, das zum Bestseller wurde. Ziemlich rasch wechselte ich also von ehrlich und hart zu clever und smart.

Ganz anders in Italien: Da kommt im Gegenteil gut an, wer mit wenig Arbeit viel bewegt. Das wird entsprechend honoriert, also mit Ehre belohnt. Italienische SeminarteilnehmerInnen fragen zum Beispiel, wann ich denn lebe, wenn ich so viel schreibe und arbeite. Die (deutsche) Idee, auch beim Schreiben zu leben und sogar aufzuleben und richtig gern schreibend zu arbeiten, erscheint ihnen eher fremd. Ihr früherer Skistar, Alberto Tomba, der gern Spaghetti aß, deswegen für einen Spitzenathleten eher rundlich war und sich gern mit einem hübschen Mädchen in jedem Arm ablichten ließ, war sehr populär und galt als extrem trainingsfaul. Das förderte seine Popularität und machte ihn zum besonderen Publikumsliebling. Tomba wusste um diesen Ruf, pflegte ihn und soll nachts bei Flutlicht trainiert haben.

Fleiß kommt tatsächlich in Norddeutschland bis heute besser an als etwa in Österreich oder gar Italien oder erst recht im alten Indien. Ein Maharadscha war gewiss nicht fleißig.

Wertungen und mit ihnen Tugenden wechseln auch mit den Zeiten, beziehungsweise mit dem Zeitgeist. Yin und Yang werden bei uns mit männlich und weiblich übersetzt, was ja nicht dasselbe, sondern eine Umkehrung der Reihenfolge ist. Männliches stand die längste Zeit der jüngeren Geschichte bei uns weit über Weiblichem in der Wertschätzung, was sich heute wieder um- und verkehrt. Ob es deswegen auch schon verkehrt ist, wie hartgesottene Anhänger des Patriarchats meinen, ist zu bezweifeln. Das Pendel schwingt in den Gegenpol und möglicherweise entwickelt sich eine neue Form von Einseitigkeit. Indizien gibt es. Die Frauenquote, in Schweden erfunden, um das Missverhältnis von männlichen zu weiblichen MedizinstudentInnen auszugleichen, wurde schon vor Jahren wieder abgeschafft. Heute ist allen Frauen, die Ärztin werden wollen, das unbedingt zu ermöglichen. Inzwischen ist das Verhältnis so weit zugunsten der weiblichen Anwärter verschoben wie es umgekehrt nie war. Ideal wäre vielleicht, wir könnten als Gesellschaft die Mitte finden zwischen beiden Extremen. Aber so weit sind wir offensichtlich nicht, der Zeitgeist fordert sein Recht und seine Sicht.

Das neue Ungleichgewicht mag als ausgleichende Gerechtigkeit empfunden werden. Jedenfalls ändert sich mit dem Zeitgeist, was wir bis dahin unter der Tugend der Gerechtigkeit verstanden haben. „Ausgleichende Gerechtigkeit“ ist in Wahrheit oder nach der alten Definition doch wohl eher Ungerechtigkeit? Die Sprache ist trickreich und kann Verkehrungen ins Gegenteil verschleiern, aber wer genau hinhört, hört es doch. Die „naturidentischen Stoffe“ der Pharmaindustrie sind so selbstverständlich wie natürlich unnatürlich.

RÜCKKEHR ALTER TUGENDEN?

Soll(t)en wir die „guten alten“ Tugenden zurückerobern und gegen neue Untugenden ankämpfen? In seiner Weihnachtspredigt 2018 wandte sich Papst Franziskus entschieden gegen die Untugend der Maßlosigkeit. Er propagierte das rechte Maß, wie schon Aristoteles in der Nikomachischen Ethik, wo er Tugend an sich mit Mäßigkeit gleichsetzte: „Tugend ist das Finden des rechten Maßes.“

Predigen hier alte und uralte längst abgegangene Männer für die alte Welt oder ist etwas Wahres dran – ist das vielleicht überhaupt eine zeitlose Wahrheit? Mahatma Gandhi, ebenfalls ein großer schon vorausgegangener alter Mann, meinte ganz ähnlich: „Es ist genug für alle da, nur nicht für die Gier aller.“ Franziskus diagnostizierte am 25. Dezember 2018 mit strenger Miene: ,,Der Mensch ist gierig und unersättlich geworden.“ In der Christmette im Petersdom kritisierte er vor Tausenden von Gläubigen um sich greifende Gier und Maßlosigkeit, beklagte daraus entstehende Ungleichheit zwischen den Menschen und verwies auf Christus als Wegweiser eines anderen Lebensmodells: „Nicht verschlingen und hamstern, sondern teilen und geben.“ ,,Wenn wir auf die Krippe schauen, verstehen wir, dass das, was das Leben nährt, nicht der Besitz, sondern die Liebe ist; nicht Gier, sondern Nächstenliebe; nicht der Überfluss, den man zur Schau stellt, sondern die Einfachheit, die man bewahrt.“ Und er prangert das Offensichtliche als Untugend an: ,,Das Haben, das Anhäufen von Dingen, scheint für viele der Sinn des Lebens zu sein. … Eine unersättliche Gier durchzieht die Menschheitsgeschichte bis hin zu den Paradoxien von heute, dass einige wenige üppig schlemmen und so viele kein Brot zum Leben haben.“

Konsequent fordert Franziskus zur Tugend des Verzichts auf. Das Christuskind, geboren im Stall und in eine Futterkrippe gelegt, spreche für dieses Lebensmodell. Er appelliert an die Gläubigen, sich zu fragen: „Schaffe ich es, auf viele überflüssige Nebensächlichkeiten zu verzichten, um ein einfacheres Leben zu wählen?“

Aber ist Verzicht eine heute noch akzeptierte Tugend? Ist die Bescheidenheit, zu der der Papst aufruft und die er persönlich lebt, heute noch mehrheitsfähig? Sie macht ihn sicherlich beliebt und als Ausgleich zur früheren Geschichte von in Prunk und Luxus schwelgenden Päpsten sympathisch. Es macht ihn populär, aber ist es im Volk (lat. populus) selbst noch populär? Die Kritik, die Franziskus bei jeder sich bietenden Gelegenheit an der Konsumgesellschaft übt, verfängt jedenfalls bei den 1,3 Milliarden Katholiken kaum mehr.

Vielleicht ist die Zeit der Religion in den westlichen Industrienationen vorbei und wir müssen uns mit Ethik begnügen, Dalai Lama sagt: ,,Nach meiner Überzeugung können Menschen zwar ohne Religion auskommen, aber nicht ohne innere Werte, nicht ohne Ethik. Der Unterschied zwischen Ethik und Religion ähnelt dem Unterschied zwischen Wasser und Tee. Ethik und innere Werte, die sich auf einen religiösen Kontext stützen, sind eher wie Tee. Der Tee, den wir trinken, besteht zum größten Teil aus Wasser, aber er enthält noch weitere Zutaten. Das macht ihn gehaltvoller und nachhaltiger und zu etwas, das wir jeden Tag haben möchten. Aber sein Hauptbestandteil ist immer Wasser. Wir können ohne Tee leben, aber nicht ohne Wasser. Und genau so werden wir zwar ohne Religion geboren, aber nicht ohne das Grundbedürfnis nach Mitgefühl – und auch nicht ohne Wasser.“

Die Stimmung bestimmen aber heute weder Papst noch Dalai Lama, sondern die Geld-Welt-Religion. Deren Kardinäle sind die CEOs, neudeutsch die „Chief executive officers“ oder (alt)deutsch Chef-Exekutions-Offiziere, und Konsum ist die allgemeine Praxis dieser weltumspannenden Glaubensgemeinschaft der Geldreligion. Längst hat die neue Religion die Feste der alten übernommen – wie Weihnachten – und sie in einzigartige Konsumorgien verwandelt. Den neuen Katechismus bilden die Regeln des Monopoly-Spiels. Dieser neuen Heiligen Schrift folgen fast alle, auch wenn sich nur wenige offen dazu bekennen. Die Konsum-Religion hat in kurzer Zeit ohne offensichtliches Blutvergießen im Handstreichverfahren die Welt erobert und Milliarden Jünger gewonnen, ohne dass die es richtig merkten. Konsum ist zur beherrschenden neuen Leitidee geworden und wird als erstrebenswert dargestellt und von der Werbung befeuert. Immerhin forderte die deutsche Regierung nach dem von ihr verordneten Corona-Koma der ersten Welle anschließend Konsum als Bürgerpflicht. Aber ist der eine Tugend oder die neue? Tatsächlich fordert die Konsum-Leidenschaft der Ersten Welt in der übrigen einen ziemlichen Blutzoll.

Sie schadet nicht nur den Konsumjüngern selbst, wie deren Stoffwechselentgleisungen und bemitleidenswerte Figuren offenbaren, sondern auch anderen fühlenden Wesen von Menschen bis zu Tieren. Echte Tugenden sollten nützen und unterstützen – diejenigen, die sie üben wie auch alle anderen.

Was aber bringt uns der Konsum? Glück offensichtlich nicht, sonst wären Reiche wohl glücklich(er). Bringt Reichtum wenigstens Zufriedenheit? Es scheint nicht so, wenn ich die (neu)reichen Russen in meiner Wahlheimat Zypern betrachte. Sie haben wahrscheinlich viel nachzuholen, aber es macht sie offensichtlich weder glücklich noch zufrieden und auch nicht sympathisch. Auch alter Reichtum macht, nach meinen Erfahrungen, nicht glücklich. Vor allem der Jugend macht Konsum immerhin und offensichtlich Spaß. Verzicht darauf während des Corona-Komas fiel jedenfalls vielen schwer. Aber die meisten haben sich rasch daran gewöhnt und den Kaufrausch gar nicht mehr so engagiert wieder aufgenommen, was zur Ermahnung durch die Regierung führte.

Immerhin verkörpert Franziskus auf den Spuren seines Namensgebers, des ersten und heiligen Franziskus, die Einfachheit, die er fordert und anregt, indem er freiwillig auf viele Papst-Privilegien verzichtet. Es erfüllt ihn spürbar, sich für Arme und Ausgegrenzte, Obdachlose oder Flüchtlinge einzusetzen. Wenn er seine Zeit lieber mit ihnen als den Hofschranzen im Vatikan verbringt, ist er sowohl auf den Spuren seines Namenspatrons als auch seines Meisters. Aber ist Einfachheit eine heute noch gültige Tugend? Wir werden ihr beim Ur- und Lebensprinzip der 10. Lebensbühne wieder begegnen, zugleich mit der Bescheidenheit.

An einem anderen Heiligabend hatte Franziskus zu Mitgefühl für Verfolgte aufgerufen. Ist Mitgefühl eine heute noch gültige Tugend? Sein einfaches Credo: „Unsere Verschiedenheit schadet uns (…) nicht, sie bedeutet keine Gefahr; sie ist vielmehr ein Reichtum.“ Seine universale Botschaft ist, „dass wir alle Geschwister sind“.

Manfred Kyber1, wieder so ein alter, längst vorausgegangener Mann, sagte sogar, Tiere seien unsere jüngeren Schwestern und Brüder. Was für ein schöner Gedanke in meinen Augen, aber hat die Tugend des Mitgefühls heute noch Zukunft? Immerhin ist dieser Papst seit Paul VI. der erste, der Tieren wieder eine Seele zugesteht.

Franziskus ist mit seiner strengen kritischen Position zu den Mächtigen der Welt jedenfalls ungleich beliebter bei der Bevölkerung als all seine Vorgänger seit Johannes XXIII. In Rom ist das noch deutlicher spürbar und ein Indiz, dass die von ihm gepredigten alten Tugenden bei der einfachen Bevölkerung ankommen, wenn sie auch nicht mehr die Welt bestimmen. Das hat das Geld übernommen: Der Ausspruch Geld regiert die Welt ist alt und wahrer als je zuvor.

DER WEG ZUM GLÜCK DURCH TUGENDEN

Die meisten Menschen neigen heute zum Schatten, zum Negativen. Horrorfilme und -geschichten faszinieren Millionen und dabei suchen doch alle Glück. Die Lust am Horror, wohl die unbewusste Suche nach dem Schatten, spiegelt sich in den Medien, bei denen gilt: Only bad news are good news. Nur wenige sehen das heute anders und lesen lieber Neuigkeiten von „Newslichter – gute Nachrichten aus der Welt“ oder „The Optimist“ aus USA. Aber insgesamt haben beide verschwindend geringe Klickzahlen, verglichen mit den großen Medien, die offenbar heute ihre Aufgabe darin sehen, ihre Seiten, Bildschirme und das Leben ihrer LeserInnen mit „bad news“ – schlechten Nachrichten – zu füllen und so, wenn auch unbewusst, deren Seelen statt zu erheben und zu verehren zu verheeren.

Brauchen Menschen bad news als Projektionsflächen für ihre Schatten? Das Schattenprinzip kommt jedenfalls, wo es nicht bewusst verstanden und akzeptiert wird, inzwischen durch die Hintertür und lebt im Untergrund, wo es zur treibenden Kraft wird.

Statt Bosheit von Journalisten ist es wohl vielmehr unsere Geschichte, die hier durchschlägt. Über sehr lange Zeiten waren Warnungen vor akuten Gefahren und Hinweise auf Bedrohungen wichtiger als die Übermittlung von Freude und Lebenslust. Für unsere frühen Vorfahren ging es ums Überleben. Selbst noch meine Großeltern erlebten zwei Weltkriege. Das scheint uns bis heute in den Knochen und vielleicht sogar Zellen zu stecken.

Die großen Medien gehen den einfachen Weg und machen sich diese Erfahrung der Evolution und das Bedürfnis nach Projektionsflächen zunutze. Ihr Ziel ist heute mehr Auflage und Quote als LeserInnen zu beglücken.

So hat sich Unglücklichsein immer mehr zu einer modernen Seuche, einer Art von den Medien verbreiteter Epidemie entwickelt. Ein Großteil der modernen Menschen lässt sich das unbewusst gefallen und schluckt erst Beta-Blocker und irgendwann Antidepressiva. Millionen tun das schon jetzt und auf Dauer – zur Freude der Industrie und zum eigenen Elend.

Dabei haben wir heute wissenschaftlich gut belegte Hinweise, dass der Mensch Im Grunde gut ist und das nur lange systematisch verschwiegen wurde. Der niederländische Historiker Rutger Bregman2 hat es im gleichnamigen Buch gründlich belegt und ich habe der Thematik in Corona als Weckruf – wie wir doch noch zu retten sind breiten Raum gewidmet. Wir sind tatsächlich viel besser als wir glauben und unsere Chancen sind es auch. Es wird Zeit, sich unseren guten Seiten in Gestalt der Tugenden zu öffnen und auf Hoffnung zu setzen.

VORTEILE DER FLEXIBILITÄT UNSERES GEHIRNS

Aber wir können – aus Verantwortung uns und der Gemeinschaft gegenüber – gegensteuern, und die Wiederentdeckung der Tugenden ist ein, wenn nicht der Weg. Zumal sie sich auszahlen, denn neue Untersuchungen zeigen: Demut ist selbst beim Flirten und Dating ungleich erfolgreicher als heute übliche Angeberei.

Außerdem ist die Umsetzung von Tugenden über alle Maßen heilsam, wie ich in meinen gut(en) 40 Arztjahren erleben durfte. Schon Hegel formulierte, das Bewusstsein bestimme das (materielle) Sein. Tatsächlich können wir über die Verwirklichung der 12 Haupt-Tugenden die jeweils zugehörigen 12 Lebensbühnen oder -prinzipien und die ihnen zugeordneten Organe positiv beeinflussen und sogar heilen, ein Gedanke, der dieses Buch prägt und trägt.

Praktisch ist das gut möglich, denn wir können jederzeit um- und sogar neu denken entscheiden. Wissenschaftlich ist inzwischen belegt, dass es jederzeit möglich ist, unser Gehirn zu neuem, anspruchsvollerem (selbst)verantwortlichem Denken zu animieren und zu aktivieren. Es bildet bereitwillig und in jedem Alter die dafür notwendigen Nerven und ihre Verbindungen in Gestalt neuer Synapsen aus.

Für alle biologischen Systeme gilt der Satz: „Use it or loose it – Benutze oder verliere es.“ Was bei den Muskeln so einleuchtend ist, gilt gleichermaßen für den Darm: Wenn wir ihn mit Ballaststoffen aus pflanzlicher Kost beschäftigen, reduzieren wir das Darmkrebsrisiko nachweislich um 90 Prozent – und tun allen Organen, auch unserer Gehirn-Zentrale, etwas Gutes. Es macht Freude und nachweislich glücklich, sein Hirn zu fordern und zu fördern mit Wachstumsimpulsen und damit obendrein noch Heilung anzustoßen.

Selbst das Erbgut ist nicht mehr, was es einmal war, nämlich fix und fertig von Anbeginn an und unbeeinflussbar. Das heißt, das war es nie, aber Professoren haben das als Lehrmeinung vertreten und uns ohne jede Forschungsgrundlage eingeredet. Unser Erbgut ist sowohl konstruktiv als auch destruktiv beeinflussbar. Epigenetiker erkennen immer mehr, wie wir über Verhalten und Lebensstil selbst bestimmen, inwieweit wir Gene ein- oder ausschalten.

Das mag noch ungewohnt sein, ist aber wissenschaftlich belegt. Leider gilt für die meisten: Schönes und Wundervolles wird weniger wahr- und wichtig genommen, dabei ist es ungleich beglückender und befreiender.

Das spiegelt sich im animierenden Satz von Oprah Winfrey, der berühmten US-Verbreiterin guter Nachrichten: „Je mehr du dein Leben schätzt und feierst, desto mehr findest du im Leben zu schätzen und zu feiern.“ Das heißt, wir haben die Wahl zwischen feiern und erleiden. Nietzsche sagte: „Wir können der Schicksalsmacht freiwillig folgen oder uns von ihr durchs Leben zerren lassen.“ Aus eigener und Erfahrung von Menschen, die sich, in Kenntnis des Schattenprinzips, auf die lichten Seiten und zentralen Tugenden des Lebens einlassen, weiß ich, wie sehr das dem Glück eines erfüllten Lebens Vorschub leistet.

DENKFEHLER BEZÜGLICH DES GLÜCKS

Es ist ein großer Irrtum, allen Ernstes zu glauben, sich die Peitsche zu geben und hart für Erfolg in der Welt zu arbeiten, führe zu Glück. Harte Arbeit in der äußeren Welt haben uns schon die Eltern und alle möglichen Lehrer, Seelsorger und Psychotherapeuten eingeredet.

Aber tatsächlich ist es genau umgekehrt: Glück macht uns erfolgreich – außen wie innen. Die Reichen und Erfolgreichen, die es im Außen geschafft haben, sind mehrheitlich nicht glücklich. Zu ihnen eingeladen, traf ich wenig glückliche Menschen, was oft der Grund der Einladung war. Geld und äußerer Erfolg befriedigen sicher – vor allem das Ego – aber Glück bringen sie oft nicht.

Christus empfiehlt uns ein erfülltes Leben, die wohl einzig beglückende Lebensweise. Erfüllt aber wovon?

Aristoteles sagt: „Glück ist das Ziel aller Ziele. Es ist Sinn und Zweck der ganzen menschlichen Existenz.“

Wer würde da widersprechen? Tatsächlich ist es so einfach, einfach das Richtige zu sagen, statt alles aufwendig zu komplizieren. Wie beim Walzertanzen: Im Rhythmus geht es einfacher, leichter und besser als gegen ihn. In vier Jahrzehnten Beratung bewies sich mir: Menschen wollen vor allem eins sein: glücklich. Manche wollen auch Glück haben, aber da wird es schon schwierig, denn Glück lässt sich nicht besitzen. Dieser Gedanke macht auf Dauer eher besessen. Wo Glück mit Geld haben verwechselt wird, stehen die Weichen – unbewusst – auf Unglücklichbleiben.

Glück gehorcht – wie übrigens Geld und alles andere – der zweitwichtigsten Spielregel des Lebens, dem Resonanz-Gesetz. Glück zieht (immer mehr) Glück an und ähnelt darin der Liebe und dem Lächeln, der Dankbarkeit und den übrigen Tugenden. Wir kennen das – hoffentlich – alle: Je mehr wir lächeln, desto mehr Grund zum Lächeln gibt es. Lächeln wirkt wie Glück selbstverstärkend. Je mehr wir danken und dankbar sind, desto mehr Grund für Dankbarkeit entwickelt sich um uns. Selbst Wissenschaftler und sogar die „weltbewegenden“ aus USA, bestätigen es jetzt wissenschaftlich.

WISSENSCHAFTLICHE BEWEISE, WIE SEHR GLÜCK HILFT UND HEILT

US-Forscher haben – allen Ernstes – ermittelt: Glückliche Menschen sind gesünder, ihre Wahrscheinlichkeit krank zu werden sinkt um fast ein Drittel, was Erfahrungen bestätigen. Glücklichere Leute leben länger, belegt nun die Wissenschaft – durchschnittlich fast ein Jahrzehnt. Nach meiner Beobachtung haben sie oft den längeren Atem der Sieger, der natürlich auch viel weiter trägt durch ein Leben voller Inspirationen. Glücklichere Menschen leben – nachweislich – glücklichere und erfüllendere Beziehungen, wie wohl jede(r) aus eigener Erfahrung weiß. Glückskinder tun sich überall und natürlich auch in Partnerschaften leichter. Und natürlich fühlen sich Glückliche vor allem von glücklichen Menschen angezogen. Dazu braucht es gar keine wissenschaftliche Bestätigung, aber nun gibt es auch die noch. Selbstverständlich haben Glückliche auch bessere Chancen, glücklichere Kinder groß zu ziehen. Für die heutigen, schon weitgehend US-amerikanisierten Wesen der Moderne, natürlich am wichtigsten: Glücklichere Leute verdienen obendrein auch mehr Geld – über das ganze Leben hochgerechnet angeblich eine ganze Million mehr. Also statt nach äußeren Gründen zu suchen, die glücklich machen und nach dem Vorsokratiker Demokrit nicht einmal funktionieren, wäre es besser, sich an die Wissenschaft zu halten. Demokrit wusste schon vor Jahrtausenden, Glück sei nie im Außen, sondern immer nur innen, in der Seele, zu finden. Die heutige Forschung geht davon aus, es hänge nur zu 10 Prozent von äußeren Umständen ab. Insofern ist es viel naheliegender, innen Glück zu finden, als zu versuchen, es sich draußen durch Besitz zu verdienen.

Dass Glück nicht von äußeren Umständen abhängt, wird sofort deutlich, wenn wir andere befragen. Antworten wie: „Ich bin so glücklich, weil ich an der Börse gewonnen“ oder „… weil ich eine so schöne Villa habe“, hören wir selten. Wenn schon „weil“-Antworten, dann eher in die Richtung: „Weil die Enkel gesund sind.“ – „Weil die Kinder glücklich sind.“ Glück macht glücklich – eigenes und vor allem auch das anderer. Glück ist tatsächlich ansteckend.

GLÜCKLICH IM AUGENBLICK

Wirklich glückliche Menschen können ihr Glücksgefühl in aller Regel nicht rational begründen. Grundloses Glück ist, worum es wirklich geht. Wie aber gelangen wir in diese Lage, die ja kein (fest)stehender Zustand, sondern eher ein Gefühl des Fließens ist?

Menschen im Fluss oder Flow sind glücklicher, ist das Ergebnis des Glücksforschers Mihaly Csikszentmihalyi, der den Flow nicht erfunden und nicht entdeckt hat, da war Heraklit mit seinem „panta rhei – alles fließt“ voraus. Aber Mihaly hat ihn mit seinem Buch „Flow“3 vielen nahegebracht. Wann immer wir diesen Fluss des Lebens spüren, uns ihm hingeben und von ihm tragen lassen, empfinden wir Glück.

Wenn wir die wesentlichen, an die 12 Ur- oder Lebensprinzipien angelehnten 12 Tugenden verwirklichen, fühlen wir uns im Fluss des Lebens und folgen ihm – glücklich – und daraus folgt dann obendrein oft Erfolg.

Menschen auf dem Pfad der Tugend, um diesen antiquierten Begriff aus der Hoch-Zeit der Tugenden zu verwenden, sind glücklicher, verhalten sich anders, haben andere Prioritäten. Es ist gut, mit ihnen in Resonanz zu gehen, denn Glück färbt ab, genau wie Tugend(haftigkeit). Wir tun das auch automatisch. Glückliche Menschen wirken attraktiv und wir spüren uns zu ihnen hingezogen. Deshalb gehen Suchende in Ashrams und suchen die Nähe inspirierter und inspirierender Lehrer, Gurus oder Erleuchteter. Im Ashram der indischen Lehrer Bhaghavan und Amma nahmen uns allabendlich sogenannte Cosmic Beings in die Arme und hielten (und heilten?) uns. Leider hielt es nicht auf Dauer, war aber berührend und für viele beglückend schön. Diese bewährte, dem Resonanzgesetz folgende Methode ist uralt: Offenheit für glückliche Menschen entwickeln, ihre Nähe suchen und genießen.

„Glücklich, weil …“ ist also höchstens Vorstufe nach dem Motto: „Da habe ich Glück gehabt.“ Solches Glück ist unbeständig, es vergeht – wie vom Winde verweht – bringt höchstens ein kurzes Hoch(gefühl).

„Glücklich ohne Grund“ ist das Ziel und betrifft die Seele, die in der Zeitlosigkeit des Augenblicks lebt. Die Tugenden spielen auf dem Weg dorthin entscheidend mit, wie sich zeigen wird. Die Sinne, das Spüren und die Achtsamkeit helfen in den Augenblick des Hier und Jetzt und kommen hinzu.

WAS IST ZU TUN, WIE KÖNNEN WIR UNS HELFEN?

Aus einer Macher-Gesellschaft kommend, wollen wir etwas und am liebsten mehr (aus uns) machen. Bevor wir uns den Tugenden zuwenden, ist noch einiges zu tun und zu verstehen. Zum Glück sind wir auch Verstandesmenschen und erfüllen alle Voraussetzungen für den nächsten großen Schritt ins Lebensglück.

DEN GLÜCKS-REGLER ENTDECKEN UND BEDIENEN LERNEN

Seit Beginn meines Arztlebens habe ich – durch den Fasten- und Ernährungsbezug – Menschen mit Gewichtsproblemen beraten und rasch festgestellt, dass Diäten zwar gut gehen für diejenigen, die sie propagieren, aber nicht für Betroffene und schon gar nicht auf Dauer. Die tendieren immer wieder zu ihrem alten ungeliebten Gewicht. Je vehementer sie es bekämpfen, desto eher erreichen sie es wieder. Immer klarer entwickelte sich in mir die Vorstellung eines analog zum Thermostat des Körpers funktionierenden Gewichtsreglers. Der Temperatur-Regler sorgt bei großer Hitze, wie in der Sauna, für Schweißausbrüche, um über Verdunstungskälte die Innen- oder Kern-Temperatur zu halten. Bei großer Kälte, etwa beim Schifahren, müssen wir uns selbst bewegen oder der Körper zittert, um ausreichend Wärme zu produzieren und seine Kerntemperatur zu bewahren.

In Notfallsituationen wie etwa einem Pneumokokken-Überfall auf der Basis eines unbewussten Kommunikationskonfliktes, erlaubt der Organismus durchaus eine Generalmobilmachung seiner Abwehr in Gestalt von Fieber. Mit jedem Grad Fieber kann er seine Immunkraft mehr als verdoppeln und entwickelt mit 39 Grad so schon mehr als das vierfache Abwehrpotential. Sind die Pneumokokken niedergerungen und die Lungenentzündung besiegt, regelt der körpereigene Thermostat von ganz allein die Temperatur wieder auf den Normalwert. Dazu braucht es keine fiebersenkenden Mittel, im Gegenteil schwächen diese das Immunsystem, indem sie körpereigenen Abwehrmaßnahmen in den Rücken fallen.

Über meine Arbeit mit Übergewichtigen zeigte sich, dass unser Organismus offenbar über einen entsprechenden Gewichtsregler verfügt, der ganz analog unser von Natur aus eingestelltes Gewicht erhält. Aber in Notfallsituationen wie etwa großem Kummer kann der Gewichtsregler eine Verschiebung mittragen, um noch Schlimmeres zu verhindern. Verliert etwa jemand seinen geliebten Partner, mag eine Hochregelung des Gewichtsreglers in Richtung Kummerspeck das kleinere Übel oder sogar lebensrettend sein. Solche Notfälle können beim Gewichtsthema vielfältig sein, manche(r) braucht ein dickes Fell als Schutz gegen verbale Angriffe, spitze Bemerkungen und scharfe Kritik, andere verschaffen sich essend im sozialen Kontext ausbleibende Belohnung usw. Diäten und auch pflanzlich-vollwertige Kost wie Peace Food können das Gewicht immer herunterholen, aber um es zu halten, müssen sie anschließend permanent durchgehalten werden. Ansonsten regelt der hochgestellte Gewichtsregler wieder auf seinen höheren, zur Notfallbewältigung eingestellten Wert. Hier bleibt nichts anderes übrig, als das Grundproblem anzugehen. Ist der Liebeskummer etwa durch eine neue Liebe, die äußere Bedrohung durch zunehmende Schlagfertigkeit, der Mangel an Belohnung durch Durchsetzung einer Gehaltserhöhung gelöst, ist das ursprüngliche, natürliche oder Individualgewicht mit und ohne Diät wieder leicht erreichbar.

Neben körperlichen Verstellmöglichkeiten des Gewichtsreglers haben mich immer die Ebenen der Seele und des Bewusstseins interessiert. Bei der Psychosomatik ist entscheidend, das Wort beim Wort zu nehmen, die Seele (Psyche) vor dem Körper (Soma) anzusprechen oder die Treppe von oben nach unten zu kehren. Beim Gewichtsregler habe ich das Zusammenspiel von Seele und Körper oft erlebt. So lag es nahe, diesem Gedanken in seelische Ebenen zu folgen.

Tatsächlich gibt es – wie oben so unten – auch auf Seelen- und Bewusstseinsebene gut funktionierende Regelkreise. Ein ganz entscheidender betrifft unser (Lebens-)Glück. Vier Jahrzehnte Beratungen so vieler Unglücklicher brachten mir das Konzept vom Glücksregler immer näher.

Offensichtlich ist er weniger im Körper verankert als Temperatur- und Gewichtsregler, sondern stellt sich schon zu Beginn des Lebens auf Seelenebene ein. Nach dem drittwichtigsten der Schicksalsgesetze ist bereits alles im Anfang angelegt, aber nicht unveränderbar, wie uns die relativ neue Wissenschaft der Epigenetik sogar für die Körperebene belegt. Im geistig-seelischen Bereich ist das noch naheliegender.

Dabei sind die aus früheren Inkarnationen mitgebrachten Erfahrungen der Seele, wie aber auch Umfeld und Gefühlswelt der Eltern, entscheidend wichtig. Fast 30 Jahre Schattentherapie vermittelten mir die Gewissheit, dass wir durchaus nicht als unbeschriebene Blätter in dieses Leben starten. Auch die Genetik steht dafür.

Heute wissen wir zudem, welch entscheidende Rolle in Einheitserfahrungen zu Beginn der Schwangerschaft getanktes Urvertrauen für späteres Selbstvertrauen spielt. Schwerelos im Fruchtwasser zu schweben und durch die gleiche Temperatur drinnen und draußen Grenzenlosigkeit zu erfahren, vermittelt schon ganz zu Anfang Einheitserlebnisse – die wundervolle Basis für Urvertrauen, späteres Selbstvertrauen und Glück.

Mein eigenes Leben machte mir das deutlich, wollten meine Eltern doch unbedingt ein Kind, und entsprechend fühlte ich mich ersehnt und persönlich gemeint. Als ich nach der Hochzeitsreise noch nicht im Anflug war, gab es bereits eine Krise. Dann ließ ich mich herab und wurde ein ziemlicher Brocken, weil drei Wochen übertragen. Als Kind einer kleinen zarten Mutter und eines ziemlich großen kräftigen Vaters war ich zwischen den Welten gelandet und etwas zu viel für meine Mutter und die Geburt entsprechend schwer und lang – ein Kampf, den sie für mich gewann. Außerdem unterbrach sie für mich und die folgenden drei Geschwister ihr Studium. Dabei war es ihr wichtig, und sie nahm es nach zwei Jahrzehnten wieder auf und wurde die Sonderschullehrerin, die sie immer für uns vier Kinder war, aber wohl besonders für mich. Schreckliche, aber gut gemeinte Sätze fielen, wie: „Seid mal ruhig, der Junge denkt.“ Der Junge war ich. Als Glückskind soll ich bei meinem ersten Griff in eine Lostrommel den Hauptgewinn gezogen haben. Mutter wollte dafür dringend benötigte Bettwäsche, aber ich muss – erst gut ein Jahr alt – die Situation soweit durchschaut haben, dass ich brüllte, bis ich den größten Teddybär bekam, die andere Option für den Hauptgewinn.

Für mich gab es ständig Herausforderungen, aber ich fand immer wieder rasch zu optimistischer Grundhaltung zurück. Bei meinem ersten Horoskop, für das ich extra nach Zürich reiste, hörte ich nach dem Satz: „Wenn Sie mit diesem Horoskop über 20 sind und noch leben, ist das schon ein Erfolg.“ gar nicht weiter hin, sondern war nur noch betroffen und bestürzt. Aber bereits auf der Heimfahrt kam mir im Zug der Gedanke: „Was muss ich für ein Kerl sein, wenn ich es trotz so eines schweren Horoskops so gut hatte.“ Ich heiratete ein anderes Glückskind, meine erste Frau Margit. Als uns unsere Tochter Naomi mit schwerem Herzfehler und Down-Syndrom geschenkt wurde und ich das schon Ende des dritten Schwangerschaftmonats ahnte und wir es im vierten beide wussten, waren wir ge- und überfordert. Als Naomi, gleich nach ihrer Geburt im Brutkasten gelandet, sich an meinen kleinen Finger klammerte, kamen Glück und Optimismus zurück. Ich spürte, sie würde bleiben und dass wir es zusammen schafften: das Tochter- und Vatersein. Und das klappt nun auch schon seit Jahrzehnten. Inzwischen fühlen wir uns beide längst wieder als vom Schicksal durch Naomi beschenkte Glückskinder und -eltern.

Meine Eltern hatten mir in wirtschaftlich schwierigen Nachkriegsverhältnissen im fast komplett ausgebombten Berlin eine wundervolle Mitgift an Urvertrauen und Liebe geschenkt – gute Gelegenheit für die Tugend der Dankbarkeit – und Chance, unter anders schwierigen Bedingungen Ähnliches zu ermöglichen.

Als ich am Berg abstürzte und am Seil über dem Abgrund baumelte, lief blitzschnell mein Lebensfilm vor meinem inneren Auge ab. Bis ich wieder auf festem Boden stand, musste ich ein kleines, aber überhängendes Stück Wand klettern, wozu ich eigentlich nicht fähig war. Anschließend konnte ich – fast euphorisch – mein Seminar weiter halten. Ich fühlte mich noch nicht von der anderen Seite einberufen, sondern hier weiter gefordert und war glücklich und dankbar und verhinderte die Abstrafung des (un-)verantwortlichen Bergführers.

Das Ereignis stärkte mich, weil ich in einem zeitlosen Moment sehen durfte, wie es beziehungsweise ich weitergehen sollte. Die KursteilnehmerInnen verstanden nicht, „wie leicht“ ich das Ereignis wegsteckte. Das brauchte ich gar nicht, denn ich nahm es dankbar an und mit. Aber anschließend staunte ich doch, wie rasch ich aus der Euphorie, so persönlich vom Schicksal gemeint zu sein, wieder zu meinem alten Glücksniveau zurückkehrte, das nun, relativ gesehen, doch deutlich niedriger war.

Anfangs zählte ich die Tage danach, bald aber vergaß ich das wieder – leider, denn mir ist seitdem klarer: Meine wie unser aller Tage sind gezählt.