Der letzte Kalamit - Achim Mehnert - E-Book

Der letzte Kalamit E-Book

Achim Mehnert

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Beschreibung

Allein auf einem fremden Planeten, auf dem ein übermächtiger Gegner genauso gestrandet ist wie er selbst, muss Ren Dhark all sein Können und seinen Mut aufbieten, um am Leben zu bleiben. Zur gleichen Zeit sieht sich die Menschheit mit einem Feind im Inneren konfrontiert, von dessen Existenz sie nichts ahnte – denn er ist Der letzte Kalamit...

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Ren Dhark

Weg ins Weltall

 

Band 44

Der letzte Kalamit

 

von

 

Jan Gardemann

(Kapitel 1 bis 3)

 

Uwe Helmut Grave

(4 bis 8)

 

Achim Mehnert

(Kapitel 9 bis 14)

 

und

 

Hajo F. Breuer

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

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Impressum

Prolog

Im Herbst des Jahres 2067 scheint sich das Schicksal endlich einmal zugunsten der Menschheit entwickelt zu haben. Deren Hauptwelt heißt längst nicht mehr Terra, sondern Babylon. 36 Milliarden Menschen siedelten auf diese ehemalige Wohnwelt der Worgun um, als die irdische Sonne durch einen heimtückischen Angriff zu erlöschen und die Erde zu vereisen drohte. Mittlerweile konnte die Gefahr beseitigt werden, und das befreundete Weltallvolk der Synties hat den Masseverlust der Sonne durch die Zuführung interstellaren Wasserstoffgases fast wieder ausgeglichen.

Die Erde ist erneut ein lebenswerter Ort, auf dem allerdings nur noch rund 120 Millionen Unbeugsame ausgeharrt haben. Die neue Regierung Terras unter der Führung des »Kurators« Bruder Lambert hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Erde nach dem Vorbild Edens in eine Welt mit geringer Bevölkerungsdichte, aber hoher wirtschaftlicher Leistungskraft zu verwandeln, und ist deshalb nicht bereit, die nach Babylon Ausgewanderten wieder auf die Erde zurückkehren zu lassen.

Allerdings haben auch die wenigsten der Umsiedler konkrete Pläne für einen neuerlichen Umzug innerhalb so kurzer Zeit. Es kommt die katastrophale Entwicklung hinzu, die Babylon seit dem Umzug der Menschheit nahm: Durch eine geschickt eingefädelte Aktion war es dem höchst menschenähnlichen Fremdvolk der Kalamiten gelungen, den Regierungschef Henner Trawisheim, einen Cyborg auf geistiger Basis, derart zu manipulieren, daß er zu ihrem willenlosen Helfer und Vollstrecker bei der geplanten Übernahme der Macht über die Menschheit wurde. Erst in allerletzter Sekunde gelang die Revolution gegen die zur Diktatur verkommene Regierung von Babylon und damit gegen die heimlichen Herren der Menschheit, die Kalamiten. Während den meisten der Fremden die Flucht gelang, wurde Trawisheim aus dem Amt entfernt und in ein spezielles Sanatorium für Cyborgs gebracht.

Daniel Appeldoorn, der schon zu den Zeiten, als Babylon noch eine Kolonie Terras war, als Präsident dieser Welt fungiert hatte, bildete mit seinen Getreuen eine Übergangsregierung, deren wichtigste Aufgabe es ist, das Unrecht der Diktatur wiedergutzumachen und neue, freie Wahlen vorzubereiten.

Gleichzeitig ist es Ren Dhark und seinen Getreuen gelungen, die geheimnisvolle Schranke um Orn abzuschalten – und mit ihr auch die verhängnisvolle Strahlung, die die Worgun, das bedeutendste Volk dieser Sterneninsel, in Depressionen, Dummheit und Dekadenz trieb.

Nach seiner Rückkehr in die Milchstraße kann Ren Dhark dem Angebot des Industriellen Terence Wallis nicht länger ausweichen und läßt seinen Körper mit Nanorobotern behandeln, die ihn und sieben von ihm Auserwählte unsterblich machen sollen. Doch anstatt sich mit seiner nun vollständig veränderten Lebensperspektive beschäftigen zu können, muß sich Ren Dhark einer neuen Herausforderung stellen: Eine unbekannte Macht sorgt dafür, daß der Hyperraum nicht länger zugänglich ist: Transmitter, Hyperfunk und Transitionstriebwerke funktionieren nicht mehr. Zwar gelingt es bald, Transitionstriebwerke und Transmitter wieder ans Laufen zu bringen, aber Ortung und Funk sind weiterhin nicht möglich.

Und dann überschlagen sich die Ereignisse: Auf der Erde greift der unbekannte Feind die Konferenz der Sternenvölker an, die etwas gegen die Sperrung des Hyperraums unternehmen wollen. Nur mit größter Not und unter schweren Verlusten können die Angreifer vertrieben werden…

Und auf der Wüstenwelt der Mumien entdeckt ein terranischer Soldat eine verborgene Zivilisation, mit deren Hilfe es vielleicht sogar möglich sein könnte, die Nögk von dieser Welt zu vertreiben – und somit etwas zu tun, das den Brolk von Borsam schon gelungen ist…

1.

»Ich fürchte, ich verstehe den Sinn deiner Worte nicht, JCB. Was für ein Problem sollte unser unterirdisches Paradies denn haben?«

Ayrajogal CDXCIII. hatte sich, vor dem Rednerpult stehend, dem Terraner halb zugewandt, und die im Aufbruch begriffenen Studenten in dem bis auf den letzten Platz besetzten Hörsaal verharrten verdutzt. Die gelben Augenpaare der Dörsi waren ausnahmslos auf den kräftig gebauten Menschen oben auf dem Podium gerichtet. Und obwohl es den Studenten verboten war, sich in den Hörsälen der telepathieartigen Gedankenübermittlung zu bedienen, empfing Mike Browns Translatorimplantat in diesem Moment eine ganze Flut von Bilderströmen.

Auf einen gewöhnlichen Menschen hätten die in weiße Roben und helle Gewänder gekleideten Dörsi grauenerregend und abstoßend gewirkt. Sie sahen aus, als wären sie soeben seit Jahrhunderten in einer ägyptischen Pyramide hermetisch verwahrten Sarkophagen entstiegen. Ihre kahlen, dunkelhäutigen Köpfe glichen mit pergamentdünner, schrumpeliger Haut überspannten, kahlen Totenschädeln. Die in tiefliegenden Höhlen ruhenden Augen waren quittengelb, und die dürren, faltigen Hände erinnerten an Klauen.

Ein Mann wie Mike Brown aber, der schon fremdartigere Sternenvölker als die Dörsi gesehen hatte, störte sich nicht daran, daß die Geschöpfe, mit denen er seit geraumer Zeit zu tun hatte, am ganzen Leib wie vertrocknete Mumien aussahen.

Der Hauptgefreite hatte sich von dem neben dem Katheder stehenden Sesselthron erhoben, auf dem er gesessen hatte, um Ayrajogals Vorlesung über die Historie der Dörsi zu verfolgen. Er wußte nun, welche Wendungen das Leben dieses Sternenvolkes in einem Zeitraum von circa 10 000 Jahren genommen hatte, und welche Entwicklungen dazu geführt hatten, daß sich die Zivilisation dieser mumienartigen Intelligenzwesen in zwei Gesellschaften aufgespalten hatte.

Auf der einen Seite gab es die auf der Oberfläche dieser Wüstenwelt unter primitivsten Bedingungen dahinvegetierenden Nomadenstämme. Und auf der anderen Seite die in unterirdischen, hochtechnisierten Städten lebenden Nachkommen der einstigen Elite der Dörsi. Regiert wurde das unterirdische Reich von den vierzehn Klonen, die aus dem Genmaterial von dreizehn Wirtschaftsführern und einem Wissenschaftler gezüchtet worden waren.

Ayrajogal CDXCIII., Präsident der Universität und der höchstrangige Wissenschaftler der Unterwelt, war der 492. Klon, der dem Genmaterial des genialen Forschers Ayrajogal in einem Zeitraum von 10 000 Jahren entsprungen war.

So lange führten die unterirdisch lebenden Dörsi in ihren Städten, die in künstlich erschaffenen Hohlräumen tief unter der Wüste errichtet worden waren, nun schon ein zufriedenes, isoliertes Dasein.

Um so mehr verblüffte sie JCBs von den Auditoriumsschallfeldern verstärkte Eröffnung, daß ihr unterirdisches Paradies dennoch ein massives Problem hatte.

Der Hauptgefreite hob beschwichtigend die Hände. »Bitte setzt euch wieder«, wiederholte er seine Aufforderung, der bisher nur wenige der Anwesenden nachgekommen waren. »Was ich euch zu erklären habe, ist nicht mit wenigen Worten abgetan.«

Ayrajogal vollführte mit seinem Zeigestock einen herrischen Wink, woraufhin sich die Studenten endlich zu ihren Plätzen begaben und sich setzten.

JCB wartete, bis die Unruhe sich gelegt hatte, was, wie er schmunzelnd feststellen mußte, bei den Dörsi weitaus schneller vonstatten ging, als es in einem vergleichbaren, mit menschlichen Studenten gefüllten Hörsaal der Fall gewesen wäre.

»Wie ich der Vorlesung des Präsidenten der Universität entnehmen konnte, scheint sich das Leben in den unterirdischen Städten, so fortschrittlich und technisch entwickelt es auch sein mag, seit 10 000 Jahren nicht wesentlich verändert zu haben.«

Wieder machte sich unter den Studenten Unruhe breit.

Zu einem solchen Verhalten hatten sich die jungen Dörsi selbst während der mehrere Stunden währenden Vorlesung von Ayrajogal nicht hinreißen lassen.

Ruhig und widerspruchslos hatten sie dem Vortrag gelauscht, wobei JCB den Eindruck gewonnen hatte, daß die Dörsi dies nicht nur deshalb taten, weil sie über den Verlauf der Geschichte bereits bestens unterrichtet waren und der Vorlesung nur deshalb beiwohnten, weil es zur Etikette gehörte.

Er hatte vielmehr angenommen, daß das disziplinierte Schweigen der Zuhörer auf einen Mangel an kritischem Bewußtsein der eigenen Geschichte gegenüber zurückzuführen war. Ein Verdacht, der sich jetzt zu bestätigen schien, denn wie sich zeigte, waren die jungen Dörsi durchaus willig, einem Dozenten zu widersprechen oder gar einen Disput mit ihm zu beginnen.

»Wir sind mit unserem Leben doch zufrieden!« zischelte ein in vorderster Reihe sitzender Dörsi mit seiner für dieses Sternenvolk charakteristischen Wisperstimme aufgebracht. »Es gibt kaum etwas zu verbessern!«

JCB nickte bedächtig und registrierte am Rande, daß Ayrajogal den Zwischenrufer mit einem strafenden Blick bedachte. Doch der Universitätspräsident verzichtete darauf, den Studenten zurechtzuweisen, was JCB vermuten ließ, daß Ayrajogal den Einwurf ausdrücklich billigte.

Der Terraner war weit davon entfernt, sich über den Vorfall zu ärgern. Im Gegenteil, die Bemerkung des Studenten kam ihm sogar gelegen und bestätigte den Eindruck, den er inzwischen von den unterirdisch lebenden Dörsi gewonnen hatte.

»Die fehlende Einsicht, daß eine Weiterentwicklung – auf welcher Ebene auch immer – überlebenswichtig ist, zeugt meines Erachtens bereits von einer fortgeschrittenen Degeneration«, sagte er gefaßt. »Jedem von euch müßte bewußt sein, wie wichtig, ja unverzichtbar eine evolutionäre Weiterentwicklung ist. Warum studiert ihr überhaupt, wenn ihr gar nicht vorhabt, das von euch mühsam erworbene Wissen als Grundlage für eigene Ideen zu verwenden und euch zu bemühen, eure Vorväter und Lehrer zu überflügeln?«

Ein aufgebrachtes Wispern setzte ein. JCB war heilfroh, daß die Flüsterstimmen der Studenten nicht jede von einem Schallfeld verstärkt wurde, wie es bei Ayrajogal geschehen war, als er seinen Vortrag gehalten hatte. Das Gebrabbel und Lamentieren hätte es ihm unmöglich gemacht, seine These weiter auszuführen.

Da seine Worte jedoch ebenfalls von Schallfeldern verstärkt wurden, mußte er seine Stimme nicht einmal heben, um sich in dem Hörsaal phonisch zu behaupten.

»Ich muß zugeben, ich bin kein Experte auf dem Gebiet der Demographie. Aber ich habe den Eindruck, daß die Bevölkerungsdichte in den unterirdischen Städten zahlenmäßig genauso niedrig ist wie auf der Oberfläche von Paradies. Sowohl die Wüstennomaden als auch die Dörsi hier unten sind jeweils zu wenige, als daß Inzucht und die damit einhergehende Degeneration tatsächlich vermieden werden könnte.«

»Wir haben das Klon-Programm soweit fortentwickelt, daß Inzucht für uns kein wirkliches Problem darstellt«, entgegnete Ayrajogal geduldig.

»Und trotzdem hat seit der Wirkungszeit des ursprünglichen Ayrajogal vor 10 000 Jahren in den unterirdischen Städten kein echter Fortschritt mehr stattgefunden«, hielt JCB dagegen. Er lächelte gewinnend. »Ich möchte dir nicht zu nahe treten, und bitte werte meine Einschätzung auch nicht als Versuch, deine Autorität zu untergraben. Aber wenn du ehrlich bist, haben die Klone, die im Laufe der Jahrtausende aus dem Genmaterial der fünfzehn Originalpersonen geschaffen wurden, keine eigenen Ideen mehr entwickelt – weder in geschäftlicher Hinsicht, noch auf technischem Gebiet.«

Ayrajogal CDXCIII. schnappte empört nach Luft, schluckte seinen Ärger jedoch hinunter, als JCB eine Verbeugung andeutete und sagte: »Du hattest am Ende deiner Vorlesung die Hoffnung geäußert, von mir genausoviel lernen zu können, wie ich von euch gelernt habe, Ayrajogal. Euch vor Augen zu halten, wie es heute um die Dörsi steht, ist wahrscheinlich das wichtigste, was ich für euch tun kann.«

Stille breitete sich in dem Auditorium aus.

»Der ursprüngliche Ayrajogal war ein Ausnahmegenie«, fuhr JCB fort. »Er hat die Magnetfeldtechnik entwickelt, die euch nicht nur als Antrieb für eure Wagen und Bahnen dient, sondern die Erschaffung der gigantischen Hohlräume erst möglich gemacht hat, die eure Städte beherbergen. Er hat das Klonverfahren entwickelt, aus dem eure Herrscher hervorgehen – und er ist der Urheber zahlreicher anderer Erfindungen, die zu eurem Alltag gehören.«

Unverwandt sah er den Universitätspräsidenten an. »Haben du oder einer deiner Vorgänger etwas Vergleichbares vollbracht?«

Ayrajogal CDXCIII. schluckte trocken. »Nein«, kam es dann krächzend über seine spröden Lippen.

JCB wandte sich den Studenten zu. »Und ihr?« rief er. »Gärt in euren Köpfen eine Idee, die euer Volk verändern oder eurer Zivilisation einen technologischen Entwicklungsschub verpassen könnte?«

Die ratlosen Blicke, die sich die Studenten zuwarfen, beantworteten JCBs Fragen hinlänglich, was nicht nur ihm bewußt war.

»Wie, glaubst du, könnten wir in diesen Punkten Abhilfe schaffen?« fragte Ayrajogal zurückhaltend.

»Was ihr hier unten braucht, sind keine weiteren Klone oder ein künstliches Aufpäppeln eurer DNS-Stränge. Das einzige, was euch weiterhelfen und vor der Degeneration bewahren wird, sind neue genetische Kombinationen, die über den hier vorhandenen Genpool hinausgehen.« JCB grinste breit. »Mit anderen Worten: Ihr benötigt frisches Blut!«

Ayrajogal fuchtelte ungehalten mit dem Zeigestock. »Ich ahne, worauf du hinauswillst. Doch was sollte uns eine genetische Vermischung mit den einfältigen Nomaden an der Oberfläche bringen, außer Dummheit und Trägheit?«

»Es ist wahr, daß die Degenerierung der Nomaden noch weiter fortgeschritten ist, als es bei euch der Fall ist. Bei ihnen kommt erschwerend hinzu, daß die wenigen noch existierenden Stämme sich wegen des großen Lebensraumes, den sie durchwandern, nur selten begegnen und ein genetischer Austausch zwischen den Gruppen darum kaum stattfindet. Ich bin mir sogar sicher, daß die Nomaden nur noch ein paar nachfolgende Generationen hervorbringen und dann aufgrund eklatanter Degenerationsschäden schließlich aussterben werden. Ich habe einige Zeit unter ihnen gelebt. Die Nomaden kommen mir etwas dümmlich und extrem antriebsschwach vor. So kann und darf es mit ihnen nicht weitergehen.«

»Offenbar geht es dir mehr darum, das Überleben der geistesarmen Nomaden zu sichern, als uns zu helfen«, stellte Ayrajogal verstimmt fest. »Kein intelligenter Dörsi würde sich dafür hergeben, sich mit einem sanddummen Nomaden zu paaren!«

»Wenn es die Nomaden eines Tages nicht mehr geben sollte, ist eure Zukunft ebenfalls verloren«, erklärte JCB ernst. »Die unterirdisch lebenden Dörsi werden vielleicht noch einige hundert Generationen hervorbringen. Doch letztendlich werden auch sie an den Folgen der Degeneration zugrunde gehen.«

JCB räusperte sich. Plötzlich machte es ihn verlegen, vor den Studenten und dem Universitätspräsidenten so schlau dahergeredet zu haben. Im Grunde war er ein einfach denkender, geradliniger Mensch. Doch mangelnde Zielstrebigkeit konnte ihm ebensowenig nachgesagt werden wie die Unfähigkeit, Dinge auszusprechen, die offen auf der Hand lagen.

»Wenn du die Geschichtsvorlesung aufmerksam verfolgt hättest, wäre dir aufgefallen, daß die Nomaden schon einfältig und anspruchslos gewesen waren, bevor die intelligenten Dörsi sich entschlossen hatten, in Zukunft getrennt von ihnen in unterirdischen Städten zu leben.« Ayrajogal, der wußte, daß die Studenten von ihm eine Stellungnahme erwarteten, die die Hypothese ihres Gastes widerlegte, hatte, ohne es recht zu wollen, einen abkanzelnden Tonfall angeschlagen. »Deine Vermutung entbehrt also jeder Grundlage.«

JCB spürte, wie er errötete. »Verstandesmäßige Unterschiede innerhalb der Population eines Sternenvolkes sind nicht eben selten«, sagte er rauh. »Bei den Menschen verhält es sich nicht anders. Und doch – in dem speziellen Fall, wie er auf Paradies vorherrscht, können die beiden getrennt lebenden Bevölkerungsgruppen nicht auf den genetischen Austausch untereinander verzichten.«

Er ließ den Blick über die schrumpeligen Mumienköpfe der Studenten schweifen. »Sicher gibt es in euren unterirdischen Städten einige fähige Genetiker. Denen rate ich, die Gefahr einer genetischen Degeneration anhand der vorliegenden Bevölkerungsdaten rechnerisch einmal durchzuspielen. Ich bin mir sicher, sie werden erkennen, daß die von mir erwähnte Gefahr real ist und es den Untergang der Dörsi bedeuten würde, wenn nicht durch neue DNS-Kombinationen gegengesteuert würde.«

»Ich werde eine solche statistische Erhebung veranlassen«, stellte Ayrajogal in Aussicht, wobei er sich bemühte, seiner Wisperstimme einen versöhnlichen Beiklang zu verleihen. Freundschaftlich legte er JCB eine Hand auf den Unterarm. »Nun aber genug geredet. Die Kantinen schließen in einer halben Stunde. Wir müssen uns sputen, wollen wir uns diese wohlverdiente Stärkung nicht entgehen lassen.«

Die Studenten nahmen die Bemerkung des Universitätspräsidenten als Schlußwort und erhoben sich. Allerdings wirkten sie weitaus grüblerischer als noch vor wenigen Minuten. JCBs Warnung schien die jungen Dörsi trotz allem nachdenklich gestimmt zu haben.

*

Der Anblick, der sich den beiden kobaltblauen Nogk Tantal und Treenor bot, als sie an diesem Morgen das Geviert aus schwarzen Zeltplanen verließen, das ihnen als Unterkunft diente, war der gleiche wie seit Tagen.

Die rote Sonne hatte sich eine Handbreit über den östlichen Teil des Felsenringes geschoben, der die Oase vor dem Wüstensand schützte. Der See, der die tiefste Stelle des zur Mitte hin trichterförmig abfallenden Geländes ausfüllte, war glatt und unberührt und spiegelte die wenigen Palmen, die das Ufer umstanden, detailgenau wider.

Aus den kegelförmigen Zelten, die um den See herum aufgebaut waren, drangen die verhaltenen Geräusche der sich auf den Tag vorbereitenden Nomaden. Vor der Felsöffnung im Norden waren einige wenige der in schwarze Kapuzenumhänge gekleideten Dörsi auszumachen.

Kein Lüftchen rührte sich. Es versprach wieder ein heißer, trockener Tag zu werden – genauso, wie die Kobaltblauen ihn liebten.

Treenor reckte seinen Körper – der eine schimärenartige Mischung aus Libelle und blauhäutiger, aufrechtgehender Eidechse war – wohlig und bewegte dabei prüfend die Mandibeln. Trotz der Nähe des Sees war auch an diesem Morgen keine für diese Hybridwesen so schädliche Luftfeuchtigkeit aufzuspüren.

Goliobur hat sein Versprechen anscheinend eingehalten und wieder einen Sandwurf in die Wüste hinabtauchen lassen, sendete Tantal mit seinem doppelten Fühlerpaar seinem Freund eine Bildbotschaft zu. Als er Treenor daraufhin sein insektenartiges Gesicht zuwandte, verfing sich ein Sonnenstrahl in seinen Facettenaugen und ließ die betroffenen Teilstücke für einen kurzen Moment blutrot aufglühen. Ich will die Hoffnung noch nicht aufgeben, daß JCB noch am Leben ist!

Treenor nickte kaum merklich. Dieser Planet darf nicht zur Grabstätte unseres Freundes werden. Es reicht doch, daß diese Welt dir fast zum Verhängnis geworden ist.

Treenor spielte mit seinem Bilderstrom auf die beinahe tödliche Verletzung an, die Tantal sich in dem Beiboot der Nögk während der Bruchlandung auf Paradies zugezogen hatte. Ohne die heilende Wirkung der Diamantsplitter aus dem Magen eines der riesigen Reittiere der Dörsi hätte der Kobaltblaue nicht überlebt. Noch immer fühlte sich das oberste Ratsmitglied der kobaltblauen Nogk ein wenig matt und benommen.

Gehen wir zu dem Stammesführer, entschied Tantal. Vielleicht haben wir Glück, und Talpi kehrt diesmal mit JCB in seinem Maul aus der Tiefe des Wüstenmeeres zurück.

Die beiden Hybridwesen schlenderten an den Zelten vorbei auf den Ausgang der Oase zu. Da sie über ihre Haut ein bestimmtes Strahlenspektrum der roten Sonne absorbieren und in Energie umwandeln konnten, hatten sie auf ein Dach über dem Kopf verzichtet. Das Geviert aus Zeltplanen sollte ihnen in dem Zeltlager lediglich ein wenig Privatsphäre verschaffen.

Daß sich Goliobur, der Stammesführer, unter dem halben Dutzend vor dem Ausgang versammelter Dörsi aufhielt, hatte Tantal an dem Stecken erkannt, den dieser bei sich trug. Eine abgehackte, mumifizierte Nögk-Hand war oben auf dem Stock aufgespießt. Die Nögk unterhielten in der Nähe des Nordpols eine Bodenstation, und weil sie sich einen Spaß daraus machten, Sandwürfe zu erlegen, waren sie die erklärten Feinde der Nomaden.

Offenbar hatte Goliobur, als er noch jung und kräftig gewesen war, während eines Scharmützels einen Nögk getötet und ihm anschließend die Hand abgehackt. Bei der vierfingrigen blauen Hand mit den für die Nögk charakteristischen dunklen Flecken handelte es sich um eine Siegestrophäe, die beweisen sollte, daß die Nögk nicht unbezwingbar waren. Außerdem diente sie dem Stammesführer als Insignie seines Ranges, den er im Lura-Stamm innehatte.

Indem Goliobur die Trophäe an diesem Morgen bei sich trug, zollte er dem in der Tiefe der Wüste verschollenen Freund von einem anderen Stern Respekt. Allerdings schien er wenig Hoffnung zu haben, JCB jemals wiederzusehen.

Nachdem die Männer sich begrüßt hatten, stieß Goliobur das stumpfe Ende des Stocks in den Sand. Talpi müßte jeden Augenblick von seinem Tauchgang zurückkehren, sendete er eine telepathieartige Botschaft, die den Bilderströmen der Nogk sehr ähnlich war. Seine gelblich glühenden Augen leuchteten dabei gespenstisch aus dem Dunkel unter der Kapuze hervor. Dieser Effekt war bei allen Nomaden zu beobachten und rührte, wie die Kobaltblauen vermuteten, von der Eßgewohnheit der Sandwurfreiter her, die außer einem aus den Magendiamanten der Sandwürfe bereiteten Elixier und einigen Palmfrüchten nichts zu sich nahmen.

Während die anderen Dörsi die dämmerige Wüste nach Spuren von Talpis Rückkehr absuchten, sah Tantal zu dem Gehege hinüber, das in einer ausladenden Einbuchtung in der Flanke des Felsenringes eingerichtet worden war. In der Einfriedung, die lediglich aus einem einfachen Seil bestand, zeichneten sich die Schemen zweier riesiger Tiere ab, die auf dem felsigen Boden lagen und dösten. Ihre kegelförmigen, massigen Leiber waren fünfzehn Meter lang und mit schlangenähnlicher Schuppenhaut überzogen. Die Vorderläufe endeten in gewaltigen Grabschaufeln, während die Hinterläufe eher verkümmert aussahen. Die Sandwürfe hatten ihre Flußpferdmäuler geschlossen und blinzelten träge mit ihren winzig erscheinenden Knopfaugen.

Tantal kam es wie ein Wunder vor, daß die Tiere nicht versuchten, aus dem provisorischen Gehege auszubrechen, um in der Wüste ein freies Leben zu führen. Er bewunderte die Nomaden, weil sie es trotz ihrer Einfältigkeit schafften, diese Kolosse so nachhaltig zu domestizieren, daß sie ihnen in allen Lebenslagen treu ergeben waren.

Die Sandwürfe immer nur einzeln zum Fressen in den Sand hinabtauchen zu lassen war eine der Erziehungsmethoden, die die Nomaden anwendeten. Da eine enge Bindung zwischen den Tieren bestand, war garantiert, daß sie, nachdem sie gesättigt waren, wieder zu dem Nomadenstamm zurückkehrten, dem sie angehörten.

Allerdings war es nicht erforderlich, die Sandwürfe jeden Tag abtauchen zu lassen, denn sie benötigten nur etwa einmal in der Woche eine Stärkung. Daß Goliobur Talpi seit JCBs Verschwinden trotzdem jeden Morgen in die Tiefe schickte, rechnete Tantal ihm hoch an, denn er ahnte, daß der Stammesführer dies nur tat, um seine beiden kobaltblauen Gäste zu beruhigen. Goliobur selbst schien sich längst mit dem Verlust seines Menschenfreundes abgefunden zu haben.

Wenn wir nur wüßten, wie der Ort beschaffen ist, zu dem die Sandwürfe hinabtauchen, machte sich Treenor bemerkbar.

Es hat eurem Kameraden kein Glück gebracht, zu versuchen, dieses Geheimnis zu lüften, bemerkte Kribalur, ein junger Dörsi, der besonderes Zutrauen zu JCB gefaßt hatte. Seine unnatürliche Neugier ist ihm zum Verhängnis geworden.

Tantal zuckte verächtlich mit den Fühlern. Wenn ich in dem feuchten Maul der Sandwürfe nicht sofort zugrunde gehen würde, würde ich nicht zögern, es JCB gleichzutun und in Talpis Triefmaul klettern, um mich zu der Stätte hinunterbringen zu lassen, wo die Tiere essen und trinken.

Ich werde es nicht erlauben, daß einer meiner Männer sich der Gefahr aussetzt und dieses Vorhaben an eurer Stelle durchführt, stellte Goliobur klar, schwenkte seine Trophäe dann aber versöhnlich herum. So lange ihr euch aber nicht mit dem Tod eures Freundes abgefunden habt, wird sich Talpi jeden Morgen dorthin durchgraben, wo er JCB zurückgelassen hat. Vielleicht kehrt er ja eines Tages mit JCBs Leichnam im Maul heim, damit ihr endlich Abschied von ihm nehmen könnt.

Talpi kehrt zur Oberfläche zurück! sendete einer der Nomaden plötzlich und deutete auf die vor dem Felsdurchlaß liegende Sandebene. Die gerippte Oberfläche war in Bewegung geraten. Sandkörner tanzten auf und nieder und bildeten eine dünne, wallende Staubschicht.

Der Boden unter den Füßen der Wartenden begann zu vibrieren und plötzlich schoß aus der Sandebene eine gewaltige Fontäne empor.

Talpis klobiger Leib schob sich hinter dem Vorhang herabrieselnder Sandmassen aus dem Boden hervor. Seine Brust krachte dumpf auf eine flache Düne, woraufhin er sich mit seinen Grabschaufeln zu den Wartenden vorarbeitete, indem er seine Vorderläufe wie Ruder durch den Sand zog.

Vor den Männern angekommen, hielt der Sandwurf inne und sperrte das riesige Maul auf. Das Tier entblößte seine säulenartigen Zähne, wobei sich Schleimfäden zwischen den aufgesperrten Kiefern spannten.

Die Dörsi und die Kobaltblauen staunten nicht schlecht, als plötzlich zwei von Kopf bis Fuß in weiße, steife Gewänder gehüllte Gestalten aus der Dunkelheit des Rachens hervortraten. Die Vermummten zwängten sich an den Säulenzähnen vorbei und sprangen von Talpis Unterlippe auf den Boden hinab.

Während die Gestalten sich der Gruppe näherten, war zu erkennen, wie stark ihre Anzüge besudelt waren. Speichel und Magenschleim tropften zäh von dem papierähnlichen Material herab. Einer der Gestalten hob die behandschuhte Hand zum Gesicht empor und ergriff den visierartigen Schutz, in den ein schmaler Schlitz für die Augen gelassen worden war.

JCB! entfuhr den Wartenden ein einheitliches Telepathiebild, als das freundlich grinsende Gesicht des Terraners hinter dem heruntergerissenen Schutz zum Vorschein kam.

Tantal und Treenor stürzten auf ihren Freund zu, um ihn zu begrüßen, stoppten jedoch abrupt, als ihnen aus seiner Richtung ein übler Gestank nach sauren Magensäften entgegen schlug.

JCB beeilte sich, sich den ruinierten Schutzanzug vom Körper zu reißen.

Dann erst trat er auf seine Kameraden zu und schüttelte ihnen überschwenglich die Hand.

Wie ich sehe, bist du unversehrt, freute sich Treenor. Erzähle – wie ist es dir ergangen? Und wer ist dein Begleiter?

JCB wandte sich seinem Mitreisenden zu, der das Schutzvisier ebenfalls entfernt hatte und nun die Kapuze zurückstreifte, so daß alle seinen Mumienschädel sehen konnten.

»Darf ich euch vorstellen: Ayrajogal CDXCIII., Präsident der Universität der Unterirdischen Stadt Oasopol.«

Nun kamen auch die Sandwurfreiter näher, die wie vom Donner gerührt dagestanden und die beiden Gestalten ungläubig angeglotzt hatten.

Eine unterirdische Stadt? echote Goliobur verdattert und unterbrach JCB, der in knappen Worten schilderte, was ihm widerfahren war, nachdem er in der Futtergrotte aus Talpis Maul geklettert war. Die Märchen, die unsere Mütter uns erzählten, als wir noch in die Sandwindeln gemacht haben, sind also wahr?

»Wenn diese Mär von technisch hochentwickelten Städten in künstlich angelegten Höhlen handelt, in denen intelligente Dörsi leben, ja«, erwiderte JCB breit grinsend. »Warum habt ihr uns nie von diesen Erzählung berichtet?«

Warum sollten wir die Lügengeschichten erwähnen, die sich die Frauen nur ausgedacht haben, um ihre Bälger Ehrfurcht zu lehren?

Es wundert mich, daß die Kunde von unseren Städten die mehr als 10 000 Jahre in der mündlichen Überlieferung der Nomaden überhaupt überdauert hat, bemerkte Ayrajogal mit leicht herablassend erscheinendem Bilderstrom. Wir hatten angenommen, daß das Wüstenvolk uns längst vergessen habe.

Während Ayrajogal sendete, streifte er seinen Schutzüberzug ab. Darunter kam seine weiße Dekanrobe zum Vorschein. Auf dem Rücken trug Ayrajogal einen flachen Rucksack, der unter der zurückgeschlagenen Kapuze halb verborgen war. Achtlos warf der Klon den Schutzanzug neben sich in den Sand. Das aus einem Spezialpapier gefertigte Kleidungsstück war offenbar nur zum einmaligen Gebrauch vorgesehen.

»Dann ist es jetzt wohl an der Zeit, das rudimentäre Wissen eurer Artgenossen zu erweitern und ihnen zu berichten, wie es tief unter der Wüstenoberfläche aussieht«, forderte JCB Ayrajogal auf.

Der Klon betrachtete die Nomaden geringschätzig, als überlege er, ob sich diese Mühe überhaupt lohnte. Doch schließlich gab er sich einen Ruck, atmete tief durch und sendete: Für den Anfang, und als Zeichen meines guten Willens werde ich eine kurze Einführungsvorlesung abhalten, wie sie für das Erstsemester im Fachbereich Heimatkunde vorgesehen ist. Darin werden die Grundzüge der Gesellschaft der unterirdisch lebenden Dörsi kurz umrissen.

Die Sandwurfreiter tauschten ratlose Blicke. Offenbar brauchten sie eine Weile, um die Bedeutung von Ayrajogals geschwollenem Bilderstrom zu begreifen.

Wie damals unsere Mütter willst du uns von den in der Tiefe des Wüstenmeeres hausenden Dörsi erzählen, dämmerte es Kribalur schließlich.

Goliobur schwenkte seinen Trophäenstab. Machen wir es uns in meinem Zelt gemütlich und genehmigen wir uns eine Wasserpfeife, während der Unterirdische redet, schlug er in aufgeräumter Stimmung vor.

Wird das Rauchinhalat eurer Aufnahmefähigkeit denn nicht abträglich sein? erkundigte sich Ayrajogal wenig begeistert.

Keine Ahnung, was du meinst, entgegnete Goliobur leichthin. Das Zuhören macht einfach mehr Spaß, wenn der Geist leicht umnebelt ist und man es sich auf einem Kissenlager bequem gemacht hat.

Ayrajogal verzog das Gesicht, wodurch es noch schrumpeliger und faltenreicher aussah. Ich bevorzuge eigentlich die Form des Frontalunterrichts. Er warf JCB einen hilfesuchenden Blick zu.

Doch der Terraner nickte nur aufmunternd.

Also schön, sendete Ayrajogal und seufzte dabei theatralisch. Um den ersten Schritt hin zu einer Annäherung zu tun, werde ich mich wohl oder übel den niederen Gepflogenheiten dieser Primitiven beugen. Er deutete in Golioburs Richtung eine Verbeugung an. Ich nehme deine Einladung an. Bitte geleite mich zu deiner Unterkunft.

Während sich die Gruppe in Bewegung setzte, kroch Talpi schwerfällig auf die Felsmauer zu. Ein Nomade begleitete das Tier, um es in das Gehege einzulassen und das Seil hinter ihm wieder zu schließen.

»Was hast du getan, um die in den unterirdischen Städten lebenden Dörsi dazu zu bewegen, an die Oberfläche zu kommen und nach 10 000 Jahren wieder die Begegnung mit den Nomaden zu suchen, JCB?« fragte Tantal, indem er sich seines Sprechorgans bediente. Dabei verwendete er Angloter, eine Sprache, die fast jeder Nogk beherrschte, der enger mit den Menschen zusammenarbeitete.

»Ich habe ihnen gesagt, daß ihr isoliert existierendes Volk in absehbarer Zeit degenerieren wird, wenn sie nicht bald für frisches Blut in ihrer Erbsubstanz sorgen. Die Bevölkerungsdichte der Dörsi dort unten ist in etwa genauso dünn wie die der Sandwurfreiter.«

»Sind die Unterirdischen denn nicht selbst darauf gekommen, daß dieser Schritt notwendig ist?« schaltete sich nun auch Treenor in das Gespräch ein. Die drei Gefährten waren ein paar Schritte hinter den Dörsi zurückgefallen, die auf das große Zelt des Stammesführers zuhielten.

JCB schüttelte den Kopf. »Die Genetiker haben diesen Aspekt verdrängt und sich statt dessen ausschließlich auf die Reproduktions- und Klontechnik konzentriert. Die Dörsi dort unten haben von den Nomaden eine ziemlich geringe Meinung, um es mal freundlich auszudrücken. Sich jemals wieder mit ihnen zu vereinen wäre selbst dem klügsten Kopf unter ihnen als abwegig erschienen.«

Tantal tätschelte JCBs Schulter. »Ich staune über deine Überzeugungskraft, mein Freund. Es muß ein hartes Stück Arbeit gewesen sein, diese Leute davon zu überzeugen, über ihren Schatten zu springen und Kontakt mit den Nomaden herzustellen.«

»Das ist nicht allein mein Verdienst«, schwächte der Hauptgefreite ab. »Letztendlich haben die statistischen Berechnungen, die die Genetiker auf meine Bitte hin angestrengt haben, die Dörsi überzeugt. Sie haben berechnet, daß die genetische Degeneration der Bevölkerung in den unterirdischen Städten nach spätestens elf weiteren Generationen so weit fortgeschritten sein wird, daß ihrem Untergang mit keinem Mittel mehr beizukommen wäre.«

Treenor bewegte spöttisch seine Mandibeln. »Zahlen liefern eben noch immer die besseren Argumente, wenn es darum geht, kopflastige Individuen von Tatsachen zu überzeugen, die ihren Ansichten zuwiderlaufen.«

»Unser lieber Hauptgefreiter hatte aber bestimmt nicht nur das Wohl der Dörsi im Sinn, als er auf ein Treffen der beiden so lange voneinander isoliert lebenden Volksgruppen hinarbeitete«, bemerkte Tantal.

JCB lächelte hintersinnig. »Natürlich habe ich dabei auch unsere Interessen verfolgt«, gestand er. »Wir müssen endlich von dieser Wüstenwelt wegkommen und zu unseren Leuten zurückkehren. Und die Fahrkarte dafür finden wir auf dieser Welt nirgendwo anders als in der Nögk-Station.«

»Und in die werden wir nur gelangen, wenn wir sie mit Gewalt einnehmen«, fügte Tantal hinzu.

Treenor blieb überrascht stehen. »Soll das heißen, Ayrajogal und seine Leute werden uns und den Sandwurfreitern helfen, die Station zu erobern?«

»Ich mußte es Ayrajogal überlassen, dieses Vorhaben anzukündigen«, erklärte JCB. »Du wirst dich also noch ein wenig gedulden müssen, Treenor. Ich kann dir aber schon verraten, daß der Rat der 15 Klone, der das unterirdische Reich regiert, zusammen mit mir einen Plan ersonnen hat, der es überflüssig machen wird, alle auf Paradies lebenden Dörsi für den Kampf gegen die in dem Stützpunkt stationierten Nögk zu mobilisieren.«

Zu weiteren Erläuterungen ließ sich JCB trotz heftigen Drängens seiner Freunde nicht hinreißen.

Endlich erreichten sie Golioburs Zelt. Eine der vier Frauen des Stammesführers stand am Eingang und hielt den Eintretenden die Plane auf. Die drei anderen Frauen waren derweil hektisch damit beschäftigt, für die Gäste Kissenlager herzurichten.

Während sich die Männer auf die Kissen niederließen, kümmerte sich Kribalur um die Wasserpfeife, die auf einem Tablett in der Mitte der Lagerstatt stand.

Nachdem es sich alle bequem gemacht hatten und die Wasserpfeife von Goliobur angeraucht worden war, begann Ayrajogal mit seiner Vorlesung.

Da die Nomaden über keine Schallfelder verfügten, die seine Wisperstimme verstärken konnten, ließ er sich dazu herab, den Vortrag ausnahmsweise in Form eines Bilderstromes von sich zu geben.

*

Als Ayrajogal seine Ausführungen beendete, stand die rote Sonne im Zenit von Paradies. Einige der anwesenden Sandwurfreiter waren inzwischen eingedöst, doch das hatte den Klon nicht daran gehindert, in seinem Vortrag fortzufahren.

Als Ayrajogal jetzt jedoch dazu überging, Goliobur und den beiden Kobaltblauen zu erläutern, wie er die Nögk-Station einzunehmen gedachte, wurden alle mit einem Schlag wieder hellwach und verfolgten den Bilderstrom des Unterirdischen aufmerksam.

Du sollst mit deinen Leuten das Gebiet rings um die Station herum aufsuchen, Goliobur, erläuterte Ayrajogal abschließend. Dort werdet ihr euch verstecken und den Angriff abwarten. Für den Fall, daß einige der Nögk aus der Station entkommen, sollst du sie mit deinen Männern abfangen und ausschalten.

Goliobur paffte gewichtig an dem Mundstück am Ende des Wasserpfeifenschlauches, von dem das Gefäß insgesamt sieben hatte. Sein schrumpeliges Mumiengesicht wirkte konzentriert und verkniffen. Schwere Rauchschwaden hingen in der Luft und erfüllten das Zelt mit einem herben, süßlichen Geruch.

Welche Rollen habt ihr Tantal und Treenor zugedacht? erkundigte er sich und bewies damit, daß er alles aufmerksam in sich aufgenommen hatte, was Ayrajogal von sich gegeben hatte.

Es war JCB, der die Frage des Stammesführers beantwortete. Sein Translatorimplantat übersetze seine Worte in für die Dörsi verständliche Bilderströme und sendete sie. »Meine Kameraden werden beim Lura-Stamm bleiben und euch zur planetaren Station der Nögk begleiten. In dem feuchten Maul der Sandwürfe würden sie Schaden nehmen und vielleicht sogar sterben. Darum können sie auch nicht in die unterirdischen Städte hinabreisen. Bisher gibt es nämlich leider keine andere Möglichkeit, die Welt unter der Wüstenoberfläche zu erreichen, als in dem Maul eines Sandwurfes.«

Kribalur hörte auf, mit einem Stecken Muster in den Sandboden zu zeichnen. Außer Sichtweite der verhaßten Nögk-Station gibt es eine Oase, sendete er. Sie wird von den Nomadenstämmen gemieden, seit die Nögk sich in dem Gebiet breitgemacht haben. Dort könnten wir unsere Frauen und Kinder unterbringen.

Ein guter Vorschlag, lobte Goliobur und reichte den Wasserpfeifenschlauch an Ayrajogal weiter, der es inzwischen aufgegeben hatte, diese ständig an ihn herangetragene Offerte abzulehnen. Es hätte mir nicht gefallen, unsere Lieben hier so lange zurückzulassen, wo sie ohne ihre Männer den Unbilden der Wüste schutzlos ausgeliefert wären.

JCB schmunzelte still in sich hinein. Er wußte nur zu genau, daß Goliobur nur widerstrebend auf die Freuden verzichtet hätte, die ihm seine vier Frauen regelmäßig spendeten. Und das müßte er tun, wenn er mit seinen Männern und den Sandwürfen ohne Familienanhang Richtung Norden aufbrach.

Die Nögk-Station war einige Tagesreisen entfernt von der Oase, in der der Lura-Stamm zur Zeit kampierte. Die Männer würden viele Tage, wenn nicht sogar Wochen fort sein, was Goliobur durchaus dazu hätee bewogen haben können, die Teilnahme an dem Vorhaben abzusagen. Nun aber, da gewiß war, daß der gesamte Stamm die Reise Richtung Norden vollziehen konnte, entspannte er sich sichtlich.

Ich werde meine Leute anweisen, Vorbereitungen für einen Abbruch des Lagers zu treffen, sendete er großspurig und tätschelte Ayrajogals Knie. Ihr könnt euch auf uns verlassen. Der Lura-Stamm wird große Ehre erlangen, weil er geholfen hat, die blauhäutigen Sandwurftöter von Paradies zu vertreiben!

Während er Rauch aus der Stummelnase blies, reichte der Klon den Wasserpfeifenschlauch an den neben ihm sitzenden JCB weiter. Anschließend warf er Golioburs Frauen, die in zweiter Reihe in dem Kreis saßen, einen verschämten Blick zu. Sehen wir diese gemeinsame Unternehmung als Beginn einer vorsichtigen Annäherung unserer beiden Volksgruppen, Goliobur, ließ er sich vernehmen, wobei seinem Bilderstrom anzumerken war, wie schwer es ihm fiel, diesen von sich zu geben.

Der Stammesführer meinte zu wissen, worauf Ayrajogal hinauswollte, und lächelte wohlwollend. Der Lura-Stamm könnte durchaus etwas Frischblut vertragen, ließ er den Gesandten aus den unterirdischen Städten unverblümt wissen. Es ist schon einige Generationen her, als wir mit einem anderen Stamm zuletzt ein paar Männer und Frauen ausgetauscht haben.

Ayrajogal verzog angewidert das Gesicht. Über dieses Thema werden wir verhandeln, nachdem das Nögk-Problem aus der Welt geschafft wurde, wehrte er ab.

JCB furchte die Stirn. Die Reaktion des Klons wollte ihm nicht gefallen. Er beschloß ein wachsames Auge darauf zu haben, wie sich die Annäherung der unter- und oberirdisch lebenden Dörsi entwickelte.

Die Gruppe saß noch eine Weile Bilderströme austauschend und Wasserpfeife rauchend beisammen und kommunizierte ungezwungen. Da Tantal und Treenor die unterirdischen Städte vorerst nicht besuchen konnten, weil ein Aufenthalt in dem feuchtnassen Maul eines Sandwurfes für sie nicht in Frage kam, ließen sie sich von JCB und Ayrajogal genauestens beschreiben, wie es dort unten zuging. Der Klon stellte schließlich in Aussicht, die Ingenieure damit zu beauftragen, eine Vorrichtung zu entwickeln, die den Verkehr zwischen den Städten und der Oberfläche erleichterte. Doch vorerst gab es Dringlicheres zu bewältigen, als bequemere Transportmittel zu ersinnen.

*

Bis zum späten Nachmittag blieben JCB und Ayrajogal im Lager des Lura-Stammes. Die Strategie für den Angriff auf die Nögk-Station war inzwischen bis ins kleinste Detail erörtert und die Eckpfeiler für die anschließend geplanten Treffen zwischen Sandwurfreitern und Unterirdischen festgesteckt worden.

Nachdem JCB und Ayrajogal sich von Goliobur und seinen Frauen verabschiedet hatten, begleiteten Kribalur und die beiden Kobaltblauen sie zum Ausgang der Oase.

Kribalur holte Desma aus dem Sandwurfgehege und geleitete das riesige, auf dem Bauch über den Sand rutschende Tier zu den Wartenden.

Unterdessen hatte Ayrajogal zwei frische Schutzanzüge für sich und seinen Begleiter aus dem Rucksack hervorgeholt. In die weißen Ganzkörperpapieranzüge gekleidet, sahen JCB und der Dörsi wie zwei in einem Hochsicherheitslabor arbeitende Wissenschaftler aus, die mit hochgefährlichen Stoffen hantieren sollten und sich darum schützen mußten.

Der faulig-saure Odem, der ihnen aus Desmas weit aufgesperrtem, triefendem Maul dann schließlich entgegenschlug, weckte bei dem Terraner allerdings eher Erinnerungen an die Berichte über alte, unterirdische Mülldeponien auf Terra, in denen neben radioaktiv verseuchten Stoffen auch anderer Giftmüll eingelagert worden war. Die aus den löchrig gewordenen Behältern ausgelaufenen Substanzen hatten ein Toxingemisch gebildet, das nur entsorgt werden konnte, indem man es in Spezialbehältern versiegelt in die Sonne schoß.

Unverdrossen kletterten die beiden auf Desmas Unterlippe hinauf, zwängten sich an den Säulenzähnen vorbei und hielten sich dann daran fest, damit sie während des holprigen Tauchvorgangs nicht versehentlich in den Schlund hinabpurzelten und verschluckt wurden. Sie winkten zum Abschied, während die Sandwurfkuh auf Kribalurs Geheiß hin das Maul schloß.

Desma wandte sich der offenen Wüste zu und wühlte sich, nachdem sie einige Meter kriechend zurückgelegt hatte, kopfüber in den von der Sonne aufgeheizten Sand.

Die kraftvoll arbeitenden Grabschaufeln des Tieres wirbelten meterhohe Fontänen aus Steinen, Sand und Staub auf. Als die sichtverschleiernde Staubwolke sich schließlich wieder gelegt hatte, war der gigantische Sandwurf verschwunden. Nur die aufgewühlte Oberfläche verriet noch, wo Desma in die Wüste hinabgetaucht war, um in eine der Freßhöhlen zu gelangen, die die unterirdisch lebenden Dörsi überall unter der Oberfläche des Planeten verteilt angelegt hatten.

Jetzt, da ich weiß, was mich unter der Wüstenoberfläche erwartet, verlangt es mich, im Rachen eines Sandwurfes hinabzutauchen und meine Brüder und Schwestern zu besuchen, sendete Kribalur gedankenverloren, während er mit seinen gelb leuchtenden Augen unter der Kapuze hervor in die Wüste hinausspähte.

Wäret ihr mutiger und wißbegieriger gewesen, hätte dieser Kontakt schon viel früher stattfinden können, bemerkte Tantal.

Kribalur zuckte mit den Schultern und rückte die Kapuze zurecht. Offenbar fiel ihm keine Erwiderung ein, denn er blieb stumm.

Eine Weile standen sie schweigend da und warteten. Schließlich kündete ein Rumoren im Boden an, daß Desma aus der Tiefe des Wüstenmeeres zurückkehrte.

Die von dem auftauchenden Tier aufgewirbelten Sandmassen rieselten breitflächig herab. Desma kroch auf Kribalur zu, der sie mit einem herrischen Wink daraufhin aufforderte, das Maul zu öffnen.

Offenbar hatte es den Verstand des Sandwurfreiters überfordert, sich die unterirdischen Städte auszumalen, von denen JCB und Ayrajogal berichtet hatten. Und nun argwöhnte er, daß die beiden Reisenden sich noch im Maul aufhielten, um ihm zu beichten, ihn und die anderen Nomaden mit den alten Märchen nur genarrt zu haben.

Die Sandwurfkuh gehorchte und sperrte die Kiefer auf. Doch das Rachengewölbe war unbemannt. Allerdings hingen zwischen Desmas Zähnen noch einige Äste und Fruchtfleischreste. Offenbar hatte sie in der unterirdischen Plantagenanlage noch schnell einen kleinen Imbiß zu sich genommen, ehe sie die Grotte wieder verlassen hatte, um sich zurück an die Oberfläche zu graben.

Nachdenklich geworden führte Kribalur den Sandwurf zurück in das Gehege. Dann stapfte er an der Seite der beiden Kobaltblauen auf das Lager zu, um seinen Leuten zu helfen, die bereits damit begonnen hatten, die Zelte abzubrechen.

2.

Die Dörsi hatten JCB eine der leerstehenden Wohnungen überlassen, von denen es in Oasopol, der Hauptstadt der Unterirdischen, etliche gab.

Die Stadt füllte die gigantische, künstlich erschaffene Höhle mit ihren hohen, turmähnlichen Gebäuden bis zum letzten Quadratmeter aus.

Obwohl keine Lichtquellen auszumachen waren, war die zehn Kilometer durchmessende Felsenhalle am Tag hell erleuchtet und in der Nacht von einem diffusen Zwielicht erfüllt. Momentan wurden mit einem kristallklaren, kalten Licht die frühen Morgenstunden simuliert.

Zwischen den halbkugelförmigen Fundamentgebäuden, aus denen die Türme emporragten, erstreckten sich rautenförmige Parkanlagen mit akkurat geschnittenen Hecken und säuberlich gepflegten Rasenflächen.

Die Gebäude waren ausnahmslos weiß gestrichen, und die verschieden Bauelemente, aus denen sie zusammengesetzt waren, waren kupferfarben umrandet.

Die scheinbar willkürlich gesetzten Turmfenster und die großen Bullaugen in den Fundamentbauten gewährten großzügige Einblicke in spartanisch eingerichtete Zimmerfluchten, die trotz der Kübelpflanzen und der schlichten Möbel seltsam unbelebt erschienen.

Die Spitzen der Wohntürme liefen in dünne Antennen aus, die wie Nadeln gegen die felsige Hallendecke wiesen. Ein Netz aus Monoschienen verband die Gebäude auf mehreren Ebenen miteinander.

Auf den filigranen Brückenkonstruktionen und den freischwebenden Trassen verkehrten weiße, offene Magnetbahnwagen. Überall auf den Haltestellenbalkonen standen diese mit bunten Streifen verzierten Wagen für die Stadtbewohner bereit. Die Bevölkerung war jedoch so dünn gestreut, daß die Parkanlagen, Bahnsteige, Wagenkolonnen und Fenstereinblicke den Eindruck einer von ihren einstigen Bewohnern fast aufgegebenen Stadt erweckten.

Oasopol hätte etwa einer halben Million Mumien eine Heimstatt bieten können. Doch nur ein Bruchteil der Wohneinheiten wurde auch tatsächlich genutzt. Die Bevölkerungszahl der Dörsi war im Laufe der Jahrhunderte langsam zusammengeschrumpft, und so machte die Stadt mit ihren knapp 30 000 Einwohnern auch zu den Verkehrsstoßzeiten einen eher verschlafenen Eindruck.

JCBs Wohnung lag nicht weit vom Universitätsturm entfernt, in dem Ayrajogal residierte. Und bis zum Sockel des Rathauses, wo sich die fünfzehn Klone regelmäßig zu ihren Besprechungen trafen, mußte er nur drei Stationen mit dem Magnetbahnwagen zurücklegen.

Der Hauptgefreite nutzte die Tage, die sie warten mußten, bis die Reisekarawane des Lura-Stammes bei der Oase in der Nähe der Nögk-Station angelangt war, um die Dörsi und ihre Kultur noch besser kennenzulernen.

Die meiste Zeit verbrachte er im Universitätsturm, wo er Vorlesungen und Kurse besuchte, die die Magnetfeldtechnik zum Thema hatten.

Auf diesem Gebiet hatten die Dörsi Erstaunliches vollbracht, und es gab für JCB einiges dazuzulernen.

Im Gegenzug hatte er sich bereit erklärt, selbst Vorlesungen zu geben, in denen er den Studenten von den verschiedenen Sternenvölkern erzählte, von denen die Menschen Kunde hatten. Zu diesen Veranstaltungen erschienen nicht nur Studenten, sondern auch etliche Professoren.

Und als JCB einmal über das komplizierte Verwandtschaftsverhältnis zwischen Nogk, den Kobaltblauen und den Nögk referierte, fand sich sogar Ayrajogal in dem gutbesuchten Hörsaal ein.

An diesem Morgen aber sollte JCB keine Gelegenheit bekommen, wie geplant mit einem Magnetbahnwagen zur Universität hinüberzufahren, um dort einen Vortrag über Magnetfeldspulen zu besuchen. Der Fernsprechapparat im Eingangsbereich seiner Wohnung sirrte, und als JCB den Hörer an sein Ohr hielt, meldete sich Barinabal CDXCIII. am anderen Ende der Verbindung.

Inzwischen war JCB in der gewisperten Sprache der Dörsi soweit bewandert, daß er einfache Sätze verstehen konnte. Der Klon des Großindustriellen Barinabal, des Vaters der unterirdischen Städte, wußte von JCBs rudimentären Kenntnissen der Dörsisprache und sagte nur: »Lura-Stamm bei Oase eingetroffen. Treffen des Rats der 15 jetzt!«

»Verstanden – komme sofort«, hauchte der Terraner in der Dörsisprache in die Sprechvorrichtung und unterbrach die Verbindung. Die Härchen auf seinen Unterarmen hatten sich aufgestellt.

Barinabals aus dem Hörer dringende Wisperstimme hatte in seinen Ohren wie das hohle Geröchel eines psychopathischen Mörders aus einem alten Horrorspielfilm geklungen.

JCB machte sich ausgehfertig und suchte den nächstgelegenen Balkonbahnhof auf, der zwei Stockwerke über seiner Wohnung lag. Die 15 Ratsmitglieder hatte er inzwischen alle kennengelernt. Um den Angriff auf die Nögk-Station besser koordinieren zu können, hatte der Rat einen Einsatzstab eingerichtet, zu dem außer Ayrajogal und einigen Strategieexperten auch Barinabal und zwei weitere Ratsmitglieder zählten.

Auf dem verwaisten Balkonbahnhof angekommen, enterte JCB den vordersten Magnetbahnwagen, klinkte das kabellose Mikrophon aus der Halterung und flüsterte den Namen des Zielbahnhofs hinein.