Ren Dhark – Weg ins Weltall 68: Welt der Kenporim - Achim Mehnert - E-Book

Ren Dhark – Weg ins Weltall 68: Welt der Kenporim E-Book

Achim Mehnert

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Beschreibung

Die beiden GSO-Agenten Ömer Giray und Liv Sanders erfahren mehr und mehr über die Machenschaften der Vereinigung der Alten Völker. Allerdings kommen sie dabei auch einem nicht gerade zimperlichen Utaren sehr nahe, an dem sich schon andere die Zähne ausgebissen haben. Etwa zur selben Zeit werden Ren Dhark und seine Begleiter gezwungen, länger in der Galaxis Voktar zu verbleiben, als ihnen allen lieb ist. Auf der Suche nach einer Möglichkeit, in die heimatliche Milchstraße zurückzukehren, stoßen sie auf die Welt der Kenporim... Jan Gardemann, Achim Mehnert und Nina Morawietz schrieben diesen dramatischen SF-Roman nach dem Exposé von Ben B. Black.

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Seitenzahl: 358

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Ren Dhark

Weg ins Weltall

 

Band 68

Welt der Kenporim

 

von

 

Nina Morawietz

(Kapitel 1 bis 6)

 

Achim Mehnert

(Kapitel 7 bis 12, 20)

 

Jan Gardemann

(Kapitel 13 bis 19)

 

und

 

Ben B. Black

(Exposé)

Inhalt

Titelseite

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

15.

16.

17.

18.

19.

20.

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Impressum

Prolog

Im Herbst des Jahres 2067 scheint sich das Schicksal endlich einmal zugunsten der Menschheit entwickelt zu haben. Deren Hauptwelt heißt längst nicht mehr Terra, sondern Babylon. 36 Milliarden Menschen siedelten auf diese ehemalige Wohnwelt der Worgun um, als die irdische Sonne durch einen heimtückischen Angriff zu erlöschen und die Erde zu vereisen drohte. Mittlerweile konnte die Gefahr beseitigt werden, und das befreundete Weltallvolk der Synties hat den Masseverlust der Sonne durch die Zuführung interstellaren Wasserstoffgases wieder ausgeglichen. Die Erde ist erneut ein lebenswerter Ort, auf dem allerdings nur noch rund 120 Millionen Unbeugsame ausgeharrt haben. Die neue Regierung Terras unter der Führung des »Kurators« Bruder Lambert hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Planeten nach dem Vorbild Edens in eine Welt mit geringer Bevölkerungsdichte, aber hoher wirtschaftlicher Leistungskraft zu verwandeln, und ist deshalb nicht bereit, die nach Babylon Ausgewanderten wieder auf die Erde zurückkehren zu lassen.

Allerdings haben auch die wenigsten der Umsiedler konkrete Pläne für einen neuerlichen Umzug innerhalb so kurzer Zeit. Es kommt die katastrophale Entwicklung hinzu, die Babylon seit dem Umzug der Menschheit nahm: Durch eine geschickt eingefädelte Aktion war es dem höchst menschenähnlichen Fremdvolk der Kalamiten gelungen, den Regierungschef Henner Trawisheim, einen Cyborg auf geistiger Basis, derart zu manipulieren, dass er zu ihrem willenlosen Helfer und Vollstrecker bei der geplanten Übernahme der Macht über die Menschheit wurde. Erst in allerletzter Sekunde gelang die Revolution gegen die zur Diktatur verkommene Regierung Babylons und damit gegen die heimlichen Herren der Menschheit, die Kalamiten. Während den meisten der Fremden die Flucht gelang, wurde Trawisheim aus dem Amt entfernt und in ein spezielles Sanatorium für Cyborgs gebracht.

Noch im selben Jahr nimmt Ren Dhark das Angebot des Industriellen Terence Wallis an und lässt seinen Körper mit Nanorobotern behandeln, die ihn und sieben von ihm Auserwählte unsterblich machen. Doch anstatt sich mit seiner nun vollständig veränderten Lebensperspektive beschäftigen zu können, muss sich Ren Dhark einer neuen Aufgabe stellen: Eine unbekannte Macht namens Kraval sorgt dafür, dass der Hyperraum nicht länger zugänglich ist.

Als man diese Herausforderung endlich gemeistert hat, tauchen die Wächter mit einer neuen Hiobsbotschaft auf: Im Zentrum der Milchstraße hat sich scheinbar aus dem Nichts ein Miniaturuniversum gebildet, das allerdings exponentiell wächst und schon in wenigen Jahren den Untergang unseres Universums herbeiführen könnte.

Mithilfe der Nomwarun – nur etwa 50 Zentimeter große Nachfahren der Worgun – gelingt es schließlich, der Gefahr zu begegnen. Allerdings spielen die Nomwarun nicht mit offenen Karten und zerstören das Miniuniversum, anstatt es wie versprochen in ein anderes Kontinuum zu versetzen, weil das anscheinend nicht möglich gewesen ist. Ren Dhark macht dieses Resultat sehr zu schaffen, doch es gelingt ihm nicht, die Nomwarun entsprechend zur Rede zu stellen.

Knapp zwei Jahre später, im Sommer des Jahres 2072, scheint endlich Ruhe in der Milchstraße eingekehrt zu sein und die Normalität zu herrschen, die sich jedermann wünscht. Da erhält Ren Dhark einen Notruf von der Erde: Arc Doorn, Chris Shanton und Amy Stewart haben eine uralte Einrichtung der Wächter unterhalb des Titicacasees erforscht und sind seither verschollen. Auf der Suche nach den Freunden folgen Ren Dhark und seine Getreuen einer Spur, die sie in die Galaxis Voktar führt. Dort bekommen sie es mit einem Gegner zu tun, der nicht zu unterschätzen ist. Derweil sind Ömer Giray und Liv Sanders den Drahtziehern von Sanders’ Entführung auf der Spur und dringen dabei auf gefährliches Terrain vor …

1.

Mit einem lauten Krachen fiel plötzlich eine Tür hinter Giray und Sanders ins Schloss. Ganz langsam drehten sich die GSO-Agenten um, die Waffen in Bereitschaft.

Eine rund einen Meter große Gestalt rollte quietschend durch den Flur. Auf ihrem Rücken trug sie einen Müllcontainer. Sie streckte einen ihrer langen, schlauchartigen Greifarme nach dem Türgriff zum nächsten Büro aus, verfehlte ihn jedoch mehrfach. Daraufhin aktivierte sie die Sensoren an ihrem Kopf. Ein rötlicher Lichtstrahl blitzte kurz auf, anschließend umfasste der dreifingrige Greifmechanismus am Arm zielsicher den Türgriff und drehte diesen.

Die Milchglastür öffnete sich nach außen. Als sie sich wieder schloss, knallte sie gegen den Reinigungsroboter, der sich auf leise quietschenden Rollen in das Büro schob. Unbeeindruckt drückte der Roboter den Türflügel neuerlich auf und fuhr weiter. Zwei Sekunden später fiel die Tür mit einem lauten Krachen ins Schloss.

Mit gerunzelter Stirn blickte Ömer Giray fragend seine Kollegin an, die jedoch genauso verblüfft wirkte wie er selbst.

Kurze Zeit später tauchte die Maschine wieder auf, und ein weiteres Mal fiel die Tür krachend zu. Der Mülleimer, der auf einer Art Podest auf dem Rücken des Roboters stand, schien nun ein wenig voller zu sein. Eine leere Plastikverpackung fiel heraus und landete auf dem Boden.

Was für eine Schrottmühle!, dachte Giray amüsiert, blieb jedoch auf der Hut für den Fall, dass es sich um ein Ablenkungsmanöver handelte. Es stimmte ihn misstrauisch, dass Livs Entführer hier einerseits eine Falle platziert haben sollten, andererseits jedoch einen äußerst wartungsbedürftigen Reinigungsroboter lautstark herumwerkeln ließen. Möglicherweise steckt ein ganz ausgebuffter Plan dahinter, den ich nur noch nicht durchschaue.

Giray presste die Kiefer aufeinander. Zu gern hätte er sich jetzt mit seiner Partnerin besprochen, doch nur weil der Roboter eine ziemliche Geräuschkulisse produzierte, bedeutete das noch lange nicht, dass diese auch ihre Stimmen überdecken würde. Möglicherweise hatten die Entführer irgendwo eine Wanze platziert.

Wie konnte das verdammte Ding überhaupt unbemerkt hinter unserem Rücken auftauchen?, ärgerte sich der Geheimagent und tröstete sich damit, nicht der einzige Leichtsinnige auf dem Flur zu sein. Wir müssen verdammt noch mal vorsichtiger sein! Wahrscheinlich hat uns unsere Wiedersehensfreude ein bisschen zu euphorisch und leichtsinnig gemacht. Das wird uns ab jetzt nicht noch einmal passieren!

Er holte seinen Hand-Suprasensor hervor und koppelte mit wenigen Handgriffen einen Satz Sensoren daran, mit denen er die Umgebung auf technische Aktivitäten untersuchte. Abgesehen von dem lärmenden Reinigungsroboter, der Beleuchtung, der Lüftungsanlage sowie Energiesignaturen, die auf Datenfolien und Tischrechner hinwiesen, konnte er jedoch nichts feststellen.

Mithilfe seines künstlichen Auges prüfte er, ob es eventuell Lichtschranken im Infrarotbereich gab – Fehlanzeige. Alles wirkte so normal, dass ganz kurz der absurde Gedanke durch seinen Kopf schoss, sich möglicherweise im Gebäude geirrt zu haben.

Schritt für Schritt arbeiteten sich die beiden Agenten zur Tür vor, wobei Giray die Vorhut übernahm. Sanders hingegen hielt stets rund drei Meter Abstand zu ihrem Partner und sicherte den Rückweg – also diejenige Richtung, aus der gerade eben der Roboter gekommen war, der sich nun wieder in einem der Büros befand.

Vorsichtig tastete sich Giray mit den Schuhen vor, in der Erwartung, dass sich auf dem Boden ein unsichtbarer Druckmechanismus befinden könnte. Erst, wenn er ein paar Schritte getan hatte, gab er seiner Kollegin das Handzeichen, aufzurücken. Zwar kamen sie auf diese Weise nur schleppend voran, aber einen weiteren Lapsus konnte und wollte er sich nicht leisten, deshalb ging er lieber auf Nummer sicher. Einmal mehr war er froh, eine Partnerin wie Liv Sanders zu haben, die in Situationen wie diesen ohne zu murren seinen Anweisungen folgte und sich auf seine Expertise verließ. Obwohl sie inzwischen rund drei Jahre mit ihm zusammenarbeitete und erst vor wenigen Monaten in die GSO übernommen worden war, agierte sie wesentlich professioneller als mancher anderer Agent, mit dem er im Laufe seiner Karriere zu tun gehabt hatte. Obgleich der Ehrgeiz sie antrieb – so sein Eindruck –, riss sie niemals das Ruder an sich.

Ohne jeglichen Zwischenfall erreichte Ömer Giray die Zellentür, wo ihm prompt ein Unterschied zum Vortag auffiel. Es befanden sich nun zwei kleine Blöcke daran, einer am Türblatt, einer am Rahmen, zu fragil, um als weiterer Verriegelungsmechanismus zu fungieren.

Höchstwahrscheinlich handelte es sich um eine Lichtschranke, die meldete, wenn die Tür nicht mehr geschlossen war. Möglicherweise tat sie aber auch mehr als das. Deshalb untersuchte Giray noch einmal gründlich mit den Messaufsätzen an seinem Hand-Suprasensor die Tür und den Raum dahinter auf verdächtige Energiesignaturen.

Nichts.

Aus seiner Tasche holte er eine flache Kamera, die er über Funk mit seinem Rechner verband. Diese Kamera schob er unter dem schmalen Türspalt hindurch und steuerte die Optik mithilfe des Rechners. Nun erhielt er einen Einblick ins Innere des Raums, der keinerlei Überraschungen bot. Weder konnte er eine Sprengfalle noch eine Selbstschusseinrichtung oder dergleichen ausmachen.

Offenbar vertrauen diese Hinterhältler darauf, dass ihre »Beute« in den Raum geht, wo sie dann in der Falle sitzt, grübelte er. Dann zog er die Kamera unter dem Türspalt hervor, packte sie mitsamt des Hand-Suprasensors in seine Tasche zurück und erhob sich.

Als Liv Sanders ihn ansah, zuckte er mit den Achseln, um ihr zu signalisieren, dass er nichts gefunden hatte. Mit einer Handgeste bedeutete er ihr, den Gang hinunterzugehen. Er bewegte die Lippen, damit sie ablesen konnte, was er ihr mitteilen wollte: »Büro von vorgestern.«

Sanders nickte und schlich zügig, aber geräuschlos den Gang hinunter, an ihrem Kollegen vorbei, bis sie kurz vor einer Tür anhielt und lauschte. Sie reckte den Daumen in die Höhe. Offenbar befand sich tatsächlich jemand in dem Büro.

Mit genügend Abstand zur Milchglasscheibe, damit niemand in dem Raum sie entdeckte, huschte sie weiter, blieb erneut stehen und drehte sich zu ihrem Partner um. Mit einer wedelnden Handgeste gab dieser ihr zu verstehen, ein paar Schritte zurückzugehen und näher an die Wand zu rücken, was sie auch sofort tat. Anschließend nahm sie einen stabilen Stand ein, leckte sich über die Lippen, hob die Waffe und nickte.

Liv steht jetzt links an der gegenüberliegenden Wand. Im Gegensatz zu den Türen in den Büros schwingt diejenige zur Zelle nach außen auf, praktischerweise nach rechts, sodass ich beim Aufziehen sofort dahinter Deckung finden kann, fasste Giray gedanklich die Lage zusammen.

Er atmete noch einmal tief durch, dann riss er die Tür ruckartig auf. Das Türblatt benutzte er nun wie einen Schild, hinter dem er sich verbarg.

Wie erhofft stürmten gleich darauf mehrere Personen in den Flur, darunter mindestens ein Rateke, wie der Agent an den unweigerlich stampfenden Schritten eines weit über hundert Kilo schweren Riesen erkennen konnte. Bevor ihn die Kerle erreichten, schob er seinen Paraschocker hinter der Zellentür hervor und rief: »Stehen bleiben!«

Tatsächlich begannen die Schritte zu stolpern und kamen zum Stillstand. Giray linste hinter der Tür hervor und entdeckte zwei unbewaffnete Rateken sowie einen Utaren mit Miniatur-Handnadelstrahler.

Sofort zog Giray seinen Kopf wieder ein, hielt seine Waffe jedoch weiter ruhig auf die drei gerichtet und lauschte den Bewegungen der Ganoven. Der erwartete Schuss seitens des Blauen blieb aus.

»Auf ihn!«, kreischte es plötzlich. »Er hat bloß einen verdammten Paraschocker!«

Da rief Sanders mit schneidender Stimme: »Stehen bleiben und Waffe runter!«

Ohne zu zögern schaute der GSO-Agent wieder hinter der Tür hervor, um im Zweifelsfall das Überraschungsmoment zu nutzen, das seine Kollegin sicherlich ausgelöst hatte.

Einer der Riesen fuhr in diesem Augenblick mit erhobener Pranke herum, hielt jedoch abrupt inne, als er Livs Handnadelstrahler entdeckte.

Offenbar kannte er die gefährlichste Handfeuerwaffe der Terraner, aus der ein einziger Schuss genügte, um ihm ein tödliches Loch in seine Körpermitte zu schneiden. Es gab nicht viel, das dem pinkfarbenen Energiestrahl länger als eine Millisekunde lang standhielt. Unter Dauerbeschuss dematerialisierte er letztlich alles, selbst Unitall.

Mit einem frustrierten Aufschrei raufte sich der Utare die ausladende Tolle, die wie eine Perücke auf seinem Kopf herumrutschte. »Ihr verdammten Holzköpfe!«, kreischte er. »Wie konnte dieses Weib so plötzlich hinter uns auftauchen?«

»Waffe runter!«, befahl Giray dem Blauen, der ihn daraufhin mordlüstern anfunkelte.

Doch der Utare kam schnell zur Besinnung, legte mit demonstrativem Widerwillen seine Handfeuerwaffe auf den Boden und trat sie ohne explizite Aufforderung in Girays Richtung.

Rasch hob der Agent sie auf, prüfte die Sicherung und steckte die Mini-Waffe in seinen Hosenbund. Schließlich kam er hinter der Tür hervor, die daraufhin begann, langsam zuzufallen.

In diesem Augenblick fiel eine Tür krachend ins Schloss. Quietschend rollte der Reinigungsroboter hinter Giray über den Flur, wobei er eine regelrechte Müllspur hinterließ, und verschwand geräuschvoll im nächsten Büro.

»Den habt ihr ganz schön vernachlässigt, was?«, spöttelte der Agent.

Der Blaue schien nicht zu Späßchen aufgelegt zu sein. »Was zum Worgun wollt ihr von uns?«

»Sag du es uns! Wir sind bloß eurer Einladung gefolgt.«

»Wir machen dich fertig, Mensch, und deine Freundin ebenfalls!«

»Daran habe ich keinen Zweifel, doch zuerst unterhalten wir uns.« Giray packte seinen Paraschocker weg, darauf vertrauend, dass Sanders die drei auch weiterhin in Schach halten würde. Zwar verdeckten die breit gebauten Drei-Meter-Riesen die Sicht auf seine Kollegin, doch er wusste, dass sie sich in unmittelbarer Nähe befand, ansonsten würden die Rateken nämlich nicht wie zur Salzsäule erstarrt im Flur herumstehen und die giftigen Blicke des blauen Zwergs ignorieren, der anscheinend immer noch erwartete, dass sie die Terraner angriffen.

Aus seiner Tasche holte Giray ein aufgerolltes Seil hervor und befahl den Ganoven, sich auf den Boden zu legen. Nachdem er drei Stücke von dem Seil abgeschnitten hatte, fesselte er die Festgesetzten zügig und gekonnt, wobei er ihnen die Hände in zwei Schlingen auf dem Rücken und diese darüber hinaus mit den Füßen verband.

Anschließend nahm er ihnen sämtliche Ausrüstung ab, die hauptsächlich aus viphoähnlichen Geräten, Credit-Chips, Bonbons und Müll bestand. Nacheinander rollte er die drei herum, was bei den Rateken einen ziemlichen Kraftaufwand erforderte. Obwohl er der Qualität der GSO-Ausrüstung vertraute, verknotete er insbesondere die beiden Grauen mit weiteren Seilstücken. Gerne hätte er sie zu richtigen Paketen zusammengeschnürt, doch dafür reichte sein Vorrat leider nicht.

Wenigstens ist meine Tasche jetzt ein paar Kilo leichter, tröstete er sich in Gedanken.

Halbwegs zufrieden mit seinem Werk rieb Giray die Handflächen aneinander. »Das lief ja besser als erwartet.«

Liv Sanders lächelte ihn verschmitzt an, noch immer ihren Handnadelstrahler auf die drei am Boden Sitzenden gerichtet. »Was nun?«

»Halte mir bitte die Zellentür auf, während du unsere Freunde hier weiterhin bewachst.«

»Wir sind nicht deine Freunde, du mieser Mensch!«, giftete der Utare, während er sich wie eine aufgestachelte Made hin und her wälzte.

Giray grinste freudlos. »Leg meine Worte doch nicht auf die Goldwaage, Kumpel!«

*

Während Liv Sanders auf dem Flur die Stellung hielt, untersuchte Ömer Giray die Zelle, in der seine Kollegin gefangen gehalten worden war. Schon beim Betreten sprang ihm ein Unterschied zu seinem letzten Besuch ins Auge: Anscheinend lag da jemand im Bett.

Vorsichtig näherte er sich dem Unbekannten, der sich in seine Decke eingewickelt hatte. Bereit davonzuspringen, falls derjenige nur auf eine Gelegenheit wartete, ihn aus nächster Nähe anzugreifen, stieß er die Gestalt an. Dass sie sich eher wie ein Kissen als wie ein Körper anfühlte, verwunderte den GSO-Agenten nicht. Er kannte die klassischen Tricks in- und auswendig.

Nichtsdestotrotz blieb er auf der Hut, denn bloß weil sich keine Person unter der Decke verbarg, bedeutete das längst nicht, dass es sich ausschließlich um drapierte Kissen handelte. Obgleich der Utare und seine Handlanger keinen besonders pfiffigen Eindruck auf ihn machten, wollte er nicht den Fehler begehen, sie zu unterschätzen.

Mithilfe seines Hand-Suprasensors begutachtete er das Arrangement, stellte dabei jedoch keinerlei verdächtige Aktivitäten fest, die auf eine Bombe oder einen potenziell gefährlichen Mechanismus hinwiesen. Daraufhin zog er langsam die Decke zurück.

Zwei ausrangierte Utaren-Puppen grinsten Giray entgegen. Das Blau ihrer silikonartigen Kunststoffhaut war längst verblasst. Einer fehlte ein Auge. Ansonsten handelte es sich um ganz gewöhnliche Puppen, was ihn einerseits aufgrund des mangelnden Einfallsreichtums enttäuschte, andererseits aber auch erleichterte. Offensichtlich war die Falle genau so geplant gewesen, wie er es vermutet hatte: Der lärmende Reinigungsroboter diente wohl als Ablenkung, um die Eindringlinge in Sicherheit zu wiegen, sodass sie diesen Raum hier betraten.

Die Fallensteller hatten jedoch nicht ahnen können, dass der Krach einen gegenteiligen Effekt auf die GSO-Agenten haben würde.

Ohne die lärmende Blechbüchse wäre ich möglicherweise in die Zelle spaziert, ohne vorher Liv die Bürotür sichern zu lassen. Zwar glaube ich, dass wir die drei trotzdem überwältigt bekommen hätten, allerdings wäre wahrscheinlich der eine oder andere Schuss gefallen. Vielleicht hätte es sogar Verletzte oder Tote gegeben, was wir erfreulicherweise vermeiden konnten, resümierte Giray in Gedanken.

Nach wie vor bevorzugte er es, seine Fälle möglichst gewaltfrei zu lösen. Den Paraschocker schleppte er Liv Sanders zuliebe mit sich herum. Seiner Meinung nach ließen Waffen Situationen meistens unnötig eskalieren.

Allerdings bedeutete seine Abneigung gegen Gewalt keinesfalls, dass er nicht auch Gewalt anwenden konnte, wenn es darauf ankam. Ansonsten wäre er nämlich nicht bei der Galaktischen Sicherheitsorganisation.

Giray untersuchte noch den Rest der Zelle und wunderte sich einmal mehr über den Holofernseher. Was haben sich die Entführer nur dabei gedacht?

*

Nun war Liv Sanders an der Reihe mit der Untersuchung des Büros, aus dem die drei Ganoven vorhin gestürmt waren. Bevor sie den Raum betrat, warf sie Giray noch einen skeptischen Blick zu. Für ihren Geschmack fiel ihr Kollege zu schnell in alte Verhaltensmuster zurück. Er stand im Flur gegen die Wand gelehnt – den Paraschocker im Holster, die Arme vor der Brust verschränkt – und bewachte die Gefangenen. Ein wenig bewunderte sie ihn für seinen Mut, ärgerte sich jedoch auch über seinen Leichtsinn. Immerhin lagen da zwei Rateken vor ihm, die ihn nicht nur jeweils um mindestens einen Meter überragten, sondern vermutlich auch das Dreifache an Gewicht auf die Waage brachten.

Ohne eine vernünftige Bewaffnung hat Ömer doch gar keine Chance gegen die Grauen, schoss es ihr durch den Kopf. Ich an seiner Stelle würde mich ja nicht auf meine Fesselkünste verlassen. Hoffentlich gibt er mir rechtzeitig Bescheid, damit ich ihm wenigstens zu Hilfe eilen kann.

Viel lieber hätte sie jetzt mit ihm über ihre Bedenken gesprochen, doch das hätte vermutlich alles noch schlimmer gemacht. Weder die Rateken noch der Utare waren taub. Folglich blieb ihr nichts anderes übrig, als ihren Missmut beiseitezuschieben und sich an die Arbeit zu machen.

Schon beim Betreten des Raums umfingen Liv Sanders exotische Gerüche. Sie entströmten den zahlreichen Schüsseln und Tellern, die auf einem länglichen Konferenztisch standen. Die Agentin musste unwillkürlich grinsen, so absurd fand sie den Anblick.

Offensichtlich hat der ratekische Feinschmeckerkoch den anderen beiden die öde Wartezeit mit Leckereien versüßt, dachte sie amüsiert. Ob er nur deshalb mit von der Partie ist?

Die Speisen sahen längst nicht mehr so schmackhaft aus wie direkt nach der Zubereitung. Überhaupt mutete der Tisch an, als wäre eine Katze daraufgesprungen, hätte hastig in jeder Schüssel herumgeschlabbert, bevor sie mitten in der Fressorgie von ihrem Herrchen erwischt und vertrieben worden war. Ein guter Teil des Essens lag daneben.

Am Rande des verwüsteten Schlaraffenlandes befand sich ein kleiner Monitor, der das Innere der Zelle zeigte. Ein Audioausgabegerät konnte Sanders nirgendwo entdecken, dafür jedoch einen separaten Summer, der im Augenblick schwieg.

Diese Faulpelze! Wahrscheinlich ist er mit dem Türkontakt der Zelle gekoppelt, mutmaßte Liv in Gedanken. Mir scheint es, als hätten wir es auf Danlechraa nur mit Amateuren und Semi-Professionellen zu tun. Ich meine, ich bin ja froh, noch am Leben zu sein, aber irgendwie komme ich mir auch verarscht vor.

Weil sie ansonsten nichts Interessantes in diesem »Büro« fand, verließ sie den Raum wieder und durchkämmte mit gezogenem Handnadelstrahler die verbliebenen Räumlichkeiten, die an den Flur grenzten, sowie die Halle. Außer ihr selbst, Giray und den Entführern hielt sich allerdings niemand im Gebäude auf. Anschließend kontaktierte sie außer Hörweite der Kriminellen Mok Moklis mithilfe ihres Armbandviphos.

»Ist alles in Ordnung bei euch?«, wollte ihr blauer Freund sofort wissen, kaum dass er den Anruf entgegengenommen hatte.

»Alles bestens«, antwortete sie ihm mit einem Lächeln. »Es lief alles leichter als erwartet.«

»Ihr seid schon fertig?«

»Nicht ganz. Es könnte noch ein Weilchen dauern, abhängig davon, wie stur sich unsere Gefangenen stellen. Vielleicht möchtest du ja schon mal nach Hause fahren.«

»Ich würde euch lieber unterstützen. Mittlerweile verfüge ich dank Aykut über einige Erfahrungen in Sachen Verhör. Du hättest uns sehen sollen!«

»Das kann ich mir gut vorstellen. Trotzdem denke ich, dass wir schon viel zu viel deiner kostbaren Zeit in Anspruch genommen haben.«

Moklis zog eine Schnute, verzichtete jedoch zu Sanders’ Erleichterung darauf, seine Enttäuschung zu thematisieren. »Na schön, aber ruft mich an, falls ihr Verstärkung benötigt, in Ordnung?«

»Das werden wir. Bis später!« Liv Sanders drückte den Anruf weg und seufzte leise.

*

Ömer Giray schleifte die drei Gefangenen in die Zelle, wo er den Rest des Seils dafür nutzte, ein hübsches Gesamtpaket zu binden. Er wollte nicht riskieren, dass der Utare später herumhüpfte und mit den Zähnen die Knoten der Rateken öffnete, auch wenn er bezweifelte, dass dem blauen Zwerg das gelingen würde. Dieser lag nun in der Mitte zwischen den beiden Grauen, die fast den gesamten Zellenboden bedeckten, die Arme an die seiner Nachbarn gefesselt.

»Lass uns gefälligst gehen, Mensch!«, forderte der hintere Rateke und zerrte demonstrativ an seinen Fesseln. »Aus uns kriegst du eh nichts heraus!«

Seufzend ließ sich Giray auf dem Bett nieder und stützte die Arme auf seinen Oberschenkeln ab. »Das werden wir noch sehen.«

»Du bist gar keine Tel!«, fauchte der Blaue in Richtung Liv Sanders.

»Wie kommst du darauf?«, fragte die Angesprochene mit gleichgültiger Miene.

»Keine Ahnung, wie du das gemacht hast, aber du wolltest uns reinlegen! Vor ein paar Tagen war deine Haut tiefschwarz. Was für eine Anmaßung für eine Worgunmanipulierte!« Er spuckte in ihre Richtung – zumindest versuchte er das, traf jedoch den Mitgefangenen zu seiner Rechten, der sich lautstark darüber empörte. »Halt die Klappen, Brudh!«, fuhr der Utare dem Aufgebrachten in die Parade. »Ich wollte diese verfluchte Terranerin treffen, die uns das alles eingebrockt hat! Außerdem: Hättest du Vollpfosten besser aufgepasst, säßen wir jetzt nicht in der Tinte. Also sei froh, dass dich nur meine Spucke erwischt hat!«

Ömer Giray räusperte sich hörbar. »Meine Herren, erzählt uns einfach nur, wer euer Auftraggeber ist. Anschließend könnt ihr euren Ehestreit in Ruhe fortsetzen.«

»Wir sind nicht verheiratet.«

»Was du nicht sagst …« Innerlich schüttelte Giray den Kopf. Das Kerlchen versteht keinen Humor und legt zudem jedes Wort auf die Goldwaage. Liegt das an ihm oder ist das kulturell bedingt? »Kommt schon! Je schneller ihr mit den Infos herausrückt, desto schneller bringen wir die Sache hinter uns.«

Brudh verrenkte seinen Kopf und kreischte aus allen vier Mündern gleichzeitig: »Ihr wollt uns umbringen?«

»Was erwartest du?«, erwiderte sein Artgenosse. »Das sind Menschen!«

Brudh schwieg. Wahrscheinlich zog in diesem Moment sein gesamtes Leben vor seinem inneren Facettenkranz vorüber. Gab er tatsächlich so schnell auf?

»Wir töten euch nicht«, erklärte Giray nach einigen Sekunden des Schweigens.

Der Utare kniff misstrauisch die Augen zusammen. »Nicht? Wie willst du denn dann Informationen aus uns herausbekommen? Etwa mit Credits?«

»Bedauerlicherweise musste ich auf der Suche nach meiner Freundin ein halbes Vermögen hinblättern, sodass ich euch leider kein Geld anbieten kann.«

»In dem Fall habt ihr wohl Pech gehabt.«

»Vielleicht sollte ich mich präziser ausdrücken«, räumte Giray ein. »Wir töten euch zwar nicht, aber wir machen die Tür zu und lassen euch hier drinnen verrecken.«

»Freu dich nicht zu früh! Verstärkung ist schon unterwegs. Ihr solltet besser von hier verschwinden, solange ihr noch könnt!«

»Das sollen wir dir glauben?«, fragte Sanders spöttisch.

Ein dreckiges Grinsen stahl sich auf die Lippen des Utaren. »Find’s doch heraus!«

Kurzerhand verließen die beiden Agenten den Raum und schoben von außen die Riegel vor.

*

»Glaubst du, die Menschen machen ernst?«, fragte einer der Rateken nach einer Weile. »Was, wenn sie uns wirklich hier verrotten lassen?«

»Unsinn!«, behauptete der Utare. »Sie ziehen bloß ihre Psychospielchen mit uns ab. Vergesst nicht, dass sie Informationen von uns haben wollen!«

»Meinen Namen hast du ihnen ja schon genannt. Vielen Dank dafür!«, mischte sich der zweite Graue ein.

»Reg dich ab! Das ist doch gar nicht dein richtiger.«

»Aber mein Pseudonym, unter dem ich bekannt bin. Deinetwegen muss ich mir jetzt ein neues für mein Restaurant suchen.«

»Wo liegt dein Scheißproblem, Brudh? Bislang hast du es nicht einmal gebacken bekommen, einen Imbiss zu eröffnen. Sei dankbar, dass wir dich überhaupt mit ins Boot geholt haben!«

»Wer gibt dir das Recht, so respektlos mit mir zu sprechen?«, brüllte der Gourmet, dass die Zellentür nur so bebte. »Du hast uns diesen Mist eingebrockt, du verdammter Utare! Wenn diese Fesseln nicht wären, würde ich dir jetzt Manieren beibringen.«

»Beruhige dich, Brudh!«, fuhr ihm sein Artgenosse dazwischen. »Uns aufzuregen bringt nichts.«

»Ich bin aber wütend. Der Zwerg hat uns versprochen, dass wir hier das schnelle Geld verdienen würden.«

»Manchmal irrt man sich eben. Ich wusste doch auch nicht, dass es so laufen würde. Wir sitzen alle im selben Boot, also sollten wir lieber zusammenhalten, anstatt uns zu streiten, findest du nicht?«

»Ich will hier nicht sterben, kapiert? Jedenfalls nicht für die Aussicht auf ein paar lumpige Credits, die mir tot sowieso nichts nützen. Am liebsten möchte ich diesen Terranern die Schädel einschlagen, vor allem diesem Weibsstück, für das ich extra lecker gekocht hatte. Sie hat meine Gutmütigkeit ausgenutzt.«

»Du bist einfach viel zu nett«, erwiderte der Blaue tröstend.

Brudh grunzte abfällig und fragte deutlich weniger aufbrausend: »Wann kommen sie endlich zurück, damit wir ihnen sagen können, was sie hören wollen? Mir tun schon sämtliche Gliedmaßen weh.«

»Die beiden stehen gewiss draußen vor der Tür und lauschen.«

»Meinst du?«

»Natürlich. Es muss doch einen Grund haben, weshalb sie zurückgekommen sind, den sie uns natürlich nicht verraten. Vielleicht kann ich einen Deal mit ihnen aushandeln.«

»Du willst unseren Auftraggeber verpfeifen?«

»Na und? Du hast selbst festgestellt, dass wir zu wenig dafür bekommen, um unseren Hals hinzuhalten.«

»Dein Bekannter wird sich nicht freuen, wenn er das herausfindet.«

*

Ömer Giray revidierte seinen Eindruck, dass es sich bei seinen Gefangenen um Holzköpfe handelte. Zumindest scheint der Blaue ein bisschen Grips zu besitzen, sonst hätte er nicht richtig vermutet, dass Liv und ich hier vor der Tür stehen, grübelte er.

Obwohl die Finte quasi aufgeflogen war, ließ er die drei eine weitere halbe Stunde schmoren. Da es gerade einmal früher Vormittag war, lagen er und seine Partnerin noch gut in der Zeit.

Schließlich holten die sie den Utaren aus der Zelle und brachten ihn in jenes »Büro«, in dem sich auch der praktische Überwachungsmonitor befand. Während sich die Rateken auf dem Boden wälzten und vergeblich an ihren Fesseln zerrten, plauderte der Blaue wie erhofft bereitwillig alles aus.

2.

Elf Tage zuvor

 

Seit er denken konnte, verfolgte ihn das Pech. Der Schlamassel hatte vor rund sieben Monaten begonnen, als einer seiner früheren Mitarbeiter von einem Konkurrenten angeheuert worden war, um eine wichtige Warenlieferung zu sabotieren. Zwei Tage lang hatte Uhm Uhminos Auftraggeber, ein grobschlächtiger Rateke namens Kruulk, bei ihm Sturm geklingelt und schließlich ein paar Geldeintreiber vorgeschickt. Seitdem musste der Blaue den entstandenen Schaden in monatlichen Raten plus Zinsen zurückzahlen.

Von seinem ehemaligen Mitarbeiter fehlte bis heute jede Spur. Lediglich der Lastenschweber war wieder aufgetaucht, wenn auch in einem ziemlich ramponierten Zustand.

Offiziell betätigte sich Uhmino als Zwischenhändler für diverse Waren und besaß sogar sein eigenes Lagerhaus, doch die Geschäfte liefen schon seit Jahren schlecht, sodass er sich sein Gehalt mit Nebeneinkünften im kriminellen Milieu aufbesserte. Wäre Kruulk nicht gewesen, hätte er den Lastenschweber reparieren können, doch der Rateke duldete keinen Aufschub der Zahlungen.

Infolgedessen musste Uhmino sämtliche Mitarbeiter seiner Firma entlassen, um die Nebenkosten zu senken. Seine Lagerhalle zu verkaufen brachte er nicht übers Herz, zumal er hoffte, eines Tages seine Geschäfte wieder aufnehmen zu können. Außerdem eignete sie sich als temporäres Versteck, falls jemand kurzfristig eines für Diebesgut benötigte. Uhmino vermietete Regalfächer, wovon allerdings die Wenigsten Gebrauch machten, weil die Halle ziemlich schlecht gesichert war.

Der Blaue verdiente sein Geld hauptsächlich mit Botengängen, Informationsbeschaffung sowie Einbrüchen, die er überwiegend gemeinsam mit seinem ratekischen Komplizen Mraoc durchführte. Das ungleiche Duo genoss einen mittelmäßigen Ruf im kriminellen Milieu und scheute größere Risiken, weshalb nur entsprechend mittelmäßig vergütete Aufträge für sie abfielen.

Eines Tages saß Uhm Uhmino in seinem Büro, wühlte sich auf der Suche nach dem schnellen Geld an seinem Rechner durch das planetare Datennetz, als plötzlich sein Tischvipho kreischte. Überrascht blickte er auf die ihm unbekannte Nummer, die auf dem kleinen Bildschirm erschien, und nahm den Anruf entgegen. »Ja?«

»Bin ich da mit ›Emerald Storage‹ verbunden?«, wollte der Anrufer wissen, ohne seinen Namen zu nennen.

»Bist du. Worum geht es?«

»Das möchte ich gern unter vier Augen besprechen. Komm heute Abend zur ›Fülligen Utarin‹ im Vergnügungsviertel westlich des Raumhafens und bringe deinen Freund Mraoc mit!«

»In Ordnung. Mit wem …« Erbost kniff Uhm Uhmino die Augen zusammen, als ihm sein Vipho signalisierte, dass der Unbekannte aufgelegt hatte.

Blöder Idiot, fluchte er in Gedanken. Lohnt sich die Anfahrt überhaupt?

Hurtig recherchierte er die Koordinaten der »Fülligen Utarin« und fand heraus, dass sich die ranzige Kneipe rund achtundzwanzig Kilometer von seiner Halle entfernt befand.

Allein die Hinfahrt mit meinem Schweber frisst ein Zehntel der gespeicherten Energie. Heute Abend komme ich garantiert in den Feierabendverkehr. Wann genau sollen wir überhaupt dort sein? Nicht einmal eine Uhrzeit hat der Typ genannt!

Obwohl Uhmino sich ärgerte, rief er seinen Komplizen an, der sich wie erwartet über die knappen Informationen beklagte.

»Mir kommt das sehr verdächtig vor«, wandte Mraoc ein. »Was machen wir, falls sich dein ominöser Auftraggeber als Schnüffler entpuppt?«

»Bei aller Freundschaft, wo bitte lebst du?«, entgegnete Uhmino verwundert. »Mit uns kann sich der Polizeichef doch nicht einmal in der Presse schmücken, folglich wird er einen Teufel tun, Kapazitäten auf uns zu verschwenden.«

»Hm, das stimmt wohl. Trotzdem sollten wir vorsichtig sein. Ich hoffe, es versucht niemand, uns an der Nase herumzuführen, sonst wird das sehr ungemütlich. Am besten lassen wir uns im Voraus bezahlen.«

»Zunächst hören wir uns an, was der Unbekannte überhaupt von uns will.«

»Gute Idee. Wann holst du mich ab?«

*

Als Uhm Uhmino eine Stunde später mit seinem Schweber wie verabredet auf den Parkplatz des Bahnhofs der Antigrav-Schwebebahn in der Nähe von Mraocs Arbeitsstelle fuhr und dort anhielt, stiegen nicht nur ein Rateke, sondern zwei in den Fond. Erbost drehte sich Uhmino in seinem Fahrersitz herum.

Anklagend deutete er auf den Fremden, der neben Mraoc Platz nahm, und maulte: »Was zum Henker hat der hier zu suchen?«

Mraoc wechselte einen kurzen Blick mit seinem Artgenossen und sah dann zu Uhmino herüber. »Das ist mein Cousin Brudh. Ich dachte, dass es ganz gut wäre, ihn als Absicherung mitzunehmen.«

»Hatten wir nicht schon vor Monaten besprochen, auf Überraschungen verzichten zu wollen? Ich hasse es, wenn jemand die Regeln umschmeißt. Abgesehen davon wusste ich gar nicht, dass du einen Cousin hast. Du hast doch wohl nicht einen deiner Saufkumpane angeschleppt oder?«

»Brudh ist wirklich mein Cousin, wenn auch dritten oder vierten Grades. Er will ein Restaurant eröffnen.«

Verzweifelt schlug sich Uhmino die Hände vor das Gesicht und ließ sie langsam daran herabgleiten. »Ich glaub’s nicht! Hast du schon wieder gesoffen, Mraoc?« Demonstrativ hielt er sein blaues Näschen in die Höhe und schnüffelte in den Passagierbereich hinein, konnte jedoch keine Alkoholfahne wahrnehmen.

»Ich kann auch wieder gehen«, bot der unwillkommene Gast an und machte Anstalten, sich zu erheben.

Mit der typischen Grobheit eines Rateken drückte Mraoc seinen Cousin zurück in den Sessel. »Nein, du bleibst schön hier.«

Einige Sekunden lang herrschte betretenes Schweigen. Zwei schimmernde Facettenkränze starrten Uhmino erwartungsvoll an, bis der Blaue resignierend seufzte. »Meine Güte, dann machen wir heute eben eine Ausnahme.« Er blinzelte seinen grauen Freund an. »Du weißt doch, was das Wort ›Ausnahme‹ bedeutet, oder, Mraoc?«

Der Angesprochene versicherte sofort aus allen vier Mündern, dass er es wüsste und dass das nie wieder vorkommen würde. »Wie gesagt, Brudh will ein Restaurant eröffnen und braucht dringend Geld. Ich dachte, wenn uns dein ominöser Auftraggeber verarschen will, könnten wir ihm zumindest eine Aufwandsentschädigung abluchsen. Zwei Rateken schinden mehr Eindruck als einer.«

»Mag sein«, grummelte Uhmino, den Mraocs Pläne keineswegs begeisterten. »Sollte allerdings ein Auftrag zustande kommen, teile ich meine Hälfte nicht.«

»Fünfzigtausend Credits würden mir schon reichen«, verkündete Brudh. »Davon könnte ich die Kaution und die Miete für das kleine Ladenlokal bezahlen, dass …«

»Träum weiter! Hat dir dein Cousin nicht erzählt, was wir im Schnitt pro Auftrag verdienen? Mit ganz viel Glück springt ein Hundertstel für dich heraus, sofern Mraoc dir seine Hälfte komplett überlässt.«

»Damit habe ich gerechnet.«

»Was faselst du dann von fünfzigtausend?«

»Die Summe bezog ich auf meinen Geschäftsplan. Natürlich erwarte ich nicht, das Geld an ein, zwei Arbeitstagen zusammenzubekommen.«

»Für mich klang das aber so.«

»Leute«, brummte Mraoc. »Wann fahren wir endlich los?«

*

Die meisten Tische in der »Fülligen Utarin« waren bereits belegt. Trotzdem hatten Uhm Uhmino und seine beiden Begleiter einen ergattern können, wo sie nun schon seit einer geschlagenen halben Stunde warteten. Mit jeder Minute, die verstrich, sank die Laune der drei. Die fad schmeckenden, alkoholfreien Getränke taten ihr Übriges.

»Der Typ hat uns bestimmt sitzen lassen«, wiederholte Mraoc bereits zum dritten Mal. »Wir sollten die Sache abblasen und heimfahren, sonst sitzen wir morgen noch hier.«

Uhmino bemaß seinen Freund mit einem abschätzigen Blick, schwieg jedoch. Er hatte versäumt, die Nummer des geheimnisvollen Anrufers auf seinem mobilen Vipho zu speichern, worüber er sich nun ärgerte.

Andererseits würde es mich nicht wundern, wenn es sich um eine Wegwerfnummer handelt, grübelte er. Wer mag sich wohl einen Scherz mit uns erlauben? Etwa Kruulk? Was verspricht er sich davon außer eines guten Lachers?

Einzig Brudh schien gute Laune zu haben. Interessiert studierte er die Speisekarte des Lokals und kommentierte jedes zweite Gericht mit einem Verbesserungsvorschlag, bis der Utare es nicht mehr ertrug.

»Wieso bewirbst du dich nicht in der Küche?«, fragte Uhmino in unüberhörbar angriffslustigem Tonfall, woraufhin der Angesprochene erklärte: »Der Schuppen ist unter meinem Niveau.«

»Jeder fängt mal klein an. Wo hast du bisher Erfahrungen gesammelt?«

»Hauptsächlich bei mir zu Hause in der Küche.«

»Du bist also eher ein Hobbykoch und kein Profi. Woher willst du wissen, dass den Leuten dein Essen schmeckt?«

»Mraoc würde mich niemals anlügen.«

»Mraoc versteht nichts vom Kochen.«

»Tue ich wohl!«, empörte sich der Dritte im Bunde. »Brudh kocht hervorragend. Außerdem betreibt er eine Plattform im Hyperfunknetz, wo er Rezepte und Kochvideos veröffentlicht. Dort bekommt er viel Lob für seine Kreationen.«

Uhmino machte eine wegwerfende Handgeste. »Die Resonanz im Hyperfunknetz bedeutet rein gar nichts. Es kommt einzig darauf an, wie viele dieser angeblichen Fans letztlich in deine Projekte investieren.«

»Ich habe nie jemanden um Geld gebeten«, wandte Brudh ein.

»Dann solltest du mal damit anfangen. Steck deine Ziele am besten nicht zu hoch! An deiner Stelle würde ich mich zunächst mit einem Imbiss zufriedengeben, und wenn dieser läuft, ein Restaurant eröffnen.«

»Wie bist du eigentlich an deine Lagerhalle gekommen?«

Abwehrend verschränkte Uhmino die Arme vor der Brust. »Das geht dich einen feuchten Kehricht an.«

»Wieso? Du gibst mir Ratschläge, also will ich wissen, ob du überhaupt in der Position dafür bist.« Brudhs Facettenkranz funkelte herausfordernd.

»Was fällt dir ein, meine Kompetenzen anzuzweifeln?«

»Dasselbe könnte ich dich fragen. Die ganze Zeit hackst du auf meinen Träumen und meinen Kochkünsten herum, ohne jemals etwas von mir probiert zu haben.«

Uhm Uhmino schnaubte. Eigentlich wollte er etwas entgegnen, doch er musste sich eingestehen, dass der Graue recht hatte. Er entschied sich, professionell zu bleiben – eine weise Entscheidung, denn just in diesem Moment tauchte ein Utare an ihrem Tisch auf.

Erstaunt zog Uhmino die Augenbrauen in die Höhe, als er seinen wohlgekleideten Artgenossen erblickte. »He, dich kenne ich doch! Bist du nicht Yak Yakis?«

»Genau der«, antwortete dieser mit einem routinierten Lächeln und kletterte den freien Utaren-Stuhl hinauf.

»Wolltest du zu uns?«

»Würde ich sonst hier Platz nehmen?«

»Das kann man nie wissen. Ich habe schon viel von dir gehört.«

»Ich hoffe, nur Gutes.«

»Was willst du von uns? Warum treffen wir uns ausgerechnet in der ›Fülligen Utarin‹?«

»Ich bevorzuge neutrale Orte.«

»Das klingt irgendwie verdächtig.«

Yakis lachte trocken auf.

»Du erwartest doch hoffentlich nicht von uns, jemanden umzulegen, oder?«, fragte Uhmino.

»Allmählich gewinne ich den Eindruck, mich in einem Kreuzverhör zu befinden«, entgegnete Yakis. »Das gefällt mir nicht. Wollt ihr nun einen Job oder nicht?«

Der Lagerhallenbesitzer wollte gerade etwas antworten, da übernahm Mraoc: »Sag uns doch erst einmal, worum es überhaupt geht!«

»Ich will, dass ihr eine Fracht vom Raumhafen für mich abholt und sicher verwahrt, bis ich mich wieder bei euch melde.«

»Mehr nicht? Warum erledigst du das nicht selbst?«

»Weil ich anderweitig involviert bin und keine Zeit dafür habe. Natürlich entlohne ich euch großzügig mit zweitausendvierhundert Credits.«

Neun Münder standen offen. Uhmino schaute zu seinen beiden Begleitern, die nicht minder verblüfft schienen als er selbst.

Brudh fand als Erster seine Sprache wieder. »Wo ist der Haken?«

Yak Yakis beugte sich vor und blickte verschwörerisch in die Runde. »Die Fracht hat zwei Beine und kann ziemlich schnell laufen. Höchstwahrscheinlich wird sie euch nicht freiwillig folgen.«

»Du sprichst von einer Entführung«, schlussfolgerte Mraoc. »Das liegt normalerweise nicht in unserem Aufgabenbereich.«

»Papperlapapp!«, wiegelte Uhm Uhmino rasch ab. »Wir erledigen das. Allerdings bestehen wir auf einer Anzahlung.«

Kurzerhand zog Yakis drei Chips hervor, auf denen jeweils einhundert Credits gespeichert waren, und schob sie den angehenden Entführern hin. »Das sollte fürs Erste genügen. Und noch etwas: Falls irgendjemand unangemeldet aufkreuzt, solltet ihr am besten zuerst schießen.«

»Was verschweigst du uns?«

»Nichts«, behauptete Yakis mit aufgesetzter Unschuldsmiene.

»Wieso sollen wir zuerst schießen? Wer wird uns einen Besuch abstatten?«

»Keine Ahnung. Es ist nur ein gut gemeinter Ratschlag an euch, da dies hier euren ersten Auftrag dieser Art darstellt.«

»Vielleicht kennen wir uns aber auch bestens damit aus«, konterte Uhmino lauernd.

»Nein, tut ihr nicht. Ich habe natürlich vorher Erkundigungen über euch eingezogen.«

»Weshalb kommst du ausgerechnet auf uns zu? Es gibt doch gewiss geeignetere Kandidaten.«

»Du besitzt eine Lagerhalle, die sich bestens für meine Bedürfnisse eignet.«

»Was machen wir, falls wir diesen Jemand versehentlich töten?«

»In dem Fall wickelt ihr ihn in Folie und kontaktiert mich. Die Entsorgung übernehme ich.«

Uhmino schluckte. Ihm missfiel, wie pietätlos dieser Yakis über Tote sprach – nicht, weil ihn allgemein die Würde eines Fremden scherte, sondern weil er möglicherweise für das Ableben desselben verantwortlich sein würde. Gewissermaßen verband ihn das auf moralischer Ebene mit dem Toten. Er hatte noch nie jemanden getötet und wollte daran in nächster Zeit auch nichts ändern.

»Falls derjenige jedoch überlebt«, fuhr Yakis fort, »bewahrt ihn sicher auf, was jedoch keinerlei Priorität hat.«

»Du meinst, wir könnten denjenigen oder diejenigen genauso gut wieder laufen lassen?«, hakte Mraoc ungläubig nach.

»Im Gegenteil. Ihr behaltet sie im Gebäude, egal ob tot oder lebendig.«

»Dreitausend Credits scheinen mir zu wenig Geld für diesen Aufwand zu sein«, wandte Brudh ein, wofür er einen warnenden Blick von Uhmino kassierte.

Yakis lächelte milde. »Du meinst wohl zweitausendvierhundert. Glaube mir, das ist eine Menge. Wie ich hörte, verdient ihr nur einen Bruchteil dessen pro Auftrag – wobei ich nicht weiß, wer du eigentlich bist.«

»Das ist mein Cousin«, erklärte Mraoc.

»Na dann …«

Von der Aussicht auf eintausendzweihundert Credits beflügelt schlug Uhmino mit der flachen Hand auf den Tisch, um ein Machtwort zu sprechen. »Wir machen es!«

Yakis nickte zufrieden. »Nichts anderes habe ich erwartet.« Er reichte seinem Artgenossen seine Visitenkarte, auf der – abgesehen von einer Nummer – nichts stand. »Ich melde mich bei euch, sobald die Fracht am Raumhafen eintrifft.« Mit diesen Worten sprang er von seinem Stuhl und verließ das Lokal.

Uhmino sah ihm mit gemischten Gefühlen nach, dann wandte er sich an die beiden Rateken, die ihn erwartungsvoll anblickten. »Geld ist Geld«, erklärte er knapp.

»Hoffentlich handelt es sich bei der Fracht nicht um Rateken«, äußerte Brudh seine Bedenken. »Das könnte unangenehm werden. Wieso gebt ihr euch mit so wenig Geld zufrieden?«

»Was heißt hier wenig? Wir müssen uns zuerst beweisen, bevor wir mehr verlangen können.« Uhmino steckte die Visitenkarte ein, kletterte vom Stuhl und klopfte sich die Taschen nach dem Einhundert-Credit-Chip ab. Als er ihn fand, lächelte er innerlich. Nachdem mich in den letzten Monaten regelrecht das Pech verfolgt hat, könnte es jetzt endlich wieder bergauf gehen, dachte er. Tausendzweihundert sind ein guter Anfang.

*

Gleich am nächsten Morgen fuhren Uhmino, Mraoc und Brudh in den Baumarkt, wo sie Werkzeug, einen Satz Riegel sowie eine robuste Stahltür kauften. Zurück in der Lagerhalle funktionierten sie einen der fensterlosen Räume in eine karge Gefängniszelle um. Gegen Mittag war die Arbeit erledigt, wobei die drei angehenden Entführer das Gefühl nicht loswurden, dass irgendetwas fehlte.

»Was machen wir eigentlich, falls unser ›Paket‹ aufs Klo muss?«, warf Brudh in die Runde.

Uhmino schürzte die Lippen. »Gute Frage. Wir könnten eine Schüssel hinstellen.«

»Also ich entsorge das Zeug nicht«, stellte Mraoc klar.

»Jetzt stelle dich nicht so an! Jeder von uns hat seinen Teil zu erfüllen.«

»Können wir nicht einfach eine kleine Nasszelle bauen? Da drüben befindet sich offenbar ein Wasseranschluss.« Mraoc deutete mit seiner Pranke zur Wand links neben dem Eingang. »Funktioniert er noch?«

»Keine Ahnung. Es spielt auch keine Rolle, weil das viel zu teuer wäre. Wir wollen hier kein Hotel eröffnen.«

»Wir wissen nicht, wie lange wir das ›Paket‹ hier lagern müssen. Willst du wirklich jeden Tag putzen? Davon abgesehen könnten wir die Zelle in Zukunft öfter nutzen. Insofern zahlt sich die Investition über kurz oder lang aus.«

Nachdenklich rieb sich Uhmino das Kinn und stimmte schließlich zu. Mit seinen Komplizen einigte er sich zusätzlich auf ein Bett sowie einen Holofernseher, der den Gefangenen beschäftigen sollte, damit dieser nicht auf dumme Gedanken kam. Allerdings behagte dem Utaren nicht, das Geld vorstrecken zu müssen, denn die dreihundert Credits Anzahlung reichten nicht für den Umbau sowie die Neueinrichtung aus.

*

Einige Tage später – Uhmino, Mraoc und Brudh saßen schon auf glühenden Kohlen – kam endlich der ersehnte Anruf von Yak Yakis. Sofort machten sich die drei mit Uhminos Schweber zum Raumhafen auf, wo alles wie am Schnürchen lief.

Der Utare steckte den ratekischen Zollbeamten jeweils einen Credit-Chip zu, schon erhielt er die »Ware«, die sich als hochgewachsene Tel-Frau entpuppte. Sie ließ sich ohne Gegenwehr abführen, sodass sie rund drei Stunden danach bereits in der vorbereiteten Zelle saß.

Zur Feier des Tages kochte Brudh etwas Leckeres in der bescheidenen Küche im Verwaltungstrakt der Lagerhalle und tischte ein regelrechtes Festmahl auf. Selbst Uhmino hielt sich entgegen seiner Natur nicht mit Lob zurück, auch wenn die Speisen für seinen utarischen Geschmack würziger hätten sein dürfen. Zu Brudhs Leidwesen kippte er den Inhalt mehrerer Schüsseln zusammen. Doch der Groll des Kochs verflog im Nu, als der Blaue beim Probieren genussvoll die Augen schloss und stöhnte: »Köstlich.«

»Kann ich der Tel auch etwas bringen?«, fragte Brudh, der bereits ein Tablett mit einer Speisenauswahl vorbereitet hatte und aussah, als würde er kein Nein dulden. Also stimmte Uhmino zu.

Kaum war Brudh außer Hörweite, raunte Mraoc zu seinem blauen Sitznachbarn: »Bereust du immer noch, dass ich ihn mit ins Boot geholt habe?«

Dieser zuckte mit den Schultern. »Es kommt ganz darauf an, wie er sich bewährt, sollte tatsächlich ein unangekündigter Besucher auftauchen.«

»Was mag die Tel wohl angestellt haben?«

»Keine Fragen zu stellen erhöht unseren Marktwert.«

»Darf ich nicht trotzdem neugierig sein?«

»Wahrscheinlich will Yakis irgendjemanden erpressen, ihren Ehemann oder so.«

»Hoffentlich dauert das nicht zu lange. Du weißt ja, wie unsere Ordnungshüter auf Entführungen reagieren. Falls wir erwischt werden, wandern wir für lange Zeit in den Bau.«

»Witzig, dass dir ausgerechnet jetzt Bedenken kommen«, merkte Uhmino an.

»Ich meine ja nur …«