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Das Verhältnis des gläubigen Menschen zu Gott wird geprägt von einem personifizierten Gottesbild. Gott wird nicht als ein Wesen nicht von dieser Welt, sondern als Person mit menschlichen Eigenschaften verstanden, mit dem man reden, den man verehren, um etwas bitten oder um Rat fragen kann. Der Autor versucht, die Frage zu beantworten, ob es nach den heutigen Erkenntnissen einen Gott mit menschlichen Eigenschaften geben kann. Oder ist das Wesen, nicht von dieser Welt, keine Person, sondern mit dem uns zur Verfügung stehenden Wortschatz ein "Nichts"?
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Seitenzahl: 82
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Der Lückenbüßer
Warum es den personifizierten Größten nicht geben kann
2. verbesserte Auflage
Günter Lützenkirchen
Impressum
Texte: © 2022 Copyright by Günter Lützenkirchen
Umschlag: © 2022 Copyright by Jakob Lützenkirchen
Verantwortlich für den Inhalt:
Günter Lü[email protected]
Druck:epubli, Neopubli GmbH, Berlin
Vorbemerkung des Autors zur 2. Auflage
Die Reaktionen auf die erst Auflage waren überwiegend sehr positiv (s. Rezensionen auf amazon.de und hugendubel.de). Aber es gab auch Missverständnisse, vor allem bei gläubigen Lesern, und Ergänzungsbedarf bei kritischen Lesern.
„Du gehst von vorneherein davon aus, dass es Gott nicht gibt, und versuchst das zu beweisen. Irgendetwas Übermenschliches lässt du nicht zu“ waren noch die harmlosen Missverständnisse.
In der ersten Auflage habe ich Gott als Wesen, nicht von dieser Welt, bezeichnet. Etwas Übermenschliches habe ich also zugelassen. Ob es dieses Wesen, nicht von dieser Welt, gibt oder nicht, lässt sich nicht beweisen. Das liegt in der Natur der Sache. Was nicht mit menschlichen Maßstäben gemessen werden kann, ist für menschliche Beweisführung ungeeignet.
Eine personifizierte Gottesgestalt mit den Eigenschaften, die uns die Religionsgemeinschaften vorgeben, kann aber sehr wohl Objekt menschlicher Beweisführung sein. Und nur dieses personifizierte Gottesbild war Thema in der ersten Auflage.
Für den kritischen Leser habe ich versucht, durch klärende Ergänzungen Unklarheiten zu beseitigen.
Günter Lützenkirchen im August 2022
Inhalt
Statt eines Vorworts1. Der alte Mann mit dem grauen Bart2. Das religiöse Bedürfnis3. Was glauben wir zu wissen3.1 Physik und Mathematik3.2 Biologie und Psychologie4. Das Individuum und die Individuen-Gruppen5. Die Religionsgemeinschaften5.1 Der Glaubensinhalt5.2 Die Bibel6. Der Gottesbeweis6.1 Der strenge Beweis6.2 Der indirekte Beweis6.3 Der aposteriorische Beweis6.4 Der moralische Beweis des I. Kant6.5 Die wirkliche Gewissheit als Beweis7. Ein Zwischenergebnis8. Die Rolle der Kirche9. Der Gläubige9.1 Der gefährliche Naive9.2 Der brave Naive9.3 Der ängstliche Naive9.4 Der gleichgültige Naive9.5 Der dogmatische Gläubige9.6 Der gute Gläubige10. Der Ungläubige, der Heide11. Gott der Allmächtige?11.1 Gott, Schöpfer des Universums?11.2 Gott, Schöpfer des Lebens?11.3 Gott, Schöpfer unserer Wertvorgaben?12. Gott, der übernatürliche Ansprechpartner?12.1 Persönliche Erlebnisse mit Gott12.2 Die Wunderheilung13. Ein Fazit14. Ein Leben ohne personifizierten Gott15. Ein versöhnliches SchlusswortLiteraturverzeichnis
Statt eines Vorworts
Xenophanes von Kolophon (ca. 570-ca. 470 v. Chr.):
„Wenn die Pferde Götter hätten, sähen sie wie Pferde aus.“
Epikur (341-271 v. Chr.):
„Entweder will Gott die Übel beseitigen und kann es nicht:dann ist Gott schwach, was auf ihn nicht zutrifft, oder er kann es und will es nicht: dann ist Gott missgünstig, was ihm fremd ist, oder er will es nicht und kann es nicht: dann ist er schwach und missgünstig zugleich, also nicht Gott, oder er will es und kann es, was allein für Gott ziemt: Woher kommen dann die Übel und warum nimmt er sie nicht hinweg?“
Lukrez (98-55 v. Chr.):
„Von nichts kommt nichts“
Blaise Pascal (1623-1662):
„Wenn wir an Gott glauben und es gibt ihn, kommen wir in den Himmel. Wenn es ihn aber nicht gibt, ist es egal. Wenn wir nicht an Gott glauben und es gibt ihn, erleiden wir ewige Verdammnis. Wenn es ihn aber nicht gibt, ist es wieder egal. Also besser, wir glauben an Gott.“
Gottlieb Konrad Pfeffel (1736-1809): Die Schöpfer (1804)
Nach seinem Bild schuf Gottes KraftDen Menschen. Jetzt vergiltDer Mensch die Arbeit ihm; er schafftSich Gott nach seinem Bild.
Ludwig Robert (1779-1832): Der Glaube
Zu dem Adler sprach die Taube:„Wo das Denken aufhört, da beginnt der Glaube.“„Recht,“ sprach jener, „mit dem Unterschied jedoch,wo du glaubst, da denk‘ ich noch!“
Arthur Schopenhauer (1788-1860): Gebet eines Skeptikers
Gott, – wenn Du bist, – errette aus dem GrabeMeine Seele, – wenn ich eine habe.
Justus Frey (1799-1878)
Weil Adam den Biss in den Apfel getan,muss das Weib gebären mit Schmerz und mit Mühe;doch mit Schmerzen gebären ja auch die Kühe:was geht denn diese der Adam an?
Franz Grillparzer (1791-1872):
Proselytismus (1852)
Warum zu ihrem GlaubenSie gern Genossen nehmen?Vielleicht, um in der MengeSich weniger zu schämen.
Glaube (1856)
Der Ungläubige glaubt mehr als er meint,Der Gläub’ge weniger als ihm scheint.
Adolf Glaßbrenner (1810-1876): Konfetti
Der Mensch schuf Gott zu seinem Ebenbilde, und die Pfaffen machten aus dem wahren Gott einen … Pfaffen.
Ludwig Andreas Feuerbach (1804-1872):
„Gott ist eine leere Tafel, auf der nichts weiter steht, als was du selbst Darauf geschrieben.“
Heinrich Leuthold (1827-1879): Unsterblichkeit
Die größte Unbescheidenheitist der Anspruch auf Unsterblichkeit,die Zumutung an die Natur,diese dürftige Menschenkreaturselbst in den misslungensten Exemplarenfür ewige Zeiten aufzubewahren.
Ludwig Anzengruber (1839-1889): Gott
Und ließ’st du mich noch glücklich sein,Ich müsst dich dennoch fragen:Was lässt du andre so schwere PeinDas lange Leben tragen?
Ein Jude in einem Fernsehinterview (1990):
„Der Gott, der Auschwitz zugelassen hat, kann nur unmoralisch sein oder gar nicht existieren.“
Manfred Lütz
(„Gott: Eine kleine Geschichte des Größten“ 2007)1:
„Gott sei Dank, Gott existiert nicht. Wenn aber, was Gott verhüten möge, Gott doch existiert?“
„Nichts ist schlimmer als schlampiger Atheismus und frömmelnder Glaube.“
Al Pacino:
„Ich habe Gott um ein Fahrrad gebeten, aber ich weiß, dass Gott so nicht funktioniert. Also stahl ich mir ein Fahrrad und bat Gott um Vergebung.“
Kapitel 1
Der alte Mann mit dem grauen Bart
Der alte Mann mit dem langen grauen Bart sitzt da oben im Himmel, beobachtet uns und lenkt uns. Manchmal lenkt er uns in die nach unserer subjektiven Meinung falsche Richtung. Oder hat er gar nicht gelenkt? Vielleicht hat er ein Mittagsschläfchen gehalten und hier unten läuft inzwischen alles aus dem Ruder. Dann jammern wir immer: „Wie konnte er das nur zulassen.“
So oder so ähnlich könnte man sich den lieben Gott vorstellen, – wenn man naiv genug ist. Viele Gläubige, die sich den lieben Gott so vorstellen, sind aber in ihrem täglichen Leben, im Beruf, in der Freizeit, in der Familie, mit Freunden eigentlich gar nicht naiv. Warum glauben sie dennoch an eine personifizierte Gottesgestalt mit menschlichen Eigenschaften?
Kapitel 2
Das religiöse Bedürfnis
Das Leben ist voller Fragen:
Wo kommen wir her? Wo geht es hin? Wer oder was hat die Welt geschaffen? Wer oder was ist außer uns selbst dafür verantwortlich, was täglich geschieht? Gibt es ein Leben nach dem Tod oder ist dann tiefe tote Nacht? Wer oder was bin ich? Wieso empfinde ich mich als Person und grenze mich von den anderen Personen ab? Gibt es eine unsterbliche Seele?
Bei so viel Fragen und so wenig Antworten ist die Verzweiflung nicht fern und mancher fragt sich:
„Warum soll ich mich kaputt schuften, wenn mit dem Tod doch alles zu Ende ist?“ „Warum geschehen diese furchtbaren Dinge ausgerechnet mir?“
Die weniger Verzweifelten meinen:
„Es kann doch nicht sein, dass die Welt und alles Leben ohne Sinn aus dem Nichts entstanden sind und am Ende im Nichts untergehen.“
Das Bedürfnis, auf die vielen Fragen eine Antwort und im Übernatürlichen einen Sinn für das Leben zu finden, ist verständlich und dieses Bedürfnis hat jeder, ob gläubiger Mensch oder Atheist.
Das vom Vatikan in Auftrag gegebene Handbuch der Unterweisung in den Grundfragen des römisch-katholischen Glaubens, Katechismus der katholischen Kirche (KKK, im Original: Catechismus Catholicae Ecclesiae in der Fassung von 1997) hat das auch erkannt und meint:
Das Verlangen nach Gott ist dem Menschen ins Herz geschrieben, denn der Mensch ist von Gott und für Gott erschaffen. Gott hört nie auf, ihnan sich zu ziehen. Nur in Gott wird der Mensch die Wahrheit und das Glück finden, wonach er unablässig sucht.(Erster Teil, Erster Abschnitt, Erstes Kapitel, I 27)
Und weiter:
Die Katechese über die Schöpfung ist entscheidend wichtig. Sie betrifft ja die Grundlagen des menschlichen und des christlichen Lebens, denn sie formuliert die Antwort des christlichen Glaubens auf die Grundfragen, die sich die Menschen aller Zeiten gestellt haben: „Woher kommen wir?", „wohin gehen wir?", „woher stammen wir?", „wozu sind wir da?", „woher kommt alles, was da ist, und wohin ist es unterwegs?" Die beiden Fragen, die nach dem Ursprung und die nach dem Ziel, lassen sich nicht voneinander trennen. Sie sind für den Sinn und die Ausrichtung unseres Lebens und Handelns entscheidend.(Erster Teil, Erster Abschnitt, Drittes Kapitel, Artikel 1, Absatz 4, I 282)
Die Frage nach den Ursprüngen der Welt und des Menschen ist Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Forschungen, die unsere Kenntnis über das Alter und die Ausmaße des Universums, über das Werden der Lebensformen und das Auftreten des Menschen unerhört bereichert haben. Diese Entdeckungen sollten uns anregen, erst recht die Größe des Schöpfers zu bewundern, ihm für all seine Werke und für die Einsicht und Weisheit zu danken, die er den Gelehrten und Forschern gibt.(Erster Teil, Erster Abschnitt, Drittes Kapitel, Artikel 1, Absatz 4, I 283)
Wir können im Katechismus weiterlesen, eine befriedigende Antwort außer den Hinweis auf den Glauben an Gott den Allmächtigen finden wir nicht.
Ich nenne das Bedürfnis, eine Antwort zu finden, schlicht das religiöse Bedürfnis, religiös nicht auf eine konkrete Religion bezogen, sondern als individuelles Verlangen nach einer transzendenten Wirklichkeit.
Kapitel 3
Was glauben wir zu wissen
Rätsel über Rätsel, für die uns bisher kein Wissenschaftler eine abschließende Lösung geben konnte.
3.1 Physik und Mathematik