Der Mönchsberg - Wolf Rebelow - E-Book

Der Mönchsberg E-Book

Wolf Rebelow

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Beschreibung

Mit "Der Mönchsberg" findet die Geschichte um die Schreiberhütte im Greunertal ihre Fortsetzung. Diesmal steht der Junge der Kornbauernfamlie "Hansi" im Vordergrund. Er besucht inzwischen die Hauptschule in Immenburg und hilft auf dem Bauernhof seines Vaters, den er später einmal übernehmen soll. In seiner knappen Freizeit schreibt er gern Gedichte, zunächst nur für sich. Doch dann wird man auf ihn aufmerksam und der Vater fürchtet, ihn als Nachfolger zu verlieren. Der Schreibertoni vom Ende des Tales hilft, den Konflikt zu lösen. Auf abenteuerliche Art und Weise führt er den Jungen in den Kreis der Poeten ein. Spannung ist garantiert, denn es geht auch um mystische Erscheinungen auf dem geheimnisvollen Mönchsberg. Eine kurze Einführung auf den ersten Seiten ermöglicht auch dem Leser, der "Die Schreiberhütte im Greunertal" nicht gelesen hat, den Anschluss zu finden.

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Wolf Rebelow

Der Mönchsberg

eine mystische Jugendgeschichte

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

I Prolog

 

Die folgende Begebenheit ereignete sich vor mehr als hundert Jahren im "Greunertal". Das kleine Seitental zweigte etwa in der Mitte des großen Immentals, dass das ganze Alpenland von West nach Ost durchschnitt, nach Süden ab. Es schlängelte sich, stetig ansteigend, etwa drei Fußstunden durch die Berge. Benannt wurde es nach dem höchsten Berg der Region, der "Greunerspitze".

 

Am Eingang zum Greunertal stand früher schon das kleine Bauerndorf "Greuns". Man musste eine halbe Stunde weit in das damals noch unwirtliche Tal hineingehen, um die kleine Pilgerkirche "Kaltenbrunn" am Hang des "Immenberges" zu erreichen. Eine Stunde weiter stieß man dann auf den einsam gelegenen "Kornbauernhof". Zur Kornbauerfamilie gehörten die Eltern Josef und Anna, die Kinder Hanna und Hansi sowie die Großeltern Alois und Emma, ferner zwei Kühe, zwei Schweine, zwei Ziegen, das Pferd Wotan, der Schäferhund Eiko, die Katze Veronika, neun Hühner sowie ein Hahn, der ein fürchterlicher Schreihals war. Weiterhin besaßen die Leute einen Garten hinter dem Haus. Dahinter befanden sich ein paar Nutzflächen, d. h. Weiden, auch Felder für Korn, Kartoffeln und Rüben.

 

Ganz hinten am Ende des Greunertals lag der Greunersee. Er wurde durch einen herabstürzenden Wasserfall gespeist, floss dann als Greunerbach durch das Greunertal und mündete bei Greuns in die "Imme". Dort hinten, umringt von hohen Bergen, wohnte der Schriftsteller Toni Schreiber völlig einsam in einer kleinen Hütte. Er galt als komischer Kauz, der sich nur selten im Tal blicken ließ. Alle zwei Wochen wanderte er ganz früh am Tage in seiner braunen Kutte mit einem verschlissenen Rucksack nach "Immenburg" und kam erst abends wieder zurück. Später erfuhr man, dass er seine fertigen Manuskripte in der Immenburger Druckerei abgab. Immenburg war schon eine richtige Stadt mit einem Rathaus, einem Marktplatz, mit Handwerkern, Geschäften, einer Kirche, einer Schule, zwei Polizisten, dem Buchladen der Frau Lesemann und eben dieser Druckerei, der ein gewisser Herr Johann Büchner vorstand. Der Schreibertoni bekam von diesem Herrn sofort den Lohn bar auf die Hand, kaufte noch davon etwas ein und machte sich dann ohne Umschweife wieder auf den weiten Rückweg in seine Hütte am Ende des Tales. Nur ab und zu schaute er bei den Kornbauers vorbei, um ein paar Eier oder etwas Wurst oder Fleisch mitzunehmen. Was er sonst noch für sein bescheidenes Leben brauchte, wuchs in seinem kleinen Garten hinter dem Haus. Er brauchte seine Ruhe und erklärte einmal den Kornbauers: "Ein Schriftsteller kann sich nur in völliger Abgeschiedenheit und Stille verwirklichen." Die Kinder Hansi und Hanna, die er ins Herz geschlossen hatte, hatte er zu Weihnachten einmal ein Märchenbuch geschenkt, als es in Immenburg keine mehr gab. Aber das lag nun schon mehrere Jahre zurück.

 

Mit dem Sohn der Kornbauers, dem Hansi, verband ihn etwas ganz Besonderes. Toni erfuhr nämlich eines Tages von dem Jungen, dass er sich schon länger mit dem Gedanken beschäftigte, auch einmal etwas zu schreiben. Zuerst war es nur so ein Gedanke, der wohl durch das damalige Weihnachtsgeschenk ausgelöst wurde. Später las Hansi viele Gedichte in einem alten Buch, das ihm die Oma einmal zusteckte. Er versuchte daraufhin, selbst Gedichte zu verfassen. Auch in der Schule zeigte er Interesse am Deutschunterricht und an der Literatur. Gedichte lernte er leicht auswendig. Er trug sie stimmungsvoll vor. Der Lehrer wurde aufmerksam. Er nahm sich vor, das Interesse des Jungen zu verfolgen und ihn zu unterstützen. Hansi verriet ihm auch, dass er schon ein paar Verse in einem Kästchen unter dem Bett aufbewahrte. Der Lehrer bat ihn, ihm ein paar Gedichte mitzubringen.

 

Als der Schreibertoni wieder einmal bei den Kornbauers anklopfte, erzählte er dem Jungen, dass er von seinem Schreibtisch aus des Öfteren zum Gipfel des Mönchsberges hochschauen würde, weil von diesem aus eine geheimnisvolle und inspirierende Kraft ausginge. Hansi horchte auf und als der Toni wieder auf dem Heimweg war, sah er den Berg von der Haustür aus, spürte jedoch nichts. Er fand aber die Lebensart vom Schreibertoni interessant, seine Schriftstellerei, wie auch die eigenartige Sache mit dem Mönchsberg. Hansi nahm sich vor, bei passender Gelegenheit mit Toni noch einmal darüber zu sprechen. Er wollte unbedingt hinter das Geheimnis des Mönchsberges kommen.

 

II Die Feierstunde

 

Der letzte Schultag vor den Sommerferien war herangekommen. An diesem Tage wurden traditionell nur noch die Zeugnisse in feierlicher Form übergeben. Obwohl das Ereignis erst um 10 Uhr stattfand, mussten die Kinder der Kornbauers, wie auch die anderen Familienangehörigen, wie immer um fünf Uhr aufstehen. Aus dem Stall kamen schon ein erstes Poltern und Scharren. Der Hahn hatte schon mehrfach gekräht, die zwei Kühe wurden unruhig. Sie steckten auch die anderen Tiere damit an. Auf dem Bauernhof erwachte das Leben. Eine knappe halbe Stunde hatte jeder mit sich selbst zu tun. Danach ging es an die Arbeit. Die Kühe mussten gemolken und das Gras gemäht werden. In der Küche wurde das erste Frühstück, die Fettsoppen, vorbereitet. Dazu übergoss die Oma altes Weißbrot oder "Knabbeln" mit heißem Wasser, schüttete es nach dem Durchweichen wieder ab, ließ Butter, Schmalz oder manchmal auch Speck mit gebratenen Zwiebeln in einem Topf aus, kochte darin die durchweichte Masse ab und salzte zum Schluss alles noch etwas. Hanna schmeckte diese Fettsoppen nicht besonders. Sie bekam dafür Weißbrot mit warmer Milch. Aber ehe man sich gegen sechs Uhr dreißig am Frühstückstisch traf, mussten auch noch die zwei Ziegen, das Pferd Wotan, die zwei Schweine, die Hühner, der Hund Eiko und die Katze Veronika versorgt werden. Nach dem ersten Frühstück begann für den Vater und den Opa die Feldarbeit. Die Oma gab ihnen das zweite Frühstück mit. Dann fand sie, wie auch die anderen, etwas Zeit, um sich für die Abschlussfeier in der Schule zurecht zu machen.

 

Dreißig Minuten vor Beginn der Feierstunde herrschte schon ein reger Betrieb in der Aula der Hauptschule von Immenburg. Der Direktor legte großen Wert darauf, dass in seiner Lehranstalt der Abschluss eines Schuljahres mit einer gemeinsamen Veranstaltung aller Klassen gewürdigt wurde. Der Saal füllte sich langsam. Der Schulchor nahm auf der Bühne Aufstellung. Man hatte auch die Eltern zur Zeugnisübergabe eingeladen. Einige waren schon zeitig gekommen, um die besten Plätze zu ergattern. Dann endlich war es so weit. Der Direktor begrüßte zunächst die Anwesenden. Dann begann er mit seinen ausschweifenden Ausführungen, lobte den Fleiß der besten Schüler sowie die gute Arbeit des Lehrkörpers. Das Letztere dauerte etwas länger, sodass die ersten Zuhörer langsam unruhig wurden. Als der Direktor mit seiner Rede am Ende war, klatschte man höflich. Dann begann das bunte Programm. Der Schulchor sang Volkslieder aus der Sammlung "Echte Tiroler Lieder" von Franz Friedrich Kohl, wie "Das Wurzengraberlied", "Die Pechersbuab'n" und "Im Tirolerlandl ist das Zillertal". Beim Lied "Bin a frisch' Schweizermadl" durften die Buab'n pausieren, denn der Schulchor war ein gemischter. Hansi Kornbauer saß nervös auf einem Stuhl in der ersten Reihe im Saal, hielt ein beschriebenes Blatt in seinen feuchten Händen und folgte ungeduldig dem Geschehen auf der Bühne. Er saß da vorn, weil er ein Gedicht vortragen sollte, sein erstes vor so vielen Leuten. Er hatte das Gedicht zu Hause immer wieder geübt, auch mehrfach noch einige Veränderungen im Text vorgenommen. Im Saal saßen seine Mutter und seine Oma. Sie waren mit dem Leiterwagen gekommen. Der Vater sowie der Großvater hatten auf dem Hof zu tun. Sie konnten deswegen nicht teilnehmen. Irgendwo im Saal saß auch seine Schwester Hanna inmitten der anderen Kinder ihrer Klasse. Der Chor hatte den ersten Teil des Repertoires geschafft. Der Musiklehrer drehte sich herum. Er verbeugte sich devot. Im aufbrandenden Beifall gab er Hansi das Zeichen für seinen Auftritt. Nun war es so weit. Der Junge stand etwas zittrig auf. Er ging auf die kleine Holztreppe vor der Bühne zu. 'Jetzt nur nicht stolpern', dachte er sich. Er wurde plötzlich ganz ruhig. Der Musiklehrer trat etwas zur Seite, im Saal verebbte der Beifall. Gespannte Stille herrschte auf einmal. Hansi blickte in die Masse der Köpfe, ohne jemanden zu erkennen. Er sah auch nicht sofort den Fotografen am Rande der Bühne, sah nicht, wie dieser Fotos von ihm machte, wie er mit der Blitzlampe umherfuchtelte. Dann begann er langsam, jedoch mit fester Stimme seinen Vortrag:

 

"Frühling im Greunertal

 

Ich wandere im Greunertal bis hin zum Greunersee. Die Bäume rings sind meist noch kahl, auf Gipfeln liegt noch Schnee.

 

Ein lauer Wind streicht durch mein Haar er lässt es mich erahnen, der Frühling ist zum Greifen nah, kommt bald mit bunten Fahnen.

 

Die Sonne schickt ein Seidentuch, es schwebt ganz sacht hernieder, erfüllt der Menschen Bittgesuch, vernimmt die Dankeslieder.

 

Es breitet sich am Boden aus, als Teppich, blumenreich, lockt die Menschen aus dem Haus, den Frohsinn auch zugleich.

 

Auch der Berge Pudelmützen, verlieren ihren Sinn, sie fließen durch die Felsenritzen, zum Greunerbache hin.

 

Der kann das Eis auch nicht mehr hüten und lässt es abwärts zieh'n, tränkt die vielen Frühlingsblüten, die schon am Ufer steh'n.

 

Ein Vogelpaar baut sich ein Nest, sie wollen Hochzeit machen später dort im Baumgeäst die Jungen gut bewachen.

 

Der Frühling ist die schönste Zeit, sie weckt in uns Empfinden, mit Freude und mit Sinnlichkeit den Übermut zu zünden.

 

Ich fühl' mich wie ein junges Fohlen, das auf der Wiese springt, und jede neue Frühlingsblume vor Freude wild umringt."

 

Das Poem war zu Ende. Hansi ließ das Blatt langsam sinken. Er verbeugte sich etwas linkisch aber doch erleichtert. Sein Vortrag war ihm fehlerfrei gelungen. Der Beifall setzte erst langsam ein, wurde dann aber stärker und hielt auch lange an. Anerkennende Zwischenrufe erschallten. Der Fotograf versuchte, die Stimmung im Saal zu erfassen. Er richtete seinen Apparat auf die begeisterten Gesichter. Mehrmals blitzte es aus seiner Lampe. Hansi stieg mit hochrotem Kopf die knarrenden Holzstufen zum Saal hinunter, um sich wieder auf seinen Platz in der ersten Reihe zu setzen. Der Chor brachte noch zwei Lieder, dann wurde die Veranstaltung durch den Direktor beendet. Die Sommerferien konnten beginnen. Die Kinder freuten sich darauf, obwohl sie auch in dieser Zeit auf den Höfen und Feldern mit zupacken mussten.