Der Mond und die geheimnisvolle Frau - Klaudia Dietrich - E-Book

Der Mond und die geheimnisvolle Frau E-Book

Klaudia Dietrich

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Beschreibung

Über die Macht der Liebe, die über den Tod hinaus lebendig bleibt. Eine Flucht vor der Liebe: Ein Paar trennt sich, weil es glaubt, seine Liebe sei erloschen. Drei Mädchen, drei Geheimnisse und eine innige Freundschaft. Eine Reise in eine unbekannte Zukunft, unter dem Einfluss eines geheimnisvollen Wesens. Ein mysteriöses Haus im Norden und zwei seltsame alte Damen. Kann unser Leben dem Einfluss eines anderen unterliegen? Tragen wir Erinnerungen an ein früheres Leben in uns? Wenn ja: Können diese Erinnerungen Einfluss auf unser jetziges Leben ausüben?

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Seitenzahl: 95

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Klaudia Dietrich

DER MOND UND DIE GEHEIMNISVOLLE FRAU

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2016

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Trennung und Flucht

Reise nach Norden

Unbekannte Zukunft

Die geheimnisvolle Frau

Die Ledermappe

Die Kraft der Liebe

Epilog

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Titelbild: Cute woman over full moon background

© konradbak (Fotolia)

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016

www.engelsdorfer-verlag.de

Trennung und Flucht

Fünf Minuten vor Abfahrt erreichte ich den Zug nach Norden in Ostfriesland und hatte zu meiner Freude ein Abteil für mich alleine. Denn mir erging es wie schon vielen anderen Menschen auf dieser Welt: Mein langjähriger Partner hatte sich von mir getrennt. Der Schmerz war unerträglich und das, was ich sah, war nur Dunkelheit. Obwohl es sehr wehtat, musste ich immer wieder an ihn denken. Bilder der Erinnerung wurden lebendig. Alexander, die große Liebe meines Lebens. Die Trennung von ihm hatte nicht nur ein Gefühl der Leere und Traurigkeit in mir hinterlassen, sondern auch Fragen: Wie kann eine so tiefe Liebe enden? War ich doch überzeugt, die Liebe fürs Leben gefunden zu haben. Kann eine so tiefe Liebe von jetzt auf gleich enden? Oder waren wir mit einem Fluch der Blindheit belegt, unfähig zu sehen, wie unsere Liebe im Nichts verschwand? Was war nur passiert? All das quälte mich unaufhörlich.

Gegen meine unerträglichen Kopfschmerzen nahm ich eine Tablette, um mir Linderung zu verschaffen. Nach einer Weile ließen meine Kopfschmerzen nach und ich lehnte mich zurück, um ein wenig zu entspannen. Aber ich konnte nicht, ohne es zu wollen, spukte Alexander durch meine Gedanken. Wir hatten doch eine wundervolle Beziehung. Nicht nur, dass wir die gleichen Interessen teilten, wir ergänzten uns in vielen Dingen. Das Schönste aber war: Wir konnten miteinander lachen.

Später sollte ich am eigenen Leib erfahren, dass man nicht immer selbst Einfluss auf sein Leben hat, sondern in dem eines anderen gefangen sein kann. Hilflos und ohne es zu wissen, war ich dem Einfluss jener geheimnisvollen Frau ausgeliefert, die nur ihrem eigenen Weg folgte. Während diese geheimnisumwobene Frau scheinbar alle Antworten auf meine Fragen kannte, fand ich auf nichts eine passende Antwort. Ihr Blick war stets auf Alexander und mich gerichtet, sie folgte uns wie ein Schatten. Wir waren wie Marionetten im Spiel dieser Frau.

Unter ihren wachsamen Augen sowie ihrem Einfluss fuhr ich nichtsahnend in mein neues Leben. Der freundschaftliche Kontakt zu Alexander nach unserer Trennung war trotz aller emotionalen Schwierigkeiten sehr wichtig für mich. Natürlich war ich wütend und die Enttäuschung schlug sich auf meine Seele nieder mit allem Schmerz einer zerbrochenen Liebe. Aber nach einigen Wochen der Niedergeschlagenheit redete ich mir ein, auch meine Liebe zu Alexander wäre erloschen. Ich glaubte, dass es nur die Eitelkeit war, wenn ich an ihn dachte, denn auch meine Liebe war zu einer alltäglichen Gewohnheit geworden. Immerhin waren Alexander und ich neun Jahre ein Paar gewesen, wenn auch ohne Trauschein.

Wie auch immer, vorbei ist vorbei und jetzt saß ich im Zug, der direkt in mein neues Leben, fernab von Alexander, fuhr. Ich war überzeugt, ihn nicht mehr zu lieben. Aber es war nicht wahr! Ich log mir selbst und meinem Umfeld was vor. Ich liebte Alexander wie am ersten Tag. Der Trennungsschmerz zerriss mich innerlich so sehr, dass ich Nacht für Nacht weinte, bis meine Augen brannten und die Müdigkeit mich endlich einschlafen ließ.

Und so war jeder Tag eine unendliche Qual für mich. Ich glaubte, jeden Moment sterben zu müssen. Ich befand mich auf der Flucht vor Alexander und dem Schmerz in ein neues Leben. Ihn täglich zu sehen, zehrte an meiner letzten Kraft, die mir trotz zu wenig Schlaf und Appetitlosigkeit noch geblieben war. Somit musste ich weg von der Liebe meines Lebens, die mich zu zerstören drohte. Eine Flucht, von der niemand etwas ahnte.

Und ohne es zu wissen, half Alexander mir bei dieser Flucht. Denn er hatte mir über seine Immobilienfirma in meinem Namen ein kleines Haus gekauft. Ich hatte das Haus noch nie gesehen, aber da es ungewöhnlich günstig war und somit meinen finanziellen Wünschen entsprach, kaufte ich es blind. Außerdem lag dieses Haus in einer verträumten, fast unberührten Landschaft in der Nähe von Norden, einer Stadt gelegen am Meer in Ostfriesland. Von Alexander erfuhr ich, dass die Besitzer dieses Haus geerbt hatten, aber selbst nicht darin wohnen wollten. Deshalb versuchten sie es zu vermieten. Aber aus unerklärlichen Gründen blieb kein Mieter länger als ein bis zwei Tage in diesem Haus. Völlig entnervt und froh, das Haus endlich loszuwerden, verkauften sie es unter Wert und nahmen sich nicht einmal die Zeit, die alten Möbel auszuräumen. Ich hatte mir überlegt, sollte mir die Einrichtung zusagen, würde ich sie behalten und eine Menge Geld sparen, was in meiner momentanen finanziellen Lage von Vorteil wäre.

Immer wenn ich an Alexander dachte, packte mich ohne Vorwarnung, wie so oft in den letzten Wochen, eine Traurigkeit. Immer wieder sagte mein Verstand, die Trennung von Alexander ist in Ordnung, er hat eine andere. Aber mein Herz glaubte es nicht. Und dann kam er wieder, der Schmerz, der mir das Atmen schwer machte, also stand ich auf und öffnete das Fenster.

Die Dunkelheit der eiskalten Winternacht glitt am Fenster des Zugabteils vorbei. Ab und zu waren ein paar Lichter zu erkennen, aber sonst nur Dunkelheit. Diese Dunkelheit passte zu meiner momentanen seelischen Verfassung, zu dem Scherbenhaufen in meinem Leben.

Ich schloss das Fenster, setzte mich wieder auf meinen Platz und machte die Augen zu. Um mich abzulenken, konzentriere ich mich auf das Geräusch des Zuges, der mich in ein neues Zuhause und neues Leben fahren würde. Wobei ich mir wünsche, dass es ein neues Leben ohne Scherbenhaufen würde, hoffentlich aber mit weitaus mehr Glück.

Ein älteres Pärchen und vier junge Frauen waren mit mir in den Zug eingestiegen, fanden aber Gott sei Dank Sitzplätze in anderen Abteilen. So hatte ich ein Abteil für mich und meine Gedanken, was ich zurzeit dringend brauchte. Was auch immer der Grund war, dass ich versuchte jede Art von Gesellschaft zu meiden, ich suchte die Einsamkeit, denn ich konnte niemanden in meiner Nähe ertragen. Zu groß war der Kummer, den ich versuchte zu verarbeiten.

Wäre ich nicht so sehr mit meinem Schmerz beschäftigt gewesen, hätte ich vielleicht die Anwesenheit meiner geheimnisvollen, nicht sichtbaren Begleiterin gespürt. Jener Frau, welche regen Anteil an meinem Leben nahm, meine Gedanken, Ängste und Tränen kannte. War sie es doch, die mein Leben in diese Bahn gelenkt hatte. Blind und ahnungslos folgte ich dem Weg, auf den sie mich führte. Sie verfolgte ihre eigenen Ziele mit großer Energie. Nun, wie sich später herausstellen würde, hatte sie nicht nur an meinem Leben großes Interesse.

Die Erinnerung peinigte meine Seele und ich weinte. Mein inneres Ich stimmte meiner Entscheidung zu und ich fühlte mich sehr wohl, wenn nicht sogar in einer gewissen Weise befreit. Und doch waren Zweifel sowie Unsicherheit geblieben, meldeten sich hin und wieder zu Wort und redeten meinem Gewissen ein, falsch gehandelt zu haben. Meine Gedanken, meine Gefühle sprangen hin und her und ich war nicht in der Verfassung, sie einzuordnen. Mit einem Seufzer putzte ich mir die Nase, lehnte mich zurück und versuchte das Geschehene der letzten Tage zu vergessen. Denn Ruhe brauchte ich, Ruhe und klare Gedanken.

Meinen Job bei einer großen Werbeagentur hatte ich gekündigt, obwohl ich Jahre hart für diesen Posten in der Chefabteilung gearbeitet hatte. Eine nicht einfache und leichte Entscheidung. Ich hörte jetzt noch meine Chefin sagen: „Frau Garden, man gibt doch nicht so ohne Weiteres einen gut bezahlten Job auf, und schon gar nicht in meiner Firma.“ Dann wurde ihre Stimme eindringlicher: „Sonja, Sie haben jahrelang gearbeitet, um in diesem Job etwas zu erreichen, und nun werfen Sie wegen einer dummen Laune alles über Bord, wer soll das verstehen?“

Ina Porten steckte sich eine Zigarette an und zog nervös daran. Eine 45-jährige, sichtlich verlebte, aber sehr gepflegte, alleinstehende Frau mit braunen, kurzen Haaren, viel Make-up und von hagerer, hochgewachsener Gestalt. Gekleidet wie üblich in einem sündhaft teuren, maßgeschneiderten Kostüm, natürlich mit den dazu passenden Schuhen, Schmuck, Handtasche, ja sogar ihr Zigarettenetui war eine Kostbarkeit und passte farblich dazu. Ihr Büro war groß und mit sehr teuren Möbeln übertrieben eingerichtet, vollgepackt mit wertvollen Antiquitäten und kostbaren Teppichen. Es blieb kaum Luft zum Atmen und es wirkte erdrückend – zumindest auf mich. Dieses Büro hatte für mich Ähnlichkeit mit einem Beerdigungsinstitut, ja ich glaubte sogar, den Geruch von Toten wahrzunehmen.

Frau Porten riss mich aus meinen Gedanken, als sie fragte: „Wollen Sie mehr Geld?“ Ohne meine Antwort abzuwarten, fügte sie hinzu: „Ich bin bereit, Ihr Gehalt durchaus um eine von Ihnen gewünschte Summe zu erhöhen.“ Frau Porten machte eine Pause und schaute mich erwartungsvoll an. Während sie ans Telefon ging und etwas genervt zu ihrer Sekretärin sagte: „Keine Anrufe mehr durchstellen“, ließ ihr Blick nicht von mir ab.

Für einen winzigen Moment bekam ich heftige Zweifel, ob ich wirklich das Richtige tat. Zugegeben, es war verlockend, aber dann sagte ich: „Ich danke Ihnen und ich weiß Ihr Angebot durchaus zu schätzen, aber nichts kann meine Entscheidung ändern.“

Frau Porten verstand wohl kaum, was mich bewegte, so eine Chance einfach abzuschlagen, was ich ihr nicht übel nehmen konnte, denn ich verstand es selbst nicht. Verstehen konnte es nur meine geheimnisvolle Begleiterin, die ich ab sofort nur „die Geheimnisvolle“ nenne. War sie es doch, die mich, ohne dass ich es merkte, in mein neues Leben lenkte.

Frau Porten wandte ihren Blick nachdenklich zum Fenster, verweilte einen Augenblick dort, drehte sich spontan um und nickte zustimmend. Sie saß in ihrem großen Sessel wie eine kleine, zerbrechliche Puppe und faltete ihre Hände, als wolle sie beten. Dann sagte sie mit einem tiefen Seufzer: „Ich wünsche Ihnen für Ihre Zukunft das Glück, das Sie glauben, mit Ihrer Entscheidung zu finden. Sollten Sie jemals den Wunsch verspüren, wieder zurückzukommen, rufen Sie mich an. Ich werde Sie vermissen.“ Sie gab mir die Hand, mein Zeugnis und ich verließ ihr Büro, ohne mich umzudrehen.

Es tat mir gut, solche Worte von Frau Porten zu hören, die sonst eine knallharte Geschäftsfrau war und nie Gefühle zeigte. Aber so gut mir die Worte auch taten, dieses Büro machte mir, wie in all den Besprechungen mit Frau Porten zuvor, eine Gänsehaut nach der anderen. Ich war heilfroh, endlich das Büro verlassen zu können. Aber ich denke, Frau Porten brauchte und liebte ihr Büro genau so, wie es war, denn diese Atmosphäre half ihr, kreativ und somit erfolgreich zu sein.

Der Abschied von meinen Kollegen fiel mir etwas schwerer, denn wir hatten einige schöne Jahre zusammen gearbeitet. Und nach anfänglichen Schwierigkeiten waren wir ein gut eingespieltes Team geworden. Besonders Berta Weber war meine rechte Hand und eine gute Freundin gewesen, die mir mit Sicherheit sehr fehlen würde. Berta und meine Kollegen Lisa, Vicky, Willi, Uwe und Lea hatten einen Korb mit verschiedenen Sorten Obst, schön verpackt, und eine Flasche Gemüsesaft als Abschiedsgeschenk auf meinen Schreibtisch gestellt. Alle, besonders Berta, lachten und klatschten, als ich den Gemüsesaft auspackte, denn jeden Mittwoch, seit ich hier vor Jahren angefangen hatte, trank ich eine kleine Flasche Gemüsesaft.

Die erste Zeit in dieser Firma war diese Angewohnheit eine Lachnummer für meine Kollegen gewesen. Doch dann, keiner weiß mehr wann, fingen auch die Kollegen an mittwochs Gemüsesaft zu trinken. Wir trafen uns gegen 9.30 Uhr in meinem Büro, plauderten über dies und jenes und tranken Gemüsesaft. Und für jeden, der hier neu anfing, wurde es ein Muss, bei dieser Tradition mitzumachen.

Ich genoss die Abschiedsparty, die meine Kollegen mit viel Liebe für mich organisiert hatten. Danach kam der endgültige Abschied. Berta umarmte mich so heftig, dass mir die Luft wegblieb. Sie hatte etwas zu viel Alkohol getrunken und sang das alte Volkslied, während ich mit meinen Sachen das Büro für immer verließ:

„Nehmt Abschied, Brüder,

ungewiss ist alle Wiederkehr,

die Zukunft liegt in Finsternis

und macht das Herz uns schwer.

Der Himmel wölbt sich überm Land.

Ade, auf Wiedersehen!

Wir ruhen all in Gottes Hand.

Lebt wohl, auf Wiedersehen!“

Natürlich berührte es mich, aber ich hatte meine Entscheidung getroffen, ich musste weg, weg von allem, was mich an mein bisheriges Leben und Alexander erinnerte. Zwar plagten mich starke Zweifel, ob diese Entscheidung nicht übereilt, von meinem Seelenschmerz beeinflusst, falsch war. Wenn ja, dann könnte diese Entscheidung der nächste Wermutstropfen in meinem Leben sein. Da ich aber den Schritt nun schon vollzogen hatte, musste ich mit tiefster Überzeugung daran glauben, das Richtige getan zu haben. Ansonsten unterläge ich dem quälenden Zweifel, das Falsche getan zu haben.

Eine Erklärung für den Zweifel an meiner Entscheidung hatte ich zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht. Wie sollte ich auch, da ich von meinen Gefühlen hin und her gerissen wurde und, ohne es zu wissen, dem Willen einer anderen folgte. Rückblickend kann ich meine innere Unruhe und die vielen Zweifel mit der Beeinflussung durch die Geheimnisvolle erklären. Denn ich ahnte ja nicht, wie sehr mein Leben unter ihrem Einfluss stand. Wie sie mit großer Energie mein Leben in die von ihr bestimmte Richtung lenkte. Oder warnte mich mein Unterbewusstsein? Doch mein Bewusstsein war nicht in der Lage, diese Warnung zu hören. Wie oft in unserem Leben empfinden wir Angst, Unruhe oder nur ein leichtes Unbehagen und können nicht einmal sagen, warum wir so empfunden haben.