Der rationale Kapitalist - Kolja Barghoorn - E-Book

Der rationale Kapitalist E-Book

Kolja Barghoorn

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Beschreibung

Dieses Buch ist mir selbst gewidmet, da ein rationaler Kapitalist immer zuerst an sich denkt. Meine Frau interessiert sich nicht für Aktien und mein Sohn muss sich die nächste Buchwidmung erst noch verdienen.

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Seitenzahl: 548

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Der rationale Kapitalist

Mit Arbeit-Aktien-Ausbildung zu Reichtum und Freiheit

Kolja Barghoorn

1. Auflage | Dezember 2017

Copyright © 2017 Kolja Barghoorn & Lars Wrobbel

Verlag & Layout: Lars Wrobbel

Covergestaltung: Freshdesign.de – Ferdinand Bönisch

Lektorat: Ümit Mericler

Alle Rechte vorbehalten

www.aktienmitkopf.de

ISBN: 1981127917

ISBN-13: 978-1981127917

Bibliographische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Daten sind im Internet abrufbar über http://dnp.de

Für Fragen und Anregungen

[email protected]

Widmung

Dieses Buch ist mir selbst gewidmet, da ein rationaler Kapitalist immer zuerst an sich denkt. Meine Frau interessiert sich nicht für Aktien und mein Sohn muss sich die nächste Buchwidmung erst noch verdienen.

Information im Vorfeld

Die Investition in Aktien und ETFs ist mit Verlustgefahren verbunden. Historische Erträge bieten keine Gewähr für zukünftige Renditen oder Erträge. Es besteht keine Garantie für die Richtigkeit der Behauptungen, Daten und Quellen in diesem Buch. Wir können keine Haftung für Schäden übernehmen, die aus der Befolgung der in diesem Buch gegebenen Empfehlungen resultieren. Die Aussagen in diesem Buch spiegeln die persönlichen Ansichten des Autors wider und sind nicht als Anlageempfehlungen im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes zu verstehen. Sämtliche in diesem Buch behandelten ETFs und Aktien sind nur exemplarische Beispiele, die ein besseres Verständnis des Inhaltes vermitteln sollen und sind keine Anlageempfehlung des Autors. Der Autor ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung selbst im Besitz von folgenden Wertpapieren, die im Buch besprochen werden:

● ETF012

● Abertis Infraestructuras

● Activision Inc.

● Amadeus IT

● Apple Inc.

● Bayer

● Berkshire Hathaway Inc.

● Grifols SA

● Henkel

● Microsoft Inc.

● Netflix Inc.

● Nestlé

● Ryanair Holdings PLC

● Starbucks Inc.

● Take-Two Inc.

Inhalt

 

 

Disclaimer

Vorwort

1. Die Marktlage

1.1 Das Problem Staat und Politik

1.2. Das nächste Problem – Die Finanzbranche

1.3 Das Problem – Der Anleger

1.4. Warum rationaler Kapitalismus?

2. Das Wissen des Kapitalisten

2.1 Helga, die Zinskuh

2.2. Humankapital – VermögensBILDUNG

2.3. Die zwei Marktplätze des Kapitalisten

2.4. Der Kapitalmarkt mit Fokus auf dem Aktienmarkt

2.5. Die Funktionsweise der Börsen

2.6. Charaktereigenschaften

2.7. Aktivitäten

3. Der Alltag des Kapitalisten

3.1. Arbeit, Aktien, Ausbildung

3.2. Passiv Investieren

3.3. Aktiv investieren

4. Die 10 Gebote des Kapitalisten

5. Bonus-Kapitel: Jonathan Neuscheler – Dividendenstrategie

6. Empfehlungen für den Kapitalisten

7. Weitere Bücher von Kolja Barghoorn

 

 

Disclaimer

Ja, dieses Buch ist ein Ratgeber. Nein, du bist kein schlechterer Mensch, weil du es in den Händen hältst. Ich habe schon viele Ratgeber gelesen. Von „Wie man Freunde gewinnt“ über „4-hour body“, bis hin zu „Lob des Sexismus“. Diese Bücher enthalten des Öfteren eine Portion Phrasendrescherei oder altbekannten Wein, der durch neue Schläuche geleitet oder aus alten Weisheiten in neuer Kombination zu einer x-beliebigen Formel zusammengestellt wird. Das liegt zum Teil in der Natur der Sache, da jeder Leser sich zu gegebenem Zeitpunkt auf einem anderen Wissens- und Erfahrungslevel befindet und daher Bekanntes mit Unbekanntem verschwimmt.

Ich werde versuchen, möglichst wenige Ideen und Konzepte aus anderen Büchern zu wiederholen, sondern einfach gewisse Basics zu Aktien und einer proaktiven Lebenseinstellung voraussetzen. Trotzdem kann ich nicht garantieren, dass sämtliche Inhalte des Buches „neu“ für dich sind.

In diesem Buch wird es rein um finanzielle und marktrelevante Themen gehen. Du wirst hier weder darüber lesen, dass du fünf Mal am Tag deine Ziele visualisieren musst, noch dass du durch positives Denken dein Leben zum Guten wenden kannst oder das Pareto-Prinzip deine Produktivität um 50 % erhöht.

Allerdings solltest du auch klassische „Motivationsfloskeln“ nicht pauschal ablehnen. Menschen, die Ratgeber verabscheuen und sich auf einem erlauchten Balkon der Unverbesserlichkeit wähnen, sind aus meiner Erfahrung genau diejenigen, die es ganz besonders nötig hätten, sich fortzubilden und zu entwickeln.

Die Finanzen sind hier natürlich eine Steilvorlage für einen Autor, da viele Menschen in Deutschland nicht einmal wissen, was der DAX ist. Mitunter ist dies amüsant, teilweise aber auch erschreckend oder sogar beängstigend, wie wenig Sachkenntnisse viele Menschen über Aktien, Altersvorsorge und Finanzen vorweisen können. Und was noch viel schlimmer ist: nicht bereit sind, sich dieses Wissen anzueignen. Dabei hat Bildung bekanntlich die höchste Rendite und verzinst sich über einen Zeitraum von 5–10 Jahren stärker, als jedes Aktiendepot.

Wichtig ist eben nur, dass man nicht ausschließlich Ratgeberbücher liest, sondern seinen Wissensschatz so diversifiziert aufbaut, wie sein Aktien-Portefeuille. Ich weise hier so ausdrücklich darauf hin, damit jedem Leser sofort einleuchtet, dass es sich hier nicht einmal ansatzweise um ein wissenschaftliches Werk handelt und ich auch keinen journalistischen Anspruch für dieses Buch habe.

Alles, was du hier liest, sind meine Erfahrungen und Erkenntnisse und sind als solche für dich einzuordnen. Ich rate dir daher dringend, mein Buch kritisch zu hinterfragen, wie alles Andere auch, was du jemals von irgendjemandem, irgendwo, irgendwann gesagt bekommst. Auch schadet es gewiss nicht, meine (Vor-)Urteile einem rigorosen Faktencheck zu unterziehen, da ich von kognitiven Fehleinschätzungen, insbesondere dem Bestätigungsfehler (engl. „confirmation bias“) ebenso betroffen bin wie jeder andere auch.

Warren Buffett schrieb in seinem jährlichen Berkshire-Hathaway-Brief an die Aktionäre von 1983, dass man ein Rockkonzert niemals als Oper bewerben sollte und vice versa. Daher erwarte bitte keine wissenschaftliche Abhandlung oder objektive Darstellung der Börsenwelt.

Dieses Buch soll nicht die Welt verändern, es soll auch kein Goldstandard der Finanzliteratur werden. Im Prinzip schreibe ich dieses Buch an mein jüngeres Ich vor 15 Jahren und für Andere, die in der selben Situation sind wie ich es damals war. Ich möchte zeigen, was ein rationaler Kapitalist ist, wie man zu einem wird und warum es besser ist, langsam statt schnell reich zu werden. Trotzdem ist es wichtig, dass du bereits während der Lektüre viele Dinge aus dem Buch sofort anwendest. Du kannst mit diesem Buch direkt anfangen zu arbeiten und musst nicht warten, bis du es fertig gelesen hast, bevor du in die Praxis springst.

Kurz etwas über mich:

Ich bin 32 Jahre alt, begeisterter Börsianer seit Anfang 2009 und YouTuber seit 2006. Ich habe weder Finanzmathematik noch BWL studiert, bin also ein Laie, was Finanzen betrifft und kein Börsenexperte. Deshalb kann ich auch keine Börsenprognosen abgeben, dazu reicht mein Know-how einfach nicht aus. Aber worauf ich mir etwas einbilde, ist meine Transparenz in Bezug auf meine Performance. Es gibt in der Finanzbranche unzählige Scharlatane, die teure oder nutzlose Börsenbriefe verfassen oder Seminare zu absurden Preisen anbieten. Wenn es aber um ihre eigene Rendite mit Aktien geht und nicht um ihre Verkäufe von Produkten, werden sie schwammig, lenken vom Thema ab oder kommen mit der „Über Geld redet man nicht“-Ausrede. Ich habe mir daher Mitte 2015 gedacht, dass es langfristig nur im Sinne der Branche sein kann, mehr Transparenz zu schaffen. Das wird hoffentlich für die ein oder andere Bereinigung an Angeboten sorgen und ich fordere hiermit gleichzeitig den Leser auf, andere Autoren, YouTuber und Börsenexperten zur Veröffentlichung ihrer eigenen Performance zu motivieren und zolle meinen höchsten Respekt denen, die es bereits tun.

In einem meiner Echtgeld-Depots kannst du genau sehen, welche Aktien ich aktuell kaufe und verkaufe und wie meine Performance dabei ausfällt:

http://aktienmitkopf.de/blog

Hier kannst du sehen, dass ich nicht nur über etwas rede, sondern es auch selbst tue! Wer etwas kann, tut es; wer nichts kann, lehrt es. Das heißt, ich möchte nicht wie ein mexikanischer Scharfschütze hinterher Kreise um meine Einschusslöcher malen, um mich mit meinen Prognosen zu brüsten, sondern dir sagen, was Sache ist. Jeder kann also jederzeit nicht nur das überprüfen, was ich schreibe, sondern auch, ob die Ergebnisse dieses Wissen widerspiegeln. Denn nur angewendetes Wissen, das im Alltag konkret nutzbar wird und entsprechende Ergebnisse produziert, ist echtes Wissen.

Vorwort

An dieser Stelle liest du üblicherweise darüber, dass der Autor früher ein armes Würstchen war, es jedoch dank … hier eine x-beliebige Bauernweisheit einsetzen … zum erfolgreichen Multimillionär geschafft hat. Das Buch sei gewiss nur ein „großzügiges Geschenk“ an die Menschheit und werde nicht etwa wegen des Profitstrebens, sondern aus reiner Nächstenliebe geschrieben, um dem Leser nun ebenfalls die Möglichkeit zu unterbreiten, mit einem „Geldmagneten“ oder einer „Kundenlawine“ reich zu werden. Und das natürlich ohne Startkapital; ist doch logisch.

Bei diesem Buch sieht das anders aus. Auf deinem Weg zum rationalen Kapitalisten wirst du früher oder später bemerken, dass es von Vorteil ist, einfach die Wahrheit zu sagen. Es erspart dir und Anderen auch eine Menge Zeit und Nerven, weil du dir nicht ständig merken musst, wem du welche Lüge aufgetischt hast. Es erleichtert das Geschäftsleben und das Vertrauensverhältnis zwischen dir und anderen, wenn du sagst, was deine Motive sind. Ich mache dir das einmal vor:

Ich schreibe dieses Buch nicht aus Nächstenliebe, sondern primär aus rationalem Eigeninteresse, ich danke dir also zunächst für deinen Einkauf, denn meinen Anteil der über dieses Buch erzielten Profite werde ich in Aktien investieren, um mein eigenes Vermögen zu vermehren.

Wie kam es dazu? Angebot und Nachfrage.

Anfang Dezember 2016 erreichten mich innerhalb von einer Woche gleich fünf E-Mails von Frauen, welche etwa folgenden Wortlaut enthielten: „Kolja, mein Freund/Mann schaut deine YouTube-Videos seit einiger Zeit und ich würde ihm gern ein Buch zu Weihnachten von dir schenken. Welches kannst du mir empfehlen?“

Leider konnte ich an dieser Stelle nichts Passendes finden, da es bisher von mir keinen umfassenden Ratgeber über die Börse und mein Leben als Investor gibt. Würde ich als rationaler Kapitalist auf diese Nachfrage nicht mit einem entsprechenden Angebot reagieren, wäre das moralisch schon fast verantwortungslos.

Keine Sorge, du wirst dein für dieses Buch eingesetztes Kapital bereits mittelfristig vervielfachen. Und wenn es deine Freundin bezahlt hat, dann kann dies durchaus daran liegen, dass sie dies ebenfalls aus Eigeninteresse getan hat, da sie richtig antizipiert hat, dass du aufgrund des Buches langfristig reich wirst.

Es gibt bereits viele gute Börsenbücher, keine Frage. Viele von ihnen sind hervorragend. Zum Beispiel „Souverän investieren mit Indexfonds & ETFs“ von Gerd Kommer oder die „Unternehmensbewertung & Kennzahlenanalyse“ von Nicolas Schmidlin oder „Börsenmythen aufgeklärt“ von Ken Fisher und solche Klassiker wie „One Up on Wallstreet“ von Peter Lynch.

Was ich versuchen werde, ist, einzelne Strategien, und Erkenntnisse zu verknüpfen, so dass daraus konkret ableitbare und produktive Handlungsmöglichkeiten entstehen, die man im Alltag anwenden kann. Charlie Munger kritisiert in seinem Buch „Poor Charlie’s Almanack“ zu recht, dass es zu wenige Verbindungspunkte zwischen einzelnen Disziplinen gibt. Dieses Buch ist jedoch nur zum Teil ein Aktienbuch. Marktwirtschaftliche Themen werden ebenso behandelt, da sie die Börsenwelt in ein besseres allgemeineres Verständnis betten.

Wenn ich mir also die gesamte Finanzliteratur anschaue und dann ein Fazit ziehe, wie sich diese auf die Anlegerkultur auswirkt, muss ich konstatieren, dass es bisher noch nicht ausreichend funktioniert hat.

Der Anteil an Menschen in Deutschland, die direkt in Aktien investieren ist nach wie vor ziemlich klein und seit den 2000er Jahren sogar rückläufig. Laut Statista waren es im Jahr 2000 noch über sechs Millionen, aktuell lediglich 4,38 Millionen. Und jetzt komm mir bitte nicht damit, dass ja jeder Inhaber einer Lebensversicherung indirekt zu 2 % in Aktien investiert ist. Das zählt nicht.

Zur Gliederung – Das Buch ist in drei Teile untergliedert:

Teil 1: Eine Bestandsaufnahme und Problemanalyse der Altersvorsorge in Deutschland. Es wird der Gesamtkontext etabliert und warum der rationale Kapitalist das Problem bei den Hörnern packt und seine Finanzen in die eigene Hand nimmt. Die Probleme des Kapitalisten stehen hier im Fokus insbesondere in Bezug auf die Politik, die Finanzbranche und dem Investor selbst.

Teil 2: Die Psychologie des Anlegers und das Verständnis der Börse. Hier wird es darum gehen, wie ein rationaler Kapitalist sich verhält und die Stellschrauben so zieht, dass ihm die eigene Psychologie keinen Strich durch die Rechnung macht, sondern im Gegenteil, den Erfolg beflügelt. Dabei wird es primär um das Wissen des Kapitalisten gehen und wie er dieses kontinuierlich erweitert, um sein Vermögen zu maximieren und Werte zu erschaffen.

Teil 3: „Sage es mir und ich vergesse es, zeige es mir und ich werde mich erinnern. Lass es mich tun und ich werde es behalten.“ Hier geht es um die Anwendung der Theorie. Allerdings solltest du gar nicht erst bis dahin warten, sondern die ersten Schritte bereits ausgeführt haben, denn für die Praxis lernt man nur aus der Praxis. Weitere Schritt-für-Schritt-Lösungen werden in diesem Teil abgeleitet und anhand zahlreicher Beispiele aus eigenen Investitionen erklärt. Außerdem gehe ich auf die Asset Allocation ein und gebe Beispiele vor, wie man in unterschiedlichen Lebenslagen, Altersgruppen und beruflichen Situationen ein rationaler Kapitalist wird. Ziel von Teil 3 ist es auf dem Weg zum rationalen Kapitalisten möglichst viele Kosten zu sparen, die Rendite zu erhöhen und die Menge an zu allokierendem Kapital enorm zu steigern.

In abschließenden Teilen gibt es noch ein Bonus-Kapitel und Ressourcen-Empfehlungen.

Für die Erfahrenen unter euch, die meine Videos schon kennen: Es wird definitiv dazu kommen, dass ihr einige Abschnitte bereits erkennt, dafür möchte ich mich im Vorfeld entschuldigen.

Ich würde trotzdem empfehlen, nicht gleich zum Praxisteil zu springen, wenn ihr denkt „Ach, den Mindset-Kram brauche ich nicht.“ Solltet ihr dies doch tun, dann holt es einfach im nächsten Bärenmarkt nach, vielleicht kommen dann die Tipps wie gerufen.

Ja, dies ist ein simpler Praxis-Ratgeber. Mein Ziel für dich ist es, dass du eigenverantwortliches Denken lernst und die Perspektive des Kapitalisten einnimmst.

Der Historiker und Immobilieninvestor Dr. Rainer Zitelmann stellt zurecht fest, dass es im Verhältnis zur Armutsforschung zu wenig Reichtumsgeneseforschung gibt. Mein Ziel ist es, mehr Menschen reich zu machen, weil es mich selbst reicher macht. Ich werde jedoch keinen Preis für politische Korrektheit bekommen und mit Sicherheit einigen Sozis auf den Schlips treten, das liegt in der Natur der Sache und ist nicht wirklich unbeabsichtigt.

Kolja Barghoorn

27. Juli 2017, Palma de Mallorca

1. Die Marktlage

Das Problem beginnt bereits damit, dass ich für dieses Buch einen „Disclaimer“ in Bezug auf die Risiken von Aktien recherchieren musste. Dass die Warnung „Aktien haben ein Verlustrisiko“ essentiell ist, sagt sehr viel über unsere Anleger-kultur aus, denn es bedeutet, dass viele Menschen dies nicht wissen. Dass Aktien ein Verlustrisiko haben, ist so trivial, wie die Tatsache, dass ein Apfel vom Baum fallen kann, wenn es Herbst wird.

Andererseits trägt das staatliche Bildungssystem auch nicht viel dazu bei, Finanzwissen in den Köpfen der Schüler und späteren Studenten und Azubis zu etablieren. Aber keine Sorge, ich werde jetzt nicht in einer ellenlangen Bildungskritik herummäandern, das haben bereits genug Leute getan und teilweise ist diese Kritik auch etwas überheblich. Sie hat für mich oft den Charakter eines Oppositionspolitikers, der selbst nicht am Ruder sitzt und daher immer gut Reden hat und die besten Tipps geben kann.

Was Aktien? Boah ey, hör mir doch auf, das ist viel zu risikoreich! Da hat mein Vater schon so viel Geld in den Sand gesetzt damals mit der Telekom-Aktie. Außerdem möchte ich nicht diese ganzen großen Konzerne unterstützen, über die es bereits ein paar spannende Dokus in der ARD gibt. Nestlé „gräbt“ dort den armen Afrikanern das Wasser ab und die gierigen Aktionäre können nicht genug bekommen, ihre Profitgier steht über der Moral.

So oder so ähnlich schallt es aus dem Volksmund dem Kapitalisten entgegen, wenn er auf das Thema Aktien zu sprechen kommt. In Deutschland geht es beim Kapitalmarkt gleich immer um irgendwelche „Heuschrecken“, „Börsenzocker“ und „arme Sparer“, die dem ganzen Treiben der „Finanzhaie“ hilflos ausgeliefert sind – wohin man schaut: nur Negativbeispiele, Warnungen, Disclaimer.

Als die Süddeutsche Zeitung im Mai 2017 einen Artikel über den „Aktien mit Kopf“-YouTube-Kanal veröffentlichte, war der allgemeine Tenor: „Vorsicht, es lauern Gefahren“. Nun ist es natürlich nicht verkehrt, vor Risiken zu warnen. Risikobewusstsein und sogar „pessimistisches Denken“ zählt zu einer wichtigen Eigenschaft eines rationalen Kapitalisten. Aber es nützt nichts, vor Risiken zu warnen, wenn man dabei verkennt, dass die Aktie eine unglaubliche Chance bietet. Eine Chance, nicht nur der Altersarmut den Mittelfinger zu zeigen, sondern richtig Vermögen aufzubauen.

Dass dabei die „… YouTuber in eine Wissenslücke rutschen, die eigentlich der Staat erfüllen müsste“ wie es im Artikel „Zocken mit YouTube“ heißt, erzählt aber nur die halbe Wahrheit. Denn es gibt ja auch zahlreiche und erfolgreiche YouTube-Kanäle von Physik bis Französisch, die ihre Inhalte einfach besser als die Schule vermitteln.

Andererseits gibt es auch das andere Extrem: Junge Privatanleger, die sich mit Trading-Apps und CFD-Spekulation im Forex-Markt um ihr Taschengeld bringen und den Traum vom Daytrader leben möchten. Hier wird dann versucht, mit Hebelprodukten bei geringem Kapitaleinsatz viel Rendite zu machen, was jedoch in 90 % der Fälle mit Verlusten endet, wie es zum Beispiel die Autorité des marchés financiers (http://www.amf-france.org) in Studien nachgewiesen hat.

Würde man die durchschnittlichen Charaktereigenschaften eines Deutschen in Bezug auf Kapitalinvestitionen in einer Person vereinen, würde ihr ein Psychologe wahrscheinlich eine bipolare Störung attestieren: hin- und hergerissen zwischen absoluter Angst und absoluter Gier. Doch zum Glück gibt es auch einen anderen Weg, einen entspannteren und beständigen: den Weg des rationalen Kapitalisten.

1.1 Das Problem Staat und Politik

1.1.1. Es wird nicht reichen

Auf der Seite http://www.brutto-netto-rechner.info kann man drei interessante Dinge ausrechnen:

 

(Bitte gehe jetzt auf die Seite und führe die Rechnung für dich selbst direkt mit aus!)

 

1. Die staatlichen Rentenpunkte, anhand derer sich die spätere Rente orientiert

2. Die anzunehmende, monatliche Rente ab dem 67. Lebensjahr

3. Die Rentenlücke: die Differenz zwischen Gehalt und Rente

 

Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich parallel an der Berechnung und stelle mir vor, wie scheiße es sein muss, sich diesen Mist irgendwann mit 55 auszurechnen, um dabei festzustellen, dass man viel zu wenig oder gar nicht selbst vorgesorgt hat und nun seinen Lebensstil drastisch herunterschrauben muss, oder sogar in Altersarmut abzurutschen droht. Denn genau das wird passieren, wenn man die Verantwortung für die Finanzen abgibt.

 

Dafür werde ich jetzt meine Rentenlücke mit diesem Tool ausrechnen, was nicht so einfach ist, da ich nicht weiß, wie viele rentenpflichtige Arbeitsjahre ich als Selbstständiger überhaupt bisher geleistet habe. Gehen wir mal von zehn aus. Das durchschnittliche Brutto-Monatseinkommen steht per default auf 3.200 €. Das könnte hinhauen. Ansprüche aufgrund von Ausbildung etc. habe ich keine, dafür aber durch den Militärdienst, check. Ansprüche durch Kindererziehungszeiten? Nope. Ansprüche aufgrund von Arbeitslosengeld? Warum gibt es denn Ansprüche aufgrund von Arbeitslosengeld? Na gut, kürzen wir das Ganze ab. Meine Rentenpunkte liegen aktuell bei näherungsweise 12,89 €.

 

Abbildung 1: Rentenkalkulation

Diese Rentenpunkte kann ich jetzt für meine Rentenkalkulation übernehmen.

 

Auf der zweiten Seite kann man noch sein aktuelles Jahresbrutto und einige Inflations- und Gehaltssteigerungsannahmen treffen. Fun-Fact schon mal an dieser Stelle. Die voreingestellte Gehaltssteigerung von 1,4 % ist sehr konservativ angesetzt. Die durchschnittliche Steigerung der Tariflöhne betrug in Deutschland etwa 2,4 % im Jahr 2016 (Quelle: Statista), wobei wir uns aktuell auch in einer wirtschaftlich guten Lage befinden. Die durchschnittliche Dividendenerhöhung deutscher Konzerne aus dem DAX betrug im selben Zeitraum an die 9 %, also ein mehr als drei Mal so schnelles Wachstum (eigene Berechnung). Das ist eines der Hauptargumente, sich an der Wirtschaft in Form von Aktien zu beteiligen. Aber ich werde zu ungeduldig. Kommen wir zurück zur langweiligen Rente. Laut dem Rechner habe ich mit 67 eine inflationsbereinigte – ich hasse dieses Wort – Rente von 1.162 € (Gehaltssteigerung hatte ich auf 2 % gestellt), was eine Rentenlücke von 1.726 € bedeuten würde.

 

Eigentlich wollte ich dich mit diesem Buch ja motivieren, aber ich habe auch versprochen, ehrlich zu sein und das Ergebnis wäre für mich nichts Anderes als glasklare Altersarmut. Wie soll ich damit eine Familie versorgen und auch nur halbwegs annehmbar leben? Was ist mit eventuell notwendigen Medikamenten oder Behandlungen? Was ist mit Urlauben etc.?

 

Wenn es also um Altersvorsorge geht, dann ist das jede Handlung, die dazu führt, dass ich diese Rentenlücke von 1.726 € schließe. Sonderbarerweise wird in Deutschland das Thema Vermögensaufbau immer getrennt von Altersvorsorge betrachtet. Demnach ist die Altersvorsorge „wichtiger“ als Vermögensaufbau. Bei ersterem handelt es sich um Versicherungen, Riester-Renten; bei Vermögensaufbau um Fonds, Aktien etc.

 

Was für ein Käse! Vermögensaufbau ist die beste Altersvorsorge! Das werde ich dir in diesem Buch beweisen.

 

Analysiert man den Rechner jedoch etwas genauer, so stellt man fest, dass davon ausgegangen wird, dass das gesamte Gehalt jeden Monat für Miete, Essen, Versicherungen etc. verkonsumiert wird und unabhängig von der gesetzlichen Rentenversicherung keine weitere Vorsorge betrieben wird. Der Rechner geht also von einer Sparquote ex-GRV 0 aus.

Aktien rentieren im Schnitt mit 7–8 % jährlich, aber dieser Durchschnittswert entsteht durch deutliche Schwankungen. Das macht es für Viele so schwer, Aktien auszuhalten. Im Jahr 2008 fiel der DAX zum Beispiel um herbe 40 %. Allerdings stieg er 2009 um 23,5 %. 2011 sank er um 14 %, 2013 stieg er um 23 %.

 

Die Gehaltserhöhung, von der ja auch die betriebliche und gesetzliche Altersvorsorge abhängt, beträgt im Schnitt jedoch nur 1–3 % und kann somit gerade mal die Inflation ausgleichen. Es geht mir hier aber nicht um eine „was ist besser“-Diskussion, sondern um die individuelle Frage, auf welche Altersvorsorge man sich verlassen möchte.

 

Ich hasse es, Dinge als Zwang zu formulieren: „Du musst was tun!“ NEIN, muss ich nicht! Stattdessen geht es mir um Freiheit – finanzielle Freiheit. Und die wird man leider nie über klassische Altersvorsorge erreichen. Der Staat verteilt keine Geschenke. Das, was er manchen gibt, nimmt er von anderen (muss er ja), ob nun Einkommens-umverteilend oder Generationen-umverteilend. Das merkte ich zum ersten Mal, als ich mir beim Arbeitsamt die Ausbildung zum Fitnessfachwirt bezahlen lassen wollte. Hierfür hätte ich mich aber arbeitslos melden müssen. Das System soll so ausgelegt sein, dass den Ärmeren und Schwächeren geholfen wird, was auch bis zu einem gewissen Grad sinnvoll ist. Ich habe damals dann 1.300 € vom Meister-Bafög bekommen. Doch ich wusste, wenn ich richtig etwas erreichen wollte, durfte ich mich nicht mehr auf den Staat verlassen, der nur zur absoluten Grundsicherung dient, aber nicht für einen schönen, vielleicht sogar luxuriösen Lebensstil.

 

Warum aber Altersvorsorge?

Ich denke, dass man sich vor allem im Alter Dinge gönnen möchte, die zum Teil den Energie- und Kraftverlust der Jugend wettmachen. Meine Eltern waren zum Beispiel gerade in China, sind beide Ende 60 und genießen das Leben. Viele jüngere Menschen haben häufig die Vorstellung, dass sie im Alter viele Dinge nicht mehr oder nur eingeschränkt tun können und es daher sinnvoller sei, im Hier und Jetzt zu leben. Aber:

 

1. Die Welt bereisen,

2. In schönen Hotels übernachten,

3. Leckere Restaurants besuchen,

4. Den Enkelkindern eine Ausbildung finanzieren,

5. Sich eine Putzfrau, Pflegedienst etc. leisten können,

6. Sich keine Sorge über die Miete machen müssen,

7. Ein Einbettzimmer im Krankenhaus leisten

etc.

 

sind alles Dinge, die man sich mit Geld gönnen kann und zwar auch im Alter noch. Und mit der entsprechenden Fitness auch noch aktivere Tätigkeiten. Nun kann man die Altersvorsorge in BV, GV, PV und noch 30 weitere Dinge unterteilen, am Ende geht es darum, einen möglichst hohen Geldbetrag zur Verfügung zu haben.

 

Wenn man sich ein bisschen Zeit nimmt und einige Rechnungen anstellt, erkennt man schnell, dass diese Rentenrechnung ziemlich komplex werden kann, vor allem wenn man inklusive Erwartungen an die Inflation, Erwartungen an ein steigendes Gehalt, Steuerverpflichtungen, eventuellen Freibeträgen usw. irgendwann versucht, vom Brutto aufs Netto zu kommen, also den Betrag, den man dann tatsächlich irgendwann einmal auf sein Konto überwiesen bekommt.

 

Ich überlasse es dem Leser, sich selbst einzuarbeiten und zu entscheiden, wie viele Riester-Renten und Lebensversicherungen noch abgeschlossen werden sollen. Ich habe in meiner DNA glücklicherweise ein „Anti-Komplikations-Gen“, welches sich sofort einschaltet, wenn mir irgendetwas zu kompliziert wird. Denn ich denke, wenn wir den Wald vor lauter Bäumen nicht vergessen wollen, können wir resümieren, dass die staatliche Rente nicht ausreichen wird, um im Alter ein schönes Leben zu führen.

 

Und nein, ich denke nicht, dass das staatliche Renten-System zusammenfallen wird, wie ein Kartenhaus. Jedoch sollte man sich fragen, wie viel man noch vom Staat erwarten kann? Und weiter, um nun ein ganz anderes Fass zu öffnen, warum sollten wir überhaupt mehr vom Staat erwarten?

 

1.1.2. Von anti-liberaler Politik in Deutschland und falschen Anreizen für Vermögensaufbau

Kennst du, außer vielleicht Christian Lindner und Friedrich Merz, einen deutschen Politiker, der sich jemals positiv über Aktien und privaten Vermögensaufbau (exklusive Riester & Co.) geäußert hat und Aktien als die Altersvorsorge empfiehlt, die sie nunmal sind? Ich nicht. Wir haben in Deutschland das große Problem, dass wir in unserer gesellschaftlichen Ausrichtung sehr römisch-staatlich geprägt sind und zwar seit Jahrhunderten. Die Römer waren jedoch nicht bekannt dafür, über Eigenkapitalinvestitionen florierende Handelsbeziehungen zu anderen Ländern aufzubauen. Stattdessen bevorzugten sie einen eher „direkten“ Weg bei der Vermögensakkumulierung. Zum Glück haben wir uns kollektiv von dieser Form des Diebstahls weg entwickelt, jedoch fehlt weiterhin eine ausgeprägte Anlegerkultur, die die Möglichkeiten von Eigenkapital kennt und auch nutzt.

 

Diese wird vom Staat weder durch Steuervergünstigungen, noch andere Anreize gefördert. Allerdings gehen Staat und Bürger immer Hand in Hand. Das heißt, der Staat ist immer der verlängerte Arm der Bürger, der indirekt das tut, was wir von ihm fordern und zulassen.

 

Die größten deutschen Aktienunternehmen, die im MDAX und DAX notieren, sind mehr und mehr im Besitz von ausländischen Investoren. Und das liegt nicht zuletzt daran, dass der Staat uns die Aktienanlage unnötig schwer macht.

 

Was nützen uns all die tollen Ingenieure, hochwertigen Produkte und Exportmeister, wenn sie in Wahrheit für jemand anderen arbeiten? So besaßen ausländische Investoren 2001 etwa ein Drittel der Aktien von DAX-Konzernen. 2005 waren es dann schon rund 44 Prozent, und heute liegt ihr Anteil bereits bei 58 Prozent. Bei einigen Firmen wie der Deutschen Börse, Merck oder Adidas sind es sogar schon mehr als drei Viertel (Quelle: welt.de).

 

Ein gutes Beispiel dafür, wie die direkte Aktienanlage verkompliziert wurde, ist die Verordnung zum Zwang von Produktinformationsblättern, die im Zuge der Finanzkrise kam. Für die Krise machte man in der Politik größtenteils die „gierigen Banker“ verantwortlich, obwohl Landesbanken sich ebenso verspekuliert hatten wie Privatbanken (Quelle: welt.de). Im Jahr 2011 wurde das Wertpapierhandelsgesetz mit der noblen Intention, den Anleger besser zu schützen reformiert. Dort heißt es im § 3:

 

(3) Wertpapierdienstleistungsunternehmen sind verpflichtet, Kunden rechtzeitig und in verständlicher Form Informationen zur Verfügung zu stellen, die angemessen sind, damit die Kunden nach vernünftigem Ermessen die Art und die Risiken der ihnen angebotenen oder von ihnen nachgefragten Arten von Finanzinstrumenten oder Wertpapierdienstleistungen verstehen und auf dieser Grundlage ihre Anlageentscheidungen treffen können. Die Informationen können auch in standardisierter Form zur Verfügung gestellt werden. Die Informationen müssen sich beziehen auf

1. das Wertpapierdienstleistungsunternehmen und seine Dienstleistungen,

2. die Arten von Finanzinstrumenten und vorgeschlagene Anlagestrategien einschließlich damit verbundener Risiken,

3. Ausführungsplätze und

4. Kosten und Nebenkosten.

 

So wie ich das verstehe, müssen also auch für einzelne Aktien solche Produktinformationsblätter in Form von Broschüren etc. vorliegen. Stelle ich mir jetzt vor, ich bin eine Bank, dann kann ich wunderbare Produktinformationsblätter in Hochglanz und standardisiert für die Produktkategorien, wie etwa Zertifikate (eine Art Anleihe) erstellen, die ich selbst emittiere. Aber welche Bank erstellt bitte für jede einzelne Aktie so ein Blatt, das wahrscheinlich auch noch bei Quartalszahlen angepasst werden muss?

 

Meiner Recherche nach macht das keine Bank. Als Folge wird die direkte Investition in Aktien von Banken nicht, oder nur selten empfohlen. Ob dies so von der Politik gewollt war, weiß ich nicht, aber es ist auch egal, denn am Ende führt es eben nicht dazu, dass Privatanleger Aktien kaufen, sondern wenn überhaupt, dann teurere Fonds mit vergleichsweise höheren Ausgabeaufschlägen und jährlichen Kosten.

 

Ich zitiere hier einige Privatanleger aus der „Aktien mit Kopf“-Facebook-Community auf die Frage hin, was ihnen ihre Bankberater geraten haben, als sie Aktien dort kaufen wollten:

 

1. Felix N. bekam Folgendes zu hören: „Aktien und ETFs kann ich leider nicht anbieten, aber zum Vermögensaufbau bietet sich natürlich auch ein Bausparvertrag an!“

2. Konrad E.: „Einzelaktien sind viel zu riskant. Sie müssen diversifizieren, also mehrere Aktien im Korb haben. Hierzu eignet sich folgender Fonds: …“

3. Linda S.: „Puh, also Einzelaktien kann ich Ihnen nicht empfehlen. Wenn es im Ernstfall mal zu einem Crash an der Börse kommt, könnten Sie ohne alles dastehen. Aber ich hätte hier Fonds xyz. Da müssten Sie sich nicht mal selbst drum kümmern, wir machen das gern für Sie.“

 

Diese Fälle sind natürlich nicht repräsentativ und sollen auch kein Finanzberater-Bashing darstellen, denn das hebe ich mir noch für den nächsten Abschnitt auf. Aber nicht nur das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) macht uns Anlegern – und ebenso Beratern – indirekt zu schaffen. Auch und insbesondere die MIFID-Regulierung macht es einem wohlmeinenden Berater quasi unmöglich, seinen Kunden Aktien „ans Herz zu legen“. Ab dem nächsten Jahr kommt der Berater unter Umständen schon in die Bredouille, wenn der Kunde selbst eine Aktie kaufen will – das geht nur, wenn er entsprechend geschult ist. In der Konsequenz werden allenfalls Fonds verkauft, weil da die ganze Standard-Dokumentation mitgeliefert wird. Ironie am Rande: Crowdinvestings, wie bei Companisto, die oft als Nachranganleihen strukturiert werden, dürfen ohne Prospekt, Key-Investor-Information-Document (KIID), Produktinformationsblatt (PIB) angeboten werden. Und die Anbieter müssen nicht einmal von der BaFin reguliert sein wie jede Bank, jeder Finanzdienstleister, jede Vermögensverwaltung; es reicht die Akkreditierung beim lokalen Gewerbeamt.

 

Weitere Beispiele dafür, wie (potentiellen) Anlegern der Schritt in die Aktienanlage erschwert wird, finden wir in der Auswertung des Deutschen Aktieninstitutes (dai.de) zu den Wahlprogrammen der großen Parteien in Bezug auf die Altersvorsorge (Quelle: dai.de, abrufbar unter „Positionen“).

 

Die Lektüre des gesamten Textes lohnt sich, aber ich fasse diejenigen Beispiele, die meiner Meinung nach eine Hürde für Privatanleger darstellen in Aktien anzulegen in Stichpunkten zusammen und kommentiere sie. Das Aktieninstitut hat ebenfalls Kommentare verfasst. Ich kann es mir natürlich hier erlauben, die Dinge etwas direkter beim Namen zu nennen:

 

1. Die Einfuhr einer Börsentransaktionssteuer (Vorschlag SPD) führt für Privatanleger neben der Diskriminierung der Aktie im Vergleich zu anderen Wertanlagen zu weiteren Nachteilen. Denn es kommt bei der Abgeltungssteuer bereits zu einer Doppelbesteuerung: Unternehmensgewinne, die dem Aktionär gehören, werden bereits über die Gewerbesteuern und Körperschaftssteuern besteuert, dann noch mal zusätzlich über Abgeltungssteuer. Und nun auch noch eine Transaktionssteuer? Laut einer Studie des DAI wären das zusätzliche Kosten von 5–7 Milliarden € jährlich für deutsche Privatanleger (Seite 10 des Berichts).

 

2. Die Partei „Die Linke“ möchte die „großen Vermögen“ die „auf den Finanzmärkten entstehen“ umverteilen, um die Spekulation einzudämmen. Übersetzt ins Deutsche bedeutet dies nichts anderes, als dass Die Linke den Vermögensaufbau über die Finanzmärkte generell ablehnt (Seite 10 des Berichts). Schade, da doch Aktien die einfachste Möglichkeit für den normalen Bürger darstellen, sich direkt an der Wirtschaft zu beteiligen.

 

3. Sowohl SPD, als auch Die Linke äußern sich generell negativ über Investmentbanken. Die Linke will diese gar „abwickeln“ (Seite 12 im Bericht). Diesen Punkt konnte ich nicht glauben und habe ihn extra nochmal im Wahlprogramm für die Bundeswahl 2017 der Linken nachgelesen. Und tatsächlich steht dort auf Seite 76: „Das Investmentbanking – das nur in Betriebe investiert, um hohe Renditen zu erzielen – wollen wir als Geschäftsfeld abwickeln.“ Wie eine IPO (engl. Initial Public Offering), also der Börsengang eines Unternehmens, ohne eine beratende Investmentbank stattfinden soll, versteht von den Linken keiner zu erklären. Das ist schon unbegreiflich, mit welcher Inkompetenz diese Leute sich trauen, ein Wahlprogramm zu schreiben. Ohne Investmentbanking würde Unternehmen die Beratung fehlen, wenn sie Aktien an der Börse ausgeben wollen. Es wäre mit einer deutlichen Abnahme von Börsengängen zu rechnen und somit einer geringeren Auswahlmöglichkeit für Privatanleger, Aktien zu zeichnen.

 

4. Zur Altersvorsorge schreibt die CDU/CSU „Die gesetzliche Rente soll zentraler Pfeiler der Altersvorsorge bleiben. Daneben sind Betriebsrenten und die private Vorsorge (z. B. Riester-Renten) ebenfalls von großer Bedeutung für eine nachhaltige und gute Altersversorgung. Unser Ziel bleibt es weiterhin Altersarmut zu vermeiden.“

 

Dafür will die CDU/CSU eine Kommission gründen, die dafür irgendwelche Vorschläge unterbreitet und ab 2030 „notwendige Maßnahmen“ ergreifen, wenn die private Vorsorge nicht ausreicht. Schön und gut, aber warum wird nicht zur Abwechslung auch mal etwas erwähnt, was langfristig auch tatsächlich Rendite bringt, beispielsweise ein ETF auf die Weltwirtschaft wie der MSCI World, statt immer nur dieses Riester-Gedöns. In der Zeit, wo diese Kommission, durch die Steuerzahler finanziert, ihre Vorschläge unterbreitet, könnten bereits tausende Anleger sich einschlägige Literatur selbst aneignen und ins Handeln kommen.

 

5. Die Linke will die private Rente komplett abschaffen und alles über den Staat für den Bürger regeln. Das heißt, Eigenverantwortung bleibt bei der Linken auch im Jahr 2017 weiterhin ein Fremdwort (Seite 18 des Berichts).

 

6. Hier ein Lob von mir an die Grünen, die im Wahlprogramm schreiben „Neben der gesetzlichen Rente wollen wir auch die private und betriebliche Altersvorsorge stärken. Kapitalgedeckte Altersvorsorge kann zu einem Bruchteil der Kosten und mit einer deutlich höheren Rendite als in Deutschland durchgeführt werden.“

 

Jedoch fügen sie danach hinzu, dass dies über einen öffentlichen „Bürger*innen“-Fonds geschehen soll, was natürlich wieder kompletter Mumpitz ist, da dann die große Gefahr besteht, diesen Fonds je nach aktueller politischer Lage zu missbrauchen. Jeder Anleger weiß, dass einer der wichtigsten Punkte der Aktienanlage eine solide und langfristige Strategie ist. Ein Bürgerfonds, der durch staatliche Verwaltung immer gerade so gemanaged wird, wie es die aktuelle Regierung entscheidet, würde meiner Prognose nach den Markt deutlich underperformen und des Weiteren den Bürger wieder aus seiner eigenen Verantwortung nehmen. Außerdem soll dieser Fonds nach den Grünen natürlich ökologisch und nachhaltig investieren, was zur Konsequenz hätte, dass neben der Demski-Filiale in Berlin „Onkel Toms Hütte“ und dem Windrad des Museums-Dorf Düppel nicht viele Investments in Betracht gezogen werden könnten.

 

Lob also wieder entzogen. Generell ist es auch höchst amüsant und tragisch zugleich, immer wieder zu lesen, wie die Parteien alles einfacher für den Bürger machen wollen, indem sie die Anzahl der staatlich geförderten Produkte ständig ausweiten, statt mal den Rotstift anzusetzen und die unsinnigen Dinge zu streichen. Alles was ich bisher dazu gelesen habe, riecht extrem verdächtig nach Steuererhöhungen. Mehr Steuern bedeutet weniger Geld für uns Bürger zum Anlegen. Lasst uns einfach in Ruhe. Wir können mit unserem Geld besser umgehen als ihr.

 

7. Die FDP schreibt zur Altersvorsorge in ihrem Wahlprogramm: „Dazu sollte in allen Bereichen geförderter Altersvorsorge die Möglichkeit ausgeweitet werden, auch in Infrastruktur, Aktien und andere Unternehmens-beteiligungen zu investieren. So könnte die Mitte der Gesellschaft auch stärker an den Chancen von Globalisierung und Digitalisierung teilhaben.“ Yes! Das ist es. Und jetzt sollte nur noch erkannt werden, dass die beste Förderung nicht ständig neue Produkte sind, denn es gibt bereits genug Wertpapiere, wie Aktien, REIT-Immobilien und ETFs. Gleichzeitig wäre es eine enorme Hilfe, eine Spekulationsfrist einzuführen, die es Anlegern ermöglichen würde, Aktien ab einer gewissen Haltedauer von beispielsweise fünf oder zehn Jahren, steuerfrei zu veräußern. In den USA gibt es diese Möglichkeit beispielsweise schon länger. Über einen 401k Ansparplan, können Privatanleger Aktien steuerfrei für die Rente ansparen.

 

8. Was die Steuerthematik angeht, möchte ich nicht zu viel schreiben, da ich mich hier zu sehr auf Glatteis bewege und das Thema für dieses Buch zu komplex ist. Was mir aber bei der Debatte um die Abgeltungssteuer auffällt, ist die Tatsache, dass mal wieder keiner auf die Idee kommt diese beizubehalten und zu senken, denn in der aktuellen Form diskriminiert sie die Aktienanlage, wie bereits mehrfach beschrieben. Würde die Abgeltungssteuer abgeschafft, dürfte dies zu einer massiven Benachteiligung für Privatanleger in Aktien führen, wenn keine Teileinkünfteverfahren wieder eingeführt werden.

 

Und beim Thema Finanztransaktionssteuer reicht offenbar das Sachverständnis zur Funktionsweise der Kapitalmärkte bei keiner Partei aus, denn eine Finanztransaktionssteuer vermindert die Finanztransaktionen, führt zu weniger Liquidität, zu potentiell volatileren Märkten und natürlich zu höheren Kosten für vor allem Unternehmen und Anleger. Meine Meinung dazu: „Alles, was du besteuerst, davon bekommst du weniger.“ Besteuert man Umsätze, bekommt man weniger Umsätze. Auch ist in den Parteiprogrammen nirgends von einer Ausnahme der Finanztransaktionssteuer für Privatanleger die Rede.

 

9. Was eine Vermögenssteuer angeht, sind weiterhin die roten Parteien darin motiviert, ihre Kasse nicht voll genug zu bekommen und wollen eine Vermögenssteuer für „Reiche“ einführen.

 

Um dem Leser kurz einen Überblick über einige Steuern zu geben, die der Staat bereits für seine Quote von 47,3 % (Anteil der Staatsausgaben in Prozent des BIP) kassiert und statt der Bürger selbst, für die Bürger investiert, zähle ich mal einige Steuern auf, die das Geld, das wir verdienen und ausgeben, an allen Ecken und Enden verringern. Da wären die Umsatzsteuern, Gewerbesteuern, Lohnsteuern, Abgeltungssteuern, Körperschaftssteuern, Solidaritätszuschläge und nun auch noch die Vermögenssteuer?

 

Die Vermögenssteuer wäre die schlimmste Steuer überhaupt, weil sie das Vermögen, welches dem Bürger schlussendlich bleibt, nach dem es bereits ein halbes Dutzend Mal besteuert wurde, wiederum versteuert. Zunächst einmal muss man als Bürger die Voraussetzungen schaffen, um überhaupt Vermögen aufzubauen. Das bedeutet so viel zu arbeiten, dass nach den Ausgaben für Miete, Essen, Strom und Versicherungen noch etwas übrig bleibt. Und dieses Vermögen ist durch die Inflation bereits einem dauerhaften Wertminderungsrisiko ausgesetzt. Wird das Geld zu Kapital, indem es an der Börse in Wertpapiere oder in Immobilien investiert wird, kommen eine Vielzahl von weiteren systemischen und plötzlich auftretenden, unkalkulierbaren Unsicherheiten dazu. Demgegenüber ist eine Steuer, sobald sie einmal eingeführt ist, so schnell nicht mehr wieder wegzubekommen. Eine Vermögenssteuer macht es also nicht nur schwieriger für jeden Bürger, Wohlstand für sich, seine Familie und schlussendlich für die Gesellschaft aufzubauen, es mindert auch gleichzeitig die Anreize, überhaupt Vermögen aufbauen zu wollen.

 

Daher würde eine Vermögenssteuer zum Abzug von Kapital und produktiven Menschen führen und eben zu weniger Vermögen, wie wir aus der Steuerregel gelernt haben. Dass ich an dieser Stelle ausgerechnet die AFD loben muss, die „für eine Abschaffung der Erbschaftsteuer als Substanzsteuer und gegen die Reaktivierung der Vermögensteuer“ plädiert, sollte den anderen Parteien zu denken geben (Seite 27 des Berichts).

 

Generell gilt natürlich auch, dass ein immer stärker regulierter Markt zu immer höheren Kosten für Unternehmen und Banken führt, welche diese natürlich an Endverbraucher weitergeben und/oder das Angebot zurückfahren. Denn jede Regulierung bindet Ressourcen in Form von Mitarbeitern, die die Einhaltung der Regulierung überwachen und an anderer Stelle produktiver eingesetzt werden könnten. Was nicht bedeutet, dass jede Regulierung sinnlos ist. Aber nicht nur bei Aktien wird Privatanlegern der Zugang erschwert. Auch Anleihen sind aufgrund von neuen Regulierungen nun für Privatanleger schwieriger zu erwerben. Im Jahr 2012 wurde nämlich die Grenzen, ab der ein Wertpapierprospekt mit einer Anleihe begeben werden musste, von einer Stückelung bei 50.000 € auf 100.000 € angehoben. Auf Deutsch: Erst ab dieser Stückelung wird kein Wertpapierprospekt mehr benötigt. Darunter schon. Seitdem haben sich die Emissionen von Anleihen über der Schwelle der 100k-Stückelung vervierfacht, während die darunter um ⅔ eingebrochen sind! Man hat mal wieder den Privatanleger vor seiner Eigenverantwortung schützen wollen und hat ihn dadurch geschützt, dass man ihm ein Produkt nur noch schwer zugänglich macht. Oder welcher Privatanleger hat mal eben 100 k übrig, um Anleihen zu kaufen?

 

Hinzu kommt der Umstand, dass Aktien relativ zu anderen Anlageformen wie Gold und Immobilien, steuerlich diskriminiert werden. So ist es ohne Probleme möglich, eine Immobilie, die sich in privatem Besitz befindet, laut § 23 des EStG, nach zehn Jahren steuerfrei zu veräußern. Diese Möglichkeit möchte ich hier nicht kritisieren, sondern ausdrücklich beklatschen, ein toller Anreiz für Vermögensbildung, doch warum gibt es diesen nicht bei Aktien? Mit Einfuhr der Abgeltungssteuer 2009 sind alle nach März 2009 erworbenen Aktien nicht mehr steuerfrei veräußerbar. Warum es nicht möglich ist, einem Privatanleger, der Aktien mit bereits versteuertem Einkommen für seine Altersvorsorge kauft, eine Spekulationsfrist von zehn Jahren einzuführen, die somit den eigenverantwortlichen Aufbau von Vermögen belohnt, ist mir schleierhaft. Dazu müsste man dann allerdings auch selbst bereit sein, diese Möglichkeit zu erkennen, aber zum größten Problem, nämlich dem Anleger selbst, kommen wir später noch.

 

Ich erspare dir nun weitere Problemanalysen aus diesem Bereich, denn ich möchte nicht, dass du dieses Buch wütend in die Ecke wirfst. Dennoch ist es wichtig zu erkennen, dass man nicht allzu viel vom Staat erwarten sollte, wenn man Vermögen für die eigene Freiheit aufbauen und schützen möchte.

 

Solche Beispiele führen kumuliert dazu, dass keine Anreize geschaffen werden, in Aktien zu investieren und wenn man sich Deutschland im Vermögensvergleich in Europa anschaut, kann es einem kalt den Rücken herunterlaufen. Was glaubst du, wie schneiden wir im Vergleich zu Frankreich, Italien, England, Irland, Griechenland und Zypern ab, wenn es um das durchschnittliche, reale Vermögen geht? Halt dich fest, laut einer EZB-Studie bilden wir Deutschen mit einem Medianvermögen von knapp 50.000 € das Schlusslicht in Europa (http://bit.do/EZB).

 

Jedoch spielt hier natürlich der Zeitpunkt der zugegeben imposanten Umfrage von 62.000 Haushalten eine große Rolle, wie dieser FAZ-Artikel richtig betont (http://bit.do/FAZ-EZB).

 

Ich kann als Laie die Studie nicht richtig deuten, trotzdem gab sie mir zu denken. Und zwar in Bezug darauf, dass wir mit Deutschland zwar ein reiches Land im Sinne der Produktion sind, diese aber immer weniger besitzen. Wir produzieren die schönsten und tollsten Biere, aber für Andere. Dies hat natürlich noch keine direkte Auswirkung, da die Einkommen relativ gesehen hoch sind, doch mit der Zeit und der Inflation werden diese Einkommen eben weniger wert und reichen wie in Abschnitt 1 gesehen, nicht aus, um im Alter ein schönes Leben zu führen. Dies funktioniert nur durch den Transfer von Einkommen in Vermögen.

 

Der allgemeine Tenor der meisten Menschen ist es jedoch nicht, ein eigenverantwortliches Leben, samt aller Konsequenzen zu bestreiten, die aus der Freiheit der Eigenverantwortung entstehen, sondern sich auf den Staat zu verlassen. Eine aktuelle Befragung von 2.500 Jugendlichen ergab, dass diese nicht gerne selbst investieren würden, sich jedoch gerne vom Staat zum Sparen zwingen lassen würden (http://bit.do/GenerationYY).

 

Woher kommt dieser devote Wunsch nach Abhängigkeit? Dies herauszufinden ist nicht die Aufgabe dieses Buches, aber der französische Ökonom Frédéric Bastiat, hat vor über 150 Jahren dazu einen hervorragenden Aufsatz geschrieben, namens „Der Staat“ (http://bit.do/Bastiat). Dort fasst er viele Forderungen, die die Bürger gegenüber dem Staat haben, sehr gut zusammen und kommt auch zu einer Definition des Begriffs „Staat“:

 

Der Staat ist die große Fiktion, nach der sich Jedermann bemüht, auf Kosten Jedermanns zu leben.

Es ist schlussendlich der Wunsch, etwas zu bekommen, ohne die eigene Muskelkraft und Denkleistung zu beanspruchen. Die Jugendlichen in der Studie sagen es ja selbst:

 

So stimmen nur 23 Prozent “voll und ganz“ („eher“ 40 %) der Aussage zu, dass man von einer privaten Vorsorge mehr erwarten kann als von der staatlichen Rente. 2010 waren es 31 bzw. 46 Prozent.

 

Ausgehend von Bastiats Aufsatz behaupte ich, dass der Staat im Prinzip einfach nur ein verlängertes Organ seiner jeweiligen Bürger ist. Es bildet sich eine Art Karussell aus nimmer endenden Forderungen einerseits und Versprechen andererseits. Nur weil wir ständig mehr fordern, kostenlose Kita-Plätze, kostenlose Studienplätze, bessere Krankenversicherung, mehr Arbeitslosengeld etc. versprechen uns die Politiker immer mehr, um gewählt zu werden. Sind sie dann in der Regierung, erkennen zunächst sie selbst, dass die Versprechen nicht alle eingehalten werden können und werden wieder abgewählt, so dass das Karussell sich von Neuem anfängt zu drehen. Andererseits lebt der Staat auch von der Abhängigkeit seiner Bürger, da er sich dadurch selbst seine Macht legitimiert. Schon zu Zeiten Friedrich des Großen, wurde das preußische Wohlfahrtssystem zur Kontrolle der Bürger eingesetzt (Der Wohlfahrtsstaat, Ende einer Illusion – Gerd Habermann)

 

Ein Beispiel: die Wirtschaftspolitik und die Ziele, die dort vorgegeben und verfolgt werden. Das Ziel „Vollbeschäftigung“ an sich birgt eine grenzenlose Vielfalt an Regulierungsmöglichkeiten und Interventionen, da diese nie erreicht werden kann. Hier kann der Staat immer wieder aufs neue Gesetze und Regulierungen ins Leben rufen, mit der Begründung, es müsse die Vollbeschäftigung erreicht werden.

 

Je liberaler aber ein Bürger ist, desto mehr Freiheit er einfordert und sich auch nimmt und gleichzeitig auch die Konsequenzen aus mehr Freiheit akzeptiert, desto machtloser wird der Staat.

 

Hier kommt die Theorie des „Homo oeconomicus“ ins Spiel, die in neueren Zeiten häufig missverstanden wird. Missverstanden deshalb, weil dem Konzept häufig vorgeworfen wird, es würde den Menschen an sich als rationales Wesen sehen, ohne Emotionen wie Gier und Angst zu berücksichtigen. Jedoch war genau das niemals der Anspruch. Vielmehr dient die Annahme rationaler Marktteilnehmer als Basis, um Modelle und Ideen zu entwickeln, die auch in einem irrationalen Markt nützlich sein können. Mit dem „Homo oeconomicus“ im Hinterkopf wissen wir, dass Menschen sich in gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systemen in der Regel ihrem anreizorientieren Eigeninteresse nach verhalten werden. Dies wurde auch von Cyril Northcote Parkinson wunderbar in seinen Schriften dazu dokumentiert. So hat beispielsweise ein Verwaltungsapparat – nicht nur im Staat, sondern auch in größeren Unternehmen – häufig ein Eigenleben und die Tendenz sich kontinuierlich auszubreiten, unabhängig von seinen tatsächlichen Anforderungen und seinem Zweck.

 

Viele Gesetze und Regulierungen werden für einen bestimmten Zweck eingeführt und führen zu neuen Ressorts, die immer noch aufrecht erhalten bleiben, wenn der eigentliche Zweck ihrer Einführung schon lange nicht mehr gegeben ist. Bestes Beispiel ist hier der berühmte Solidaritätszuschlag (Soli). Dieser wurde damals von der Helmut-Kohl-Regierung eingeführt, um die Kosten der Einheit zu senken und galt als begrenzte Sonderausgabe. Jedoch hatte er auch noch andere Ziele, wie etwa die Hilfe für US-Soldaten im ersten Golfkrieg. Der Soli wurde dann für zwei Jahre ausgesetzt und dann wieder eingeführt. Damals wurde immer wieder von den Parteien betont, dass der Soli irgendwann wieder abgeschafft würde, doch nun, 27 Jahre danach, gibt es den Soli natürlich immer noch, obwohl die Hälfte davon überhaupt nicht mehr den neuen Bundesländern zufließt, sondern einfach vom Staat vereinnahmt wird und ohne Zweckgebundenheit irgendwo in den sozialistischen Mühlen der Bürokratie versandet. Es ist also vor allem eine zusätzliche Steuer, schön solidarisch mit dem Staat, die hier bezahlt wird.

 

Es gibt noch viele weitere Elemente, wie die Erfindung der Schaumweinsteuer, die aber locker für ein eigenes Buch ausreichen würden und daher nicht zielführend sind, da das hier nicht zu einer Kampfschrift werden soll. Fakt ist, du kannst vom Staat nicht erwarten, dass er dir aus der Patsche hilft und solltest es auch niemals erwarten, denn der Einzige, der das kann, bist du selbst!

 

1.1.3. Ein Gruß an Franz Müntefering

Ein weiteres Hindernis für den erfolgreichen Vermögensaufbau ist die Rhetorik und somit der Einfluss auf das Gedankengut, mit der vor allem linksorientierte, aber auch konservative Politiker über die grundlegenden Prinzipien der Märkte sprechen. Dabei geht es nicht nur um die üblichen Kampfbegriffe wie „neoliberal“ oder „Kasino-Kapitalismus“, sondern um das Bild und allgemeine Verständnis, welches diese Menschen selbst von Aktien und der Börse haben und somit auch kommunizieren. Natürlich gibt es eine Vielzahl an Dingen, die man an Unternehmen kritisieren kann, doch am Ende geht es immer darum, die Vor-und Nachteile der Unternehmen zu saldieren, um ihren Mehrwert zu erkennen.

 

Der König der Anti-Börsen-Populisten ist Franz Müntefering (SPD), der seinerzeit regelmäßig über „Börsenzocker und Heuschrecken“ polterte. Beispielsweise bemerkte er in einem Interview im Magazin die Zeit über Hedgefonds: „Wie schnell können die eigentlich Firmen aussaugen oder -bluten?“ (http://bit.do/Franz).

 

Oder im Herbst 2004: Hier forderte Müntefering eine Aktualisierung des Parteiprogramms der SPD und verwendete in diesem Zusammenhang am 22. November 2004 bei einem öffentlichen Vortrag unter dem Titel „Freiheit und Verantwortung“ in der Friedrich-Ebert-Stiftung erstmals die Heuschreckenschwarm-Metapher:

 

Wir müssen denjenigen Unternehmern, die die Zukunftsfähigkeit ihrer Unternehmen und die Interessen ihrer Arbeitnehmer im Blick haben, helfen gegen die verantwortungslosen Heuschreckenschwärme, die im Vierteljahrestakt Erfolg messen, Substanz absaugen und Unternehmen kaputtgehen lassen, wenn sie sie abgefressen haben. Kapitalismus ist keine Sache aus dem Museum, sondern brandaktuell.

(Wikipedia: Heuschreckendebatte)

 

Dieses und ein weiteres Interview in der Bild am Sonntag, die übrigens zu einem „bösen“, börsennotierten Axel-Springer-Konzern gehört, prägten sogar eine allgemeine „Heuschreckendebatte“ in Deutschland.

 

Nun möchte ich hier nicht den gleichen Fehler wie Müntefering machen und pauschal Behauptungen aufstellen, sondern differenzieren. Natürlich gibt es Akteure an den Finanzmärkten, die sich unethisch verhalten und zum Teil sogar gegen Gesetze verstoßen. Doch prägt es das Bild von Hedge-Fonds oder Private-Equity-Fonds im Allgemeinen, wenn Politiker ihre Kritik nicht in einem größeren Rahmen erklären und zum Beispiel erwähnen, dass es neben den illegalen und unethischen Akteuren eben auch sinnvolle Hedge-Fonds-Manager und Private-Equity-Investoren gibt. Sonst handelt es sich hier meiner Meinung nach um eine Art Desinformation.

 

So beteiligt sich der Hedge-Fonds-Manager Bill Ackman mit seinem Hedge-Fonds „Pershing Square Capital Management“ als so genannter „Activist“ an speziellen Unternehmensübernahmen und Situationen, um beispielsweise einen Turnaround zu schaffen. Dies ist nicht nur im Sinne seiner Anleger, sondern auch im Sinne der übrigen Investoren, und der Mitarbeiter. Zum Beispiel beteiligte er sich im Jahr 2011 am angeschlagenen kanadischen Eisenbahnunternehmen „Canadian Pacific“, welches durch die Finanzkrise ins Wanken kam und von 2009–2011 negative freie Cashflows ausweisen musste (http://bit.do/CanadianBilanz). Es floss mehr Geld aus dem Unternehmen, als ins Unternehmen. Ackman erwarb insgesamt 14 % der Firma und übte über eine Proxy-Wahl Druck auf das Management aus, zurückzutreten. Canadian Pacific wurde unter einem neuen Management wieder auf eine grüne Bahn gelenkt. Die Beteiligung von Pershing dauerte fünf Jahre und rettete so ganz ohne Steuergelder, das Unternehmen. Darüber habe ich Müntefering noch nie reden gehört.

 

Aber Kolja, was ist denn mit den gierigen Short-Sellern, die dadurch einen Reibach machen, dass sie Unternehmen mit Wetten auf fallende Kurse in den Ruin treiben?

 

Nun, auch diese erfüllen einen wichtigen volkswirtschaftlichen Zweck. Wir leben nicht in einer reinen Profitwirtschaft, sondern einer Profit-und Verlustwirtschaft. Den Gewinnen von 16,8 Milliarden US-$ von Microsoft im Jahr 2016, steht ein Verlust von 1,6 Milliarden € bei Volkswagen im selben Zeitraum gegenüber. Verluste sind volkswirtschaftlich ein ebenso wichtiger Anreiz wie Gewinne, da sie Unternehmen dazu zwingen, effizienter zu wirtschaften, um Produktionskosten und somit auch Kosten für Endkunden zu senken. Dieses Zwangskorsett aus Profit und Verlust führt dazu, dass weniger Ressourcen verschwendet werden. Wenn beispielsweise ein Unternehmen dauerhaft Verluste macht, bedeutet das nichts anderes, als dass die Ressourcen, also Kapital, Wissen, Rohstoffe, mehr wert sind, als das, was daraus gemacht wird und nicht genügend Menschen diese Produkte brauchen. Short-Seller verursachen durch ihre Berichte über Firmen keine Kursrückgänge an den Börsen. Ein Kurs sinkt immer nur dann, wenn ein Verkaufsdruck entsteht, also mehr Leute verkaufen wollen, als es Käufer gibt. Dies kann natürlich aufgrund des Berichts eines Short-Sellers der Fall sein, aber dann geht es nicht darum den Short-Seller an sich anzugreifen, sondern zu prüfen, ob die Behauptungen stimmen oder nicht. Wer mehr über Short-Selling erfahren möchte und die zum Teil lebensbedrohliche Lage, in die sich Leerverkäufer manchmal begeben, dem empfehle ich an dieser Stelle die dreiteilige Podcast-Serie von Planet Money zum selbigen Thema (http://bit.do/shortseller).

 

Bill Ackman ist seit Längerem an einer Milliarden-Short-Position bei Herbalife Inc. involviert, einem dubiosen Multi-Level-Marketing-Unternehmen (MLM-Unternehmen) aus den USA, das mit mehr als fragwürdigen Mitteln einen Traum vom Reichtum durch überteuerte Produkte verkauft (Quelle: http://bit.do/HerbalifeScam).

 

Was Müntefering verschweigt, ist die simple Tatsache, dass Arbeitsplätze nicht um ihrer selbst willen existieren, sondern einen Zweck verfolgen, nämlich die Befriedigung von Kundenbedürfnissen. Wenn nun aber ein Unternehmen durch einen Short-Seller-„Angriff“, der eigentlich kein Angriff ist, ins Rampenlicht gerät und sich dadurch Betrügereien aufklären lassen, dann ist das nicht nur für die Leerverkäufer gut, sondern auch für alle zukünftigen Investoren und Ressourcen, die nicht für betrügerische Aktivitäten verwendet werden. Denn Ressourcen sind immer knappe Güter mit alternativen Verwendungsmöglichkeiten und sollten dort eingesetzt werden, wo sie den größten Nutzen bieten können. Kein Wort dazu hören wir von Müntefering. Unterstützt wird solche Rhetorik auch von Gewerkschaften wie der IG Metall, die auch noch mit zweifelhaften, antiamerikanischen Karikaturen die einseitige Kritik auf die Spitze treibt.

Abbildung 2: Titelblatt des Monatsmagazins 05/2005

Häufig wird auch eine Kluft zwischen Realwirtschaft und Finanzwirtschaft getrieben, die es in der Realität gar nicht gibt. Ein weiterer gern genommener, weil wahrscheinlich leicht politisierbarer Prügelknabe ist die Spekulation mit Agrarrohstoffen. So schreiben die Grünen stark emotionalisierend mit afrikanischen Babys im Bild:

 

„Durch Nahrungsmittelspekulation werden unzählige Menschen in Hunger und Armut gedrängt!“

(Quelle: http://bit.do/Rohstoffspekulation)

 

Gemeint ist damit, dass Spekulation auf Terminmärkten zu höheren Preisen auf den Kassamärkten führt und für die Gier der Anleger Menschen sterben müssen. Diese unbegründeten und nicht wissenschaftlichen Aussagen führen dazu, dass ein sehr negatives Bild gezeichnet wird, wenn Politiker die Aussagen von zivilrechtlichen Organisationen wie OXFAM, Greenpeace etc. nicht einer wissenschaftlichen Überprüfung unterziehen. Denn dafür gibt es bisher keine Belege, dass Spekulation mit Aggrarrohstoffen auf Terminmärkten die Preise der physischen Rohstoffe nach oben oder unten treibt. Ich habe auch in der Recherche bisher keinen Politiker gesehen, der sich bei fallenden Nahrungsmittelpreisen bei Spekulanten bedankt hat. Zwar sind dies auch nur Einzelbeispiele doch fällt es wirklich schwer auch mal Beispiele zu finden, die die andere Seite zeigen, um so positiv hervorzuheben, dass man durch Aktien und ETFs auch einen Beitrag für die Gesellschaft leistet (Quelle: Podcast über Rohstoffspekulation – http://bit.do/Dr-Pies, Quelle: DIW Köln – http://bit.do/StudienRohstoffe). Diese börsenfeindliche Rhetorik wird vor allem von Politikern der SPD, Grünen und Linken verwendet, was indirekt den Anreiz für Vermögensaufbau weiterhin erschwert. Erkennbar ist, dass die Rhetorik eines Menschen automatisch und unverkennbar sein Weltbild suggeriert. Das Weltbild der Chancen-Ungleichheit ist schädlich für die Chancen-Gleichheit. Das Weltbild der Wirtschaft als Nullsummenspiel ist nicht nur falsch, sondern hochgradig gefährlich. Es suggeriert bereits Schülern, dass wir „auf Kosten“ Anderer reich werden und daher Vermögensaufbau in gewisser Weise bereits moralisch auf das Abstellgleis gestellt wird. Dieses Weltbild ist aber faktischer Unfug! Daten belegen das. Sowohl http://www.ourworldindata.org als auch http://www.gapminder.org des leider vor einiger Zeit verstorbenen dänischen Wissenschaftlers Hans Rosling, sind dafür eindrucksvolle Quellen zum Nachschlagen.

 

Auf der Seite kann man die Lebenserwartung sowie das BIP/Kopf von allen Ländern der Welt vergleichen und über ein „Bubblegraph“ animieren. Deutlich erkennbar ist, dass auf der Welt in den letzten 200 Jahren nicht nur die Lebenserwartung insgesamt enorm gestiegen ist, sondern auch der globale Wohlstand. Klar, es reicht noch lange nicht und Bestrebungen zum weiteren Wohlstandsaufbau sollten andauern. Wichtig ist aber vor allem die Erkenntnis der Trends, um nicht die richtigen Dinge zu unterlassen und falsche Dinge zu tun. Prof. Dr. Pies erwähnte dies in einem Podcast von mir im Kontext von jüngeren Uni-Erstsemestern:

 

Ich kriege ja immer junge Leute ins erste Semester, da sind die gerade so 19–20 und das sind alles kluge Leute, die ganz viel Medienkonsum hinter sich haben und deren Weltbild hat mit der aktuellen Datenlage fast keine Berührungspunkte. Die sind dann häufig sehr konsterniert, weil sie viele elementare Dinge nicht wissen.

 

Die Rhetorik ist deshalb schädlich, weil sie junge Menschen, die noch nicht ausreichende Lebenserfahrungen gesammelt haben, vor ein moralisches Problem stellt, nämlich dem Dilemma, eigene Ziele wie „reich zu werden“ nur dann erreichen zu können, wenn man zum Egoisten oder gar einer Heuschrecke mutiert. Natürlich kann man auch reich werden, indem man andere Menschen arm macht. Das war bis vor einigen Jahrzehnten und Jahrhunderten die gängige Praxis. Nicht nur der Römer, sondern im Prinzip aller Völker. Bis man als Folge des schädlichen Weltbilds der Merkantilisten vom 16. bis 18. Jahrhundert dank Adam Smith irgendwann auf die Idee kam, dass der freiwillige Handel zwischen Individuen und Nationen zum eigentlichen, echten Wohlstand führt. Nicht Gold oder Rohstoffe sind der wahre Reichtum der Nationen, sondern die Fülle an Produkten und Dienstleistungen, die ihre Bürger erschaffen und nutzen. Ich möchte also nicht jegliches „reich werden“ glorifizieren. Aber schauen wir uns die reichsten Menschen an, dann sind das Menschen, die dadurch reich geworden sind, dass sie Produkte und Dienstleistungen anbieten, für die andere Menschen freiwillig ihr Geld hingelegt haben. Der reichste Spanier der Welt, Amancio Ortega, gründete als Sohn eines Bahnangestellten das Mode-Imperium Inditex und wurde nur deshalb reich, weil er Klamotten verkauft, die andere Menschen kaufen wollen.

 

1.1.4. Das Problem des (staatlichen) Bildungssystems

Ich weiß, ich weiß. Das Schulsystem zu kritisieren, ist immer einfach. Gerade, wenn man selbst nicht für das Kern-Curriculum zuständig ist, kann man nach Belieben den Dirigentenstab schwingen und Forderung über Forderung dazu stellen, dass das Bildungssystem nicht praxisorientiert genug sei, zu wenig Kunst und Musik enthält, aber dafür zu viel Biologie. Darüber, dass es die Schüler nicht ausreichend auf das Leben danach vorbereitet. Darüber, dass die einzelnen Fächer zu separat voneinander unterrichtet werden. Darüber, dass zu viel Lernstoff abverlangt wird, welcher Schüler und Lehrer überfordert. Und hat man das Wissen erst mal in die Köpfe der Schüler gehämmert, ist es später meistens nutzlos oder nicht anwendbar. Es gibt sogar komplette Bücher, die sich ausschließlich dieser Materie widmen (Anna, die Schule und der liebe Gott – Richard David Precht).

 

Da meine eigene Schulzeit bereits mehr als 13 Jahre zurückliegt, kann ich nicht aus erster Hand berichten, was ich aus der Schulzeit für meine Tätigkeiten als Investor gelernt habe. Vieles Wissen ist wohl implizit und indirekt habe ich vielleicht enorm durch die bilinguale Bildung der staatlichen Schule profitiert? Nun, stellen wir uns mal vor, wir fordern ein eigenes Fach namens „Finanzwesen im Alltag“. Dieses Fach behandelt alles, was die Kinder und Jugendlichen irgendwann einmal wissen müssen: Versicherungen, Konten- und Depoteinstellung, bis hin zu Börsengängen und Rechtsformen von Unternehmen.

 

Das wäre ein Schulfach zusätzlich, bei dem Lehrer und Schüler (und Eltern sowieso) sofort aufschreien würden, dass es nicht zusätzlich zu bewältigen sei. Außerdem würden alle Ernährungsberater und Mediziner monieren, dass ein Fach für Gesundheit und Ernährung noch wichtiger sei, als die „Spekulation an der Börse“. Und nehmen wir mal an, wir Börsianer würden uns durchsetzen und tatsächlich würde ab dem nächsten Schuljahr ab der 6. Klasse deutschlandweit ein Fach für Finanzwissen eingeführt. Wer soll dort dann unterrichten? Richtig, ein neues Schulfach würde neues Personal und zusätzliche Ressourcen benötigen. Und ehrlicherweise denke ich nicht, dass das jemals geschehen wird und ich möchte auch nicht in den Schuhen derjenigen stecken, die die Lehrpläne zu verantworten haben und sich ständig gegen Angriffe von allen Seiten wehren und rechtfertigen müssen.

 

Es gibt ja an vielen Schulen in der 8. oder 9. Klasse das Planspiel Börse, das von der Sparkasse organisiert wird aber folgendes Zitat aus unserer Facebook-Community macht deutlich, dass es noch ein weiteres Problem gibt: