Der schmale Grat zwischen grüner Werbung und Greenwashing - Matondo Cobe - E-Book

Der schmale Grat zwischen grüner Werbung und Greenwashing E-Book

Matondo Cobe

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Beschreibung

Unternehmen stehen immer häufiger öffentlich in der Kritik, weil sie sich über ihre Werbung ein grünes Image aufgebaut haben, ohne tatsächlich nachhaltiger zu sein als die Konkurrenz. Schnell wird der Vorwurf des Greenwashings erhoben, und zwar gegenüber Unternehmen jeder Größenordnung und auch branchenübergreifend. Dabei ist Greenwashing nur die negative Kehrseite der an sich zulässigen Werbung mit Umweltvorteilen (Green Claims). Verbraucher benötigen die mit Green Claims transportierten Informationen zur Nachhaltigkeit eines Unternehmens, wenn sie nachhaltiger und umweltbewusster konsumieren wollen. Nachhaltige Kaufentscheidungen können nur auf Basis zutreffender Informationen getroffen werden. Es verwundert daher nicht, wenn Unternehmen sich in ihrer Kommunikation zunehmend auf dieses veränderte Verbraucherverhalten orientieren und das Thema Nachhaltigkeit stärker in den Vordergrund ihrer Werbung stellen. Dabei werden nicht selten die Grenzen des Zulässigen überschritten, wie zahlreiche aktuelle Gerichtsentscheidungen belegen. Auch die Europäische Kommission plant eine Verschärfung der gesetzlichen Regelungen. Wann aber liegt Greenwashing tatsächlich vor und welche Folgen kann es für werbende Unternehmen haben, wenn diese Umweltvorteile bewerben, die nicht oder nicht in der beworbenen Art bestehen? Mit diesen Fragen befasst sich das vorliegende Werk. Es geht dabei nicht nur auf die allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Vorgaben ein, sondern wirft auch einen besonderen Blick auf die in diesem Bereich zunehmend stark regulierte Finanzbranche und die dort geltenden Regelungen zum Greenwashing.

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Der schmale Grat zwischen grüner Werbung und Greenwashing

Rechtliche Grundlagen, Grenzen und Folgen

von

Dr. Matondo Cobe

Rechtsanwalt, Frankfurt am Main

Peter Hense

Rechtsanwalt, Leipzig

und

Sebastian Laoutoumai, LL.M.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht, Düsseldorf

Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main

Alle im Buch verwendeten Begriffe verstehen sich geschlechterneutral. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird teilweise auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung verzichtet – entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. Die verkürzte Sprachform hat lediglich redaktionelle Gründe und beinhaltet keine Wertung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-8005-1853-1

2023 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Main www.ruw.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Druckvorstufe: 3w+p GmbH typesetting automation experts

Druck und Verarbeitung: Beltz Grafische Betriebe GmbH, 99974 Bad Langensalza

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A. Einleitung

B. Green Advertising: Regulierung und Rechtsdurchsetzung in den USA

I. Green Advertising aus Perspektive des Makromarketings

II. Die Wirkung von Credence Claims (Vertrauensaussagen) und Experience Claims (Erfahrungsaussagen)

III. Die Rechtsdurchsetzung der US Federal Trade Commission (FTC)

1. Rechtliche Grundlagen

2. Die FTC Guides for the Use of Environmental Marketing Claims („Green Guides“)

3. Rechtsdurchsetzungsmechanismen der FTC

4. Die Green Guides im Detail

a) Update der Green Guides 202318

b) Ausgewählte Verfahren der FTC mit Bezug zu Umweltaussagen

C. Internationale Normen

I. Die ISO 14020-Normenreihe

II. Von der ISO zur DIN EN: Die Entstehung verbindlicher Normen

III. Die ISO 14020:2022 „Umwelterklärungen und -programme für Produkte – Grundsätze und allgemeine Anforderungen“26

1. Überblick

2. Regelungssystematik der ISO 14020

IV. DIN EN ISO 14021:2016 + Amd 1:2021 Umweltkennzeichnungen und -deklarationen – Umweltbezogene Anbietererklärungen (Umweltkennzeichnung Typ II)

1. Anwendungsbereich (Abschnitt 1)

2. Normative Verweisungen (Abschnitt 2)

3. Begriffsdefinitionen (Abschnitt 3)

4. Zielsetzung (Abschnitt 4)

5. Anforderungen an umweltbezogene Anbietererklärungen (Abschnitt 5)

6. Bewertung und Überprüfung der Aussage (Abschnitt 6)

7. Spezifische Anforderungen an ausgewählte Aussagen in Umweltbezogenen Anbietererklärungen: (Abschnitt 7)

V. Abgrenzung Green Claims zu Greenwashing

1. Was sind Green Claims?

2. Was ist Greenwashing?

VI. Nutzen umweltbezogener Werbung

1. Vorteile für Verbraucher

2. Vorteile für Unternehmen

3. Vorteile für die Umwelt

D. Lauterkeitsrechtliche Grenzen von Green Claims

I. Allgemeines Verbot irreführender Werbung

1. Verbot irreführender Werbung nach § 5 Abs. 1 UWG

a) Der angesprochene Verkehrskreis

b) Das Verkehrsverständnis

c) Produkt- bzw. unternehmensbezogene Irreführung

2. Vorenthalten wesentlicher Informationen nach § 5a UWG

II. Maßstab des BGH zu umweltbezogener Werbung

III. Aktuelle nationale Rechtsprechung

1. Landgericht Kiel, Urt. v. 2.7.2021 – 14 HKO 99/20 (Berufungsentscheidung: OLG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 30.6.2022 – 6 U 46/21)

2. Landgericht Mönchengladbach, Urt. v. 25.2.2022 – 8 O 17/21

3. Landgericht Oldenburg, Urt. v. 16.12.2021 – 15 O 1469/21

4. OLG Hamm, Urt. v. 19.8.2021 – 4 U 57/21

5. Landgericht Kleve, Urt. 22.6.2022 – 8 O 44/21

6. Landgericht Konstanz, Urt. v. 19.11.2021 – 7 O 6/21 KfH

7. OLG Frankfurt, 10.11.2022 – 6 U 104/22

8. Landgericht Stuttgart, Urt. v. 10.1.2022 – 36 O 92/21 KfH

9. OLG Schleswig, Urt. v. 3.9.2020 – 6 U 16/19

10. Landgericht Düsseldorf, Urt. v. 24.3.2023 – 38 O 92/22

11. Bewertung der Entscheidungen

E. Rechtsfolgen bei einem Verstoß

I. Anspruchsberechtigte

1. Mitbewerber

2. Qualifizierte Wirtschaftsverbände

3. Qualifizierte Einrichtungen zum Schutz von Verbraucherinteressen

II. Welche Ansprüche drohen einem Unternehmen?

III. Außergerichtliche Abmahnung

1. Begriff und Zweck

2. Inhaltliche Anforderungen

3. Kostenerstattung

IV. Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

1. Der Verfügungsgrund

2. Der Verfügungsanspruch

3. Die Hinterlegung einer Schutzschrift

4. Die Entscheidung des Gerichts

5. Zustellung zum Zwecke der Vollziehung

6. Das Abschlussverfahren

V. Normales Klageverfahren

VI. Besonderheit: Ansprüche von Verbrauchern

1. Mängelgewährleistung

2. Schadenersatz nach UWG

F. Greenwashing im Finanzsektor*

I. Problemaufriss und Hintergrund (European Green Deal)

II. Rechtsgrundlagen

1. Das Lamfalussy-Verfahren192

2. Die SFDR

a) Finanzprodukte nach Art. 8 SFDR

b) Finanzprodukte nach Art. 9 SFDR

(1) Investition in eine Wirtschaftstätigkeit, die zur Erreichung eines ökologischen oder sozialen Ziels beiträgt

(2) Keine wesentliche Beeinträchtigung anderer sozialer oder ökologischer Ziele

(3) Beachtung der Verfahrensweisen einer guten Unternehmensführung

3. Taxonomieverordnung

a) Wesentlicher Beitrag zu einem der Umweltziele der Taxonomieverordnung

b) Keine wesentliche Beeinträchtigung der Umweltziele

c) Einhaltung der sozialen Mindeststandards gemäß Art. 18 Taxonomieverordnung

d) Einhaltung der technischen Bewertungskriterien der EU-Kommission

4. Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)222

III. Anwendungsbereich der SFDR

IV. Pflichten der Hersteller von Finanzprodukten

1. Unternehmensbezogene Pflichten

a) Transparenz bei den Strategien für den Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken

b) Beachtung wesentlicher nachteiliger Nachhaltigkeitsauswirkungen auf Ebene des Unternehmens

c) Offenlegung der Vergütungspolitik im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken

2. Produktbezogene Pflichten

a) Vorvertragliche Nachhaltigkeitsinformationen

b) Nachhaltigkeitsinformationen in regelmäßigen Berichten

3. Rechtsfolgen von Verstößen

a) Aufsichtsrechtliche Verstöße

(1) Rechtsfolgen nach dem KAGB

(2) Rechtsfolgen nach dem VAG

b) Strafrechtliche Konsequenzen

c) Zivilrechtliche Konsequenzen

(1) Anwendungsbereich des § 306 Abs. 1 KAGB

(2) Unrichtige oder unvollständige für die Anlageentscheidung wesentliche Angaben

(3) Verschulden

(4) Kausalität

(5) Anspruchsgegner

(6) Umfang des Anspruchs

V. Pflichten der Vertriebsunternehmen von Finanzprodukten

1. Pflichten auf Unternehmensebene

2. Pflichten auf Produktebene

3. Rechtsfolgen bei Verstößen

G. Sonstige Folgen von Greenwashing

I. Shitstorm im Internet

II. Boykottaufrufe im Internet

III. Beendigung von geschäftlichen Kooperationen

H. Der Einsatz von Influencern bei der Umweltwerbung

I. Allgemeines

1. Mithaftung für Fehler des Influencers

2. Vertragliche Minimierung des Haftungsrisikos

II. Arbeitnehmer als sog. Corporate Influencer

1. Lauterkeitsrechtliche Einordnung

a) Vorliegen einer geschäftlichen Handlung

(1) Allgemeines

(2) Zielrichtung der Handlung

(3) Unternehmerische Tätigkeit

(4) Förderung des eigenen Unternehmens

(5) Förderung eines fremden Unternehmens

(6) Einordnung von Corporate Influencern

b) Greenwashing durch Mitarbeiter

c) Haftung bei einem Verstoß

(1) Haftung des Corporate Influencers

(2) Haftung des Arbeitgebers

I. Der Europäische Green Deal

I. Initiative für mehr Nachhaltigkeit in der Werbung

1. Vorschlag zur Ergänzung der UGP-RL und der VRRL

a) Ergänzung der UGP-RL

(1) Erweiterung der Begriffsbestimmungen

(2) Ergänzungen in Art. 6 UGP-RL

(3) Erweiterung von Art. 7 UGP-RL

(4) Ergänzung der schwarzen Liste in Anhang I

b) Ergänzung der VRRL

(1) Erweiterung der Begriffsbestimmungen

(2) Ergänzung von Art. 5 VRRL

(3) Ergänzung von Art. 6 VRRL

(4) Ergänzung von Art. 8 VRRL

2. Stellungnahme zum Richtlinienvorschlag

II. Richtlinie über die Begründung ausdrücklicher Umweltaussagen (Green-Claims-Richtlinie)

1. Allgemeines

2. Verpflichtende Vorfeldmaßnahmen

3. Regeln für die konkrete Kommunikation und Werbung

4. Regeln zu Umweltzeichen

5. Einschränkungen für kleine und mittlere Unternehmen

6. Überwachung und Sanktionierung

7. Von der Richtlinie zum nationalen Gesetz

8. Ausblick

Abkürzungsverzeichnis

a.F.

alte Fassung

ABl.

Amtsblatt

Abs.

Absatz

AEUV

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

Az.

Aktenzeichen

BaFin

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

BB

Betriebs-Berater (Zeitschrift)

BeckOK

Beck’scher Online-Kommentar

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BKR

Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht

BT-Drs.

Bundestags-Drucksache

bzw.

beziehungsweise

CS3D

Corporate Sustainability Due Diligence Directive

CSRD

Corporate Sustainability Reporting Directive

d.h.

das heißt

DNSH

Do No Significant Harm

EBA

Europäischer Bankenausschuss

Ed.

Edition

EG

Europäische Gemeinschaften

ESMA

European Securities and Markets Authority

etc.

et cetera

EU

Europäische Union

EUR

Euro

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

f.

folgende

ff.

fortfolgende

FTC

Federal Trade Commission

ggf.

gegebenenfalls

GRUR-Prax

Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Zeitschrift)

GRUR-RS

Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Rechtsprechungssammlung

h.M.

herrschende Meinung

Hrsg.

Herausgeber

HS.

Halbsatz

i.V.m.

in Verbindung mit

IPRB

IP-Rechtsberater (Zeitschrift)

ISO

Internationale Organisation für Normung

KAGB

Kapitalanlagegesetzbuch

Kap.

Kapitel

LG

Landgericht

lit.

litera

m.w.N.

mit weiteren Nachweisen

MiFID

Markets in Financial Instruments Directive

Mio.

Millionen

MMR

Zeitschrift für IT-Recht und Recht der Digitalisierung

MüKo

Münchener Kommentar

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

Nr.

Nummer

o.ä.

oder ähnliches

PAI

Principal Adverse Impacts

RDi

Recht Digital (Zeitschrift)

RL

Richtlinie

Rn.

Randnummer

RTS

Regulatory Technical Standards

S.

Seite

SFDR

Sustainable Finance Disclosure Regulation (Offenlegegungsverordnung)

sog.

sogenannt

StGB

Strafgesetzbuch

TRS

Technische Regulierungsstandards

u.a.

unter anderem/und andere

UGP-RL

Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken

Urt.

Urteil

US

United States

USD

US-Dollar

UWG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb

v.

vom/von

vgl.

vergleiche

VRRL

Verbraucherrechterichtlinie

VuR

Verbraucher und Recht (Zeitschrift)

z.B.

zum Beispiel

z.B.

zum zum Beispiel

z.T.

zum Teil

ZPO

Zivilprozessordnung

ZUM

Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht

A. Einleitung

1

In einer Zeit, in der das Bewusstsein für Umweltbelange stetig wächst und ökologische Aspekte öffentliches sowie privates Leben polarisieren, hat das Phänomen des „Green Marketing“ zunehmend an Bedeutung gewonnen. Von seinen Anfängen in den 1970er Jahren bis zum heutigen Tage reicht die Bandbreite von bleifreiem Benzin und Katalysatoren über stromsparende Leuchtmittel und die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks bis hin zu ökologischen Verbrauchsmaterialien wie Strohhalmen. Die Promotion nachhaltiger Aspekte von Waren und Dienstleistungen ist zu einem unverzichtbaren Element moderner Unternehmenskommunikation geworden.

2

Die Nachfrage nach ökologisch verantwortlichen Produkten steigt, und der Markt hat darauf reagiert, indem er seine Strategien und Prozesse entsprechend angepasst hat. In diesem Kontext hat sich Werbung als zentrales Kommunikationsmittel herausgestellt, um die ökologischen Bestrebungen von Unternehmen zu vermitteln und ein verantwortungsbewusstes Image zu fördern.

3

Von Beginn dieser Bewegung an war irreführende Werbung Teil dieser Marktanpassungsstrategien. Wer nicht „grün“ liefern kann, gibt dies zumindest vor – nach dem Motto „Fake it until you make it“. Dabei war nicht Europa der Vorreiter beim Green Marketing und Greenwashing. Die größte Volkswirtschaft der Welt, die USA, sieht sich diesen Phänomenen seit Jahrzehnten in besonders starkem Maße ausgesetzt und ist in dieser Hinsicht weiterhin Trendsetter.

4

Die Notwendigkeit, spezielle Regeln zu schaffen und einen lauteren Wettbewerb mit besonderem Fokus auf „Green Claims“ durchzusetzen, wurde von der US-Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde, der Federal Trade Commission (FTC), früh erkannt und thematisiert. Kapitel A widmet sich dieser praxisrelevanten Rechtsentwicklung und dem US-amerikanischen regulatorischen Gefüge nebst ausgewähltem „case law“, das in Zeiten globaler Produkte und Werbung einen erheblichen Einfluss auch auf Europa ausübt.

5

Die Analyse der „Green Guides“ der FTC offenbart die vielfältigen Überschneidungen zwischen bisheriger europäischer Rechtsprechung, aktuellen Gesetzgebungsvorhaben und internationalen technischen Normen. Das Rad muss nicht jedes Mal neu erfunden werden, damit es sich dreht. Kapitel B dieses Buches analysiert daher eingehend die für umweltbezogene Werbung und Greenwashing relevanten internationalen technischen Normen der International Organization for Standardization (ISO), insbesondere der Normenfamilie ISO 14020. Diese bieten sowohl dem europäischen als auch dem US-amerikanischen Recht eine solide wissenschaftliche Grundlage zur Beantwortung komplexer Fragen im Zusammenhang mit „Irreführung“ oder „Deception“.

6

Das Thema Greenwashing wird vor deutschen Gerichten derzeit überwiegend wettbewerbsrechtlich behandelt. In Kapitel C gibt das Werk zunächst einen ersten Einblick in die einschlägigen nationalen Vorschriften, insbesondere zur Irreführung (§ 5 UWG) und zum Vorenthalten wesentlicher Informationen (§ 5a UWG). Hieran knüpft ein umfassender Überblick über die aktuellste Rechtsprechung deutscher Gerichte an. Insbesondere klagebefugte Verbände wie die Wettbewerbszentrale oder die Deutsche Umwelthilfe gehen seit gut zwei Jahren konsequent gegen die Verwendung vager Umweltbegriffe wie „klimaneutral“ vor. Die Übersicht verdeutlicht dabei gut, wie uneinig die Rechtsprechung derzeit noch ist.

7

Das Kapitel D beschreibt sodann, womit Unternehmen lauterkeitsrechtlich bei einem Verstoß zu rechnen haben. Das Kapitel zeigt anschaulich, wer gegen Greenwashing vorgehen kann und welche rechtlichen Schritte auf ein in Anspruch genommenes Unternehmen warten.

8

Kapitel F befasst sich mit den rechtlichen Grundlagen der Offenlegungs- und Taxonomieverordnung, die Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater verpflichtet, (potenzielle) Anleger über die Nachhaltigkeitsaspekte eines Finanzprodukts zu informieren. In dem Kapitel werden in aller Kürze die historischen Zusammenhänge der europäischen Gesetzgebung erläutert und die Pflichten der Finanzmarktteilnehmer und der Finanzberater im Zusammenhang mit der Offenlegungs- und Taxonomieverordnung werden knapp zusammengefasst. Schwerpunkt der Untersuchung bildet die Untersuchung von Prospekthaftungsansprüchen gegen Finanzmarktteilnehmer aufgrund unrichtiger Nachhaltigkeitsinformationen.

9

Neben einer lauterkeitsrechtlichen Inanspruchnahme kann Greenwashing noch weitere Folgen für das Unternehmen haben. Auf diese gehen die Autoren in Kapitel F näher ein. So kommt es häufig vor, dass sich ein bekannt gewordener Greenwashing-Skandal im Netz zu einem ausgewachsenen Shitstorm entwickelt. Neben sachlicher Kritik hagelt es dann oft üble Beleidigung und die Verbreitung unwahrer Tatsachen. Wie man damit rechtlich umgeht und welche Möglichkeiten ein Unternehmen hat, das in einen Shitstorm geraten ist, wird in diesem Kapitel ebenso beschrieben wie das Vorgehen gegen einen Boykottaufruf.

10

Influencer sind aus der Werbung nicht mehr wegzudenken. Durch strategische Kooperationen mit Influencern kann die eigene Reichweite des Unternehmens gesteigert werden. Der Einsatz von Influencern birgt allerdings zahlreiche neue Haftungsrisiken. Und durch die hohe Verbreitung bleiben Fehler selten unentdeckt. In Kapitel G gibt das Werk daher einen Einblick, worauf Unternehmen beim Einsatz von Influencern achten müssen.

11

Den Abschluss macht in Kapitel H ein umfassender Ausblick auf die Bestrebungen der EU-Kommission im Rahmen des Green Deal. Umweltbezogene Werbung soll danach durch verschiedene Gesetzesinitiativen künftig stärker reguliert werden. Verbraucher sollen dadurch mehr Informationen erhalten und Unternehmen erhalten den Anreiz, künftig nachhaltiger zu produzieren.

B. Green Advertising: Regulierung und Rechtsdurchsetzung in den USA

I. Green Advertising aus Perspektive des Makromarketings

12

Das Phänomen des „Green Advertising“ manifestiert sich in der Einbindung ökologischer Narrativen innerhalb marketingstrategischer Maßnahmen. Hierunter fallen sowohl die Hervorhebung ökologischer Attribute eines Produkts oder einer Dienstleistung als auch die Kommunikation umweltfreundlicher Unternehmenspraktiken.

13

Mit der fortschreitenden Sensibilisierung für umweltrelevante Fragestellungen in den industrialisierten Gesellschaften des 20. und 21. Jahrhunderts haben Unternehmensstrukturen ihre Marketingstrategien adaptiert, um diesem neuartigen Konsumentenbewusstsein gerecht zu werden. Nicht zuletzt sind es auch regulatorische Eingriffe, die diesen Wandel mitgestalten.

14

Die Ansätze und die Authentizität von „Green Advertising“ variieren jedoch zwischen den Ländern. In den USA gab es früh Bedenken hinsichtlich der Genauigkeit einiger umweltbezogener Werbebotschaften. Trotz eines generellen Trends in Richtung Umweltwerbung könnten einige dieser Botschaften vage oder irreführend sein. Im Gegensatz dazu haben Länder der Europäischen Union und Australien schon früh strengere gesetzliche Rahmenbedingungen und Kennzeichnungssysteme implementiert, um genauere und verlässlichere umweltbezogene Werbebotschaften zu erzielen.1

15

Aus einer übergeordneten Marketingperspektive ist „Green Advertising“ von zentraler Bedeutung. Es bietet die Möglichkeit, das Bewusstsein für ökologische Fragen zu erhöhen und den Verkauf umweltfreundlicher Produkte und Dienstleistungen zu fördern. Es ist jedoch entscheidend, dass die in dieser Werbung gemachten Ansprüche exakt, authentisch und rechtmäßig sind.

16

Das Phänomen „Greenwashing“ hat seinen Ursprung bereits in den 1980er Jahren und bezeichnet eine Marketingstrategie, bei der Unternehmen ihre Produkte oder Dienstleistungen als umweltfreundlicher darstellen, als sie tatsächlich sind. Dieser Begriff leitet sich von dem traditionellen Konzept des „Whitewashing“ ab, welches sich auf das Verschleiern oder Beschönigen von Unzulänglichkeiten oder Fehlverhalten bezieht.2 Beim Greenwashing geht es jedoch spezifisch um das Verschleiern von Umweltaspekten. Es wurden sieben charakteristische „Sünden“ des Greenwashings identifiziert,3 die verschiedene Methoden der irreführenden Darstellung umfassen:4

1.Hidden Trade-Off (Versteckter Kompromiss): Ein Produkt wird basierend auf einer eng gefassten umweltfreundlichen Eigenschaft beworben, während andere, weniger umweltfreundliche Aspekte übergangen werden.

2.No Proof (Fehlender Beweis): Umweltfreundliche Behauptungen werden ohne jegliche glaubhafte Zertifizierung oder Belege aufgestellt.

3.Vagueness (Unbestimmtheit): Die Verwendung von Begriffen, die zu unbestimmt sind und Raum für Fehlinterpretationen lassen.

4.Irrelevance (Irrelevanz): Die Präsentation von Informationen oder Zertifikaten, die zwar korrekt, aber für das jeweilige Produkt irrelevant sind.

5.Lesser of two Evils (Das geringere Übel): Die Bewerbung eines Produktes als „grüner“ im Vergleich zu einem anderen, obwohl beide nicht umweltfreundlich sind.

6.Fibbing (Schummeln): Direkte falsche Darstellungen bezüglich der Umweltfreundlichkeit eines Produktes.

7.False labels (Falsche Kennzeichnung): Die Verwendung nicht existierender Zertifikate oder Siegel, um ein Produkt als nachhaltig oder umweltfreundlich darzustellen.

1

Carlson/Grove/Kangun/Polonsky

, An International Comparison of Environmental Advertising: Substantive versus Associative Claims, Journal of Macromarketing, 1996, 57ff.

2

Lane

, Consumer Protection in the Eco-Mark Era: A Preliminary Survey and Assessment of Anti-Greenwashing Activity and Eco-Mark Enforcement, John Marshall Review of Intellectual Property Law, Vol. 9, No. 742 (2010).

3

Robledo

, An American Dream Gone Green: A Discussion of Existing Environmental Marketing Regulations and the Need for Stricter Legislation, Touro Law Review 38 (2022), S. 937ff.

4

Vieira de Freitas Netto/Falcão Sobral/Bezerra Ribeiro/da Luz Soares

, Concepts and forms of greenwashing: a systematic review, Environmental Sciences Europe (2020), 32:19;

Dumont

, A typology of greenwashing practices in consumer advertisement, Master Thesis, 2022, S. 13ff.; The 7 Sins of Greenwashing: A Bluedot Environmental Perspective, Bluedot Marketing, https://bluedotmarketing.ca/the-7-sins-of-greenwashing;

D’Alessandro

, 7 Sins of Greenwashing (And 5 Ways to Keep It Out of Your Life), Ecowatch, https://www.ecowatch.com/7-sins-of-greenwashing-and-5-ways-to-keep-it-out-of-your-life-1881898598.html (zuletzt abgerufen: 24.8.2023).

II. Die Wirkung von Credence Claims (Vertrauensaussagen) und Experience Claims (Erfahrungsaussagen)

17

Das Hauptziel des Greenwashing ist es, ein positives Image in der Öffentlichkeit zu erzeugen und so den Absatz der eigenen Produkte5 oder die Attraktivität des eigenen Unternehmens für Investoren6 oder Arbeitnehmer7 zu steigern. Doch wie gelingt es Unternehmen, die Verbraucher so effektiv zu täuschen?8 Ein zentrales Element des Greenwashing sind die sogenannten „Credence Claims“ (Vertrauensaussagen). Diese Aussagen beziehen sich auf Eigenschaften eines Produkts, die für Verbraucher schwer oder gar nicht überprüfbar sind. Sie stehen im Gegensatz zu „Experience Claims“ (Erfahrungsaussagen), die auf individuellen Nutzungseigenschaften basieren und vom Verbraucher leicht überprüft werden können.9 Ein klassisches Beispiel für eine Vertrauensaussage ist die Behauptung, dass ein Produkt biologisch ist, also aus ökologischem Anbau stammt. Während Verbraucher leicht feststellen können, ob ein Toilettenpapier weich ist (Erfahrungsaussage), ist es für sie nahezu unmöglich zu überprüfen, ob das Toilettenpapier tatsächlich aus ökologischem Anbau stammt (Vertrauensaussage).10

18

Die Schwierigkeit, solche Vertrauensaussagen zu überprüfen, liegt in der Komplexität und Spezifität des erforderlichen Wissens. Die meisten Verbraucher verfügen nicht über das technische Know-how oder die spezifischen Kenntnisse, um beurteilen zu können, ob eine umweltbezogene Vertrauensaussage über ein Produkt zutreffend ist. Dies öffnet die Tür für Unternehmen, irreführende oder sogar falsche Behauptungen aufzustellen, ohne dass sie leicht überführt werden können.

19

Die Wirtschaftstheorie bietet interessante Einblicke in das Verhalten von Verbrauchern im Hinblick auf Vertrauensaussagen. Rational denkende Verbraucher sollten solche Aussagen, die sie nicht überprüfen können, eigentlich ignorieren. Das bedeutet, sie sollten solchen Behauptungen keinen Glauben schenken und sie bei ihrer Kaufentscheidung nicht berücksichtigen. In der Praxis zeigt sich jedoch ein anderes Bild. Viele Verbraucher werden im Laufe der Zeit von Vertrauensaussagen überzeugt, insbesondere wenn sie wiederholt und konsequent kommuniziert werden. Dieser Prozess der Vertrauensbildung basiert oft auf der wiederholten Exposition gegenüber der Werbeaussage und nicht auf tatsächlichen Beweisen für dessen Richtigkeit. Mit anderen Worten, Verbraucher vergessen mit der Zeit, welche Quellen oder Beweise Unternehmen für ihre Behauptungen anführen, und erinnern sich nur daran, dass der Anspruch erhoben wurde. Dies kann sogar so weit gehen, dass selbst skeptische Verbraucher, die solchen Aussagen anfangs misstrauen, sie schließlich für glaubwürdig halten. Diese Entwicklung zeigt, wie mächtig und einflussreich Vertrauensaussagen sein können.

5

Vertiefend zur Motivation für Greenwashing mit zahlreichen grafischen Übersichten:

Delmas/Cuerel Burbano

, The Drivers of Greenwashing, California Management Review 54, (2011), S. 64, 66ff.

6

Reich an empirischen Daten:

Korneich

, How does greenwashing affect firm value? Empirical analysis from stock market reaction and companies’ performance, Université catholique de Louvain, Master Thesis (2022), S. 24ff.

7

Speckemeier/Tsivrikos

, Evidence of Greenwashing in Talent Attraction: Can Job Seekers Successfully Detect Deceptive Job Advertisements?, International Journal of Marketing & Human Resource Research, 3(4) (2022), S. 225ff.

8

Rotman/Gossett/Goldman

, Greenwashing No More: The Case for Stronger Regulation of Environmental Marketing, Administrative Law Review, vol. 72 (2020), S. 417, 430ff.

9

Detailliert zu

search

,

credence

und

experience claims: Friedman

, Refining Advertising Regulation, 49 Connecticut Law Review (2017), S. 837, 844ff.

10

Liebi

, Monitoring Eco-Labels: You Can Have Too Much of a Good Thing, Diskussionsschriften, Department Volkswirtschaftlehre, Universität Bern (2002).

III. Die Rechtsdurchsetzung der US Federal Trade Commission (FTC)

20

Als Vorreiterin bei der Bekämpfung irreführender Umweltaussagen kann im internationalen Kontext die US Federal Trade Commission (FTC) angesehen werden. Diese wurde durch den „Federal Trade Commission Act“ (FTC Act) von 1914 gegründet und hat die primäre Aufgabe, den Wettbewerb zu fördern und Verbraucher in der größten Volkswirtschaft der Welt (BIP 25,5 Billionen USD 2022, Deutschland BIP 4,01 Billionen) vor unlauteren oder irreführenden Geschäftspraktiken zu schützen. In den letzten zwei Jahrzehnten hat die FTC ihre Bemühungen im Bereich des Umweltschutzes intensiviert, was zu einer Reihe von bedeutenden rechtlichen Entwicklungen und Entscheidungen geführt hat. Die FTC wurde als Reaktion auf die wachsenden Bedenken über monopolistische Praktiken und die Notwendigkeit eines regulierten Wettbewerbs gegründet. Ursprünglich konzentrierte sich die FTC auf wirtschaftliche Fragen, aber mit der Zeit und dem wachsenden Bewusstsein für Umweltprobleme hat die FTC ihre Aufmerksamkeit auch auf den Umweltschutz gerichtet.11 Dies war eine natürliche Entwicklung, da viele unlautere Geschäftspraktiken auch negative Auswirkungen auf die Umwelt hatten.

1.Rechtliche Grundlagen

21

Der „Federal Trade Commission Act“ (15 U.S.C. §§ 41–58) verbietet „unfair methods of competition“ (unlautere Wettbewerbsmethoden) und „unfair or deceptive acts or practices“ (unlautere oder irreführende Handlungen oder Praktiken). Diese Formulierung wurde absichtlich weit gefasst, um der FTC einen breiten Ermessensspielraum zu geben. Die Legislative erkannte, dass eine zu spezifische Definition die Fähigkeit der FTC, auf sich entwickelnde wirtschaftliche und technologische Herausforderungen zu reagieren, einschränken könnte. Dies gibt der FTC eine breite Befugnis, gegen Unternehmen vorzugehen, die irreführende Umweltaussagen geltend machen.12 Es ist wichtig zu betonen, dass, während Art. 5 eine breite Palette von Verhalten abdeckt, nicht jede unethische Geschäftspraxis notwendigerweise als „unlauter“ im Sinne des Gesetzes angesehen wird. Der Supreme Court der USA hat in mehreren Entscheidungen (z.B. FTC v. Sperry & Hutchinson Co., 405 U.S. 233 [1972]) klargestellt, dass die Federal Trade Commission (FTC) die Befugnis hat, Handelspraktiken als „unlauter“ im Sinne des § 5 des Federal Trade Commission Act zu definieren, auch wenn diese Praktiken nicht „deceptive“ sind oder gegen das Kartellrecht verstoßen. Das Gericht stellte fest, dass eine Handelspraxis als „unlauter“ betrachtet werden kann, wenn sie gegen fest etablierte öffentliche Grundsätze verstößt oder, selbst wenn dies nicht der Fall ist, wenn sie einen erheblichen Schaden für den Verbraucher verursacht oder wahrscheinlich verursachen wird, der nicht durch Vorteile für Verbraucher oder den Wettbewerb als Ganzes aufgewogen werden kann.

22

Ein weiteres Urteil des Supreme Court, FTC v. Indiana Federation of Dentists, 476 U.S. 447 (1986), erweiterte das Verständnis von wettbewerbsbeschränkenden Handlungen im Kontext des FTC Act. Das Urteil unterstrich die Bedeutung von Transparenz und Informationsfluss für einen effizienten und fairen Wettbewerb und stärkte die Befugnisse der FTC, gegen Praktiken vorzugehen, die diese Prinzipien untergraben. Es zeigte auch die Bereitschaft des Gerichts, den Schutz der Verbraucher und die Erhaltung eines gesunden Wettbewerbs als zentrale Grundsätze des Wettbewerbsrechts zu priorisieren. Das Gericht betonte, dass Praktiken, die den Verbrauchern die Möglichkeit nehmen, fundierte Entscheidungen zu treffen, als Verstöße gegen Art. 5 betrachtet werden könnten.

23

Die FTC hat im Laufe der Jahre Richtlinien herausgegeben, um Unternehmen über die Interpretation von „unlauteren Praktiken“ aufzuklären. Diese Richtlinien (oft als „Deception Statements“ oder „Unfairness Statements“ bezeichnet) dienen dazu, den Rahmen von Art. 5 zu klären und Unternehmen zu helfen, sich im Einklang mit dem Gesetz zu verhalten, indem sie die von der FTC vertretene Interpretation von „Täuschung“ (deception) und „Unlauterkeit“ (unfairness) gemäß Art. 5 des Federal Trade Commission Act definieren.

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Die Notwendigkeit solcher Erklärungen entstand aus der Erkenntnis, dass die dynamische Geschäfts- und Verbraucherlandschaft eine genauere und flexiblere Auslegung des Art. 5 erforderte. Diese Statements dienten dazu, die rechtlichen Unklarheiten bezüglich der Begriffe „täuschend“ und „unlauter“ zu klären und gleichzeitig den Unternehmen eine klare Richtschnur für rechtmäßiges Verhalten zu bieten.

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Deception Statements:

Das „FTC Policy Statement on Deception“ aus dem Jahr 198313 definiert „Täuschung“ wie folgt:

– Eine Darstellung, Unterlassung oder Praxis, die einen Verbraucher, der unter den gegebenen Umständen vernünftig handelt, wahrscheinlich in die Irre führt.

– Die betreffende Darstellung oder Unterlassung muss materiell sein; d.h., sie ist wahrscheinlich von Bedeutung für die Entscheidung des Verbrauchers bezüglich eines Produkts oder einer Dienstleistung.

– Nicht jede Unwahrheit oder Auslassung wird automatisch als „Täuschung“ im Sinne des FTC Act eingestuft. Eine Praxis oder Darstellung muss den Verbraucher in einer substanziellen, entscheidungsrelevanten Weise irreführen.

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Unfairness Statements:

Das „FTC Policy Statement on Unfairness“ aus dem Jahr 198014 liefert eine detaillierte Auslegung des Begriffs „Unlauterkeit“. Die FTC identifiziert hierbei drei Hauptkriterien:

– Die Praxis verursacht oder kann wahrscheinlich erheblichen Schaden für den Verbraucher verursachen.

– Der Schaden wird nicht durch überwiegende Vorteile für den Verbraucher oder den Wettbewerb als Ganzes kompensiert.

– Der Verbraucher kann den Schaden nicht vernünftigerweise vermeiden.

2.Die FTC Guides for the Use of Environmental Marketing Claims („Green Guides“)

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Im Laufe der Jahre hat die FTC die „Green Guides“ entwickelt, um Unternehmen zu helfen, die Grenzen umweltbezogener Werbeaussagen zu verstehen. Die „Green Guides“ (offiziell „Guides for the Use of Environmental Marketing Claims“15) sind spezifische Leitlinien der FTC, die sich auf Umwelt- und „grüne“ Marketingbehauptungen beziehen. Diese spezialisierte Richtliniensammlung setzt sich dezidiert mit den feinmaschigen Nuancen des umweltbezogenen Marketings und der damit verbundenen Claims auseinander. Die Green Guides sind von eminenter Bedeutung, insbesondere im Kontext der sich dynamisch entwickelnden ökologischen Sensibilität des Marktes und der damit einhergehenden Erwartungen der Verbraucher.

– Grundlage im Konzept der Täuschung (Deception): Die Quintessenz der „Green Guides“ korrespondiert unmittelbar mit den Prinzipien der „Deception Statements“. Sie zielen darauf ab, potenzielle Desinformationen im Umweltmarketing zu eliminieren. Ein illustratives Beispiel hierfür wäre die Bewerbung eines Produkts als „biologisch abbaubar“, wenn diese Klassifizierung entweder nicht hinlänglich spezifiziert ist oder im gegebenen Kontext irreführend erscheint. Ein solches Verhalten könnte konsequenterweise als täuschende Praxis gemäß dem FTC Act qualifiziert werden. Die „Green Guides“ fungieren hier als ein Leitfaden, der Unternehmen durch das komplexe Terrain des umweltbezogenen Marketings navigiert, indem er konkrete Szenarien und Beispiele bietet.

– Konnotation zur Unlauterkeit (Unfairness): Obschon die primäre Ausrichtung der „Green Guides“ der Täuschungsvermeidung dient, könnten irreführende ökologische Claims ebenso in den Dunstkreis der „Unfairness“ geraten, insbesondere wenn sie den rigiden Kriterien der „Unfairness Statements“ entsprechen. Ein solcher Fall wäre gegeben, wenn eine irreführende Behauptung substanziellen Schaden für den Verbraucher induziert, dieser Schaden nicht durch übergeordnete Vorteile kompensiert wird und der Verbraucher ihm nicht adäquat entkommen kann.

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Während die „Deception“ und „Unfairness Statements“ ähnlich einem europäisch verstandenen „Allgemeinen Teil“ für unlautere und täuschende Handelspraktiken fungieren, etablieren sich die „Green Guides“ als deren konkrete Anwendung im Segment des Umweltmarketings. Sie bieten detaillierte Orientierungspunkte und exemplarische Situationen, um sicherzustellen, dass umweltbezogene Claims transparent, authentisch und verifizierbar bleiben.

3.Rechtsdurchsetzungsmechanismen der FTC

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Die Federal Trade Commission (FTC) verfügt über eine umfangreiche Palette von Rechtsdurchsetzungsinstrumenten, um ihrer regulatorischen Verantwortung gerecht zu werden und Verstöße gegen geltende Gesetze und Vorschriften zu sanktionieren. Diese Durchsetzungsmaßnahmen gliedern sich primär in zwei Hauptkategorien: Administrative Proceedings (Verwaltungsverfahren) und Litigation (Gerichtsverfahren).

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Administrative Proceedings (Verwaltungsverfahren): Im Rahmen dieser internen Prozesse hat die FTC die Befugnis, mutmaßliche Verstöße zu prüfen und formelle Complaints (Beschwerden) gegen Unternehmen oder Individuen einzureichen. Nach Einreichung einer solchen Beschwerde erfolgt eine öffentliche Anhörung vor einem unabhängigen Administrative Law Judge (Verwaltungsrichter). Dieser bewertet die vorgelegten Beweismittel und trifft eine Initial Decision (vorläufige Entscheidung). Sowohl die FTC als auch die betroffene Partei können diese Entscheidung Appeal (berufen) und sie der gesamten Kommission der FTC zur Überprüfung vorlegen. Nach Abschluss dieses Verfahrens trifft die FTC eine Final Order (endgültige Entscheidung), gegen die jedoch ein Appeal (Berufung) beim U.S. Court of Appeals (Bundesberufungsgericht) möglich ist.

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Litigation (Gerichtsverfahren): Zusätzlich zu den Verwaltungsverfahren behält sich die FTC das Recht vor, vor Federal Courts (Bundesgerichten) zivilrechtliche Klagen wegen Verstößen gegen den FTC Act oder andere relevante Gesetzgebungen einzureichen.

– Bei Zuwiderhandlungen gegen den FTC Act oder spezifische Vorschriften, wie etwa die Green Guides, kann die FTC Cease and Desist Orders (Unterlassungsanordnungen) erlassen. Diese Anordnungen verpflichten Unternehmen, bestimmte Handelspraktiken, die als irreführend oder unlauter klassifiziert wurden, umgehend zu beenden. Ein wiederholter Verstoß gegen diese Anordnungen kann zu erheblichen Sanktionen führen.

– Darüber hinaus verbreitet ist der Abschluss eines Consent Decree, einer Art Vergleichsvereinbarung, die zwischen der FTC und einem Unternehmen getroffen wird. Es handelt sich um eine gerichtliche Anordnung, in der das Unternehmen zustimmt, bestimmte Handlungen zu unterlassen, ohne jedoch ein Fehlverhalten zuzugeben. Consent Decrees werden oft verwendet, um langwierige und kostspielige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

– Darüber hinaus ist die FTC berechtigt, Civil Penalties (zivilrechtliche Strafen) zu verhängen. Diese Sanktionen werden vor allem dann erhoben, wenn ein Unternehmen gegen eine bereits erlassene Cease and Desist Order (Unterlassungsanordnung) oder gegen spezifische Bestimmungen des FTC Act verstößt. Die Höhe dieser Strafen kann erheblich sein und dient dem Ziel, die Einhaltung des FTC Act und zugehöriger Vorschriften sicherzustellen.

4.Die Green Guides im Detail

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Die FTC als zentrale Wettbewerbsbehörde der Vereinigten Staaten hat mit den Green Guides ein Regelwerk geschaffen, das nicht nur als Leitfaden dient, sondern auch die rechtlichen Grenzen für umweltbezogene Werbeaussagen absteckt. Die Intention dieser Leitlinien ist spezifisch die Vermeidung irreführender (Umwelt-)Werbeaussagen. Dieser Grundsatz ist tief in der US-amerikanischen Rechtstradition verwurzelt, die den Schutz der Verbraucher vor irreführenden und täuschenden Handelspraktiken in den Vordergrund stellt. Ein prägnantes Beispiel hierfür ist der Fall FTC v. Volkswagen Group of America, Inc. (2017), in dem die FTC Volkswagen wegen irreführender Aussagen über den Emissionsausstoß seiner Dieselfahrzeuge verklagte. Im Jahr 2016 war VW in den Fokus der FTC geraten, die dem Unternehmen irreführende Werbung über den Emissionsausstoß seiner Dieselfahrzeuge vorwarf. Die FTC behauptete, dass VW falsch dargestellt habe, dass bestimmte Autos niedrige Emissionen hätten und geltende Umweltstandards erfüllten, obwohl sie mit einer Software ausgestattet waren, welche die Emissionstests manipulierte.16 Dieser Skandal, oft als „Dieselgate“ bezeichnet, führte dazu, dass VW zustimmte, bis zu 14,7 Milliarden USD zu zahlen, um die Ansprüche von Verbrauchern und Regulierungsbehörden beizulegen sowie Umweltprojekte und den Ausbau von Elektrofahrzeug-Ladeinfrastrukturen zu fördern. Dieser Fall belegt die entscheidende Rolle der FTC bei der punktuellen, aber wirksamen Durchsetzung von Standards für Umweltaussagen.

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Im Gegensatz dazu verfolgt die Europäische Union mit ihrem Vorschlag für eine Richtlinie über Umweltaussagen17