Der Seerosenzirkel - Fanny Remus - E-Book

Der Seerosenzirkel E-Book

Fanny Remus

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Beschreibung

Willkommen an der Sulyeon Academy, kleiner Omega. Hältst du auch aus, was dich hier erwartet? Oder wirst du brechen?

Verdammte Alphas. Sie sollen sich alle ficken gehen.
Nur leider ist Lio auf ihre … Großzügigkeit angewiesen, weil niemand in dieser verfluchten Stadt einem Omega einen Job gibt.
Da macht ihm Sangwook ein verlockendes Angebot. Als Teil des Seerosenzirkels könnte Lio an der angesehenen Sulyeon Academy studieren.

Es gibt nur einen Haken: Die Alphas des Zirkels wollen seinen Arsch.
Und dann taucht auch noch Kai, ein Alpha aus seiner Vergangenheit, an der Academy auf …

Tauche ein in eine Omegaverse-Welt voller Ungerechtigkeiten, Intrigen und ganz viel Mut.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhaltshinweise
Einführung Omegaverse
Alpha
Omega
Beta
Hyper
Bund
Vorbestimmte Gefährten
Prolog
Ein Angebot
Der Seerosen-Zirkel
Erste Male
Vorbestimmung
Mein Alpha!
Fragen und Antworten
Alpha in Rut
Vorbestimmte Gefährten
Macht
Grenzen
Sowas wie Liebe
Hin und weg
Verbindungen
Die Gala
Gejagt
Deals
Freier Fall
Eine Party
Abgrund
Schicksal
Abschiede
1 Jahr später
Danksagung

Fanny G. Remus

Der Seerosenzirkel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

IMPRESSUM

 

Fanny Remus, Berlin

erschienen im To|be|Read-Schreibkollektiv

 

Lektorat: Nica Becker (Lektorat Subtext)

Korrektorat: Antje Bremer (antjebremer.com)

Cover und Umschlag: Katharina Hoppe (Limes Design, limes-design.com)

 

fannyremus.de, [email protected]

IG: @fannyremus, TT: @fannyremus_autorin

 

 

 

 

 

 

 

FANNY G. REMUS

 

 

Über die Autorin

 

Fanny Remus erleuchtet durch das Schreiben neue Wege. Ob Dystopie, Romance oder Roman: Ihre Geschichten wirbeln Staub unbeschrittener Pfade auf.

Erfahre die Vielfalt des Lebens in Fannys philosophischen Welten. An der Seite bunter Figuren suchst du Antworten auf die großen Fragen, brichst Tabus und entdeckst neue Perspektiven.

So verändert ihr Seite für Seite die Welt.

Ihr Weg mit dem Fahrrad zum Mond startet in Berlin, wo sie sich mit ihrem Ehemann das Leben nach ihren Bedingungen einrichtet.

 

Bereits erschienene Titel:

Die Farbe der Vernunft – eine dystopische Liebesgeschichte

That fucking Bet (Spicy Romance)

Ingenio 1 & 2 – Bakkai City Chronicles (Cyberpunk Dystopie), WunderZeilen Verlag

 

 

 

 

Über To|be|Read

 

Ein gutes Buch ist kein Zufall und veröffentlichen kann man es nicht allein. Deswegen haben sich im TBR-Kollektiv sieben Autor*innen zusammengeschlossen, um gute Geschichten zu veröffentlichen.

Viele Augen sehen mehr als zwei, fünf Hirne denken besser als eins, fünf Herzen fühlen stärker als eins – dafür steht To|Be|Read.

 

 

 

 

 

 

 

 

Für alle, die sich ihren Platz im Leben erobern müssen.

 

Inhaltshinweise

In diesem Buch findest du:

Omegaverse

Dark Gay Romance

Freier Wille vs. Schicksal

Fated Mates

Kampf gegen Diskriminierung

Hurt/Comfort

 

Aber auch:

Sexueller Missbrauch und Vergewaltigung

(Erzwungene) Prostitution

Diskriminierung aufgrund des Geschlechts

Physische und psychische Gewalt und Demütigung

Blut

Todeskampf durch Würgen

Drogenmissbrauch

Erbrechen

Körperflüssigkeiten

Suizid

Freiheitsberaubung mit Ketten

 

Bitte sei vorsichtig, wenn du dich damit unwohl fühlst.

Einführung Omegaverse

Das Omegaverse ist ein alternatives Universum, in dem zusätzlich zu den bei uns existierenden Geschlechtern die Einteilung in Alpha, Beta und Omega vorkommt.

Diese Ausprägungen basieren auf Pheromonen und haben einige besondere Merkmale zur Folge.

Neben diesen Grundregeln ist jede Omegaverse-Welt anders. Die Gegebenheiten dieses Buches können sich also von anderen Geschichten unterscheiden.

 

Alpha

Alphas stellen die Elite der Gesellschaft. Ihre Körper sind überdurchschnittlich stark, sie sind immun gegen die meisten Krankheiten und ihre Pheromone sorgen für eine impulsive Natur. Ihre Überlegenheit brachte sie schnell an die Spitze der Gesellschaft.

Mit ihren Pheromonen können sie Omegas gefügig machen, können selbst aber auch in »Rut«, einen Zustand unkontrollierbarer Lust, verfallen, wenn sie einem Omega im Estrus begegnen.

Alphas haben einen Penis (Frauen haben zusätzlich eine Vagina) und können nicht schwanger werden.

Anteil an der Population: 20 %

 

 

Omega

Omegas werden wegen ihrer schwächeren Statur und ihrer eher zurückhaltenden Art als unterlegen angesehen. Ihre Körper sind dennoch ebenfalls widerstandsfähiger gegen Krankheiten aller Art als die von Betas.

Sie durchlaufen einen Zyklus, bei dem sie einmal im Monat mehrere Tage im »Estrus« verbringen. Währenddessen ist ihre Libido stark ausgeprägt und sie sind besonders empfindlich gegen Alpha-Pheromone. Omegas jedes Geschlechts können während dieser Zeit schwanger werden, da alle einen Uterus besitzen. Bei männlichen Omegas dient der After neben ihrem Penis als Geschlechtsorgan und kann sogar feucht werden.

Diese Estrus-Phasen und ihre Wirkung auf Alphas sind der Grund, warum Omegas schwer Jobs finden und viel Diskriminierung erfahren, solange sie nicht zu einem Alpha gehören. Oft werden sie als Accessoire oder Sexpuppe gesehen und leben in Abhängigkeit von Alphas.

Anteil an der Population: 15 %

 

Beta

Der Großteil der Population sind Betas. Sie können kaum Pheromone wahrnehmen und haben keine besonderen Merkmale.

Anteil an der Population: 65 %

 

Hyper

So werden Alphas und Omegas mit ungewöhnlich hoher Pheromonkonzentration genannt. Selbst Betas können diese Pheromone wahrnehmen. Alphas und Omegas sind besonders anfällig für Hyper und verlieren schneller die Kontrolle. Hyper können »Estrus« bzw. »Rut« außer der Reihe beim jeweils anderen Geschlecht auslösen, wenn sie selbst in diesem Zustand sind.

 

Bund

Alpha und Omega können einen »Bund« eingehen. Ein Alpha beißt einen Omega im Estrus in den Nacken. Daraufhin können die beiden nur noch die Pheromone des jeweils anderen wahrnehmen und sind geruchlos für alle außerhalb des Bunds.

Ein Bund wird auf Lebenszeit geschlossen. Sexuelle Handlungen mit Menschen außerhalb des Bundes führen zu Unwohlsein und Übelkeit.

Offiziell ist es verboten, jemanden ohne Einverständnis zu binden, dennoch kommt es immer wieder vor, dass einem Omega der Bund aufgezwungen wird. Um das zu verhindern, tragen ungebundene Omegas Halsbänder.

 

Vorbestimmte Gefährten

Das ist ein ausgesprochen seltenes Phänomen, bei dem die Pheromone von Omega und Alpha so kompatibel sind, dass die beiden unwiderstehlich voneinander angezogen werden. Es gibt nur wenige bekannte Fälle und es ranken sich viele Mythen um diese Kompatibilität.

 

Soweit zu den allgemeinen Gegebenheiten. Aber da gibt es immer noch die Menschen, die sich diesen Vorurteilen nicht beugen und einfach sie selbst sind. Ist die Biologie also gar nicht so festgelegt, wie uns die Gesellschaft glauben lassen will?

Prolog

Das Wimmern drang durch den Türspalt. Kai machte einen zögerlichen Schritt darauf zu. Was würde er zu sehen bekommen, wenn er die Tür aufstieß?

Der schummrige Flur der alten Villa lag verlassen da. Alle Alphas waren schon vor einer Stunde verschwunden. Vater war als letzter gegangen. Nur der seichte Geruch ihrer Pheromone war geblieben. Und das Wimmern. Nach einem letzten Blick über die Schulter trat Kai durch die Tür.

Eine dämmerige Nachttischlampe hüllte ein großes Bett in einen Kokon aus Licht. Im Halbdunkel hätte er den wie leblos daliegenden Körper in den zerwühlten Decken beinahe übersehen.

Ein Junge, kaum älter als er. Vielleicht siebzehn. Kai beugte sich zu ihm herunter. Sein Brustkorb hob und senkte sich ganz leicht. Und was war das? Süß! Ein feiner Duft schien von ihm auszugehen.

»Omega«, flüsterte Kai.

Der Junge wand sich plötzlich und wimmerte wieder. Unruhig drehte er sich hin und her. Einem Impuls folgend, legte Kai ihm die Hand auf die Schulter. Blass hob sie sich von der bronzenen Haut des anderen ab.

»Schon gut, ich bin ja hier.« Seine Stimme war ungewohnt rau.

Die Decke war von dem schmalen Körper gerutscht. Kai knurrte. Bissspuren, rötliche Male und blaue Flecke übersäten jeden Zentimeter Haut.

Tränen brannten ihm in den Augen. »Ich kann dir nicht helfen. Ich weiß nicht wie.«

Unbeholfen deckte er den Jungen wieder zu und strich ihm zart eine Strähne aus dem Gesicht. Schön. Zerbrechlich wie eine Puppe.

»Junger Herr!«, japste es erschrocken von der Tür.

Kai schnellte vom Bett zurück. »Maria, ich …«

Das Zimmermädchen zog ihn in Richtung Tür. »Du musst hier sofort weg, bevor dein Vater …«

Etwas zupfte Kai am Ärmel.

»Junger Herr, nicht …!«, schrie Maria spitz.

»Bitte … ich halte es nicht mehr aus.« Der Junge klammerte sich plötzlich an Kais Arm. »Ich brauche einen Alpha.«

Er fasste ihm in den Schritt. Kais Männlichkeit reagierte prompt. Das Zimmer verschwand vor seinen Augen, süßer Duft beraubte ihn seiner Sinne. Nebel umwölkte seinen Verstand. Etwas in ihm schrie. Ein wildes Tier bäumte sich in seiner Brust auf. Er wollte die Zähne in den Nacken des Omegas versenken. Nur ein Gedanke beherrschte ihn: Er gehört mir!

»Junger Herr!« Maria. Sie stand schwer atmend vor ihm, die Hände auf seinen Schultern.

Der Nebel in Kais Gedanken schwand langsam. Er war wieder im Flur, die Tür zu dem schummrigen Zimmer hinter ihm geschlossen. Der Duft des Omegas hing noch ganz leicht in der Luft. Er hatte ihn … beißen wollen?

Er schüttelte den Kopf, um auch die letzten Schwaden loszuwerden. »Was war das?«

Sie trat einen Schritt von ihm zurück, in ihrem Blick lag eine Mischung aus Anerkennung und Furcht. »Der Alpha in dir ist erwacht.«

Ein Angebot

»Wichser!« Lio streckte den Mittelfinger vor und spuckte auf den Boden. »Erst nochmal ficken und mich dann rausschmeißen.«

Der Mann in der Wohnungstür grinste schal. »Zu mehr bist du eh nicht gut, du abgefuckter Drecksack. Hättest anschmiegsamer sein sollen …«

»Was kann ich dafür, wenn du so ein Witz von einem Alpha bist?«

Die Tür schlug ihm vor der Nase zu. Lio besiegelte den Rausschmiss mit einem kräftigen Tritt an den Türrahmen. »Fuck!«

Soll er sich doch selber ficken. Er war eh ein Schlappschwanz ohne Stehvermögen gewesen. Aber die gut gefüllte Brieftasche würde Lio schon vermissen.

Seufzend machte er sich auf den Weg nach unten. Die Sonne hing tief in der Häuserschlucht. Ihre Strahlen wurden von den Glasfassaden um ihn herum wieder und wieder gebrochen. Lio schirmte die Augen gegen das Labyrinth aus Licht ab. Beschissene Sonne. Schneller als ihm lieb war, ging mal wieder alles von vorn los.

Er kramte das Handy aus dem Rucksack.

»Was willst du?«, begrüßte ihn die Stimme auf der anderen Seite der Leitung unfreundlich.

»Hey Phil, altes Haus. Was machst du heute?«

»Ugh.«

»Na hör mal!«

Phil seufzte. »Wurdest du wieder rausgeschmissen?«

»Diesmal war es echt nicht meine Schuld. Ich kann doch bei dir crashen, oder?«

»Keine Chance, Alter.« Einen Moment schwieg Phil. »Aber ich kann dich ins King’s bringen heute Abend.«

»Echt? Nice! Ich komm rum.« Na, Glück musste man nur haben.

 

Der Bass wummerte in Lios Brust, der Alkohol floss warm in seinen Magen und die Luft war geschwängert von Alpha-Pheromonen. Ein guter Abend. Wenn man so wollte. Na ja, zumindest würde er seinen Zweck erfüllen.

Phil schaute sich neben ihm um. »Hier sind genug Pheromon-Idioten unterwegs, dass du heute Nacht in einem warmen Bett schlafen kannst.«

Lio stellte den Kragen seiner weichen Lederjacke auf und wischte sich die dunklen Haare aus dem Sichtfeld. »Nee, Mann. Wenn ich schon mal im King’s bin, dann hole ich mir einen dickeren Brocken. Einen, der mich Monate satt machen wird. Mein Arsch ist nicht billig.«

»Ich seh schon …« Phil rieb über die Piercings in Lios Ohr. »Echte Klunker?«

»Klar. Ich lass mich nicht mit Blech abspeisen. Mein Arsch ist Edelmetall wert!«

Ein paar Alphas in protzigen Anzügen lehnten sich lässig an die Bar. Lio rümpfte die Nase. Sie bettelten ja förmlich darum, gesehen zu werden. Nein, die echten Big Shots würden nicht hier unten sein. Die blieben lieber unter sich. Eine große Treppe führte nach oben zu einer Galerie mit einer Balustrade aus schwarzem Glas. Ein breiter Mann mit Headset am Ohr blockierte den Aufgang. Lio musste da hoch.

Phil schien seinen Blick richtig zu deuten. »Da oben ist die Elite versammelt. Musst nur reinkommen.«

»Vergessen?« Lio zeigt auf seine Kehrseite. »Edelmetall-Arsch, der bringt mich überall rein.«

»Die Türsteher sind hier Betas, keine Chance.«

Lio grinste. »Das ist nichts, was mich aufhält.«

Phil zog die Augenbraue hoch, was Lio nur noch breiter grinsen ließ.

»Lass das meine Sorge sein. Weißt du, ob da oben irgendein Professor rumhängt oder so?«

»Ach, Lio. Du mit deinem Lehrer-Kink.«

Er zog den Kopf ein. »Darum gehts nicht. Wichtiger als ne dicke Brieftasche sind Connections.«

»Und womit sollte ein verstaubter Prof dich connecten können?«

»Mit einem Abschluss bekomme ich einen Job. Dann können sie mich nicht mehr übergehen.«

»Ja, ja, lernen, Unabhängigkeit, den bösen, bösen Alphas eins auswischen. Was du lernen musst, ist, dich deinem Schicksal zu fügen. Dann wird’s leichter.«

Lio ließ ihn einfach stehen. Am Arsch würde er sich irgendwem oder irgendwas fügen. Er rückte sein Schutz-Halsband zurecht, das sich heute Abend irgendwie enger anfühlte als sonst. Aber es half ja nichts. Sein Magen musste gefüllt werden, also los.

»Hey, da drinnen warten ein paar Alphas schon auf mich.«

Der Türsteher starrte unbeeindruckt weiter an ihm vorbei.

»Großer Mann! Hier! Siehst du nicht mein Halsband?«

»Die angekündigten Omegas sind schon da.«

Shit, ausgerechnet heute nahm mal jemand seinen Job ernst.

Lios Blick wanderte über die Tanzfläche. Auf keinen Fall würde er sich mit dem Alpha-Ausschuss hier unten zufriedengeben, wenn da oben die Big Shots saßen. Es war riskant, aber …

»Mrghl.« Der Türsteher machte große Augen.

Lio schmiegte sich an ihn und ließ noch ein klein wenig mehr seiner Pheromone entweichen. »Na Großer? Kannst du meinen Wunsch nicht doch erfüllen?«

»Du bekommst von mir alles, was du willst.«

Es hatte seine Vorteile, ein Hyper zu sein. Lio verzog den Mund bei diesem Gedanken. Wenigstens manchmal.

»Schön, schön. Dann tritt mal ein Stückchen beiseite.«

Der Türsteher gehorchte und Lio lief an ihm vorbei, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen. Wenn nur die Alphas auch so leicht herumzukommandieren wären …

Am oberen Ende der Treppe befand sich eine schicke Lounge. Niedrige Tische, Flaschen und Gläser, Schummerlicht. Gepolsterte Sitzbänke schmiegten sich an die Wände, augenklimpernde Omegas an muskulöse Alphas. Die Luft war dick von ihren Aromen. Über die Glasbalustrade der VIP-Area hatte Lio Übersicht über den ganzen Club. Die perfekte Aussicht für die Raubtiere.

»Was für ein Vögelchen hat sich denn hierher verirrt?«

Wenn man vom Teufel sprach … Lio wurde in eine Pheromon-Wolke eingehüllt, die seine Knie schwach werden ließ. Zum Glück war sein Estrus weit entfernt, sonst wäre er jetzt nur noch ein sabberndes Loch auf zwei Beinen. Aber heute brauchte er seinen Verstand, um sich ein bequemes Leben für die nächsten Tage oder vielleicht sogar Wochen zu sichern.

»Eines, das nicht leicht zu beeindrucken ist«, gab er schnippisch zurück.

Der breitgebaute Alpha mit Plauze schürzte die Lippen. »Bist wohl ein ganz Schlauer, was?«

Lio grinste. Oohh, wie sie es hassten, wenn man sie nicht hirnlos anhimmelte.

Plauze hob die Hand. »Du verfickter …«

Plötzlich erbleichte er und hielt inne. Finger schmiegten sich um sein Handgelenk.

»Na, na, Villo. Du willst doch den schönen Abend nicht ruinieren?«

Grinsend bog ein weiterer Alpha Plauzes Arm nach unten. Dieser Mann war ein völlig anderes Kaliber. Blonde Haare, die wie zurückgekämmtes Gold schimmerten, einen Kopf größer als Lio und unverschämt gut gebaut. Irgendwo hatte Lio ihn doch schon mal gesehen.

Seine Pheromone überdeckten die anderen Gerüche mit Leichtigkeit. Alles in Lio schrie: Gefahr! Aber wenn er ein Risiko einging, hätte er vielleicht für ein paar Monate, ja sogar Jahre, ausgesorgt. War es das wert?

Der blonde Alpha würdigte Plauze keines weiteren Blickes und richtete die Aufmerksamkeit auf Lio. Sanft aber bestimmt umfasste er Lios Kinn und drückte seinen Kopf nach oben. »Und du bist etwas ganz Besonderes, wie mir scheint.«

Lio riss sein Kinn los und trat einen Schritt zurück. »Was gehts dich an?« Keine Frage, der Mann war gewohnt, zu bekommen, was er wollte.

Ein amüsiertes Funkeln trat in die Augen des Alphas. »Weißt du? Ich habe eine Schwäche für besondere Dinge. Man könnte sagen, ich bin ein Sammler.« Anmutig streckte er Lio die Hand entgegen. »Mein Name ist Sangwook.«

»Leck mich! Du bist der Sohn vom Abgeordneten Kim!« Donnerwetter. Lio musste den wichtigsten Alpha im ganzen Club gefunden haben. Dieser Fisch war definitiv zu groß für Lios Netz.

Sangwook grinste süffisant. »Ah, jetzt siehst du doch noch wie ein richtiger Omega zu mir auf.«

Lio nestelte am Halsband herum. »Ich war nur überrascht.«

»Folge mir. Ich habe ein Angebot für dich.« Ohne sich zu vergewissern, ob Lio ihm folgte, ging er auf eine Tür am anderen Ende der Lounge zu.

Sollte er abhauen? Es wäre besser, die Finger von Sangwook Kim zu lassen. Aber seine Neugier wog schwerer als die Vernunft und er ging hinter ihm her.

Mit dem Zufallen der Tür verstummten alle Geräusche und Gerüche aus dem Club. Nur noch Sangwooks Pheromone hingen in der Luft. Lio blieb direkt am Eingang stehen. Sie befanden sich in einem Raum mit eleganten Sofas und leiser Musik. Keine Fenster, nur ein Ausgang.

»Ah, besser.« Sangwook knöpfte sein Sakko auf und setzte sich anmutig auf eine Couch. »Setz dich, setz dich. Ich will nur reden. Zunächst.« Da war wieder dieses Funkeln in seinem Blick.

Lio setze sich auf den Rand der Couch gegenüber von ihm. »Was hat ein Alpha mit mir zu besprechen?«

»Ich bin weniger als Alpha denn als Sammler an dir interessiert. Wobei das eine das andere wohl bedingt.«

»Hä?«

»Sagt dir die Sulyeon Academy etwas?«

»Diese Elite-Uni?«

»Die beste in ganz Hoszu. Und vermutlich auch über die Stadtgrenzen hinaus. Ich bin Student dort. Und zufällig gibt es ein Programm, das … passende Omegas aufnimmt.«

Lio wurde auf einen Schlag heiß. »Eine Uni, die Omegas akzeptiert?«

Sangwook beugte sich vor. »Interessiert?«

»Warum sollten sie das tun?«

»Warum nicht?«

Lio schnaubte. »Weil Omegas zu nichts weiter gut sind, als die Bedürfnisse von Alphas zu befriedigen und neue Alphas zu produzieren?«

»Ist das so?«, fragte Sangwook über zusammengelegten Fingerspitzen.

Glatter Bastard. »Nein. Aber das ist doch die offizielle Meinung.«

»Nun, es wird dich freuen, zu hören, dass die Sulyeon junge Omegas … fördern will. Mit freundlicher Unterstützung meiner Familie.«

Das war viel zu nah an Lios Wünschen dran, als dass es Zufall sein konnte. »Zu welchem Preis?«

Sangwook lachte. »Du gefällst mir.«

Lio schwieg.

»Schön. Dann gehe ich noch mehr in Vorleistung.«

Sangwook stand auf und stellte sich dicht vor Lio, sodass er den Kopf in den Nacken legen musste, um ihn anzublicken. Es war unbequem, aber er würde das Spiel des Alphas nicht mitspielen.

»Du würdest zu meinem Zirkel gehören. Nur die erlesensten Mitglieder unserer Gesellschaft haben diese Ehre.«

»Du bist dümmer, als du aussiehst. Du glaubst doch nicht, dass ich darauf reinfalle. Warum sollte ich mich für erlesen halten?«

»Es geht nicht um Herkunft, sondern um den Nutzen, den jemand für den Zirkel hat. Und du, ein Omega, ein Hyper noch dazu, unter Alphas …«

»Was sollte ich …? Oh.« Natürlich war Sex der einzige Nutzen, den ein Alpha in ihm sehen konnte. Lio sprang auf. »Nein, danke.«

Er drängelte sich an Sangwook vorbei und war mit ein paar Schritten an der Tür.

»Du könntest studieren.«

Lio erstarrte mitten in der Bewegung. »Was?«, fragte er tonlos.

Sangwook trat dicht hinter ihn und brachte den Mund nah an sein Ohr. »Du bist offiziell eingeschriebener Student. Du kannst einen Abschluss machen. Alles, was du dafür tun musst, ist ein paar ausgewählten Alphas ab und zu Gesellschaft zu leisten. Unter meinem Schutz, versteht sich.«

Lio rieb sich das heiße Ohr. »Woher kennst du mich?«

»Lio, du glaubst doch nicht, dass in meiner Stadt ein Hyper herumlaufen kann, ohne dass ich von ihm weiß. Warum konnte Phil dich heute wohl hier reinbringen?«

Shit. Shit, Shit, Shit! Er war geradewegs einem Alpha in die Falle getappt. Er hätte vorhin abhauen sollen.

Warm legte Sangwook ihm die Hand auf die Schulter. »Lio, beruhige dich. Es ist ein Angebot. Ich zwinge dich zu nichts. Wenn ich es gewollt hätte, würdest du längst wie ein schnurrendes Kätzchen in meinen Armen liegen. Aber ich will deine bewusste Zustimmung. Und ich habe Vertrauen in das Angebot. Mit einem Abschluss von der Sulyeon dürften sich einige Türen für dich öffnen, von denen du nicht mal wusstest, dass sie existieren.«

Die Tür drückte kalt in Lios Rücken. »Wenn etwas zu schön ist, um wahr zu sein, dann ist es nicht wahr.«

»Aber, aber … Ich verstehe, dass du schlechte Erfahrungen gemacht hast. Doch nicht alle Alphas intrigieren. Ich will nur ein Win-Win-Geschäft für uns möglich machen: Ich bekomme einen Hyper für meinen Zirkel – du bekommst einen Abschluss. Ich verlange nichts von dir, was du nicht eh schon gegeben hast. Und du gewinnst so viel mehr, als du dir je erträumen könntest.« Er streckte ihm wieder die Hand hin. »Ich kann dir ein besseres Leben bieten, Lio. Bist du bereit, diese Chance zu ergreifen?«

Der Seerosen-Zirkel

Lio lief vor dem imposanten Gebäude auf und ab. Seine Schritte hallten dumpf von dem hellen Asphalt wider. Was zum Teufel machte er hier? Als könnte er wirklich studieren. Sollte er einfach wieder …?

»Lio!« Sangwook stand mit ausgebreiteten Armen auf der obersten Stufe vor dem Academy-Haupteingang. Als wäre er ein Teil der Fassade aus Glas, Stahl und Beton, die sich hinter ihm erhob. Oder vielmehr sie ein Teil von ihm.

Hier sollte Lio ab heute Student sein. Und den Alphas … Aber darüber wollte er gar nicht so genau nachdenken. Er würde tun, was er tun musste. Wenn er es clever anstellte, konnte er in vier Jahren jegliche Verbindungen zu Alphas hinter sich lassen.

Sangwook schritt schwungvoll die Stufen hinab. Vor ihm angekommen legte er ihm den Finger unters Kinn und klappte ihm sanft den Mund zu. »Hätte nicht gedacht, dass es ausgerechnet dir die Sprache verschlägt.« Sein Finger ruhte weiterhin an Lios Kiefer.

Der streifte die kalte Hand ab. »Ich bin nicht hier, um zu plaudern.«

Gerade, starke Zähne blitzten mit Sangwooks Grinsen auf. Unwillkürlich fasste sich Lio an den Hals. Die Augen des Alphas blieben an dem schwarzen Lederband hängen.

»Das hier ist Junique«, fuhr er dann aber ungerührt fort. Hatte sich Lio die Gier in seinem Blick nur eingebildet?

Sangwook deutete auf eine Frau, die neben ihm stand und Lio anlächelte. Sie war genauso groß wie er und er konnte keinen Hauch Pheromone an ihr wahrnehmen. Beta.

»Von mir bekommst du deine Termine«, sagte sie mit glockenheller Stimme.

»Termine?«

»Die Treffen mit den Alphas.« Ihr Blick flackerte zu Sangwook hoch. »Er weiß doch, was hier läuft?«

»Natürlich, aber lass ihn erstmal ankommen. Komm Lio, wir zeigen dir dein Zimmer im Wohnheim.« In der Eingangshalle blieb er nochmal stehen. »Ach ja, willkommen beim Seerosen-Zirkel.«

 

»Den Code für das Schloss solltest du niemandem weitergeben.« Junique tippte mit dem langen Fingernagel auf das Display über der Türklinke. »Dann bist du hier drin absolut sicher. Die Türen sind stahlverstärkt, da kommt nicht einmal ein Alpha in Rut durch.«

Wohnheim war die Untertreibung des Jahrhunderts. Licht flutete durch hohe Fenster, die Flure waren mit dunklem Holz vertäfelt, wertvolle Büsten und Statuen zierten kleine Erker.

Das Einzige, was das Zimmer, das sie jetzt betraten, mit einem Wohnheim gemeinsam hatte, war die Größe. Die Möbel – Bett, Schreibtisch und Schrank – waren edel, das Fenster zeigte den Blick auf einen idyllischen Park. Das hier war eine verkackte Villa mit mehreren Flügeln und allen Annehmlichkeiten, die sich Lio nur vorstellen konnte. Sangwook hatte auf dem Weg hierher sogar etwas von Whirlpools gesagt. Und den Alphas, die hier ebenfalls wohnten.

Lio strich über das dicke Türblatt. »Niemand kommt rein, wenn ich das nicht will?«

Sangwooks Lachen erklang vom Fenster. »Niemand. Außer mir. Ich habe Fernzugriff auf alle Türen. Zu eurem Schutz, versteht sich.«

Junique nickte geschäftsmäßig, als wäre das selbstverständlich. Ganz toll. Dann würde er das Halsband nicht mal zum Schlafen abnehmen können.

»Ist dein Halsband zu eng?«

Lio ließ die Hand sinken. Verräterische Gewohnheiten.

Sangwook kniff die Augen zusammen. »Junique, du kannst jetzt gehen.«

»Wir sehen uns zur Studienratsversammlung um eins.«

»Ugh«, sagte Sangwook, als sie verschwunden war. »Diese lästigen Pflichten.« Er kam auf Lio zu und strich ihm direkt unter dem Halsband spielerisch über den Nacken. »Manchmal wünschte ich, ich wäre auch ein Omega ohne diese ganzen Zwänge.«

Lio trat einen Schritt von ihm weg. »Es findet sich sicher jemand, der dich ficken will.«

Sangwook schloss sofort den Abstand zwischen ihnen und drückte Lios Kopf hoch. »Niemand fickt mich. So erfrischend deine Impertinenz auch ist, du solltest mich nicht zu sehr reizen. Tu, was ich sage und das Leben hier wird leicht für dich.«

Eine Pheromonwolke hüllte Lio ein und vernebelte ihm den Verstand. Mit wackligen Armen drückte er ihn von sich weg. »Ich will nur studieren.« Er öffnete das Fenster. »Wie kann ich mich anmelden?«

Drei Atemzüge lang musterte Sangwook ihn. »Du solltest eine Mail mit deinen Zugängen zum Uni-Server bekommen haben. Vom Dashboard aus kannst du dich einschreiben. Das Semester hat schon begonnen, also sind manche Kurse vielleicht schon voll. Deinen Stundenplan solltest du mit Junique teilen.«

Er trat schon wieder näher. Lios Hüfte stieß gegen den Schreibtisch, der unter dem Fenster stand.

»Du hast echt kein Konzept von persönlichem Raum.«

»Was mich betrifft, hast du deinen persönlichen Raum aufgegeben.« Der Alpha zog etwas aus der Tasche und reichte es Lio. »Ab jetzt bist du eine meiner Seerosen. Solange du dieses Halsband trägst, stehst du unter meinem Schutz.«

Lio ließ das Band durch die Finger gleiten. Weich, aber unnachgiebig. Der Metallverschluss war in Form einer Seerose geprägt. Dasselbe Symbol hatte er schon im Wappen der Academy gesehen. Ein Zeichen, dass Lio abermals jemandem gehörte. Doch dieses Mal hatte er ein Ziel und er würde es erreichen, was auch immer er dafür tun musste.

»Bedenke – ich habe es dir gegeben, ich kann es dir wieder wegnehmen. Den restlichen Tag hast du frei. Heute Abend hast du deinen ersten Termin.« Er grinste breit. »Mit mir.«

 

Die hell erleuchteten Fenster ließen das Wohnheim wie ein Schloss im Dämmerlicht erstrahlen. Eine kühle Brise trocknete den Schweiß auf Lios Stirn. Noch nie hatte er so feinen Zwirn getragen. Der Anzug, den Junique ihm gebracht hatte, passte wie angegossen. Und doch schnürte er ihm die Luft ab. Immer wieder fuhr er mit der Fingerspitze über die Seerose, die jetzt seinen Nacken zierte.

Vier Jahre. Nur vier Jahre durchhalten.

Kühle Finger schlossen sich um seine Hand und zogen sie von der Seerose weg. »Sie steht dir ausgezeichnet.«

Sangwook legte ihm den Arm um die Taille und führte ihn ins Wohnheim. »Warst du vor heute Abend schon mal im Belvedere?«

»Wie sollte ich denn in diesen feinen Schuppen reingekommen sein?«

»Wie ich so höre, verkehrst du zuweilen in guten Kreisen. Immer an der Seite von einflussreichen Alphas. Wer weiß, wen du alles um den Finger gewickelt hast.«

»Niemals jemanden wie dich.«

Ein sehr zufriedenes Lächeln umspielte Sangwooks Mundwinkel bei diesen Worten. Sie waren doch alle gleich. Wer hat den Größten, wer war der Größte?

»Du wirst feststellen, dass du nicht nur was die Dates betrifft, noch nie mit jemandem wie mir zusammen warst.«

An der Treppe zu seinem Flur wollte Lio sich von ihm lösen, aber der Griff wurde enger.

»Du schläfst heute bei mir.«

»Was?«

»Denkst du, ich biete den erlesenen Mitgliedern meines Zirkels etwas an, das ich nicht vorher getestet habe? Du musst ohnehin lernen, wie die Treffen ablaufen, um den besten Service zu garantieren.«

Der Mond grinste durch die hohen Flurfenster auf sie herunter. Wieso war Lio eigentlich überrascht?

»Glaub allerdings nicht, dass jeder Alpha dich vorher so schick ausführt wie ich. Die meisten werden wohl nur schnelle Erleichterung suchen und haben weniger hohe Ansprüche. Junique wird dich jeweils über die Art des Termins in Kenntnis setzen.«

Die Seerose brannte kalt in seinem Nacken. Herumgereicht wie ein Sextoy. Konnte er das vier Jahre lang aushalten?

Sangwooks Wohnung lag ein Stockwerk unter den Unterkünften der Omegas im Westflügel des Wohnheims. Lio blieb keine Zeit, sich dort umzusehen. Sobald die Tür hinter ihnen zugegangen war, drückte Sangwook ihn mit seinem Körper gegen die Wand. Wie schon heute Mittag machten ihn die Alpha-Pheromone schwindlig. Er klammerte sich an die breite Brust des Alphas.

Sangwook leckte ihm übers Ohr. »Lass es einfach zu. Es hat keinen Zweck, sich dagegen zu wehren.« Er schob den Kopf an Lios Hals und atmete tief ein. »Dieser Duft! Es stimmt, dass ein Hyper ein ganz anderes Kaliber ist.«

Hart drückte Sangwooks Schwanz gegen Lios Unterleib. Eine Hitzewelle brandete ihm durch die Brust. Allmählich wurden seine Muskeln schwächer. Schwer sank Lio an Sangwooks Brust. Der drängte ihm die Zunge zwischen die Lippen. Betörend würzig drangen die Pheromone immer weiter in ihn ein.

Jede Faser seines Körpers verlangte danach, den Alpha in sich zu spüren, sich ihm völlig hinzugeben. »Sangwook, bitte …«

»Ungeduldig, kleine Blume?« Sangwooks Lippen wanderten über seinen Hals. »Ich auch. Aber ich muss doch rausfinden, was du so kannst. Schließlich wirst du bald in meinem Namen unterwegs sein.«

Das hier würde wohl nicht so schnell vorbei sein … Sangwook zog Jacke und Hemd aus und offenbarte einen muskulösen Oberkörper.

Er grinste. »Na? Gefällt dir, was du siehst?«

Sofort senkte Lio den Blick. Verfluchte Omega-Instinkte. Es gab kein Entkommen. Gegen seine Biologie kam er nicht an.

»Komm her.« Sangwook saß mit nacktem Oberkörper auf einem Stuhl und streckte den Arm nach ihm aus.

Bevor Lio sich bewusst dazu entscheiden konnte, hatte sich sein Körper Sangwook zu Füßen gesetzt. Fuck! Er verlor schneller als gewöhnlich die Beherrschung.

Eine weitere Pheromon-Wolke brach seinen Widerstand vollends. Alles in ihm schrie danach Sangwook zu berühren, ihn zu riechen, sich mit ihm zu verbinden. Mit einem Satz war er auf seinem Schoß und leckte ihm den Hals. Sein Schritt rieb sich am Oberschenkel des Alphas.

Sangwooks Finger glitten über Lios Rücken unter den Hosenbund. »Du kannst es wohl kaum erwarten.« Er öffnete mit der anderen Hand Lios Hose und packte seinen Penis. »Feucht, vorne wie hinten. Deine Hose ist völlig durchnässt. Was bist du nur für eine Bitch.«

Lio riss den Kopf in den Nacken. »Genau da!«

Sangwook massierte ihm Inneres und Schwanz gleichzeitig. Sein Atem wurde immer schneller, er krallte die Hände in Sangwooks Schulter. »Oh. Ja!«

Plötzlich hörte die Massage auf. »Ganz sicher nicht, kleine Blume. Dafür musst du noch ein bisschen arbeiten.«

Er lag auf dem Bett. Sangwook riss ihm die Hose von den Beinen. Wie war er hier hingekommen? Egal. Alpha! Mehr! »Bitte!«

Sangwook biss ihm in den Nippel. »Was, Lio? Worum bittest du mich?«

»Halte es nicht mehr aus … Ich muss dich spüren!«

Sie versanken in einen süßen Kuss. Sangwooks Zunge spielte gekonnt mit seiner und Lio schluckte gierig den pheromongetränkten Speichel. Mehr. Mehr. »Mehr!«

»Wovon mehr, Lio? Du musst es mir schon sagen.«

Ja, was? »Deinen Schwanz. Fick mich!«

Sangwook küsste ihn auf die Stirn. »Gut gemacht!«

Lio stöhnte lustvoll auf, sobald der Alpha endlich in ihn eindrang. »Tiefer!« Seine Nerven vibrierten in Resonanz mit dem Rhythmus seines Unterwerfers. »Nimm mich! Ich bin dein.«

Er klammerte sich wie ein Ertrinkender um Sangwooks Nacken und atmete tief ein, bis er sich nicht mehr an seinen eigenen Namen erinnern konnte. Alles, was zählte, war der Alpha über ihm. »Sangwook … Sang …«

»Ganz recht«, flüsterte der an seinem Ohr. »Du. Gehörst. Mir.«

Mit jedem Wort drang er heftiger in Lio ein. Jeder Stoß pulsierte ihm bis ins Mark.

Lios Gesicht wurde ins Kissen gedrückt. Er drückte den Rücken durch, um sich dem Alpha zu präsentieren.

Eine Fingerspitze fuhr ihm langsam über die Wirbelsäule. »So ist es gut. Das ist dein Platz. Wenn du dich hingibst, wirst du glücklich sein. Alle Kämpfe haben ein Ende, wenn du dich mir unterwirfst.«

»Ja, ich bin deinngh …!« Das letzte Wort verwandelte sich unter den erneuten Stößen des Alphas in ein Stöhnen.

Lios Augenlider flatterten. Blut rauschte ihm in den Ohren. »Fuck. Fuck! Ich komm- … ich- … in mir. Ich will alles … Lass nicht einen Tropfen daneben …«

Sangwooks Hände verkrampften sich um Lios Taille, die Stöße wurden immer heftiger, bis sich der Alpha in sein Innerstes ergoss. Die Anspannung brach endlich aus Lio heraus, er wimmerte unter den Stromstößen der süßen Erlösung, die seinen Körper krampfen ließen.

Zuckend sank seine Hüfte aufs Bett, atemlos sackte er wie eine Puppe zusammen.

»Du bist mein, Lio«, flüsterte eine dunkle Stimme an seinem Ohr.

 

Lio richtete sich abrupt auf. Sein Unterleib empörte sich mit stechendem Schmerz. Wo war er? Die Luft war mit Pheromonen durchtränkt. Alpha-Pheromone. Und seine eigenen.

Der Mond war ihm auf diese Seite des Westflügels gefolgt. Im Halbdunkel seines Lichts konnte er Sangwooks Silhouette neben ihm im Bett ausmachen. Sein Brustkorb hob und senkte sich unter regelmäßigen Atemzügen.

»Fuck!«, fluchte Lio leise in die Nacht hinein. Seine Erinnerung war verschwommen. Aber die Fetzen in seinem Gedächtnis und der Schmerz reichten aus, um zu wissen, dass er wieder mal zum sabbernden Omega geworden war.

Er atmete zittrig ein und wischte sich rigoros eine Träne von der Wange. Nein, das hier würde ihn nicht brechen. Es war nicht anders als die lange Parade an Alphas, an die er sich rangemacht hatte, um zu überleben.

Vier Jahre und dann konnte er alles hinter sich lassen und endlich auf eigenen Beinen stehen.

Sangwook wand sich unter der Decke, schnaufte und legte einen Arm um Lios Taille, bevor er wieder in tiefen Schlummer glitt.

Lio musste nur durchhalten.

Erste Male

»Shit!« Lio warf das Tablet auf den Schreibtisch. Warum machten sie die Anmeldung zu den Kursen so kompliziert?

Junique würde ihm sicher helfen, doch sie hielt sich immer in der Nähe von Sangwook auf. Dem war er aber seit ihrer ersten Nacht bisher erfolgreich aus dem Weg gegangen. Und er hatte nicht vor, das zu ändern.

Seine Fingerspitzen fanden wie automatisch die Metallseerose in seinem Nacken. Seerose! Die anderen Omegas würden ihm helfen können.

Er schnappte sich das Tablet und trat in den Flur. Außer Junique und Sangwook hatte er hier noch nie jemanden gesehen. Ein dicker Vorhang wehte träge im Luftzug und der Teppich schluckte die Geräusche von Lios Schritten.

Waren die anderen vielleicht gerade in der Vorlesung? Junique hatte etwas von einem Gemeinschaftsraum auf dieser Etage erzählt. Das war wohl seine beste Chance. Zur Not konnte er dort warten.

»Wieso hat er ausgerechnet einen Hyper hergeholt?«

Lio blieb wie angewurzelt stehen. Die helle Stimme eines jungen Mannes drang durch die Tür vor ihm. Sie stand einen Spalt offen.

»Ach, mach dir doch keinen Kopf«, antwortete eine Frau. »Chul wird dir schon nicht untreu werden.«

Der andere schnaubte. »Gegen Hyper-Pheromone kommt niemand an. Jeder Alpha träumt doch davon, diesen Rausch zu erleben. Argh, das wird ein Albtraum. Der soll wieder verschwinden.«

Lio verkrampfte die Finger um das Tablet. Als hätte er sich seine scheiß Pheromone ausgesucht!

Er zuckte zusammen. Jemand tippte ihm auf die Schulter. Eine junge Frau mit langem pfirsichfarbenem Haar zwinkerte ihm zu. Sie trug wie er ein Halsband.

Kichernd stieß sie die Tür vollends auf. »Wer schlecht über andere redet, soll verwelken und Falten kriegen.«

Die beiden Omegas im Raum quiekten erschrocken auf. Schuldbewusst schauten sie über die Lehne eines Sofas zu ihnen herüber.

Der Mann war zart, sehr schmal und hatte mausgraues Haar. Die Frau wirkte älter als Lio und ihr gelocktes, dunkles Haar war zu einem Knoten an ihrem Hinterkopf gebunden.

Seine Verteidigerin stemmte die Fäuste in die Hüften. »Na? Habt ihr nichts zu Lio zu sagen?«

»Du kennst meinen Namen?«

Sie grinste schon wieder. »Natürlich. Jeder hier kennt deinen Namen. Man trifft nicht alle Tage einen Hyper.«

Ein Grummeln entwich seiner Kehle. Wohin er auch ging, immer eilten ihm seine Pheromone voraus.

»Und die beiden hier wissen ganz genau, dass du nichts dafürkannst«, fuhr die Pfirsichfrau fort. Sie wedelte in die Richtung der Lästerer. »Na?«

Der schmale Omega guckte betreten auf Lios Füße. »Tut mir leid. Ich hab nur Angst, dass du mir meinen Alpha wegschnappst.« Dann sah er ihm endlich in die Augen. »Mein Name ist Max. Willkommen bei den Seerosen.«

Die Frau mit dem Haarknoten musterte ihn von oben bis unten. »Ich bin Lisha.«

Aha. Lio ließ die Arme sinken und nickte. »Keine Sorge. Ich bin nicht hier, um Alphas wegzuschnappen. Am liebsten will ich ihnen so wenig wie möglich begegnen.«

Max machte große Augen. Aber bevor er etwas sagen konnte, hakte sich die Pfirsichfrau bei Lio unter und zog ihn zu einer weiteren Couch im Raum. Gemütlich, schoss es Lio durch den Kopf. Die Wände waren holzvertäfelt. Drei Sofas standen um einen Couchtisch herum, die offene Seite einer breiten Fensterfront zugewandt. Draußen wogen sich Bäume sanft im Wind. Vogelgezwitscher drang zu ihnen herein. War er in einem Paralleluniversum gelandet? Der dumpfe Schmerz, der beim Hinsetzen durch sein Inneres zog, bewies ihm, immer noch in der ihm bekannten Realität zu sein.

»Da das jetzt geklärt ist, machen wir es uns bequem.« Sie setzte sich nah neben ihn. »Ich bin Hee-Jin. Momentan die dienstälteste Seerose hier.«

»Wie lange bist du schon hier?«

»Ein Jahr. Ich war eine der Ersten, die Sangwook hergebracht hat.« Beiläufig strich sie über den Kragen von Lios Jacke.

Er schaute nach unten, der Kragen ruhte faltenfrei auf dem Schlüsselbein. »Seit einem Jahr macht er das erst?«

»Was sonst?« Lisha zog die Augenbraue hoch. »Er ist im dritten Semester.«

Er war also jünger als Lio. Das machte ihn aber nicht weniger gefährlich.

In der Stille deutete Hee-Jin auf das Tablet auf seinem Schoß. »Brauchst du Hilfe?«

Dafür war er überhaupt hier! »Ja. Ich hab keinen Plan, wie ich mich für Kurse einschreiben kann.«

Lisha schnaubte ungläubig. »Du willst dich wirklich für irgendwas einschreiben? Warum?«

»Mit einem Abschluss von der Sulyeon werde ich sogar als Omega einen Job finden und dann können mich alle Alphas am Arsch lecken.« Er rümpfte die Nase. »Oder eben gerade nicht mehr.«

Hee-Jin lachte.

Aber Max knautschte ernst ein Kissen vor der Brust. »Es ist doch der Sinn eines Omegas, einen Gefährten zu finden.«

»Mein Sinn ist bestimmt nicht, sabbernd für irgendwelche Drecksäcke die Beine breitzumachen.«

»Du weißt schon, dass das genau beschreibt, was wir Seerosen hier machen?«, frage Lisha.

Lio kniff den Mund zu. »Ja, aber was sind vier Jahre gegen den Rest meines Lebens in Unabhängigkeit?«

Max’ Lippen formten stumm das Wort Unabhängigkeit, woraufhin er sich schüttelte, und Lisha und Hee-Jin musterten Lio, als hätte er plötzlich Alpha-Pheromone ausgestoßen.

»Habt ihr nicht mal daran gedacht, einen Job zu haben? Euer eigenes Geld zu verdienen?«

Hee-Jin strich mit der flachen Hand über den Sofa-Stoff. »Was sollten wir denn machen? Da draußen zwischen Betas und Alphas sind wir fehl am Platz.«

Er beugte sich zu ihr rüber. »Das müssten wir aber nicht sein. Vielleicht muss ihnen nur mal jemand beweisen, dass wir nicht nur Löcher sind.«

»Natürlich sind wir das nicht.« Lisha verschränkte die Arme. »Aber es ist hirnrissig, sich einen Platz erkämpfen zu wollen, der für Omegas einfach nicht existiert.«

Lio zwirbelte den Stoff seines Ärmels zwischen den Fingern. Vielleicht hatten sie recht, aber der Abschluss war sein einziger Ausweg, die einzige Möglichkeit für ein Leben ohne Alphas. Egal wie klein die Chance war, egal wie sehr andere dagegenredeten – er würde das durchziehen.

Lio hob den Blick und schaute Lisha trotzig in die Augen. »Warum macht ihr den Scheiß hier mit, wenn ihr keinen Abschluss wollt?«

Hee-Jin legte die Hände in den Schoß. »Weil es die beste Option ist, die wir haben. Keiner von uns kommt aus Kreisen, wo wir Alphas aus gutem Hause auf der Straße treffen würden.«

»Drei Seerosen haben hier schon ihren Gefährten gefunden und sind mit einem Bund abgegangen. Alles exzellente Partien«, sagte Lisha nachdrücklich.

»Am Arsch. Ich schlage mich lieber allein durch, als mein restliches Leben mit einem Zahnabdruck im Nacken zu versauern. Wie könnt ihr einem von ihnen genug vertrauen, um einen Bund eingehen zu wollen?«

»Chul ist nicht so!« Max schob das Kinn vor und funkelte Lio an. »Er will sein Leben mit mir verbringen.«

Lio lehnte sich im Sofa zurück. »Gerade hattest du noch Angst, dass er mich fickt, sobald ich ihm unter die Augen trete.«

Der kleine Omega sackte in sich zusammen und zwickte in das Kissen.

Lishas Blick wurde giftig. »Lass ihn in Ruhe.« Sanft wandte sie sich an Max. »Das ist nur seine Biologie. Gefühle hat er nur für dich.«

»Bullshit«, sagte Lio mit dem Kopf auf der Sofalehne.

Max riss den Mund auf, aber Hee-Jin kam ihm wieder Mal zuvor. »Wir sind uns einig, dass wir das unterschiedlich sehen. Okay?«

»Ich kenne deinen Chul nicht«, sagte Lio schulterzuckend. »Ist nicht persönlich gemeint. Ich weiß nur, dass sich Alphas ohne Rücksicht nehmen, was sie wollen und uns nur als Spielzeug sehen.

---ENDE DER LESEPROBE---